Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht - Mojib Latif - E-Book

Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht E-Book

Mojib Latif

4,7

Beschreibung

Gutes Wetter, schlechtes Klima? Und warum braucht der Eisbär einen Kühlschrank? Mojib Latif, der bekannte Klimaforscher aus Kiel, informiert über den Rhythmus des Klimas, er verfolgt die Klimageschichte und den Einfluss des Menschen darauf. Eine spannende Reise in die Zeit, als die Sahara noch grün war, und zu den frostigen Tagen der Wikinger. Doch auch ein Blick in unsere Gegenwart: Sitzen wir bald nur noch im Straßencafé? Was bedeutet der Klimawandel für uns? Und was können wir dagegen tun? Ein unterhaltsames Buch für kleine und für große Klimaforscher.

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Seitenzahl: 220

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Mojib Latif

Warum der Eisbäreinen Kühlschrank braucht

… und andere Geheimnisseder Klima- und Wetterforschung

Mit Illustrationen von Anna Zimmermann

Impressum

Titel der Originalausgabe:

Warum der Eisbär einen Kühlschrank braucht

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010

ISBN 978-3-451-30163-6

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2014

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Verlag Herder

Umschlagmotiv: © Anna Zimmermann

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Bildnachweis:

S. 57: © Dieter Kasang, www.klimawissen.de

S. 61: © Matthias Forkel, klima-der-erde.de

S. 116: © wetter.com

ISBN (E-Book): 978-3-451-80105-1

ISBN (Buch): 978-3-451-06696-2

Inhalt

Vorwort

1. Oft kopiert, nie erreicht: die Erdatmosphäre

2. Quo vadis Planet? – Heißzeit oder Eiszeit

3. Die Klima-Achterbahn

4. Vom Winde verweht

5. Fließbandarbeit

6. Die Wolke, das unbekannte Wesen

7. Warum ist der Himmel blau?

8. Das Lichtspielhaus Himmel

Nachwort

Vorwort

Die Marsmenschen blicken wehmütig auf die Erde. So einen wunderschönen Planeten hätten sie auch gern bewohnt. Blau wie ein Diamant zieht die Erde ihre Bahn um die Sonne. Das Meer, das ewige Eis und die Wolken geben ihr das gewisse Etwas, so etwas von Leuchtkraft, dass man sich selbst aus entfernten Gegenden unseres Sonnensystems der Schönheit des Planeten Erde nicht entziehen kann. Auch der Mars dreht unentwegt seine Runden um die Sonne, wenngleich langsamer als die Erde: Fast zwei Jahre dauert ein Umlauf. Doch das ficht die Marsmenschen nicht an. Warum auch? Da wie bei der Erde die Drehachse des Mars geneigt ist, gibt es auf ihm Jahreszeiten. Darauf weist auch die Bedeutung des Wortes Klima hin, das aus dem Griechischen kommt und von klinein – „neigen“ – stammt. Die Marsmenschen haben wegen der langsamen Reise ihres Planeten um die Sonne einen doppelt so langen Sommer wie wir auf der Erde. Nicht schlecht! Warum seid ihr Marsmenschen eigentlich so traurig?

Ach ja, der Winter ist dann auch doppelt so lang. Einverstanden, das ist nicht so toll. Aber der lange Winter ist es gar nicht, der die Marsmenschen bedrückt. Das Problem, das den Marsmenschen wirklich zu schaffen macht, sind die extrem lebensfeindlichen Bedingungen auf der Marsoberfläche insgesamt, während aller Jahreszeiten. Und zudem können die Marsmenschen dort oben keine Regenbögen bewundern, weil es kein flüssiges Wasser mehr gibt und deswegen auch nicht regnen kann. Trotzdem gönnen sie uns die Erde von ganzem Herzen. So sind sie eben, die Marsmenschen, äußerst liebenswürdig und man muss sie einfach mögen. Wie bitte? Habe ich Sie richtig verstanden? Sie glauben nicht an die Existenz der Marsmenschen. Dann sind Sie selber schuld! Wir können nämlich eine Menge von ihnen lernen. Sie sind sehr intelligent und wissen eine Menge. Nicht umsonst heißen sie schließlich Marsmenschen.

Auf dem Mars lässt es sich leider sehr schlecht leben. Es ist ziemlich kalt auf seiner Oberfläche, die Temperaturen liegen weit unter dem Gefrierpunkt. Deswegen waren die Marsmenschen schon sehr früh gezwungen, sich Gedanken über unser Sonnensystem zu machen, vor allem über das Klima eines Planeten. Was dem Mars praktisch völlig fehlt, ist der Treibhauseffekt. Irgendwie haben wir alle schon einmal diesen Begriff gehört, aber so ganz genau weiß kaum jemand, was sich eigentlich dahinter verbirgt. Das Prinzip ist denkbar einfach. Unsere Lufthülle, die Atmosphäre, legt sich wie eine schützende Decke um die Erdoberfläche. Fast ungehindert können die Sonnenstrahlen die Lufthülle passieren und die Erdoberfläche erwärmen. Die Atmosphäre ist jedoch kaum transparent für die Wärme, sodass diese schlecht ins Weltall entweichen kann. Die Erde funktioniert daher so ähnlich wie ein Glashaus, und die Atmosphäre übernimmt dabei die Rolle des Glases. Daraus leitet sich der Name Treibhauseffekt ab. Er sorgt für die milden Temperaturen auf der Erdoberfläche und garantiert uns damit die optimalen Lebensbedingungen auf unserem Planeten.

Auf dem Mars gibt es nur eine hauchdünne Atmosphäre und einen entsprechend schwachen Treibhauseffekt. Die Marsmenschen müssen wegen der frostigen Temperaturen notgedrungen unter der Marsoberfläche leben, weswegen wir sie von der Erde aus nicht sehen können. Sie haben sich jedoch gut auf ihrem Planeten eingerichtet, auch wenn sie unter Tage leben müssen. Ihr Motto lautet Mars vivendi, die Kunst, auf dem Mars zu leben. Die Marsmenschen schauen gern fern. Die Show „Wetten Mars“ mit Tho-Mars Gottschalk steht im Moment ganz oben auf der Beliebtheitsskala und erreicht Quoten, von denen unsere Showmaster hier auf der Erde nur träumen können. Sie interessieren sich aber auch sehr für unsere Erde und dafür, wie wir auf unserem Planeten leben. Solche Sendungen erreichen stets hohe Einschaltquoten, selbst die ewigen Wiederholungen. Die Erde ist schließlich schön. Ja, da gibt es keinen Zweifel. Sie ist der Premium-Planet unter allen Planeten in unserem Sonnensystem. Die Erde ist jedoch zugleich wild. Was aus dem All eine gewisse Ästhetik besitzt, entfaltet bei uns auf der Erdoberfläche gewaltige Kräfte. Hurrikane beispielsweise sehen von oben harmlos aus. Eine Wolkenspirale mit einem Loch in der Mitte, durch das man bis auf die Erdoberfläche schauen kann. Sie, verehrte Leserinnen und Leser, möchten aber bestimmt nicht in so einen Monstersturm geraten und suchen lieber rechtzeitig das Weite.

Die Marsmenschen sitzen auch gern und oft am Computer. Mit Google Mars machen sie sich selbst ein Bild von der Erde. Live-Kameras, sogenannte Webcams, ermöglichen ihnen einen umfassenden Blick auf das Treiben von uns Erdenmenschen. Und was sie sehen, lässt sie nur noch die Köpfe schütteln. Die Erdenmenschen benutzen ihren Planeten als Müllkippe. Abgaswolken, wohin man nur schaut. Sie leiten jede Menge Gifte in die Meere. Sie laugen die Böden aus und errichten Mülldeponien. Sie fangen viel zu viele Fische. Ja, sie sägen buchstäblich den Ast ab, auf dem sie sitzen. Und wenn es Nacht auf der Erde ist, da sollten die Marsmenschen eigentlich gar nichts sehen. Sie erkennen aber viel Licht, vor allem auf den Landflächen im Norden. Und dazu noch jede Menge Feuer. Die Erdenmenschen verbrennen tatsächlich ihre Wälder, selbst den Garten Eden schlechthin, die tropischen Regenwälder. Immer mehr Lebewesen sterben aus. Und die bedrohten Arten setzen sie auf eine Rote Liste. Das war es dann auch. Die Marsmenschen sind entsetzt: „Wie können die Erdenmenschen nur so einen Unsinn mit ihrem Planeten anstellen? Wenn sie wüssten, wie sehr wir Marsmenschen uns einen Planeten wie die Erde wünschen. So etwas Einmaliges gibt es vermutlich nicht noch einmal in unserem Universum. Hätten wir solch ein Juwel, wir gingen sehr viel sorgsamer mit ihm um.“

Die Marsmenschen haben die inzwischen gut vier Milliarden Jahre lange Geschichte der drei erdähnlichen Planeten Venus, Erde und Mars genauestens untersucht, mit dem Ziel, vielleicht einmal ihren eigenen Planeten bewohnbar machen zu können. Auf der Mars-Universität gibt es sogar eine Fakultät „Planetenwissenschaften“. Die Mars-Universität gilt als Elite-Universität in unserer Galaxie, nicht zuletzt wegen ihrer bahnbrechenden Studien über die Planetenatmosphären. Die Dekanin der Fakultät, Frau Prof. Marslene vom Anderen Stern, hat inzwischen Weltallruhm erlangt. Die vom Anderen Sterns entspringen einem alten Adelsgeschlecht, das sich seit jeher der Wissenschaft verpflichtet fühlte. Auf Marslene sind sie aber ganz besonders stolz. Sie war es, die vor vielen Jahren einen Schwerpunkt der Fakultät gegen die Widerstände der etablierten Professoren auf die Erforschung des Erdklimas lenkte. An ihrer Seite arbeitet der talentierte Jungwissenschaftler Dr. Mars-Peter Erdmann, ein ausgewiesener Fachmann für das Klima der Erde. Er verfasste seine heute als bahnbrechend geltende Doktorarbeit über den irdischen Treibhauseffekt. Seither kennen die Marsmenschen die überragende Bedeutung des Phänomens für das Klima eines Planeten. Die Forschergruppe um Dekanin Marslene vom Anderen Stern hat sich Schritt für Schritt ein Bild davon gemacht, was auf ihrem Planeten schiefgelaufen und warum die Klimaentwicklung auf der Erde so vorteilhaft gewesen ist.

Die Marsmenschen haben begriffen, warum es auf der Oberfläche der Venus so unerträglich heiß geworden ist und warum es bei ihnen selbst nur noch Wasser in Form von Eis gibt. Und sie haben die fundamentalen Vorgänge, die das irdische Klima bestimmen, genau dokumentiert. Anfangs glaubten sie, dass das Wetter auf der Erde nur eine Laune der Natur sei. Was für einen Sinn sollte denn dieses Chaos haben. Dieses unberechenbare Auf und Ab. Mal warm, mal kalt. Mal nass, mal trocken. Mal stürmisch, mal windstill. Heute wissen die Marsmenschen, dass das Wetter wichtige Funktionen erfüllt und dadurch den Planeten Erde bewohnbar hält. Mit anderen Worten: Ohne die chaotischen Wetterabläufe gäbe es das tolle Klima auf der Erde gar nicht. Das Chaos hat System: Das ständig wechselnde Wetter, das sind gewissermaßen die Arbeiter, die pausenlos für ihren Herrn, das Klima, schuften.

An der Mars-Universität hat man insbesondere die Rolle des Wassers untersucht, das gasförmig als Wasserdampf, als Flüssigwasser und in seiner festen Phase als Eis auf der Erde vorkommt. Marslene vom Anderen Stern hat vor vielen Jahren in ihrer inzwischen legendären Publikation beschrieben, wie Wolken entstehen und worin ihr Vorteil liegt. Zunächst dachten die Marsmenschen, dass sich die Erdenmenschen vor neugierigen Blicken aus dem Weltall schützen wollten und deswegen einfach die weißen Gardinen zuzogen. Die Marsmenschen konnten aber kein Muster erkennen, das ihnen verriet, wann die Gardinen auf- und wann sie zugingen. Inzwischen haben die Marsmenschen dank Marslene vom Anderen Stern die herausragende Bedeutung der Wolken für das Erdklima erkannt: Ohne Wolken kann es keinen lebenswerten Planeten geben. Es regnet aus den Wolken, und das ist gut so. Die Marsmenschen dachten anfangs, dass die Wolken traurig seien und deswegen weinten. „Die haben auf der Erde wirklich nichts zu lachen“, sagten sie sich. Aber nein, die Wolken strahlen in Wirklichkeit, obwohl es gar nicht den Anschein hat.

Durch einen großen Zufall konnten wir Menschen das einmalige wissenschaftliche Werk von Marslene vom Anderen Stern und ihren Kollegen entschlüsseln. Ein Geheimdienst war gerade dabei, eine vermeintlich wichtige Nachricht vor dem Versenden zu kodieren, ein an sich alltäglicher Vorgang bei uns auf der Erde. Dabei bemerkten die Agenten, dass die Verschlüsselung nebenbei bestimmte außerirdische Signale dechiffrierte. Auf einmal waren die Botschaften verständlich, die aus Richtung des Mars kamen. Ich möchte Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die wichtigsten Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien der Marsmenschen zum Erdklima und der Rolle des Wetters nicht vorenthalten. Es handelt sich dabei zwangsläufig um eine subjektive Auswahl. Das komplette Dokument ist viele tausend Seiten dick und enthält eine große Zahl von Grafiken. Lassen Sie sich auf dieses Spiel ein. Lassen Sie uns die Erde aus der Sicht der Marsmenschen betrachten, so wie Marslene vom Anderen Stern und Mars-Peter Erdmann sie erleben. Schlüpfen wir in die Rolle der Marsmenschen. Schauen wir auf das große Ganze, denn nur so bekommt man einen Eindruck von den fundamentalen Vorgängen, die das irdische Klima bestimmen. Und wir werden die Wetterabläufe in einem ganz neuen Licht sehen. Es handelt sich um ein ausgeklügeltes System, das eine klare Ordnung erkennen lässt. Die Winde wie auch die Meeresströmungen haben einen Sinn, alles auf der Erde scheint einen Sinn zu haben.

Diese buchstäblich abgehobene Betrachtung führt uns vor Augen, dass wir in den Industrieländern mit unserer Art und Weise zu leben auf dem planetarischen Holzweg sind, ja eine geradezu verhängnisvolle Richtung eingeschlagen haben. Wir machen die Luft randvoll mit Abgasen. Und es werden immer mehr. Im letzten Jahrzehnt, in der Zeit von 2000 bis einschließlich 2009, hat sich ihr weltweiter Ausstoß um sage und schreibe mehr als dreißig Prozent erhöht. Infolge der dicken Luft erwärmt sich die Erde. Ihr Eis schmilzt in einem atemberaubenden Tempo, beispielsweise in der Arktis, wo sich die mit Eis bedeckte Fläche in den letzten dreißig Jahren um knapp ein Drittel verringert hat. Eigentlich müssten sich die Eisbären so langsam nach Kühlschränken umsehen, obwohl sie jahrtausendelang in einer großen Kühltruhe gelebt haben. Auch auf dem Himalaya, dem Dach der Welt, ziehen sich die Gletscher rasend schnell zurück. Allein in den vergangenen fünfzig Jahren sind dort die Temperaturen im Mittel um etwa zwei Grad gestiegen. Hält dieser Trend an, könnten die Gletscher des Himalaya in den kommenden Jahrhunderten vollständig verschwinden. Das nepalesische Kabinett hat unlängst auf einem Hochplateau am Fuße des Mount Everest getagt. Mit der spektakulären Aktion in 5300 Meter Höhe wollte es einige Tage vor dem Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 auf die fortschreitende Gletscherschmelze im Himalaya aufmerksam machen. Die Kabinettssitzung war gewissermaßen ein Gipfel auf dem Gipfel vor dem Gipfel. Bereits in rund hundert Jahren könnte der Titel der Hemingway-Erzählung „Schnee auf dem Kilimandscharo“ endgültig der Vergangenheit angehören, das wäre dann im wahrsten Sinne des Wortes der Schnee von gestern. Ernest Hemingway hatte dem zwischen Kenia und Tansania gelegenen Bergmassiv 1938 in seiner Erzählung ein literarisches Denkmal gesetzt. Und es überrascht daher nicht, dass der Meeresspiegel steigt, Inseln und ganze Küsten drohen von der Weltkarte zu verschwinden. In voller Tauchausrüstung hielt im Oktober 2009 das Kabinett der Malediven seine Sitzung unter Wasser ab. Wie die Nepalesen wollte die Regierung des asiatischen Inselstaates mit der aufsehenerregenden Aktion auf die drohenden Folgen des Klimawandels hinweisen. Die Menschen in den besonders betroffenen Ländern wissen, worum es beim Klimawandel geht: um den Erhalt der lebensfreundlichen Bedingungen auf der Erde. Sie scheinen jedoch noch in der Minderheit zu sein.

Die Marsmenschen wissen seit vielen Jahren eine Menge über das Klima von Planeten und haben uns bereits seit Jahrzehnten Signale gesendet, sie wollten uns warnen. Denn sie verstehen nicht, wie wir so unvernünftig sein können, die Erde über Gebühr zu strapazieren. Wir waren viele Jahre lang nicht in der Lage, ihre Botschaften überhaupt zu bemerken, geschweige denn zu entschlüsseln. Bis jetzt! Viele Erdenmenschen beginnen zu begreifen und die Zusammenhänge rund ums Klima zu verstehen. Tauchen Sie ein in die Faszination der Erde, des Klimas und des Wetters. Lernen Sie das intelligente System von Wetterabläufen kennen, das sich in Jahrmillionen entwickelt hat und uns Menschen ein angenehmes Leben auf unserem wunderbaren Planeten Erde beschert. Und entdecken Sie die Schönheit der Erde mit all ihren himmlischen Farbspielen aufs Neue. Die Erde ist tatsächlich ein Juwel, ein Meisterwerk der Natur. Das kann man gar nicht oft genug wiederholen. Wir sind dabei, die Einzigartigkeit der Erde zu vergessen. Lassen Sie uns gemeinsam wieder hinsehen. Ich verspreche Ihnen, es lohnt sich.

1.Oft kopiert, nie erreicht:die Erdatmosphäre

Beginnen wir mit einem Blick auf unsere Lufthülle. Sie ist hauchdünn, verglichen mit dem Radius der Erde von mehreren tausend Kilometern. Der überwiegende Teil der Luft befindet sich in den unteren zehn Kilometern, dort, wo sich auch das Wetter abspielt. Sie alle kennen die Frage, ob man nur von Luft und Liebe lebt. Die Frage bekommt man immer dann gestellt, wenn man nur eine Kleinigkeit zu sich nimmt oder vielleicht auf eine Mahlzeit ganz verzichtet. Liebe brauchen wir auf jeden Fall, keine Frage. Aber die Luft? Ja sicher, wir benötigen sie zum Atmen. Aber brauchen wir die Luft auch darüber hinaus? Diese hauchdünne Schicht, die die Erdoberfläche umgibt? Die Antwort kennen die Marsmenschen nur zu gut: Ja! Und nochmals ja! Unsere Erde hat nämlich ihr lebensfreundliches Antlitz dem Umstand zu verdanken, dass sie eine Lufthülle besitzt, die wir Atmosphäre nennen. Sie besitzt eine Zusammensetzung, wie sie nicht besser sein könnte. Man kann die Zusammensetzung der Erdatmosphäre aus dem Weltall fern erkunden, d. h. mit Hilfe von Satelliten aus großen Entfernungen bestimmen. Das ist so ähnlich wie Radio hören, weil Gase wie Rundfunksender elektromagnetische Strahlung bestimmter Frequenzen aussenden.

Auch jeder Körper sendet elektromagnetische Strahlung aus, und zwar in einem ganzen Bereich von Frequenzen. Das lässt sich auch in Form von Wellenlängen ausdrücken. Die Wellenlänge, bei der ein Körper am meisten Strahlung aussendet, hängt von der Temperatur ab. Da wir von der Sonne vor allem Strahlung im sichtbaren Bereich in Form von Licht erhalten, wissen wir, dass die Sonne an ihrer Oberfläche mehrere tausend Grad heiß ist, gut 6000 Grad Celsius. Die Erde ihrerseits ist vergleichsweise kalt, und daher sendet sie Strahlung im nichtsichtbaren Bereich in Richtung Weltall, die wir als Infrarotstrahlung bezeichnen. Man nennt sie auch Wärmestrahlung. Wir machen uns die Infrarotstrahlung übrigens im Alltag zunutze, beispielsweise in Form von Wärmebildkameras. Mit einer derartigen Kamera können wir auch dann etwas sehen, wenn es stockdunkel ist. Gegenstände, die wärmer als ihre Umgebung sind, heben sich ab und können erkannt werden.

Die Marsmenschen sehen sozusagen (infra)rot, wenn sie die empfindlichen Messgeräte auf ihren Satelliten auf die Nachtseite der Erde richten. Gase senden Strahlung entsprechend ihrer Molekülstruktur aus. Dabei handelt es sich um äußerst komplizierte Vorgänge im Mikrokosmos, d. h. in der Welt der Elementarteichen, die wir mit unserem Auge nicht erkennen können. Die Marsmenschen haben die Vorgänge im Mikrokosmos im Detail studiert und herausgefunden, dass die verschiedenen Gase Strahlung ganz bestimmter Frequenzen aussenden. Und das nutzen sie, pfiffig wie sie sind. Sie stellen ihr Radio einfach auf die Frequenz, auf der das Programm von Radio Sauerstoff zu empfangen ist – oder von Radio Stickstoff. Die Marsmenschen hören pausenlos das Radioprogramm der Erde und wissen daher recht gut über unsere Erdatmosphäre Bescheid. Sie besteht zu 78 Prozent aus Stickstoff und zu 21 Prozent aus Sauerstoff. Richtig, das sind bereits 99 Prozent. Der Löwenanteil der Lufthülle entfällt demnach auf nur zwei Gase. Das restliche eine Prozent entfällt auf verschiedene Edel- und Spurengase, wobei das Edelgas Argon mit gut 0,9 Prozent einen Großteil beiträgt.

Die Hauptgase der Erdatmosphäre, Stickstoff und Sauerstoff, befinden sich vor allem in der unteren Atmosphäre, der Troposphäre, die sich, je nach geographischer Breite, bis in etwa zehn bis fünfzehn Kilometer Höhe erstreckt. Stickstoff und Sauerstoff sind lebensnotwendig, wie auch die Biologen der Mars-Universität wissen: Die Pflanzen, die die Marsmenschen mit Freude betrachten und so gern auf ihrem Planeten hätten, benötigen den Stickstoff. Wir Menschen atmen wie viele andere Lebewesen den Sauerstoff. Zur Lebensqualität auf der Erde trägt ebenfalls das Ozon bei, das überwiegend oberhalb der Troposphäre in der Stratosphäre vorkommt, dem zweiten Stockwerk der Erdatmosphäre. Obwohl es mit 0,000007 Prozent einen verschwindend geringen Anteil an unserer Atmosphäre besitzt, spielt es für das Leben dennoch eine extrem wichtige Rolle. Es filtert nämlich die für Lebewesen schädliche ultraviolette (UV) Strahlung und wirkt gewissermaßen als unsere Sonnenbrille. Die ultravioletten Strahlen der Sonne zerstören die Zellen von Pflanzen und Tieren und können beim Menschen Hautkrebs und Augenschäden hervorrufen. Die Marsmenschen waren entsetzt darüber, dass wir die Ozonschicht fast zerstört hätten, indem wir jahrzehntelang große Mengen Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) in die Luft geblasen haben. Noch vor einigen Jahren arbeiteten beispielsweise Kühlschränke mit FCKW als Kühlmittel. Das Ozon-Problem haben wir inzwischen selbst, ohne die Hilfe der Marsmenschen, gelöst, zum Glück vermutlich gerade noch rechtzeitig. Es besteht heute die begründete Hoffnung, dass sich die Ozonschicht bis Mitte des Jahrhunderts einigermaßen erholt. Ganz genau weiß dies aber niemand.

Kehren wir zu den beiden Hauptgasen zurück. Stickstoff und Sauerstoff beeinflussen das irdische Klima nicht nennenswert. Eine nur aus diesen beiden Gasen bestehende Atmosphäre wäre buchstäblich eine Klimakatastrophe: Die Erde wäre eine Eiswüste mit Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt. Wir würden also das traurige Schicksal der Marsmenschen teilen, gäbe es in unserer Luft nicht noch weitere Gase. Und jetzt verstehen wir, worum uns die Marsmenschen wirklich beneiden: Es sind die Spurengase in unserer Atmosphäre. Diese kommen in nur sehr geringen Mengen vor, in Spuren eben, und sie besitzen einen Anteil an der Erdatmosphäre von deutlich weniger als einem Zehntel Prozent. Die Spurengase sind es, wie Mars-Peter Erdmann herausfand, die die Erdoberfläche und die unteren Luftschichten um mehr als 30 Grad Celsius erwärmen und damit für die komfortablen Temperaturen auf der Erdoberfläche sorgen. Ohne die Spurengase würde unsere Erde bis auf eine durchschnittliche Temperatur von etwa minus 18 Grad Celsius auskühlen. Erst durch das Vorhandensein von Wasserdampf, Kohlendioxid, Lachgas oder Methan kommt es zu dem natürlichen Treibhauseffekt, der unser Leben auf der Erde bei Durchschnittstemperaturen von knapp plus 15 Grad Celsius angenehm gestaltet.

Die Spurengase lassen die ankommende Sonnenstrahlung zwar passieren, jedoch halten sie die von der Erdoberfläche abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung, die Infrarotstrahlung, größtenteils zurück. Sie absorbieren die Strahlung. Nur ein kleiner Teil der von der Erdoberfläche ausgesendeten Wärmestrahlung kann bei bestimmten Wellenlägen direkt in den Weltraum entweichen. Der entsprechende Frequenzbereich ist als langwelliges atmosphärisches Fenster bekannt. Die Spurengase, uneigennützig wie sie sind, strahlen die aufgenommene Energie in alle Richtungen wieder ab. So kommt an der Erdoberfläche mehr Energie an als ohne die Spurengase: die Sonnenstrahlung und eben die auch von den Treibhausgasen in Richtung Erdoberfläche abgestrahlte Wärmestrahlung, die wir Gegenstrahlung nennen. Der natürliche Treibhauseffekt ist somit für die Erwärmung der Erdoberfläche verantwortlich, um die uns die Marsmenschen so sehr beneiden. Wir Menschen dürfen in Straßencafés sitzen oder im Meer baden gehen, ohne zu Eisblöcken zu erstarren. Wir dürfen das Leben auf der Oberfläche unseres Planeten in vollen Zügen genießen.

Das wichtigste Spurengas in unserer Atmosphäre ist der Wasserdampf mit seiner enormen Treibhauswirkung. Er allein sorgt für knapp zwei Drittel der Treibhaus-Erwärmung, die wir als den natürlichen Treibhauseffekt bezeichnen. Es hat lange gedauert, bis die Marsmenschen den Wasserdampf überhaupt zur Kenntnis genommen haben. Er ist nämlich unsichtbar – für uns Erden- wie auch für die Marsmenschen, deren Augen den unseren ähneln. Zwar glauben wir, den Wasserdampf mit unseren Augen zu sehen. Was wir jedoch tatsächlich sehen, sind winzige Tröpfchen, d. h. das flüssige Wasser. Was wir also als Wolke sehen, sind genau diese Tröpfchen, den Wasserdampf selbst sehen wir nicht. Wie alle Gase ist er unsichtbar. Nun werden Sie mich mit dem kochenden Wasser konfrontieren wollen. Da steigt doch Dampf auf. Stimmt! Wenn der Siedepunkt erreicht ist, geht das flüssige Wasser in Wasserdampf über. Letzteren sehen wir aber gar nicht. Was wir tatsächlich sehen, sind die winzigen Tröpfchen, die sofort entstehen, wenn der Wasserdampf in die relativ kalte Umgebungsluft gelangt und kondensiert, d. h. das Wasser infolge der Abkühlung von der gasförmigen wieder in die flüssige Phase übergeht.

Erst als die Marsmenschen ihre empfindlichen Empfänger entwickelt hatten und dem irdischen Programm von Radio Wasserdampf lauschten, konnten sie auf seine Existenz schließen. Radio Wasserdampf sendet Programme auf einer Reihe von Frequenzen, so wie viele irdische Sender schließlich auch mehrere Programme ausstrahlen. Der NDR, der SWR oder der BR senden beispielsweise nicht nur ein Programm, sondern eine ganze Handvoll, und das rund um die Uhr. Die Fülle der Programme von Radio Wasserdampf verdeutlicht dessen besondere Bedeutung für den natürlichen Treibhauseffekt mit seinem Anteil von über sechzig Prozent.

Das zweitwichtigste Treibhausgas ist das Kohlendioxid mit einem Anteil von knapp einem Viertel an der Erwärmung. Es steuert heute ungefähr 0,039 Prozent zur Erdatmosphäre bei, ein äußerst geringer Anteil, so wie man es von einem Spurengas erwartet. Eine gewisse klimatische Bedeutung kommt daneben der geringen Ozonmenge zu, die sich in der Troposphäre befindet und einen Anteil von einigen Prozent am natürlichen Treibhauseffekt besitzt. Lachgas und Methan liefern noch kleinere Beiträge von einigen wenigen Prozent.

Man muss den natürlichen Treibhauseffekt streng von dem durch uns Menschen verursachten trennen, da man sonst Äpfel mit Birnen vergleicht. Dank Mars-Peter Erdmann sind wir inzwischen dazu in der Lage. Vor Beginn der Industrialisierung, um ca. 1750, betrug der Anteil des Kohlendioxids lediglich 0,028 Prozent. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre steigt offensichtlich rasant an, inzwischen um etwa ein Drittel, wobei das meiste Kohlendioxid in den letzten fünfzig Jahren in die Atmosphäre gelangte. Wann immer wir die fossilen Brennstoffe Kohle, Öl und Erdgas in Kraftwerken verbrennen, um Strom oder Wärme zu erzeugen, entsteht unweigerlich Kohlendioxid. Der Stoff, aus dem die Energieträume sind, war und ist der Kohlenstoff (C), bei dessen Verbrennung Energie entsteht und der die bis dahin vorherrschende Muskelkraft mit Beginn der Industrialisierung verdrängt hat. Durch die Verbrennung der fossilen Energieträger kommt es zur Freisetzung des seit Millionen von Jahren in der Erdkruste eingelagerten Kohlenstoffs, der sich mit dem Sauerstoff (O2) verbindet und als Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre entweicht.

Der Anstieg des Kohlendioxids ist hauptverantwortlich für den zusätzlichen, den anthropogenen Treibhauseffekt, d. h. für den durch uns Menschen verursachten Treibhauseffekt. Daneben wirken auch Methan (CH4), FCKW und Distickstoffoxid (N2O), auch Lachgas genannt, erwärmend. Ozon, das man fälschlicherweise immer wieder als einen Hauptverantwortlichen für die Klimaerwärmung nennt, spielt für den zusätzlichen Treibhauseffekt nur eine untergeordnete Rolle. Es ist jedoch selbstverständlich ein wichtiges Gas in unserer Atmosphäre, das an mehreren Vorgängen beteiligt ist. Die Verwirrung rührt vermutlich daher, dass die FCKW die Ozonschicht ausdünnen und am natürlichen wie auch am zusätzlichen Treibhauseffekt in geringem Maße beteiligt sind. Da fällt es zugegebenermaßen schwer, den Überblick zu behalten.

Die rauchenden Schlote wie auch die Waldbrände, über die sich die Marsmenschen so viele Gedanken und vor allem Sorgen machen, befördern immer mehr Kohlendioxid in die Erdatmosphäre. Dazu trägt die Verbrennung der fossilen Brennstoffe mit etwa neunzig Prozent am meisten bei, während die Waldzerstörung mit knapp zehn Prozent zu Buche schlägt. Davon entfällt der Löwenanteil auf die Brandrodung der tropischen Regenwälder. Zudem sterben infolge der Brandrodungen immer mehr Arten aus; der nächste könnte der Orang-Utan sein. Die Artenvielfalt auf der Erde ist durch unsere Aktivitäten massiv bedroht, und das, obwohl wir im Jahr 2009 den 200. Geburtstag von Charles Darwin (1809 – 1882) gefeiert haben, dem Begründer der Evolutionstheorie, der im Jahr 1859 sein bahnbrechendes Werk „Die Entstehung der Arten“ veröffentlicht hatte.

Wenn die Marsmenschen unser Treiben betrachten, denken sie mit Sorgenfalten an einen anderen Planeten in unserem Sonnensystem, unseren Nachbarplaneten die Venus. Und sie wissen, was zu viel Kohlendioxid in einer Planetenatmosphäre anrichten kann: viel zu hohe und damit lebensfeindliche Temperaturen. Die armen Venusmenschen sind ebenfalls gezwungen, unter der Oberfläche zu leben. Auf der Venusoberfläche herrschen heute Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius, weswegen sich die Venusmenschen in hitzebeständiger Kleidung, einer Art Raumanzug, bewegen müssen, wenn sie ihr klimatisiertes Zuhause verlassen und sich in Richtung der Oberfläche aufmachen. Die Temperatur der Erde steigt infolge des zunehmenden Kohlendioxids in der Luft und der höher werdenden Konzentration anderer Spurengase, wie etwa Methan oder Lachgas, an. Doch scheint dies die Erdenmenschen nicht sonderlich zu stören. Sie machen immer weiter und streiten sich unentwegt. Etwa über das Geld. „Wozu braucht ihr Erdenmenschen eigentlich diese Metallstücke und diese Lappen aus Papier? Es wäre doch alles so einfach. Allein die Sonne schickt euch Energie im Überfluss. Die Sonnenstrahlung, die die Erde in nur einem Jahr erreicht, könnte 10 000 Jahre lang den Energiebedarf der gesamten Menschheit decken. Was ist los mit euch? Kennt ihr Erdenmenschen denn die Klimageschichte eurer Geschwisterplaneten Mars und Venus nicht?“ Diese oder ähnliche Gedanken schießen den Marsmenschen durch den Kopf, wenn sie uns zuschauen.

2.Quo vadis Planet? –Heißzeit oder Eiszeit