Weißgekalkt - Hans Salcher - E-Book

Weißgekalkt E-Book

Hans Salcher

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Beschreibung

Weißgekalkt ist das Heimathaus von Hans Salcher in Osttirol, grob und uneben ist seine Fassade, voller Geheimnisse, Überraschungen sein Inneres - wie das Land, in das es gebaut ist, und wie die Menschen, die darin leben. Der Autor umkreist sie in seinen Prosaminiaturen, skizziert sie mit einem sanften Lächeln und einem liebevollen, scharfen Blick. Hans Salcher verzichtet in seiner Prosa auf alle unnötigen Beigaben und allen Schmuck, der vom Wesentlichen ablenkt - jedes Wort, das er verwendet, sitzt, jeder Strich in den Zeichnungen ist richtig gesetzt. Abseits von Idylle und Kitsch entwirft Hans Salcher so ein eindringliches, berührendes Bild seiner Heimat. "Die Sprache dieser Prosaminiaturen ist von wohltuender Einfachheit. Sie erinnert an die kunstvolle Kurzprosa norbert c. kasers, die auch von einer fotografisch genauen Wahrnehmung ihre Faszination bezieht. In solchen Sätzen stimmt jedes Wort und steht am richtigen Platz. Nur das Allernötigste kommt zur Sprache. Diese Reduziertheit konzentriert die Bilder und macht sie eindringlich." Christine Riccabona, Literaturhaus am Inn

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Seitenzahl: 27

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Inhalt

Mein Land

Gesichter

Mitten im Dorf

Ein Regentag

Fröhliche Kinder

Am Bach

Eine Sommerfreundschaft

Der Trinker

Schwarzes Schaf

Der erste Schultag

Morgensonne

Berggötter

Gipfelsieg

Zunachten

Mutters Geburtstag

Sonnenblumen

In der Wiese liegen

Winter ist

Rodeln

Weihnachten

Für meine Freunde

Mein Herz trägt die Sprache der Berge.Denen gehöre ich ganz.

Mein Land

Wer mein Land kennt, weiß, daß mehr Berge als Häuser darin stehen. Es sind die Berge, die das Land königlich aussehen lassen. Ihre Kronen sind aus weißem Marmor und ihre Mäntel aus saftgrünem Marzipan, aus dem verstreut Orte in den blauen Himmel blicken. Wo dein Weg dich hinführt, sind Menschen aus allen Ländern der Welt. Auf einen Tiroler triffst du nur, wenn du ein Haus betrittst. Schaust du aus dem Fenster, steht in jedem Ort eine Kirche. Sie gleichen den spitzen Bergen im Abendrot. Es ist das Rot der Türme, das Zeichen ins Land malt.

Gesichter

Ein Dorf ist nicht nur viele Häuser. Es wohnen Menschen, Tiere und eine eigene Sprache darin. Ich habe die offenen Fenster und die zugehaltenen Augen gesehen. Wenn die Glocken läuten, falten die Menschen die Hände und blicken in den Himmel. Herr! Laß uns leben an diesem steilen Ort. Dreihundert Fenster sind im Dorf. Dort ist der Platz der alten Leute. Nur die jungen Katzen engen ihnen den Fensterplatz ein. Die Blicke reichen bis zum Nachbarn. An trüben Tagen bringt die Langeweile die Alten zum Schlafen.

Mitten im Dorf

Das Haus ist weißgekalkt, hat achtzehn kleine Fenster. Der Blick daraus ist von einer Schönheit, den nur Kinder in ihren Augen tragen. Das Blau fließt ins Herz und in die Launen des Tages. Man hört kaum den Schrei des Hahns, der übergroß auf dem kleinen Misthaufen vor dem Haus musiziert. Nur die Nachbarhenne am Gartenzaun wird unruhig und macht sich auf den Weg. Sein Stolz läßt den Hahn nicht vom Misthaufen steigen, nur einen kurzen Blick wirft sein Kopf zur Henne. Um den Misthaufen herum erheben sich wuchtige alte Bäume, mit Scharen von Vögeln auf den Ästen. Ihnen fallen immer neue Lieder ein, so hört man den Vögeln lange zu. Jeden Morgen bin ich ihr Zuhörer. Hätte ich einen Vogelschnabel, würde ich mit ihnen musizieren. So bleibt mir nur ehrfürchtiges Hören. Das Haustor quillt auf, und der Vater reckt und streckt sich. Ich schließe das Fenster. Es ist genug. Der Vogelgesang steht schon am Haustor, und gleich wird es heißen: Hans – aufstehen. Die Rufe sind herb und laut.