Wachgeküsst von einem Scheich - Liebesromane aus 1001 Nacht - Tara Pammi - E-Book

Wachgeküsst von einem Scheich - Liebesromane aus 1001 Nacht E-Book

Tara Pammi

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Beschreibung

DIE GEKAUFTE BRAUT DES SEXY SCHEICHS

"Ich möchte Sie engagieren - als meine Braut." Als Scheich Jafar Al-Shehri ihr auf einem Ball einen Antrag macht, hält Hochzeitsplanerin Tiffany das für eine Champagnerlaune! Doch der Milliardär meint es ernst: Um sein Reich vor einem Putsch zu retten, braucht er eine Braut auf Zeit - dafür begleicht er die Schulden ihrer Schwester. Ein Angebot, das zu verlockend ist. Was soll auch passieren? Gegen Machos ist sie immun! Doch als Jafar sie küsst, spürt sie nicht nur Verlangen, sie verliebt sich auch in ihn. Tiffany ist verzweifelt, denn eine Zukunft mit dem Wüstenprinzen kann es nie geben …

IN DEN ARMEN DES FEURIGEN WÜSTENPRINZEN

"Was willst du hier?" "Ich bin hier, um Ihnen zu dienen …" Sie schluckte. "Auf jede Art, die Sie wünschen." Lina steht tief in der Schuld des mächtigen Scheichs Sayid Badawi: Vor vier Jahren kam sie blutjung und verwaist in seinen Wüstenpalast. Als sein Mündel war sie ihm ausgeliefert, doch statt das skrupellos auszunutzen, schickte Sayid sie in teure Internate im Ausland. Nun kehrt Lina in den fernen Palast zurück: schön, selbstbewusst und entschlossen, ihre Bildung für Sayids Land einzusetzen. Aber insgeheim sehnt sie sich nach mehr. Sie will sich dem stolzen Herrscher endlich hingeben! Als erwachsene Frau, die zu ihren sinnlichen Träumen steht …

IN DER OASE DER SINNLICHKEIT

Was ist mit Zafir geschehen? Lauren kommt fast um vor Sorge, als ihr Liebhaber spurlos aus New York verschwindet. Mutig reist sie in seine Heimat, den Wüstenstaat Behraat, und steht unvermittelt dem neuen Scheich gegenüber: mächtig, feurig - und verhängnisvoll vertraut!

SÜßES ERWACHEN IM WÜSTENPALAST

Scheich Azrael al-Sharif ist außer sich! Nicht genug, dass sein Halbbruder die hübsche Engländerin Molly nach Djala verschleppt hat, jetzt ist Azrael auch noch für das Wohlergehen der streitbaren Lehrerin verantwortlich. Doch bevor er ihre Ausreise gestatten kann, flieht Molly in die Wüste. Pflichtbewusst folgt Azrael dem Rotschopf trotz eines aufziehenden Sandsturms. In letzter Minute finden sie in einer einsamen Höhle Zuflucht, und plötzlich tobt in dem Herrscher ein Verlangen genauso gefährlich wie draußen der Wüstenwind …

DIE FALSCHE BRAUT DES STOLZEN SCHEICHS

Scheich Omar muss heiraten. Sonst drohen diplomatische Verwicklungen! Zwanzig schöne, hochgebildete Frauen lädt er zur traditionellen Brautschau ein. Aber nur eine von ihnen weckt sein Verlangen: die Wissenschaftlerin Beth Farraday. In seinem Wüstenpalast verführt er seine Auserwählte mit brennender Sinnlichkeit. Der stolze Scheich ahnt nicht: Beth, die nur als Verkäuferin jobbt, hat mit ihrer brillanten Zwillingsschwester die Rollen getauscht. Die Schönheit in seinen Armen kann er zwar zu seiner Geliebten machen, aber niemals zu seiner Königin …

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Seitenzahl: 973

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Rachael Thomas, Annie West, Tara Pammi, Lynne Graham, Jennie Lucas

Wachgeküsst von einem Scheich - Liebesromane aus 1001 Nacht

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2018 by Rachael Thomas Originaltitel: „Hired to Wear the Sheikh’s Ring“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2372 - 2019 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Nicole Lacher

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 01/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733711955

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Jeder Mensch hat seinen Preis. Jafar Al-Shehri wusste das besser als die meisten Leute. Den Preis der Brautjungfer Tiffany Chapelle kannte er ganz genau – und zahlte ihn nur zu gern, um sein Ziel zu erreichen.

Er hätte alles getan, um seinen Cousin in Schach zu halten. Immer aggressiver beanspruchte Simdan das Königreich, das Jafar nach dem unerwarteten Tod seines Bruders geerbt hatte. Es war zwar nie sein Ehrgeiz gewesen, Shamsumara zu regieren, doch die Verpflichtung seinem Volk, dem Königreich und seinem Bruder gegenüber nahm er sehr ernst. Miss Chapelle mit ihrem unkonventionellen Beruf der Miet-Brautjungfer war genau das, was er brauchte, um Simdans Umsturzversuch zu vereiteln.

Jafars Blick traf den der großen schlanken Frau im hellblauen Brautjungfernkleid. Fragend zog sie die Brauen hoch, widmete sich dann aber wieder ihren Aufgaben bei der Hochzeit seines Freundes und Geschäftspartners Damian Cole. Ihre glänzenden dunkelbraunen Haare waren hochgesteckt und passend zu diesem Fest im idyllischen England mit weißen Blümchen geschmückt. Sie hatte ein paar Sommersprossen, die sie noch interessanter machten. Wie anziehend sie war, schien sie gar nicht zu wissen. Bei der gestrigen Generalprobe hatte man Jafar, dem Trauzeugen, die Brautjungfer vorgestellt. Seitdem malte er sich ärgerlicherweise ständig aus, wie er ihre üppigen Lippen küsste.

Miss Chapelles Lächeln hatte ihn aus dem Konzept gebracht. Wegen des Geschäfts, das ich ihr vorschlagen will, redete er sich ein. Nicht wegen dieses intensiven Prickelns, das er mit ihrer rechten Hand in seiner empfunden hatte.

Die Nachricht, dass Damian seine Jugendliebe heiraten wollte, war für Jafar nicht überraschend gekommen. Verblüfft hatte ihn hingegen die Tatsache, dass die Haupt-Brautjungfer weder eine enge Freundin noch Verwandte der Braut, sondern eine eigens für diesen Job engagierte Person war. Tiffany Chapelle verdiente ihren Lebensunterhalt nicht nur als Hochzeitsplanerin, sondern auch als Brautjungfer. Über seine Frage, warum eine Fremde diese Rolle übernahm, hatte Damian gelacht. Jede Braut sollte ihre Haupt-Brautjungfer engagieren, fand er. Erst recht, wenn sie – wie seine Verlobte – übereifrige Freundinnen hatte. Nach diesem Gespräch hatte Jafar gründliche Recherchen über Tiffany angestellt. Sehr gründliche.

Romantik schien für sie etwas zu sein, das sich auf die Hochzeiten anderer Frauen beschränkte. Zu ihren Kundinnen zählten viele Reiche und Prominente. Dass sie sich gegen Bezahlung als Brautjungfer verdingte, machte sie zur perfekten Kandidatin für Jafar. Außerdem gab es keine Indizien für einen Mann in ihrem Leben. Noch wichtiger: Sie hatte beträchtliche Schulden und war kürzlich aus einem gemieteten Appartement zu ihrer Schwester gezogen. Bisher wusste er nicht, woher ihre Schulden stammten, doch er war zuversichtlich, dass er mit ihr ins Geschäft kommen konnte. Für ihn war die Summe ein Klacks. Er beabsichtigte, ihr deutlich mehr Geld anzubieten, damit sie einen Auftrag annahm, der in den nächsten drei Monaten ihren vollen Einsatz erfordern würde.

Das Orchester begann zu spielen. Jafar hatte genügend Hochzeiten im westlichen Ausland erlebt, um zu wissen, dass Braut und Bräutigam zunächst allein tanzten. Von ihm als Trauzeugen erwartete man, etwas später die Haupt-Brautjungfer auf die Tanzfläche zu führen. Er hatte vor, seine Pflicht mit demselben hohen Anspruch zu erfüllen, den er stets an sich stellte. Vor allem, weil er bei dieser Gelegenheit dezent Verhandlungen mit der hinreißenden Frau aufnehmen konnte, die das Schicksal ihm als Lösung für seine Probleme gesandt hatte.

Er konzentrierte sich auf das Brautpaar und beobachtete, wie der knallharte Unternehmer seiner frischgebackenen Ehefrau anbetend in die Augen schaute. Jafar verspürte einen Stich. Sicher, eigentlich sollte er sich für Damian freuen. Doch der Anblick solcher Hingabe, solcher Liebe, erinnerte ihn an alles, was er verloren hatte, nachdem er Nieshas wahres Ich erkannt hatte. Schon als Kinder waren sie einander versprochen worden. Er hatte sie auf eine Weise gemocht, die er für Liebe gehalten hatte. Mehr als bereit war er gewesen, sie zu heiraten und eine gute Ehe zu führen. Niesha allerdings hatte einen ranghöheren Mann gewollt als den jüngeren Sohn des Herrschers von Shamsumara.

Schmerz erfüllte ihn beim Gedanken an den Tod jenes Mannes, der für ihn sowohl Bruder als auch Vaterfigur gewesen war. Malek hatte ihn vor dem machthungrigen Vater beschützt, der das Königreich fast zerstört hätte, und hart gearbeitet, um das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen. Dies war nun Jafars Pflicht. Er wollte und durfte seinen Bruder nicht enttäuschen.

„Jetzt sind Sie dran, glaube ich.“ Die sinnliche, einen Hauch vorwurfsvolle Stimme der Brautjungfer riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Tiffany stand neben ihm.

„Ich wollte dem glücklichen Paar nur Gelegenheit geben, das Rampenlicht auszukosten.“ Er sah hinunter in blaue Augen. So hellblau wie ihr Kleid, mit einem dunkleren Rand um die Iris und einem eindringlichen Blick, der für jede Menge Temperament sprach. Da war es wieder, dieses Prickeln, das er gestern bei der ersten Begegnung gespürt hatte, noch stärker diesmal. Wie ein Blitz im Himmel über der Wüste seiner Heimat.

Weil er endlich seinen Plan umsetzen konnte, das Volk von Shamsumara vor dem Anspruch seines Cousins aus dem Nachbarland zu bewahren? Oder weil er gleich beim Tanzen diese Frau in den Armen halten durfte?

„Und ich dachte schon, Sie würden einen Bogen um mich machen.“

Aus ihrer übermütigen Bemerkung schloss er auf ein unbefangenes Wesen. Diese Frau genoss das Leben. „Davon kann wohl kaum die Rede sein, wenn ich Ihnen Zeit lasse für jene Aufgaben, für die man Sie engagiert hat. Das ist doch Ihre Rolle, oder? Miet-Brautjungfer?“ Sein scharfer Unterton überraschte ihn ebenso wie die knisternde Spannung in Miss Chapelles Nähe. Doch das Geschäft, das er mit ihr abschließen wollte, war viel zu wichtig, um sich von einem hübschen Gesicht und einer sexy Figur ablenken zu lassen – oder von dem herausfordernden Blick aus ihren betörenden Augen.

„Sie haben etwas gegen mich, nicht wahr, Mr. Al-Shehri?“ Ärgerlich presste sie die Lippen aufeinander, stemmte eine Hand auf die Hüfte und funkelte ihn an. Ihr frostiger Blick erinnerte ihn an die Eiszapfen, die ihn in den Wintern im englischen Internat fasziniert hatten. „Oder missfällt Ihnen, dass ich es Frauen in Rechnung stelle, wenn ich nicht nur ihre Hochzeitsplanerin, sondern auch ihre Brautjungfer bin? Es mag unkonventionell sein, aber Bridesmaid Services ist nicht das einzige Unternehmen, das diese Dienstleistung anbietet.“

„Heute Nachmittag hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, die beste Freundin der Braut kennenzulernen. Seitdem kann ich durchaus den Bedarf nachvollziehen, eine Brautjungfer zu engagieren, die alles Nötige ohne Theatralik erledigt.“ Jetzt wusste er, was Damian gemeint hatte.

„In dem Fall muss ich es sein, die Ihnen missfällt“, folgerte sie mit einem provokativen Lächeln.

Statt sich auf ein Wortgefecht einzulassen, nahm er ebenso sanft wie entschieden die Hand, die auf ihrer Hüfte ruhte. Er unterdrückte ein Lächeln, als sich ihre Augen überrascht weiteten. Bevor sie protestieren konnte, führte er sie auf die Tanzfläche. Wenn sie keine unerwünschte Aufmerksamkeit erregen wollte, musste sie mitspielen.

Die Hochzeitsgäste applaudierten, als er sie behutsam an sich zog, bis er den schlanken Körper an seinem fühlte. Sofort reagierte sein Körper auf ihren, auf ihr Parfüm, leicht und blumig wie die Arrangements aus klassischen englischen Gartenblumen in diesem Landhotel. Sie begannen, zu der langsamen Musik zu tanzen, und die sich wiegende Hüfte unter seiner rechten Handfläche löste eine Welle der Lust in ihm aus.

Was zum Teufel passiert hier? Es kam ihm vor, als würde diese dunkelhaarige Schönheit seine Kraft rauben. Die Selbstbeherrschung untergraben, für die er bekannt war. Sie ließ ihn Dinge wünschen, die unerreichbar waren, wie er vor langer Zeit gelernt hatte. Er begehrte Tiffany, und zwar viel stärker, als er normalerweise eine Frau begehrte. Sie brachte jenen Mann in ihm zum Vorschein, der das Bedürfnis nach dem Leben an der Seite einer Partnerin vor langer Zeit zu den Akten gelegt hatte. Solche Wünsche konnten destruktiv sein. Deshalb verbat er sich den Gedankengang und erlaubte stattdessen Lust, sowohl Geist als auch Körper zu erobern.

„Verraten Sie es mir?“ Die stolz hochgezogenen Brauen und herausfordernde Stimme rissen ihn aus Erinnerungen, denen er Ewigkeiten nicht mehr nachgehangen hatte und die er auf keinen Fall wieder zulassen wollte. An das Leben, das er mit der jungen Frau hätte führen können, mit der er aufgewachsen war. Die seine Braut hatte werden sollen. Resolut rief er sich zur Ordnung. Er konnte es sich nicht leisten, die Zukunft durch die Vergangenheit und frühere Hoffnungen schwieriger zu machen.

„Es trifft nicht zu, dass Sie mir missfallen“, antwortete er und hielt den Blickkontakt, während sich andere Paare zu ihnen auf die Tanzfläche gesellten. „Ganz im Gegenteil.“

„Sie finden meine Arbeit gut?“, fragte sie entgeistert.

Trotz der Erinnerungen, die sie fast an die Oberfläche geholt hätte, lachte er leise. „Ja.“ Ihre verdatterte Miene entlockte ihm ein Lächeln. „Sie sind die einzige Frau in meinem Bekanntenkreis, die eine Hochzeit nicht mit sentimentalem Unsinn verbindet.“

Tiffany legte den Kopf schief und sah ihn argwöhnisch an. „Das ist mein Job, Mr. Al-Shehri. Ich tue, wofür ich engagiert wurde, und sorge dafür, dass dies der schönste Tag im Leben der Braut ist.“

„Dann sind Sie also pflichtbewusst?“ Er war froh, weil er von ihr selbst etwas über ihren Charakter erfahren konnte, statt auf Erkenntnisse aus zweiter Hand angewiesen zu sein. Die Möglichkeiten von Privatdetektiven waren begrenzt. Sie konnten nicht aufdecken, wie ein Mensch tickte, und er brauchte Antworten auf seine Fragen, bevor er ihr den Deal vorschlug. Einen Deal, der sein Königreich retten und vielleicht sogar die Geister der Vergangenheit ein für alle Mal verjagen konnte.

„Immerhin tanze ich mit Ihnen, oder?“ Ihre Augen blitzten vergnügt.

Obwohl er beim Thema bleiben und das Gespräch geschäftsmäßig halten wollte, musste er lachen. „Ich hatte keine Ahnung, dass es so eine mühselige Aufgabe für Sie sein würde.“ Er schwang sie zum Rand der Tanzfläche, nah am Ausgang des riesigen weiß und blassrosa geschmückten Festzeltes. Auch die Blumenarrangements waren in diesen Farben gehalten; nur die hellblauen Kleider der Brautjungfern scherten aus der Reihe. „Wollen wir die Nachmittagssonne genießen?“

„Haben Sie vor, mich von meinen Pflichten abzuhalten, Mr. Al-Shehri?“

Jafar schaute hinüber zu Damian, der eng umschlungen mit seiner Ehefrau tanzte. „Ich denke, Ihre Pflichten sind vorläufig erledigt. Braut und Bräutigam haben ausschließlich Augen füreinander.“

Er klang gereizt. Schon den ganzen Tag fühlte Tiffany sich von ihm beobachtet. Seit der ersten Begegnung gestern Nachmittag beschäftigte er sie, machte sie unruhig, erinnerte sie an längst aufgegebene Träume von Liebe und Glück. Sie hatte sich aufrichtig bemüht, den missbilligenden Zug um den Mund zu ignorieren, mit dem er sie taxierte. Bei jedem Zusammentreffen schien dieser Zug etwas ausgeprägter zu sein.

Dass der Mann außergewöhnlich attraktiv und groß war und mit seiner dunklen Haut einen exotischen Reiz auf viele weibliche Hochzeitsgäste – ledige wie verheiratete – ausübte, wollte sie ebenfalls ignorieren. Hätte sie nicht gearbeitet, wäre er vielleicht genau jene Ablenkung gewesen, die sie jetzt brauchte.

Entsetzt über die Richtung, in die ihre Gedanken abdrifteten, besann sie sich aufs Wesentliche. Oder versuchte es zumindest. Hätte Lilly, ihre beste Freundin, ihr doch bloß nicht den Floh ins Ohr gesetzt, ein One-Night-Stand sei das beste Mittel, um miese Erinnerungen an ihren Exfreund loszuwerden! So eine Frau war sie einfach nicht. Deshalb hatte ihr Ex sie ja auch abserviert.

„Da höre ich eine Spur Zynismus heraus.“ Sie hob eine Hand über die Augen, um nicht von der Sommersonne geblendet zu werden, wenn sie zum Trauzeugen hochblickte. Inzwischen standen sie am Ende der von Rosen gesäumten Terrasse. Offenbar teilte er ihre Abneigung gegen die Ehe. Männer wie er hatten ihr die Illusion von wahrer Liebe geraubt.

„Glauben Sie an Liebe und Glück, Miss Chapelle?“ Aufmerksam schaute er sie an. Seine leuchtend grünen Augen bildeten einen scharfen Kontrast zu den tiefschwarzen Haaren.

Diese Augen hatte sie nicht erwartet, als die Braut sie informiert hatte, der Trauzeuge sei ein Scheich, Herrscher eines fernen Königreiches. Seine direkte Frage verunsicherte sie ebenso wie der grimmige Unterton. Nun bestätigte sich ihre Vermutung – er hielt absolut nichts von der Ehe. Außerdem kannte sie seinen Ruf als Frauenheld, denn die Braut hatte mit den anderen drei Brautjungfern darüber geplaudert. Eine ihrer Freundinnen war unverkennbar verrückt nach dem Fremden aus der Wüste.

„Nein.“ Sie verdrängte ihre Vision, jene Art von Liebe zu finden, die ihren Eltern versagt geblieben war, und straffte die Schultern. „Nicht, dass ich es je einer Braut auf die Nase binden würde, mit der ich zusammenarbeite.“

Noch immer sah er ihr in die Augen. Die Verbindung war derart intensiv, dass Tiffany kaum zu atmen wagte. Sie gönnte dem Trauzeugen nicht den Triumph, dass sie zuerst wegschaute, mit den Wimpern klimperte und ihn lockte, sie zu seiner nächsten Eroberung zu machen.

Was für ein abwegiger Gedanke! Wie um alles in der Welt kam sie auf die Idee, ein Mann wie er könnte sich für sie interessieren? Für eine fünfundzwanzigjährige Frau, die noch kein Mann zärtlich gestreichelt hatte. Die noch nicht wusste, wie sich die intimste Zweisamkeit von Mann und Frau anfühlte. Damit wollte sie bis zu ihrer Hochzeitsnacht warten. Bis sie doch noch ihr märchenhaftes Happy End gefunden hatte.

„Sie gefallen mir, Miss Chapelle.“ Er wandte sich ab. Jetzt merkte sie, wie anstrengend es gewesen war, seinem Blick standzuhalten. Richtig schwach fühlte sie sich. Bei seinem nächsten Satz drehte sich der Strudel der Verunsicherung, in dem sie trieb, seit er sie auf die Tanzfläche geführt hatte, noch ein bisschen schneller. „Ich finde es wichtig, die Person zu mögen, mit der man verheiratet ist.“

Sie betrachtete seine breiten Schultern, an die sich das anthrazitfarbene Sakko schmiegte. Warum konnte ein so selbstbewusster, fast schon arroganter Mann ihr diese Worte nicht ins Gesicht sagen?

Mit den Fingerspitzen strich sie über eine pinkfarbene Rosenblüte neben ihr. Die weichen Blütenblätter fühlten sich merkwürdig beruhigend an. „Ja, Sie haben recht. Wenn man den Menschen nicht mag, den man heiratet, stehen die Chancen für eine dauerhafte Ehe ziemlich schlecht.“

Ihre Eltern waren der Beweis dafür. Genau wie die Wortgefechte, gefolgt von eisigem Schweigen, die sie in ihrer Kindheit für normal gehalten hatte. Dass sie es nicht waren, hatte sie erst nach der Trennung ihrer Eltern erkannt. Als sie alt genug gewesen war, um auch mal bei Freundinnen zu übernachten. Jene unsteten frühen Lebensjahre hatten sie in ihrem Entschluss bestärkt, selbst eine glückliche, liebevolle Ehe zu führen.

Er drehte sich zu ihr um. „Wenigstens sind wir uns in dem Punkt einig.“

„Sind wir das?“ Dieser Mann brachte sie ganz durcheinander. In einem Moment redete er, als meinte er Ehe und Freundschaft ganz allgemein, und im nächsten, als ginge es konkret um sie und ihn. Als wären sie ein Paar kurz vor der Hochzeit.

„Oh ja.“ Er trat näher, und genau wie auf der Tanzfläche stieg ihr der orientalische Duft seines Aftershaves in die Nase. Zum Glück war sie diesmal nicht an seinen Körper gepresst, fühlte nicht jede seiner Bewegungen, die ganz neue Empfindungen – tiefe, aufregende Empfindungen – in ihr weckten. „Und genau deshalb möchte ich Sie engagieren.“

„Sie wollen heiraten.“ Tiffany hörte selbst, wie erschrocken sie klang. Dieser Mann war ein Playboy und machte kein Geheimnis um die vielen Frauen, die er verlassen hatte. Auf die Information war sie sofort gestoßen, als sie im Internet recherchiert hatte. Wie sie es bei jedem Trauzeugen tat, mit dem sie zusammenarbeiten musste, um herauszufinden, was für ein Mensch sie erwartete. Allerdings übertraf Jafar Al-Shehri alle übrigen Trauzeugen, denn er regierte ein Königreich in der Wüste und hatte sein Playboy-Dasein an den Nagel gehängt, nachdem er unerwartet Herrscher geworden war. Er verkörperte alles, was sie an einem Mann störte.

Und gleichzeitig alles, was sie in einem Mann suchte, ohne zu erwarten, es je zu finden. Seit ihr bisher einziger fester Freund sie verlassen hatte, weil sie vor der Hochzeit keine Intimitäten zulassen wollte, war sie Männern gegenüber sehr zurückhaltend. Die Vorstellung, dieser Scheich könnte der richtige Kandidat für den von Lilly empfohlenen zügellosen One-Night-Stand sein, ging zu weit.

„Richtig“, sagte er mit seiner tiefen, befehlsgewohnten Stimme.

Wie konnte sie nur in dieser Art und Weise an den Trauzeugen denken? Sie zwang sich, ihm in die sexy Augen zu sehen, wie jemand, der alles im Griff hatte, obwohl ihr Herz hämmerte. Weil er noch einen Schritt nähergekommen war, oder wegen ihrer erotischen Fantasie? „Sie möchten, dass ich Ihre Hochzeit organisiere und Brautjungfer Ihrer künftigen Ehefrau bin?“

Er musterte sie. „Nein, ich möchte Sie vielmehr engagieren – als meine Braut.“

Tiffany blinzelte verdutzt und starrte ihn an, unfähig, etwas zu erwidern. Dann fing sie zu ihrem Entsetzen an zu lachen.

Jafar holte tief Luft und wartete, bis Miss Chapelle, die stets wie aus dem Ei gepellt war und das politisch Korrekte sagte, sich beruhigte. Wie konnte sie es wagen, ihn auszulachen? Nicht einmal seine engsten Freunde trauten sich das! Wusste sie etwa nicht, wen sie vor sich hatte?

„Sie haben wohl zu viel Champagner getrunken, Mr. Al-Shehri“, meinte sie belustigt.

Ihre heitere Art faszinierte ihn, doch er verkniff sich das Lächeln. „Ich habe mich vollständig unter Kontrolle“, erwiderte er und zog sein Ass aus dem Ärmel: „Ich brauche eine Braut, und Sie brauchen eine hohe Geldsumme. Um Schulden zu begleichen, wenn ich richtig informiert bin.“

Stille. Schlagartig wurde Tiffany ernst und sah ihn misstrauisch an. Die dunkelblauen Ränder ihrer Iris erinnerten ihn an das Meer, das sein Königreich auf einer Seite begrenzte. Das hellere Innere hingegen wirkte feindselig, wie die Hitze in der Wüste.

„Offenkundig bin ich nicht die Einzige, die recherchiert hat.“

Ihre schroffe Stimme warnte ihn, dass er zu weit gegangen war. Doch wie immer trieb ihn die Motivation vorwärts, genau das zu bekommen, was er wollte. „Ich lasse mich nie ohne Recherchen auf etwas ein, Miss Chapelle. Nicht einmal darauf, Trauzeuge meines besten Freundes zu sein.“

„Dann klären Sie mich doch mal auf: Was ist bei Ihren Recherchen herausgekommen?“ Sie legte den rechten Arm unter den Brüsten quer über den Bauch und schloss die Hand um den Ellenbogen des anderen Arms. Dann hob sie in einer aufreizenden Geste den linken Daumen unter das Kinn und den Zeigefinger auf die Lippen.

Heißes Verlangen durchzuckte Jafar. Ihre Augen leuchteten wie die reinsten Edelsteine, während sich sein Blick wie von selbst auf die vollen Lippen unter dem roten Fingernagel heftete. Die Sonnenstrahlen verliehen ihren Haaren einen feurigen Bronzeton und betonten ihre Sommersprossen. Er konnte nur noch daran denken, sie fest an sich zu ziehen, ihre Rundungen hautnah zu spüren und sie zu küssen. Nichts war sanft an der Hitze, die durch seinen Körper strömte, an der Sehnsucht, diese Frau zu berühren, zu küssen, in sie einzudringen. Hätte er dem Impuls nachgegeben, wäre hemmungsloser Sex gefolgt. Ganz und gar hätte er sie in Besitz genommen, und ohne den sonderbaren Deal wäre er mit ihr vielleicht schon auf dem Weg in seine Hotelsuite gewesen.

„Sie bluffen, Mr. Al-Shehri.“

Ihre Worte verscheuchten die erotischen Vorstellungen, was er gern mit ihr tun würde.

Er konzentrierte sich. „Sie haben Schulden. Und Sie brauchen noch viel mehr Geld, dank Ihres Schwagers, der Ihre Schwester in einer finanziell ausgesprochen prekären Lage zurückgelassen hat.“

Tiffany riss die Augen auf. „Woher wissen Sie das?“

„Ich weiß immer alles, Miss Chapelle.“ Er kam noch etwas näher und atmete unwillkürlich ihren zarten Duft ein, der die Bedürfnisse seines Körpers anfachte. „Jeder Mensch hat seinen Preis, und ich kenne Ihren.“

„Sie wollen mich bezahlen, damit ich Ihre Braut werde?“

„Ja, Miss Chapelle, ich will.“ Die letzten beiden Worte hatte er vorhin Damian sagen hören, aber in ihnen hatten Liebe und Hoffnungen für die Zukunft gelegen. Nun sagte er sie zu dieser Frau, die seine Sinne ansprach wie keine andere. Nicht einmal Niesha hatte dies in ihm ausgelöst.

„Wie kommen Sie darauf, dass ich so ein bizarres Angebot annehme?“

Jetzt verschränkte sie beide Arme. Das hellblaue Kleid konnte nicht verbergen, wie ihre Brüste bei dieser Haltung aneinandergepresst wurden. Lust keimte in ihm auf, doch er schob sie beiseite. Dies war keine flüchtige Affäre. Vor ihm stand jene Frau, die die Zukunft seines Königreiches in den Händen hielt. Ihre Antwort entschied über das Schicksal seines Volkes – und sein eigenes.

Lehnte sie ab, hätte Simdan allen Grund, die Eignung seines Cousins als Herrscher anzufechten. Jafar fehlte die Zeit, um auf die in seiner Heimat traditionelle Weise eine Ehefrau zu suchen. Außerdem erwartete seine Schwester ihr erstes Kind, das er zu seinem Erben machen wollte. Deshalb brauchte er keine Ehefrau, nur eine Braut.

„Da unsere Hochzeit in zwei Wochen stattfinden soll, werden Sie finanziell großzügig entlohnt und nicht nur Ihre Schulden, sondern auch die Ihrer Schwester begleichen können. Zudem stelle ich sicher, dass Sie eine beträchtliche Summe erhalten, sobald unsere Vereinbarung abgeschlossen ist.“

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich heirate definitiv für kein Geld der Welt. Schon gar nicht in zwei Wochen.“

Er hatte nicht erwartet, dass sie sofort zustimmte. Andernfalls hätte er befürchtet, sie würde in ihm einen Ritter in glänzender Rüstung sehen, die Antwort auf ihren Traum vom Happy End. Doch angesichts ihrer finanziellen Situation hatte er auch nicht mit einem unverblümten Nein gerechnet.

„Was ist der Frau, die alle Wünsche einer Braut verwirklicht, widerfahren, dass sie die Ehe so vehement ablehnt?“, spottete er. Sie wird blass, registrierte er mit Genugtuung. Anscheinend hatte auch sie Probleme mit dem Ehestand.

„Warum glauben Sie, dass mir etwas widerfahren ist?“

„Wer es stets vorzieht, Brautjungfer statt Braut zu sein, versteckt sich vor irgendetwas.“ Er widerstand der Versuchung, ihr eine dunkle Strähne, die aus der Hochfrisur gerutscht war, hinter das Ohr zu stecken. Allerdings musste er dafür die Hände zu Fäusten ballen.

„Dies ist mein Job, Mr. Al-Shehri.“ Sie funkelte ihn an, und wieder musste er an sich halten, um die zusammengepressten Lippen nicht zu küssen. „Nur ein Mann wie Sie kann ernsthaft in Betracht ziehen, eine Braut zu kaufen.“

Wut über sein Verlangen züngelte in ihm auf. Diese Frau wagte es, ihm die Stirn zu bieten? „Und was für ein Mann ist das, Miss Chapelle?“

Tiffany konnte sich nur mit Mühe beherrschen. Was fiel ihm ein? Was für ein Land regierte er, wenn er glaubte, sich bei Bedarf einfach eine Braut kaufen zu können? Noch schlimmer war allerdings, dass sie tatsächlich versucht gewesen war, sein Angebot anzunehmen. Sie hätte alles getan, um Bethany von dem tyrannischen Spieler zu befreien, den diese vor sieben Jahren geheiratet hatte. Wie gern hätte sie das finanzielle Chaos beseitigt, das der Kerl angerichtet und ihrer Schwester überlassen hatte.

„Ein Mann, der so gut wie alles kaufen kann, was er begehrt, sogar eine Braut“, fauchte sie, drehte sich auf dem Absatz um und ging. Sie wollte weg von der Verlockung, Bethanys Probleme zu lösen, weg von dem schier unwiderstehlichen Reiz des Trauzeugen.

„Können Sie es sich wirklich leisten, so ein Angebot abzulehnen?“

Sie blieb mit dem Rücken zu ihm stehen, immer noch durcheinander – wegen ihrer Gefühle in seiner Nähe ebenso wie wegen seines unerhörten Vorschlags.

„Können Sie Ihrer Schwester das antun?“, legte er nach.

Sie fuhr herum. „Ich habe keine Ahnung, wie Sie so viel über mich und meine Familie herausgefunden haben, aber ich bin nicht käuflich.“

Mit langen Schritten schloss er zu ihr auf. „Ich habe nicht die Absicht, Sie zu kaufen, Miss Chapelle. Ich möchte Sie lediglich engagieren, damit Sie mich nach Shamsumara begleiten und meine Braut werden. Abgesehen davon können wir bleiben, was wir sind. Fremde.“

„Ihre Dreistigkeit verschlägt mir fast die Sprache“, schnappte sie. „Sie erwarten von mir sogar, in Ihr Land zu reisen.“

„Ich bezweifle, dass es viel gibt, was Ihnen die Sprache verschlägt“, konterte er mit einem amüsierten Lächeln und zog die Brauen hoch.

Sie war kurz davor, mit dem Fuß aufzustampfen und ihren Frust herauszuschreien, da redete er schon weiter:

„Und Sie werden Ihr Möglichstes für Ihre Schwester und deren kleine Tochter tun, das weiß ich genau.“

Jetzt hatte er ihre Achillesferse getroffen. Die vierjährige Kelly verdiente es nicht, in den Schlamassel verwickelt zu sein. Aus dem aufgeweckten, glücklichen Kind war durch die bittere Scheidung seiner Eltern ein ängstliches Mädchen geworden, das kaum noch sprach. Tiffany hätte jedes Opfer gebracht, um das zu ändern. Vor allem, weil sie am eigenen Leib erfahren hatte, wie es sich anfühlte, ein solches Mädchen zu sein.

„Das hier hat nichts mit meiner Nichte zu tun“, erwiderte sie zornig. Wie konnte er es wagen, ein unschuldiges Kind in dieses absurde Geschäft hineinzuziehen?

„Denken Sie darüber nach, Tiffany.“

Wie er ihren Namen aussprach … Der verheißungsvolle Klang ging ihr durch und durch.

„Treffen wir uns morgen nach dem Frühstück hier“, entschied er. „Bis dahin haben Sie gewiss erkannt, dass dieser Deal all Ihre Probleme löst.“

2. KAPITEL

Die ganze Nacht hindurch wälzte Tiffany sich schlaflos im Bett. Die übliche Euphorie nach einer weiteren tadellos organisierten Hochzeit verblasste vor Scheich Jafar Al-Shehris unverfrorenem Angebot. Dass er sie kaufen wollte, warf sie fast so sehr aus der Bahn wie die Reaktion ihres Körpers auf diesen Mann. Ganz zu schweigen von den erotischen Bildern, die vor ihr aufstiegen und in denen er sie küsste. Aufwühlend wie ein Erdbeben würde sein Kuss sein. Gefährlich.

Im Morgengrauen gab sie den Gedanken an Schlaf auf und verließ ihr Hotelzimmer, um einen Spaziergang zu machen. Dabei bekam sie immer einen klaren Kopf. Bei ihrer Rückkehr wusste sie, dass sie den Vorschlag annehmen würde – zu ihren eigenen Bedingungen.

Sie zog ein kurzes schwarzes Sommerkleid an, schlüpfte in ihre schwarze Lederjacke und ging zielstrebig zur Terrasse. Es duftete nach Rosen, doch von ihrer Verabredung fehlte jede Spur. Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte ihr, dass sie spät dran war. Wahrscheinlich tolerierte der Scheich keinerlei Unpünktlichkeit. Panik packte sie. Dies war ihre Chance. Womöglich die einzige, die sie bekommen würde, um Bethany und Kelly zu helfen. Und diese Chance hatte sie vertan!

Sicherheitshalber schaute sie sich noch einmal um. Ihre Erleichterung war riesig, als Jafar Al-Shehri in der Morgensonne über die Terrasse auf sie zukam. Sein Anzug musste maßgeschneidert sein, so perfekt saß er an den langen Beinen, der Hüfte und den Schultern. Das Wort attraktiv wurde diesem Mann nicht gerecht. Sexy ist er, dachte Tiffany. Sofort rief sie sich zur Ordnung. Du fühlst dich in keiner Weise zu ihm hingezogen.

„Guten Morgen“, begrüßte sie ihn munter, als würde sie täglich einen Mann treffen, um mit ihm die Details eines Ehevertrages zu verhandeln.

„Möchten Sie spazieren gehen oder lieber Kaffee trinken?“ Aufmerksam musterte er sie vom Kopf bis zu den hochhackigen weißen Sandaletten.

Mein Kleid ist vermutlich zu kurz für seinen Geschmack, schloss sie aus seinem Blick. Schon wieder erntete sie Missfallen. „Kaffee wäre mir lieber.“

„Gut.“ Er signalisierte ihr mit einer Hand, zu einem der gedeckten Tische vorzugehen.

Das Gefühl, dass er sie nicht aus den Augen ließ, erfüllte sie mit einer ungewohnten freudigen Erregung. Als könnte sich sein Blick durch die Lederjacke und das dünne Kleid brennen und ihr eine exquisite Gänsehaut bescheren. Gleichzeitig wurde ihr heiß, als hätte sie an edlem Brandy genippt.

Sofort erschien ein eifriger Hotelangestellter, um sich nach den Wünschen des vornehmen Gastes zu erkundigen. Jetzt bekam sie eine Vorstellung davon, wie er lebte. Er war viel reicher als irgendjemand, für den sie bisher gearbeitet hatte. Eine Klasse für sich.

„Einen ruhigen Tisch für zwei Personen“, verlangte er, natürlich ohne ein „Bitte“ oder „Danke“.

„Hier entlang, Scheich Al-Shehri.“ Der Kellner führte sie zu einem abgeschiedenen Tisch am Rand der Terrasse. Kletterrosen rankten sich um ein Spalier, das den Tisch abschirmte. Tiffany war zu nervös, um den herrlichen Blick auf die Hügel wertzuschätzen.

Sie ließ sich vom Kellner den Stuhl zurechtrücken, als wäre das ganz normal für sie. Vergeblich versuchte sie, sich auf die Wiesen und Wälder zu konzentrieren statt auf den mehr als attraktiven, düsteren Mann, mit dem sie gleich das seltsamste Geschäft aller Zeiten abschließen würde. Einen Deal, der ihr angesichts der drohenden Zwangsräumung von Bethanys Heim als einzige Option blieb.

„Ich möchte gleich zur Sache kommen, Mr. Al-Shehri.“ Sie hielt kurz inne, um sich zu sammeln und die richtigen Worte zu finden.

„Entschlossen“, sagte er, bevor sie fortfahren konnte. „Das ist gut. Mir gefällt es, wenn eine Frau weiß, was sie will.“

Sie sah ihm in die grünen Augen und fragte sich, ob er sich über sie lustig machte, doch er zeigte nicht die Spur eines Lächelns. Genau genommen nicht die Spur irgendeiner Emotion außer Selbstbeherrschung.

Bevor ihr Lampenfieber zu groß werden konnte, machte sie einen neuen Anlauf: „Falls Sie meine Bedingungen erfüllen, werde ich Ihr Angebot annehmen und mich von Ihnen als Braut engagieren lassen.“

Die letzten Worte brachte sie nur schwer über die Lippen. Nach der Scheidung ihrer Eltern hatte sie sich inständig wahre Liebe und Glück gewünscht. Ihr Exfreund hatte nicht begriffen, warum sie mit Sex warten wollte. Heute wusste sie, dass sie zögerlich gewesen war, weil sie ihn nicht geliebt hatte. Nicht so, wie es sein sollte, wenn sie den Mann traf, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würde.

„Bedingungen?“ Er lehnte sich zurück, stützte einen Ellenbogen auf die Armlehne seines Stuhls und rieb sich das Kinn. Das leise Kratzen seiner Fingerspitzen auf den kurzen Bartstoppeln ließ Tiffanys Herz stolpern.

„Ja, meine Bedingungen.“ Sie reckte das Kinn vor. „Sie haben doch nicht erwartet, dass ich einfach alle Ihre Forderungen akzeptiere?“

„Nun gut.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte ihr in die Augen. Hitze flackerte in ihr auf. „Wie lauten Ihre Bedingungen?“

Jetzt klang er leicht belustigt. Seine Mundwinkel hoben sich minimal. Fast hätte Tiffany gelacht. Vermutlich hatte noch niemand diesem Mann Bedingungen gestellt. Tja, sie würde es ihm nicht leicht machen. Sie brauchte Geld, und zwar schnell, aber sie musste einen Rest Würde bewahren, für sich einstehen. Schließlich war es eine große Sache, zu heiraten. Erst recht einen Fremden.

„Bevor wir darüber sprechen, möchte ich wissen, warum Sie so schnell eine Braut brauchen. Und warum gerade mich? Warum keine Frau aus Ihrer Heimat? Ich glaube, Sie verbergen etwas, Mr. Al-Shehri.“

„Jafar“, sagte er gelassen. „Es wäre mir lieber, die Frau beim Vornamen zu nennen, mit der ich über einen Ehevertrag verhandle. Das ist persönlicher, findest du nicht?“

Sie schluckte eine scharfe Antwort herunter, weil der Kellner den Kaffee servierte.

„Nun?“, fragte er, als sie wieder allein waren. „Findest du nicht auch, Tiffany?“

Wie zärtlich es klang, wenn er ihren Namen mit seinem orientalischen Akzent aussprach … Ihr Puls schnellte in die Höhe. Sie musste sich zwingen, den mächtigen Scheich anzusehen und ihm ohne ein Zeichen von Angst oder Zweifel zu begegnen. „Unbedingt, Jafar.“

Es fühlte sich eigenartig vertraut an, seinen Vornamen zu sagen. Tiffany setzte sich sehr gerade hin, um ebenso souverän zu wirken wie ihr Gegenüber. Fast gelang es ihr, da lächelte er. So unerwartet, dass sie die Luft anhielt. Die Flamme in ihr loderte auf.

Jafar beobachtete, wie ihre Wangen einen zauberhaften rosigen Farbton annahmen. Fort war die selbstbewusste Geschäftsfrau. Er durfte einen Blick auf jenes Wesen werfen, das sie ihm vermutlich nie zeigen wollte. Die leidenschaftliche und dennoch scheue Frau unter der abgeklärten Oberfläche. Deshalb würde er auch nicht dem Drang nachgeben, sie zu küssen, den er seit der ersten Begegnung spürte. Sie war in vielerlei Hinsicht die Falsche für ihn – und nur in einer einzigen die Richtige. Sie brauchte ihn genauso wie er sie.

„Was genau möchtest du wissen, Tiffany?“

Sie schaute kurz zur Seite, weil ihre Schüchternheit die Oberhand gewann. Das faszinierte ihn. Vielleicht würde die Zeit mit ihr als Ehefrau deutlich interessanter sein als erwartet.

„Warum ein Mann wie du in zwei Wochen eine völlig fremde Frau heiraten muss.“

Er bewunderte ihre Offenheit, obwohl die Frage bedeutete, dass er etwas von sich preisgeben musste. Das tat er bei Frauen sonst nie.

Jafar ließ den Blick über die grünen Wiesen schweifen, dachte an seinen Bruder und den Unfall, bei dem Malek und dessen Frau ums Leben gekommen waren. Dieser tragische Tag hatte ihn zum Herrscher von Shamsumara gemacht. Das Wohl des Landes war ihm immer wichtig gewesen. Nach der unerbittlichen Regentschaft seines Vaters hatte er mit Malek daran gearbeitet, das Königreich wieder zu einem friedlichen, lebenswerten Ort zu machen. Nie hatte er sich selbst als Herrscher gesehen. Die Möglichkeit, dass die Verantwortung eines Tages auf seinen Schultern lasten könnte, hatte er ausgeblendet.

„Ich bin nach dem plötzlichen Tod eines Verwandten Herrscher des Königreichs Shamsumara geworden. Der Todesfall hat das Land in eine labile Situation gestürzt. Es wird von einem Mann beansprucht, der sein Königreich mit derselben Härte regiert wie mein Vater früher Shamsumara. Ich habe ein anderes Verständnis von Herrschaft, und ich lasse nicht zu, dass mein Volk so etwas noch einmal durchstehen muss.“

Jetzt wandte er sich wieder Tiffany zu. Er sah ihr an, wie weit hergeholt seine Erklärung in ihren Ohren klingen musste. Plötzlich kamen ihm Zweifel. War es richtig, diese Frau in die Angelegenheiten seines Landes hineinzuziehen? Sie mochte Geld brauchen, das er mühelos aufbringen konnte, aber war sie den Pflichten gewachsen, die ihr als seiner Königin zufielen? Auch, wenn es nur um eine kurze Zeit ging?

„Du scheinst wesentlich mehr als eine Braut zu brauchen.“ Sie nippte am Kaffee. „Du brauchst eine richtige Ehefrau, die dir Erben schenkt. Sie würde doch deine Königin sein, oder?“

Vielleicht hatte er diese bezaubernde Frau falsch eingeschätzt. Sie war scharfsinniger als gedacht. „Ja, meine Braut wird meine Königin sein, und unter normalen Umständen bräuchte ich einen Erben, aber dieser Fall liegt anders. Meine Schwester hat letztes Jahr geheiratet und erwartet ihr erstes Kind. Ihr Baby wird mein Erbe sein, bis mein eigenes Kind zur Welt kommt, was nicht passieren wird. Ich muss keinen Erben zeugen.“

Ihre Augen verengten sich. „Warum heiratest du keine Frau aus deiner Heimat?“

„Weil ich nicht richtig verheiratet sein will. Als lediger Herrscher bin ich angreifbar, und zwar für meinem Cousin Simdan, der mit eiserner Hand ein Nachbarland regiert. Er will Shamsumara, weil es ihn mächtig machen würde – und reich, denn es besitzt große Ölvorkommen.“

„Und wenn du verheiratet wärst?“

„Simdan ist kürzlich Vater geworden. Als verheirateter Herrscher mit einem Erben darf er meinen Thron fordern. Würde ich heiraten, wäre sein Anspruch geringer, und sobald das Kind meiner Schwester auf der Welt ist, verfällt er ganz.“

Tiffany setzte die Tasse so heftig ab, dass Kaffee auf die Untertasse schwappte. „Wann soll das Baby denn zur Welt kommen?“

„Ende Oktober.“ Dieser Termin und das Risiko, dass die Schwangerschaft seiner Schwester möglicherweise doch noch schiefging, machten seine Hochzeit unumgänglich. Falls das Unvorstellbare geschah und seine Schwester ihr Baby verlor, würde er selbst wenigstens der verheiratete Herrscher sein, den die Tradition forderte.

„Und was hat das alles mit mir zu tun?“, fragte sie so beklommen, dass er nicht lange raten musste, was sie beunruhigte.

„Ich brauche dich lediglich als meine Braut. Ich habe keine Absicht, eine echte Ehe zu führen oder Kinder zu zeugen. Nicht, wenn mein Neffe oder meine Nichte demnächst zur Welt kommt.“

„Warum musst du dann überhaupt heiraten?“

Irrte er sich, oder klang sie tatsächlich erleichtert? Sie schob die Kaffeetasse von sich, als wäre die Unterhaltung gleich zu Ende und sie hätte beschlossen, sein Angebot abzulehnen. Das konnte er nicht dulden. Er hatte viel zu verlieren, genau wie sie. Das musste er ihr in Erinnerung rufen.

„Kannst du das Baby nicht schon jetzt zu deinem Erben erklären?“, fuhr Tiffany fort.

„Um weiterhin regieren zu dürfen, muss ich am Tag nach dem Fest von Shams heiraten, das ist heute in zwei Wochen. Andernfalls hat mein Cousin Anspruch auf den Thron.“

Sie lachte.

Jafar riss sich zusammen. Sie erdreistete sich, zu lachen, obwohl in ihrem eigenen Leben Chaos herrschte? „Anschließend muss ich zwei Jahre verheiratet bleiben“, ergänzte er.

„Zwei Jahre?“

„Du müsstest nur drei Monate beziehungsweise bis zur Geburt des Babys meiner Schwester in Shamsumara leben. Offiziell müssen wir zwei Jahre verheiratet bleiben, danach ist eine Scheidung leicht möglich. Natürlich erhältst du eine großzügige Abfindung.“

„Wegen meines Berufs und meiner finanziellen Lage dachtest du, ich wäre verzweifelt genug, um deine gekaufte Braut zu sein?“

Sie fragte es nicht gehässig, sondern belustigt, was seine Laune jedoch nicht besserte. Er war nicht daran gewöhnt, Frauen überreden zu müssen. „Für mich fällt die bevorstehende Zwangsräumung des Hauses deiner Schwester durchaus in die Kategorie Verzweiflung, aber wenn du nicht interessiert bist …“ Dies war das größte Wagnis, das er je eingegangen war.

Schweigend blickte sie ihm in die Augen. Die Atmosphäre zwischen ihnen war nicht nur angespannt. Noch etwas anderes lag darin. Pures Verlangen.

„Ich finde es erschreckend, wie viel Sie über mich wissen, Mr. Al-Shehri.“ Ihr brüsker Ton bewies ihm, dass er einen Nerv getroffen hatte.

„Und ich dachte, wir hätten uns auf eine informellere Anrede geeinigt, Tiffany.“ Er genoss es, Wut in ihren Augen glitzern zu sehen, als er sie beim Vornamen nannte. Jetzt beugte er sich vor und senkte die Stimme: „Immerhin sind wir fast verlobt.“

„Nicht so schnell. Erst, wenn du meine Bedingungen akzeptiert hast – und zwar alle.“

Ihre Haltung imponierte ihm. Sie konnte ja nicht ahnen, dass er bei Herausforderungen aufblühte. Schwächlinge, die ihm nur wegen seines Ranges beipflichteten, waren ihm zuwider.

Endlich eine Frau, die es mit ihm aufnehmen konnte. Das Vierteljahr als Ehepaar würde spannend sein. „Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass du mich aufklärst.“

Sie lehnte sich zurück und blickte ihn mit erhobenem Kopf an. Ihr Temperament glich dem eines ungezähmten Hengstes, und wie bei seinen eigenen Pferden freute er sich darauf, es zu zügeln. Er musste an seine anmutigen Falken denken, die auf sein Geheiß losflogen und willig auf seinen Arm zurückkehrten.

Der Gedanke bestürzte ihn. Wollte er etwa, dass eine Frau zu ihm zurückkehrte? Sich wünschte, bei ihm zu sein? Danach hatte er nie gesucht. Warum jetzt? Weil Tiffany seine Ehefrau sein würde, seine gekaufte Braut?

„Erstens will ich eine Vorauszahlung. Heute.“ Sie wartete auf seinen Protest, doch er saß nur da und schaute sie an. „Bis zum Ende des heutigen Tages will ich eine Viertelmillion Pfund auf meinem Konto haben. Und am Tag unserer Hochzeit noch einmal dieselbe Summe.“

Ist das alles? Er hätte ihr deutlich mehr geboten. „Einverstanden. Noch etwas?“

Tiffany starrte den attraktiven, wahrhaft königlichen Mann an, der ihr gegenübersaß. Hatte Jafar der Summe wirklich zugestimmt, ohne mit der Wimper zu zucken?

Sie konnte immer noch nicht fassen, dass sie nur neben ihm stehen und seine Ehefrau werden musste, um Bethanys Probleme zu lösen. Fast zu schön, um wahr zu sein.

„Meine Firma muss ich natürlich weiterhin leiten.“ Unsicher hielt sie inne, weil er die Stirn runzelte.

„Heißt das, du hast noch mehr Verträge für Hochzeiten wie die gestrige?“

Da die Sommerferien von Kellys Kindergarten bevorstanden, hatte Tiffany für die nächsten sechs Wochen keine Aufträge angenommen. Sie wollte Bethany eine Atempause verschaffen und für ihre Nichte da sein, bevor die im Herbst zur Schule kam.

„Die nächste Hochzeit findet Anfang September statt. Vorher werde ich die Braut einige Male treffen müssen.“

„Du bleibst während der gesamten drei Monate in Shamsumara, es sei denn, ich begleite dich.“

Eigentlich hätte sein barscher Ton sie nicht überraschen sollen, doch er tat es. Sie half ihm aus der Klemme, genau wie umgekehrt. Vielleicht musste sie ihn daran erinnern. „Dann wirst du genau das machen müssen.“

„Kommt nicht infrage.“

Tiffany schob ihren Stuhl zurück. Langsam und würdevoll stand sie auf. „In dem Fall kommen wir nicht ins Geschäft.“ Sie bluffte, und er wusste es verdammt gut. Egal. Dank seiner Recherchen war ihm klar, wie dringend Tiffany Geld brauchte, aber sie würde auf keinen Fall vor ihm zu Kreuze kriechen.

„Ich glaube dir nicht, dass du ablehnen willst.“ Er sah ihr in die Augen, und sie hatte das Gefühl, all ihre Geheimnisse lägen auf einmal offen. „Deine Arbeitsmoral ehrt dich, doch ich bestehe darauf, dass du ein Vierteljahr in Shamsumara bleibst. Wenn ich mein Ziel erreichen will, muss Simdan unsere Ehe für echt halten.“

„Und was bedeutet das?“, fragte sie aufgebracht. „Ich darf nicht mehr arbeiten? Nicht nach England fliegen, um die Hochzeit meiner Kundin zu organisieren?“

„Es bedeutet, dass du weiterarbeiten kannst, ich es aber vorziehe, wenn du es von Shamsumara aus tust. Um wie viele weitere Hochzeiten musst du dich kümmern?“

„Um einige, aber die gehen dich nichts an, weil unser dreimonatiger Deal dann zu Ende sein wird.“

Er zog die Brauen hoch, und Tiffany sah wieder diese Andeutung eines sexy Lächelns, bei dem ihr Magen einen Purzelbaum vollführte. Um ihre Verlegenheit zu überspielen, setzte sie sich hin. Ob Bethany wohl einspringen und die Kundin betreuen konnte?

„Da es nur um eine einzige Kundin geht, stimme ich gern zu“, lenkte er ein.

Angesichts des übermütigen Funkelns in seinen Augen fragte sie sich, ob er ein Spielchen mit ihr trieb. Egal. Sie brauchte das Geld, damit Bethany und Kelly ein Dach über dem Kopf behielten. Für sie selbst würde ebenfalls etwas übrig bleiben, und so lang war ein Vierteljahr nun auch wieder nicht.

„In dem Fall haben wir einen Deal, Mr. Al-Shehri.“ Sie erhob sich und streckte ihm die rechte Hand hin.

Jafar stand ebenfalls auf und nahm ihre Hand, allerdings anders als erwartet. Ohne seinen Blick von Tiffanys zu lösen, hob er ihre Fingerspitzen zu den Lippen und küsste den Handrücken.

Sie fühlte sich, als würden heiße Funken ihren Arm hinaufwirbeln, bis zu ihrem Herzen, das auf einmal hämmerte wie das eines Teenagers. Scheu senkte sie den Kopf, um dem eindringlichen Blick dieses Mannes zu entgehen.

„Kommenden Freitag schicke ich dir meinen Wagen.“

Fast glaubte sie, dass der Moment auch ihn nicht kaltgelassen hatte, denn seine Stimme glich einem heiseren Flüstern. Sie musste sich irren. Ein Playboy-Scheich, der sich die glamourösesten Frauen der Welt aussuchen konnte, war garantiert nicht von einer Frau wie ihr beeindruckt.

„Lässt dir das genügend Zeit, um deine Angelegenheiten zu regeln?“, erkundigte er sich.

„Ja, das reicht völlig“, sagte sie möglichst forsch und geschäftsmäßig. Sie dachte lieber nicht darüber nach, welche Folgen es nach sich zog, dass sie Jafars Heiratsantrag angenommen hatte. Schließlich war es kein echter Antrag gewesen, und es würde ganz bestimmt auch keine echte Ehe sein.

„Gut, dann ist es abgemacht. Du begleitest mich nach Paris. Dort zeigen wir der Welt, dass wir nicht nur verliebt, sondern auch verlobt sind.“

Seine Zuversicht machte ihre beinahe zunichte, doch sie behielt die Fassung. „Warum müssen wir das tun?“

„Weil dies ein unkonventionelles Arrangement ist und niemand, vor allem nicht mein Cousin, unsere Ehe anzweifeln soll. In Paris feiern wir eine Woche lang unsere Verlobung. Ich erkläre dir alles, was du wissen musst, um deiner Rolle gerecht zu werden. Danach fliegen wir nach Shamsumara, pünktlich zum Fest von Shams – und zu unserer Trauung.“

„So bald schon?“, fragte sie zögernd.

„Du bekommst doch nicht etwa kalte Füße?“

„Natürlich nicht. Dieser Deal verschafft uns beiden, was wir wollen. Um meiner Schwester und ihrer Tochter willen fliege ich mit dir erst nach Paris und dann in deine Heimat, um dich zu heiraten.“

3. KAPITEL

Fünf Tage später wartete Tiffany auf den Wagen, den Jafar angekündigt hatte. Als eine elegante schwarze Limousine vor dem Haus ihrer Schwester stoppte, schob sie den Gedanken an die Hochzeit beiseite. Glücklicherweise war Bethany nicht hier, um ein letztes Mal zu versuchen, ihr alles auszureden. Sie begleitete Kelly bei einem Ausflug des Kindergartens.

Tiffany nahm ihren Koffer und blickte sich im Wohnzimmer um. Wie üblich waren Kellys Spielsachen überall verstreut, und das Buch, das Bethany gerade las, lag aufgeklappt auf dem Couchtisch. Wenn ihre Schwester das Buch beendete, würde sie selbst in einem Land sein, über das sie kaum etwas wusste. Verheiratet mit einem Mann, über den sie sogar noch weniger wusste.

Tue ich auch wirklich das Richtige?

Hör auf, rief sie sich innerlich zur Ordnung. Sie würde schließlich keine Ewigkeit fort sein. Und sie musste es tun, für Bethany und Kelly, denen kein anderer Ausweg blieb. Tapfer verließ sie das Haus und steuerte auf die Limousine mit den getönten Scheiben zu.

Die Fahrertür wurde geöffnet. Jafar stieg aus. Ihr Blick traf seinen, und schon verebbte Tiffanys Courage. Sexy und unglaublich mächtig sah er aus. Wie der geborene Herrscher in seinem schwarzen Anzug, über dem er an diesem ungewöhnlich kalten Sommertag einen edlen beigefarbenen Mantel trug.

Erst fühlte sie sich befangen, gleich darauf empfand sie Vorfreude. Wie konnte ein einziger Blick dieses Mannes eine dermaßen starke Reaktion in ihr auslösen?

„Dich habe ich gar nicht erwartet“, platzte sie heraus, bevor sie sich darauf besinnen konnte, so souverän zu wirken, wie er es mühelos schaffte.

Aufrecht stand er neben dem Wagen. „Wir haben noch viel zu tun, bevor wir die Wirbelwindromanze spielen können.“

Sie hörte eine neue Nuance in seiner tiefen Stimme. Klang er noch bestimmender? Unnachgiebiger? Als er ihr den Koffer abnahm, sah sie die Entschlossenheit in seinen Augen. Dieses gewisse Etwas, das nur ein Mann mit uneingeschränkter Kontrolle über sein Leben besaß.

Er hat auch Kontrolle über dein Leben, und zwar für die nächsten zwei Jahre.

„Was denn zum Beispiel?“ Zum ersten Mal dachte sie über das Vierteljahr, das sie in seinem Land verbringen sollte, hinaus. Bisher hatte sie sich darauf konzentriert, Bethany zu helfen. Damit, wie ihre sogenannte Ehe nach den ersten drei Monaten verlaufen sollte, hatte sie sich in Paris beschäftigen wollen.

Jafar hielt ihr die Beifahrertür auf. War er größer als in ihrer Erinnerung, oder war sie bloß durcheinander? Noch konnte sie einen Rückzieher machen. Sie sah kurz zum Haus zurück und wusste, dass diese Option ausschied. Bethany und Kelly brauchten ein Dach über dem Kopf.

Er blickte sie so argwöhnisch an, dass sie rasch weitersprach: „Meinst du das ganze Drum und Dran so einer Wirbelwindromanze?“

„Du wirst etwas über mich lernen, Tiffany: Wenn ich etwas mache, dann mache ich es gründlich.“ Er trat näher, sodass ihr sein exotisches Aftershave in die Nase stieg. Es duftete nach Freiheit, wie die Luft – oder die Wüste. Während sie sich diese Assoziationen verbot, fuhr er fort: „Und wenn ich dich zu meiner Frau nehme, wird das keine Ausnahme bilden.“

Schweigend stieg sie ein und versuchte, unbeeindruckt von der luxuriösen Limousine zu sein. Genau wie von ihrem Begleiter.

Jafar nahm auf dem Fahrersitz Platz, und wenig später waren sie auf dem Weg zum Londoner Flughafen. Tiffany fragte sich, wie er der Verlobung und der Ehe Glaubwürdigkeit verleihen wollte. Sie war dankbar für die leise Musik, zwang sich, nicht zu grübeln, sondern einfach mitzumachen bei dem absurden Deal, den sie mit dem Scheich geschlossen hatte. Einem Mann, der sie Dinge ersehnen ließ, denen sie abgeschworen hatte. Er brachte sie dazu, dass sie begehrt, sogar geliebt sein wollte.

Das ganze Ausmaß des Vertrages, den sie unterzeichnet hatte, wurde ihr später an diesem Tag klar. Als sie in der Suite eines der renommiertesten Pariser Hotels lauter Designerkleider, Schuhe und Handtaschen vorfand. Alles, was die Frau, deren Rolle sie spielte, sich nur wünschen konnte.

„Jetzt verstehe ich, was du meinst. Wenn du etwas machst, dann gründlich.“ Sie bemühte sich, nicht überwältigt zu klingen. Um keinen Preis wollte sie zeigen, dass er jenen Aschenputtel-Traum erfüllte, den fast jedes Mädchen träumte.

„Wie gesagt, wir müssen die Leute davon überzeugen, dass wir uns Hals über Kopf ineinander verliebt haben. Dafür musst du entsprechend aussehen.“

Seine Worte bewiesen ihr, dass sie anders war als die Frauen, mit denen er sich normalerweise umgab. Zunächst einmal hatte sie keine Erfahrung mit Männern wie ihm. Was, wenn er das erkannte und von dem Deal Abstand nahm? Bloß nicht! Sie musste ihre Rolle gut spielen. So sein, wie er sie haben wollte.

„Ich habe Vorkehrungen getroffen.“ Er zeigte auf die Kleiderstangen. „Damit dir alles Nötige zur Verfügung steht.“

Seidig hörte sich seine Stimme an. Freundlich. Doch der kühle Unterton war unmissverständlich. Genau wie der unterschwellige Vorwurf, dass Tiffany sich nicht wirklich als seine Braut eignete. Der tat weh. Aus irgendeinem Grund war es ihr wichtig, was dieser Mann von ihr hielt. Sie verbarg ihre Enttäuschung hinter der angriffslustigen Frage: „Warum machen wir uns überhaupt all die Mühe, wenn ich so unbrauchbar bin?“

„Unser Arrangement nützt uns beiden. Ich brauche eine Ehefrau, und du brauchst Geld. Einen Teil davon hast du ja schon erhalten.“

„Das klingt zynisch.“

Seine Miene zeigte ihr, dass sie ihn verärgert und ein wenig an seinem goldenen Käfig gerüttelt hatte. Sie verkniff sich ein Lächeln der Genugtuung.

„Du wirst doch nicht sentimental, oder?“ Jafar ging auf sie zu, wobei der dicke Teppich alle Schrittgeräusche schluckte.

Je näher er ihr kam, desto unsicherer wurde Tiffany. Es kam ihr vor, als würde der Sauerstoff im Raum plötzlich knapp. „Keineswegs.“ Sie sah ihm in die ausdrucksvollen Augen und versuchte, den Ruck zu ignorieren, der durch ihren Körper ging. Etwas Unbekanntes, schier Übermächtiges durchzuckte sie, obwohl Jafar sie gar nicht berührt hatte. „Für mich ist dies nur ein x-beliebiger Auftrag.“

„Gut. Ich möchte nämlich nicht, dass du einen falschen Eindruck gewinnst, wenn ich dich ausführe und den verliebten Mann spiele, der dich unbedingt verführen will.“

Sie schluckte schwer. Ihre Haut kribbelte, als sie sich ebenso beklommen wie sehnsüchtig vorstellte, dass er seine letzten Worte in die Tat umsetzte. „Sie sind nicht mein Typ, Mr. Al-Shehri. Keine Sorge.“

Ihre hitzige Antwort ließ lustvolles Verlangen durch seinen Körper strömen. Tiffany provozierte ihn. Forderte ihn heraus, sie zu verführen. In diesem Moment konnte er an nichts anderes denken. Er wollte sie nackt unter sich spüren, während sie sich vor Ekstase wand und ihn anflehte, nicht aufzuhören.

Das Klopfen an der Tür glich einer Ohrfeige. Was zur Hölle dachte er sich dabei, diese Frau zu begehren? Er brauchte sie lediglich zu heiraten und drei Monate mit ihr zu leben. Sobald das Kind seiner Schwester geboren war, konnten sie in ihren jeweiligen Alltag zurückkehren und sich zwei Jahre später scheiden lassen. Hätte er Sex mit ihr, egal ob vor oder nach der Hochzeit, würde aus dem Deal etwas viel Bedeutsameres. Ganz zu schweigen davon, dass es schwieriger sein würde, ihn nach getaner Arbeit abzuhaken.

„Herein!“, rief er. Seinen Körper hatte er jetzt wieder im Griff, wenngleich immer noch erotische Bilder von der nackten Tiffany vor ihm aufstiegen. Er ließ nie zu, dass Frauen seine Gedanken mit Beschlag belegten. Und für Miss Chapelle mache ich verdammt noch mal keine Ausnahme. Es musste an der abstrusen Situation liegen, in der sie sich befanden. An einem instinktiven Bedürfnis, sie in jeder Beziehung zu seiner Ehefrau zu machen.

Für solche Überlegungen fehlte ihm die Zeit, schließlich hatte er einen Job zu erledigen. Die Frau, die er für die Rolle seiner Braut ausgewählt hatte, musste ihr auch äußerlich entsprechen.

„Dies ist Madame Rousseau“, stellte er die berühmte Designerin vor, die in die Suite kam. Tiffanys Überraschung nahm er mit Genugtuung zur Kenntnis. „Sie stattet dich mit allem aus, was du für unsere Woche in Paris brauchst. Und natürlich auch mit deinem Hochzeitskleid.“

„Es ist mir eine Ehre, Madame“, sagte sie auf Französisch zu der älteren Dame.

Sofort hatte sie die Designerin auf ihrer Seite, wie Jafar anerkennend feststellte. Offenbar war sie tiefgründiger als vermutet. Wieder spürte er den Reiz, mehr über sie herauszufinden, unbekanntes Terrain zu erforschen.

„Sie werden eine wunderschöne Braut sein“, lobte Madame Rousseau, erfreut, weil sie mit dieser Kundin in ihrer Muttersprache reden konnte. „Und eine exquisite Königin für Seine Hoheit.“

„Das wird sie in der Tat sein.“ Er lächelte seine Verlobte an.

„Ich nehme meine Aufgabe sehr ernst“, beteuerte Tiffany mit dem strahlendsten Lächeln, das er bisher an ihr erlebt hatte. Diese verlockenden Lippen … Sie wirkte enorm selbstbewusst. Ja, sie würde ihren Teil der Vereinbarung erfüllen.

„In den letzten paar Monaten haben Sie Ihre Romanze also geheimgehalten.“ Anscheinend glaubte Madame Rousseau die Geschichte, die Jafar ihr aufgetischt hatte. „Wie clever von Ihnen.“

Sie hob eine Hand und signalisierte der jungen Frau mit ausgestrecktem Zeigefinger, sie möge sich um die eigene Achse drehen. Tiffany gehorchte, wobei ihr Blick den ihres Verlobten traf. Er fand das genervte Glitzern in ihren Augen so sexy, dass er die Französin gern weggeschickt und seine Braut geküsst hätte, bis sie ihn anflehte, sie ganz in Besitz zu nehmen.

Stattdessen setzte er sich und wartete, während sie nebenan das erste Kleid anprobierte. Ein schlichtes, elegantes Modell für den Tag, lautete seine Vorgabe. Immer wieder musste er an letzten Sonntag denken. Ihr kurzes Kleid und die Lederjacke waren nicht teuer gewesen, doch sie hatte darin umwerfend ausgesehen.

„Großartig.“ Madame Rousseaus Stimme rief ihn in die Gegenwart zurück. Er schaute hoch und sah Tiffany in einem schwarzen Kleid, das locker geschnitten und dennoch unerhört erotisch war. Dazu trug sie eine Clutch und eine dunkle Sonnenbrille. Das Outfit passte ausgezeichnet zu ihren schimmernden Haaren und der hellen Haut.

„Ich bin ganz Ihrer Meinung“, bestätigte er. Die raue Nuance in seiner Stimme missfiel ihm. Falls er Tiffanys Miene richtig deutete, ging es ihr genauso. Sie blickte schon wieder so provokativ drein.

Er riss sich zusammen, während sie sich in einem Outfit nach dem anderen präsentierte. Manches lehnte er ab, doch den Löwenanteil fand er genau richtig für die Frau, die er bald heiraten würde.

„Nun das letzte Kleid“, kündigte die Designerin an. „Die Abendrobe für das Benefixdinner.“

„Benefizdinner?“ Mit großen blauen Augen sah Tiffany ihn an. Sie wirkte wie ein bedrängtes Tier, das nicht wusste, ob es verharren oder fliehen sollte.

„Eine Einladung der Stiftung World Water.“ Sein schlechtes Gewissen meldete sich, weil sie überfordert aussah. Dabei hatte sie in ihrem Job doch oft mit reichen, prominenten Leuten zu tun. Einer der Hauptgründe, weshalb er sich für sie entschieden hatte. Solche Veranstaltungen würden sie nicht aus der Ruhe bringen.

Jafar schaute ihr nach, als sie wieder in das angrenzende Zimmer ging. Er hörte verzückte Ausrufe von Madame Rousseau. Trotzdem war er nicht auf den Anblick vorbereitet, der sich ihm wenig später bot.

Stolz schritt seine künftige Frau auf ihn zu, die dunkelbraunen Haare zu einem Knoten geschlungen. Das Kleid aus schwarzer Spitze mit schwarzen Schmucksteinen stand ihr fantastisch. Er konnte den Blick nicht von dem Schlitz losreißen, der hoch auf ihrem Oberschenkel endete. Ein helles, schlankes Bein wurde vollendet zur Geltung gebracht. Sie stand da und ließ sich von ihm begutachten. In dieser Sekunde war sie genau das, was er von einer Ehefrau wollte – einer echten Ehefrau. Sie sah begehrenswert und würdevoll aus, kompetent und selbstbewusst.

Warum machst du dir darüber Gedanken?

„Sehr gut.“ Er sah Madame Rousseau an, weil er nicht wusste, ob er Tiffany in die blauen Augen schauen konnte, ohne das überbordende Verlangen zu zeigen, das in ihm pulsierte.

Nachdem sich Profis um Tiffanys Frisur, Nägel und Make-up gekümmert hatten, zog sie eins der Abendkleider an, die Jafar ausgesucht hatte. Heute stand ein romantisches Dinner in einem Hotel auf dem Programm, einem Treffpunkt reicher, berühmter Gäste aus aller Welt.

Weich umschmeichelte der hellgrüne Stoff ihre Haut. Sie war hin und weg von der Robe, obwohl sie sich wie eine ausgehaltene Frau vorkam.

Genau das bist du. Scheich Jafar Al-Shehris gekaufte Braut.

Kühl und distanziert hatte er nachmittags sein Urteil über ein Outfit nach dem anderen gefällt. Sichergestellt, dass die Kleider angemessen für seine Pläne waren.

Sie betrachtete ihre linke Hand, an deren Ringfinger der größte Diamant prangte, den sie je gesehen hatte. Er war rosa, so außergewöhnlich schön, dass es ihr die Sprache verschlagen hatte – trotz der Beiläufigkeit, mit der Jafar ihr den Ring nach Madame Rousseaus Abschied gegeben hatte.

„Du siehst perfekt aus.“ Seine Stimme klang immer noch rau. „Bildschön.“

Sie sah ihn an und wollte das Kompliment erwidern. Der dunkle Anzug schmiegte sich an den großen, athletischen Körper und betonte die muskulöse Silhouette, die nur von regelmäßigem Training stammen konnte. Doch sie brachte kein Wort über die Lippen, als ihr Verlobter auf sie zukam.

„Die Farbe des Kleides passt sehr gut zu deinen Haaren.“ Er nahm eine Strähne, die ihr locker über die Schulter fiel, zwischen Daumen und Fingerspitzen.

Tiffany schnappte hörbar nach Luft. Sie sah ihm in die Augen. Warum besaß er solche Macht über sie? In seiner Nähe befand sich jeder Nerv ihres Körpers in Alarmbereitschaft, wartete auf eine Berührung – sehnte sie herbei.

Eigentlich hätte sie einen Schritt zurückweichen sollen, weg von seiner Anziehungskraft, aber sie schaffte es nicht. Obwohl eine gefährliche Spannung zwischen ihnen schwelte, konnte sie sich nicht rühren. Was hatte dieser Mann an sich, das sie dazu brachte, ganz anders als sonst zu reagieren? Normalerweise hätte sie nichts in Betracht gezogen, was auch nur annähernd in Richtung Flirt ging. Wobei dies kein Flirt war. Ihr Instinkt sagte ihr, dass es viel bedeutsamer, viel urwüchsiger war. Aufregend und bedrohlich zugleich.

„Madame Rousseau hat einen großartigen Geschmack“, lobte sie, bemüht, ein unverfängliches Thema zu finden und ihren unregelmäßigen Herzschlag zu bändigen.

„Ich habe es dir ja gesagt“, murmelte er mit samtiger Stimme, wie eine schnurrende Raubkatze. „Wenn ich etwas mache, dann gründlich. Deshalb engagiere ich Madame Rousseau stets, wenn ich in Paris bin.“

„So?“ Es verletzte sie, dass sie nicht die erste Frau war, die ihm Kleider vorführte und die er mit allem ausstattete, was seinen hohen Ansprüchen genügte.

Am liebsten hätte sie mit dem Fuß aufgestampft und wäre aus der Suite gestürmt. Die Erinnerung an Bethanys Miene, als sie ihr von dem Deal erzählt hatte, hielt sie davon ab. Ihre Schwester hatte nicht nur entsetzt, sondern auch hoffnungsvoll ausgesehen. Für Tiffany die Bestätigung, dass sie das Richtige tat. Wenn sie das im Hinterkopf behielt, konnte sie jene Frau sein, die sie jetzt sein musste. Eine stilvolle Dame, würdig eines Mannes wie Jafar Al-Shehri.

Er blickte ihr in die Augen und beugte sich leicht vor. Eine Sekunde lang glaubte sie, er werde sie küssen. Obwohl sie die Panik packte, öffnete sie kaum wahrnehmbar die Lippen. Ja, sie wollte geküsst werden. Es gehörte nicht zur Vereinbarung, aber die und das Geld waren ihr im Moment gleichgültig. Sie wollte nur den Mund dieses Mannes auf ihrem spüren. Ihn schmecken. Fühlen, wie sich sein Atem mit ihrem mischte. Vor allem aber sehnte sie sich danach, auf eine Weise zu reagieren, wie sie noch nie im Leben auf einen Mann hatte reagieren wollen.

Jafar war drauf und dran gewesen, die Beherrschung zu verlieren. Er konnte nur noch daran denken, mit Tiffany zu schlafen. Keine andere Frau hatte ihn je derart in ihren Bann gezogen, nicht einmal Niesha. Andererseits war die auch keine verbotene Frucht gewesen. Und selbst wenn, wäre ihr Inneres durch Habgier und krankhaften Ehrgeiz vergiftet gewesen. Das hatte er gerade noch rechtzeitig entdeckt, bevor er den größten Fehler seines Lebens begangen und sie geheiratet hatte.

Wie immer, wenn er an Niesha dachte, brodelte Zorn hoch. Eine willkommene Ablenkung von der verzehrenden Lust, die er spürte. „Wir sollten aufbrechen“, sagte er kühl und versuchte, den bitteren Geschmack im Mund nicht zu beachten. Den bekam er stets, wenn er überlegte, wie tief Niesha durch die Heirat mit Simdan gesunken war.

„Natürlich.“ Ihre herablassende Zustimmung überlagerte nicht ihre Verlegenheit, weil sie einander eben fast geküsst hätten. Und die sexy Sommersprossen täuschten nicht darüber hinweg, dass ihr das Blut in die Wangen geschossen war.

Hatte sie ihn küssen wollen? Vielleicht sogar mehr? Er biss die Zähne zusammen, fest entschlossen, die Kontrolle zu behalten. Ruf dir in Erinnerung, warum Tiffany hier ist. Geld und Rang waren ebenso ihre Motive wie die von Niesha. Waren denn alle Frauen gleich?

Diese Frage beschäftigte ihn noch beim Dinner im nobelsten Restaurant, das Paris zu bieten hatte. Sie blickten auf den Eiffelturm, der in der Dunkelheit goldfarben glänzte und während der ersten fünf Minuten jeder neuen Stunde dank unzähliger Lämpchen erstrahlte. Dreimal hatte sich dieses Bild Jafar heute Abend schon geboten. Eigentlich war genug Zeit verstrichen, um sein Begehren und den unstillbaren Drang, Tiffany zu küssen, verebben zu lassen. Fehlanzeige.