Was Atheisten glauben - Franz M. Wuketits - E-Book

Was Atheisten glauben E-Book

Franz M. Wuketits

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Beschreibung

Lebenshaltung Atheismus – Menschsein in einer »gottlosen Welt«

Was glauben Atheisten? Wie lebt es sich in einer »gottlosen Welt«?

Franz M. Wuketits gibt in seinem neuen Buch eine umfassende Antwort: Er zeigt, wie Atheisten das Leben sehen, wie sie dem Tod begegnen und wie sie in einer objektiv sinnlosen Welt doch einen Sinn in ihrem Leben finden. Atheismus ist ein Lebensentwurf, »Gottlosigkeit« führt keineswegs zu Nihilismus und Amoralismus. Atheisten sind eben auch Humanisten, die durchaus auf moralische Prinzipien bauen – allerdings bedürfen sie dabei keiner höheren, gottgegebenen Werte. Das Buch versteht sich als Einladung, eine andere Weltsicht zu bedenken.

  • Wie Atheisten das Leben sehen und einen Sinn finden
  • Vom Nutzen des Unglaubens: Eine Einladung, sich auf die Gedankenwelt der Atheisten einzulassen

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Seitenzahl: 230

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Wer keinen Gott schon in die Natur hineinlegt,

der bringt auch keinen aus ihr heraus.

Ludwig Feuerbach

Die Welt, obgleich so wunderlich,

Ist mehr als gut genug für mich.

Wilhelm Busch

Um moralisch zu handeln, brauchen wir uns

nur auf den Instinkt zu verlassen.

Eugenio Scalfari

FRANZ M. WUKETITS

WASATHEISTEN GLAUBEN

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

1. Auflage

Copyright © 2014 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Coverfoto: © Robert Hansson / Ikon Images, Corbis

ISBN 978-3-641-12389-5

www.gtvh.de

Inhalt

Vorwort

Prolog: Inseln des Unglaubens im Strom der Götter

1 Eine (bessere?) Welt ohne Gott

Wer nicht glaubt, wird selig

Unheilige Allianzen

Die Übel in der Welt und die Gleichgültigkeit Gottes

Vom Nutzen des Unglaubens

2 Wie deuten Atheisten das Leben?

Was ist Leben?

Evolution und die Natur des Lebens

Evolution – kein Fortschritt

Der Mensch – ein (Un-)Glückstreffer der Evolution

3 Die Moral der Atheisten

Vom Wesen der (Un-)Moral

Egoisten leben besser

Ich und der Andere

Warum Atheisten also trotzdem moralisch sind

4 Sinnvolles Leben in einer gottlosen Welt

Ein Verdacht: Das Universum ist sinnlos

Der Sinn in uns selbst

Evolution und die Leichtigkeit des Seins

Glück und Freude in einer sinnlosen Welt

5 Wie begegnen Atheisten dem Tod?

Die unerbittlichen Grenzen des Daseins

Die Banalität des Sterbens

Leben und sterben lassen

Ein Plädoyer für das Diesseits

Epilog: Menschsein (Mensch sein) in einer gottlosen Welt

Glossar

Literaturverzeichnis

Abbildungen

Personen- und Sachregister

Vorwort

Sind Atheisten schlechte Menschen, unmoralisch und ohne Gewissen? Müssen sie nicht an ihrem Dasein verzweifeln, das ihnen keinerlei Halt an »höhere Mächte« bietet, keine Hoffnung auf ein »ewiges Leben« erlaubt? Weder das eine noch das andere ist der Fall. So wie der Glaube an Gott keine Garantie für moralisch richtiges Handeln darstellt, so führt der Unglaube keineswegs zwingend zur Unmoral. Atheisten sind im Allgemeinen Humanisten. Während im Namen Gottes schon beispiellose Gräueltaten gegen die Menschlichkeit verübt wurden, wird ein Atheist weder sich selbst noch andere Menschen einem »höheren Wesen« zu opfern bereit sein. Damit ist nicht gesagt, dass Atheisten automatisch die besseren Menschen sind. Aber als Humanisten sind sie dem Menschen verpflichtet – und nicht den von manchen Menschen ersonnenen Göttern. Nicht alle Ungläubigen sind Humanisten, das ist klar. Massenmörder gab und gibt es unter Gläubigen wie unter Ungläubigen. Menschen haben anderen Menschen mit oder ohne Gott schon unsägliches Leid zugefügt; sein Glaube an Gott hat manchen nicht vor barbarischen Handlungen bewahrt, sondern diese oft sogar begünstigt.

Mit »Atheismus« ist grundsätzlich die Leugnung der Existenz eines höheren Wesens – eines Gottes oder mehrerer Götter – gemeint. Er kann kämpferisch auftreten, als Versuch, Menschen von ihrem Glauben abzubringen (was allerdings nur unter bestimmten ideologischen Rahmenbedingungen auch Gewaltanwendung zulässt); oder auch in zurückhaltend nobler Form, als Angebot, ein Leben ohne Gott zu bedenken, zu erkennen, dass ein allein dem Diesseits gewidmetes Leben durchaus sinnvoll gestaltet und ohne schlechtes Gewissen gelebt werden kann.

Das vorliegende Buch ist nicht als Kampfschrift zu verstehen. Ich will religiöse Gefühle anderer Menschen keinesfalls verletzen und schon gar nicht zu einer Hetzkampagne gegen Religionen aufrufen. Aber ich möchte deutlich machen, dass der Atheismus eine lebenswerte Daseinsform bietet, die – in humanistischer Perspektive – mit jeder Art der Strenggläubigkeit nicht nur mithalten kann, sondern dieser intellektuell und ethisch sogar überlegen ist. Das Buch sollte also nicht als destruktiver, sondern als konstruktiver Beitrag zum Leben verstanden werden. Dabei greife ich einige der »großen Fragen« auf und gebe Antworten aus atheistischer Sicht. Nach einigen Grundsatzerörterungen im Prolog und in Kapitel 1 (mit einem Umriss der Lebensvorteile in einer gottlosen Welt) gibt Kapitel 2 einen Überblick über die atheistische Sichtweise des Lebens im Allgemeinen. Hier spielt die Evolutionstheorie eine bedeutende Rolle. Sie ist die Theorie, die wie keine andere in der Neuzeit den lang gehegten Theismus erschüttert hat. Kapitel 3 widmet sich der Frage, wie es Atheisten mit Moral halten und wie eine Moralbegründung ohne den Glauben an Gott möglich ist. In Kapitel 4 geht es um die Sinnfrage: Wie ist sinnvolles Leben in einer gottlosen Welt möglich? Die Aussicht der Atheisten auf das Lebensende (auch ihr eigenes) ohne die Perspektive eines Jenseits ist Gegenstand von Kapitel 5. Schließlich ist der Epilog die komprimierte Darstellung eines atheistisch-humanistischen Menschenbildes.

Was ich mit diesem Buch unternehme, ist nicht grundsätzlich neu. Die Frage, woran glaubt, wer nicht glaubt, wurde etwa in dem gleichnamigen Buch von Carlo Maria Martini, von Umberto Eco und anderen Autoren behandelt (siehe Literaturverzeichnis). Meine Überlegungen und Argumente sind aber viel stärker in Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften, vor allem der Biologie – und da insbesondere der Evolutionstheorie – verankert und mögen dem Leser Perspektiven eröffnen, die in der »herkömmlichen« Religionskritik üblicherweise wenig Platz finden. Allerdings kommen in diesem Buch, seiner Sache selbst verpflichtet, auch manche andere Stimmen zu Wort, Stimmen von Philosophen und Dichtern, die sich dem Evolutionsgedanken nicht verpflichtet fühlten (oder noch nicht verpflichtet fühlen konnten), aber durchaus Interessantes zu unserem Thema zu sagen hatten.

Vorausschicken möchte ich auch, dass sich der vorliegende Band nicht mit dem Kreationismus befasst, der wörtlichen Auslegung des biblischen Schöpfungsberichtes, der heute zwar da und dort skurrile (und politisch nicht ungefährliche) Blüten treibt, aber in vielen anderen Arbeiten verschiedener Autoren bereits fundierte Kritik erfahren hat. Auch moderne Theologen distanzieren sich von diesem Humbug. Nur ganz am Rande befasse ich mich daher mit der Kontroverse »Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube«.

Im Übrigen gehe ich nicht davon aus, dass alle Atheisten den Darlegungen in diesem Buch in allen Einzelheiten zustimmen würden. Der eine oder andere von ihnen würde vielleicht andere Argumente für seine Haltung finden bzw. in den Vordergrund stellen. Aber das liegt in der Natur der Sache. Bemüht war ich jedenfalls um Klarheit und hoffe, mit dem Buch auch Leser ansprechen zu können, die – seien sie nun selbst religiös oder nicht – sich einfach darüber informieren wollen, wie es um den Glauben von Atheisten im Allgemeinen bestellt ist.

Die Entstehung dieses Buches verdankt sich eigentlich dem Grazer Kulturforscher und Religionskritiker Anton Grabner-Haider, zu dem ich seit vielen Jahren Kontakt pflege und mit dem ich schon zahlreiche Gespräche zu einigen Themen dieses Buches geführt habe. Er lud mich ein, an einem Buchprojekt über »Kulturchristentum« mitzuwirken und ein Kapitel über den »Glauben der Atheisten« zu übernehmen. Der Einladung bin ich gerne gefolgt und habe das gewünschte Kapitel geschrieben. Unser gemeinsames Buch – an dem Grabner-Haider freilich den größeren Anteil hat – wird demnächst erscheinen. Bereits während des Schreibens meines Kapitels aber begann dasselbe sich zu verselbstständigen, und es lag nahe, es zu einem eigenen Buch auszuarbeiten. Eine glückliche Fügung wollte es – solche Fügungen ergeben sich auch ohne das Eingreifen eines Gottes –, dass Thomas Schmitz (ebenso ein alter Bekannter) vom Gütersloher Verlagshaus dieses Buch von mir erbat und mich dazu anspornte, es in relativ kurzer Zeit fertigzustellen (was mir viel Vergnügen bereitete). Das Ergebnis liegt hier nun vor. Mein Dank gilt dem Gütersloher Verlagshaus, vor allem Thomas Schmitz, für das meinen schriftstellerischen Bemühungen nunmehr zum wiederholten Mal entgegengebrachte Vertrauen.

Franz M. WuketitsWien, im Herbst 2013

Prolog: Inseln des Unglaubens im Strom der Götter

Sehen Sie dieses Ei? Damit kann man alle

Theologenschulen und Tempel der Welt

umstürzen.

DENIS DIDEROT

Religiosität ist, wenngleich in unterschiedlichen Ausprägungen, in allen menschlichen Kulturen bzw. Gesellschaften anzutreffen. Einschließlich Formen des Aberglaubens, Weltuntergangsmythen, Beschwichtigungsritualen usw. kann religiöser Glaube als eine der anthropologischen Universalien angesehen werden (vgl. Antweiler 2007). Verschiedenen soziologischen Studien zufolge sind über achtzig Prozent aller heutigen Menschen religiös in einem weiten Sinn des Wortes und investieren oft auch viel Zeit und Aufwand in ihre Religion (vgl. Vaas und Blume 2009). Der Mensch ist ein Homo religiosus, ein »betendes Tier« (Hardy 1979). Von allen bekannten Lebewesen auf der Erde (die Existenz von Außerirdischen ist bislang nicht nachgewiesen) ist der Mensch die einzige Spezies mit einer Disposition zu religiösem Glauben, die sich nicht zuletzt – schon seit Jahrzehntausenden – im Glauben an ein »Weiterleben« nach dem Tode im »Jenseits« manifestiert, wovon Bestattungsrituale mit Grabbeigaben schon aus prähistorischer Zeit umfassende Zeugnisse ablegen. Vieles spricht dafür, dass das Todesbewusstsein, das Wissen um die eigene Sterblichkeit, eine ganz entscheidende Triebkraft in der Entstehung und Entwicklung des religiösen Glaubens war.

Schon Charles Darwin (1809 – 1882) sah in der »religiösen Ergebung« ein Phänomen, zusammengesetzt »aus Liebe, vollkommener Unterwerfung unter ein erhabenes, geheimnisvolles Etwas, einem starken Abhängigkeitsgefühl, Furcht, Ehrfurcht, Dankbarkeit, Hoffnung auf ein Jenseits und vielleicht noch anderen Elementen« (Darwin 1872 [1966, S. 120]). Damit lieferte er bereits wichtige Impulse für eine evolutionstheoretische Erklärung der Religiosität. In neuerer und neuester Zeit wurde Religiosität wiederholt unter dem Blickwinkel der Evolutionstheorie kritisch hinterfragt und nicht zuletzt im Hinblick auf ihren Nutzen (Anpassungsvorteil) untersucht (vgl. z. B. Bulbulia 2004, Grinde 1996, Kilian 2010, Söling und Voland 2002, Sommer 1993, Stieve 2000, Vaas 2006, Vaas und Blume 2009, Voland 2010, Voland und Söling 2004). Beispielsweise wurde argumentiert, dass sich religiöser Glaube im Dienste des Gruppenzusammenhalts entwickelt hat, weil das soziale Band in immer größer werdenden Gruppen nicht mehr auf der Basis persönlicher Bekanntschaft geflochten werden konnte, sondern einander nicht persönlich bekannte Individuen durch einen gemeinsamen Glauben zusammengeschweißt werden mussten (Dunbar 2010). Das ist ein durchaus plausibles Argument.

Die evolutionäre Rekonstruktion des religiösen Glaubens und der Nachweis seiner Nützlichkeit bedeuten selbstverständlich nicht, dass diesem Glauben – ganz gleich, in welcher Ausprägung er auftritt – irgendein »Wahrheitsgehalt« innewohnt. Bloß weil etwas geglaubt wird, muss es noch lange nicht wahr sein. Doch der Evolutionstheoretiker, der sich im Hinblick auf jedes Phänomen die Frage stellt, woher es kommt und wozu es denn da ist, fühlt sich von der weiten Verbreitung von Religionen in Geschichte und Gegenwart natürlich herausgefordert. Auch ihre Verbreitung aber sagt nichts über die Gültigkeit religiöser Glaubensinhalte aus. Bekanntlich glaubten lange Zeit praktisch alle Menschen, dass die Erde eine Scheibe sei – trotzdem hat sich dieser Glaube als falsch herausgestellt.

Nun ist aber das Thema des vorliegenden Buches nicht der Ursprung und die Entwicklung der Religiosität. Mag dieses Phänomen auch noch so weit verbreitet und im Abendland durch die jüdisch-christliche Glaubenstradition gleichsam zementiert sein, so ist doch eines nicht zu übersehen: Neben der Gläubigkeit, die oft genug in sehr strengen, orthodoxen Formen – bis zum Exzess (Religionskriege, Hexenverbrennungen usw.) – ihren Niederschlag findet, durchzieht unsere ganze Kulturgeschichte ein schmaler Strang der »Ungläubigkeit«. Den Heerscharen der »Frommen«, die Gott und den (ihn jeweils repräsentierenden) Kirchen dienen, stehen stets ein paar »Ketzer« gegenüber, »Ungläubige«, die ein Leben ohne Bindung an irgendein »höheres Wesen« führen, Atheisten also, die uns über weite Strecken der abendländischen Geistesgeschichte wie kleine Inseln in einem Strom von Göttern erscheinen, welcher Massen von Gläubigen mit sich reißt.

Wie lebt es sich in einer »gottlosen Welt«, in welcher der Gottesglaube als eine (evolutionär begründete) Nutzenfunktion, eine auf Illusionen beruhende Gehirnakrobatik entlarvt ist? Wie steht es um Moral und Ethik ohne Rückbezug auf absolute, ewige, von Gott gegebene Werte und Normen? Verführt der Atheismus zu einem amoralischen Leben? Wie ist sinnvolles Leben in einer »von Gott verlassenen« und mithin sinnlosen Welt möglich? Wie geht man als Atheist mit dem Ausblick auf das eigene, unausweichliche Ende um?

Diese Fragen sollen in der Folge, wie bereits im Vorwort vorgezeichnet wurde, einigermaßen umfassend beantwortet werden. Vorweg nur so viel: Religiöser Glaube mag, wie gesagt, seine Nützlichkeit haben – er hat sie, gewiss, sonst hätte er sich in unserer Geschichte nicht so hartnäckig gehalten –, aber er hat auch seine Schattenseiten. Dabei denke ich noch nicht einmal an religiöse Extremisten, die selbst vor terroristischen Anschlägen nicht zurückschrecken und dabei ihr eigenes und das Leben anderer Menschen opfern, sondern zunächst einmal an die unzähligen jeder noch so absurden religiösen Doktrin ergebenen Menschen, die damit die individuellen Möglichkeiten ihres Lebens, eines selbstbestimmten Lebens, verspielen; indem sie zum Beispiel meinen, ein asketisches, »gottgefälliges« Leben führen zu müssen und von Schuldgefühlen geplagt werden, wenn sie glauben, »gesündigt« zu haben. Was freilich auch komische Formen annehmen kann. Nachdem er am Rande einer Tagung etliche Schnäpse getrunken hatte, meinte ein alter Philosophieprofessor, dass er gesündigt habe. Ich sagte zu ihm: »Aber der Schnaps scheint Ihnen zu schmecken.« »Eben«, bemerkte er darauf mit schuldbewusster Miene«, »das ist ja die Sünde, dass er mir schmeckt.« Man wird verstehen, dass ich den Namen dieses gottesfürchtigen Mannes hier unerwähnt lasse.

Atheismus kann also, wie in diesem Buch argumentiert wird, als Lebensentwurf begriffen werden, als Gegenentwurf zu einem auf einen »höheren Sinn« ausgerichteten Dasein, das dem Individuum keine oder letztlich doch nur bedingt eigenständige Entfaltungsmöglichkeiten erlaubt. Und noch eines: Der Atheismus bedeutet nicht den Versuch, Gott zu widerlegen, denn was sich nicht beweisen lässt, kann auch nicht widerlegt werden. (Ein Mensch, der mir von seinem Traum letzte Nacht erzählt, kann nicht beweisen, dass er ihn geträumt hat, und ich kann seinen Traum auch nicht widerlegen.) Aus lebenspraktischen Gründen aber geht der Atheismus davon aus, dass wir auf die Rede von/über Gott verzichten sollen (Schmidt-Salomon 1997) und ohne Gott in mancher Hinsicht ein besseres Leben führen können als mit dem Glauben an seine Existenz. Die Hauptidee des Atheismus bestand denn auch von Anfang an weniger in der Verneinung der theoretischen Frage, ob Gott existiert, sondern in der Leugnung der Existenz eines »höheren Wesens«, das irgendeinen Anteil an den Geschicken des Menschennimmt oder den Lauf der Welt zu beeinflussen vermag (vgl. Mautner 2005). Und man kann sicher auch sagen, dass Atheisten nicht zuletzt aus diesen Gründen bemüht waren, Menschen von verschiedenen Formen des Aberglaubens zu befreien. Hin und wieder war dieses Bemühen von Erfolg gekrönt. Führt man sich jedoch vor Augen, welchen Hokuspokus viele Menschen nach wie vor zu glauben bereit sind und wie schnell ein einmal ausgerotteter Aberglaube durch einen neuen ersetzt wird, dann handelt es sich hier freilich um ein Bemühen ohne Ende. Gerade die heutige Zeit mit ihren vielen Verwirrungen und Verirrungen, die selbst in ihrem »säkularen« Bereich viele (dubiose!) Formen der Religiosität und Spiritualität sprießen lässt, muss dem kritischen Denker dabei als besondere Herausforderung erscheinen.

Schon einige antike Philosophen wollten mit ihren Naturlehren den Menschen die Furcht vor den Göttern nehmen. Vor allem Demokrit (460 – 371 v. Chr.) verdient dabei erwähnt zu werden; auf ihn kommen wir gleich noch zurück. Der Atheismus, so kann man grundsätzlich sagen, wendet sich von Gott ab und dem Menschen und seinen Möglichkeiten zu. Das Geschick eines Menschen hängt nicht vom Wohlwollen eines Gottes ab, sondern liegt im Menschen selbst und in den Rahmenbedingungen seiner jeweiligen Existenz. Wer das Pech hat, in einer der vielen Krisenregionen der Erde geboren zu werden, hat wenig Aussicht auf ein glückliches Leben. Mag sein, dass ihm der Glaube an ein späteres (glückliches) Leben im Jenseits hilft, doch wird dieser Glaube an der Misere seines jetzt realen Lebens nichts ändern.

Im Übrigen sei bemerkt, dass überall dort, wo in diesem Buch von »Gott« (im Singular) die Rede ist, stets auch der polytheistischen Religionen eigene Glaube an mehrere Götter mitgedacht werden muss. Darin waren nicht zuletzt die alten Griechen und Römer besonders erfindungsreich. Aber auch die altägyptische, germanische und slawische Mythologie können sich dabei sehen lassen. Heute dominieren monotheistische Religionen die Glaubenswelt. Aber das im vorliegenden Buch behandelte Thema ist insofern »zeitlos«, als es ein uraltes Problem widerspiegelt: Gibt es Gott – und was, wenn es ihn nicht gibt? »Gott« im Singular oder im Plural bleibt sich in dieser Hinsicht eigentlich gleich. Geht es allerdings um die Behauptung, dass ein allmächtiger und gütiger Gott die Welt mit allen ihren Kreaturen erschaffen habe, dann wird die Gottesfrage zwar sozusagen eingeengt, gewinnt aber gerade mit dieser Enge an großer Bedeutung, für den Glaubenden genauso wie für den Ungläubigen. Dieser sieht in der Annahme eines allmächtigen Gottes einen Widerspruch zur natürlichen – und naturwissenschaftlich erklärbaren – Entwicklung aller Phänomene der Welt, jener steht vor dem Problem, warum denn ein allmächtiger Gott diese Welt mit so vielen offenkundigen und störenden Mängeln erschaffen hat. Im folgenden Kapitel wird davon ausführlich zu sprechen sein.

Wer auf Gott vertraut, muss damit rechnen, dass er in seinem Leben bitter enttäuscht wird – enttäuscht von einem »höheren Wesen«, dem er doch sein Schicksal anvertraut und zu dem er in der Stunde der Not vergeblich gebetet hat. Auch dem Atheisten bleiben Enttäuschungen selbstredend nicht erspart. Aber er macht kein unergründliches »höheres Wesen« dafür verantwortlich, sondern bloß die, wenngleich oft sehr verwickelten, so doch grundsätzlich durchschaubaren Umstände seines Lebens.

1 Eine (bessere?) Welt ohne Gott

Die Früchte vom Baum der Erkenntnis

sind es wert, darüber das Paradies zu verlieren.

ERNST HAECKEL

Die Götterwelt, die sich der Mensch im Laufe vieler Jahrtausende zusammengezimmert hat, ist gewaltig, man möchte sagen erschlagend. Dies durchaus auch im wörtlichen Sinn: Ungezählt bleiben die Menschen, die Göttern geopfert und/oder im Namen des einen oder anderen Gottes gefoltert und getötet worden sind (von Tieropfern ganz zu schweigen). Dieses Abschlachten zieht sich als blutig roter Faden durch die Geschichte und quer durch verschiedene Kulturen. Immer und immer wieder bildete eine auf Unterdrückung und Gewalt gegründete Politik eine »heilige« Allianz mit Religionen. Doch eine Religion – ganz gleich, welche – die Menschenleben fordert und mit ihren Dogmen verbrecherische »weltliche« Ideologien unterstützt, kann von einem kritisch denkenden Menschen nicht hingenommen werden. Sie ist strikt abzulehnen. Es kann freilich nicht in Abrede gestellt werden, dass religiöser Glaube nicht immer martialische Formen annimmt, sondern auch auf moderate, friedliche Art und Weise praktiziert wird. Heutzutage sind zumindest in unseren Breitengraden (und unter den Christen) religiöse Fanatiker eher die Ausnahme. Viele Menschen glauben einfach an die Existenz irgendeines »höheren Wesens«, ohne andere damit zu behelligen oder gar zu den Schwertern zu rufen. Manche von ihnen wollen nicht einmal darüber reden. Ihr religiöser Glaube ist ihre Privatangelegenheit, und es ist ihnen zu wünschen, dass er ihnen hilft. Man mag es daher als Übertreibung ansehen, dass Dawkins (2006) religiösen Glauben als Wahn bezeichnet, vor allem, wenn man diesen im streng psychologischen Sinn als Krankheitszustand definiert, der Wahnideen erzeugt, welche als pathologisch verzerrte Bewusstseinszustände zu klassifizieren sind. Dass sich religiöser Glaube auch regelrecht als Wahnzustand manifestieren kann, ist klar, aber ich würde das doch nicht verallgemeinern. Die natürliche Auslese hätte »reinen Wahnsinn«, der den Großteil menschlicher Populationen erfasst, wohl längst eliminiert.

Es gibt jedoch eine Reihe von Problemen, die jedem gläubigen Menschen Kopfzerbrechen bereiten müssen, sich aber einem Atheisten erst gar nicht stellen. Hier ist natürlich vor allem das Problem gemeint, warum ein allmächtiger, allwissender, ewiger – und obendrein noch gütiger – Gott all die offensichtlichen Übel in der Welt zulassen kann. Sind seine Augen blind und seine Ohren taub für das schier unbeschreibliche Leid, das sich über so viele Menschen ergießt? Oder ist es Gott selbst, der dieses Leid gar will? Diesen Fragen schenke ich im vorliegenden Kapitel besondere Aufmerksamkeit und gebe Antworten aus atheistischer Perspektive. Zwar fürchte ich, dass ich dazu nicht viel Neues zu sagen habe, aber ich werde es jedenfalls klar sagen.

Wer nicht glaubt, wird selig

So mächtig sich schon mit den ersten Hochkulturen religiöser Glaube, äußerlich sichtbar, entfaltete, so gab es in praktisch allen Epochen der überlieferten Geschichte den einen oder anderen Zweifler. Was, wenn es keinen Gott, keine Götter gibt? Vielleicht ist Gott, sind Götter nur Erfindungen furchtsamer Menschen? Demokrit schrieb: »Als die Menschen der Vorzeit die Vorgänge in der Höhe sahen, wie Donner und Wetterleuchten, Blitzschlag ... und die Verfinsterungen von Sonne und Mond, gerieten sie in Furcht, weil sie glaubten, Urheber dieser Erscheinungen seien göttliche Wesen« (zit. in Jürß et al. 1991, S. 38). Das ist ein eigentlich erstaunlicher Satz eines Gelehrten, der von der »Vorzeit« noch kaum etwas wissen konnte. Die griechischen Atomisten (Demokrit und andere) vertraten die Ansicht, dass alle Dinge als (zufällige) Kombination kleiner Elemente (»Atome«) anzusehen seien (vgl. z. B. Guthrie 1967, Jürß et al. 1991). »Nichts existiert«, meinte Demokrit, »als die Atome und der leere Raum, alles andere ist Meinung« (zit. in Lange 1873 [1905, S. 41]). Die Atomisten wollten, was bereits im Prolog bemerkt wurde, den Menschen die Angst vor den Göttern nehmen. Sie waren, wie die Vertreter einiger anderer antiker »Philosophenschulen« (Epikureer, Kyniker und Skeptiker), allenfalls gemäßigte Atheisten. Vielleicht kann für sie auch der Ausdruck »Antitheisten« gebraucht werden, wenn man Antitheismus nicht als Negation Gottes, sondern als Revolte gegen Gott aufgrund des (menschlichen) Strebens nach Selbstbestimmung definiert. Jedenfalls wagte es erst zweitausend Jahre später Pierre Bayle (1647 – 1706), am Vorabend der französischen Aufklärung, eine »atheistische Gesellschaft« zu verkünden, womit er, wie man sich vorstellen kann, viel Unruhe stiftete und für heftige Kontroversen sorgte (vgl. Ley 1983). Für den Verfasser eines umfangreichen historischen und kritischen »Wörterbuchs« waren Glauben und Wissen unvereinbar und die Behandlung moralischer Probleme eine bloße Angelegenheit der Vernunft.

Bild 1Demokrit (geb. 460/459 v. Chr.)

Aber wenden wir uns zunächst kurz einer grundsätzlichen Frage zu: Woran glaubt, wer an Gott glaubt? Ich kann beispielsweise glauben, dass es morgen regnen oder mich in der kommenden Woche ein Freund zum Essen einladen wird; ich kann etwa auch glauben, dass ich zum nächsten Geburtstag ein wertvolles, seit langem ersehntes Geschenk erhalten werde; ebenso kann ich glauben, dass mir demnächst zwei herrenlose Hunde zulaufen werden – die Liste der Beispiele ließe sich praktisch beliebig fortsetzen. In jedem Fall kann ich mir, teils aufgrund bereits gemachter Erfahrung, vorstellen, was das Eintreten dieses oder jenes Ereignisses für mich bedeuten würde. Es würde sich um konkret fassbare Ereignisse handeln, angenehme oder vielleicht auch unangenehme. Selbst jemand, der glaubt, demnächst in der Lotterie den Haupttreffer zu erzielen, glaubt an etwas Konkretes, wenn auch Unwahrscheinliches. Er kann sich wohl zumindest vorstellen, was ein großer Lotteriegewinn für ihn bedeuten würde und kann für den Fall, dass das Unwahrscheinliche eintritt, Pläne zu schmieden beginnen. Beim Glauben an Gott verhält es sich völlig anders. Es ist ein tradierter Glaube, man übernimmt ihn im Allgemeinen zunächst auf der Basis der Konvention jener Gesellschaft, in die man hineingeboren wird. Man kann ihn später wieder ablegen (im Islam ist das aber bekanntlich nicht so einfach), sich einem anderen Glaubenssystem anschließen oder Atheist werden. Solang man an Gott glaubt, glaubt man an kein konkret fassbares Phänomen. Dem Alten Testament zufolge soll man sich auch kein Bild von Gott machen. Wer an Gott glaubt, glaubt also immer an etwas Ungewisses und Unbestimmtes, allenfalls kann er sich »Gewissheit« konstruieren. Die menschliche Psyche ist sehr vertrackt, für Vieles offen – auch für Selbsttäuschungen. »Die Religion ist die Entzweiung des Menschen mit sich selbst: er setzt sich Gott als ein ihm entgegengesetztes Wesen gegenüber« (Feuerbach 1904, S. 94). Der Philosoph Max Stirner (1806 – 1856), der für seinen extremen Individualismus geradezu berüchtigt wurde und jede Tradition ablehnte, sah das Nonplusultra im Menschen selbst, in jedem einzelnen Menschen: »Man sagt von Gott ›Namen nennen Dich nicht‘. Das gilt von Mir: kein Begriff drückt Mich aus ... Gleichfalls sagt man von Gott, er sei vollkommen und habe keinen Beruf, nach Vollkommenheit zu streben. Auch das gilt allein von Mir« (Stirner 1892, S. 429). Das will heißen: ICH bin mir selbst genug, ich bin gleichsam mein eigener Gott. In der Tat: Wenn der Mensch Gott sich erschaffen kann, warum sollte er sich dann nicht selbst »göttlich« denken dürfen ...?!

Aus der Sicht der heutigen Naturwissenschaften und einer darauf gegründeten Naturphilosophie ist eine solche Selbsterhöhung des Menschen freilich nicht angebracht. Der Mensch ist eine Organismen-Art unter Millionen anderer Arten und genau wie diese ein Resultat der Evolution durch natürliche Auslese oder Selektion (siehe Kapitel 2). Er braucht deswegen keine Minderwertigkeitsgefühle zu entwickeln. Es mag ihm ein schönes, wenn nicht gar erhabenes Gefühl bereiten zu sehen, dass er imstande ist, kraft seines – wiederum in der Evolution entstandenen – Bewusstseins sich selbst in der Natur zu erkennen, als einziges wahrhaft schöpferisches und Werte schaffendes Lebewesen auf diesem Planeten (vgl. Rensch 1970). Er kann »selig« werden, wenn er nicht an eine übernatürliche, sondern bloß natürliche Ordnung glaubt und sich in diese eingebettet sieht. Er braucht »Seligkeit« nicht in ein imaginäres Jenseits zu verlagern, sondern kann sein »Heil« mit und in sich selbst finden, hier und jetzt.

Damit ist auch bereits die Sinnfrage angesprochen, die uns aber in Kapitel 4 noch ausführlicher beschäftigen wird.

Unheilige Allianzen

Gotteszweifler und Gottesleugner waren die längste Zeit eine sehr gefährdete »Spezies«. Das Wagnis, das sie im 17. und 18. Jahrhundert eingegangen sind, wird man abzuschätzen wissen, wenn man sich daran erinnert, dass sich noch Darwin wesentlich später im Hinblick auf die »religiöse Frage« in Zurückhaltung übte, obwohl er, wie bereits gesagt wurde, die Entstehung des religiösen Glaubens evolutionstheoretisch zu deuten wusste und obendrein seine Theorie der Evolution durch natürliche Auslese die Annahme eines Schöpfers vollends als entbehrlich erscheinen ließ (vgl. z. B. Brooke 1985, Farrington 1982, Greene 1963, Mayr 1994, Wuketits 2010b). Aber Darwin artikulierte auch seine Schwierigkeiten mit der Religion, mit dem Christentum. »Ich kann«, bemerkte er in seiner Autobiographie, »nun wirklich nicht einsehen, warum sich jemand wünschen sollte, das Christentum sei wahr; wenn es nämlich wahr wäre, dann ... würden alle Menschen, die nicht glauben, also mein Vater, mein Bruder und fast alle meine nächsten Freunde, ewig dafür büßen müssen. Und das ist eine verdammenswerte Doktrin« (Darwin 2008, S. 96). Auch wenn man sich, wie Ayala (2007), als Evolutionstheoretiker in vornehmer Zurückhaltung übt und ausgehend von Darwin religiösen Glauben neben der Wissenschaft gelten lässt, bleibt fraglich, ob Darwin selbst, dem Toleranz nicht eben fremd war, eine solche Koexistenz letzten Endes für möglich gehalten hat. Seine Evolutionstheorie jedenfalls verzichtet auf Gott und führt uns eine gottlose Welt vor. Der Umstand, dass er noch den Ausdruck »Schöpfer« (creator) gebrauchte, darf nicht in die Irre führen. Darwin wusste eben, dass er mit seiner Theorie ein gefährliches Terrain betreten würde und war daher in der Wortwahl vorsichtig. Außerdem wollte er seine gläubigen Zeitgenossen nicht vor den Kopf stoßen. Es sollte jedoch klar sein, dass er mit »Schöpfer« keinen persönlichen Gott, sondern im Wesentlichen nichts anderes als natürliche Auslese meinte (siehe auch Wuketits 2005).

Bild 2Thomas H. Huxley (1825 – 1895)

Gott sei eine »unnötige Hypothese«, war die berühmt gewordene Antwort von Pierre Simon de Laplace (1749 – 1827) auf eine entsprechende Frage Napoleons. Der Mathematiker und Astronom drückte damit eine Denkhaltung aus, der sich im Weiteren viele Naturwissenschaftler angeschlossen haben. Aber man braucht diese Denkhaltung wohl nicht als atheistisch im strengen Sinn des Wortes einzustufen, sie impliziert lediglich die Überflüssigkeit der Annahme Gottes im naturwissenschaftlichen Denken und Arbeiten (siehe beispielsweise auch Meurers 1962). Thomas Henry Huxley, Darwins bedeutendster Fürsprecher in England und selbst bahnbrechender Naturforscher, prägte den Ausdruck Agnostizismus für die Position, der zufolge Phänomene außerhalb der erfahrungswissenschaftlichen Erkenntnis prinzipiell nicht erfahrbar seien (vgl. Wuketits 2009b). Damit wird die Gottesfrage offengelassen: Gott kann nicht bewiesen und nicht widerlegt werden. Die Haltung des Atheismus, des radikalen Atheismus, wenn man so will, ist hingegen durch eine Leugnung (nicht Widerlegung, siehe oben) der Existenz Gottes charakterisiert. Es war die längste Zeit eine höchst anrüchige und eben sehr gefährliche Haltung, zu der man sich besser nicht offen bekannte. Auch Agnostiker waren immer zumindest ein bisschen verdächtig. Manchmal genügte es auch nur, an dem einen oder anderen Glaubenssatz leise Zweifel zu äußern, ohne die Existenz Gottes insgesamt in Abrede zu stellen – und schon war man als »Ungläubiger« zum Freiwild erklärt.