Warum fällt das Schaf vom Baum? - Christiane Stenger - E-Book + Hörbuch

Warum fällt das Schaf vom Baum? E-Book und Hörbuch

Christiane Stenger

4,9

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Beschreibung

In TV-Sendungen wie der Grips-Show beeindrucken Gedächtnisgenies durch verblüffende Memoleistungen. Kaum zu glauben, aber: Das kann jeder lernen! Christiane Stenger war Jugendweltmeisterin im Gedächtnissport und zeigt, wie jeder seine Gehirnleistung gezielt verbessern und im Alltag nutzen kann.

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Seitenzahl: 244

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Zeit:1 Std. 5 min

Sprecher:Anne Kreutzer

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Christiane Stenger

Warum fällt das Schaf vom Baum?

Gedächtnistraining mit der Jugendweltmeisterin

Über das Buch

Sie prägt sich mühelos 890 Zahlen ein oder ordnet 105 Gesichtern nach 15 Minuten die richtigen Namen zu: Christiane Stenger, Jahrgang 1987, war mehrmals Jugendweltmeisterin im Gedächtnissport. In ihrem sehr persönlichen Buch erzählt sie ihre Erfolgsgeschichte und erklärt, warum Gedächtnistraining mehr bedeutet als das Auswendiglernen ellenlanger Zahlen. Christiane Stenger zeigt, welche positiven Auswirkungen das Memotraining auf die gesamte Gehirnleistung hat und wie jeder davon profitieren kann. Denn wer sein Gedächtnis trainiert, beflügelt die eigene Kreativität, verbessert seine Auffassungsgabe, stärkt seine Stressbelastbarkeit und sein Selbstvertrauen.

Über den Autor

Christiane Stenger, Jahrgang 1987, ist mehrfache Jugendweltmeisterin im Gedächtnistraining. Mit 10 Jahren begann sie, ihre Denk- und Merkfähigkeit zu trainieren und entdeckte schnell, dass sie sich damit nicht nur ellenlange Zahlen merken konnte, sondern vor allem in Schule und Alltag davon profitierte. So konnte sie schon mit 16 Jahren ihr Abitur machen, obwohl sie selbst über sich sagt: »Eigentlich bin ich total faul ...«

|7|Vorwort

Man muss kein Genie sein, um sich eine hundertstellige Zahl zu merken. Die meisten Menschen glauben, gewisse Talente wären erforderlich, um so außergewöhnlich viele Dinge im Kopf behalten zu können. Aber im Prinzip tragen wir alle die Voraussetzung dafür in uns. Und mal ehrlich: Nicht jeder muss imstande sein, sich eine dreitausendstellige Zahl zu merken. Dass es jedoch Sinn macht, wenn Schafe von Bäumen fallen und Kühe manchmal im Nil baden, werden Sie schon bald entdecken. Ein bisschen Geduld müssen Sie allerdings noch haben.

Abi mit 16 – das klingt gut. Aber dahinter verbirgt sich bis auf die letzten Jahre eine ziemlich ungewöhnliche, aber zeitweise sehr unglückliche Schullaufbahn: Schulverweigerung, Überspringen der 3. Klasse, drohendes Sitzenbleiben, Wechsel von einem humanistischen auf ein neusprachliches Gymnasium als Herausforderung, erneuter Wechsel mit guten Noten an ein privates Internatsgymnasium, Überspringen der 9. Klasse und Absolvierung des regulären Schnellzugs, in dem der Stoff der 10. und 11. Klasse mit mehr Wochenstunden innerhalb eines Jahres durchgenommen wurde. In den acht Schuljahren vor der Kollegstufe habe ich sechs verschiedene Klassen an vier verschiedenen Schulen besucht.

Ich denke heute, dass ich diesen Weg nicht gegangen wäre, wenn ich nicht durch Zufall zum Gedächtnissport gefunden hätte. Das Training und die Teilnahme an Meisterschaften waren mir während der Schulzeit eine große Hilfe. Denn ich habe gelernt zu lernen, – fast immer – im |8|richtigen Moment vorbereitet und konzentriert zu sein, und ich habe mein Selbstvertrauen in den ersten Gymnasialjahren nicht verloren, als in der Schule gar nichts funktionierte.

Ich möchte auch Sie ermuntern, mit Gedächtnistraining Ihr Potenzial zu entdecken. Unsere Gesellschaft braucht Kreativität und Engagement.

2003 haben die World-Memory-Championships, die Weltmeisterschaft der Gedächtnissportler, das erste Mal nicht in London, sondern in Kuala Lumpur, Malaysia, stattgefunden, und die Veranstaltung hat dort – auch vonseiten der malaysischen Regierung – große Aufmerksamkeit erfahren. In den asiatischen Ländern, vor allem in Indien und Malaysia, finden die aus dem Gedächtnistraining entwickelten Lerntechniken großes Interesse und Zulauf, während in Europa dieser Sport mehr oder weniger immer noch als eine exzentrische Form der Freizeitgestaltung angesehen wird.

Es geht in diesem Buch aber eigentlich um etwas ganz anderes als um die Teilnahme an Meisterschaften und das Auswendiglernen von ellenlangen Zahlen, Spielkarten und Wörtern, obwohl die mithilfe der Gedächtnistechniken erreichten Memorierleistungen phänomenal und beeindruckend sind. Das menschliche Gedächtnis ist der Schlüssel zur eigenen Person und verleiht ihr ihre Bedeutung. Denn die ›Archivierung‹ der Vergangenheit beeinflusst die Wahrnehmung der Gegenwart und bereitet damit auch die Zukunft vor. Mit bewusstem Gedächtnistraining stärken Sie somit nicht nur Ihr Erinnerungsvermögen, sondern Sie verbessern vor allem auch Ihre Wahrnehmungsfähigkeit und können gleichzeitig Qualifikationen und Fähigkeiten vertiefen, die im Berufsleben eine große Rolle spielen, wie Kreativität, flexibles Denken, schnelle Auffassungsgabe, Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit unter Stress.

Ich möchte mit diesem Buch anhand vieler Beispiele und Übungen mit Lösungsvorschlägen zeigen, wie Sie Ihr Gedächtnis verbessern können und Zugang zu verschiedenen Gedächtnistechniken finden. Mit dem bewussten Training Ihres Gedächtnisses werden Sie Ihre eigenen Fähigkeiten entdecken. Sie lernen mit der täglichen ›Informationsflut‹ besser umzugehen und Ihr Denken weiterzuentwickeln. Vor allem |9|möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie mit einfachen Gedächtnisübungen Ihren Alltag einfacher gestalten können.

Dazu müssen Sie sich jedoch auf eine etwas andere Welt einlassen, in der Logik und Naturgesetze keine große Rolle mehr spielen, ähnlich wie bei Alice im Wunderland (Lewis Carroll). Ich wünsche Ihnen viel Spaß und Unterhaltung beim Lesen dieses Buches und viel Fantasie und Erfolg beim Trainieren!

|11|Kapitel 1

Warum Gedächtnistraining?– Zehn Gründe

Als ich mit zehn Jahren mehr oder weniger zufällig mit diesem ›Sport‹ anfing, war ich von den Gedächtnistechniken sofort begeistert, doch schien mir das Trainieren ziemlich langweilig und ich konnte darin keinen großen Sinn erkennen. Heute bin ich froh, dass ich nicht gleich aufgegeben habe, sondern mich intensiver mit den Gedächtnistechniken und ihrer Anwendung beschäftigte. Denn nun, nach einigen Jahren Wettbewerbserfahrung und Abschluss meiner Gymnasialzeit, während der ich selbst an meiner Schule Kurse in Gedächtnistraining gegeben habe, beurteile ich dieses ›Gehirnjogging‹ ganz anders. Im Lauf der Zeit wurde mir bewusst, dass man mit Gedächtnistraining schon mit relativ wenig Zeitaufwand nicht nur seine Erinnerungsfähigkeit stärken, sondern auch viele weitere Kompetenzen ausbauen kann.

1. Ein gutes Gedächtnis ist Voraussetzung für Wissen und Bildung

Nachdem die Ergebnisse der PISA-Studie vorliegen, setzt sich bei uns allmählich der Gedanke durch, dass Bildung auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, denn Investitionen in das Bildungssystem sind Investitionen in die Wirtschaft von morgen. Investitionen werden aber immer noch sehr materiell gesehen: Lehrerstellen, Lehrmittelfreiheit, Computerausstattung, Lehrpläne, Bildungsstandards und so weiter. Es wird zu wenig darüber nachgedacht, wie man – unabhängig von der |12|staatlichen Haushaltslage – mit dem vorhandenen geistigen Potenzial Schulen zu einem attraktiven Ort des Lernens machen und Kreativität, selbstständiges Problemlösen, analytisches und planerisches Denken, soziale Kompetenz und Teamfähigkeit in der Schule vermitteln kann, wie das in anderen Ländern möglich zu sein scheint.

In der Zeit, als ich am Tiefpunkt meiner schulischen Karriere angelangt war, hatten wir einige Monate Besuch von meinem kanadischen Cousin, der gerade seinen Schulabschluss in Vancouver gemacht hatte und bei uns seine Deutschkenntnisse verfeinern wollte. Er war manchmal irritiert, wenn mein Bruder und ich ihm von unserem Schulalltag erzählten. Für ihn war es zum Beispiel unverständlich, dass meine Schule überhaupt nicht auf meinen Titelgewinn bei den ersten Juniorengedächtnismeisterschaften reagierte, obwohl in den Zeitungen darüber berichtet worden war. Seine Schule sei jedes Mal stolz auf Schüler oder Schülerinnen gewesen, die auch außerhalb der Schule eindrucksvolle Leistungen gezeigt hatten. Aus seinen Erzählungen ging immer wieder hervor, wie unverkrampft der Umgang zwischen Lehrern und Schülern in den Klassen war und wie motivierend sich dies auf den Unterricht auswirkte. Wir haben damals sogar daran gedacht, unsere Schulausbildung in Kanada fortzusetzen, aber für diesen Schritt waren wir mit elf und dreizehn Jahren doch zu jung.

Auch heute gilt noch die Aussage des englischen Staatsmanns und Philosophen Francis Bacon (1561–1626) »Wissen ist Macht«. Um dieses Wissen zusammenzutragen, sind vor allem drei aufeinander aufbauende Kompetenzen von Bedeutung:

Beschaffung von Informationen auf intellektueller, emotionaler und sozialer Ebene,

Transformation in Wissen und Verknüpfung der verschiedenen Wissensbereiche,

Speicherung des Wissens mit möglichst lebenslangem Zugriff.

Das Gedächtnistraining bietet beim Aufnehmen neuer Informationen und beim Lernen, nicht nur in der Schule oder an der Uni, sondern auch im Berufsleben eine sehr große Hilfe. Diese Hilfe besteht jedoch |13|nicht in typischen ›Lerntechniken‹, vielmehr lernen Sie durch Gedächtnistraining, das Potenzial Ihres Gehirns zu nutzen und Informationen durch die Umsetzung in Bilder und durch Verknüpfungen zu bereits bekanntem Wissen leichter abzuspeichern. Sie lernen intensiver und schneller, sodass Sie die gewonnene Zeit für andere Interessen nutzen können.

Mit Gedächtnistraining erhalten Sie die Chance, Ihre persönlichen Kompetenzen in den genannten drei Bereichen zu optimieren – mit relativ wenig Zeitaufwand, ohne finanzielle Kosten, dafür aber mit etwas Disziplin, indem Sie anfangen, regelmäßig zu trainieren.

2. Sie beflügeln Ihre Fantasie

Fantasie, was ist das eigentlich genau? Der Brockhaus definiert Fantasie als »die schöpferische Fähigkeit des menschlichen Geistes, neue Vorstellungsbilder hervorzubringen und zu kombinieren«. Hätten Sie gedacht, dass gerade Fantasie ein unverzichtbarer Bestandteil des Gedächtnistrainings ist? Beim Vorgang des Abspeicherns von Informationen wie beim Erinnern spielt die Imagination, die Vorstellung von Bildern, eine große Rolle und je fantasievoller und außergewöhnlicher die Bilder sind, die Sie zum Erinnern nutzen, umso besser und länger prägen sie sich in Ihrem Gedächtnis ein.

Ich habe oft den Eindruck, dass Fantasie heute viel zu kurz kommt. Die Fantasie, die im Elternhaus oder Kindergarten durch Vorlesen und Märchen erzählen, Geschichten ausdenken, Basteln und Spielen angeregt und gefördert wurde, spielt während der Schulzeit keine große Rolle mehr. Der Schwerpunkt der Lehrpläne liegt auf den Fächern, die das logische Denken trainieren wie Mathematik, Sprachen und Naturwissenschaften, und leider wird im Unterricht die Fantasie der Schüler nicht weiter gepflegt und auch nicht als Möglichkeit der Wissensvermittlung eingesetzt. Nach der Erfahrung meiner ersten Schuljahre werden Schüler von Lehrern auch zu selten aufgefordert und unterstützt, sich Stoff selbstständig zu erarbeiten, Aufgaben ohne einen vorgegebenen Lösungsweg zu bewältigen, sich in Gruppenarbeit einzelner Aufgabengebiete |14|anzunehmen und zu präsentieren, eventuell in anderen Klassen oder sogar an anderen Schulen. Ein solcher Austausch würde nicht nur die Fantasie der Schüler beflügeln, sondern zusätzlich auch Abwechslung in den Schulalltag bringen.

Wenn ich mich mit anderen darüber unterhalte, wie das Merken mit der Fantasie zusammenhängt und wenn ich ein paar Beispiele nenne, wie diese zahlreichen Bilder vor meinem inneren Auge entstehen, höre ich oft: »Auf so eine Idee oder so ein verrücktes Bild würde ich nie kommen!«

Aber genau das ist das Problem. Durch das riesige Medienangebot, das uns heute umgibt, wird uns eine solche Vielzahl an Bildern vermittelt, dass die eigene Fantasie immer weniger gefordert und somit auch nicht gefördert wird. Beim Gedächtnistraining ist jedoch Fantasie gefragt, um immer wieder neue Bilder in Ihrem Kopf entstehen zu lassen. Sie lernen, mit Gedanken und Ideen zu spielen und wieder ein bisschen mehr zu träumen. Auf diese Weise öffnen sich Ihnen viele andere und neue Wege, eine Aufgabe zu bewältigen oder Probleme zu lösen, sowohl auf beruflicher Ebene als auch in Ihrem alltäglichen, privaten Leben.

Nutzen Sie Ihre Fantasie auch als Entspannungsmittel. Nehmen Sie sich zum Beispiel wenige Minuten Zeit, wenn Sie nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommen. Setzen oder legen Sie sich bequem hin und lassen Sie Ihren Gedanken einfach mal wieder freien Lauf. Erinnern Sie sich an Ihren letzten Urlaub oder an andere schöne Erlebnisse. Schließen Sie die Augen und versuchen Sie, sich die Orte oder Gelegenheiten vor Augen zu führen, mit denen Sie angenehme Erinnerungen verbinden. Sie hören den Wind wehen und spüren die warme Sonne auf Ihrer Haut. Oder Sie planen in Gedanken Ihren nächsten Urlaub oder einfach ein gemeinsames Essen mit guten Freunden. Dies sind bereits angenehme Übungen, die sie auf ein erfolgreiches Gedächtnistraining vorbereiten.

|15|3. Sie entfalten Ihre Kreativität

Kreativität ist mittlerweile eine der gefragtesten Eigenschaften im Berufsleben. Aber was ist das eigentlich genau? Als ich klein war, dachte ich immer, dass nur Künstler und Wissenschaftler ›kreativ‹ sind. Heute bin ich überzeugt, dass in jedem von uns seine eigene, auf seinen Stärken basierende Kreativität steckt, die nur gefordert und gefördert werden will. Kreativität ist meiner Meinung nach immer ausbaufähig und es gibt viele Möglichkeiten, sie zu trainieren. Viele vergessen jedoch dabei, dass Fantasie und Kreativität unmittelbar zusammengehören. Wie kann man jedoch Kreativität entfalten, wenn man verlernt hat, ein bisschen verrückt zu sein, rumzuspinnen und sich etwas Zeit zu nehmen, um seiner Fantasie Raum zu geben?

Eine Möglichkeit wird Ihnen in diesem Buch vorgestellt. Denn durch die Bilder oder Geschichten, die beim Gedächtnistraining in Ihrem Kopf entstehen, wird Ihnen (wieder) bewusst, dass es Hunderte verschiedener Möglichkeiten gibt, sich ein Bild von etwas zu machen. Vorstellungen, Eindrücke und Empfindungen sind immer wieder neu miteinander kombinierbar, können immer wieder auf andere Weise mit neuen Informationen verknüpft werden. Durch diese Erkenntnis können sich auch in anderen Bereichen ganz neue Sicht- und Denkweisen entwickeln. Und Sie werden flexibler und aufgeschlossener an neue Aufgaben herangehen. Ein kleines Beispiel zur Demonstration: Nehmen Sie vier konkrete Worte wie Hund, Auto, Berg, Teppich oder abstrakte Begriffe wie Ungläubigkeit, Temperatursturz, Hoffnung, Universalgenie und versuchen Sie, aus diesen Begriffen eine kleine fantasievolle Geschichte zu machen.

Bereits Spinoza (1632–1677) kam in seiner Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes zu der Auffassung, dass sich ein Sachverhalt umso leichter merken lässt, je greifbarer er dargestellt ist. »Wenn ich beispielsweise jemandem eine Fülle unzusammenhängender Worte mitteile, wird er sie sehr viel schwerer behalten, als wenn ich ihm die Worte in Form einer Erzählung mitteile.« So wird auch Ihnen für die beiden kleinen Wortreihen sicher auf die Schnelle eine interessante kurze Geschichte einfallen. Es geht hier nicht darum, sich die Begriffe |16|oder deren Reihenfolge zu merken, sondern darum, möglichst viele verschiedene Varianten der Geschichte zu entwickeln. Das hört sich vielleicht banal an. Aber es ist eine Möglichkeit, sich bewusst zu machen, wie viele verschiedene Ansätze zur Verfügung stehen. Vielleicht gelingt es Ihnen nach ein wenig Übung, auch im Alltag nicht gleich die erste Lösung einer Frage oder eines Problems zu akzeptieren, sondern von vornherein alternative Lösungswege in Ihre Entscheidung miteinzubeziehen. Und wenn man mit so etwas einfachem anfängt, lässt sich das nach ein wenig Übung auch auf andere Aufgaben Ihres Alltags übertragen.

Entscheidendes Kriterium für Kreativität ist ja die innovative Idee, dass man auf etwas Neues kommt, nicht nur in eine Richtung denkt, sondern versucht, andere Lösungsansätze zu finden. Zu Kreativität gehört also auch sehr viel Fantasie, die ja gerade beim Merken von Bildern gefördert wird. Je mehr Nervenzellen durch die Aktivierung unseres Gehirns miteinander verbunden werden, desto größer sind die Chancen, neue Ideen zu entwickeln. Oft fehlt der entscheidende Impuls, sich von eingefahrenen Denkschemata zu lösen. Der offene Umgang mit der Visualisierung von Informationen hilft nach meiner eigenen Erfahrung auch, in seiner Denkweise flexibler zu werden.

4. Sie stärken Ihre Wahrnehmungsfähigkeit, soziale Kompetenz und Ausdrucksfähigkeit

Wenn Sie an Ihre lebhaftesten Erinnerungen denken, wird Ihnen bewusst werden, dass sie auf Ereignissen basieren, die mit starken Emotionen verbunden sind. Diese evolutionsbedingte Eigenart unseres Erinnerns werden Sie nutzen lernen, um Ihr Gedächtnis zu verbessern. Erinnerung basiert aber auch auf anderen Sinneserfahrungen. Wenn Ihnen beim Training Ihres Gedächtnisses deutlich wird, wie sehr Sie Ihr Erinnerungsvermögen dadurch optimieren können, dass Sie wichtige, neue Informationen mit Sinneserfahrungen verknüpfen, werden Sie Ihrer Wahrnehmungsfähigkeit noch mehr Aufmerksamkeit schenken. Sie werden Ihre Umwelt genauer beobachten und auf diese Weise viel |17|›Material‹ erwerben, mit dem Sie Ihre Erinnerungsvorgänge ausschmücken können.

Unsere nicht-visuellen Sinneseindrücke werden heute allerdings nicht mehr so ›versorgt‹ wie früher. Ich meine nicht so starke Eindrücke wie Hungern, Frieren, Trauern, sondern ganz einfache Erfahrungen, wie sich zum Beispiel verschiedene Oberflächen anfühlen. Können Sie sich erinnern, wie scharf kleine Steinchen an den Fußsohlen pieksen, wenn man schnell über einen Kiesweg läuft oder wie rau sich Baumrinde anfühlt?

Durch das Gedächtnistraining werden Sie Ihre Sinneswahrnehmung weiter aktivieren und schärfen und diese Eindrücke werden Ihnen helfen, hilfreiche Assoziationen zu finden und Verknüpfungen zu erstellen. Es klingt trivial, aber vermutlich werden Sie noch zugänglicher für die kleinen Dinge des Lebens, als Sie es vielleicht schon sind: Sie werden sich wundern und freuen, wenn Sie etwa im Winter unerwartet Vogelgesang hören. Auch die Menschen in Ihrer unmittelbaren Umgebung werden Sie viel intensiver wahrnehmen und sich so besser mit ihnen auseinander setzen können. Ebenso werden Sie fremden Menschen aufmerksamer gegenübertreten, und dadurch wird es Ihnen leichter fallen, sich Namen und Gesichter zu merken.

Diese verbesserte Beobachtungsgabe wird auch Ihre sprachliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit steigern. Denn je mehr Detailkenntnisse Sie haben, desto lebhafter können Sie Ihr Gegenüber im Gespräch begeistern, überzeugen und beeindrucken oder Ihre Vorstellungen schriftlich ausdrücken. Ihre verbesserte Vorstellungskraft wird Sie bei allen kreativen Prozessen unterstützen.

5. Sie stellen die Weichen für flexibles und vernetztes Denken

Durch die immer komplexer werdenden Strukturen unsrer Welt wird vernetztes Denken zunehmend an Bedeutung gewinnen und eingesetzt werden müssen. Wir werden gefordert sein, noch weiter vorauszudenken, vor allem nicht spartenspezifisch, sondern fachübergreifend.

|18|Vernetztes Denken bedeutet, Prozesse nicht nur im Hinblick auf die eigenen Interessen zu analysieren, zu strukturieren und umzusetzen, sondern sie auch aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, um zu abgestimmten und nachhaltigen Lösungen zu gelangen, die eine breite Zustimmung finden.

Hierfür ist ein breit gefächertes Wissen notwendig, das nur über einen ›vernetzten‹ Aufbau unseres Wissens und damit unseres Denkens im Gehirn entstehen kann. Dabei spielt die Stärkung der Gedächtnisfunktion eine bedeutende Rolle, da beim Vorgang des Erinnerns immer wieder die verschiedensten Regionen des Gehirns aktiviert werden und so unzählige neue Nervenbahnen entstehen oder verstärkt werden und so Voraussetzungen für alternative, neue Sichtweisen und kreative Lösungsansätze schaffen.

Beim Gedächtnistraining erfahren Sie auch bewusst, dass es ungezählte Möglichkeiten gibt, Kombinationen zwischen verschiedenen Begriffen oder Gegenständen herzustellen, die von den jeweiligen Erfahrungen des Einzelnen und seinen Lebensumständen abhängig sind.

6. Sie entwickeln ein gutes Gefühl für Zeit und Zugang zu Zeitmanagement

Den Wenigsten gelingt es bereits während der Schulzeit, ein Gefühl für Zeit zu entwickeln und eine vorgegebene Aufgabe oder ein bestimmtes Arbeitspensum in einer festgesetzten Zeit erfolgreich zu managen, ohne furchtbar in Stress zu geraten. Meist wird die Vorbereitung einer Aufgabe viel zu spät begonnen, weil man nicht in der Lage ist abzuschätzen, wie viel Zeit dafür aufzuwenden ist, oder weil man nicht realisiert, dass es nur noch zwei Tage bis zum Abgabe- oder Vortragstermin sind und man eigentlich eine Woche vorher mit der Ausarbeitung hätte anfangen müssen. Selbst wenn es wirklich einmal total schief lief, ist man geneigt, diese Erfahrung zu verdrängen und spätestens beim nächsten Mal merkt man, immer noch nichts dazugelernt zu haben. Nach dem Angebot des Buchmarktes zu Fragen von Zeitmanagement und Umgang mit Stress zu urteilen, haben viele Menschen selbst nach |19|einigen Berufsjahren ihre Zeit nicht im Griff und geraten immer wieder unter Stress.

1999, bei meiner zweiten Teilnahme an einer Weltmeisterschaft fing ich erst früh am Morgen des Wettkampftages an, meine Routen für die einzelnen Disziplinen festzulegen. Auch hatte ich mir so gut wie keine Strategien des Wiederholens überlegt. Somit wurde mein Frühstück – eine Stunde vor Wettkampfbeginn – sehr amüsant und vor allem hektisch und nervenaufreibend. Kurz vor Wettbewerbsbeginn hatte ich immer noch nicht alle notwendigen Entscheidungen getroffen, welche Ergebnisse ich in den zehn Disziplinen ansteuern wollte. Auch wenn ich den Wettbewerb sehr erfolgreich abschloss – manchmal kann Stress auch gewaltig beflügeln –, so setzte doch damals die Erkenntnis bei mir ein, dass man sich wirklich sehr viel Hektik ersparen kann, wenn man nur früh genug mit der Planung oder Durchführung einer Aufgabe beginnt.

Aber wie kann Ihnen Gedächtnistraining in Bezug auf Zeitmanagement helfen? Ganz einfach, indem Sie immer mit der Stoppuhr trainieren. In dem von Ihnen bestimmten zeitlichen Rahmen können Sie beim Gedächtnistraining bereits in wenigen Minuten Ihre eigene Leistungsfähigkeit testen. Es ist wirklich kein großer Zeitaufwand erforderlich, um diese wichtigen Erfahrungen zu machen. Vor allen Dingen haben Sie gleichzeitig auch immer den unmittelbaren Beweis über die Richtigkeit Ihrer Leistung. Und aus der Möglichkeit der immer wiederkehrenden, unmittelbaren Rückkoppelung entwickeln Sie allmählich ein sehr gutes Gefühl für Zeit und die in dieser Zeit zu erbringende eigene Leistung. Diese positive Erfahrung können Sie auf andere Arbeitsbereiche übertragen. Beobachten Sie sich selbst, nehmen Sie wahr, wie viel Zeit Sie für einzelne Tätigkeiten im Durchschnitt brauchen. Diese Erfahrung, eigene Leistung je nach Aufgabe, eigenem Wohlbefinden und zur Verfügung stehender Zeit einzuschätzen, wird Ihnen helfen, Ihre kurz- und mittelfristige Zeitplanung überlegt und realistisch zu gestalten. Und Sie werden daraufhin auch den Zeitrahmen für andere Tätigkeiten besser und genauer vor Beginn abschätzen können.

Berücksichtigen Sie dieses Erfahrungswerte bei Ihrer Terminplanung |20|und hausgemachter Stress wird Ihnen erspart bleiben. Halten Sie sich immer einen kleinen Zeitpuffer für Unvorhergesehenes oder kleine kreative Pausen frei.

7. Sie steigern Ihre Motivation, Eigenverantwortung, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein

Beim Gedächtnistraining setzen Sie sich – anders als in Schule und Beruf – die Leistungsziele selbst. Sie können Ihre Erfolgserlebnisse langsam aufbauen, selbst steuern und lernen schnell, Ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und zu beurteilen. Sich wiederholender Erfolg fördert Motivation und Selbstvertrauen.

Beim Gedächtnistraining haben Sie nach jeder Übung sofort ein eindeutiges Feedback über Ihre erbrachte Leistung. Ein nicht zu unterschätzender Wert des Gedächtnistrainings liegt darin, dass Sie Ihre Leistungssteigerung objektiv ›messen‹ können. Es gibt kein ungefähr oder halb richtig, keine Auffassungsunterschiede oder Interpretationsmöglichkeiten, denn entweder haben Sie sich erfolgreich an die Daten erinnert und sie vollständig und in der richtigen Reihenfolge wiedergeben können oder nicht.

Bei diesem Training nehmen Sie andererseits auch Ihre eigene Fantasie und Kreativität verstärkt wahr und entdecken ungeahnte Seiten an sich. Sie merken, dass nicht nur die Anderen fähig sind, Ideen zu entwickeln. Ihnen wird bewusst, dass Sie selbst viel mehr Potenzial besitzen, als Sie vielleicht vermutet haben. Sie werden erstaunt die Erfahrung machen, dass Sie Ihre Gedächtnisleistung mit relativ wenig Aufwand leicht um 100 Prozent oder mehr steigern können und dass Ihr Selbstvertrauen, auch beim Merkprozess selbst, eine ganz wichtige Rolle spielt.

Dieses gesteigerte Vertrauen in die eigene Leistung stärkt natürlich auch Ihr Selbstbewusstsein, das mitentscheidend ist für schulischen und beruflichen Erfolg. Denn nur wer an sich selbst glaubt, kann auch andere überzeugen. Beim Gedächtnistraining muss man jedoch – im Normalfall – niemandem etwas beweisen und kann sich in seinem eigenem Tempo weiterentwickeln.

|21|Besonders in den ersten Monaten werden Sie enorme Fortschritte machen und Sie werden beobachten, dass Erfolg motiviert und Selbstvertrauen schafft. In den letzten Jahren habe ich oft gemerkt, wie sehr die persönliche Einstellung den Memoriervorgang und damit auch das Ergebnis beeinflusst.

Als ich im Gymnasium ab der 5. Klasse immer schlechter wurde, zahlreiche Fünfen und Sechsen nicht nur in Latein und Mathematik schrieb, begann ich stark an mir zu zweifeln. Hätte ich nicht kurz zuvor mit dem Gedächtnistraining begonnen, wäre das mit meinem Abitur wahrscheinlich gar nichts geworden. Denn mittlerweile waren viele Lehrer an meiner Schule davon überzeugt, dass das Überspringen der dritten Klasse in der Grundschule wohl falsch gewesen war. Zu dem Zeitpunkt bekam ich meine Bestätigung nur durch das Gedächtnistraining. Der Sieg bei der ersten Deutschen Juniorenmeisterschaft stärkte mein Selbstwertgefühl, und ich litt nicht mehr so unter dem Gedanken, dass sich alle in mir getäuscht hatten.

Am Ende der darauf folgenden Sommerferien, in denen ich für die Weltmeisterschaft trainiert hatte, reiste ich ohne große Erwartungen nach London und wusste noch nicht einmal die genauen Leistungen, die man in etwa erreichen sollte, wollte man zu den Besten zählen oder gar den Titel eines Grandmasters erringen.

Am Ende des zweiten Tages, vor der zehnten und letzten Disziplin, dem Spielkartensprint, fragten mich die Veranstalter, ob ich mir ein Kartenspiel in weniger als drei Minuten merken könne, denn dies sei die einzige Disziplin, die mir zum Gewinn des Titels noch fehle. Ich zuckte mit den Achseln. Im Training war ich noch nicht einmal annährend in die Nähe dieser Zeit gekommen. Den ersten Versuch setzte ich also erst mal vollkommen in den Sand, ich memorierte die 52 Spielkarten in vier Minuten. Beim letzten und entscheidenden Durchgang setzte sich auch noch Tony Buzan, der Initiator der Gedächtnisweltmeisterschaft und international erfolgreicher Autor zahlreicher Bücher über Lese-, Lern- und Gedächtnistechniken, persönlich neben mich, um mir beim Merken zuzuschauen, schließlich würde ich mit zwölf Jahren der jüngste Grandmaster werden. In dem Moment packte mich der Ehrgeiz und ich sagte mir, du schaffst das jetzt und siehe da, ich memorierte den Kartenstapel in 2.59 Minuten. Und so bekam ich 1999 als erster Junior ganz unverhofft meinen Grandmastertitel.

|22|8. Sie verbessern Ihre Konzentrationsfähigkeit

Konzentration ist die Grundvoraussetzung für alle Aufgaben und Herausforderungen, die man meistern möchte. Ohne sie ist auf keinem Gebiet etwas zu leisten. Beim Musizieren, Unterhalten, beim Sport – überall ist Konzentration erforderlich. Kein Pianist, kein Geiger, kein anderer Musiker wird ein Stück fehlerlos spielen können, wenn er nicht aufmerksam ist und seine Konzentrationsfähigkeit über einen längeren Zeitraum beibehalten kann. Auch kein Hochspringer oder Sprinter, kein einziger Sportler wird ein gutes Ergebnis ohne Konzentration erzielen können. Sie kennen die Situation sicher auch noch aus der Zeit von Schule oder Universität. Ist man nicht konzentriert, kann der Lehrer oder Referent reden so viel er will, man selbst jedoch hat keine Ahnung, worum es geht. Viele Schüler scheitern in der Schule an Klausuren, weil sie sich nicht richtig konzentrieren können. Man kennt das ja auch von Gesprächen. Während man sich unterhält, schweift man aufgrund mangelnder Konzentration mit seinen Gedanken ab und hört, obwohl der Gesprächspartner genau gegenübersitzt, einfach nicht mehr zu. Und jeder kennt sicher die peinliche Situation, wenn man sein Gegenüber bitten muss, die letzte Frage zu wiederholen. Konzentration bildet also die Grundlage für vieles, was wir tun.

Aber wo und wie lernt man das eigentlich? Sich zu konzentrieren. Es ist ja leichter gesagt, als getan, wenn man hört »Konzentrier dich doch endlich mal!« Das Gedächtnistraining hilft auch, die Konzentrationsfähigkeit zu steigern. Denn um sich etwas zu merken, ist unweigerlich Konzentration erforderlich.

Beim Gedächtnistraining haben Sie bereits nach wenigen Minuten ein sicheres Feedback über Ihre Konzentrationsleistung. Sie werden den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Konzentration und Leistung erfahren. Diese Einsicht wird es Ihnen erleichtern, auch bei Angelegenheiten, die Ihnen keinen großen Spaß machen, aber wichtig sind, die erforderliche Konzentration aufzubringen.

Das ist mir besonders auf der Deutschen Juniorenmeisterschaft 2003 bewusst geworden. Diese Meisterschaft fand etwa zwei Monate nach der Weltmeisterschaft |23|statt. Von diesen Wettbewerben war ich gewohnt, dass schon ein paar Minuten vor einer Disziplin Ruhe im Saal einkehrte und eine Minute vor dem Wettbewerb die totale Konzentrationsphase einsetzte, in der alle schon still an ihren Tischen saßen und sich bereits konzentrierten. Bei Beginn dieser Juniorenmeisterschaften wurden die Blätter ausgeteilt und sofort die Disziplin – ohne Konzentrationsphase, mit der ich unbewusst gerechnet hatte – gestartet. Ich hatte also keine Zeit mich zu konzentrieren, was mich letztendlich auch den Titel kostete. Da ich wegen der fehlenden Konzentration keine eindrucksvollen Bilder imaginierte, prägte ich mir nur die Hälfte der Zahlen ein, die ich mir normalerweise merken konnte.

Sie sehen also, dass man ohne Konzentration beim Gedächtnistraining wie auch bei der Arbeit nicht sehr weit kommt. Ohne Konzentration merkt man sich wirklich keine Bilder, die beim Gedächtnistraining eine sehr große Rolle spielen. Somit ist das Gedächtnistraining die ideale Selbstkontrolle, und mit der Zeit bekommen Sie tatsächlich ein Gefühl für den Zustand ›konzentriert sein‹ und können ihn dann auch ›auf Kommando‹ abrufen und ihn auch auf andere Bereiche übertragen.

9. Sie erhöhen die Schnelligkeit des Denkens und Ihre Auffassungsgabe

Beim Gedächtnistraining merken Sie bald selbst, welche Fortschritte Sie beim Memorieren machen. Die Bilder werden immer schneller vor Ihrem inneren Auge entstehen. Mit der Zeit werden die Routenpunkte wie ein Film vor Ihnen ablaufen und es wird für Sie kein Problem mehr darstellen, das ganze Spektrum Ihrer Fantasie in Sekundenbruchteilen abzurufen und Verknüpfungen zu erstellen.

Nach einer gewissen Trainingszeit, die individuell natürlich sehr differieren wird, werden Sie vermutlich auch auf anderen Gebieten schneller ›schalten‹. Auch Ihr Reaktionsvermögen wird sich verbessern, was ein ganz natürlicher Nebeneffekt des Gedächtnistrainings ist. Es ist ja nichts anderes als bei jedem anderen Sport. Überlegen Sie einmal: |24|Wenn Sie zum Beispiel untrainiert joggen, sind Sie mit Sicherheit langsamer als nach einem halben Jahr Training, oder?

Als ich mit zehn Jahren mit Gedächtnistraining anfing, konnte ich mir bald 30 Ziffern in fünf Minuten in der richtigen Reihenfolge merken. Heute liegt meine persönliche Bestleistung in dieser Disziplin bei 240 Ziffern.

10. Sie lernen, besser mit Stress umzugehen

Mit Stress und Nervosität fertig zu werden, wird für Sie in Zukunft auch kein großes Problem mehr darstellen. Denn auch diese beiden leistungshemmenden Faktoren sind überwindbar, oder man kann lernen, besser damit fertig zu werden. Zumindest ist es mir in den letzten Jahren so ergangen, und ich bin sicher, dass das Gedächtnistraining einen erheblichen Teil dazu beigetragen hat.

Zuerst einmal ist Stress ein Faktor, den man durch gute Planung und Vorbereitung weitgehend einschränken kann. Manchmal ist jedoch auch das nicht möglich, da alles auf einmal auf einen einprasselt. Das Wichtigste in solchen Situation ist – das wissen Sie sicher –, immer möglichst ruhig zu bleiben. Das ist einfacher gesagt als getan, doch Stress beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit des Gehirns in erheblichem Maße.

In Stresssituationen werden Sie stets wieder kommen, aber Sie können mithilfe des Gedächtnistrainings üben, damit fertig zu werden. Dazu müssen Sie sich beim Training mit einer Stoppuhr selbst unter Druck und somit unter Stress setzen.

Bevor Sie nun mit Ihrem Gedächtnistraining beginnen, sollten Sie sich zunächst einen Überblick über die verschiedenen Techniken und Einsatzmöglichkeiten verschaffen und überlegen, was Sie persönlich damit erreichen wollen. Wollen Sie sich nur die Telefonnummern Ihrer Freunde und Geschäftspartner merken, weil Sie zu faul sind, immer wieder im Computer oder im Telefonbuch nachzuschauen, oder möchten Sie als Broker Ihr Zahlengedächtnis weiter verbessern. Ein routinierter |25|Skatspieler wird sich vermutlich besonders für das Memorieren von Karten interessieren, während ein anderer vielleicht nur seine Freunde beeindrucken will.

Vielleicht wollen Sie aber auch ›nur‹ etwas für Ihre Allgemeinbildung tun und Ihre Geschichtskenntnisse ausbauen oder Sie suchen nach alternativen Möglichkeiten zu Kreuzworträtseln, um sich mit zunehmendem Alter fit zu halten.

Denken Sie daran: Ziel des Gedächtnistrainings ist vor allem die Steigerung Ihrer Gedächtnisleistung, denn je mehr Informationen Sie aufnehmen und in Wissen verwandeln können, desto mehr Potenzial steht Ihnen für geistige und emotionale Leistungen zur Verfügung. Dabei profitieren Sie auch von den anderen Kompetenzen, die Sie mit dem Gedächtnistraining erreichen können.

|26|Kapitel 2

Wie gut ist Ihr Gedächtnis heute?– Anfangstest