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Wearables ziehen bei Bühnenshows und Events die Blicke auf sich. Mit einfachen Techniken kann jeder Leuchtdioden, Mikrocontroller und weitere Bauteile mit Bekleidungsstücken und Accessoires kombinieren, um diesen das gewisse Etwas zu verleihen. Für die Umsetzung ist kein umfangreiches Elektronikwissen erforderlich: Dieses Buch vermittelt mit schrittweisen Anleitungen die nötigen Grundkenntnisse. Den Ideen für eigene Projekte sind dabei keine Grenzen gesetzt. Das Buch eignet sich für den Hobbyschneider wie auch für Designer oder Techniker, egal ob Einsteiger oder bereits Fortgeschrittene. Die Autoren fassen zusammen, welche unterschiedlichen Wearables bereits entwickelt wurden und was auf dem Markt derzeit erhältlich ist. Außerdem stellen sie bekannte Gesichter der Wearables-Szene vor und präsentieren deren Kreationen. Leicht zu verwirklichende Einsteigerprojekte vermitteln die wichtigsten Wearables-Kenntnisse vom Schließen eines Stromkreises bis hin zum Nähen mit leitfähigem Garn. Zudem wird das zugehörige Material wie elektrisch leitendes Klettband, textile Schalter und Stecker erklärt. Der Leser lernt den Einsatz von speziell für Wearables entworfenen Arduino-Mikrocontrollern, ohne Programmierkenntnisse mitbringen zu müssen. Die komplexer gestalteten Projekte zeigen noch funktionalere Bekleidungsstücke: Mithilfe eines eingebauten LilyPad-Mikrocontrollers verwandelt sich ein Schal in einen MP3-Player. Über Wi-Fi-Module lassen sich E-Fashion-Teile mit dem Internet verbinden. Eine Anleitung für eine Krawatte mit integriertem Raspberry Pi eröffnet neue Möglichkeiten für die Gestaltung zukünftiger Wearables.
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Seitenzahl: 168
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Intelligente Kleidung selbst designen
René Bohne und Lina Wassong
René Bohne, Lina Wassong
Lektorat: Gabriel Neumann
Korrektorat: Petra Kienle
Satz: III-satz, www.drei-satz.de
Herstellung: Susanne Bröckelmann
Umschlaggestaltung: Michael Oreal, www.oreal.de
Titelfotografie: Jan Voss (großes Bild)
Druck und Bindung: M.P. Mediaprint Informationstechnologie GmbH, 33100 Paderborn
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
978-3-96009-023-6
978-3-96010-120-8
ePub
978-3-96010-121-5
mobi
978-3-96010-122-2
1. Auflage 2017
Dieses Buch erscheint in Kooperation mit O’Reilly Media, Inc. unter dem Imprint »O’REILLY«. O’REILLY ist ein Markenzeichen und eine eingetragene Marke von O’Reilly Media, Inc. und wird mit Einwilligung des Eigentümers verwendet.
Copyright © 2017 dpunkt.verlag GmbH
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69123 Heidelberg
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Vorwort
1Einleitung – was sind Wearables?
Intelligente Textilien
E-Textiles
Wearables
eFashion
Smart Fashion
2Materialien und Techniken
Textile Flächengebilde
Gewebe
Maschenware
Vliesstoffe
Elektrisch leitfähige Textilien
Natürlich leitfähige Fasern
Leitfähiger Metallfilm
Velostat
Grundlagenwissen Handstiche
Heftstich
Steppstich
Überwendlichstich
Zickzackstich
Grundlagenwissen Nähmaschine
Die Fadenspannung
Ursachen falscher Stichbilder
Textile Leiterbahnen aufbringen
Leiterbahn aus leitfähigem Garn aufnähen
Leiterbahn aus leitfähigem Stoff aufnähen
Leiterbahn mit Spinnvlies aufbügeln
Leiterbahn aufkleben
Textile Leiterbahnen isolieren
Nagellack
Textilkleber
Textil
Garn
Inspiration: Studio Moritz Waldemeyer
3Grundlagenwissen Elektronik
Stromkreis
Spannung U, Volt V
Strom I, Ampere A
Gleichspannung und Wechselspannung
Schaltzeichen und Schaltbilder
Spannungsquellen
Knopfzellen
NiMh-Akkus
LiPos
USB-Powerbank
Elektrischer Widerstand
LEDs
Experiment: LED und Knopfzelle
Widerstand und das Ohm’sche Gesetz
Vorwiderstand einer LED berechnen
Datenblätter
Schalter und Taster
Reihenschaltung und Parallelschaltung
Reihenschaltung mit drei LEDs
Parallelschaltung mit drei LEDs
Weitere elektrische Bauteile
Arbeiten mit dem Multimeter
Widerstand messen
Durchgang prüfen
Spannung messen
Strom messen
Inspiration: JASNAROK
4Wearables-Projekte
Einführung in E-Textile-Projekte
Aufnähen eines Stromkreislaufs mit LED
Elektronische Schalter
LilyPad-Schalter
Druckknopf-Schalter
Klettverschluss-Schalter
Hakenverschluss-Schalter
Knopfzellen-Batterietasche
Das LilyTwinkle-T-Shirt
Der EL-Rucksack
Inspiration: Anya Hübschle & Till Schneider
5Mikrocontroller kennenlernen und einsetzen
Die Arduino-Familie
Arduino UNO
Lilypad Arduino
Adafruit FLORA
Arduino Gemma
Wattuino Nanite85
Den Arduino programmieren
Arduino IDE
Die Arduino-Programmiersprache
setup() und loop() – Funktionen
Outputs
Inputs
Arduino Create und der Arduino Web Editor
LinkIt ONE
Inspiration: Stijn Ossevoort
6Arduino-Projekte
Der Musik-Loop-Schal
Der LilyPad-MP3-Player
Der LilyPad MP3-Trigger Sketch
Anleitung Musik-Loop-Schal
Die Bluefruit-Clutch
NeoPixel: mehrfarbige Leuchtdioden
Anleitung Bluefruit-Clutch
Inspiration: ElektroCouture
7Textile Sensoren
Knöpfe
Material
Planung und Material zuschneiden
Nähen
Taster
Material
Planung
Material zuschneiden
Nähen
Reißverschluss
Material
Linke Seite nähen
Rechte Seite nähen
Drucksensor
Material
Planung
Leitendes Material vorbereiten
Formen ausschneiden
Bügeln
Velostat platzieren
Nähen
Anschlüsse hinzufügen und messen
Tiltsensor/Lagesensor
Material
Planung
Zuschnitt
Bügeln
Nähen
Pad für die Perle aufbügeln
Perlen
Neopren-Biegesensor
Material
Planung
Neopren schneiden
Velostat schneiden
Leitendes Textil schneiden
Neopren markieren
Leitendes Textil auf Neopren bügeln
Neopren Zickzack nähen
Sandwich bauen
Zusammenfassung
Inspiration: Lizzy Scharnofske und Maartje Dijkstra
8Raspberry Pi
Raspberry Pi Zero
Raspberry Pi 3
Installationsübersicht
Betriebssystem herunterladen und installieren
Der erste Start
Node.js
Hello, world!
npm
GPIO
WS2812 am Raspberry Pi
Open-Pixel-Control-Protokoll
Die Cloud
data.sparkfun.com
Verbindung zu Philips-Hue-Lampen
Die Raspberry-Pi-Krawatte
Material und Werkzeug
Krawatte öffnen
Verkabelung
Software
Anhang: Wearables-Verzeichnis
Wearables-Materialien
Wearables- und E-Textile-Tutorials
Wearables-Blogs
E-Textiles-Labs
Smart-Textiles-Hochschulen
Textilforschungsinstitute
Index
Durch das Internet der Dinge wird es möglich, alltäglichen Gegenständen neue Funktionen zu verleihen. Wearables werden eben nicht nur, wie ihr Name sagt, von uns getragen, wir verleihen ihnen auch einen besonderen Sinn: Beispielsweise um miteinander zu kommunizieren oder Informationen zu verknüpfen. Auch jenseits des Internet of Things ermöglicht die Kombination von Elektronik und Textilien spannende und schöne Kreationen.
Bereits im Jahr 2011 hat René Bohne im O’Reilly-Verlag das erste deutschsprachige Buch zum Thema »Do-It-Yourself-Wearables« veröffentlicht. Der Titel »Making Things Wearable – intelligente Kleidung selber schneidern« beschäftigte sich mit den Grundlagen von eFashion und Smart Fashion mit dem Arduino. Während einige Grundlagen auch heute noch Gültigkeit besitzen, wollten wir schon lange fehlende Themen wie Kommunikation, Netzwerke und die Cloud ergänzen. In Zusammenarbeit mit Lina Wassong ist daraus das vorliegende Buch entstanden, das die Welt der Elektronik und Mikrocontrollern mit der Welt der Mode enger zusammenbringen soll.
Programmiercodes und Software unterliegen ständiger Veränderung. Wir verweisen deshalb in diesem Buch wiederholt auf Quellen im Internet, beispielsweise auf den webbasierten Online-Dienst GitHub.
Das Besondere an Wearables ist die Kombination von Elektronik und Textilien. Hierdurch können unsere Bekleidungstücke mit unendlich vielen intelligenten Funktionen und ausgefallenen Designs versehen werden. Elektronische Bauteile werden immer kleiner, weshalb sie sich gut in Kleidungsstücke einarbeiten lassen. Neue Entwicklungen in der Textilindustrie ermöglichen die Herstellung von unterschiedlichsten Materialien, wie beispielsweise elektrisch leitfähigem Garn. Je nach Integration der Elektronik und Intelligenz des Bekleidungstücks bzw. Accessoires gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für diese Designs.
In diesem Kapitel werden zunächst gängige Begriffe rund um das Thema Wearables erklärt und Beispiele genannt, um Wearables besser einordnen zu können.
Als intelligente Textilien werden Bekleidungsstücke oder Stoffe bezeichnet, die durch ihre elektronischen Bauteile über »schlaue Funktionen« verfügen. Oft wird hier auch der englische Begriff Smart Textiles verwendet. Je nach Leistung, also Intelligenz, der Elektronik haben Smart Textiles einfache bis sehr komplexe Funktionen. Die Bauteile können unterschiedlich in die Bekleidungstücke eingearbeitet werden: So kann man sie herausnehmbar gestalten oder sie fest mit dem Textil verbinden. In der Regel wird bei Smart Textiles zwischen drei sogenannten Integrationsleveln unterschieden:
Adaption
Elektronische Komponenten sind in Schlaufen, Tunneln, Taschen etc. in dem Textil eingebracht und werden über Stecker, Knöpfe, Reißverschlüsse o.Ä. abnehmbar mit dem Bekleidungsstück verbunden.
Integration
Die Elektronik ist fest in das Bekleidungsstück eingearbeitet bzw. fest mit ihm verbunden, wie z.B. aufgedruckte elektronische Leiterbahnen oder eingewobene textile Schaltflächen.
Kombination
Das Textil bildet das elektronische Element auf kleinster Ebene. Entweder ist das Material das elektronische Element oder es geht daraus hervor, wie beispielsweise textile Batterien.
Ein weiterer gängiger Begriff im Zusammenhang mit Smart Textiles sind Electronic Textiles, auch E-Textiles. Der Begriff Electronic Textiles lässt sich direkt aus dem Englischen mit »Elektronische Textilien« übersetzen. Als E-Textiles werden Stoffe bezeichnet, die elektrischen Strom leiten können. Sie können als Bauelement an einen Stromkreislauf angeschlossen werden, um elektrische Signale weiterzuleiten. Ein gängiges Beispiel für E-Textiles sind Handschuhe mit Fingerspitzen, über die ein Touchscreen bedient werden kann. In dem Garn, aus dem die Fingerspitzen gefertigt sind, befinden sich z.B. Metallfäden oder Metallpartikel, welche das Material elektrisch leitfähig machen. Auf der unteren Abbildung sind solch ein Garn und Handschuhe dargestellt.
Abbildung 1–1 Handschuhe mit leitenden Fingerspitzen
Wearables wird aus dem Englischen mit »tragbare Elektronik« übersetzt. Wenn elektronische Bauteile an bzw. in einem Bekleidungsstück integriert sind, bezeichnet man dieses als Wearable. Unter den Begriff fallen darüber hinaus Accessoires wie Brillen, Uhren oder Fitnesstracker. Über Benutzerschnittstellen, wie Tasten oder Bildschirm, kann der Träger mit dem Wearable kommunizieren. Durch die fortschreitende Technik wird der Anwendungsbereich von Wearables immer größer. Mittlerweile kann der Benutzer die Funktionen des Geräts auf seine Bedürfnisse anpassen und unterschiedliche Programme gleichzeitig anwenden.
Mode, die neben Textilien auch Elektronik verwendet, wird als eFashion bezeichnet. Dabei handelt es sich um einfache Elektronik, wie z.B. LEDs, die keine Steuerung besitzen, sondern einfach durch einen Schalter ein- und ausgeschaltet werden.
Wenn ein Mikrocontroller in einem E-Fashion-Projekt eingesetzt wird, dann wird die Kleidung dadurch intelligent. Wir sprechen dann auch von Smart Fashion. Später in diesem Buch werden wir mit dem Lilypad Arduino und dem Raspberry Pi arbeiten und in den Beispielen mit anderen Mikrocontrollern zeigen, wie einfach Smart Fashion ist.
Trotz der Entwicklungen in der Elektronik- und Textilindustrie handelt es sich bei Smart Fashion noch immer um zwei sehr gegensätzliche Bereiche. Textilien sind weich und werden oft gewaschen. Elektronik hingegen ist starr und sollte nicht mit Wasser in Kontakt kommen, um Kurzschlüsse zu vermeiden. Wie werden diese Komponenten also am besten miteinander kombiniert?
In diesem Kapitel wird das Grundwissen zu den Themen Stoffe, Nähen und Einarbeiten von textilen Leiterbahnen abgedeckt, damit das Einbauen der elektronischen Bauteile einwandfrei klappt und das smarte Bekleidungsstück lange hält.
Zuerst gibt es einen Überblick über den Aufbau und die Eigenschaften unterschiedlicher Textilien. Wir erklären, warum manche Garne und Textilien elektrischen Strom leiten können. Im nächsten Abschnitt werden unterschiedliche Handstiche und das Bedienen einer Nähmaschine zusammengefasst. Abschließend beschreiben wir unterschiedliche Verfahren, um textile Leiterbahnen einzuarbeiten und diese zu isolieren.
Dem einen oder anderen werden gewisse Techniken und Begriffe bereits bekannt sein. Dann kann das Kapitel natürlich gerne übersprungen werden. Ziel ist es, dass du am Ende eine gute Grundlage an Wissen für deine eigenen Wearables-Projekte aufgebaut hast.
Die am häufigsten vorkommenden Textilien in der Bekleidungsindustrie sind Gewebe, Maschenwaren und Vliesstoffe. Diese sogenannten textilen Flächengebilde haben unterschiedliche Eigenschaften und können sehr dehnbar bis fest sein. Abhängig von ihrer Struktur werden die Stoffe für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Für ein T-Shirt wird z.B. häufig ein elastischer und eher dünner Jersey-Stoff genommen, für Jeans hingegen gerne ein festes, dickeres Gewebe für eine längere Haltbarkeit. Damit die eingenähte Leiterbahn nicht reißt oder sich nach einiger Zeit der Textilkleber löst, ist es wichtig, dass du das Material immer auf seine Eigenschaften testest.
Gewebe als textile Fläche wird den meisten bereits ein Begriff sein. Gewebe bestehen aus mindestens zwei zueinander rechtwinklig angeordneten Fadensystemen. Hierbei wird zwischen dem Fadensystem der Kettfäden in Längsrichtung und dem Fadensystem der Schussfäden in Querrichtung unterschieden. Um eine stabile Fläche zu weben, müssen die Kett- und Schussfäden dicht nebeneinander liegen. Die klassische Web-Bindung hat eine feste Struktur und eignet sich gut, um elektronische Elemente aufzunähen.
Abbildung 2–1 Struktur von Gewebe
Im Gegensatz zu Geweben können Maschenwaren aus einem oder mehreren Fadensystemen hergestellt werden. Bei Maschenwaren wird mit einem Faden eine Schlinge gebildet, die sogenannte Masche. Durch diese Masche wird wiederum eine neue Schlinge gezogen. Dies wird so lange wiederholt, bis eine textile Fläche entsteht. Die Struktur der Maschenwaren ist meistens sehr elastisch und das Textil kann um ein Vielfaches in Längs- und Querrichtung gezogen werden.
Abbildung 2–2 Struktur von Maschenware
Aus Vlies lässt sich nicht nur der allseits bekannte Vliespullover herstellen. Vliesstoffe haben ein sehr großes Einsatzgebiet, das von technischen Anwendungen, wie z.B. für den Fahrzeugbau, über Reinigungsprodukte bis hin zu Landwirtschaft und Gartenbau reicht. Vliesstoffe bestehen aus einzelnen kurzen Fasern, die zu einer textilen Fläche zusammengefügt werden. Es gibt viele unterschiedliche Verfahren, um Vliesstoffe herzustellen. Wichtig ist jedoch, dass die Fäden weder in verkreuzter noch verschlungener Form vorliegen, wie es bei Geweben oder Maschenwaren der Fall ist.
Abbildung 2–3 Struktur von Vliesstoff
Warum können manche Garne und Textilien elektrischen Strom leiten? Textile Flächen bestehen aus kurzen bis sehr langen, dünnen Fäden, den sogenannten Fasern. In der Textilindustrie wird aus mehreren Fasern Garn hergestellt, um daraus wiederum Gewebe oder Strickwaren zu produzieren. Manche Fasern sind von Natur aus leitfähig, anderen wird durch unterschiedliche Herstellungsverfahren und Materialkombinationen Leitfähigkeit verliehen. Besonders im Bereich der Wearables eignen sich diese Garne, um herkömmliche Stromkabel zu ersetzen. Elektronische Bauteile können so ohne Löten über leitfähige Garne an einen Stromkreis angeschlossen werden. Außerdem lassen sich starre Elektronikbauteile z.B. durch textile Schalter oder Batterietaschen aus leitenden Materialien ersetzen. Verschiedene Anleitungen dazu stellen wir dir in Kapitel 3 vor.
Abbildung 2–4 Elektrisch leitfähiges Textil der Firma Statex
Zu den natürlich leitfähigen Fasern gehören beispielsweise Metallfasern. Aufgrund ihrer hohen Leitfähigkeit eignen sich diese besonders für das Weiterleiten von Elektrizität über lange Strecken. Sie können aus Stahl, Kupfer, Silber oder sogar Gold hergestellt werden. Metallfasern sind bis zu fünfmal schwerer als herkömmliche Fasern und ihre Herstellung ist sehr kostspielig.
Für E-Textiles eignet sich Garn aus reinen Metallfasern weniger, da es sehr steif ist und leicht korrodieren kann.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Fasern mit einem dünnen Metallmantel, meist aus Silber oder Kupfer, zu beschichten. Diese Fäden sind herkömmlichen Fasern sehr ähnlich, können gut weiterverarbeitet werden und sind angenehm zu tragen. In den meisten Projekten dieses Buchs verwenden wir silberbeschichtete Garne und Textilien.
Diese Garne und Textilien können von Elektronik-Online-Shops wie z.B. www.watterott.de oder www.exp-tech.de bezogen werden. Wir empfehlen aber auch, in Läden mit Nähbedarf ein Auge offen zu halten und unterschiedliche Metallgarne auf ihre Leitfähigkeit zu testen.
Abbildung 2–5 Das für E-Textiles häufig verwendete Material Medtex von Statex
Velostat ist ein undurchsichtiger schwarzer Kunststoff der Firma 3M. Der Vorzug dieses Materials ist seine geringe Leitfähigkeit. In Kombination mit leitfähigen Materialien wird es für Wearables interessant: Sein elektrischer Widerstand verringert sich, wenn es zusammengedrückt wird. Wenn Velostat zwischen zwei Schichten aus leitendem Material platziert wird, kann man mit dieser Kombination wunderbar Druck- oder Biegesensoren herstellen. Mehrere Schichten können gestapelt werden, um den Gesamtwiderstand zu erhöhen. Viele Tüten für elektronische Komponenten bestehen aus Velostat bzw. Linqstat des Herstellers Caplinq. Dies ist Velostat sehr ähnlich und genauso gut für die Projekte in diesem Buch geeignet.
In diesem Buch nähen wir kleinere Nähte oder E-Textile-Applikationen oft per Hand auf unsere Wearables auf. Für alle, die noch keine oder wenig Erfahrungen rund um das Thema Nähen haben, werden im nächsten Abschnitt die vier häufigsten Handstiche kurz beschrieben.
Der Heftstich ist eine grobe, vorläufige Naht und wird genutzt, wenn es beim Nähen auf Genauigkeit ankommt. Für ein schnelles Zusammenheften, also Nähen, sind mehrere Nadelstiche auf einmal möglich, bevor die Nadel durch das Textil gezogen wird. Anschließend wird die endgültige Naht darüber genäht und der provisorische Heftfaden kann herausgezogen werden. Soll der Heftstich zwei Materialien permanent zusammenhalten, kannst du die Stiche auch dichter setzen.
Abbildung 2–6 Nahtbild Heftstich
Der Steppstich dient dem permanenten Zusammennähen von textilen Flächen. Zuerst durchsticht die Nadel den Stoff von unten. In der Fachsprache bezeichnet man die linke Stoffseite als Warenunterseite. Anschließend wird die rechte Seite, die sogenannte Warenoberseite, durchstochen, um einen Stich zurückzusetzen. Nach der Länge von zwei Stichen durchstichst du die Warenunterseite erneut. Die Nadel wird hier dicht am vorherigen Ausstich eingestochen. Die Naht wandert also zwei Schritte nach vorne und einen Schritt zurück.
Abbildung 2–7 Nahtbild Steppstich
Mit dem Überwendlichstich werden Stoffkanten vor dem Ausfransen geschützt. Dies ist unter den Nähprofis auch als Versäubern bekannt. Außerdem können mit dieser Naht kleinere Schnittteile wie beispielsweise eine Tasche auf Stoffoberflächen genäht werden. Zuerst wird die Nadel knapp neben der Stoffkante eingestochen. Dann ziehst du Nadel und Faden über die Stoffkante zurück auf die Seite des Einstichlochs und durchstichst das Textil erneut von der gleichen Warenseite.
Abbildung 2–8 Nahtbild Überwendlichstich
Der Zickzackstich ist ein Z-förmiger Stich, der sich besonders für elastische Textilien wie z.B. Maschenware eignet. Die Nadel wird diagonal unterhalb des letzten Ausstichlochs eingesetzt und auf der gegenüberliegenden Warenseite diagonal oberhalb des Einstichlochs durchstochen. Da dieser Stichtyp viel Garnvorrat hat, kann das Material entlang der Naht weiterhin in die Länge gezogen werden. Mit dem Zickzackstich können auch nachträglich Applikationen auf ein Textil genäht werden.
Abbildung 2–9 Nahtbild Zickzackstich
Die Nähmaschine gehört zu den wichtigsten Werkzeugen in der Wearables-Werkstatt. Zum einen brauchen wir sie, um unsere eigenen Bekleidungsstücke und Accessoires zu nähen. Zum anderen können mit der Nähmaschine sehr schnell textile Leiterbahnen aufgenäht werden. Aber keine Sorge, falls du keine Nähmaschine besitzen solltest, die meisten Projekte sind auch ohne Nähmaschine umsetzbar, da nicht alle Bekleidungsstücke selbst angefertigt werden müssen. Wenn du bereits weißt, wie eine Nähmaschine funktioniert, kannst du gerne bis zum nächsten Abschnitt »Textile Leiterbahn aufbringen« vorblättern.
Die meisten Handstiche und noch mehr Stichtypen führt auch eine handelsübliche Haushaltsnähmaschine aus. Viele Nähmaschinen haben ein Drehrad, um den gewünschten Stichtyp einzustellen. Zusätzlich können der Stichabstand, also die Distanz zwischen zwei Einstichlöchern, und je nach Stichtyp die Stichbreite, welche den Abstand der Einstichlöcher in Querrichtung beschreibt, bestimmt werden.
Um eine Naht zu bilden, verfügt die Haushaltsnähmaschine über einen Oberfaden und einen Unterfaden. Der Oberfaden bleibt grundsätzlich auf der Garnrolle und wird von oben, entlang der Maschine, zur Nadel hingeführt. Abschließend wird der Faden durch die Nadelöse gefädelt. Das exakte Befädelschema ist je nach Nähmaschinenmodell unterschiedlich und kann im Benutzerhandbuch nachgeschlagen werden. Die obere Abbildung der beschrifteten Nähmaschine kann dir behilflich sein, die Bauteile richtig zuzuordnen.
Abbildung 2–10 Die Haushaltsnähmaschine
Der Unterfaden wird zunächst über die Nähmaschine von einer Garnrolle auf eine Spule gewickelt und dann in die zugehörige Spulenkapsel eingesetzt. Der Faden wird durch die seitliche Öffnung in der Spulenkapsel wieder herausgezogen. Danach wird die Spulenkapsel in das Gehäuse unter der Nadel eingesetzt und sollte fühlbar einrasten. Du solltest immer darauf achten, dass die Nähmaschine ausgeschaltet ist, wenn Garn eingefädelt wird. Anonsten besteht Verletzungsgefahr.
Um den Unterfaden herauszuholen, drehst du das angebrachte Drehrad eine Umdrehung per Hand. Anschließend benutzt du einen flachen Gegenstand wie ein Lineal oder eine Schere und schiebst diesen zwischen dem Nähmaschinenfuß und der Stichplatte hindurch. Somit wird der Unterfaden herausgezogen. Nun kann die Nähmaschine eingeschaltet und per Fußpedal betätigt werden, um eine Naht zu bilden.
Um eine feste Naht für die unterschiedlichsten Materialien zu finden, wird die Spannung des Ober- und Unterfadens manuell eingestellt. Die richtige Fadenspannung zu finden, kann frustierend sein und erfodert etwas Erfahrung. Damit es dir besser gelingt, haben wir eine Checkliste zusammengestellt, die du im nächsten Abschnitt findest.
Abbildung 2–11 Glatte Naht (oben) und Naht mit Schlingen (unten)
Die obere Spannvorrichtung hat zwei Scheiben, zwischen welchen der Oberfaden hindurchläuft. An einem Drehrad kann hier die Fadenspannung reguliert werden. Meistens ist das Drehrad mit einem Plus- und Minussymbol oder Ziffern gekennzeichnet. Ein Blick ins Benutzerhandbuch zeigt, in welche Richtung weniger bzw. mehr Oberfadenspannung aufgebaut wird.
Die Unterfadenspannung wird durch die seitliche Öffnung in der Spulenkapsel reguliert, durch welche der Faden gezogen wird. Wenn der Unterfaden in der Spulenkapsel am Ende festgehalten wird, sollte diese zähflüssig nach unten tropfen. Falls das nicht der Fall ist, gibt es eine kleine Schraube an der Seite, über welche du die Fadenspannung vergrößern bzw. verringern kannst.
Schon durch kleine Fehler beim Aufspulen des Garns oder beim Befädeln der Maschine kann eine unregelmäßige Naht entstehen. Hier findest du eine Übersicht, was alles kontrolliert werden sollte, wenn das sogenannte Stichbild nicht stimmt:
Fehler
Ursache
Lösung
Unterfadenschiingen auf Warenoberseite
Oberfadenspannung zu fest
Fadenspannung regulieren
Unterfadenspannung zu locker
Oberfadenschiingen auf Warenunterseite
Oberfadenspannung zu locker
Fadenspannung regulieren
Unterfadenspannung zu fest
Fehlstiche / Faden reißt / unregelmäßige Naht
Nadel falsch eingesetzt
Nadel prüfen
Nadel verbogen
Nadel austauschen
Falsche Nadel
Nadelspitze auf Material abstimmen
Nadelstärke auf Garn abstimmen
Maschine nicht korrekt befädelt
Befädelungsschema prüfen
Ober- / Unterfadenspannung zu locker
Fadenspannung regulieren
Spule / Spulenkapsel falsch eingesetzt
Spule / Spulenkapsel kontrollieren
Abbildung 2–12 Checkliste bei fehlerhaftem Nahtbild
Im vorherigen Abschnitt haben wir erklärt, warum Garne und Textilien elektrischen Strom leiten können. Für Wearables können diese also als Leiterbahn eingesetzt werden, um das klassische Stromkabel zu ersetzen. Da wir in dem gesamten Buch nur mit kleinen Batterien zwischen 3 und 5 Volt arbeiten, ist es völlig ungefährlich, die Leiterbahn zu berühren und auf der Haut zu tragen, wenn durch diese Strom fließt.
Abbildung 2–13 Material zum Aufbringen von Leiterbahnen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Leiterbahnen in textile Flächen einzuarbeiten. Um sicherzustellen, dass dein Wearable lange hält, solltest du je nach E-Textile-Projekt die richtige textile Leiterbahn und Verarbeitungsmethode auswählen. Ansonsten kann sich die Leiterbahn leicht lösen oder durchreißen. Für die folgenden Abschnitte haben wir eine Übersicht aufgestellt, wie verschiedene Leiterbahnen aufgebracht und isoliert werden können. Manche dieser Methoden wirst du natürlich in den folgenden E-Textile-Projekten wiederfinden. Diese Zusammenfassung soll dir aber auch zeigen, wie viele weitere Möglichkeiten es für dein eigenes Wearables-Projekt gibt.