Von der christlichen Ehe und Kindererziehung - Martin Luther - E-Book

Von der christlichen Ehe und Kindererziehung E-Book

Martin Luther

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Beschreibung

"...Über alle Vater-, Kindes-, Brüder-, Schwestern- und Freundesliebe gehet die eheliche Liebe, das ist, eine Brautliebe; die brennet wie das Feuer, und suchet nicht mehr, denn das eheliche Gemahl. Alle andere, denn die eheliche Liebe, suchet etwas anderes, denn den sie liebt; diese allein will den Geliebten eigen selbst ganz haben..." (Dr. Martin Luther) In diesem Band der Buchreihe "Schätze der christlichen Literatur" sind die Lehren des großen deutschen Reformators über den christlichen Ehestand und Kindererziehung zusammengetragen.

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Inhalt.

Vowort

1. Kapitel. Ehheverrlöbnis

Rechte und Pflichten der Eltern dabei

Heimliche Eheverlöbnisse

2. Kapitel. Hochzeit

(Gefahr des Aufschubs. Mäßigkeit der Hochzeitsfreude. Vermeidung des Übermaßes. Das beste Hochzeitgeschenk.)

3. Kapitel. Ehe

Gottes Ordnung

Zweck und Bestimmung

Richtige Beurteilung

Würde

Nutzen und Segen

Leiden und Beschwerden

Verachtung

Mißbrauch

Sünden in der Ehe

Gemeinschaft in der Ehe

Verschiedene Ursachen der Schließung der Ehe

Leichtsinn bei der Schließung

Freiheit bei der Schließung

Bedingungen einer glücklichen Ehe

Ursachen unglücklicher Ehen

4. Kapitel. Ehegatten

Gegenseitiges Verhältnis derselben

Pflichten derselben

Insbesondere des Ehemannes, der Ehefrau

Verhalten derselben unter Leiden und Beschwerden

Verhalten gegen kranke Ehegatten

Liebe derselben

Unfriede und Unverträglichkeit derselben

5. Kapitel. Ehebruch

Abscheulichkeit desselben

Grober und feiner

Ursachen des Ehebruchs

Strafwürdigkeit des Ehebruchs

6. Kapitel. Ehescheiidung

Wann nur zulässig

Wann nicht

7. Kapitel. Ehelosigkeit

(Ob man ledig bleiben solle. Ob die Ehelosigkeit geboten sei und geboten werden dürfe. Sündlichkeit des Gelübdes der Keuschheit.)

8. Kapitel. Eltern

Ihre Liebe und Zärtlichkeit zu den Kindern

Ihre Pflichten

Weise Strenge

Ihre Rechte

Ihre Verantwortlichkeit

Bedingung ihrer segensvollen Wirksamkeit

Ihre Verdienste

Ihre Versündigungen

Ihre Sorgen und Leiden

Ihre Unabhängigkeit

9. Kapitel. Kinder und Kinderzucht

Kinder, das lieblichste Pfand der Ehe

Ihre Sitten. Kinderzucht, körperliche

Geistige

Zweck und Ziel

Wert und Verdienst einer christlichen Erziehung

Erfordernisse einer guten Erziehung

Segen Gottes dabei

Verpflichtung der Eltern dabei

Trost für Erzieher

Fehler bei der Erziehung

Folgen schlechter Erziehung

10. Kapitel. Dienstherrschaft

Beschwerden

Rechte und Pflichten der Dienstherrschaft

Vorwort.

UNTER allen Lehrern der evangelischen Kirche, welche über den Haus- und Ehestand geschrieben haben, verdient wohl keiner mehr gehört und gelesen zu werden, als unser großer Reformator Luther. Was dieser über diesen wichtigen Stand geschrieben hat, sollte wohl billig allen denen, welche im Begriff sind, in diesen Stand zu treten, oder schon in demselben leben, in die Hände gegeben werden.

Kein Mann war je von außenher so vielfach veranlaßt worden, über diesen Stand nachzudenken, als eben unser Luther, der als Mönch so vielfache Gelegenheit hatte, die Ehelosigkeit von ihrer verderblichen Seite genau kennenzulernen; der aber auch als Reformator wegen seines eigenen Eintritts in den Ehestand, und seiner nachdrücklichen Empfehlung dieses Standes so vielfach angefochten, so bitter getadelt und so lieblos gerichtet worden ist, daß er gezwungen war, ernstlicher und gründlicher, als je ein Mann getan hat, wegen dieses Standes in Gottes Wort zu forschen, über diesen nachzudenken, und ihn nach allen Seiten hin mit Gottes Wort zu beleuchten. Wer hätte aber auch über diesen Stand auf befriedigendere Weise reden und schreiben können, als eben dieser große, tiefe und fromme Geist, der so ganz im Wort und Dienst des Herrn gelebt hat, und zugleich als Gatte, Vater und Hausherr als hohes Muster dagestanden ist.

Was Luther über den Haus- und Ehestand geschrieben hat, ist alles so tief, gründlich und schriftgemäß, und darum für alle Seiten so passend, aber auch in allen häuslichen und ehelichen Verhältnissen und Lagen so tröstend und stärkend, so zurechtweisend und warnend, so voll heilsamer Ratschläge, daß es gewiß verdient, in einer Zeit, in welcher so verweltlichte und verkehrte, dem Wort Gottes widerstreitende Ansichten über den Haus- und Ehestand überhaupt, und insbesondere über Ehelosigkeit, Ehescheidung, Ehebruch, Kinderzucht usw. herrschen, und glückliche und gesegnete Ehen so selten sind und immer seltener zu werden drohen, angehenden Eheleuten als ein Hochzeitsgeschenk, ja als Vademekum im Haus- und Ehestand, dargereicht und empfohlen zu werden.

Diese Überzeugung hat mich veranlaßt, die in Luthers Schriften zerstreuten Aussprüche über den Haus- und Ehestand zu einem Ganzen zusammenzustellen, und ich halte dafür, daß viele Eheleute, Eltern und Dienstherrschaften, wenn sie dieses Büchlein fleißig lesen und seinen Inhalt wohl beherzigen, viel Segen in ihrem Stande spüren werden.

Geschrieben im Frühjahr 1842 . Brandt.

Von der christlichen Ehe und Kindererziehung

1. Kapitel. Eheverlöbnis.

Rechte und Pflichten der Eltern dabei.

Heimliche Eheverlöbnisse.

1. Rechte und Pflichten der Eltern dabei.

DIE Eltern sitzen nicht müßig und warten, bis etwa ein Engel vom Himmel komme und ihrem Sohne die Braut zuführe, und lassen der Dinge keines unterwegen, wofür Eltern sorgen sollen, auf daß sie nicht dafür angesehen werden, als wollten sie Gott versuchen. Denn also gebühret es den Eltern, Sorge zu tragen, wie sie ihren Kindern zum ehrlichen und gottseligen Ehestand helfen mögen; sollen derohalb forschen und fragen nach der Braut und nicht meinen, daß sie ungefähr oder durch eine neue und ungewöhnliche Weise von ihr selbst etwa herbeikommen werde. Und ist keine Sünde, so ein Junggeselle oder Jungfrau nach einer Braut oder Bräutigam gesucht; denn weil wir ja nicht zur Hurerei, sondern zum Ehestand geschaffen sind, so ist es nicht allein erlaubt, sondern ist auch göttlich und ehrlich, daß Einer sich um ein Ehegemahl befrage und der begehre. Solches aber soll geschehen, daß man es im Glauben und Gebet anfange, oder derer, so an ihrer Statt sind, sie seien gleich, wer sie wollen.

Wo sich der Fall begibt, daß sich der Vater oder Vaters Statthalter (Stellvertreter) sperren, ein Kind zu vergeben, ist’s Sache, daß gute Freunde, der Pfarrherr oder auch die Obrigkeit erkennen, daß dem Kinde die Heirat ehrlich und nützlich ist und des Kindes Eltern oder Statthalter ihren Nutzen oder Mutwillen suchen, so soll die Obrigkeit sich des Kindes an Vaters Statt annehmen und ihn aller väterlichen Macht berauben und dazu strafen, als einen öffentlichen Feind nicht allein seines Kindes und Gottes dazu, sondern auch aller Zucht und Ehren, Nutz und Besserung der ganzen Gemeinde. Denn er, soviel an ihm ist, die Bürgerschaft und Gemeinde damit hindert und wehrt, daß sie nicht wachse und größer, sondern geringer werde, und raubt der Stadt einen Bürger. Will solches die Obrigkeit nicht tun, so rate und helfe der Pfarrer mit guten Freunden dazu, soviel er kann, und das alles aus dem Grunde, daß väterliche Macht nicht ein freier Frevel, von Gott geschaffen, sondern schuldig ist, daß sie zuvörderst den Kindern mit Rat und Hilfe zu Gut und Ehren diene und der Gemeinde Besserung und Mehrung mit allem Fleiß fördere und suche.

Also wiederum, wo sich’s begibt, daß ein Kind sich auch sperrt wider seinen Vater und will das Evangelium brauchen zu seinem Mutwillen, weil es weiß und sich darauf verläßt, man solle es nicht zwingen, sondern seines Willens lassen, da es vielleicht hinhänget mit einer tollen Liebe und damit eine Heirat abschlägt, die doch ihm löblich und ehrlich wäre, nach Erkenntnis guter Freunde, oder auch des Pfarrherrens und Obrigkeit. Hie soll man, wahrlich, dem Vater Macht lassen, das Kind zu strafen, denn weil die Heirat ehrlich und dem Kinde, nach frommer, guter Leute Erkenntnis, zu raten ist, daß an dem Vater hierin kein Frevel, noch Mutwille, sondern rechte väterliche Treue gespüret werde, soll das Kind, wo es keine andere Ursache hat, denn seine tolle Jugendliebe, damit es anderswo haftet, billig solche Liebe lassen und väterlichem Rate kindlichen Gehorsam leisten. Und wissen, wo es das nicht tut, daß ihm nicht frei sei, ohne Sünde solchem väterlichen Willen zu widerstehen, sondern in Gefahr schwebe wider das vierte Gebot Gottes; denn die christliche Freiheit niemanden dazu gegeben ist, daß er derselben brauche, zu seiner Lust und Mutwillen, andern zu Leide, Schaden oder Verlust, sondern allein zur Not und Gefahr des Gewissens, daß man damit, ein jeglicher dem andern, diene und förderlich sei. Die Prediger sollen das junge Volk zutraulich berichten, und das Gewissen zu kindlichem Gehorsam halten, und anzeigen, wo sie in solchen Fällen lügen und mit Unrecht sich entschuldigen, daß sie zweifach wider väterliche Obrigkeit sündigen, beide mit Ungehorsam und auch mit Betrug, welches ihnen her nach nicht Gutes tun wird, und zu besorgen ist, daß sie eine unselige Ehe zur Strafe oder ein kurzes Leben werden kriegen. Daß sie zusehen und scherzen hierin nicht, täuschen nicht den Vater, sondern sich selbst gewißlich, denn Gott wird ihr Lügen und Täuschen wohl finden. Wenn das genug wäre, ungehorsam zu sein, daß ich etwas anders lieb hätte und nicht lassen wollte, so bliebe wohl gar kein Gehorsam, weder im Himmel noch auf Erden.

Eltern sollen auch zusehen, daß sie ihr Kind nicht vergeben einem unbekannten Gesellen oder Manne. Denn es liegt, wahrlich, etwas daran, daß ein jegliches zusehe, was für ein Gemahl er kriege und wem jener sein Kind gibt.

Heimliche Verlöbnisse sollen gar nichts gelten. Die Eltern sollen aber auch die Kinder nicht nötigen, zu nehmen die, zu denen diese nicht Lust haben, und wiederum gönnen und zulassen, ihnen zu freien, und dazu helfen, wenn sie mannbar und reif dazu sind, sollen ihnen auch nicht wehren, ehrlicher Leute Kinder zu nehmen, wenn die Personen Lust zueinander haben.

Eltern sollen ihre Söhne und Töchter versorgen, daß sie mögen zum Ehestand ehrlich befördert werden. Wiewohl man auch nicht übergehen muß, was sich in diesem Leben pflegt zuzutragen, daß zu Zeiten die Eltern ihrer Gewalt und ihres Rechts mißbrauchen und die Kinder zwingen wollen, daß sie die sollen zur Ehe nehmen, welche sie nicht lieb haben, welches sich oftmals in großen Geschlechtern derer vom Adel zu trägt. Solche Eltern soll man strafen; denn sie haben gar kein väterlich Herz oder Neigung, sondern sind nur Klötze und Stöcke, die ihre Kinder nicht herzlich, wie es sich gebührt, lieben. Darum soll sich daselbst der Pfarrer mit seinem Amte oder die weltliche Obrigkeit mit ihrer Gewalt ins Mittel legen; denn das ist ja keine väterliche Gewalt, sondern Tyrannei.

Wir dringen darum so fleißig auf die Gewalt der Eltern, erstlich um des Gebotes und der Ordnung Gottes, dazu auch um der Exempel willen der Schrift, und auch um des weltlichen Rechts willen, hernach um der großen Bosheit willen, so in der Welt zu allen Zeiten mit Gewalt ist geübt worden, und frommen, gottesfürchtigen und ehrlichen Eltern sehr schwer zu leiden ist, daß, wenn sie ihre Kinder gottselig und ehrlich auferzogen haben, daß sie Erben ihrer Güter sein sollten, man danach etliche gefunden hat, die ohne ihr Wissen und Willen sich unterstanden haben, ehrliche Jungfrauen oder Jünglinge mit Lockung und List zu hintergehen und zu verführen, daß sie sich heimlich mit denen verlobten, welche zugleich nicht fast ehrlich und ihrer nicht wert, dazu auch den Eltern nicht gefällig und angenehm waren. Darum sollen die Eltern gedenken, daß ihnen von Gott Macht und Gewalt gegeben sei, ihre Kinder ehrlich zu versorgen, und daß die Verlöbnisse, so ohne ihr Wissen und Bewilligung gemacht werden, untüchtig seien und nicht bestehen mögen, weder nach göttlichen noch menschlichen Rechten.

Danach sollen auch die Kinder wissen, daß sie frommen Eltern diese Ehre zu erzeigen schuldig sind, daß sie bei ihnen Rat suchen und sich bei ihnen erkundigen, was ihr Wille sei. Ein Jüngling, der zum Ehestand alt genug ist, soll sich nicht scheuen, seinen lieben Eltern sein Herz zu offenbaren und sich gegen sie zu erklären, daß er eine fromme, ehrliche Jungfrau lieb habe, und sie derohalben bitten, sie wollten ihm die zum Weibe geben. Also sollen sich die Kinder vor ihren Eltern demütigen, frei heraussagen: Mein lieber Vater, meine liebe Mutter, gib mir diesen Jüngling, oder diese Jungfrau, die ich lieb habe. Ist es dann Sache, daß sie dein oder deiner Eltern oder Freundschaft wert ist, so werden fromme, ehrliche Eltern ihrem Kinde solches nicht abschlagen, wenn schon die Mitgabe oder das Gut so groß nicht ist, daß es dem Ihren möchte gleich sein. Solche Heiraten müssen gewiß glücklich sein und wohl geraten, und segnet Gott dieselben nach seiner großen Güte.

Es sollen sich aber junge Leute hüten vor dem Ungehorsam und der Verachtung ihrer Eltern, so leider jetzt sehr gemein ist, also, daß etliche derselben gar unsinnig werden, blind zufahren und unehrliche Heirat machen, so ihnen selbst, ihren Eltern und Vorfahren zur Schande gereichen. Eine solche heilige Vereinigung oder Zusammenfügung soll ohne gebührliche Gottesordnung nicht geschehen und vollzogen werden. Die Heilige Schrift sagt: Ein vernünftig Weib kommt vom Herrn. Darum soll das Gebet vorangehen, daß man Gott um Hilfe bitte und sage: Lieber Herr Gott, du siehst, daß ich ohne Sünde des Ehestandes nicht raten kann; gib du mir guten Rat, und gib mir ein frommes, gottesfürchtiges und ehrlich Weib. Danach soll denn auch dazu kommen der Eltern Rat und Bewilligung, und sollst du ohne Vorwissen der Eltern oder wider ihren Willen darin nichts vornehmen oder anfangen. Denn, Lieber, gedenke doch, wie mit großen Wohltaten deine Eltern dich überschüttet haben, wieviel du ihnen schuldig bist und wie unbillig es ist, sie in ihren Herzen betrüben oder erzürnen, die dich so freundlich ernährt und auferzogen haben und dich so herzlich lieb haben. Solches sollen sich die Junggesellen selbst vorhalten und stets daran gedenken. Denn also werden sie sich gewöhnen, ihre Eltern zu ehren, welches dann nicht allein ehrlich und göttlich, sondern auch den Geboten Gottes und Exempeln und der Schrift gemäß, auch durch das ganze Leben sehr nütze und gut ist. Soviel mehr soll man die päpstlichen Canones verdammen und fahren lassen, welche solche Werke des Gehorsams, so die Kinder den Eltern zu erzeigen schuldig sind, nicht lehren, sondern wider dieses alles bestricken und verwirren sie die einfältigen Herzen in die heimlichen Winkelverlöbnisse, stehlen den Eltern ihre Kinder ab und verkuppeln und hängen sie zusammen ohne derselben Vorwissen, Rat und Willen, da etwa eine böse Bübin oder Bube die armen Kinder verführt und irgendein Kind oder böse Bube den Eltern ihre Kinder mit Gewalt raubt oder abstiehlt. Was kann aber einem Menschen Betrübteres oder Unbilligeres widerfahren, als wenn er sein Kind, das er christlich und fein züchtig auferzogen und in guten Sitten unterwiesen hat, einem losen Buben und schändlichen Unflate, der ihm nach Erbe und Gut steht, muß folgen lassen? Sollte einer einen solchen Buben für seinen Sohn oder Erben seiner Güter halten? Ist das nicht ein viel elender und betrübender Ding, als der Tod selbst? Derohalb bilde ich dieses der Jugend nicht vergeblich so oftmals ein und warne sie, wie man solch groß und heilig Ding angreifen und anfangen soll, auf daß die Gewalt, so die Eltern über ihre Kinder haben, und der Gehorsam und Reverenz, so ihnen die Kinder zu erzeigen schuldig sind, möge erhalten werden; der Sohn oder die Tochter soll von ihnen Rat bitten, nachdem sie zum Besten und aus göttlicher Ordnung und Segen wohl raten können.

Die Eltern sollen also gescheit sein, daß sie die Kinder wider ihren Willen nicht nötigen oder zwingen. Denn man spricht: Gezwungene Dienste gefallen Gott nicht, und es hat doch noch Mühe und Arbeit genug, daß die Ehe wohl gerate.

Lasset uns doch der Eltern Autorität, Gewalt und Gehorsam nicht ein Scherz sein, darüber auch die Heiden gehalten haben, wie Ambrosius den Spruch bei dem griechischen Poeten Euripides fein anzeucht und hoch lobet, da die Jungfrau sagt: Mich verloben und selbst freien, stehet nicht in meiner Gewalt, habe es nicht Macht, Fug noch Recht; sondern es stehet bei meinen Eltern, bei denen mag man es suchen; wenn und wem mich dieselben wollen geben, da bin ich zufrieden. Desgleichen sagt auch die Heilige Schrift, Jer. 29, 6. Nehmet euren Söhnen Weiber, und gebet euren Töchtern Männer.

Wo es so ferne kommt, daß über das Gelübde junge Leute heimlich ein Leib worden sind, ist’s billig, daß man sie zusammen lasse und väterliche Gewalt die Hand abtue.

Der Vater hat Macht zu wehren, daß sein Sohn oder seine Tochter diese oder den nicht nehme, aber gar keinen zu nehmen, hat derselbe nicht Macht, sondern ist schuldig, dem Kind einen zu geben, der ihm gut und füglich ist.

So habe ich auch diesen letzten Gehorsam und Willen meinem lieben Vater, der solches von mir begehrt, guter Hoffnung, Gott werde mir Kinder bescheren, nicht wissen abzuschlagen. Dazu, daß ich auch mit der Tat meine Lehre bestätige.

Wenn reiche Eltern, von ehrlichem Wesen, nicht wollten ihre Tochter einem geringen losen Mann geben, der sie doch beschlafen, sondern dringen stracks auf die Strafe, da antworte ich: Kann man die Obrigkeit dazu bringen, daß sie solches strafe, lasse ich’s geschehen, und möchte ich’s gerne sehen. Wo aber nicht, möchte ich raten, daß man die Dirne ihm gebe.

Was für Unrat kommen sei aus gezwungener Ehe, lehren und weisen uns tägliche Erfahrung wohl. Es darf noch großer Gnade wider den Teufel, Fleisch und Welt, daß wohl gerate, wenn es gleich in Gottes Segen und Gebet gehorsamlich und mit Lust und Liebe freundlich angefangen wird, daß uns nicht dürste wider Gottes Macht und mit Unwillen unfreundlich anfahen und also den Teufel über die Tür malen, er kommt wohl selbst. Und ist ja ein seltsam Ding, daß einer mag wollen eine Braut haben, daß er weiß, daß sie ihn nicht haben will noch mag, und daß Eltern so töricht sein mögen, ihre Kinder zu zwingen in ewigen Unwillen und Unlust; unvernünftige Tiere täten’s nicht. Und wenn es schon Gott und die Natur nicht geboten hätten, daß die Ehe sollte ungenötiget sein, sollt’s doch väterlich oder mütterlich Herz gegen Kinder selbst nicht anders mögen leiden, denn daß mit Lust und Liebe geschehe. Aber der Mammon und der Bauch ist ein mächtiger Gott.

2. Über heimliche Verlöbnisse.

DIE tägliche Erfahrung gibt davon Zeugnis, daß die heimlichen Verlöbnisse, so im Winkel geschehen, eine Ursach vieles großen Unglückes sind, täglichen Zanks und Haders; dazu folgen auch daraus falsche Tücke, Mord und Totschlag und zuletzt folgt daraus eine scheußliche Zerrüttung in den Kirchen und weltlichem Regimente.

Im Gesetze Mosis sind sogar die heimlichen Verlöbnisse so gar ernstlich verboten und verdammt gewesen, daß die Eltern dieselben haben mögen wiederum aufheben und zertrennen, wenn auch eins das andere schon berühret hatte. Und ob wir nun wohl demselben Rechte, nicht folgen können oder sollen, sintemal uns solche äußerliche und gerichtliche Gesetze Mosis nicht binden noch angehen, so ist es aber doch gleichwohl ein geschriebenes Recht, so dazumal von Gott ist gegeben und angekündigt worden, und mit dem Exempel und Zeugnis desselben Rechtes unsere Meinung gewaltiglich bestätiget wird.

Wenn du aus eigener Kühnheit und Frevel ohne Vorwissen der Eltern in diesen Stand getreten bist, wird solches dich in deinem Herzen stets für und für beißen und plagen. Du wirst sagen: Siehe, nun werde ich gestraft um meiner Torheit und Ungehorsams willen, ich habe meine Eltern erzürnt, nun werde ich wiederum auch mit allerlei Unlust beschwert. Das ist dann ein unerträglich Kreuz.

Die Rechte mit dem heimlichen Verloben sind bisher so abenteuerlich gewest, daß mancher hat seine Braut aus den Armen müssen wegführen lassen, und weder Verlöbnis noch Zeugen noch Aufbieten geholfen hat.

Das tun die, welche sich heimlich verloben, den Eltern zuleid, als daß sie sich mit erschrecklicher Todsünde beflecken, welche wohl eine Zeitlang schläfet und verborgen liegt. Denn das Mägdlein gefällt dem Junggesellen wohl, und ist sein Herz in der Liebe zu dem Mägdlein ganz entbrannt, daß er weder Tag noch Nacht auf nichts anders gedenket und ihm auch sonst von nichts träumet. Aber wenn nur ein Monat oder zwei verlaufen, so folget hernach ein jämmerlich Seufzen und Wehklagen. Solche Anstöße und Ärgernisse pflegen für und für das Gewissen zu betrüben. Da kommt hernach das Grauen im Nacken, das schwarze böse Hündlein – der Scheuling – das beißet dein Lebetage, höret nicht auf, wenn auch die Sünde schon vergeben ist.

Die Erfahrung gibt’s, daß es den Kindern selten im Ehestand wohl gehet, haben gemeiniglich Hader und Zwietracht miteinander und eitel Unglück, die sich heimlich verloben, ohne Wissen der Eltern.

Wer wollte das billigen, daß ich eine Tochter hätte auferzogen mit soviel Kost und Mühe, Sorge und Gefahr, Fleiß und Arbeit, und hätte alle mein Leben mit Leib und Gut daran gewagt, so viele Jahr, und sie sollte mir nicht besser verwahret sein, denn als wäre sie meine Kuh, im Walde verirret, die ein jeglicher Wolf möchte fressen? Also auch sollte mein Kind da frei stehen, daß ein jeglicher Bube, der mir nicht bekannt oder vielleicht auch mein Feind gewest, Macht und einen freien Zutritt hätte, mir dieselbige heimlich abzustehlen und wider mein Wissen und Willen dahin nehmen? Ist doch niemand, der sein Geld und Gut wollte so frei offen stehen lassen, daß es nehme, wer am ersten dazu käme. Nun aber nimmt mir der Bube nicht mein Geld und Gut, sondern mein Kind, das mir sauer worden ist zu erziehen, und kriegt dazu mein Geld und Gut mit der Tochter; muß ihn also lohnen und für das an mir begangene Leid und Untugend meinen Erben im Gut sein lassen, das ich mit Mühe und Arbeit erworben habe.

Hast du der Tochter die Ehre genommen, den Eltern und Freundschaft Gewalt getan, welche Sünden damit nicht gebüßet werden, daß du sie von dir stoßest, sondern viel Ärgeres damit tätest, beide an Kind und Eltern, und kannst sie nicht wiedergeben, wie du sie genommen hast. Darum denke, willst du sie von dir stoßen, so mache sie wieder ganz zu Ehren, wie sie gewest ist, ehe du sie berühret hast, oder behalte sie zur Strafe oder Buße, wiewohl man dich noch weiter darüber strafen sollte. Es gilt nicht, lieber Geselle, wenn du einem Schuster ein Paar Schuhe gestohlen hättest und wolltest sie ihm danach wiedergeben, wenn du sie zerrissen hättest. Es ist wider das Zuchtrecht, Schuhe zu stehlen, und wo man’s halten und vorkommen kann, daß dem Schuster seine Schuhe ungestohlen oder je unverderbet wieder werden, so soll man’s tun. Geschieht’s aber, daß sie gestohlen werden, so sollst du die Schuhe nicht wiederbringen, wenn sie verderbet sind, sondern behalten und bezahlen und dazu auch gestraft werden wegen des Diebstahls. Also soll man auch wehren und nicht gestatten, daß heimlich Gelöbnis eine Ehe mache; wird aber eine daraus gemacht, und die Magd ein Weib wird, sollst du sie nun, weil sie verderbt ist und unwert gegen andere worden, nicht mehr hergeben, sondern behalten, und noch darüber die Buße dazu geben. – Hier wird nun wiederum jemand sagen: Ja, wenn ein Bube das merkt, daß er meine Tochter mit heimlichem Verlöbnis nicht kriegen kann, wird er sich befleißigen, sie heimlich zu schwächen, und damit gedenken, sie müßte doch sein bleiben, weil sie versehret ist an ihrer Ehre, oder möchten beide einen Bund machen, daß sie beide bekenneten, sie hätten sich leiblich erkennet, wenn’s gleich nicht wahr wäre. Antworte ich: Wer kann allen Buben wehren? Denke und hüte deines Kindes; kannst du aber ihre Ehre nicht verhüten, wie willst du denn heimliche Verlöbnis verhüten? Es sollte aber die weltliche Obrigkeit die Strafe gehen lassen über solche Buben und Mägdeschänder, so würden sie es wohl lassen.

2. Kapitel. Hochzeit.

Gefahr des Aufschubs. Mäßigkeit der Hochzeitsfreude. Vermeidung des Übermaßes. Das beste Hochzeitgeschenk.

DIE Hochzeit lange aufschieben und aufziehen ist, sehr gefährlich, weil der Satan gern Hindernis und viel Gewirres machet durch böse Zungen, Verleumder und von beiden Teilen Freunden. Darum soll man’s nicht verziehen, sondern nur flugs zusammenhelfen. Wenn ich nicht alsbald und in der Stille hätte Hochzeit gehalten, mit Vorwissen weniger Leute, so hätten sie es alle verhindert, denn alle meine besten Freunde schrieen: nicht diese, sondern eine andere.

Christus hat keinen Mißfallen an der Kostung der Hochzeit, noch an allem, das zur Hochzeit gehört, als Schmuck und fröhlich sein, essen und trinken, wie das Brauch und Landessitte fordert, welches doch scheinet, als sei ein Überfluß und verlorene Kost und weltlich Ding: so fern doch, daß solches alles sein Maß habe und einer Hochzeit ähnlich sei. Denn Braut und Bräutigam müssen ja geschmücket sein; so müssen ja die Gäste auch essen und trinken und fröhlich sein. Und solche Kost und Wesen mag alles mit gutem Gewissen geschehen, denn die Schrift hin und wieder solches meldet und vom Brautschmuck, vom Hochzeitkleid, von Gästen und Wohlleben auf der Hochzeit auch in dem Evangelio geschrieben stehet. So schenket Abrahams Knecht Rebekka, der Braut Isaaks, und ihren Brüdern Kleinod von Gold und Silber, 1. Mos. 24, 53., daß da keiner sich kehren soll an die sauer sehenden Heuchler und selbstgewachsenen Heiligen, welchen nichts gefällt, denn was sie selbst tun und lehren, und nicht wohl leiden sollten, daß eine Magd einen Kranz trägt oder sich ein wenig schmücket.

Niemand denke, es sei Sünde, ob er mit der Braut herrlicher fähret, denn sonst im gemeinen Leben, daß man es nicht so enge spanne. Gott lässet es geschehen, der Hochzeit zu Ehren, daß sie also gepriesen werde. Nur kein Übermaß! Jetzt muß man aber so viele Perlen und Seide haben, gerade als sollte die Braut nicht geschmücket sein, sondern sehen lassen, wie schwer sie tragen könne. Wenn das geschmücket heißet, so könnte man wohl einen Karren auch schmücken, der könnte des Dinges viel tragen.

So ihr zu mir auf die Hochzeit kommen wollet, will ich nicht, daß ihr einen Becher oder etwas mitbringen und schenken sollet. Allein bitte ich, wollet mir zu diesem christlichen Werk Glück und Segen wünschen und für mich bitten.

3. Kapitel. Ehe.

Gottes Ordnung. Zweck und Bestimmung. Nichtige Beurteilung. Würde. Nutzen und Segen. Leiden und Beschwerden. Verachtung. Mißbrauch. Sünden in der Ehe. Gemeinschaft in der Ehe. Verschiedene Ursachen der Schließung der Ehe. Leichtsinn bei der Schließung. Freiheit bei der Schließung. Bedingungen einer glücklichen Ehe. Ursachen unglücklicher Ehen.

1. Gottes Ordnung.

DAS erste, so man an diesem Stande lernen soll, ist das, daß ein jeder wisse und gewiß dafür halte, daß der Ehestand von Gott geordnet und gestiftet sei. Das ist fast die höchste Kunst im ehelichen Leben, daß man diesen Stand lerne ansehen nach seiner höchsten Ehre, nämlich, daß er Gottes Gestift ist und Gottes Werk hat; wiewohl es scheinet, als sei es leicht, und sich jedermann lässet dünken, er könne es selbst und dürfe keines Meisters dazu. Denn wer weiß das nicht, daß der Ehestand von Gott im Paradies eingesetzt und auch außerhalb des Paradieses bestätiget ist, wie Moses anzeigt im 1. Buch 1. 2 und 9. Ich hab’s auch oft gelesen und wohl lernen nachreden; aber es ist eine solche Kunst, die ich noch nicht kann und auch nicht können muß, ob ich wohl ein alter Doktor bin, täglich daran zu lernen. Die Worte sind wohl bald gelernet, daß es sei ein Stand von Gott eingesetzt usw. aber das ist die Kunst, davon ich sage, daß man solches gewiß und