Was ich dir schon immer sagen wollte - Alice Munro - E-Book

Was ich dir schon immer sagen wollte E-Book

Alice Munro

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Beschreibung

In den dreizehn Erzählungen ihres zweiten Erzählbandes Was ich dir schon immer sagen wollte von 1974, der jetzt erstmals auf Deutsch erscheint, stellt Alice Munro ihre präzise Beobachtungsgabe und den ihr eigenen unprätenziösen Erzählstil, für die sie in unseren Tagen so berühmt ist, unter Beweis. Diese Meisterschaft ließ keinen geringeren als John Updike sie mit Tschechow vergleichen, und Jonathan Franzen greift den Vergleich immer gerne wieder auf, wenn er von Alice Munro schwärmt und sie in seinen Interviews unermüdlich als mögliche nordamerikanische Literaturnobelpreisträgerin ins Spiel bringt. Flirrend zwischen Hoffnung und Liebe, Zorn und Versöhnung suchen die Schwestern, Mütter, Töchter, Tanten, Großmütter und Freundinnen in diesen Geschichten immer neue Wege, ihre Vergangenheit und ihre Gegenwart - und das, was sie von der Zukunft zu wissen glauben - auszusöhnen.

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Seitenzahl: 405

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Alice Munro

Was ich dir schon immer sagen wollte

Dreizehn Erzählungen

Aus dem Englischen von Heidi Zerning

DÖRLEMANN

Die Originalausgabe »Something I’ve Been Meaning to Tell You« erschien 1974 bei McGraw-Hill Book Company in New York. Die Publikation des Bandes wurde vom Canada Arts Council gefördert. Der Verlag bedankt sich hierfür. eBook-Ausgabe 2012 Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten © 1974 by Alice Munro © 2012 by Dörlemann Verlag AG, Zürich Umschlaggestaltung: Mike Bierwolf unter Verwendung einer Fotografie von Martin Parr Porträt von Alice Munro: © Derek Shapton Satz und eBook-Umsetzung: Dörlemann Satz, Lemförde ISBN epub 978-3-908778-15-8www.doerlemann.com

Alice Munro

Für Sheila Jenny Andrea

Was ich dir schon immer sagen wollte

»Jedenfalls weiß er, wie man die Frauen um den Finger wickelt«, sagte Et zu Char. Sie konnte nicht erkennen, ob Char bleicher wurde, als sie das hörte, denn Char war ohnehin so bleich, wie man nur sein kann. Sie sah inzwischen aus wie ein Gespenst mit ihren weiß gewordenen Haaren. Aber immer noch schön, das verlor sie einfach nicht.

»Alter und Größe sind ihm völlig egal«, setzte Et nach. »Wahrscheinlich ist das für ihn so natürlich wie atmen. Ich hoffe bloß, die armen Dinger fallen nicht drauf rein.«

»Nicht meine Sorge«, sagte Char.

Am Tag zuvor hatte Et Blaikie Noble beim Wort genommen und war seiner Einladung gefolgt, an einer seiner Touren teilzunehmen und seinen Sprüchen zu lauschen. Char war auch eingeladen, kam aber natürlich nicht mit. Blaikie Noble betrieb einen Bus. Der untere Teil war rot lackiert und der obere gestreift, damit er aussah wie eine Markise. Auf der Seite stand: SEERUNDFAHRTEN, INDIANERGRÄBER, KALKSTEINGÄRTEN, MILLIONÄRSVILLA, BLAIKIE NOBLE, FAHRER UND REISEFÜHRER. Blaikie hatte ein Zimmer im Hotel und kümmerte sich zusammen mit einem Gehilfen um die Anlage, mähte den Rasen, beschnitt die Hecken und grub die Beete um. Was für ein Abstieg, hatte Et zu Anfang des Sommers gesagt, als sie erfuhren, dass er wieder da war. Sie und Char kannten ihn von früher.

So saß also Et in seinem Bus, eingezwängt zwischen vielen Fremden, hatte sich allerdings, bevor der Nachmittag um war, mit einigen von ihnen angefreundet und zwei Aufträge für Jacketts, die ausgelassen werden mussten, erhalten, als hätte sie nicht schon genug zu tun. Außerdem ging es ihr gar nicht darum, sie war nur darauf aus, Blaikie zu beobachten.

Und was hatte er vorzuzeigen? Ein paar grasbewachsene Buckel mit toten Indianern darunter, ein Feld voll seltsam geformter, grauweißer, traurig ausschauender Kalksteingebilde– sehr entfernte Nachahmungen von Pflanzen (das konnte der Friedhof sein, wenn man so wollte)– und ein altes Ungetüm von einem Haus, erbaut mit Schnapsgeld. Er machte das Beste daraus. Einen historischen Vortrag über die Indianer, dann einen wissenschaftlichen Vortrag über Kalkstein. Et hatte keine Ahnung, wie viel davon stimmte. Arthur würde es wissen. Aber Arthur war nicht da; es waren nur beschränkte Frauen da, die hofften, auf dem Weg zu und von den Sehenswürdigkeiten neben ihm zu gehen, beim Tee im Kalkstein-Pavillon mit ihm zu plaudern, und sich darauf spitzten, seine starke Hand unter ihrem Ellbogen zu spüren, während seine andere Hand die Gegend ihrer Taille streifte, wenn er ihnen aus dem Bus half. (»Ich bin keine Touristin«, zischte Et ihm zu, als er das bei ihr probierte.)

Er erzählte ihnen, dass es in dem Haus spukte. Et, die ihr ganzes Leben nur zehn Meilen davon entfernt verbracht hatte, hörte das zum ersten Mal. Eine Frau hatte ihren Mann, den Sohn des Millionärs, umgebracht, zumindest hieß es, sie hätte ihn umgebracht.

»Wie denn?«, rief eine Frau, ganz außer sich vor schauriger Erregung.

»Ha, die Damen wollen immer die Methode wissen«, sagte Blaikie mit einer Stimme wie Sahne, verächtlich und liebevoll. »Es war eine langsame– Gift. Oder so sagt man wenigstens. So wird gemunkelt, aber alles nur Klatsch und Tratsch.« (Nicht Klatsch, sondern Quatsch, sagte Et zu sich selbst.) »Sie mochte eben seine Freundinnen nicht, die Ehefrau. Oh nein.«

Er erzählte ihnen, das Gespenst ginge im Garten auf und ab, zwischen zwei Reihen Blautannen. Es sei nicht der ermordete Mann, der umginge, sondern die Ehefrau, der es leidtäte. Blaikie lächelte seiner Busladung reumütig zu. Anfangs hatte Et gedacht, seine Aufmerksamkeiten seien alle geheuchelt, der übliche kommerzielle Flirt, um ihnen für ihr Geld etwas zu bieten. Doch allmählich bekam sie einen anderen Eindruck. Er beugte sich zu jeder Frau, mit der er redete, hinunter– ganz egal, wie dick oder knochig oder beschränkt sie war–, als hätte sie etwas in sich, was er gerne finden würde. Seine Miene war sanft und fröhlich, aber letztlich ernst, konzentriert (war das der Gesichtsausdruck, den Männer zum Schluss beim Liebesakt hatten und den Et nie sehen würde?), so dass er wirkte, als wäre er gern ein Tiefseetaucher und tauchte hinab, hinunter durch all die Leere und Kälte und Trümmer, um das eine zu entdecken, an dem sein Herz hing, etwas Kleines und Kostbares, schwer zu finden, wie ein Rubin auf dem Meeresgrund vielleicht. Das war ein Gesichtsausdruck, den sie Char gerne beschrieben hätte. Zweifellos hatte Char ihn schon gesehen. Aber wusste sie, wie freigebig er jetzt ausgeteilt wurde?

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