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Was würdest du sein wollen, wenn du mehr sein kannst als du kennst? Wie würdest du sein wollen, wenn du dich neu erfinden könntest? Mit wem würdest du deine Ewigkeit verbringen wollen, wenn du ihn dir aussuchen könntest? Und was würdest du tun, wenn jemand dir all diese Entscheidungen weg nähme? Kathrin steht fest auf beiden Beinen an der Schwelle zum Erwachsen sein, bis plötzlich eine einzige Begegnung ihr den Boden unter den Füßen weg reißt. Sie fällt in eine Welt in der sie jeder kennt, und jeder Erwartungen an sie hat und wird bis in ihre Träume verfolgt von Dämonen, die sie in blutige Kämpfe reißen. Kathrin findet sowohl unbeschreibliche Liebe als auch unendliche Macht. Doch ihr Schicksal beginnt sie in Stücke zu reißen ... Wie viel Macht brauchst du, wie viel Zeit brauchst du, wie viel Liebe brauchst du um die Welt zusammen zu halten? Wenn dein Schicksal über deine Zeit hinausgeht, wie sollst du ihm je gerecht werden.
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Seitenzahl: 508
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Für Tilikum…
In der Hoffnung,
die Menschen
werden
erkennen, dass
Sie nicht alles und jeden
besitzen können.
Als erstes möchte ich gerne eine Erklärung zu meiner Widmung abgeben. Wahrscheinlich weiß nicht jeder um wen es darin geht. Sie handelt von Tilikum, einem Orca der in Florida/USA in einem kleinen Becken, alleine, in Gefangenschaft leben muss. Doch eigentlich geht es nicht spezifisch um Tilikum, er dient mir eher als anschauliches Beispiel für alle Tiere die in Gefangenschaft nicht die Standards gewährleistet bekommen, welche eine pure Existenz von einem wahren Leben unterscheiden. Er ist das prominenteste Beispiel für Orcas in Gefangenschaft, da seine Geschichte bereits in dem Film Blackfish erzählt wird. Ich hoffe, dass wenigstens ein paar Menschen auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam werden. Denn diese wunderschönen Tiere haben genau wie wir ein Recht auf ein erfülltes und glückliches Leben. Klar, über Glück lässt sich streiten doch in diesem Fall fällt die Entscheidung doch etwas leichter wenn man zwischen einem Dasein in einem kleinen Swimmingpool oder einem Leben im weiten Ozean entscheidet. Diese Welt gehört schließlich nicht nur den Menschen, was viele oftmals vergessen. Sondern sie gehört allen Wesen unter ihrer Sonne. Ich weiß nicht, wann wir angefangen haben zu glauben, der Mensch stände über allem und jedem. Doch ich hoffe, dass bald der Tag kommt, an dem wir uns daran erinnern, dass wir auch nur Menschen sind, nicht mehr und nicht weniger. Aber ob Mensch oder Tier, wir wollen alle unsere Freiheit.
Wie schwer ist es Sie uns zu lassen?
Datum: 3.10.2013
Name: Kathrin Maria Jones
Geburtstag: 1.2.1998
Heimat: England/Porthleven
Haarfarbe: dunkel Braun
Augenfarbe: Bernsteinfarben
Hautfarbe: Sonnenbraun
Schulform: Gramma School
Notendurchschnitt: 2,6
Lieblingstier: Katze
Lieblingsfarbe: Lila
Lieblingsessen: Nudeln
Lieblingsfach: Kunst
Haustier: Keins
Sonstiges: Vegetarierin
Ich dachte mir, mit einem Steckbrief kann man sich ein besseres Bild von mir machen, naja jedenfalls ist das mein Steckbrief von vor einem Jahr. In dem Steckbrief wird ein guterzogenes junges Mädchen beschrieben - das hat sich bis zum heutigen Tag jedoch ein wenig verändert. Denn mittlerweile bin ich anders.
Es war Herbst, Oktober um genau zu sein, und schon so gegen acht. Der Himmel war grau und der Wind blies mir den Regen ins Gesicht. Meine Mutter und ich mussten noch schnell etwas einkaufen gehen, da wir noch Lebensmittel für die nächsten Tage brauchten. Es war nur wenig los, dank des schlechten Wetters und wir retteten uns schnell in den Schutz des Ladens. Darin roch es gut, nach Blumen, Obst und Gemüse, die einen im Eingangsbereich empfingen. Wir packten uns ein Netz Orangen ein, etwas Salat und eine Hand voll Äpfel. Als wir weiter gingen sahen wir eine Dame die laut mit einem Verkäufer stritt welcher sein bestes gab sie zu beruhigen. Sie beklagte sich darüber, dass es viel zu gefährlich seie den Boden während der Öffnungszeiten zu wischen. Doch der Verkäufer gab ihr wohl zu verstehen er hätte von dem Gebiet keine Ahnung und sie wolle sich bitte leise an die Geschäftsleitung wenden.
Daraufhin stapfte die Dame wütend in Richtung Kasse. Wir bewegten uns ebenfalls weiter, aber in Richtung Fleischtheke. Der ekelerregende Geruch von totem, blutigem Fleisch stieg mir in die Nase.
Ich musste weg sehen da der Anblick mir stark auf den Magen schlug und ich mich beinahe übergeben hätte. Meine Mutter nahm ein paar Scheiben Wurst und etwas Hackfleisch. In der Zwischenzeit ging ich in die Tiefkühlabteilung.
Ich liebte die Tiefkühlabteilung, da gab es alles Mögliche an eingefrorenen Leckereien wie Torten oder Pizzen auch die kleinen leckeren Röllchen aus Nudelteig in denen allerlei Gemüse eingepackt war. Ich war gerade in meinen Essensträumen versunken, da stuppste mich meine Mutter auch schon an.
„Können wir?“
„Ähm… Ja, klar doch“
Kraftlos und müde trottete ich meiner Mutter hinterher zur Kasse. Dort war eine junge Frau die uns freundlich begrüßte, die Verkäuferin. Sie scannte rasch unsere Wahre und gab meiner Mutter den Kassenbon, während ich verzweifelt versuchte alle Teile in eine viel zu kleine Tüte zu packen. Nach ein paar Minuten die meine Mutter zum quatschen mit der Verkäuferin nutzte schlossen wir unsere Jacken und huschten in die regnerische Nacht hinaus. Die Dunkelheit bereitete mir eine unbehagliche Gänsehaut.
Als wir an den unzähligen Einkaufswagen, den Parkplätzen, der Hühnchenbude und den Müllcontainern vorbeihuschten, errang ein klägliches Quietschen meine Aufmerksamkeit. Ich machte meine Mutter ebenfalls darauf aufmerksam und wir sahen uns um von wem es wohl stammen könnte. Wir sahen in den Müllcontainern, sowie vor und neben den Containern nach, sogar in die Büsche hinter den Müllcontainern, nichts. Wir hörten auch das Quietschen nicht mehr und wollten uns wieder in Richtung Auto begeben, doch ich sah einen Schatten im Augenwinkel zucken und ging langsam wieder auf die Müllcontainer zu. Das Quietschen setzte ein, aber es kam unter einem der Container her. Vorsichtig beugte ich mich hinunter und sah unter den Blechkasten. Etwas Kleines zuckte zusammen und ging schnell rückwärts, es hatte wohl nicht erwartet, von großen Augen angestarrt zu werden. Das Quietschen verklang und ein strenger, beißender Angstgeruch machte sich breit. Ich richtete mich wieder auf.
„Lass uns den Container wegsschieben. Ich glaube da ist irgendwas.“
Meine Mutter guckte mich verwirrt an, packte aber trotzdem die eine Seite des Blechkastens und gemeinsam schoben wir den großen, grünen Container zur Seite. Das kleine Etwas erschreckte sich erneut und fing abermals an zu quietschen, wie ein verzweifeltes kleines Hundebaby. Das entsetzliche Klagen dieses Tierchens versetzte mir einen stechenden Schmerz. Es machte sich klein und bewegte den Kopf verstört in alle Richtungen.
Sobald der Schatten des Containers verschwunden war konnten wir die kleine Gestalt erkennen. Es war ein kleines, nasses, graues Fellknäuel, ungefähr in der Größe von zwei Billiardkugel.
Sein kleiner Körper war mager, sein Fell verschmutzt und die linke Vorderpfote war mit Blut verschmiert. Seine großen blauen Augen sahen mich verängstigt an. Er war noch viel zu jung und zu klein um sich alleine durchzuschlagen oder zu ernähren.
Ich sah zu meiner Mutter und gab ihr zu verstehen, dass wir dieses kleine Fellknäuel mitnehmen mussten und so kamen wir zu einer Katze.
Ich hob das kleine Kätzchen behutsam auf und trug es zum Auto, wie eine Glasfigur versuchte ich es möglichst vorsichtig und bedacht in den Händen zu halten bis ich am Auto angekommen war. Dort setzte ich mich und nahm das kleine auf meinen Schoss. Wir fuhren los aber „wohin?“, wollte meine Mutter wissen.
„Nach Hause...?“,
war meine Annahme, aber meine Mutter belehrte mich eines besseren, dass wir das Kleine nicht einfach mitnehmen konnten, schließlich wussten wir nichts über es. Das einzige was wir ausschließen konnten war das das Katzenbaby wohl jemand anderem gehöre, auf Grund seines Alters lässt man es ja noch nicht alleine durch die Gegend streifen. Ansonsten stellte sich natürlich noch die Frage ob es krank war. Wir überlegten kurz und kamen dann zu dem Entschluss, dass wir das Kätzchen auf jeden Fall erst zum Tierarzt bringen mussten. Es war unruhig, quietschte um die 40 Mal pro Minute und wenn es nicht so ausgehungert gewesen wär, wäre ich jede Wette eingegangen, dass es mich vollgekotzt hätte.
Nach einer unendlich langen Fahrt, also drei Minuten, kamen wir beim Tierarzt an. Eine kräftige Dame saß an einem Schreibtisch im Nebenzimmer. Aber die Tür der Praxis war verschlossen und so klopfte ich an das Nebenzimmerfenster.
Die Dame trottete an die Tür.
„Tut mir leid wir haben geschlossen, kommen sie doch bitte morgen von 11- 17 Uhr wieder.“
„Ich bitte sie das ist ein Notfall.“
Ich hielt ihr die Katze vor die Nase.
„Wer weiß ob sie bis morgen um elf noch durchhält.“
Sie zögerte und beäugte das zuckende Fellknäul in meiner Hand.
„Gut, folgen sie mir bitte.“
Meine Mutter grinste mich an und wir folgten ihr in den Behandlungsraum. Ich legte mein kleines Fellknäuel auf den Tisch und erzählte was vorgefallen war. Die Frau sah sich das kleine Kätzchen genau und behutsam an. Nach fast 20 Minuten hatte die Dame nun eine Diagnose oder eher eine Liste aller Diagnosen die sie uns mitteilte:
Schürfwunden
Unterernährung
Starke Verschmutzung
Blutung an der rechten Vorderpfote
lasenentzündung
Wir waren relativ erleichtert da wir dachten es würde schlimmer um das Kleine stehen.
Die Ärztin teilte uns erfreut mit, dass es ein kleiner Kater war den wir da hatten. Dann erstellte sie eine Liste für zuhause, was wir wofür machen mussten. Gegen die Schürfwunden bekamen wir eine Salbe die sie direkt schon mal auftrug. Dann verschrieb sie, ihm viel zu trinken zu geben und genügend Ruhe damit die Blasenentzündung schnell weg geht. Als Letztes gab sie uns zehn Flaschen spezieller Aufbaubabymilch gegen die Untergewichtigkeit und damit wir ihn mit irgendetwas füttern konnten. Sie bat uns noch den kleinen Kerl gut zu säubern und ihm ein warmes Bett zu machen aus einer Decke und im Idealfall einem Wärmbeutel als eine Art Ersatz für die Geschwister und die Mutter.
Nun waren wir fertig und meine Mutter freute sich schon auf die Rechnung, aber die Ärztin wollte kein Geld. Sie meinte, wer solch eine gnädige Tat vollbringt, ein komplett heruntergekommenes Tier aufzupäppeln, dem könne auch ein wenig unter die Arme gegriffen werden. Glücklich über den neuen Familienzuwachs fuhren wir nach Hause.
Wir waren erst wenige Meter vom Arzt entfernt, da viel uns ein Tiergeschäft ins Auge das noch geöffnet hatte. Schnell rannte ich hinein während meine Mutter auf den kleinen aufpasste. Ich holte zuerst ein schwarz-weißes Plüschbett, welches ich im ersten Regal bereits fand und etwas Spielzeug.
Das alles warf ich in meinen Einkaufswagen. Und so schnell wie ich gekommen war so schnell ging ich auch wieder.
Zurück auf dem Parkplatz warf ich alle Sachen in unseren Kofferraum und setzte mich auf den Beifahrersitz.
Ich nahm das kleine beleidigte Kätzchen auf meinen Schoss und wir fuhren los. Nach gerademal fünf Minuten Fahrtzeit im Tempo achtzig und viel zu vielen Kurven, in denen unser neues Haustier sich als sehr Autofahrt freudig entpuppte waren wir zuhause. Während ich nicht mehr wusste wo rechts und links ist war unser Kater tief und fest eingeschlafen. Das Einschlafen in fünf Minuten fand ich an sich schon unmöglich aber bei dem Fahrstil meiner Mutter dachte ich im ersten Moment der Kater sei tot. Zum Glück war das nicht der Fall und so hob ich ihn vorsichtig auf meinen Arm wobei er mit den Augen blinzelte und gähnte. Vorsichtig schlich ich zur Haustür, aus der passender Weise, gerade mein Vater herausstürmte, er hatte uns wohl vom Fenster aus gesehen. Aber ich hatte absolut keine Lust ihm zu erklären warum ich ein kleines verdrecktes Kätzchen in der Hand hielt und meine Mutter lauter Tierkram ins Haus schleifte, meine Mutter anscheinend auch nicht. Aus diesem Grund begrüßte ich ihn lediglich mit einem seufzerartige „Hallo.“
Das schien meiner Mutter aber doch etwas zu wenig zu sein also fügte sie wie eingespielt hinzu: „Mach dir keine Sorgen. Gleich erkläre ich dir alles in Ruhe. Tut mir leid, dass wir zu spät sind.“ In der Ecke unseres Terracotta-Flures lagen bereits meine Schuhe, meine Jacke und die anderen Sachen die nichts mit dem Kätzchen zu tun hatten und die ich beim hereinstürmen einfach in die Ecke geworfen hatte. Meine Mutter legte all das Zeug das ich gekauft hatte auf dem Wohnzimmerteppich zu einem Haufen zusammen. In der Zeit war ich sehr beschäftigt, schließlich musste ich unseren Kater nun waschen, bürsten, ihm die Wunden reinigen und ihm seine Medikamente geben. Zuerst verteilte ich aber alles was wir gekauft hatten im Haus. Das Körbchen kam in mein Zimmer, die Babymilch in die Küche, das Katzenklo ins Bad und das Spielzeug verteilte ich willkürlich im ganzen Haus. Ich schnappte mir auf dem Rückweg ins Wohnzimmer noch ein flauschiges Kissen und huschte zurück an den Sessel in dem der kleine Kater selig schlief.
Behutsam hob ich ihn auf das Kissen und auf dem Weg ins Bad öffnete er auch schon langsam seine Äugelein. Ich ließ derweil lauwarmes Wasser in unser Waschbecken ein was der kleine neugierig betrachtete. Dann setzte ich ihn mit dem Kissen auf den Beckenrand und goss ein bisschen Baby Shampoo in das Wasser. Verwundert von diesem neuen Element versuchte er es in die Kallen zu bekommen und schlug vergeblich danach bis er sich langsam an die Kannte stellte und versuchte vorsichtig hineinzugehen. Das wiederum erwies sich als äußerst schwierig weil das Porzellanbecken zu rutschig war. Fünf Minuten lang ging er immer wieder an andere Stellen des Waschbeckenrandes doch überall war es zu rutschig. Schließlich konnte ich nicht mehr warten, nahm den Kleinen in die Hand und setzte ihn vorsichtig ins Wasser. Er war skeptisch und strampelte mit den Beinen im Wasser herum, wie ein Hund schwamm er schließlich hin und zurück.
Aber ich wollte ihn ja waschen und ihm keinen Schwimmunterricht erteilen. Also hielt ich ihn mit einer Hand auf der Stelle, sodass er nicht weiter paddeln konnte und mit der anderen nahm ich einen Schwamm den ich sacht über sein Fell wischte. Es gefiel ihm augenscheinlich denn er versuchte ab und zu den Kopf an dem Schwamm zu reiben doch dabei verlor er meistens das Gleichgewicht und tauchte kurz ab. Nach fünfzehn Minuten waren wir fertig mit baden und er fand seine neue absolute Lieblingsbeschäftigung: Das Föhnen. Eigentlich war nur vorgesehen seinen Körper kurz zu trocknen, doch ehe ich mich versah duschte er sich bereits in der warmen Luft des Föhns. Nach der Föhndusche nahm ich mir eine weiche Bürste mit der ich sein Fell striegelte und anschließend noch in Form schnitt, er sollte ja schließlich nicht mehr aussehen wie ein Fellball vom Straßenrand.
Anschließend mussten nur noch seine Wunden versorgt werden. Etwas Salbe an die Pfote, etwas an die Flanke und ein wenig auf sein Bein. Endlich war er fertig und nun konnte ich auch endlich sehen was für ein unglaublich hübsches Tier wir da gefunden hatten. Sein Fell war pechschwarz und seine Augen waren strahlend blau. Sein Mund war äußerst gepflegt, ohne mein zutun, obwohl er unter einem Container gelebt hatte waren seine Zähne blütenweiß und sein Zahnfleisch blutrot, ebenso wie seine Zunge.
Nachdem ich ihm letztendlich noch eine Tablette gegen Infektionen und Entzündungen gegeben hatte war er ganz benommen. Für ein paar Sekunden schlief er sogar im Stehen ein. Ich hob den kleinen Kerl auf das Kissen und trug ihn ins Wohnzimmer zurück, wo auch seine restlichen Sachen standen. Der Kater war so erschöpft, dass er sich nur auf dem Kissen umher ziehen konnte.
Ich nahm mir die Flasche und füllte etwas Katzenmilch hinein damit er wieder zu Kräften kam. Wie hypnotisiert betrachtete ich ihn, bis mein Handy piepte. Ich sah zwei neue Nachrichten von meiner besten Freundin Jenna und von meinem besten Freund Kai.
Jenna:
Hey Kathy
Lebst du noch?? Ich hab sicher eine Ewigkeit
Nichts mehr von dir gehört :‘( Warum warst
du Donnerstag, Freitag und heute nicht
da, ist irgendwas passiert?? Meld dich doch mal.
Dass ich mich seit fünf Tagen nicht mehr bei Jenna gemeldet hatte, war mir völlig aus dem Sinn gekommen. Aber es ist ja nicht so, dass ich im Krankenhaus läge oder ähnliches, ich war ja einfach etwas kränklich. Das wird sie sicher verstehen dachte ich mir und las die nächste SMS.
Kai:
Hey Kathy
Ich wollte eigentlich nur mal fragen ob du
vielleicht weißt ob wir was in Englisch für
Montag zu machen haben. Ach und wie geht´s
dir eigentlich so?
Bist du krank oder hast du dich verletzt?
Anscheinend fragten sich viele warum ich nicht in der Schule war, was mir irgendwie seltsam vorkam. Wenn Jenna oder sonst wer krank war hatte ich mir keine großen Sorgen gemacht.
Vielleicht lag es daran das ich einfach zu mutig war um mir nicht alle paar Monate etwas zu brechen, so dass ich bereits mehrere Ärzte aus der Notaufnahme beim Vornamen kannte. Leider hatte ich überhaupt keine Lust den beiden zu schreiben denn sobald man antwortet kommt noch bevor man das Handy weglegen kann eine neue Nachricht. Aber es kam mir doch irgendwie blöd vor den beiden nicht zu antworten wenn sie sich schon die Mühe machten nach mir zu fragen.
Als erstes schrieb ich Jenna.
Hey Jenna,
Sorry, dass ich nicht geantwortet hab
aber mir war in letzter Zeit nicht so
nach schreiben zu Mute. Sei mir
nicht böse aber ich komme morgen
und auch Anfang nächster Woche
wohl noch nicht wieder. Mach dir
keine Sorgen bin nur etwas kränklich
Als nächstes Kai.
Hey Kai,
Ähm… Also tut mir voll leid aber
ich hab nicht die geringste Ahnung
ob oder was wir in Englisch zu machen
haben. Aber mir geht’s eigentlich
ganz gut, ich bin nur ein bisschen
kränklich. Also dann bis evtl.
nächste Woche.
Ich legte mein Handy auf den Tisch und widmete mich wieder unserem Kater. Wie zu erwarten war fing mein Handy noch fünf weitere Male an zu piepen aber dieses Mal schaltete ich es einfach aus, ohne auch nur darauf gesehen zu haben.
Während mein Kater schlief beobachtete ich ihn intensiv. So ruhig und friedlich. Er hypnotisierte mich regelrecht wie er einfach so da lag, dass ich nicht einmal bemerkte wie spät es schon war. Erst als ich aus meiner Trance erwachte bemerkte ich wie müde ich eigentlich war. Die Uhr zeigte bereits Viertel nach Zwei. Zu meiner Verwunderung hatte ich eine ganze Weile schon nichts von meinen Eltern gehört, also schlich ich durch das Haus. Aber nichts, weder in ihrem noch in meinem Zimmer, auch im Bad fand ich nicht die geringste Spur von ihnen. Das gesamte Haus war dunkel und wirkte verlassen. Wo könnten sie nur sein? Schließlich hatte ich nicht die Tür knallen hören, was man aber nicht vermeiden kann wenn man das Haus verlässt. Ich stand nun vor der hölzernen Tür im Flur. Verzweifelt sah ich aus dem kleinen Gitterfenster neben dem Flurtisch. Langsam ließ ich mich auf einem beigen Sessel nieder. Schweiß trat mir auf die Stirn und ich verfiel in Panik. Schreiend sprang ich aus dem Sessel und rannte in mein Zimmer, vorbei an meinem Schreibtisch, an dem ich mir den Arm anschlug, worauf hin dieser höllisch anfing zu pochen, bis hin zu meinem Bett, auf welchem ich anfing zu schluchzten und zu weinen. Ich ging den ganzen Abend in Gedanken durch. Wie ich den kleinen badete, ihn pflegte und verarztete aber von meinen Eltern war da nichts. Es war typisch für mich direkt das schlimmste zu erwarten, vor allem wenn es um meine Eltern ging. Ich hatte diesen Charakterzug schon seit ich denken kann, früher bin ich immer vor Angst ohnmächtig geworden wenn meine Eltern nicht da waren doch das passiert nur noch sehr selten vor Angst. Aber plötzlich ertönte ein Geräusch im Hintergrund. Es war tief und irgendwie stockte es ab und zu, aber ich konnte es mit nichts verbinden. Ich zuckte zusammen und als das gleiche Geräusch noch einmal ertönte wurde es mir unheimlich. Langsam stieg ich aus meinem Bett und tappte blindlinks dem Geräusch hinterher. Als ich letztendlich im Schlafzimmer meiner Eltern ankam sah ich nichts.
Verständnislos stand ich im Eingang herum und sah plötzlich einen Fuß neben dem Bett liegen.
Mein Herz fing an zu rasen, ich trat näher heran.
Das Geräusch ertönte schon wieder aber diesmal wusste ich was das war. Meine Mutter schnarchte seelenruhig auf dem Teppich neben ihrem Bett, von der Müdigkeit überfallen und anscheinend aus dem Bett hinausgefallen. Jeder Rest Angst viel von mir ab als ich auch noch meinen Vater unter der Decke bemerkte. Das Dumme daran, das ich sie gefunden hatte war, dass das Adrenalin von meiner Angst schnell verflog. Schon als ich in meinem Zimmer war erschlug die Müdigkeit mich auch und ich ließ mich in mein Bett fallen.
Das erste Mal
Begegnungen
Vorahnung
Veränderungen
Ankündigung
Besucher
Masken
Vertrauen
Verrat
Visionen
Strömungen
Leben & Sterben
Goldener Regen
Neue Perspektiven
Käfige
Blackout
Unterwasserwolken
Diamanten
Das letzte Licht
Racheengel
Das Blut von Liberty Island
Die Wärme der Kälte
Die Sonnenstrahlen weckten mich aus meinem tiefen
Schlaf. Sie kitzelten in meinem Gesicht und ein
Rauschen drang an meine Ohren, ich öffnete die
Augen. Zu meiner Verwunderung lag ich nicht mehr
in meinem Bett sondern parallel zu einem steilen
Abhang. Sicher zwanzig Meter ging er in die Tiefe und
zu seinen Füßen erstreckte sich ein langer, weißer
Sandstrand der in türkis blauem Meer endete. Der
Anblick war überwältigend, im Meer sah ich Delphine
ihre Kreise ziehen und am Himmel waren Möwen die
ab und zu, zu ein paar runden Felsen nah am Meer,
hinunter flogen und darauf platz nahmen. Ganz allein
saß ich nicht mal einen halben Meter vom Abhang
entfernt. Die Wellen rauschten, doch bald schon
übertönte ein anderes Rauschen das der Brandung. Ein
beißendes, ohrenbetäubendes und zugleich sehr
mechanisches Geräusch. Es wurde lauter und lauter.
Ich merkte, dass es hinter mir sein müsste doch ich
konnte mich nicht umdrehen, ansonsten würde ich
hinunter in die Tiefe stürzen. Unter mir sah ich nun
gewaltige, spitze Felsen von denen ich wusste, dass sie
vorher noch nicht da gewesen waren. Ängstlich
versuchte ich ein Stück weg von der Klippe zu rutschen
aber mein Körper wollte nicht. Ich hörte das Rauschen
schon so laut das ich keinen klaren Gedanken mehr
fassen konnte. In der Luft lag ein widerlicher Gestank
nach Abgasen der mich fast ohnmächtig machte. Ich
spürte, wie die Luft anfing mich weiter in Richtung
Kante zu drücken doch ich wehrte mich dagegen,
machte mich klein aber es half nichts. Plötzlich hatte ich
wieder die Kraft mich zu drehen und wagte behutsam
einen Blick hinter mich. Langsam konnte ich die
grünen Wiesen hinter mir erkennen die übersät waren
mit fluffigen Schafen die das grüne Gras verschlangen.
An dem Bild stimmte eines jedoch gar nicht und zwar:
Das große Segelflugzeug, dass mich nun erfasste und
von der Klippe stieß. Wie aus Stein fiel und fiel und fiel
ich. Ich drehte mich im Flug sodass ich die spitzen
Felsen genau sehen konnte bevor sie mich gleich
durchbohren würden. Noch wenige Meter nur, dann
würde ich sterben, an einem solch schönen Ort stellte
ich es mir aber garnicht mal so schlimm vor. Ich spürte
die erste Spitze die gegen meinen Bauch stieß. Ich
wartete auf den Schmerz den sie beim durchstoßen
verursachen würde, doch der kam nicht. Der Felsen
zerbarst unter mir. Genau wie die Anderen, die nicht
meinen Körper zerstörten sondern die mein Körper
unter sich zerstörte. Wie Porzellan brachen sie unter
mir weg und ich landete nun im weichen Sand.
Unsagbar erleichtert darüber, dass ich noch lebte
sprang ich auf und wollte nur noch das Meer und den
Sand genießen, aber da viel ich bereits in den nächsten
Schock. Der bis dahin blaue Himmel war aschgrau, die
Möwen die auf den Steinen entspannten waren
plötzlich riesige Aßgeier die mich im Blick hielten und
das friedliche türkise Meer war eine braun-rote Lache
deren Wellen haushoch in den bewölkten Himmel
ragten. Vollkommen verstört lief ich wieder in
Richtung Klippe an der es mir ein leichtes war
emporzuklettern. Ich sah über die Kante zu den grünen
Wiesen und den fluffigen Schafen, doch dort war keine
Wiese nur Beton und kein Schaf verirrte sich hier her
und die, die es wohl doch getan hatten konnte man nur
als Skelette wiederfinden. Weinend und entsetzt drehte
ich mich wieder um und lief weg, doch weit kam ich
nicht. Stattdessen viel ich erneut in die Tiefe in der
mich nun kein Sand mehr erwartete sondern das
braun-rote Meer in dem ich kläglich ertrank…
Erschrocken sprang ich aus meinem Bett und viel auf den Boden. Benommen stand ich wieder auf und sah zur Uhr die an meiner pinken Wand hing.
Sie zeigte bereits 9:12 Uhr das heißt die Schule hatte bereits begonnen, was allerdings nicht allzu schlimm war, da ich starke Kopfschmerzen hatte und mich auch sonst nicht gut fühlte. Die Frage war nur, was war mit meinen Eltern, die ja arbeiten mussten und nicht wussten, dass ich heute nicht in die Schule gehen konnte. Barfuß tappte ich aus meinem Zimmer, den Flur entlang bis zu ihrem Schlafzimmer. Ich schaltete das Licht an und fand die beiden da wieder, wo ich sie gestern Nacht zurückgelassen hatte. Mein Vater wachte verschlafen auf und blickte in das wohl schönste Augenpaar auf der Welt, den Augen eines Katzenbabys. Er hatte sich auf das Bett geschlichen und fuchtelte mit der Pfote an der Nase meines Vaters herum. Die Augen unseres Katers waren so wunderschön und klar. Doch mein Vater war anscheinend noch zu müde um sich daran zu erinnern, dass wir ja jetzt ein neues Familienmitglied hatten. Er erschrak sich so abrupt, dass er mit dem Ellenbogen seinen Nachttisch umstieß.
„Au verdammt!“, ich sah zu meinem Vater.
„Wer hat bitte diesen bescheuerten Tisch auf mich geworfen!?“, aber mein Vater sagte gar nichts.
„Wäre jemand vielleicht auch mal so freundlich mir endlich hoch zu helfen?!“
Es war gar nicht mein Vater der da schrie sondern meine Mutter, der dieser schwerer Holztisch wohl direkt gegen die Stirn gehauen war. Ich ging schnell zu ihr hinüber und sah bereits die kleine Platzwunde über ihrem linken Auge. Mein Vater half ihr hoch, doch sie konnte kaum stehen. Meine Mutter wankte nur kurz und ließ sich dann auf das Bett fallen. Ich wollte mir die Wunde etwas genauer ansehen aber bei dem kleinsten bisschen Blut wurde mir sofort flau im Magen. Dann guckte mein Vater sich das Ganze an und stellte fest, dass es wohl genäht werden müsse. Meine Mutter stützte sich an der Bettkante auf und ging mit meinem Vater in Richtung Flur. Sie kamen an der Uhr vorbei und mein Vater sah dass es mittlerweile schon fast zehn war.
„Verdammt!“
Schrie er, woraufhin meine Mutter wieder fast umfiel.
„Wir sind viel zu spät! Kathrin warum hast du uns nicht geweckt?“
„Ich bin ja selber gerade erst aufgestanden.“
„Ja und warum hat dein Wecker nicht geklingelt?“
In solch einer Situation zu sagen das der Wecker irre laut war und man ihn deshalb aus dem Regal bis in den Schrank geworfen hatte, wäre nicht so gut gewesen, also argumentierte ich:
„Das weiß ich auch nicht, muss wohl kaputt sein.“
„Ist das so, ja?“
„Ja… Aber das ist doch jetzt total egal, schließlich muss Mom ins Krankenhaus und genäht werden.“
„Da wäre ich übrigens auch für“ beteiligte sie sich.
Mein Vater sah auch einverstanden aus und die beiden verschwanden durch die Tür, glücklicherweise musste ich diesmal nicht mit denn genau wie Fleischtheken mag ich auch keine Krankenhäuser. Ich ließ mich in den Sessel fallen und betrachtete den kleinen Kater der putzmunter vor mir herum tänzelte. Mir viel plötzlich auf, dass wir noch nicht einmal einen Namen für unseren Familienzuwachs hatten. Ich dachte lange einfach still vor mich hin und sah wie er auf einem kleinen Kieselstein kaute. Da fiel mir der perfekte Name für ihn ein: Jack. Der Name hallte ganz plötzlich durch meinen Kopf als hätte man ihn mir zugerufen. Ein kalter Windzug riss mich aus meinem Tagtraum. Ich stand auf und schlich zu dem offenen Fenster im Esszimmer, da kam Jack auch schon neugierig angelaufen und sprang mit einem eleganten Satz auf die Fensterbank. Ich streichelte seinen Kopf und er stieg langsam mit einem, dem zweiten und schließlich auch dem dritten und vierten Bein aus dem Fenster. Er glitt einfach durch den schmalen Spalt, was eigentlich, selbst für eine dünne Katze nicht möglich war.
Schnell riss ich das Fenster ganz auf und hob ihn wieder ins Haus. Er kannte sich ja nicht mal in der Umgebung aus und war noch so klein und schwach, auch wenn er so wirkte als wäre er schon Jahre lang hier und seie vollkommen gesund. Nachdem ich ihn auf dem Esstisch abgesetzt hatte schloss ich das Fenster und auch alle anderen die noch geöffnet waren, wurde jedoch schon bald unterbrochen. Mein Vater kam durch die Tür gestürzt.
„Komm schnell mit nach draußen, Frau Hattwig wird gerade vom Krankenwagen abgeholt.“
„Wieso was ist passiert?“
„Das erzähl ich dir gleich, komm jetzt und wünsch ihr gute Besserung sie fragt doch auch immer wie es dir geht.“
Ich lief meinem Vater hinterher. Marlene war eine nette ältere Frau die zwei Häuser weiter wohnte.
Sie war immer sehr nett zu Kindern, was man nicht von den anderen Nachbarn sagen konnte.
Ich trat aus dem Haus, die Luft war feucht und kalt, der Himmel noch im Dämmerlicht und das blaue Leuchten des Krankenwagens machte die Umgebung nicht weniger gruselig. Die Rettungssanitäter hoben Marlene gerade auf die Trage. Ich schlich näher heran und erhaschte einen Blick auf sie. Als ich nah genug war konnte ich erkennen, dass viele Schnitte an ihren Armen und im Gesicht rot glänzten. Es sah allerdings nicht so aus als hätte sie schwere Verletzungen, aber ich wollte doch noch etwas mehr erfahren.
„Marlene, was ist denn passiert? Wie geht es dir?“
Fragte ich sie, doch bevor sie antworten konnte viel ihr Blick auf mein Bein. Ich folgte ihrem Blick und sah Jack, wie er sich an mein Bein schmiegte.
Irgendwie verwundert nahm ich ihn hoch und wand mich Marlene wieder zu.
„Also wie geht es dir, und warum hast du überall Schürfungen und Schnitte?“
Sie sah mich an, ihre geweiteten Augen und ihr starrer Blick machten mir jedoch etwas sorgen.
„Marlene ist alles in Ordnung du wirkst so geschockt…?“
Ein lautes Piepen unterbrach mich und einer der Sanitäter schob mich zur Seite und begann mit einer herz- druck- Massage und ein zweiter holte den Defibrillator und legte ihr einen Zugang.
Mittlerweile waren alle Nachbarn auf der Straße und hielten den Atem an. Der Sanitäter setzte den Defibrillator an ihre Brust und versetzte ihr einen Schlag, ihr Herz schlug wieder und die beiden Männer schaften sie in den Wagen. Mein Vater huschte schnell zu dem ersten der ins Auto einsteigen wollte.
„Was ist denn mit ihr passiert, woher kommen die ganzen Wunden?“
„Als wir ankamen meinte sie, sie wurde angegriffen und danach ist sie wohl durch die Glastür gefallen. Allerdings glauben wir nicht, dass da noch wer an ihrem Unfall beteiligt war, schließlich haben wir nichts was darauf hinweist gesehen. Jetzt müssen wir aber wirklich los, schönen Tag noch.“
„Ihnen auch.“
Ich entfernte mich ein paar Schritte, was Jack wohl gar nicht gefiel, denn er versuchte sich wie wild loszustrampeln. Ich ließ ihn aber nicht, schließlich durfte er noch gar nicht draußen sein. Allein schon, dass er es geschafft hatte rauszukommen machte mir Sorgen. Er strampelte immer stärker und wehrte sich mit seinen dünnen kleinen Krallen und den gefährlich spitzen Zähnen. Bis ich ihn schließlich nicht mehr halten konnte und er von meinem Arm sprang. Er lief wieder in Richtung Krankenwagen, schlich sich an den Sanitätern vorbei und sprang auf die Trage.
Genau in dem Moment erlitt sie wieder einen Herzinfarkt. Der eine Sanitäter sprangen wieder an den Defibrillator während der andere mit einem Wink Jack hinunter warf. Ich hatte ihn zwar erst seit gestern Abend aber trotzdem kannte ich ihn schon ziemlich gut und ich wusste, dass er es überhaupt nicht vertragen konnte wenn man ihn auf Seite schob. Äußerst elegant viel er zu Boden und landete auf seinen Pfoten, sofort sah ich in seinen Augen dass er erneut versuchen würde hinauf zu springen.
„Stopp!“
Schrie ich so laut ich konnte und tat einen Satz nach vorne. Das kam jedoch zu spät denn in dem Moment als der Sanitäter den Defibrillator anlegte und den Knopf betätigte sprang mein Kater auf Marlenes Körper… Langsam sank ich auf den Boden und fing an zu weinen. Ich hatte diesen kleinen Kater erst seit einem halben Tag und die Tatsache, dass er nun an einem elektrischen Schlag starb machte mich unglaublich traurig. Ich hörte Marlenes Stimme, sie war zum Glück nicht an dem Herzinfarkt gestorben im Gegensatz zu Jack.
„Kann einer bitte dieses Tier von meiner Trage werfen?! Ich habe keine Lust heute noch einen Infarkt zu bekommen!“
Schrie sie, was doch etwas verwunderte denn schließlich war Jack doch schon tot. Oder etwa doch nicht? Langsam hob ich den Blick und stand wieder auf. Kurz erhaschte ich einen Blick auf die Trage. Dort lag die verschreckte Marlene die gerade versuchte einen kleinen schwarzen Körper von der Trage zu werfen… meinen Jack. Ein paar Meter weiter standen die Sanitäter, die verwundert den Kopf schüttelten. Schnell sprang ich auf und rannte zu Jack. Ich nahm ihn auf den Arm und hielt ihn so fest, dass er sich nicht mehr rühren konnte. Ich brachte ihn schnell zurück ins Haus und ließ mich erschöpft auf den Sessel sinken. Ich holte erst mal tief Luft, aber viel Zeit blieb mir nicht zum Erholen, denn ich spürte einen warmen, nassen Tropfen auf meinem Fuß.
Verwundert sah ich hinunter und bemerkte ein kleines Rinnsal Blut meine Hand hinunterlaufen.
Mein Blick folgte ihm bis zu meinem Oberarm.
Dort war ein murmelgroßes Loch und ich hatte nicht die geringste Ahnung wieso mir solch eine tiefe Wunde nicht aufgefallen ist, geschweige denn mir Schmerzen bereitet hatte. Schnell holte ich den Erstehilfekoffer aus dem Badezimmerschrank und verband meine Wunde.
Ich war mir aber immer noch nicht sicher woher die Wunde überhaupt kam, doch ich hatte auch absolut keine Lust jetzt schon wieder über irgendetwas nachzudenken, schließlich war der Tag schon seltsam genug und das bereits vor Zwölf.
Den ganzen restlichen Tag über war ich sehr lustlos, meine Beine waren träge und mein Kopf fühlte sich so schwer an, dass ich ihn kaum aufrecht halten konnte. Der nächste tag kam so schnell und es fühlte sich an als wäre nichts gewesen. Das einzige Andenken war meine Wunde die gar nicht danach aussah jemals wieder zu zu heilen. Immer wieder blutete sie einen Verband nach dem nächsten durch. Theoretisch hätte ich einfach in ein Krankenhaus gehen müssen, so wäre es jedenfalls meiner Mutter sehr lieb gewesen, aber die panische Angst hielt mich davon ab. Und so ging ich mit einem Verbandvorrat in die Schule.
Noch etwas benebelt von einer Schmerztablette schlich ich zum Bus. In der großen, mit vielen Fenstern ausgestatteten Aula saßen bereits meine Klassenkameraden. Meine Schule ist ein Rundbau, so etwas Modernes sieht man nicht oft hier in Porthleven. Über ganze sechs Etagen geht sie, außen befinden sich alle Klassen- und fachräume, diese sind durch rund Flure verbunden und sieht von oben betrachtet wie eine Uhr aus. Denn in der Mitte des Rundbaus befindet sich eine riesige Säule. Diese Säule hat in der Mitte ein gläsernes Treppenhaus und in jeder Etage befindet sich eine Plattform auf der zum Beispiel ein Kiosk oder Sitzgelegenheiten stehen. Die Plattformen sind dann noch jeweils über zwei schmale Brücken mit den Fluren vor den Klassenräumen verbunden.
Meine Klassenkameraden sitzen immer an unserem Stammplatz im sechsten Stockwerk.
Träge schläppte ich mich die tausend Treppen hoch und schmiss meine Tasche neben die der Anderen. Wenige Sekunden später hatte ich bereits Jennas Arme um meinen Hals geschlungen und ihre hell braunen Locken kitzelten mich an der Nase. Anscheinend hat man mich vermisst, denn alle meine Freundinnen hatten sich in eine Schlange eingereiht und umarmten mich so liebevoll, dass ich richtig gerührt war. Meine Rührung hielt nur leider nicht lange an, denn bereits bei Melissas Umarmung viel mir auf, dass man sich, nach nur vier Fehltagen, doch wohl kaum so darüber freuen konnte das ich wieder in die Schule auftauchte. Aus diesem Grund fragte ich vorsichtig nach. Melissa hatte mittellange blonde Haare mit hellbraunen Strähnen, ihre Augen waren petrolblau und sie war ungefähr einen Kopf größer als ich. Ich konnte Melissa echt gut leiden denn diese charmante „Rosarote Blümchen Art“, die sie so an sich hatte, ließ einen die grauheste Welt einwenig bunter sehen. Was man auf den ersten Blick allerdings nicht vermuten würde da sie zunächst nämlich eher arrogant und versnobbt wirkte. Doch der Schein trügt manchmal, sie war eine meiner besten Freundinnen und aus diesem Grund sagte sie mir auch die Wahrheit, als ich sie fragte, wieso um Himmels willen alle so unglaublich fröhlich waren, obwohl ich nur vier Tage weg war.
„Ach das ist doch selbstverständlich“
„Ähm… Nein eigentlich nicht, schließlich waren es nur vier läppsche Tage.“
„Ja schon, aber wenn du doch ins Krankenhaus musstest dann wird es schon was Ernstes gewesen sein. Ach ja, warum warst du da eigentlich?“
„Ich war wo? Wer hat das gesagt?“
„Na Jenna… Aber wieso bist du so überrascht?“
Langsam drehte ich mich um. Jenna hatte ihre grünen Augen zugekniffen und sich in Abwehrstellung gebracht.
„Komisch, das muss mir wohl entfallen sein aber Jenna erinnert sich sicher warum ich da war, oder?“
„Ich habe vielleicht etwas übertrieben als ich gesagt habe warum du nicht da warst.“
Ich konnte Jenna nie lange böse sein, also stellte ich die Sache einfach nur richtig, setzte mich in einen pinken Sitzsack und lauschte den Gesprächen um mich herum. Da ging es bei ein paar Mädchen, anscheinend eine Stufe unter mir, um neue Schminke und Klamotten, ich hörte eine Weile gelangweilt zu, aber dann quietchte ein Haufen Mädchen aus der achten Stufe, die direkt hinter mir saßen so laut in mein Ohr, dass ich zusammenzuckte. Die eine der drei beruhigte die anderen zwei, die geschrien haben, wieder und sagte energisch sie sollen ihren Mund halten. Die meisten Sachen, die Achtklässlerinnen von sich gaben waren ganzschön uninteressant, wie zum Beispiel das Gespräch darüber wer von ihnen wohl als Erste mit ihrem Freund schluss macht und was gute Gründe dafür wären. Ich meine, sowas ist ja wohl mehr als bescheuert und deshalb versuchte ich die nervigen Stimmen auszublenden und weiteres über irgendeine neue Wimperntusche zu hören, aber diese Ziegen waren so überzeugend laut, dass ich ihnen lauschte.
„Hey, Leute beruhigt euch mal wieder!“
„Wie sollen wir uns denn beruhigen wenn du uns nich endlich einzelheiten erzählst?“
„Echt mal, du kannst uns doch nicht diese Nachricht schicken und dann einfach nicht mit der Sprache rausrücken! Was ist das denn jetzt für ein Typ?“
„Okay, okay ich rede ja schon… Also ich bin gestern an der Bibliothek vorbeigekommen und da war Frau Korzec mit so einem neuen, unglaublich heiß!“
„Ja und weiter? Wer war das?“
„Und vor allem wie sah er aus?“
„Jaja beruhigt euch, ich rede ja schon. Also der Typ ist anscheinend ein neuer Schüler, denn er hatte gerade seine Bücher bekommen und Frau Korzec hatte ihn begrüßt also...“
„Was also?“
„Echt mal, du musst das schon so erklären das Leute wie wir das verstehen können!“
„Das heißt er kommt in Frau Korzecs Klasse! Und wo liegt Frau Korzecs Klasse wohl?“
„Direkt neben unserer!“
Ein wildes Gekreiche begann. Ich fand ihr Gerede so unfassbar kitschig aber aus irgendeinem mir unverständlichen Grund war selbst ich neugierig geworden. Was ich aber sofort wieder bei Seite schob denn mit den Achtklässlern hatten wir sowieso nichts zu tun. Trotz allem wollte ich auf jeden Fall weiter lauschen was die Drei zu sagen hatten, aber als ich hinter mir nach ihrem Gespräch horchte merkte ich, dass da gar kein Gespräch mehr war. Aber nicht nur das Gespräch über einen tollen Typ war weg, sondern auch alle Anderen, das Welpenthema und sogar das über diverse Games. Sichtlich verwundert überlegte ich was wohl passiert ist und drehte mich langsam um. Eventuell war ich zu verwundert, denn Jenna wand sich zu mir und in all der Stille ertönte Jennas lautes:
„Was ist denn los?“
Und kurz darauf starrten alle Blicke dieser Plattform auf mich, was ganz schön seltsam war denn eigentlich ist das doch eine so normale Frage die eigentlich niemandes Aufsehen erregen müsste. Doch mir war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar dass nur wenige Sekunden vorher jemand auf der Plattform angekommen war.
Erschrocken wand ich mich zur anderen Seite um als eine kalte, weiche Hand mich antippte. Mein Blick wanderte von meinem schwarzen Spaghettiträgertop zu meiner Schulter und ging über zu einer crémefarbenden Hand. Langsam schlich mein Blick den starken Arm hinauf, hin zu einem schwarzem Hemd und weiter bis hin zu strahlend blauen Augen.
„Na sag schon, was ist los?“
Ich erwachte aus meiner Starre und dachte nach wie lange ich ihn wohl an gestarrt hatte.
„Ähm nichts,… alles bestens.“
„Ach echt? Schien mir aber eben gar nicht so.
Geht’s dir wirklich wieder gut?“
Jenna war es diesmal die das fragte, in solch einem Moment fragte ich mich immer wieder wie sie es nur hinbekam so offen zu reden, obwohl irgend ein Kerl der nebenbei wirklich unfassbar gut aussah und den wir nicht mal kannten sich in die Unterhaltung integriert hatte.
„Ja, ja klar ich bin nur irgendwie… ach egal.“
„Verwirrt?“
Fragte er wieder.
„Nein, nein, wieso sollte ich denn verwirrt sein?“
„Na… ist das nicht offensichtlich? Du findest mich hübsch und das macht dich nervös.“
Er zwinkerte mir zu. Ich war so vollkommen empört darüber wie überzeugt der Kerl von sich war, dass ich ihn anblaffte
„Was? Pff…Ich bitte dich.“
„Sieh einer an, du wirst ja ganz rot.“
War ich wirklich rot? Und selbst wenn was bildete der sich ein? Ich überlegte was ich antworten könnte doch da ging er auch schon wieder, mit einem frechen Lächeln im Gesicht. Aber ich saß immernoch hier, auf diesem pinken Sitzsack und alle starrten mich an. Alle hatten es gehört und die Achtklässler sahen nicht allzu glücklich aus.
„Also ist irgendwas passiert wärend ich weg war?“
Wand ich mich wieder an meine Klasse in der Hoffnung, dass alle anderen sich nun auch wieder eine Beschäftigung suchten.
Nach ein paar langweiligen Unterrichtsstunden in denen ich entweder nichts verstanden oder garnicht erst zugehört habe, hatten wir Mittagspause. Diese Zeit war für mich die schönste Zeit am ganzen Vormittag. Da konnte man machen was man wollte, denn die Lehrer, die die Aufsicht machen sollten waren wirklich schwer aufzufinden. Das war jedoch sehr im Interesse aller Schüler. Diese Mittagspause war allerdings weniger schön oder besser gesagt grauenhaft. Andauernd kamen Achtklässlerinnen in unseren Raum und warfen mir einen teils wütenden, teils verwirrten Blick zu und stammelten sowas wie „ups… das ist ja gar nicht unsere Klasse.“
Oder
„Können wir uns euren Besen ausleihen?“
Dabei interessierte sie doch nur eine Frage.
„Wo ist der Neue?“
Tatsächlich stellten manche die Frage auch genau so direkt. Ich hatte allerdings keine Ahnung wo er war und es war mir auch eigentlich sehr recht, dass es auch kein Anderer wusste, denn ich fand das alles mehr als seltsam. Zu allem Überfluss hatte ich auch noch tierische Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme, was daran liegen konnte, dass meine, grad mal münzgroße Wunde mittlerweile ganze sieben Verbände durchgeblutet hatte.
Sarah Vesseley war eine auf den ersten Blick mürrische aber doch ziemlich nette Blondiene, mit ihren braunen Augen und ihrem gelockten Haar zog sie meistens die Blicke auf sich, doch am meisten mochte ich an ihr, dass es ihr egal war. Sie verstellte sich nicht und hatte immer ein offenes Ohr und ein loses Mundwerk. Und genau dafür mochten wir sie so sehr, weil sie war, wer sie war.
Die nächste war Kim die hilfsbereiteste Kroatin die ich kannte. Sie hatte rot-braune lange dicke Locken die sie meistens zu einem Zopf band und tief braune Augen. Kim entsagte allen Trends die unser Umfeld uns einreden wollte, denn sie war das, was man einen Hippi nennt. Aber wir respektierten sie so sehr, dass wir sogar akriebisch genau den Müll trennten und die Umwelt pflegten, jedenfalls solang sie dabei war. Als letztes wäre da noch Melissa. Sie war wirklich eine tolle Freundin und mit Jenna meine liebste.
„Kathy das kann ja wohl keine normale Wunde sein.“
„Kim hat recht, Kath die hat schon sieben Verbände durch und du kannst kaum noch sitzen ohne einzuschlafen oder vom Stuhl zu fallen“ wand nun Melissa ein.
„Ach quatsch, das ist einfach ne fette Wunde sonst nichts.“
Erwiderte ich.
„Nichts da, Quatsch! Dir geht’s mies, dass hat ja sogar dieser Typ heute Morgen gemerkt. Also wissen wir das ja wohl genau! Und was ist eigentlich mit dir los, Jenna, du bist doch auch sonst nicht so still?“
Das bemerkte nun nicht nur Sarah, auch Kim und mir viel es auf.
„Ja, Jenna, was is‘n los mit dir, hat Kathy dich angesteckt?“
„Ich bin nicht ansteckend!“
Fuhr ich Melissa an, die besänftigend die Hände hoch nahm.
„Schon gut, schon gut, ich habe ja nichts gesagt.
Aber Jenna wenn´s keine Krankheit ist, was hast du dann?“
Wir wanten uns alle Jenna zu, die mittlerweile Tränen in den Augen hatte.
„Och Süße, was ist denn los? Komm schon erzähls uns.“ Ich breitete meine Arme aus um sie zu umarmen.
Jenna rutschte zu mir und begann ein wenig zu schluchzen.
„Es ist wegen Kai…“
„Welcher? Unser Kai? Kai Jepken? Der Kai?“
informierte Sarah sich
„Ja natürlich der. Als ob ich noch jemand anders mit dem Namen kenne…“
„Komm zum Punkt was ist mit ihm?“
krächzte nun Melissa
„Jaja schon gut… Also ich hab ihm gesagt, dass ich irgendwie ein bisschen auf ihn stehe und so weiter…“
Unser aller Augen wurden weit.
„Aber er meinte nur trocken, ich seie ja ganz nett aber das wärs dann auch schon, und noch irgendwas von wegen er steht auf Kathrin… aber Hauptsache ist doch wohl das er mich nur nett findet.“
Heulte sie. Die anderen sahen mich an und ich starrte ungläubig zurück. Danach schlossen wir sie in die Arme und redeten nicht ein Wort mehr über Jungs, allerdings waren wir damit wieder am Anfangsthema.
„Also echt, du solltest nach Hause fahren. Das ist doch nicht normal.“
„Ganz genau. Warum hörst du denn nicht auf uns wenn wir dir sagen, dass du krank aussiehst. Ich meine, ich wechsel hier zum achten Mal deinen Verband und die Wunde sieht genauso aus wie beim vierten Mal wechseln!“
meckerte Sarah.
„Ich sags jetzt zum letzten Mal, es geht mir bestens und ich muss nicht nach Hause!“
Ich erhob mich protestierend von meinem Stuhl und stand wacker wie ein Fels in der Brandung.
„Kathrin? Kathrin? Kathrin kannst du mich hören?“
„W-w-was? W-was ist den passiert? Wo bin ich überhaupt?“
Ich lag auf dem Boden. Über mir sah ich Frau Korzec wie sie mit einem nassen Tuch meine Stirn abtupfte.
„Wag es bloß nicht sowas je wieder mit uns zu machen Kathy, hast du das kapiert!? Nie wieder!“
Sarah stand über mir ebenso Jenna die meine Hand hielt und Kim, die Tränen in den Augen hatte. Neben ihr stand auch Melissa die versuchte, sie zu beruhigen. Mein Rücken und mein Kopf pochten und taten irre weh.
„So Kathrin ich werde dann mal deine Eltern anrufen damit sie dich abholen kommen und ihr…“
Die Lehrerin wand sich an meine Freundinnen:
„Sorgt jetzt dafür, dass sie auf dem Krankenbett liegen bleibt und keine Dummheiten anstellt.“
Mir viel auf, dass ich mich im Krankenzimmer befand. Erschöpft schloss ich die Augen und schlief ein. Sicher eine viertel bis halbe Stunde lang lag ich schlafend da. Bis etwas weiches Feuchtes an meiner Stirn klebte, aus Reflex versuchte ich es mit der Hand weg zu wischen aber wie sich heraus stellte wischte ich nichts weg, sondern schlug eher etwas weg. Etwas, dass sich nun beschwerte.
„Autsch… Aber ich glaube das habe ich verdient wenn ich dich schon geweckt habe.“
In meinem Kopf pochte plötzlich nur noch ein Gedanke: Was soll ich nur Jenna sagen wenn es Kai war, der mich da küsste? Ich traute mich gar nicht die Augen zu öffnen bis dann die Stimme darauf bestand. Langsam blickte ich hoch, aber da sahen mich nicht Kais petrolfarben Augen, sondern zwei eisblaue an. Sie passten perfekt zu den schwarzen Haaren und den blütenweißen Zähnen. Er hatte sein freches Lächeln aufgesetzt und hauchte:
„Okay Kathrin dann sehen wir uns leider erst nächsten Mittwoch wieder.“
„Warte was? Woher kennst du meinen Namen?
Ich meine, ich kenne ja auch deinen nicht.“
„Ich heiße Jackson.“
„Aber warte, wieso denkst du das wir uns erst Mittwoch wiedersehen?“
„Tja du bist sicher erst Sonntag wieder auf den Beinen und richtig gesund sicher erst am Mittwoch, aber keine Sorge es sind ja höchstens fünf Tage, das werden wir schon überleben.“
Er zwinkerte mir wieder zu.
„Woher willst gerade du das wissen?“
„Intuition.“
Mit seinem charmant frechen Lächeln verschwand er durch die Milch-gläserne Tür.
Die nächsten fünf Tage fehlte ich tatsächlich. Es war verrückt, dass ich erst nach meinem Ohnmachtanfall so krank geworden war, denn die Symptome die ich vorzuweisen hatte entsprachen eher einer Vergiftung. Ich war von einem auf den anderen Moment so krank, dass meine Mutter mich ins Krankenhaus brachte. Am Samstag ist es am schlimmsten gewesen denn ich hatte so viel blau geschäumten Speichel der mir teilweise sogar aus dem Mund lief, dass ich nichtmal richtig atmen konnte. Zudem hatte ich alle zehn Minuten ein nerviges Krampfen im Bein was nicht aufhörte bevor ich das Bein fest stabilisierte. Andauernd gingen Assistenzärzte vor meinem riesen Zimmerfenster entlang.
Ich lag so gut wie nie ruhig auf dem Bett herum, wie es sich die Schwestern gewünscht haben und es gab sicher keinen Zweiten in dieser Klinik der ebenso nervös war wie ich. Nach einer Stunde die ich schon in meinem Krankenzimmer lag kam der Chefarzt mit einem Heer an Assistenzärzten.
„Guten Tag Kathrin, mein Name ist Dr. Bend, also“ nun wand er sich an die anderen Ärzte „wer macht die Anamnese? Dr. Voss sie vielleicht?“
Er sprach nun eine schmale blonde Ärztin, mit einer Figur wie eine Balletttänzerin, an. Sie nickte und wand sich indirekt an mich:
„Kathrin Jones, sechzehn Jahre, heute eingeliefert wegen Bewusstlosigkeit, Krämpfen und starkem bläulichen Speichelfluss.“
„Und was wird nun getan, Dr. Voss?“
Prüfte sie der Chefarzt ab.
„Nun würde ich eine Gas-Flüssigkeits-Chromatographie machen obwohl diese nicht zwingend nötig ist.“
„Wieso ist sie das nicht, Dr. Voss?“
„Weil alle Syndrome der Patientin eindeutig auf eine Vergiftung hin weisen…“
Ich öffnete die Augen und fand mich in einem weißen
Gefängnis wieder. Dort war es eiskalt und der grelle
Schnee brannte in meinen Augen. Vor Schmerz kniff
ich sie wieder zu. Der kalte Wind brauste mir um die
Ohren. Ich blickte zu Boden, aber was ich dort sah
verwunderte mich, denn statt weiße Turnschuhe zu
tragen, war ich barfuß. Meine Fußnägel waren
mit einem blutroten Nagellack bemalt und trotz
Schnee spürte ich keinerlei Kälte an den Füßen. Ich
folgte meinen Beinen nach oben. Ich trug ein schwarzes
Tüllkleid, es war wunderschön, an der Taille hatte es
eine art Korsett das meine schlanke Figur noch mehr
betohnte und von der Hüfte abwärts ging es in einen
schwarz glitzernden Tüllrock über. Ganz kurz fühlte
ich mich unglaublich stark, aber das verfolg zu einer
ekeligen Unbehaglichkeit. Ich war trotzdem gefesselt
von meinem Anblick und konnte nun auch mein
Gesicht sehen. Ich hatte schneeweiße Haut, dunkelrot
glänzende Lippen, schwarz geschminkte Augen aus
denen meine bernsteinfarbenen Iris hervorblitzte und
meine schwarzen Haare waren zu einer
Hochsteckfrisur drapiert, die hinten auf meinem Kopf
zusammen gesteckt war und vorne gelockt hinunter
hing. Wie einen Schlag ereilte mich die Erkenntnis,
dass man sich doch gar nicht selbst ins Gesicht sehen
konnte. Ich stolperte einige Schritte zurück und bekam
die Weitsicht über meinen Standort. Ein riesiger
eingefrorener See lag dort zu meinen Füßen, ohne
Gräser drum herum, ohne Rand wie es ja sonst üblich
war. Er war kaum vom Land zu unterscheiden
abgesehen davon, dass man sich in ihm spiegeln konnte.
Langsam sah ich mich um. Ich konnte in der Ferne ein
paar zugeschneite Bäume erkennen und auf der
anderen Seite des Sees stand eine Person. Mir stockte
der Atem. Die Person bewegte sich auf mich zu und
trat auf das Eis. Sie bewegte sich sehr schnell. Nach
wenigen Metern hörte ich ein lautes Krachen und die
Person war weg. Verwundert sah ich mich um aber da
war niemand mehr, weit und breit, nur die Leere der
Eiswüste. Ich ging ein paar Schritte in die Richtung in
der ich die Person gesehen hatte und ein Schatten zog
plötzlich meine Aufmerksamkeit auf sich, etwas unter
der Eisschicht bewegte sich ganz schnell auf mich zu.
Ich beugte mich über den Schatten der nun genau
unter mir lag. Ein lautes Krachen hallte durch die
Landschaft und das Gesicht einer äußerst hübschen
Frau brach durch das Eis. Ihre Augen waren leuchtend
grün und ihre Haare weißblond. Ein wirklich schöner
Anblick. Sie kam mit ihrem Gesicht ganz nah an mich
heran und legte einen Finger auf ihre Lippen „psst, das
muss uner Geheimnis bleiben“ damit versank sie
wieder im Wasser. Nach wenigen Augenblicken war
der See wieder zugefroren und ich sah meinem
Spiegelbild wieder in die Augen, aber dieses Mal waren
sie leuchtend rot. Ich erschrag als nun plötzlich dicke
rote Tropfen auf das Eis fielen. Vor Schmerz presste ich
die Hände auf die Augen, aber immer mehr Blut floss
heraus und immer stärker stach der Schmerz durch
mich hindurch als würde jemand mir eine unsichtbare
Klinge durch beide Augen drücken. Ich torkelte vor
Qual und brach auf einmal mit dem Bein im See ein.
Die Kanten schlitzten es mir auf und ich spürte wie die
Kraft mich verließ, bis ich sie ganz verloren hatte...
„Ich glaube sie ist wieder da.“
Sagte man über mich, doch das Einzige was ich sah war ein helles Licht, der Himmel, so wunderschön und weiß... Weiß, weiß wie Schnee, weiß wie die Eiswüste aber auch weiß wie ein helles Licht, wie das Licht der Sonne. Eine kleine runde Sonne. Sie war so schön, dass ich nach ihr griff, immer näher kam ich an das Licht als wäre es Kilometer entfernt gewesen und in diesem Moment erreichte ich endlich das Ziel. Ich zog an dem Licht aber etwas wollte es nicht freigeben, es wollte das wunderschöne Licht für sich selbst behalten, egoistisch wie es war. Ich konnte spüren wie sich in mir ein Hass gegen das Wesen aufbäumte, weil es sein Licht nicht mit mir teilen wollte. Immer fester zog ich bis eine tiefe Stimme mich aufforderte los zu lassen. Ich ließ die Hände sinken und das Wesen nahm das Licht wieder an sich.
„Sie waren bewusstlos“ erklärte mir das Wesen das, wie sich heraus stellte, kein egoistisches Drecksding sondern der äußerst nette Chefarzt war.
„Sie sind genau nach der Diagnose bewusstlos geworden. Sollen wir nun fortfahren oder brauchen sie noch einen Moment?“
„Nein, nein, schon in Ordnung...“
„Also dann Dr. Voss fahren sie fort.“
„Natürlichen Dr. Bendt also eigentlich sind keine weiteren Tests nötig da sie die für Vergiftungen typische Symptome aufweist“
„Und die wären?“
„Das wäre dann, in Mrs. Jones Fall, blauer Schaum vorm Mund und leichte Lähmungserscheinungen.“
„Und wie konnte es zu dieser Vergiftung kommen?“
Fragte ich dieses Mal.
„Oh, ähm, da gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel Verzehr von giftigen Substanzen oder Kontakt mit giftigen Chemikalien... wir werden da wohl noch einiges überprüfen müssen und...“
„Na ich denke das wird nicht nötig sein.“
Unterbrach der Chefarzt seine Assistenzärztin.
„Denn, wenn wir uns einen kleinen Moment Zeit nehmen um uns den Arm der Patientin anzusehen, würde uns auffallen, dass da eine beachtlich tiefe Wunde an ihrem Arm ist.“
„Oh, ähm selbstverständlich das ist mir auch gerade aufgefallen.“
Ergänzte Dr. Voss mit einem leicht überheblichen Räuspern.
„Selbstverständlich, also wenn ich nun fortfahren darf, denke ich, dass diese Wunde doch sehr nach einem Biss aussieht und unterbrechen sie mich bitte Mrs. Jones wenn ich mich irre, aber ich wage mal anzunehmen, dass dieser von einem Tier stammt. Wenn das der Fall ist haben wir es wohl mit T63 zu tun, das steht für toxische Wirkung durch Kontakt mit giftigen Tieren. Der Biss könnte am ehesten von einer Schlange oder sonstigen Reptilien stammen.“
„Also eigentlich stammt der Biss von meinem Kater...“
Das Heer an Assistenzärzten sowie der Chefarzt sahen mich an als könne ich keinen Kater von einer Schlange unterscheiden.
„Bist du dir da wirklich ganz sicher?“
„Ja ich bin mir sicher das eine Katze und kein giftiges Reptil mich gebissen hat.“
„Eben meintest du noch es sei ein Kater.“ Warf Dr. Voss besserwisserisch ein, der Chefarzt und ich warfen ihr einen vernichtenden Blick zu.
„Also soweit ich weiß sind Katzen oder Kater nicht toxisch...“
bekannte der Chefarzt woraufhin die Assistenzärztin meinte
„Das heißt wir müssen also doch Tests machen, nicht wahr?“
„Ja. Dr. Voss das müssen wir wohl. Wir melden uns wenn wir die Ergebnisse haben.“
Wandt er sich nun mir zu. Eine Dame aus dem Heer nahm mir daraufhin etwas Blut ab und das Heer verzog sich aus dem Zimmer.
Erledigt lehnte ich mich zurück und las die Nachrichten von meinem Handy, es gab 11 neue… super.
Eine von Sarah -völlig in Ordnung, eine von Kim - völlig in Ordnung, eine von Melissa - völlig in Ordnung, vier von Kai - Waaas? Völlig übertrieben. Und fünf von Jenna - völlig übertrieben aber in Ordnung denn Jenna ist halt Jenna.
Sarah:
Na, Kathy.
Is alles wieder in Ordnung oder
muss ich mir Sorgen machen?
Es spricht sich rum du seist im
Krankenhaus, sag mir bitte das
dass nur‘n Gerücht ist sonst
muss ich dich nämlich sofort
besuchen kommen und du
weist ja das ich Krankenhäuser
gruselig finde...
Meld dich mal
Sarah
Kim:
Hii, Kathy
Was‘n los? Bist du wieder gesund,
oder is es was ernstes??
Schreib mir mal
Bis dann
Melissa:
Hey,
Wie geht’s dir? Wir machen uns alle voll
Sorgen um dich. Meld dich mal wenn‘s
dir besser geht OK?
Mel
Kai:
Hi, Kathrin
Ich hab gehört was passiert
ist und wollte einfach mal nachhören ob‘s dir besser geht und so
Meld dich mal
Kai
Hey Kathy
Ich bin‘s nochmal, is schon sicher
ne Stunde her das ich dir
geschrieben habe und ich mach
mir irgendwie naja... Sorgen, wie
auch immer, meld dich bitte
Kai
Kathrin es ist schon wieder
ne Stunde vergangen und
in der Schule heißt es du
wärst im Krankenhaus...
Bitte antworte mal ich mach
mir echt Sorgen .
Kai
OK ich weiß schon was los ist
du bist sauer das ich Jenna
hab abblitzen lassen aber
das kann ich erklären. Komm
schon schreib mir
Kai
Jenna:
Kath? Was los mit dir?
Hab ewig nichts von dir gehört.
Muss ich mir Sorgen machen?
Jenna
Du bist im Krankenhaus?
Warum schreibst du nicht?!
Jenna
WTF Kathy geh an dein
Handy!!
Jenna
Kathy was ist los? Wo
bist du?
Jenna
Kathy ich kann das solang
Machen bis dein Speicher
Voll ist.
Jenna
Eins war zu dem Zeitpunkt auf jedenfall klar, und zwar wenn ich nicht sofort den anderen antworte, würde sicher jemand und damit meine ich Jenna meine Eltern fragen in welchem Krankenhaus ich mich befinde um mich zu besuchen und höchst persönlich zu beschimpfen, weil ich nicht geantwortet habe. Eigendlich habe ich nichts lieber als Besuch, wer mag schließlich schon Einsamkeit, aber heute... war alles irgendwie anders. Also schrieb ich einfach eine -universal Antwort- die ich an alle weiterleitete. In dieser schrieb ich einfach dass ich zwar im Krankenhaus wäre aber nur wegen einer Lebensmittelvergiftung. Das alles gut sei und das ich nur nicht schreiben könne weil in der Abteilung Handys nicht erlaubt wären. Schnell leitete ich es an alle weiter und schloss leider für einen kurzen Moment die Augen...
Schwarz, kalt, tot, angsteinflößend. Ein Gestank nach
Verwesung lag in der Luft und es war tiefste Nacht
nachdem ich die Augen aufschlug. Das Einzige was die
Dunkelheit erhellte war eine grün schimmernde
Straßenlaterne die der Szene eine grauenerregende
Atmosphäre verlieh. Ich befand mich einige Meter von
der Lampe entfernt aber trotzdem nah genug um eine
Frau, in einem verschmutzten rosé farbenen Kleid,
darunter zu erkennen. Es breitete sich an den Füßen
rund aus und wirkte wie eine Welle, die sie umkreiste.
Ihre Haare fielen in langen, dunkelblonden Locken bis
hin zum Bauch und ein mit schwarzen Blumen
geschmückter Hut verbarg einen Teil ihres Gesichts.
Ihre Erscheinung wirkte sehr geheimnisvoll und
unheimlich, aber auf eine beängstigende Weise
faszinierte mich diese junge Frau „Du hast Angst nicht
wahr?“
Sie blickte zu mir hinüber mit ihren toten grauen
Augen und winkte mich zu ihr.
„Na komm schon her, ich beiße nicht...“
Vorsichtig erhob ich mich auf die Füße und schwebte
fast, leicht wie eine Feder, zu der Dame hin. Sie sah
mich verzehrend an als würde sie es tatsächlich in
Erwägung ziehen mich zu -beißen-. genüsslich zog sie
meinen Duft durch die Nase ein, während sie die
Augen schloss um mir danach einen schlangenartigen
Blick zuzuwerfen. Kalt lief mir ein Schauer den Rücken
hinunter, als würden ein dutzend Ratten über mich
hinweg huschen.
„Kathrin ich bin verwundert dich jetzt schon hier zu
sehen? Ich hatte mit dir erst in drei, vier Monaten
gerechnet. Bist du denn schon weit genug entwickelt
um mich aufzusuchen?“
Prüfend ging sie um mich herum und musterte mich
Tausende von E-Books und Hörbücher
Ihre Zahl wächst ständig und Sie haben eine Fixpreisgarantie.
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