War and Queens – Liebe kennt keine Grenzen - Jennifer L. Armentrout - E-Book

War and Queens – Liebe kennt keine Grenzen E-Book

Jennifer L. Armentrout

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Beschreibung

Nachdem die Blutkönigin Casteel in ihre Gewalt gebracht hat, erklärt Poppy ihr den Krieg. Sie ist fest entschlossen, ihre große Liebe zu retten und die Aufgestiegenen daran zu hindern, Atlantia und Solis einzunehmen. Doch der Kampf gegen die Aufgestiegenen ist erst der Beginn: In den Schatten sind uralte Mächte erwacht, die die Schrecken längst vergangener Zeiten mit sich bringen. Nun ist die Stunde gekommen, in der Poppy ihr Schicksal annehmen und die Prophezeiung erfüllen muss ...

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Das Buch

Ich erschauderte, und aus dem Riss in meiner Brust stiegen eisiger Zorn und das Verlangen nach Rache. Sie nahmen mich in Besitz. Ich war nicht mehr Poppy. Nicht mehr die ehemalige Jungfräuliche und nicht mehr die amtierende Königin von Atlantia. Ich würde nicht warten. Keine Pläne schmieden. Ich würde nicht zögern. Es würde keinen Ort geben, an dem die Blutkönigin sich verstecken konnte.

Nachdem die Blutkönigin Casteel in ihre Gewalt gebracht hat, ist Poppy außer sich vor Schmerz. Getrieben von ihrem brennenden Wunsch nach Rache, kennt sie nur ein Ziel: Casteel befreien, koste es, was es wolle! Gemeinsam mit dem Wölfischen Kieran und einigen Getreuen macht sie sich auf den Weg nach Burg Wayfair, wo Casteel im tiefsten Kerker gefangen gehalten wird. Für Casteels Freilassung erwartet die Blutkönigin jedoch eine Gegenleistung: Um ihrem Ziel, die Königreiche Atlantia und Solis zu zerstören, näher zu kommen, schickt sie Poppy auf eine gefährliche Mission. Eine Mission, auf der sich eine uralte Prophezeiung auf fatale Weise zu erfüllen droht. Eine Mission, die Poppys Liebe zu Casteel für immer verändern wird.

Als sich finstere Mächte in den Schatten regen, die den Schrecken längst vergangener Zeiten mit sich bringen, und die Ruchlosigkeit der Blutkönigin eine völlig neue Dimension erreicht, kommt es schließlich zum offenen Krieg zwischen den beiden Königinnen …

Die Autorin

Jennifer L. Armentrout ist eine der erfolgreichsten Autorinnen der USA. Immer wieder stürmt sie mit ihren Romanen – fantastische, realistische und romantische Geschichten für Erwachsene und Jugendliche – die Bestsellerlisten. Ihre Zeit verbringt sie mit Schreiben, Sport und Zombie-Filmen. In Deutschland hat sie sich mit ihrer Obsidian-Reihe und der Wicked- Saga eine riesige Fangemeinde erobert. Crown and Bones, der dritte Band der Blood and Ash-Reihe, stand auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und zwei Hunden in West Virginia.

JENNIFER L.

ARMENTROUT

WAR

AND

QUEENS

LIEBE KENNT KEINE GRENZEN

ROMAN

Aus dem Amerikanischen übersetzt

von Sonja Rebernik-Heidegger

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Titel der amerikanischen Originalausgabe

THE WAR OF TWO QUEENS

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Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstausgabe 04/2023

Redaktion: Catherine Beck

Copyright © 2022 by Jennifer L. Armentrout

Copyright © 2023 der deutschsprachigen Ausgabe

und der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Karte: Hang Le

Covergestaltung: DAS ILLUSTRAT, München,

unter Verwendung des Originalentwurfs von Hang Le

Satz: KCFG – Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-29480-9V004

www.heyne.de

Für meine Leserinnen und Leser

1

Casteel

DAS SCHLEIFENDE KRATZEN DER Klauen kam näher, und die schwache Flamme der Kerze flackerte und erlosch. Dunkelheit breitete sich in der Zelle aus.

In dem offenen Torbogen erschien ein Schatten – eine missgestaltete Kreatur auf allen vieren. Sie hielt inne und schnüffelte wie eine verdammte Barratte. Sie roch das Blut.

Mein Blut.

Die glatten Manschetten aus Schattenstein schnitten in meinen Hals und die Knöchel, als ich mich zur Seite neigte und mich bereit machte. Der verdammte Stein war nicht kleinzukriegen, aber in diesem Fall auch ganz praktisch.

»Komm her, du …« Die Kreatur stürzte aus dem Torbogen und auf mich zu. Das klagende Heulen wurde zu einem ohrenbetäubenden Kreischen. »… Wichser.«

Ich wartete, bis der Verwesungsgeruch mich umfing, dann presste ich den Rücken an die Wand und riss die Beine hoch. Die Kette zwischen meinen Fußfesseln war nur etwa fünfzehn Zentimeter lang, und die Manschetten gaben keinen Millimeter nach, aber es reichte. Ich stemmte die Füße gegen die Schultern der Kreatur und erhaschte dabei bedauerlicherweise einen äußerst guten Blick auf das Ding, dessen fauliger Atem mir ins Gesicht schlug.

Oh Mann, dieser Hungernde war auch nicht mehr ganz frisch.

Graue Hautfetzen hingen von seinem haarlosen Schädel, und die halbe Nase fehlte. Ein Wangenknochen stieß durch das verweste Fleisch, und die Augen loderten wie brennende Kohlen. Die Lippen waren aufgerissen.

Der Hungernde neigte den Kopf und schnappte nach meinem Unterschenkel. Seine Fangzähne durchstießen meine Hose und anschließend die Haut. Als sich ein feuriger Schmerz ausbreitete, stieß ich ein Zischen aus.

Das war es wert.

Es war den Schmerz mehr als wert.

Ich hätte diese Bisse eine Ewigkeit ertragen, solange sie in Sicherheit war. Solange sie nicht in dieser Zelle saß. Solange sie nicht dieselben Schmerzen erleiden musste.

Ich schüttelte den Hungernden ab, hob die Kette über den Kopf der Kreatur und überkreuzte die Knöchel. Dann drehte ich die Hüfte und zog die Kette über der Kehle des Hungernden zusammen. Das Kreischen verstummte. Die Manschette um meinen Hals grub sich tiefer in die Haut, und ich bekam selbst kaum noch Luft, während sich die Kette um den Hals des Hungernden enger und enger zog. Er schlug um sich, doch ich schwang die Beine ruckartig in die andere Richtung und brach ihm das Rückgrat. Ich hob den zuckenden Körper mit den Beinen hoch und griff mit den Händen nach den kalten, feuchten Wangen der Kreatur. Die Kette zwischen meinen Handgelenken, die auch mit der Manschette um meinen Hals verbunden war, war zwar kürzer – aber trotzdem lang genug. Ich ließ den Kopf des Hungernden mit aller Kraft auf den Steinboden neben meinen Beinen krachen. Das Fleisch gab nach, und Blut spritzte auf meinen Bauch und die Brust. Der Schädelknochen brach mit einem feuchten Schmatzen auf, und der Hungernde sank in sich zusammen. Er würde nicht lange so regungslos liegen bleiben, aber ich hatte mir etwas Zeit verschafft.

Ich löste die Kette vom Hals der Kreatur und stieß sie mit den Füßen von mir. Sie landete als lebloser Haufen im Torbogen. Meine Lunge brannte, und ich versuchte, mich locker zu machen. Die Manschette um meinen Hals gab langsam nach, und endlich bekam ich wieder mehr Luft.

Ich betrachtete den Körper des Hungernden. Normalerweise hätte ich ihn mit einem Fußtritt aus der Zelle befördert, aber ich wurde schwächer.

Ich hatte zu viel Blut verloren.

Jetzt schon.

Das war kein gutes Zeichen.

Schwer atmend senkte ich den Blick und zählte die Schnitte, die sich über die Innenseiten meiner Unterarme zogen.

Dreizehn.

Dreizehn Tage waren vergangen, seit die Zofen der Königin zum ersten Mal in die Zelle geschwärmt waren, schwarz gekleidet und in Totenstille gehüllt. Seither kamen sie einmal am Tag, um mir eine neue Wunde zuzufügen und Blut abzuzapfen, als wäre ich ein verdammtes Weinfass.

Ein verkniffenes, bösartiges Grinsen umspielte meine Lippen. Gleich beim ersten Mal hatte ich es geschafft, drei von ihnen auszuschalten. Ich hatte ihnen die Kehlen herausgerissen, als sie mir zu nahe gekommen waren – was auch der Grund war, warum sie die Kette zwischen den Handgelenken gekürzt hatten.

Nur eine der drei Zofen war nicht zurückgekehrt. Die Kehlen der anderen beiden hatten sich innerhalb weniger Minuten wieder geschlossen – während ich beeindruckt und frustriert zugleich zugesehen hatte.

Wobei ich zumindest zu einer wichtigen Erkenntnis gelangt war: Offenbar waren nicht alle Zofen der Blutkönigin Wiederkehrer.

Ich wusste zwar noch nicht, was ich mit dieser Information anfangen würde, ging aber davon aus, dass sie mein Blut verwendeten, um neue Wiederkehrer zu erschaffen. Oder es diente als Nachtisch für die Privilegierten.

Ich ließ den Kopf an die Wand sinken und versuchte, nicht zu tief zu atmen. Wenn mich der Gestank des Hungernden nicht umbrachte, würde es der verdammte Schattenstein um meinen Hals erledigen.

Ich schloss die Augen. Es waren einige Tage vergangen, bevor die Zofen das erste Mal aufgetaucht waren. Ich war mir nicht sicher, wie viele? Zwei vielleicht? Eine Woche? Oder …?

Ich hielt inne. Hör verdammt noch mal auf damit!

Ich würde mich diesen Qualen nicht noch einmal aussetzen. Beim letzten Mal hatte ich versucht, die Tage und Wochen zu zählen, doch irgendwann war die Zeit einfach stehen geblieben. Aus Stunden wurden Tage. Aus Wochen wurden Jahre. Und mein Verstand verweste mit der Zeit genauso wie das Blut, das aus dem aufgebrochenen Schädel des Hungernden floss.

Dieses Mal waren die Umstände anders.

Die Zelle war größer und der Eingang nicht vergittert – was dank des Schattensteins und der Ketten auch nicht notwendig war. Die Ketten waren eine Mischung aus Eisen und den Knochen der Gottheiten und liefen zu einem Haken an der Wand und weiter zu einem Flaschenzug, der sie kürzer oder länger machte. Ich konnte aufrecht sitzen und mich ein wenig hin und her bewegen, mehr nicht. Die Zelle war auch dieses Mal fensterlos, und dem feuchtkalten, modrigen Geruch nach wurde ich erneut unter der Erde festgehalten. Die frei umherlaufenden Hungernden waren allerdings neu.

Ich öffnete die Augen einen Spalt. Der verdammte Wichser im Torbogen war der sechste oder siebte, den der Blutgeruch in meine Zelle gelockt hatte. Was mich zu der Vermutung brachte, dass man überirdisch ein riesiges Problem mit den Kreaturen hatte.

Ich hatte schon gehört, dass es auch innerhalb der Mauern um Carsodonien immer wieder zu Angriffen durch Hungernde kam und die Blutkrone diese Atlantia und den wütenden Göttern in die Schuhe schob. Aber ich war immer davon ausgegangen, dass ein zu gierig gewordener Aufgestiegener Schuld daran hatte, der seine sterblichen Opfer einfach zurückließ, sodass sie sich in Hungernde verwandelten. Mittlerweile vermutete ich, dass die Hungernden hier unten gefangen gehalten wurden. Wo auch immer hier unten war. Und falls es wirklich so war und sie es trotzdem ab und zu nach oben in die Stadt schafften, konnte ich das auch.

Ich musste nur den Haken in der Wand lösen. Doch obwohl ich meine ganze Zeit darauf verwendete, hatte er sich bis jetzt kaum einen Zentimeter bewegt – wenn überhaupt.

Ein weiterer Unterschied zum letzten Mal war, dass ich bisher nur die Zofen der Königin zu Gesicht bekommen hatte, und ich hatte keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Während meiner letzten Gefangenschaft hatte ich viel zu oft Besuch von der Blutkrone und ihren Günstlingen erhalten, die mich verhöhnten, mir Schmerzen zufügten, sich an mir nährten und sämtliche Gelüste an mir auslebten.

Wobei es nicht von Anfang an so gewesen war. Zuerst hatte die Blutkönigin versucht, mir die Augen zu öffnen und mich auf ihre Seite zu ziehen. Sie wollte mich dazu bringen, mich gegen meine Familie und mein Königreich zu stellen. Erst als das nicht klappte, hatte der Spaß so richtig begonnen.

War dasselbe mit Malik passiert? Hatte er sich geweigert mitzuspielen, und sie hatten ihn gebrochen, wie sie beinahe auch mich gebrochen hätten? Ich schluckte. Ich hatte keine Ahnung.

Ich hatte meinen Bruder noch nicht gesehen, seit ich hier war, aber sie mussten etwas mit ihm angestellt haben. Er war viel länger bei ihnen als ich damals, und ich wusste, wozu sie fähig waren. Ich wusste, was Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit waren. Die Erkenntnis, keine Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Nicht mehr zu wissen, wer man war. Selbst wenn sie nie Hand an ihn gelegt hatten, reichte eine Gefangenschaft in vollkommener Isolation aus, um nach einiger Zeit den Verstand zu verlieren. Gewisse Dinge zu denken. An gewisse Dinge zu glauben. Und »nach einiger Zeit« war nicht so lange, wie manche dachten.

Ich zog mein verletztes Bein so nahe wie möglich an mich heran und senkte den Blick auf die Hände in meinem Schoß. Es war so dunkel, dass ich das schimmernde goldene Band auf meiner Handfläche kaum erkennen konnte.

Poppy.

Ich schloss die Finger um das Zeichen und ballte die Hand so fest es ging zur Faust, als könnte ich damit etwas anderes heraufbeschwören als ihre Schreie. Als könnte ich das Bild ihres wunderschönen, aber schmerzverzerrten Gesichts auslöschen. Ich wollte es nicht sehen. Ich wollte sie so sehen, wie sie auf dem Schiff gewesen war. Das Gesicht leicht gerötet, die atemberaubenden grünen Augen mit dem zarten silbernen Schimmer voller Verlangen und Begierde. Ich wollte mich an ihre vor Lust oder Wut glühenden Wangen erinnern, wobei Letzteres vor allem dann der Fall war, wenn sie leise mit sich selbst – oder lautstark mit mir – diskutierte, ob es angemessen wäre, mich wieder einmal niederzustechen. Ich wollte ihre vollen, leicht geöffneten Lippen sehen. Ihre leuchtende Haut, wenn sie mich berührte und mich auf eine Art heilte, die sie nie erahnen und nie verstehen würde. Ich schloss erneut die Augen. Doch ich sah nur, wie das Blut aus ihren Ohren und ihrer Nase sickerte und sie sich vor Schmerzen in meinen Armen wand.

Bei den Göttern, ich würde die verdammte Blutkönigin in Stücke reißen, wenn ich erst frei war.

Und ich würde frei sein.

Ich würde fliehen und dafür sorgen, dass sie all die Schmerzen erfuhr, die sie Poppy in ihrem Leben zugefügt hatte. Und das zehnfach.

Ich riss die Augen auf, als ich leise Schritte hörte. Die Muskeln in meinem Nacken spannten sich, und ich streckte langsam das Bein aus. Das war nicht normal. Es waren erst einige Stunden vergangen, seit mir die Zofen das letzte Mal Blut abgezapft hatten. Oder verlor ich bereits das Zeitgefühl?

Unsicherheit stieg in mir hoch, während ich mich auf die Schritte konzentrierte. Es waren mehrere Leute, aber die Schritte einer Gestalt klangen schwerer. Stiefel. Ich biss die Zähne zusammen und richtete den Blick auf den Eingang der Zelle.

Eine Zofe erschien. Sie verschmolz beinahe mit der Dunkelheit und trat wortlos an dem zusammengesunkenen Hungernden vorbei. Feuerstein traf auf Stahl, und die Kerze an der Wand begann zu brennen. Vier weitere Zofen erschienen, während die erste Zofe weitere Kerzen entzündete. Ihre weiblichen Gesichtszüge blieben hinter den schwarzen Flügeln verborgen, mit denen ihre Augen umrandet waren.

Ich hätte zu gern gewusst, was es mit dieser verdammten Bemalung auf sich hatte.

Ich hatte auch schon einige Male gefragt, aber nie eine Antwort bekommen.

Die Zofen bezogen rechts und links neben dem Eingang Stellung, und auch die erste Zofe gesellte sich zu ihnen. In diesem Moment wusste ich, was bevorstand. Ich richtete den Blick auf den Eingang. Der Duft von Rosen und Vanille umfing mich, und heiße, unendliche Wut loderte in mir auf.

Kurz darauf trat sie in die Zelle – und sie war das genaue Gegenteil ihrer Zofen.

Weiß.

Das Ungeheuer trug ein hautenges Kleid in reinstem, beinahe durchsichtigem Weiß, das sehr wenig der Vorstellung überließ. Ich verzog angewidert den Mund. Abgesehen von den rotbraunen Haaren, die bis zur eingeschnürten Wespentaille reichten, sah sie Poppy kein bisschen ähnlich.

Zumindest redete ich mir ein, dass es keinerlei Ähnlichkeit gab – weder was die Augen noch was die gerade, von einem Rubin geschmückte Nase oder den vollen, ausdrucksstarken Mund betraf.

Außerdem spielte es keine verdammte Rolle.

Poppy war nicht im Geringsten wie sie.

Die Blutkönigin. Ileana. Isbeth. Besser bekannt als das schon bald mausetote Miststück.

Sie trat näher, und ich fragte mich wieder einmal, warum ich nicht bemerkt hatte, dass sie keine Aufgestiegene war. Ihre Augen waren dunkel und endlos tief, aber nicht so undurchsichtig wie bei einem Vampyr. Die Berührungen ihrer Hände … bei den Göttern, ich konnte sie in der Erinnerung nicht von den Berührungen der anderen unterscheiden. Ihre Hände waren kalt gewesen – aber nicht eisig und blutleer. Andererseits hatte niemand einen Grund zu der Annahme gehabt, dass sie etwas anderes war, als sie vorgab zu sein.

Niemand außer meinen Eltern.

Sie mussten die Wahrheit über die Blutkönigin gekannt haben. Sie mussten von Anfang an gewusst haben, was sie war. Aber sie hatten es uns nicht gesagt. Sie hatten uns nicht gewarnt.

Die Wut darüber nagte an mir. Es hätte vielleicht nichts an dem Ausgang des Treffens geändert, aber wir wären ihr anders gegenübergetreten. Bei den Göttern, wenn wir gewusst hätten, dass die Blutkönigin von ihren Jahrhunderte andauernden Rachefantasien in den Wahnsinn getrieben worden war, hätten wir uns besser vorbereitet. Denn in diesem Fall war klar, dass sie wahrhaftig zu allem fähig war.

Leider konnten wir daran nichts mehr ändern – immerhin saß ich an die Wand gekettet in einer Zelle, und Poppy war irgendwo dort draußen und versuchte, mit der Tatsache klarzukommen, dass diese Frau ihre Mutter war.

Sie hat Kieran, rief ich mir in Erinnerung. Sie ist nicht allein.

Die falsche Königin war ebenfalls nicht allein. Ein groß gewachsener Mann trat hinter ihr in die Zelle. Er sah aus wie eine wandelnde brennende Kerze. Alles an ihm war golden, angefangen bei den Haaren bis zu den aufgemalten Flügeln in seinem Gesicht. Seine Augen leuchteten in einem so hellen Blau, dass sie beinahe farblos wirkten. Einige der Zofen hatten ebenfalls solche Augen, weshalb ich davon ausging, dass er ein Wiederkehrer war. Obwohl eine der Zofen, die am ersten Tag wiederauferstanden waren, nachdem ich ihnen die Kehlen herausgerissen hatte, braune Augen gehabt hatte. Nicht alle Wiederkehrer hatten also derart helle Augen.

Der Kerl blieb am Eingang stehen, und im Gegensatz zu den Zofen waren seine Waffen nicht unter der Kleidung verborgen. An einem Riemen über der Brust hing ein schwarzer Dolch, und er trug zwei Schwerter auf dem Rücken, deren Griffe an seinen Hüften zu erkennen waren. Ich beschloss, den Wichser zu ignorieren, und wandte meine Aufmerksamkeit der Blutkönigin zu.

Das Kerzenlicht ließ die diamantenen Spitzen ihrer mit Rubinen besetzten Krone funkeln, als Isbeth auf den Hungernden hinuntersah.

»Ich weiß nicht, ob es dir schon aufgefallen ist, aber ihr habt hier unten ein Problem mit Ungeziefer«, sagte ich.

Sie hob eine dunkle Augenbraue und schnippte mit den rot lackierten Fingern. Zwei Zofen traten vor, hoben die Überreste des Hungernden hoch und trugen ihn hinaus. Isbeth sah mich an. »Du siehst beschissen aus.«

»Ja, aber ich kann mich waschen. Und was machst du?« Als ich sah, wie sie die Lippen zusammenkniff, lächelte ich. »Du wirst den Gestank nie los. Die Scheiße ist in dir drin.«

Isbeths Lachen klang wie klirrendes Glas und ließ meine Nervenenden summen. »Ach, mein liebster Casteel. Ich habe vergessen, wie charmant du sein kannst. Kein Wunder, dass meine Tochter so begeistert von dir ist.«

»Nenn sie nicht so«, knurrte ich.

Nun hob sie beide Augenbrauen, während sie mit dem Ring an ihrem Zeigefinger spielte. Es war ein goldenes Band mit einem rosafarbenen Diamanten. Es schien sogar in der finsteren Zelle zu leuchten – so, wie es nur atlantianisches Gold vermochte. »Bitte sag nicht, dass du Zweifel daran hast, dass ich ihre Mutter bin. Ich weiß, ich bin nicht gerade der Inbegriff der Ehrlichkeit, aber was sie betrifft, habe ich nichts als die Wahrheit gesagt.«

»Mir ist scheißegal, ob du sie neun Monate in deinem Bauch getragen und sie zur Welt gebracht hast.« Ich ballte die Hände zu Fäusten. »Du bedeutest ihr nichts.«

Isbeth wurde unnatürlich still. Sekunden vergingen, bevor sie weitersprach. »Ich war ihr eine Mutter. Sie mag sich nicht mehr daran erinnern, weil sie noch so klein war. So perfekt und liebenswürdig. Ich habe jeden Tag neben ihr geschlafen und bin jeden Tag neben ihr aufgewacht, bis mir klar wurde, dass ich das Risiko nicht länger eingehen konnte.« Der Saum ihres Kleids streifte durch das Blut des Hungernden am Boden, als sie auf mich zutrat. »Und ich war ihr eine Mutter, als ich noch ihre Königin war. Ich habe ihre Wunden versorgt, nachdem sie so schwer verletzt worden war. Ich hätte alles dafür gegeben, es zu verhindern.« Ihre Stimme wurde leiser, und beinahe hätte ich ihr geglaubt. »Ich hätte alles dafür gegeben, ihr diese Schmerzen zu ersparen. Schmerzen, an die sie jedes Mal erinnert wird, wenn sie in den Spiegel sieht.«

»Wenn sie in den Spiegel sieht, sieht sie eine wunderschöne, mutige Frau«, zischte ich.

Sie hob das Kinn. »Und das glaubst du wirklich?«

»Ich weiß es.«

»Als Kind hat sie oft geweint, wenn sie ihr Spiegelbild sah«, erzählte Isbeth, und meine Brust zog sich zusammen. »Sie hat mich angefleht, sie wieder heil zu machen.«

»Sie muss nicht heil gemacht werden«, erwiderte ich zornerfüllt. Ich hasste den Gedanken, dass Poppy sich jemals so gefühlt hatte – selbst als Kind.

Isbeth schwieg einen Moment. »Trotzdem hätte ich alles dafür getan, es zu verhindern.«

»Und du glaubst, du hättest nichts damit zu tun gehabt?«, wollte ich wissen.

»Ich habe nicht die sichere Hauptstadt und Burg Wayfair verlassen. Ich habe sie nicht entführt.« Sie presste die Lippen aufeinander und streckte das Kinn auf verdammt vertraute Art nach vorne. »Hätte Coralena mich nicht hintergangen, hätte Penellaphe niemals solche Schmerzen erlitten.«

Unglaube und Abscheu machten sich in mir breit. »Du hast sie nach Masadonien geschickt. Zu Herzog Teerman, der …«

»Nicht.« Sie versteifte sich erneut.

Sie wollte das nicht hören? Pech gehabt. »Teerman hat sie misshandelt und anderen erlaubt, dasselbe zu tun. Es war eine Art Freizeitbeschäftigung.«

Isbeth zuckte zusammen.

Sie zuckte tatsächlich zusammen.

Ich bleckte meine Fangzähne. »Und das war allein deine Schuld. Das kannst du niemand anderem in die Schuhe schieben. Du bist verantwortlich für jedes einzelne Mal, das er sie angefasst hat.«

Sie holte Luft und drückte den Rücken durch. »Ich wusste nichts davon. Hätte ich es getan, hätte ich ihm den Bauch aufgeschlitzt und ihm seine Eingeweide gefüttert, bis er daran erstickt wäre.«

Zumindest daran hegte ich keinen Zweifel.

Ich hatte bereits gesehen, wie sie genau das getan hatte.

Ihre aufeinandergepressten Lippen zitterten, während sie auf mich hinunterstarrte. »Du hast ihn getötet?«

Grausame Befriedigung erfüllte mich. »Ja.«

»Hast du dafür gesorgt, dass es qualvoll war?«

»Was glaubst du?«

»Ja, das hast du.« Sie wandte sich ab und näherte sich der Wand, während die zwei Zofen wiederkehrten und schweigend ihre Plätze neben dem Eingang einnahmen. »Gut.«

Ich stieß ein trockenes Lachen aus. »Und mit dir werde ich dasselbe tun.«

Sie warf mir über die Schulter ein Lächeln zu. »Ich fand deine Widerstandskraft immer schon verblüffend, Casteel. Ich schätze, das hast du von deiner Mutter.«

Bittere Galle stieg in meinen Mund. »Du musst es ja wissen, nicht wahr?«

»Nur damit du es weißt«, sagte sie mit einem Schulterzucken und wartete einen Moment, bevor sie weitersprach. »Ich habe deine Mutter anfangs nicht gehasst. Sie hat Malec geliebt, aber er hat mich geliebt. Ich habe sie nicht beneidet. Ich hatte Mitleid mit ihr.«

»Sie würde sicher freuen, das zu hören.«

»Das bezweifle ich«, murmelte sie und richtete eine schief stehende Kerze gerade. Sie ließ die Finger durch die Flamme gleiten, die daraufhin bedrohlich flackerte. »Aber mittlerweile hasse ich sie.«

Was mir scheißegal war.

»Mit jeder Faser meines Wesens.« Schwarzer Rauch stieg aus der Flamme hoch, die sie berührt hatte, glitt über die Wand und hinterließ eine dunkle Spur.

Das war nicht ansatzweise normal. »Was bist du, verdammt?«, fragte ich.

»Ich bin ein Mythos. Eine mahnende Geschichte, die man einst den Kindern in Atlantia erzählte, damit sie nicht stahlen, was ihnen nicht zustand«, sagte sie und blickte dabei immer noch über ihre Schulter.

»Bist du eine Lamaea?«

Isbeth lachte. »Wie süß! Ich hätte dich für klüger gehalten.« Sie trat vor eine weitere Kerze und richtete auch diese gerade. »Ich mag den allgemeinen Normen und Vorstellungen nach keine Göttin sein, aber ich bin nicht weniger mächtig. Also könnte ich auch genauso gut eine Göttin sein, nicht wahr?«

Mir kam eine Geschichte in den Sinn, die Kierans Vater uns erzählt hatte, als wir jung waren. Als die Wölfin, die Kieran geliebt hatte, im Sterben lag, betete er zu den Göttern, damit diese sie retteten. Aber natürlich schliefen die Götter bereits. Also wandte Kieran sich an alle, die ihm vielleicht zuhörten, und Jasper warnte ihn, dass womöglich ein Wesen antworten würde, das alles andere als ein Gott war.

Dass ein falscher Gott seine Gebete erhören könnte.

»Ein Demis«, flüsterte ich heiser, und meine Augen weiteten sich. »Du bist ein Demis. Ein falscher Gott.«

Isbeth lächelte, doch es war der goldene Wiederkehrer, der das Wort ergriff. »Nun, offenbar ist er doch recht klug.«

»Manchmal«, erwiderte Isbeth mit einem Schulterzucken.

Heilige Scheiße. Ich hatte gedacht, die Demis wären genauso ein Mythos wie die Lamaea. »Warst du das von Anfang an? Ein schwacher Abklatsch der wahren Götter, darauf versessen, das Leben der Verzweifelten zu zerstören?«

»Das ist eine einigermaßen beleidigende Annahme, aber nein. Ein Demis wird nicht geboren, sondern entsteht, wenn ein Gott einen Sterblichen, der nicht als auserwählt gilt, zum Aufgestiegenen macht.«

Ich hatte keine Ahnung, was sie mit einem »Sterblichen, der nicht als auserwählt gilt« meinte, aber bevor ich fragen konnte, sprach sie weiter: »Was weißt du über Malec?«

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie der goldene Wiederkehrer den Kopf neigte. »Wo ist mein Bruder?«, fragte ich, statt ihr zu antworten.

»Ganz in der Nähe.« Isbeth wandte sich zu mir um und legte die Hände aufeinander. Außer dem atlantianischen Ring trug sie keinen Schmuck.

»Ich will ihn sehen.«

Sie grinste kaum merklich. »Das wäre wohl nicht ratsam.«

»Warum nicht?«

Sie trat näher. »Das musst du dir erst verdienen.«

Lodernde Wut schoss durch meine Adern. »Ich enttäusche dich nur ungern, aber ich mache bei diesem Spiel nicht mehr mit.«

Isbeth zog einen Schmollmund. »Aber ich liebe dieses Spiel. Und Malik hat es auch geliebt. Allerdings war er wesentlich besser darin als du.«

Die Wut brannte noch heller. Ich sprang vom Boden hoch und brüllte den Zorn heraus. Ich kam nicht weit. Die Manschette um meinen Hals riss meinen Kopf zurück, und die Fesseln um meine Hand- und Fußgelenke schlossen sich. Ich prallte gegen die Wand. Die Zofen traten vor.

Isbeth hob die Hand, um ihnen Einhalt zu gebieten. »Fühlst du dich jetzt besser?«

»Warum kommst du nicht näher?«, knurrte ich, und meine Brust hob und senkte sich, als die Manschette um meinen Hals sich langsam wieder löste. »Dann fühle ich mich definitiv besser.«

»Da bin ich mir sicher, aber weißt du, die Pläne, die ich mit dir habe, erfordern, dass meine Kehle ganz bleibt und ich den Kopf weiterhin auf den Schultern trage«, erwiderte sie und strich ihr Kleid über der Brust glatt.

»Pläne können sich ändern.«

Isbeth verzog höhnisch den Mund. »Meine Pläne erfordern auch, dass du am Leben bleibst.« Sie musterte mich. »Du glaubst mir nicht, oder? Aber wenn ich dich töten wollte, hätte ich es längst getan.«

Als sie den goldenen Wiederkehrer mit einem knappen Nicken bedachte, wurden meine Augen schmal. Er verließ die Zelle und kam kurz darauf mit einem Jutesack zurück. Ich wusste nicht, was sich darin befand. Bloß, dass es einmal am Leben gewesen war. Mein Herz raste.

»Es sieht so aus, als hätte meine einst so liebenswürdige und charmante Tochter eine brutale Ader mit einem leichten Hang zur Effekthascherei entwickelt«, erklärte Isbeth, während der Wiederkehrer in die Knie ging und den Sack öffnete. »Penellaphe hat uns eine Nachricht geschickt.«

Als der goldene Wiederkehrer den Sack umdrehte und ein Kopf herausrollte, öffnete ich erstaunt den Mund. Ich erkannte das blonde Haar und das kantige Kinn sofort.

König Jalara.

Verdammte Scheiße.

»Wie du siehst, handelt es sich um eine äußerst interessante Nachricht«, erklärte Isbeth trocken.

Ich starrte ungläubig auf den Kopf des Blutkönigs hinunter. Meine Mundwinkel zuckten. Dann begann ich herzhaft zu lachen. Bei den Göttern, Poppy war so herrlich bösartig, und ich konnte es nicht erwarten, ihr zu zeigen, wie sehr mir das gefiel. »Bei den Göttern, das ist meine Königin.«

Die Augen des Wiederkehrers weiteten sich erstaunt, aber ich lachte weiter, bis sich mein leerer Magen schmerzhaft zusammenzog und Tränen in meinen Augen brannten.

»Wie schön, dass du dich amüsierst«, meinte Isbeth kühl.

Ich lehnte den Kopf zurück an die Mauer. Meine Schultern bebten. »Ehrlich gesagt ist das das Beste, was ich seit langer Zeit gesehen habe.«

»Ich würde ja vorschlagen, dass du mehr unter die Leute solltest, aber …« Sie deutete auf die Fesseln. »Das war jedenfalls nur ein Teil der Nachricht.«

»Es gibt noch mehr?«

Isbeth nickte. »Es waren einige ausdrückliche Warnungen enthalten.«

»Ja, da bin ich mir sicher«, lachte ich und wünschte, ich hätte es mit eigenen Augen gesehen. Ich zweifelte keine Sekunde daran, dass Poppy König Jalaras Leben höchstpersönlich ein Ende gesetzt hatte.

Die Nasenflügel der Blutkönigin bebten. »Aber eine der Warnungen interessiert mich besonders.« Sie ging in einer so flüssigen Bewegung in die Knie, dass sie mich an die Schlangen erinnerte, die in den Ausläufern der Berge des Nyktos lebten. Die orange-roten Tiere waren genauso tödlich wie die Schlange vor mir. »Im Gegensatz zu meiner Tochter und dir wurde Malec und mir nie das Privileg zuteil, das Zeichen der Ehe zu tragen – den Beweis, dass der andere noch am Leben ist. Und du weißt, dass nicht einmal das Band zwischen Herzverwandten ausreicht, um den Tod des anderen zu spüren. Ich habe Hunderte von Jahren in dem Glauben verbracht, Malec wäre tot.«

Das Lachen war mir endgültig vergangen.

»Aber offenbar habe ich mich geirrt. Penellaphe behauptet nicht nur, dass Malec am Leben ist, sie weiß offenbar auch, wo er sich befindet.« Der Wiederkehrer neigte wieder den Kopf und musterte Isbeth. Sie schien davon nichts mitzubekommen. »Sie sagte, sie würde ihn töten, und sobald Penellaphe sich ihrer Macht vollends bewusst ist, schafft sie das auch.« Ihre dunklen Augen fixierten mich. »Stimmt das? Lebt er noch?«

Verdammt, Poppy war tatsächlich nicht zum Scherzen aufgelegt.

»Ja«, antwortete ich leise. »Er lebt. Vorerst.«

Ihr schlanker Körper bebte. »Wo ist er, Casteel?«

»Komm schon, Isbitch«, flüsterte ich und lehnte mich so weit es ging nach vorne. »Du weißt, dass du mich nicht dazu bringen wirst, dir das zu verraten. Nicht einmal, wenn du meinen Bruder anschleppst und ihm vor meinen Augen die Haut abziehst.«

Isbeth musterte mich einen Moment lang schweigend. »Du meinst es ernst.«

Ich lächelte breit. Natürlich meinte ich es ernst. Isbeth hatte gedacht, sie könnte Poppy durch mich kontrollieren, aber meine unglaubliche, bösartige Frau hatte sie schachmatt gesetzt, und ich würde das verdammt noch mal auf keinen Fall riskieren. Nicht einmal für Malik.

»Ich erinnere mich an eine Zeit, als du alles für deine Familie getan hättest«, meinte Isbeth.

»Das war damals.«

»Jetzt würdest du alles für Penellaphe tun, nicht wahr?«

»Alles«, versprach ich.

»Wegen der Möglichkeiten, die sie dir eröffnet hat?«, vermutete Isbeth. »Geht es dir darum? Immerhin hast du durch die Ehe mit meiner Tochter den Anspruch deines Bruders und deiner Eltern auf den Thron zunichtegemacht. Dank ihrer Abstammung ist Penellaphe die Königin. Was dich zu dem König macht.«

Ich schüttelte den Kopf. Es überraschte mich nicht, dass sie meinte, meine Gefühle hätten etwas mit Macht zu tun.

»Wie lange hast du ihre Verführung geplant?«, fuhr sie fort. »Vielleicht hattest du gar nie vor, sie zu benutzen, um Malik zu befreien. Vielleicht liebst du sie nicht einmal.«

Ich hielt ihrem Blick stand. »Ganz egal, ob sie über alles Land und Wasser regiert oder nichts als einen Haufen Knochen und Asche ihr Reich nennt, sie wird immer meine Königin sein. Liebe ist ein zu schwaches Wort für das, was ich für sie empfinde. Sie ist mein Ein und Alles.«

Isbeth schwieg lange. »Meine Tochter hat es verdient, jemanden zu haben, der genauso heftige Gefühle für sie hegt wie sie für ihn.« Ich sah ein silbernes Funkeln in Isbeths Augen, allerdings nicht so strahlend wie in Poppys. Ihr Blick glitt zu der Manschette um meinen Hals. »Ich wollte das alles nicht. Diesen Krieg mit meiner Tochter.«

»Wirklich?« Ich lachte trocken. »Was hast du denn erwartet? Dass sie deinen Plänen zustimmt?«

»Und deinen Bruder heiratet?« Das Funkeln in ihren Augen wurde stärker. »Bei den Göttern, allein der Gedanke bringt dich um den Verstand, nicht wahr? Hätte ich dich beim letzten Mal getötet, hätte er sie zur Aufgestiegenen gemacht.«

Es verlangte mir alles ab, nicht auf die Provokation zu reagieren – und nicht zu versuchen, ihr das Herz aus der Brust zu reißen. »Du hättest trotzdem nicht das, was du willst. Poppy hätte die Wahrheit über dich und die Aufgestiegenen herausgefunden. Sie war schon nahe dran. Schon bevor ich in ihr Leben trat. Sie hätte nie zugelassen, dass du Atlantia eroberst.«

Isbeth lächelte schmallippig. »Du denkst, ich will bloß Atlantia? Du denkst, das wäre alles, wofür meine Tochter bestimmt ist? Ihre Bestimmung ist sehr viel größer. Genau wie es Maliks gewesen wäre. Und jetzt deine ist. Wir alle sind Teil eines größeren Plans. Wir werden zusammen dazu beitragen, dass die Welt das wird, was sie immer schon sein sollte. Es hat bereits begonnen.«

Ich erstarrte. »Wovon redest du, verdammt?«

»Das wirst du früh genug erfahren.« Sie erhob sich. »Wenn meine Tochter dich wirklich liebt, wird das, was jetzt kommt, mir auf eine Art Schmerzen bereiten, wie du es mir niemals glauben würdest.« Sie wandte sich an den goldenen Wiederkehrer. »Callum?«

Er trat um Jalaras Kopf herum und achtete sorgfältig darauf, ihn nicht zu berühren.

Mein Blick huschte zu ihm. »Ich kenne dich nicht, aber ich werde auch dich töten. Egal wie. Ich dachte, das solltest du wissen.«

Er hielt inne und neigte den Kopf. »Wenn du wüsstest, wie oft ich das schon gehört habe«, sagte er und zog mit einem leisen Lächeln den schmalen Schattensteindolch aus dem Gurt um die Brust. »Aber du bist der Erste, der es vielleicht wirklich schaffen könnte.«

Der Wiederkehrer stürzte auf mich zu, und meine Welt versank in brennendem Schmerz.

2

Poppy

ICH BETRACHTETE DEN SILBRIG weißen Wolf, der vor mir durch das Labyrinth aus Kiefern schlich, das sich vor der Stadtmauer von Massene ausbreitete.

Arden hielt sich in dem dichten Unterholz, das den Waldboden bedeckte, und bewegte sich beinahe lautlos am Rand des bewaldeten Sumpfgebietes entlang, das an die Städte Massene und Eichenhain grenzte und bis an die Küste von Solis reichte.

Nach Verwesung stinkende Insekten bevölkerten den Wald und stürzten sich mit dem Wahn der Hungernden auf jedes noch so kleine Stück nackte Haut. Wenn man genau genug hinsah, entdeckte man Kreaturen, die über den moosigen Untergrund glitten, und in den Bäumen hingen primitive, aus Stöcken und Knochen gebundene Schlingen, die an das königliche Wappen der Blutkrone erinnerten, bloß dass sie von einer diagonalen Linie durchstoßen wurden.

Hier, am Rande von Massene, begann das Territorium des Clans der Toten Knochen.

Wir hatten bis jetzt noch nichts von der mysteriösen Gruppe gesehen, die früher in dem Gebiet des heutigen Blutwaldes gelebt hatte und sich von dem Fleisch sämtlicher Lebewesen dieser Welt ernährte – einschließlich Sterblicher und Wölfischer –, aber das hieß nicht, dass sie nicht da waren. Seit wir den Kiefernwald betreten hatten, hatte ich das Gefühl, als verfolgten Hunderte Augen jeden unserer Schritte.

Es gab also genügend Gründe, warum ich diesen Wald nicht leiden konnte. Auch wenn ich nicht wusste, ob die Kannibalen oder die Schlangen den letzten Ausschlag gaben.

Aber wenn wir Eichenhain – die größte Hafenstadt im Osten – einnehmen wollten, mussten wir zuerst Massene besetzen. Und zwar ausschließlich mithilfe der Wölfe und einer kleinen Truppe Soldaten – der Vorhut der Streitkräfte, die von seinem Vater, dem ehemaligen König von Atlantia, Valyn Da’Neer, angeführt wurden. Bis auf einen Draken waren alle mit Valyns Männern unterwegs, aber ich hatte sie ohnehin nicht geweckt und zu uns gerufen, um Städte und ihre Bewohner niederzubrennen.

General Aylard, der die Truppe anführte, war erbost gewesen, als er davon erfahren hatte und wir ihm unsere Pläne für Massene dargelegt hatten. Aber ich war die Königin, und zwei Dinge waren jetzt wichtiger als alles andere:

Wir würden unseren König befreien.

Und wir würden den Krieg nicht auf dieselbe Art führen wie in der Vergangenheit.

Wir würden nicht wahllos töten und Städte in Massengräber verwandeln. Das wollte er nicht. Und ich wollte es ebenso wenig.

Massene war größer als Neuanfurt und Weißenbruck, aber kleiner als Eichenhain und nicht so gut bewacht. Was nicht bedeutete, dass sie wehrlos waren.

Wir konnten nicht länger auf Valyn und die anderen Generäle mit ihren Männern warten. Die Aufgestiegenen hinter der Mauer hatten damit begonnen, Sterbliche in den Wald zu treiben, sich an ihnen zu nähren und sie zurückzulassen, damit sie sich in Hungernde verwandelten. Die Angriffe der Hungernden wurden immer häufiger, und jede Gruppe war größer als die vorangegangene. Schlimmer war nur, dass die Stadt – laut unseren Kundschaftern – tagsüber beinahe ausgestorben wirkte, während in der Nacht Schreie durch die Straßen hallten.

Am Vortag hatten sie schließlich drei Wölfe getötet, die an der Grenze zu Pompaji patrouilliert hatten, und uns lediglich ihre gepfählten Köpfe hinterlassen. Ich kannte ihre Namen – und würde sie nie vergessen.

Roald. Krieg. Kyley.

Ich konnte nicht mehr warten.

Dreiundzwanzig Tage waren vergangen, seit er sich dem Ungeheuer ausgeliefert hatte, in dessen Händen er sich fühlte wie ein Ding. Seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte. Seit ich gesehen hatte, wie seine goldenen Augen zu leuchten begannen und sich zuerst das Grübchen in seiner rechten und anschließend in seiner linken Wange zeigte. Seit ich seine Haut auf meiner gespürt und seine Stimme gehört hatte.

Dreiundzwanzig Tage.

Die Rüstungsplatten drückten sich an meine Brust und die Schultern, als ich mich in Settis Sattel nach vorne beugte. Ich hielt die Zügel des Streitrosses fest umklammert, wie er es mir gezeigt hatte. Dann öffnete ich meine Sinne und verband mich mit Arden.

Ich schmeckte Kummer. Und Wut.

»Was ist los?«, fragte der Atlantianer Naill, der links neben mir ritt.

»Ich bin mir nicht sicher.« Ich warf einen Blick nach rechts. Schatten zogen über das hellbraune Gesicht von Kieran Contou, dem königlichen Berater. »Aber er ist beunruhigt.«

Arden hielt inne, als wir näher kamen, und richtete seine leuchtend blauen Augen auf mich. Er winselte leise, und das Geräusch brach mir beinahe das Herz, doch ich entschied, mich nicht über das urtümliche Notam mit ihm zu unterhalten. Der Wolf fühlte sich mit dieser Art der Kommunikation noch nicht wohl. »Was ist passiert?«

Er deutete mit seinem großen, silbrig weißen Kopf in Richtung Mauer, dann wandte er sich ab und setzte seinen rastlosen Patrouillengang fort.

Kieran hob die geballte Faust, und die Nachkommenden hielten an, während er und Naill durch die dichten Kiefern voranritten. Ich wartete ebenfalls und griff nach dem Beutel, den ich an der Hüfte trug. Das kleine Holzpferd, das Malik ihm zu seinem sechsten Geburtstag geschenkt hatte, drückte gegen das goldene Band der Ehe auf meiner Handfläche.

Malik.

Der ursprüngliche Erbe der Krone Atlantias. Er wurde gefangen genommen, während er seinen Bruder befreien wollte. Und beide waren von der Wölfischen verraten worden, die er einst geliebt hatte.

Die Traurigkeit, wenn ich daran dachte, was Shea getan hatte, wurde nun von Kummer und Zorn darüber überschattet, dass Malik nicht besser war als sie. Ich versuchte, die Wut nicht aufkeimen zu lassen. Malik befand sich seit einem Jahrhundert in Gefangenschaft. Nur die Götter wussten, was sie ihm angetan hatten und was er tun musste, um zu überleben. Es war zwar keine Entschuldigung für seinen Verrat und machte ihn nicht weniger schmerzhaft, aber er war genauso ein Opfer.

Ich bitte dich, ihm einen möglichst schnellen und schmerzlosen Tod zu bereiten.

Die Bitte, die Valyn Da’Neer an mich gerichtet hatte, bevor ich Atlantia verlassen hatte, lastete schwer auf mir. Aber ich würde diese Last tragen. Kein Vater sollte gezwungen sein, seinen eigenen Sohn zu töten. Ich hoffte, dass es nie dazu kommen würde, aber realistisch betrachtet würde es das wohl.

Kieran hielt inne, und seine Gefühle glichen einer plötzlichen Welle, die mich mit voller Kraft überrollte. Ich spürte Entsetzen.

Mein Magen zog sich zusammen. »Was ist da vorne?«, fragte ich und sah, dass Arden erneut angehalten hatte.

»Bei den Göttern!«, stammelte Naill und zuckte zurück. Seine tiefbraune Haut wirkte mit einem Mal grau. Sein Entsetzen war so überwältigend, dass es wie spitze Klauen durch meine Rüstung drang.

Die beiden antworteten nicht, und meine Angst wuchs und nahm mich in Besitz. Ich trieb Setti an und ritt zu der Stelle, an der Kieran und Naill angehalten hatten. Durch die Kiefern hindurch fiel mein Blick auf das Stadttor.

Zu Beginn verstand ich nicht, was ich da sah. Kreuzähnliche Gebilde hingen von oben herab.

Es waren Dutzende.

Mein Atem stockte, und der Äther summte in meiner Brust, die sich immer weiter zusammenzog. Bittere Galle stieg meine Kehle hoch. Ich fuhr zurück, doch ehe ich das Gleichgewicht verlieren und aus dem Sattel stürzen konnte, streckte Naill den Arm aus und packte meine Schulter.

Die Gebilde waren Leichen.

Nackte Männer und Frauen, die an den Handgelenken und Füßen an das eiserne Tor und den Kalkstein darüber genagelt worden waren. Ihre Körper zur Schau gestellt, während ihre Gesichter …

In meinem Kopf drehte sich alles. Ihre Gesichter waren von denselben Schleiern bedeckt, die ich so lange tragen musste. Die zarten Goldkettchen glänzten matt im Mondlicht.

Peitschende Wut vertrieb die Fassungslosigkeit, und Settis Zügel rutschten mir aus den Fingern. Der Äther – die primare Essenz der Götter, die alle Blutlinien gemein hatten – pulsierte in meiner Brust. Die Macht in mir war stärker, weil sie von Nyktos, dem König der Götter, stammte. Sie verband sich mit der lodernden Wut, während ich die Leichen anstarrte und dabei viel zu flach und viel zu schnell atmete. Ein metallischer Geschmack breitete sich in meinem Mund aus, und mein Blick wanderte von dem Schrecken am Eingangstor zu den Spitzen der weiter entfernten gewundenen Türme, die elfenbeinfarben in den heller werdenden Himmel ragten.

Die Kiefern über mir begannen zu beben, und ihre Nadeln regneten auf uns herab. Die Wut und das Entsetzen darüber, was ich vor mir sah, wurden größer und größer, bis der Rand meines Blickfeldes silbern zu leuchten begann.

Mein Blick glitt über die Männer, die auf der Mauer ihren Dienst versahen, während ihre sterblichen Mitbürger unter ihnen so grausam zur Schau gestellt wurden. Ein schattenhafter, rauchiger und ein wenig süßer Geschmack füllte meinen Mund und schnürte mir die Kehle zu. Er kam von einem Ort tief in meinem Inneren, wo sich in den letzten dreiundzwanzig Tagen eine schmerzende, eiskalte Leere ausgebreitet hatte.

Es schmeckte nach Vergeltung.

Nach Zorn.

Nach Tod.

Ich schmeckte den Tod, während ich die Wächter auf der Mauer beobachtete, wie sie nur wenige Meter von den Leichen entfernt innehielten, sich unterhielten und lachten. Meine Augen wurden schmal, und der Äther pulsierte in meiner Brust, während der Wille immer stärker wurde. Ein eisig kalter Windstoß hob die Schleier der Toten, strich über die Mauer und trieb die Wächter an den hinteren Rand.

Ihr Lachen verstummte, und auch wenn ich es nicht sah, wusste ich, dass ihnen auch das Grinsen vergangen war.

»Poppy.« Kieran lehnte sich in seinem Sattel nach vorne, schob eine Hand unter meinen dicken Zopf und legte sie mir in den Nacken. »Beruhige dich. Du musst deine innere Ruhe finden. Wenn du einen Angriff startest, bevor wir wissen, wie viele Leute sich auf der Mauer befinden, verrätst du ihnen bloß unseren Standpunkt. Wir müssen abwarten.«

Ich war mir nicht sicher, wie ich zur Ruhe finden sollte, aber Kieran hatte recht. Wenn wir Massene mit möglichst geringen Verlusten unter den Unschuldigen einnehmen wollten, die innerhalb dieser Mauern lebten und mit Vorliebe in Hungernde verwandelt oder an das Stadttor genagelt wurden, musste ich meine Gefühle und meine Macht unter Kontrolle halten.

Ich konnte das.

Wenn ich wollte.

In den letzten Wochen hatte ich mich lange mit dem urtümlichen Notam in mir beschäftigt und mit den Wölfen gearbeitet, um herauszufinden, über welche Strecken wir miteinander kommunizieren konnten. Abgesehen von Kieran erzielte ich die besten Ergebnisse mit Delano, den ich dank des Notams auch im tiefsten Ödland aufspüren konnte. Außerdem hatte ich gelernt, den Äther zu zügeln und ihn für meine Zwecke nutzbar zu machen, indem ich mir etwas vorstellte, es zu meinem Willen machte und von der Energie in mir umsetzen ließ.

Um zu kämpfen wie eine Göttin.

Ich ballte die Hände zu Fäusten und zwang den Äther zurück. Es kostete mich sämtliche Kraft, ihn nicht aus mir herausbrechen zu lassen und unseren Feinden den versprochenen Tod zu bringen.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Kieran.

»Nein.« Ich schluckte. »Aber ich habe es unter Kontrolle.« Ich wandte mich an Naill. »Wie sieht es bei dir aus?«

Der Atlantianer schüttelte den Kopf. »Ich begreife nicht, wie jemand zu so etwas fähig sein kann.«

»Ich auch nicht.« Kieran sah an mir vorbei zu Naill, während Arden vom Waldrand zurückwich. »Und ich glaube, das ist gut so.«

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf die Zinnen der Mauer. Ich durfte die Leichen nicht zu lange ansehen. Ich durfte mir nicht erlauben, über sie nachzudenken. Genauso wie ich nicht daran denken durfte, was er gerade mitmachte – was ihm angetan wurde.

Ich spürte eine federleichte Berührung, als das primare Notam die Verbindung zu Delano aufbaute. Der Wolf kundschaftete die Mauer aus, damit wir abschätzen konnten, wie viele Wächter uns erwarteten. Meyaah Liessa?

Ich schluckte ein Seufzen hinunter. Die altatlantianischen Worte bedeuteten meine Königin. Die Wölfe wussten, dass sie mich nicht so ansprechen mussten, aber viele taten es trotzdem. Während Delano mir damit seinen Respekt zeigte, verwendete Kieran die Worte oft, um mich auf die Palme zu bringen.

Ich wandte mich an Delano. Ja?

Am nördlichen Tor befinden sich zwanzig Wächter. Er hielt kurz inne. Und …

Ich spürte seinen Kummer und schloss einen Moment lang die Augen. Ans Tor genagelte Sterbliche.

Ja.

Der Äther pulsierte. Wie viele?

Zwei Dutzend, antwortete er, und der Druck in meinem Inneren wuchs. Emil geht davon aus, dass wir die Wächter problemlos überwältigen können, fuhr Delano fort. Emil war ein Elementarer, dem es oftmals an Respekt mangelte.

Ich öffnete die Augen. Massene hatte bloß zwei Tore. Eines im Norden und dieses hier, das in Richtung Osten zeigte. »Laut Delano befinden sich etwa zwanzig Wächter am nördlichen Tor«, erklärte ich den anderen. »Emil glaubt, er kann sie alle auf einmal erledigen.«

»Das kann er«, bestätigte Kieran. »Er kann genauso gut mit der Armbrust umgehen wie du.«

Unsere Blicke trafen sich. »Dann legen wir los.«

Kieran nickte, und wir stülpten die Kapuzen unserer Mäntel über. Die Rüstungen, die Naill und ich trugen, waren nicht mehr zu sehen.

»Mir wäre wohler, wenn du auch eine Rüstung anhättest«, meinte ich zu Kieran.

»Eine Rüstung würde mich nur behindern, wenn ich mich verwandeln muss«, erwiderte er. »Und keine Rüstung ist zu hundert Prozent sicher. Es gibt immer Schwachstellen – und die Männer auf der Mauer kennen sie nur zu gut.«

»Danke, dass du mich daran erinnerst«, murmelte Naill, während wir uns leise dem Waldrand näherten.

Kieran grinste. »Dafür bin ich ja da.«

Ich schüttelte den Kopf und öffnete die Verbindung zu Delano, wobei ich mir keinen Gedanken an die Leben erlaubte, denen mein Befehl bald ein Ende setzen würde. Schaltet sie aus.

Delanos Antwort folgte unmittelbar. Sehr gern, meyaah Liessa. Wir stoßen dann am Osttor zu euch.

»Macht euch bereit«, erklärte ich mit lauter Stimme und richtete meine Aufmerksamkeit auf die Wächter vor uns. Ich hob den Blick zum mondbeschienenen oberen Rand der Mauer. Die drei Dutzend Wächter hatten vermutlich kaum eine Wahl gehabt, was ihren Beruf anging. Es gab wenig Möglichkeiten für die Bewohner von Solis, vor allem, wenn man nicht zu einer Familie gehörte, die den Aufgestiegenen nahestand und dadurch Macht und Ansehen erhielt. Und so weit von der Hauptstadt entfernt erst recht nicht. Wie die meisten im Osten gelegenen Städte – mit Ausnahme von Eichenhain – war Massene eine wohlhabende Stadt, in der vor allem Bauern lebten, die mit ihrer Ernte den Großteil von Solis versorgten.

Auch dieses Mal bemühte ich mich, nicht an die Leben zu denken, die durch meinen Willen ein Ende finden würden.

Das durfte ich nicht.

Vikter hatte mir vor langer Zeit beigebracht, dass man sich um das Leben des Gegners keine Gedanken machen durfte, wenn dieser einem gerade ein Messer an die Kehle hielt.

Im Moment hielt mir zwar niemand ein Messer an die Kehle, aber innerhalb dieser Mauer gab es Dinge, die den Kehlen der Sterblichen sehr viel gefährlicher werden konnten als jede Waffe.

»Ich übernehme die Wächter weiter unten«, erklärte Kieran.

»Und ich die auf der linken Seite«, bestätigte Naill.

Womit zehn bis zwölf Wächter über dem Tor übrig blieben. Der Äther in mir pulsierte und ergoss sich heiß und kalt zugleich in mein Blut. Er füllte die Leere in meinem Inneren, während ich meine ganze Aufmerksamkeit auf die Männer über dem Tor richtete.

Über den armen, verschleierten Sterblichen. Als ich ein genaues Bild davon hatte, was ich erreichen wollte, brach mein Wille aus mir heraus. Pfeile schossen durch die Luft, und im selben Moment brachen die Genicke der restlichen Wächter. Es blieb ihnen keine Zeit, um zu schreien oder die anderen zu warnen. Kieran und Naill luden nach und erledigten auch den Rest, bevor die Wächter mit den gebrochenen Genicken überhaupt erst von der Mauer ins Nichts fielen. Ich zuckte zusammen, als ihre Körper auf dem Boden aufschlugen.

Wir ritten über den freien Platz vor der Mauer und ein weiterer verhüllter Reiter gesellte sich zu uns. Emil. Ein schneeweißer Wolf folgte ihm und hielt sich dicht an der Mauer, während ich eilig vom Pferd sprang.

»Diese verdammten Schweine«, knurrte Emil und legte den Kopf in den Nacken, um am Tor nach oben zu sehen. »Diese absolute Respektlosigkeit gegenüber dem Leben.«

»Ich weiß.« Kieran folgte mir, als ich vor die Kette trat, die das Tor sicherte.

Ich spürte Emils Wut, als ich nach dem kühlen Metall griff. Arden trat ruhelos von einer Pfote auf die andere, während Emil ebenfalls abstieg und zu mir trat. Naill zog die Kette in meine Richtung, und ich spürte Delanos Fell an meinem Bein. Ich schloss die Augen. Ich hatte herausgefunden, dass ich den Äther genauso einsetzen konnte wie die Draken ihr Feuer. Er konnte zwar keinen Wiederkehrer töten – er hatte im Grunde überhaupt keine Auswirkungen auf sie –, aber er konnte Eisen schmelzen. Nicht in großen Mengen, aber es reichte.

»Wir müssen uns beeilen«, flüsterte Kieran. »Es wird bald hell.«

Ich nickte, und ein silbernes Licht legte sich um meine Hände und die Kette, während Emil Ausschau nach weiteren Wächtern hielt. Ich runzelte die Stirn, als das Licht zu pulsieren begann und das Metall sich dunkel färbte. Es sah beinahe so aus, als würde sich ein Schatten darüber ausbreiten, doch als ich blinzelte, war er verschwunden. Vielleicht war er auch nie da gewesen. Es war relativ dunkel, und obwohl ich eine Göttin war, waren mein Augenlicht und mein Hörvermögen noch immer auf nervtötende Art sterblich.

Die Kette fiel auseinander.

»Raffiniert«, bemerkte Naill.

Ich schenkte ihm ein schnelles Lächeln, dann öffneten Emil und er schnell und leise das Tor.

Sobald es vollständig geöffnet war, erwachte der Kiefernwald hinter uns zum Leben. Äste knackten und mehrere Dutzend Wölfe brachen in einer einzigen geschmeidigen Welle zwischen den Bäumen hervor, angeführt von Kierans Schwester Vonetta.

Ihr Fell ähnelte Kierans, aber sie war als Wolf nicht annähernd so groß wie er. Wobei sie ihm in ihrer Wildheit in nichts nachstand. Unsere Blicke trafen sich, und ich stellte eine Verbindung her. Pass auf dich auf.

Aber klar doch, kam die Antwort, während jemand das Tor hinter uns schloss.

Ich richtete den Blick auf die ruhig vor uns liegenden einstöckigen Steinbaracken, die mehrere Meter von der Mauer entfernt begannen. Dahinter erstreckten sich zahlreiche Felder, bis sich schließlich das von mehreren kleinen, gedrungenen Gebäuden umgebene Gut Cauldra vor dem bereits blau werdenden Himmel erhob.

Ich entschied mich gegen meinen Dolch mit dem Wolfsknochengriff und für das Kurzschwert, das mit dem Griff nach unten an meinem Rücken befestigt war. Ich zog es heraus, während wir in der Dunkelheit unter den Kiefern entlanghuschten, die die breite Kopfsteinpflasterstraße säumten. Wir hielten vor den Baracken, und die Wölfe duckten sich.

Ich drückte mich gegen die kratzige Rinde einer Kiefer und blickte durch die Fenster einer mit Gaslampen erhellten Baracke. Mehrere Leute bewegten sich im Inneren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie bemerkten, dass die Wächter auf der Mauer verschwunden waren.

Kieran trat neben mich und stützte sich ebenfalls am Baum ab. »Wir haben noch etwa zwanzig Minuten bis zur Morgendämmerung«, sagte er. »Die Aufgestiegenen sollten sich bereits zur Ruhe begeben.«

Ich nickte. In Massene gab es keine Tempel und keine Straßen wie die strahlende Gasse in Masadonien, wo die reichen Sterblichen Seite an Seite mit den Aufgestiegenen lebten. In Massene wohnten sämtliche Aufgestiegenen im Gutshaus.

»Denkt daran«, sagte ich und lockerte den Griff um das Schwert ein wenig. »Wir tun keinem Sterblichen etwas zuleide, der seine Waffe senkt. Und keinem Aufgestiegenen, der sich ergibt.«

Die anderen stießen zustimmendes Gemurmel und leises Knurren aus. Kieran wandte sich an Naill und nickte.

Der Atlantianer schob sich an uns vorbei und bewegte sich so schnell, dass er einen Augenblick später an der Wand der Baracke stand. Er ließ sein Schwert über die Mauer gleiten, woraufhin ein grauenhaftes Knirschen ertönte.

»Nun«, meinte Emil gedehnt. »So kann man es auch machen.«

Die Tür flog auf, und ein Wächter trat mit gezogenem Schwert heraus. Er blickte sich um, doch Naill war bereits zwischen den Bäumen verschwunden.

»Wer ist da?«, fragte der Wächter, und weitere Männer drängten aus der Baracke. Blinzelnd sah der Mann in die Dunkelheit.

Ich löste mich von meiner Kiefer.

»Musst du immer die Erste sein?«, fragte Kieran leise.

»Ja.«

»Die richtige Antwort wäre Nein.«

»Nein, ist sie nicht.« Ich schob mich an ihm vorbei.

Kieran seufzte, versuchte aber nicht, mich aufzuhalten. »Irgendwann wird dir klar werden, dass du eine Königin bist«, zischte er.

»Das bezweifle ich«, bemerkte Emil.

Ich trat zwischen den Bäumen hervor und öffnete meine Sinne. Die Männer wandten sich zu mir um. Sie hatten noch nicht bemerkt, dass ihre Kameraden auf der Mauer verschwunden waren.

»Wer ich bin, tut nichts zur Sache«, erklärte ich und spürte ihre Überraschung, als ihnen klar wurde, dass ihnen eine Frau gegenüberstand. »Wichtig ist nur, dass wir eure Verteidigung durchbrochen und die Stadt umstellt haben. Wir sind nicht hier, um euch auszurauben. Wir wollen die Blutkrone stürzen. Legt eure Waffen nieder, und euch wird nichts geschehen.«

»Und wenn wir uns weigern, unsere Schwerter vor einem atlantianischen Miststück niederzulegen?«, fragte ein Mann, und ich spürte die Unsicherheit und Angst einiger seiner Kameraden. »Was dann?«

Ich hob die Augenbrauen. Diese Wächter wussten, dass ein kleiner Teil der atlantianischen Armee am Rande von Pompaji stationiert war. Sie wussten allerdings nicht, dass wir die Draken auf unserer Seite hatten. Genauso wenig, wie sie wussten, dass die Königin von Atlantia anwesend war – und dass sie gerade mit dem Miststück redeten.

Die Worte brannten in meiner Kehle, aber ich sagte sie trotzdem. »Dann werdet ihr sterben.«

»Wirklich?« Der Mann lachte, und ich unterdrückte die aufsteigende Enttäuschung und rief mir in Erinnerung, dass viele Sterbliche keine Ahnung hatten, wem sie dienten. Und wer der wahre Feind war. »Sollen ich und meine Männer wirklich vor einer erbärmlichen Armee Angst haben, die übergroße Hunde und Miststücke ausschickt, um ihre Kämpfe auszufechten?« Er warf einen Blick über die Schulter. »Sieht aus, als hätten wir bald einen weiteren Kopf für unsere Pfähle.« Er sah mich an. »Aber zuerst werden wir Gebrauch von deinem hübschen Mund machen – und von dem, was sich unter deinem Mantel verbirgt, nicht wahr, Jungs?«

Es ertönte vereinzeltes höhnisches Gelächter, aber ich spürte, dass auch die Angst wuchs.

Ich neigte den Kopf. »Das ist eure letzte Chance. Legt eure Schwerter nieder und ergebt euch.«

Der dämliche Sterbliche stolzierte auf mich zu. »Wie wäre es, wenn du dich stattdessen auf den Rücken legst und die Beine breit machst?«

Ich spürte die brennende Wut in meinem Rücken, während ich ihm in die Augen sah. »Nein, danke.«

»Das war keine Frage …« Er machte einen weiteren Schritt – doch weiter kam er nicht.

Vonetta sprang aus der Dunkelheit und landete auf der Brust des Wächters. Sein Schrei endete abrupt, als sie ihm mit einem gewaltigen Prankenhieb die Kehle herausriss.

Ein weiterer Wächter stürzte auf uns zu und hob das Schwert. Vonetta zerrte den großmäuligen Mann davon, und ich schoss vor, packte den Arm des zweiten Angreifers und stieß ihm das Schwert in den Bauch. Die blauen Augen in dem viel zu jungen Gesicht weiteten sich, als ich das Schwert wieder herauszog.

»Tut mir leid«, murmelte ich und stieß ihn von mir.

Weitere Wächter liefen auf Vonetta und mich zu, bloß um einen Moment später zu erkennen, dass wir nicht diejenigen waren, um die sie sich sorgen sollten.

Die Wölfe hatten sie innerhalb von Sekunden umzingelt. Knochen brachen und gellende, abrupt endende Schreie hallten durch meinen Kopf.

Kieran schlitzte einem Wächter mit dem Schwert die Kehle auf. »Wann hören die Sterblichen endlich auf, uns als übergroße Hunde zu bezeichnen?«, fragte er und stieß den Toten von sich. »Können sie einen Wolf wirklich nicht von einem Hund unterscheiden?«

»Ich würde sagen Nein.« Emil trat an dem Wächter vorbei, der Vonetta angegriffen hatte, und spuckte aus. Dann sah er mich an. »Was? Er wollte Netta von hinten niederstechen. So etwas kann ich nicht leiden.«

Nachdem mir nichts einfiel, was ich darauf hätte erwidern können, wandte ich mich an die Wächter in den hinteren Reihen, deren Unsicherheit ich vorhin gespürt hatte. Sie waren zu fünft. Ihre Schwerter lagen vor ihnen auf dem Boden, und ihre Angst legte sich wie eine klebrige Hülle über meine Haut, als Delano mit blutverschmierten, gefletschten Zähnen auf sie zuschlich. Uringeruch breitete sich aus.

»W-Wir ergeben uns«, stammelte einer zitternd.

»Delano«, meinte ich leise, und der Wolf hielt inne, behielt die Männer aber weiterhin knurrend im Blick. »Wie viele Aufgestiegene leben hier?«

»Z-Zehn«, antwortete der Mann, und seine Haut war so weiß wie das langsam verblassende Mondlicht.

»Und sie kehren im Morgengrauen auf Gut Cauldra zurück?«, fragte Kieran, der neben mich getreten war.

»Sie sollten schon da sein«, antwortete ein anderer Wächter. »Sie stehen unter Bewachung, seit der Herzog von eurem Lager erfahren hat.«

Ich warf einen Blick auf Naill, der Setti und die anderen Pferde an den Zügeln führte. »Waren sie alle an dem Massaker beteiligt, dessen Spuren am Tor zu sehen sind?«

Der dritte Mann – er war älter als die meisten Wächter der Mauer und sicher schon im dritten oder vierten Jahrzehnt seines Lebens – antwortete: »Niemand hat sich geweigert, als Herzog Silvan den Befehl erteilte.«

»Wer waren die Toten?«, fragte Kieran, während sich Enttäuschung in mir breitmachte und sich schwer auf mein Herz legte. Ich wollte – und musste – glauben, dass es auch andere Aufgestiegene gab, die so waren wie mein Bruder Ian, der letzten Endes doch nicht mit mir verwandt war. Es musste sie geben.

»Sie wurden zufällig ausgewählt«, antwortete der erste Wächter, der sich ergeben hatte. Er sah aus, als müsste er sich gleich übergeben. »Sie haben sich irgendwelche Leute geschnappt. Junge. Alte. Egal. Sie haben keine Schwierigkeiten gemacht. Hier macht nie jemand Schwierigkeiten.«

»Bei den anderen, die sie in den Wald geführt haben, war es dasselbe«, sagte der zweite junge Wächter.

Kieran sah ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. »Ihr wisst, was mit ihnen geschehen ist?«

»Ja, ich weiß es«, antwortete der älteste Wächter. »Sie haben sie hinausgebracht, sich an ihnen genährt und sie zurückgelassen, damit sie sich in Hungernde verwandeln. Niemand hat mir geglaubt, als ich den anderen davon erzählt habe.« Er deutete mit dem Kopf auf seine Kameraden. »Sie nannten mich verrückt. Aber ich weiß, was ich gesehen habe.« Sein Blick wanderte zum Tor. »Ich dachte bloß, ich hätte wirklich den Verstand verloren.«

Er hatte nicht geahnt, wozu die Aufgestiegenen fähig waren.

»Du hattest recht«, erklärte Kieran. »Falls dir das Wissen darum hilft.«

Ich spürte, dass es keine große Erleichterung für ihn war, dann wandte ich mich an Naill und steckte das Schwert fort. »Sieh zu, dass sie in den Baracken bleiben und ihnen nichts passiert.« Ich deutete auf Arden. »Du bleibst bei Naill.«

Naill nickte und reichte mir Settis Zügel. Ich schwang mich in den Sattel, und die anderen folgten mir.

»Habt Ihr vorhin die Wahrheit gesprochen?«, fragte der ältere Wächter. »Werdet ihr uns wirklich nicht ausrauben?«

»Ja, das habe ich.« Ich umfasste Settis Zügel fester. »Wir sind nicht hier, um zu stehlen. Wir sind hier, um die Blutkrone zu stürzen.«

Ich duckte mich unter dem ausgestreckten Arm eines Wächters hindurch, und mein Mantel bauschte sich um meine Beine, als ich herumfuhr und das Schwert im Rücken des Mannes versenkte. Ich wirbelte weiter und duckte mich erneut, als ein Messer auf mich zuflog. Delano sprang über mich hinweg und ging auf den Wächter los, der es geworfen hatte, während ich mich aufrichtete.

Keiner der Wächter vor Gut Cauldra hatte sich ergeben.

Das erste rosafarbene Licht des Tages stieg über den Horizont, als ich mich erneut grunzend drehte und einen Wächter mit dem Fuß nach hinten trat. Er fiel vor Vonettas Pfoten. Ich bewegte mich mit großen Schritten auf das verschlossene Tor zu und schlug einen weiteren Wächter nieder, dem Emil von hinten die Kehle durchtrennte. Heißes Blut spritzte. Kieran trieb seinen Dolch von unten in das Kinn des letzten Wächters und räumte mir damit den Weg frei.