Weizenwampe - Der Gesundheitsplan - William Davis - E-Book

Weizenwampe - Der Gesundheitsplan E-Book

William Davis

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  • Herausgeber: Goldmann
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Das neue Praxisbuch von Dr. med. William Davis! In seinem Weltbestseller „Weizenwampe“ klärte er uns über die gesundheitlichen Schäden von Getreidekonsum auf und lieferte mit seinen Kochbüchern viele kreative Ideen, sich glutenfrei zu ernähren. Der Gesundheitsplan geht nun einen Schritt weiter – mit vielen Tipps und Strategien gespickt, ist es Ihr Begleiter in ein gesundes und schlankes Leben ohne Weizen.

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Buch

In seinem Weltbestseller »Weizenwampe« klärte Dr. med. William Davis uns über die gesundheitlichen Schäden von Getreidekonsum auf und lieferte mit seinen Kochbüchern viele kreative Ideen, sich glutenfrei zu ernähren. Der »Weizenwampe Gesundheitsplan« geht nun einen Schritt weiter und begleitet uns mit vielen Tipps und Strategien in ein gesundes und schlankes Leben ohne Weizen.

Autor

Dr. med. William Davis ist Präventionsmediziner und Kardiologe. Er ist der Gründer des »Track Your Plague«-Programms zur Früherkennung von Herzerkrankungen. Mit seinem Bestseller »Weizenwampe« überzeugte er weltweit Millionen begeisterter Leser von der weizenfreien Ernährung. Er lebt in Milwaukee, Wisconsin, und führt dort seine eigene Praxis.

Außerdem von Dr. med. William Davis im Programm

Weizenwampe

Weizenwampe – Das Kochbuch

Weizenwampe – Das 30-Minuten-Kochbuch

auch als E-Book erhältlich.

Dr.med.William Davis

Weizenwampe –Der Gesundheitsplan

Getreidefrei fit und schlank

Aus dem Amerikanischen von Imke Brodersen

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden vom Autor und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

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1. Auflage

Deutsche Erstausgabe März 2016

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

© 2016 der deutschsprachigen Ausgabe:

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

© 2014 der Originalausgabe: William Davis, MD

Originaltitel: Wheat Belly - Total Health

Originalverlag: Rodale Books, New York

Published by arrangement with Mohrbooks AG Literary Agency and The Cooke Agency International and Rick Broadhead & Associates, Inc.

Umschlaggestaltung: Uno Werbeagentur, München

Umschlagillustration: FinePic®, München

Redaktion: Ruth Wiebusch

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

JE · Herstellung: CB

ISBN 978-3-641-16400-3V001

www.goldmann-verlag.de

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Für alle Leser, die sich wacker und voller Überzeugung gegen die üblichen Ernährungsvorgaben zur Wehr setzen und entdecken wollen, wie gutechte Nahrung der menschlichen Gesundheit tun kann.

Inhalt

Einleitung

Teil I

Kein Getreide ist gutes Getreide

1. Freiheit für das Ur: Leben ohne Getreidemast

2. Sollen sie doch Gras essen

3. Der Siegeszug des Getreides

4. Der gefoulte Darm: Darmprobleme durch Getreide

5. Volles Korn für Hirn und Herz?

Teil II

Getreidefrei leben

6. Die Umstellung

7. Der Alltag

Teil III

Weizenfrei und nährstoffoptimiert

8. Getreidebedingte Nährstoffmängel ausgleichen

9. Die vollständige Genesung vom posttraumatischen Getreidedarmsyndrom

10. Stoffwechsel im Gleichgewicht: Blutzucker, Cholesterin, Knochen und Entzündungsneigung

11. Die irritierte Schilddrüse: Fettfalle für Gewicht und Gesundheit

12. Hormonstörung: Ärger mit der obersten Regulierungsbehörde

13. Schluss mit dem Selbstbeschuss: Ausstieg aus Autoimmunreaktionen

14. Plateauphase: Wenn das Gewicht nicht schmelzen will

15. Klarer, klüger, schneller: Getreidefrei und leistungsfähig

Epilog

Anhang

Anhang A. Rezepte für umfassende Gesundheit

Anhang B. Verstecktes Getreide: Hier müssen Sie auf der Hut sein

Anhang C. Getreidefrei einkaufen

Anhang D. Bezugsquellen und Ansprechpartner

Danksagung

Quellen

Register

Einleitung

Sie sind getreideverseucht.

Ihr Leben und Ihre Gesundheit wurden durch »gesundes Vollkorn« angeschlagen. Der Obergangster in der ganzen Bande ist der moderne Weizen, der Judas der Ernährungsweisheit, Despot der Müslischale, Tyrann der Backwaren und halbwüchsiger Liebling der industrialisierten Landwirtschaft. In den Augen bildet sich grauer Star, die Arterien werden immer steifer, die Haut entwickelt Runzeln und Ausschläge, die Gelenke und Organe entzünden sich, der Bauch wird immer runder, der Blutzucker klettert, und manchen Männern wächst eine weiche runde Brust. Das Gehirn scheint im Nebel zu tappen, die Medikamentenliste wird immer länger, und Sie rennen eilig zur nächsten Toilette – während Sie gleichzeitig dazu verleitet werden, immer mehr von dem zu verzehren, was alle offiziellen Ernährungsgremien empfehlen … bis Sie dem ganzen Theater nach den Enthüllungen in der Weizenwampe ein Ende setzen.

Sie pfeifen mutig auf alles, was ernährungswissenschaftlich abgesegnet ist, und setzen sich über Empfehlungen der Ernährungspyramiden und Idealteller hinweg. Sie kehren dem Gesundheitsministerium und allen renommierten Ärztegesellschaften ebenso den Rücken wie der Weizenlobby und den Backwarenherstellern, die sich in verzweifelten Verlautbarungen um Schadensbegrenzung bemühen. Erst da kehren Gesundheit und Lebenskraft allmählich zurück.

Ich habe diese Entwicklung selbst erlebt. Nachdem ich alles »gesunde Vollkorn« gestrichen hatte, ging mein Diabetes mehr und mehr zurück. Inzwischen bin ich kein Diabetiker mehr. Die Benommenheit, die trotz zahlloser Tassen Kaffee nicht weichen wollte, verschwand ebenso wie die unangenehme Reizdarmsymptomatik. Mein Triglyzeridspiegel fiel von 350 auf 42 mg/dl, das HDL-Cholesterin stieg von 27 auf 97 mg/dl, und die düsteren Gedanken und Stimmungen, mit denen ich seit vielen Jahren gekämpft hatte, waren wie weggewischt. Ich tat das Gegenteil von dem, was allgemein als »gesund« galt, und erlebte eine gesundheitliche Verwandlung.

Wenn einem bewusst wird, dass die übliche Ernährungsberatung ebenso wertvoll ist wie ein alter Kaugummi auf dem Bürgersteig, wird man unweigerlich skeptisch. Stammen Gesundheitsratschläge tatsächlich aus neutraler Quelle? Sind sie unvoreingenommen und wissenschaftlich begründbar? Diätempfehlungen beruhten bisher bestenfalls auf unvollständigen oder fehlinterpretierten Daten, und so brachte eine ganze Armee von Diätassistenten und »Experten« falsche Fakten unters Volk. Schlimmstenfalls entsprachen diese Ratschläge den Ambitionen der Agrarwirtschaft und anderer mächtiger Interessensgruppen, die daran arbeiten, die menschliche Nahrung zur Massenware zu machen, einem Wirtschaftsgut also, aus dem sich maximaler finanzieller Profit schlagen lässt. Dazu muss man uns überzeugen, dass wir uns von Lebensmitteln abhängig machen, mit denen man billig und ohne Rücksicht auf Herkunft und Qualität in großem Stil handeln kann und die von vielen heiß begehrt sind. Ja, Sie wurden getreideverseucht.

Wenn wir das ganze Marketing abziehen, die angebliche Wissenschaft, die verführerische Bequemlichkeit und das Verlangen der Sucht, stellen wir fest, dass die Zivilisation vor etwa 10 000 Jahren einem gewaltigen Denkfehler auf den Leim ging. Damals verwechselten wir Grassamen, die wir anfangs aus reiner Verzweiflung verzehrten, mit Nahrung. Danach gestatteten wir diesem Fehler, sich aufzublähen, weil wir ihn nicht nur für ein Grundnahrungsmittel, sondern für die ideale Nahrung für den Menschen hielten. Die Entlarvung der Tücken des modernen Weizens in Weizenwampe war der erste Schritt. Inzwischen können wir zum nächsten Schritt übergehen und alles Getreide über Bord werfen. Wenn dies geschafft ist, kommen wir der umfassenden Gesundheit näher und können die vielen schädlichen Auswirkungen, die durch jahrelangen Getreidekonsum bei uns entstanden sind und auch nach vollständigem Getreideverzicht weiter bestehen, aufdecken und rückgängig machen. Deshalb spreche ich gern von umfassender Gesundheit.

Im Weizenwampe Gesundheitsplan werden wir uns detailliert damit befassen, warum dieser Irrweg der Ernährung mehr Krankheit und Leid über die Menschheit gebracht hat als alle Kriege dieser Welt. Wir überlegen, wie und warum Experten dieser Massenhysterie aufgesessen sind und sogar Regierungseinrichtungen und die Politik dazu gebracht haben, der Täuschung zu verfallen. So entstand ein Paradebeispiel kollektiven Wahnsinns, schlimmer als bei den Hexenprozessen. Der nächste Schritt unserer Entdeckungsreise wird die Frage sein, wie man nach der Zerschlagung dieses getreideinduzierten Chaos’ im Körper die einzelnen Facetten sortieren und Ernährung, Gewicht, Hormone und andere Aspekte der Gesundheit wiederherstellen kann.

Manches im Leben entzieht sich unserem Einfluss – darunter die Gene, die Familie oder die Schuhgröße –, doch über die meisten Faktoren, die unseren Alltag bestimmen, haben wir durchaus Kontrolle. Der Verzicht auf Getreide ist ein mutiger erster Schritt, aber es bleiben noch viele weitere, bis die Jahre der gesundheitlichen Vernachlässigung, der wir ausgesetzt waren, Schnee von gestern sind. In diesem Buch finden Sie die richtigen Strategien, um die Wunden aus Ihrer Getreidezeit zu heilen und das Knäuel der daraus erwachsenen Gesundheitsbeschwerden zu entwirren. Nach dem Verzicht auf Getreide können Darmflora und Verdauung weiterhin gestört sein, und es können Nährstoffmängel und chronische Krankheiten wie Osteoporose auftreten. Mit all diesen Punkten muss man sich auseinandersetzen. Bestimmte Medikamente, die Sie bisher gegen diverse getreideabhängige Gesundheitsprobleme eingenommen haben, sind nun vielleicht nicht mehr erforderlich. Manche Menschen gehen zu anderen ungesunden Ernährungsformen über, indem sie glutenhaltiges durch glutenfreies Getreide ersetzen oder ungesunde Süßungsmittel verwenden, und stellen fest, dass es ihnen zwar nicht mehr ganz so schlecht geht wie mit Getreide, sie jedoch in Bezug auf ihre Gesundheit immer noch überflüssige Kompromisse eingehen. Erst wenn diese Punkte abgearbeitet sind, winkt umfassende getreidefreie Gesundheit.

Machen Sie sich auf Enthüllungen zu Ernährung und Gesundheit bereit, die selbst aufmerksamen Lesern der Weizenwampe neu sein werden. Im vorliegenden Buch schrecke ich vor keinem Tabu zurück. Mir geht es nicht um Schlagzeilen oder Bewunderung, sondern um vorurteilsfreie Informationen jenseits der Einflusssphären der Agrarindustrie oder einer voreingenommenen Epidemiologie. Ich werde unangenehme Fragen stellen und dabei vorgefertigte Meinungen verwerfen, um zur Wurzel der Ernährungsweisheit vorzudringen. Denn dort können wir entdecken, dass sich ohne Getreide nicht nur eine lange Reihe chronischer Krankheiten in Luft auflösen, sondern zugleich umfassende Gesundheit und Leistungsfähigkeit winken, die wir nie für möglich gehalten hätten.

Wir werden des Kaisers neue Kleider entlarven und dabei zusehen, wie seine Weizenwampe und die Herrenbrüste schrumpfen, die geschwollenen Gelenke wieder beweglich werden und die Haut sich beruhigt. Durch Umgehung anderer Getreidesorten können wir Zeuge der weiteren Gesundung werden und ihm schließlich Gewänder anlegen, die eines Königs wirklich würdig sind. Und dieser König sind Sie, getreidefrei und unbeschwert.

Getreidefreie Ernährung ist massentauglich

Vor drei Jahren, beim Erscheinen des Vorläuferbuchs Weizenwampe, hätte ich den Weizenwampe Gesundheitsplan noch nicht schreiben können. Seither haben so viele Menschen ihr Leben umgestellt, so viele Ärzte und Beschäftigte im Gesundheitswesen sich mit diesem Konzept angefreundet, und wir haben so viel dazugelernt, während der weltweite Widerstand gegen den Slogan vom »gesunden Vollkorn« gewachsen ist und durch die vielen Beteiligten ein ständiger Zustrom an neuen, unerwarteten Erkenntnissen entstand. Der Weizenwampe Gesundheitsplan fasst zusammen, was Millionen erlebt haben, nachdem sie sich für ein getreidefreies Leben entschieden und dabei herausgefunden haben, was umfassende Gesundheit wirklich bedeutet. Als Kollektiv machen wir etwas rückgängig, was die Menschheit seit 300 Generationen verpfuscht hat, auch wenn Ernährungswissenschaftler, Gesundheitsbehörden und andere Verteidiger des Status quo die Nase rümpfen oder über uns herfallen, weil sie zusehen müssen, wie die letzten 40 Jahre ihrer Arbeit plötzlich bedeutungslos werden.

Im Informationszeitalter bekommt das Schwarmwissen ein ganz neues Gewicht, wird blitzschnell geteilt und kann herkömmliches »Wissen« rasch kippen. Zum Beispiel wissen wir inzwischen, dass Weizenintoleranz in Wahrheit einer Intoleranz gegen jegliches Getreide entspricht, weil alle Getreidesorten letztlich genetisch verwandte Gräser sind. (Ja, Gräser, so wie das Gras im Garten oder auf der Wiese, das die Pferde und Ziegen fressen. Was diese einfache biologische Erkenntnis bedeutet, werden wir später im Detail besprechen.) Heute wissen wir, dass praktisch jeder davon profitiert, wenn nach dem Verzicht auf Getreide wieder eine gesunde Darmflora entsteht. Wir wissen, dass Jodmangel Gewichtsabbau und Gesundheitsbemühungen behindern kann. Viele Menschen erfreuen sich nach dem Verzicht auf Weizen ihrer größeren Energie, ohne die ganze Kraft der Jugend wiederzugewinnen, weil Rückstände von perchlorathaltigen synthetischen Düngemitteln und bromierte Mehlaufheller aus kommerziellen Backwaren und Pizzateig ihre Schilddrüse so beeinträchtigt haben, dass sie ihr Gewicht nur unzureichend kontrollieren können, die Haare vorzeitig dünner werden und der Darm nur träge funktioniert. Je mehr Menschen sich dem Getreide verweigern, desto klarer wird, dass Getreideverzicht zwar viel bewirkt, der Stoffwechsel jedoch so aus dem Gleichgewicht geraten sein kann, dass auch eine eisern eingehaltene Diät ohne weitere Eingriffe keinen Gewichtsabbau bewirkt. Inzwischen verstehen wir besser, dass Autoimmunerkrankungen sowie entzündliche und neurologische Krankheiten zusätzliche Bemühungen erfordern, damit eine möglichst vollständige Genesung erfolgen kann. Getreideverzicht bewirkt weit mehr als nur Gewichtsverlust. Es geht um ein erstaunlich wirkungsvolles Gesamtpaket aus heilenden, leistungsfördernden und lebensverlängernden Maßnahmen, die den Körper länger jung halten.

Selbst wenn jemand mit Weizenverzicht gesundheitlich bereits einen großen Schritt getan hat, kann die Beschäftigung mit den Strategien im Weizenwampe Gesundheitsplan und ihre Umsetzung der Gesundheit noch bessere Dienste leisten. Falls Sie zu den Menschen gehören, die ohne Weizen heute fünf, 20 oder gar 50 Kilo weniger Bauchfett mit sich herumschleppen und bestimmte Krankheiten rückgängig machen konnten, können auch Sie durch verschiedene Maßnahmen noch mehr für sich tun.

Vielleicht gehören Sie aber auch zu der Gruppe, die selbst ohne Weizen nicht sonderlich gesünder wurde. Sie kämpfen nach wie vor mit 25 Kilo Übergewicht, Gelenkschmerzen, Hautproblemen und anderen gesundheitlichen Einschränkungen und fragen sich, ob Sie abgesehen von Medikamenten und Therapien nicht doch noch etwas für Ihre Gesundheit tun können. Manch einer spürt inzwischen, wie gut es ihm ohne Weizen geht, und er möchte auf Dauer so gesund wie möglich leben. Und für den einen oder anderen ist das Thema »weizenfrei« noch Neuland. In diesem Fall besteht das ultimative Ziel darin, getreidefrei zu leben. Zu welcher Kategorie auch immer Sie gehören, hier finden Sie die richtigen Antworten.

Getreidefrei leben: Uneingeschränkt leistungsfähig

Drückende Gesundheitskosten belasten unsere Wirtschaft. 50 Kilo Übergewicht überbeanspruchen Hüften, Knie und Füße, die für solche Lasten nicht ausgelegt sind und ächzend vorzeitig verschleißen. In dieser Weise unterminieren auch Getreidebestandteile die Funktionen des menschlichen Körpers von Kopf bis Fuß. Sobald man diese zermürbende Bürde entfernt, sind die Menschen wie befreit. Die Wirtschaft floriert, die Gelenke atmen auf, und der Körper funktioniert so, wie er soll.

Neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Getreide sollten wir auch über die Leistungsfähigkeit sprechen: Wie leistungsfähig sind Sie auf emotionaler, geistiger, beruflicher und körperlicher Ebene, wenn die größten Hindernisse einmal beiseitegeräumt sind? Hierbei geht es um schulische, berufliche und sportliche Leistungen, aber auch um die Beziehungsfähigkeit, also praktisch alle Lebensbereiche. Wer sich rundum gut fühlt (und auch so aussieht), bringt das gewisse Extra mit, das einen Tag entweder akzeptabel oder aber wunderbar macht. Umfassende Gesundheit ist äußerlich sichtbar, denn die Haut wird glatter, der Bauch flacher, die Beine schwellen ab, der Gang wird beschwingt, und die Beweglichkeit insgesamt nimmt zu. Gleichzeitig schlafen wir besser, bei Frauen normalisiert sich der Zyklus, Kopfschmerzen verschwinden, und die Verdauung funktioniert ohne Probleme.

Neben angenehmeren Zyklen profitieren Frauen von einer höheren Fruchtbarkeit und niedrigeren Östrogenspitzen. Am Ende fühlen sie sich wieder rund um die Uhr wohl, nicht nur hin und wieder oder praktisch nie. Männer spüren den sinkenden Östrogenspiegel und den höheren Testosteronspiegel in Form von besserer sexueller Leistungsfähigkeit und dem Schrumpfen peinlicher Brustbildung.

Umfassende Gesundheit ist durchaus messbar. Ihr Ziel sollte ein ausgewogener Stoffwechsel sein, der sich über Triglyzerid- und Cholesterinspiegel, Blutzucker, Hämoglobin A1c (Langzeitblutzucker), Schilddrüsenhormone und Nährstoffgehalt im Blut nachweisen lässt, aber auch in Form von Blutdruck und Körperfettanteil.

Normalsterbliche können ohne die typischen Schmerzen und Energieabfälle unter Getreideeinfluss leichter, schneller und weiter gehen, laufen oder springen. Dieses Phänomen betrifft jedoch auch Hochleistungssportler, die in zunehmendem Maße zu getreidefreier Ernährung übergehen. In diesem Buch gehen wir darauf ein, wie man darüber hinaus Leistungssteigerungen erzielen kann. Manchmal sind die ergänzenden Schritte erstaunlich einfach – zum Beispiel beim Ausgleich von Jod- oder Eisenmangel; in anderen Fällen sind die Lösungen komplizierter, zum Beispiel wenn es um die Wiederherstellung und die Erhaltung eines gesunden Darms oder um die Auswirkungen von Hormonstörungen geht. Das Ziel besteht darin, das individuelle Potenzial zu erkennen und auf möglichst vielen Ebenen so gesund und leistungsfähig wie möglich zu sein. Wir wollen keineswegs neue getreidefreie Übermenschen erschaffen, sondern lediglich die Leistungsstufen erreichen, die wir bisher allenfalls flüchtig streifen konnten.

Viele dieser Bemühungen wären gar nicht erforderlich, wenn wir gewisse Ernährungslegenden gar nicht erst geglaubt hätten. Wenn wir ohne Kontakt mit hochgezüchtetem Pseudogetreide aufgewachsen wären, das unsere Gesundheit auf so unnachahmliche Weise unterminiert, ohne die gestörten Schilddrüsen- und Sexualhormone infolge von Getreide, das zahllose industriell erzeugte, chemische Bestandteile enthält, welche das Hormonsystem behindern, so wäre die Lage vielleicht anders. Und wenn wir wie die Urmenschen in einer subtropischen Klimazone weitgehend im Freien gelebt hätten, wo wir jede Nacht tief und fest schlafen würden, ohne uns dem unablässigen Stress des modernen Lebens auszusetzen, nun, dann wären wir alle vermutlich in Bestform. Für die Mehrheit der Menschen trifft dies jedoch nicht zu. Doch sobald wir verstehen, was schiefgelaufen ist, können wir die Situation zurechtrücken.

Umfassend gesund ohne Getreide in drei Schritten: Nicht mehr und nicht weniger

Der Weizenwampe Gesundheitsplan besteht aus drei Teilen, die eine logische und zwingend erforderliche Abfolge darstellen, wenn wir tatsächlich umfassend gesund sein wollen. So wie ein Kind krabbelt, bevor es läuft, oder Algebra büffelt, ehe es Integralrechnungen löst, entfaltet sich auch die Gesundheit in einer natürlichen Abfolge.

Solange Sie noch Getreide verzehren, können Sie nicht wieder gesund werden: Perfekte Gesundheit und der Verzehr von Vollkornbrötchen oder Roggentoast aus genmanipuliertem Mehl schließen einander aus. Man ist sich häufig nicht einmal bewusst, dass Getreide seine schädliche Wirkung entfaltet, während wir arbeiten, schlafen, im Auto sitzen oder fernsehen. Schließlich spüren wir kaum, dass in unserem Inneren eine viel zu durchlässige Darmwand vor sich hin schmort und jederzeit eine Autoimmunreaktion auslösen kann, die Sprech- und Koordinationsstörungen oder die Muskelschwäche einer Multiplen Sklerose bewirken könnte. Oder es sammeln sich Ablagerungen in den Linsen an, die unsere Augen verschleiern, bis wir trotz angeblich ausgewogener Ernährung und viel Sport mit 53 plötzlich die Diagnose »grauer Star« erhalten. Oder unsere geistige Aufnahmefähigkeit geht langsam zurück, und plötzlich wissen wir nicht mehr, wo wir das Auto geparkt haben. Dass wir etwas nicht wahrnehmen, bedeutet nicht, dass es nicht existiert. Es ist da, auch wenn wir uns »gut« fühlen, und muss in Ordnung gebracht werden. Sonst brauchen wir von umfassender Gesundheit gar nicht erst zu träumen.

In Teil I geht es um die Frage, warum wir nicht nur auf Weizen, sondern auf jedes Getreide verzichten sollten, um rundum gesund zu werden. Dieses Thema ist so wichtig, weil die schädlichen Auswirkungen von Getreide durch andere gesunde Nahrungsmittel, Ergänzungsmittel, Bewegung oder Medikamente nicht vollständig wettzumachen sind. Aus Sicht der Evolution ist Getreideverzicht dem Homo sapiens von Natur aus angemessen und passt zu unserer Physiologie und unserem Stoffwechsel.

In Teil II beschäftigen wir uns damit, wie diese Reise im Einzelnen verläuft und wie man den Entzug von den im Getreide enthaltenen Opiaten übersteht. Das ist die vermutlich größte Herausforderung auf dem Weg zur Gesundheit, die ohne die richtige Unterweisung und Unterstützung leicht nach hinten losgehen kann, bis man wieder am gleichen Punkt ist wie zuvor. Ich zeige Ihnen, woran Sie erkennen, dass eine Reexposition mit eng verwandten Proteinen stattgefunden hat, die den Körper in alte Reaktionen zurückkatapultierte, die wir überwunden glaubten, und alles Erreichte zunichtemachen könnte. Außerdem klären wir, wie der Körper sich auf diese neue Lebenssituation einstellt, woran die Anpassung scheitern kann und wie wir die Zügel fest in die Hand nehmen.

In Teil III geht es um ein umfassendes Gesundheitskonzept, das wir erst angehen können, wenn alle schädlichen Auswirkungen des Getreides wegfallen. Wie können Sie Energie, Schlaf, Konzentration, Stimmung, Darmfunktion, Hormonsystem, Stoffwechsel und die körperliche und sportliche Leistungsfähigkeit optimieren? All diese Lektionen wenden wir praktisch an, während wir entdecken, dass ein Leben ohne Getreide wirklich höchst gesund ist.

Zu viele von uns, die dem Dogma vom »gesunden Vollkorn« auf den Leim gegangen sind, haben nie erlebt, wie leicht und mühelos umfassende Gesundheit zu erreichen ist. Wenn die gesundheitlichen Probleme durch Getreide das Leben nicht länger belasten und einem klar wird, dass der angebliche Nutzen reine Einbildung war, geraten auf vielerlei Ebenen wundersame Dinge in Gang. Das ist umfassende Gesundheit.

Teil I

Kein Getreide ist gutes Getreide

Von Weidetieren, Heufütterung und Mastvieh

1. KAPITEL

Freiheit für das Ur: Leben ohne Getreidemast

Goldfische fressen keine Wurst.

John Cleese: »How to Feed a Goldfish«,

Monty Python’s Flying Circus

Wer dieses Buch liest, gehört der Spezies des Homo sapiens an. Der Leser oder die Leserin ist keine Giraffe, keine Kröte, kein Specht und auch kein schweigsamer Wiederkäuer, der sich von Gras ernährt.

Wiederkäuer wie Ziegen und Rinder samt ihrer wilden Vorfahren, den Steinböcken und Auerochsen, haben sich im Laufe der Evolution an Gras als Futterquelle angepasst. Den Abrieb durch die rauen sandartigen Phytolithpartikel im Gras kompensieren sie durch ständig nachwachsende Zähne. Sie erzeugen über 100 Liter Speichel pro Tag, und ihr Magen ist in vier Abschnitte unterteilt, in denen einzigartige Mikroorganismen die Grasbestandteile zerlegen, darunter ein Bereich, der den Inhalt zermahlt und als Brei wieder hochwürgt, damit er erneut zerkaut werden kann, sowie ein langer spiralförmiger Darm mit noch mehr Bakterien, welche alle Überreste des Grases weiter zerlegen. Das Verdauungssystem von Wiederkäuern ist somit perfekt für die Futterquelle Gras gerüstet.

Aussehen, Geruch und Verhalten des Menschen erinnern nicht an einen Wiederkäuer. Warum also sollte der Mensch sich so ernähren?

Diejenigen, die dem Weizen bereits abgeschworen haben, tun dies natürlich nicht mehr. Wer jedoch nach wie vor an die Mär vom »gesunden Vollkorn« glaubt, sitzt der Illusion auf, dass Gräser unsere Hauptkalorienquelle sein sollten. Aber alle Gräser, ob im Garten und auf der Wiese oder ob Weizen, Roggen, Gerste, Mais, Reis, Bulgur, Sorghum, Dinkel, Hirse, Teff oder Hafer, gehören biologisch zur Familie der Poaceae, der Süßgräser. Uns Menschen wachsen allerdings nur zweimal im Leben Zähne. Spätestens ab der Pubertät müssen wir mit den bleibenden Zähnen lebenslang zurechtkommen. Wir erzeugen nur einen Liter Speichel pro Tag, haben nur einen Magen, nicht vier, und ganz andere Bakterien, die das Essen nicht zermahlen. Wir sind keine Wiederkäuer und haben einen ziemlich langweiligen, linearen, nicht spiralförmigen Dickdarm. Dank dieses Verdauungsapparats sind wir Allesfresser, aber keine Grasfresser.

Die Frühmenschen waren erst Aasfresser, dann Jäger. Sie jagten Tiere wie Gazellen, Schildkröten, Vögel und Fische und verzehrten essbare Pflanzenteile von Früchten und Wurzeln, Pilze, Nüsse und Samen. Hungrige Menschen betrachteten all dies instinktiv als Nahrung. Vor etwa 10 000 Jahren beobachteten dann die Menschen im fruchtbaren Halbmond während einer Periode steigender Temperaturen und zunehmender Trockenheit, dass Wildziegen und Auerochsen Einkorn fraßen, den frühen Vorläufer des modernen Weizens. Als Allesfresser stellten unsere hungrigen Vorfahren sich natürlich die Frage: »Können wir das auch essen?« Sie probierten es und reagierten prompt mit Erbrechen, Krämpfen und Durchfall. Bestenfalls schieden sie die Pflanzen unverdaut wieder aus, weil der Mensch nun einmal nicht den Verdauungsapparat eines Wiederkäuers besitzt. In seiner ursprünglichen Form ist Gras nicht sehr appetitanregend. Irgendwie kamen wir jedoch darauf, dass der einzig essbare Teil der Einkornpflanze der Samen sei – nicht die Wurzeln, nicht der Stängel, nicht die Blätter und nicht die komplette Ähre, sondern allein der Samen, und auch dieser erst nach Entfernung der Spelzen und nach langem Kauen oder Zerstoßen mit Steinen und anschließendem Kochen in Tongefäßen über dem Feuer. Nur dann wurden diese Körner in Form von Brei verzehrt, was in harten Zeiten, wenn Fleisch, Eier und Feigen knapp waren, eine Notlösung darstellte.

Ähnliche Beobachtungen zum Grasverzehr gab es in Amerika mit Teosinte und anderen Vorläufern des heutigen Mais, in Asien mit Wildreis und in der Subsahara mit Sorghum und Hirse. Überall jedoch waren ähnliche Verarbeitungsschritte erforderlich, bis der essbare Teil, der Samen, vom Menschen verzehrt werden konnte. Manche Gräser, zum Beispiel Sorghum, warfen neue Hürden auf, weil ihr Giftgehalt (zum Beispiel Blausäure) plötzlich zum Tode führen kann, wenn die Pflanze vor der Reife verzehrt wird. Die natürliche Evolution der Gräser brachte Weizenunterarten wie Emmer, Dinkel und Kamut hervor, weil der Weizen immer wieder Gene von anderen Wildgräsern aufnahm, während die Menschen parallel dazu die Ähren mit mehr und größeren Körnern zur Aussaat auswählten.

Was wurde aus diesen verzweifelt hungrigen Frühmenschen, die herausfanden, wie man einen Grasbestandteil, den Samen, essbar macht? Die Anthropologie kennt die Antwort erstaunlicherweise schon seit Jahren. Die ersten Menschen, die zum Futter der Wiederkäuer übergingen, entwickelten schlagartig Karies. Ober- und Unterkiefer schrumpften, es kam zu Zahnfehlstellungen, Eisenmangel und Skorbut. Gleichzeitig gingen Knochenlänge und Knochendurchmesser zurück, was die Körpergröße von Männern um gut zwölf Zentimeter, die der Frauen um über sieben Zentimeter zurückgehen ließ.1

Das Interessante am Verfall der Zahngesundheit ist, dass Karies bis zum Beginn des Grassamenverzehrs sehr selten war und ganz ohne Zahnbürsten, Zahnpasta, Fluor im Wasser, Zahnseide und Zahnärzte nicht einmal ein Prozent aller entdeckten Zähne betraf. Ganz ohne heutige Dentalhygiene (bestenfalls mal ein Zweig, um Fetzen von Wildschweinfleisch aus den Zahnzwischenräumen zu pulen) war Zahnfäule bis zur Einführung von Getreidevorläufern für die meisten Menschen einfach kein Problem. Die Vorstellung der zahnlosen Wilden ist schlichtweg falsch. Die frühen Menschen hatten ihr Leben lang kräftige, intakte Zähne. Erst nachdem man den Kalorienbedarf in großem Stil über Grassamen deckte, nahmen schiefe und faule Zähne in den Mündern von Kindern und Erwachsenen zu. Ab diesem Zeitpunkt lässt sich Karies in 16 bis 49 Prozent aller gefundenen Zähne nachweisen. Hinzu kamen fehlende Zähne und Abszesse, sodass Zahnfäule bei den Ackerbauern des Neolithikums bald so verbreitet war wie Haarausfall.2

Kurz gesagt, als wir vor rund 10 000 Jahren anfingen, Grassamen zu essen, konnte der Mensch dank dieser Nahrungsquelle vielleicht noch einen Tag, eine Woche oder einen Monat überleben, wenn diejenige Nahrung knapp wurde, die wir in den 2,5 Millionen Jahren zuvor instinktiv aufgenommen hatten. Dieser Versuchszeitraum umfasst jedoch nur 0,4 Prozent, also nicht einmal ein halbes Prozent, unseres Daseins auf dieser Erde. Für die Veränderungen in der Ernährung zahlte der Mensch einen hohen Preis. Im Hinblick auf die Mundgesundheit befinden wir uns seit dem ersten Getreidebrei im finsteren Mittelalter. Die Geschichten von Zahnschmerzen, Abszessen und schmerzhaften Versuchen, entzündete Zähne zu ziehen, sind erschütternd. George Washington griff auf ein Gebiss aus Holzzähnen zurück. Erst seit dem 20. Jahrhundert können wir durch das Aufblühen moderner Zahnhygiene unsere Zähne auch im Erwachsenenalter noch lange erhalten.

Springen wir jedoch ins 21. Jahrhundert, wo der moderne Weizen 30 Prozent aller verzehrten Kalorien liefert, zusammen mit den Samen von Mais und Reis sogar 50 Prozent!3 Ja, der Mensch ernährt sich kalorienmäßig zur Hälfte von Grassamen. Wir sind eine Spezies von Grassamenfressern geworden, eine Entwicklung, die von Behörden wie dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium USDA mit Beifall bedacht wird, begleitet von dem Rat, diesen Anteil auf mindestens 60 Prozent zu steigern. Beifall spenden auch all diejenigen, die am globalen Getreidehandel beteiligt sind, weil Grassamen lange haltbar sind (Monate bis Jahre), was weite Lieferwege ermöglicht. Zudem sind sie leicht zu lagern, erfordern keine Kühlung und sind auf der ganzen Welt begehrt, also lauter praktische Eigenschaften. Die Verwandlung von Lebensmitteln in eine global verfügbare und umschlagbare Handelsware gestattet das Aufkommen finanzieller Spekulationen wie dem Kauf und Verkauf von Termingeschäften, Hedgegeschäften und komplexen Derivaten, also den Werkzeugen der Finanzmärkte. Wilde Heidelbeeren oder Seelachs aus dem Atlantik sind dafür ungeeignet.

Angesichts der Anatomie des Homo sapiens kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass er kein Wiederkäuer ist, da ihm sämtliche Verdauungsmerkmale dieser Lebewesen fehlen. Er kann Grassamen nur zur Not verzehren und muss dafür gesundheitliche Einschränkungen in Kauf nehmen.

Mutierte Ninja-Gräser

Die Samen der Gräser, die wir als »Getreide« oder »Getreideflocken« kennen, stellen für Nichtwiederkäuer seit jeher ein Problem dar. Deswegen gingen irgendwann eifrige Genetiker und Agrarwissenschaftler ans Werk und haben den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Die Leser der Weizenwampe wissen bereits, dass der moderne Weizen nicht mehr jene knapp 1,50 Meter hohe, traditionelle Pflanze ist, an die ältere Menschen sich noch erinnern. Heute wächst er 50 bis 60 Zentimeter hoch auf kurzen, dicken Halmen mit einer langen Ähre und größeren Samen. Der Ertrag pro Hektar ist deutlich höher als bei seinen Vorgängern. Diese ertragreichen Weizensorten, die in der industriellen Agrarwirtschaft so beliebt sind, entstanden nicht durch traditionelle Züchtung, sondern durch wiederholte Hybridisierung, bei der Weizen mit anderen Gräsern gekreuzt wurde, um neue Gene einzuschleusen (auch Weizen ist letztlich ein Gras), und durch Mutagenese, die Nutzung hoch dosierter Röntgenstrahlen, Gammastrahlen und Chemikalien zur Erzeugung von Mutationen. Der moderne Weizen ist somit zu einem beträchtlichen Teil ein Gras, das zahllose Male mutiert ist. Manche dieser Mutationen wurden aufgezeichnet und identifiziert, viele jedoch nicht. Der Agrarwirtschaft macht diese Unsicherheit jedoch nichts aus. Einzigartige mutierte Proteine? Kein Problem. Landwirtschaftsministerium und Verbraucherministerium haben ebenfalls keine Einwände; also taugen sie für den Massenverzehr.

Im Laufe der Jahre gab es große Anstrengungen, Weizen genetisch zu modifizieren, indem man mithilfe der Gentechnik einzelne Gene einschleuste oder entfernte. Die öffentliche Meinung hat die Bemühungen, solchen genmodifizierten Weizen auf den Markt zu bringen, jedoch gedämpft, sodass der gegenwärtig verkaufte Weizen aus Sicht der Gentechnik nicht »genmodifiziert« ist. (Es gibt jedoch neuerdings wieder Gerüchte, dass die Aussicht auf echten genmanipulierten Weizen in naher Zukunft realistisch erscheint.) Alle Veränderungen, die der moderne Weizen hinnehmen musste, sind also das Ergebnis von Methoden, die der Genmanipulation vorausgingen. Das bedeutet aber nicht, dass die früheren Veränderungen harmlos waren. Unpräzise, grobe Methoden wie die chemische Mutagenese sind sogar potenziell schlimmer als Genmodifikation, weil sie mehr unerwartete Veränderungen im genetischen Code hervorrufen als die Handvoll, die durch gezielte Gentechnik entstehen.4

Mais und Reis hingegen wurden bereits gentechnisch modifiziert (zusätzlich zu anderen Veränderungen). Mais wurde dabei mit Genen versetzt, die ihn gegenüber dem Herbizid Glyphosat unempfindlich machten und die Entwicklung des Bacillus thuringiensis (Bt), eines Mittels zur biologischen Schädlingsbekämpfung, ermöglichten. Reis hingegen wurde so verändert, dass er das Herbizid Glufosinat verträgt und Betakarotin einlagert (der sogenannte Goldene Reis). Das Problem daran: Rein theoretisch erscheint die Vorstellung, einfach ein kleines Gen einzusetzen, sehr geradlinig und logisch. Aber so ist es nicht. Die Methoden der Geneinschleusung sind nach wie vor sehr ungenau. Beispielsweise kann man technisch nicht vorhersagen, wo exakt ein Gen am Ende landet, also auf welchem Chromosom, inmitten oder neben welchen anderen Genen, zusammen mit diversen Steuerungselementen oder ohne diese. Ganz zu schweigen von der Störung der epigenetischen Wirkungen auf die Genexpression. Auch die Vorstellung, es würde nur ein einzelnes Gen eingefügt, ist irreführend, denn in der Regel müssen mehrere Gene verpflanzt werden. (Auf die speziellen Veränderungen bei genmodifiziertem Getreide gehen wir in Kapitel 2 näher ein.)

Der Weizen, der Mais und der Reis, die im 21. Jahrhundert die Hälfte unseres Kalorienbedarfs decken, sind nicht mehr die Pflanzen aus dem 20. Jahrhundert. Sie sind nicht die Getreidesorten aus dem Mittelalter, aus der Bibel oder aus dem Alten Ägypten. Und sie haben definitiv nichts mehr mit den Getreidesorten zu tun, die einst von den hungrigen Frühmenschen geerntet wurden. Deshalb bezeichne ich sie als »Pseudogetreide«: hybridisiert, mutiert, mittels Gentechnik auf die Anforderungen der Agrarwirtschaft zugeschnitten und nun im Supermarkt, am Kiosk oder in der Schule erhältlich.

Weizen: Was hat sich verändert? Und was ist so schlecht daran?

Alle Weizensorten, einschließlich ursprünglicher Formen wie Dinkel und Emmer, sind für Menschen als Nichtwiederkäuer problematisch. Am schlimmsten jedoch ist der moderne Weizen.

Er sieht von vorneherein anders aus: kürzerer, dickerer Halm, größere Körner. Die geringere Höhe geht auf Mutationen der Rh-Gene zurück (reduzierte Höhe), die das Protein Gibberellin codieren, das für die Halmlänge verantwortlich ist. Dieses eine veränderte Gen geht mit anderen Mutationen einher. Veränderungen der Rh-Gene werden also von anderen Veränderungen im genetischen Code der Weizenpflanze begleitet, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind.5

Gliadin

Bei Weizenunverträglichkeit denkt man meist zuerst Gluten. Der eigentliche Schurke jedoch ist das Gliadin, ein Protein im Gluten, das für viele schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen durch modernen Weizen verantwortlich ist. Es gibt über 200 Formen Gliadinprotein, und alle sind absolut unverdaulich.6 Eine wichtige Veränderung der letzten 50 Jahre ist die erhöhte Expression des Gens Glia-α9, das ein Gliadinprotein codiert, das als stärkster Auslöser für Zöliakie angesehen wird. Bis ins frühe 20. Jahrhundert lag dieses Gen nur in den wenigsten Weizensorten vor. Heute hingegen tritt es in fast allen modernen Sorten auf,7 was vermutlich für den Anstieg der Erkrankungszahlen um 400 Prozent seit 1948 verantwortlich ist.8

Neue Gliadinvarianten werden teilverdaut und dabei in kleine Peptide zerlegt, die ins Blut gelangen und sich später an Opiatrezeptoren im menschlichen Gehirn binden – dieselben Rezeptoren, die durch Heroin und Morphium aktiviert werden.9 In der Wissenschaft bezeichnet man solche Peptide als »Exorphine« oder exogene morphinartige Komponenten. Peptide, die durch Gliadinzerlegung entstehen, machen nicht »high«, sondern regen lediglich Appetit und Kalorienaufnahme an. Studien verzeichnen übereinstimmend eine Erhöhung der Energiezufuhr um 400 Kalorien pro Tag, in erster Linie aus Kohlenhydraten.

Gluten

Gluten (Gliadin plus Glutenine) ist die Substanz, die Weizenteig so unnachahmlich dehnbar macht. Es ist ein beliebter Zusatz für kommerziell erzeugte Lebensmittel wie Saucen, Instantsuppen und Tiefkühlkost, sodass der moderne Mensch heute durchschnittlich 15 bis 20 Gramm Gluten pro Tag zu sich nimmt.10 Um die Backeigenschaften des Glutenins zu verbessern, wurde Gluten genetisch verändert. Es kam zu mehrfachen, sortenübergreifenden Kreuzungen von Brotweizen mit anderen Gräsern, um neue Gene einzufügen. Auch durch chemische Behandlung und Strahlen wurden Mutationen erzeugt. Züchtungen zur Veränderung der Glutenqualität gehen mit unvorhersehbaren Veränderungen einher. Eine Hybridisierung von zwei verschiedenen Weizenpflanzen ergibt volle 14 einzigartige Gluteninproteine, die dem Menschen bisher fremd waren.11

Weizenkeim-Agglutinin

Die genetischen Veränderungen am Weizen haben die Struktur des Weizenkeim-Agglutinin (WGA) verändert, eines Proteins im Weizen, das die Pflanze vor Schimmel und Insekten schützt. Im modernen Weizen unterscheidet sich diese Struktur beispielsweise von der in alten Sorten.12 WGA ist unverdaulich und giftig. Es widersteht jedweder Zerlegung im menschlichen Körper und übersteht auch Kochen, Backen oder Sauerteiggärung unverändert. Im Gegensatz zu Gluten und Gliadin, die nur bei entsprechender genetischer Veranlagung eine negative Wirkung entfalten, schädigt WGA den Menschen unmittelbar und kann bereits allein eine Zöliakie auslösen, also Darmschäden durch Beeinträchtigung der Darmzotten (Mikrovilli), die im Dünndarm Nährstoffe aufnehmen.13

Phytate

Weizen und andere Getreidesorten lagern Phosphor in Form von Phytinsäure (Phytaten) ein. Weil diese Phytate auch vor Ungeziefer schützen, wurden in den letzten 50 Jahren gezielt Sorten mit erhöhtem Phytatgehalt ausgewählt und vermehrt. Daher enthalten moderner Weizen, Mais und Hirse jeweils 800 Milligramm Phytate auf 100 Gramm Mehl. Der Phytatgehalt steigt mit dem Fasergehalt. Daher bewirkt eine Erhöhung des Faseranteils in Form von mehr »gesundem Vollkorn« zugleich eine Erhöhung des Phytatanteils in der Ernährung. Bereits 50 Milligramm Phytate können die Aufnahme von Mineralien einstellen, besonders bei Eisen und Zink.14 Kinder, die Getreide verzehren, nehmen 600 bis 1900 Milligramm Phytate pro Tag zu sich; Kulturen mit besonders getreidelastiger Ernährung wie die modernen Mexikaner sogar 4000 bis 5000 Milligramm pro Tag. Diese Mengen gehen mit Nährstoffmangel einher.15

Alpha-Amylase-Inhibitoren und andere Allergene

Weizenallergien werden immer häufiger. Im modernen Weizen wurden zahlreiche Allergene identifiziert, die in traditionellen Sorten nicht vorkommen.16 Die häufigsten Allergene sind Alpha-Amylase-Inhibitoren, die Nesselsucht, Asthma, Krämpfe, Diarrhö und Ekzeme auslösen können. Strukturell weichen moderne Alpha-Amylase-Inhibitoren um zehn Prozent von älteren Sorten ab, unterscheiden sich also in mehreren Dutzend Aminosäuren. Jeder Allergiker kann bestätigen, dass bereits wenige Aminosäuren den Unterschied zwischen keinerlei allergischer Reaktion oder einer schweren allergischen Reaktion bis hin zum anaphylaktischen Schock ausmachen können. Beschäftigte in der Backindustrie entwickeln häufig das sogenannte Bäckerasthma. Zudem gibt es eine eigenartige Erkrankung, die als weizenabhängige, anstrengungsinduzierte Anaphylaxie (WDEIA) bezeichnet wird, eine schwere, lebensbedrohliche allergische Reaktion, die durch Anstrengung nach Weizenkonsum ausgelöst wird. Beide Erkrankungen gehen auf eine Allergie gegen Gliadinproteine zurück.17 Daneben haben sich in den letzten 40 Jahren viele andere Proteine verändert, ob Lipidtransferproteine, Omega-Gliadine, Gamma-Gliadine, Trypsin-Inhibitoren, Serpine oder Glutenine. Und alle lösen allergische Reaktionen aus.

Ein Leben jenseits des Vollkornwahns

Der Beginn des Getreidekonsums durch den Menschen fällt mit den Anfängen der Haustierhaltung zusammen. Damals lernten wir, dass manche Pflanzenfresser, zum Beispiel Auerochse und Wildziegen, in Gefangenschaft zur menschlichen Ernährung beitragen konnten. Während der Domestizierung dieser Tiere zu Rindern und Ziegen zeigten sie uns, dass ihre graslastige Ernährung etwas sein könnte, was nachahmenswert ist. Außerdem vermehrten sie die Auswahl an menschlichen Erkrankungen um Pocken, Masern, Tuberkulose und Rhinoviren, die normale Erkältungen hervorrufen.

Ein Großteil der Welt folgte dem Vorbild der Wiederkäuer und verließ sich bei der Ernährung zunehmend auf Grassamen. Aber nicht alle Kulturen ließen sich auf dieses Ernährungsexperiment der letzten 10 000 Jahre ein. Etliche Jäger-und-Sammler-Gesellschaften blieben ihrer traditionellen Ernährung als Omnivoren treu und zeugen bis heute von der Ernährungsweise der Menschen vor der Entwicklung der Landwirtschaft. In den letzten 100 Jahren hat die moderne Welt diese ursprünglichen Gesellschaften zunehmend eingekesselt, besonders wenn sie wertvolles Land oder wichtige Ressourcen besaßen (zum Beispiel die Indianervölker an der nordwestlichen Pazifikküste oder die australischen Aborigines). Hier konnte man praktisch unter Laborbedingungen beobachten, wie Menschen gesundheitlich reagieren, wenn sie von einer traditionellen, getreidefreien auf die moderne, getreidelastige Ernährung umsteigen.

Wissenschaftler haben sich auch mit den südafrikanischen San, den Bewohnern der Insel Kitava bei Papua-Neuguinea oder dem Volk der Xingu im brasilianischen Regenwald auseinandergesetzt, die sich alle traditionell von Nahrung aus ihrem speziellen Lebensraum ernährten. Dort aß natürlich niemand moderne, industriell erzeugte Lebensmittel – Getreide, Zuckerzusätze, gehärtete Fette, Konservierungsstoffe oder Lebensmittelfarben waren praktisch unbekannt. Solange diese Menschen sich traditionell ernährten, waren Gewicht und Body-Mass-Index (BMI) normal, Fettleibigkeit unbekannt, Blutdruck, Blutzucker und Insulinreaktion regulär, der Leptinspiegel (Sättigungshormon) niedriger und die Knochen gesünder.18 Der Body-Mass-Index, der das Verhältnis zwischen Körpergröße und Gewicht darstellt, liegt normalerweise bei maximal 22, während in den USA und auch in Deutschland immer mehr Menschen einen BMI von 30 oder mehr aufweisen. Ab 30 gilt ein Mensch als fettleibig. Der Blutdruck einer Xingu-Frau liegt normalerweise bei 102/66 mmHg, der Blutdruck westlicher Erwachsener hingegen bei 130/80 oder mehr. Zudem haben die Xingu weniger Osteoporose und weniger Knochenbrüche.

Die Hadza aus Nordtansania sind ein gutes Beispiel für eine Jäger-und-Sammler-Gesellschaft, die trotz Kontakt mit dem Westen an ihrer traditionellen Ernährung festhält.19 Die Frauen graben Wurzeln aus und sammeln essbare Pflanzenteile, die Männer jagen mit vergifteten Pfeilen und ernten Bienenhonig. Der durchschnittliche BMI dieses Volks liegt bei 20. Die Menschen bleiben bis ins hohe Alter stark und leistungsfähig, denn die Großeltern passen auf die Kinder auf, während die Mütter Nahrung sammeln und zubereiten. Trotz eines Lebens, das oberflächlich betrachtet anstrengender erscheint, unterscheidet sich der Gesamtenergieverbrauch der Hadza in keiner Weise von dem eines modernen Menschen, beispielsweise einem Buchhalter oder Lehrer.20 Die Aktivität ist nur etwas anders verteilt, denn Jäger und Sammler sind zeitweise sehr aktiv und ruhen sich anschließend lange aus, wohingegen moderne Kulturen ihre Aktivität über den ganzen Tag verteilen. Bei detaillierter Analyse verbrauchen Völker mit ursprünglicher Lebensweise praktisch genauso viel oder weniger Nahrungsenergie wie wir. Das stellt die These in Frage, ob unser Übergewicht vornehmlich auf sitzender Lebensweise beruht.21 (Dies gilt allerdings nicht für alle Jäger-und-Sammler-Kulturen: Die Luo und die Kamba aus Kenia verbrauchen deutlich mehr Energie. Es geht eher darum, dass Gewichtsunterschiede sich nicht allein durch unterschiedlichen Energieverbrauch erklären lassen.)

Wie man an der breiten Vielfalt der Ernährungsformen unschwer erkennen kann, sind Menschen sehr anpassungsfähig. Die einen ernähren sich praktisch ausschließlich von tierischem Fett, Fleisch und Organen, wie man bei den Inuit der pazifischen Nordwestküste Amerikas sehen kann. Andere nehmen viel Stärke aus Wurzeln auf, zum Beispiel aus Yams, Süßkartoffeln, Taro oder Tapioca, aber auch aus Früchten, so wie die Kitava aus Papua-Neuguinea oder die Yanomani aus dem brasilianischen Regenwald.

Der Verzehr von Lebensmitteln aus tierischer Milch provozierte die Expression eines Gens für Laktasepersistenz, die manchen Menschen gestattete, auch im Erwachsenenalter Milch, Käse und andere Produkte mit dem Milchzucker Laktose zu verdauen, was natürlich ein Überlebensvorteil war. Die halbnomadischen Massai in Zentralafrika sind ein bemerkenswertes Beispiel dafür. Als Hirten mit großen Ziegen-, Schaf- und Viehherden essen sie traditionell viel rohes Fleisch, trinken das Blut von Kühen sowie Milch, und dies seit Jahrtausenden. Dank dieser Lebensweise sind Herzinfarkt und Schlaganfall, Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht bei ihnen praktisch unbekannt.22

Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch traditionelle Kulturen: Eine überlieferte Ernährungsform, deren Nährstoffgehalt sehr unterschiedlich sein kann, aber stets frei ist von Getreide und Zuckerzusätzen, sorgt dafür, dass die chronischen »Wohlstandskrankheiten« gar nicht erst auftreten. Selbst Krebs bleibt selten.23 Das bedeutet keineswegs, dass Menschen mit einer traditionellen Lebensweise nicht krank werden – natürlich werden sie das. Allerdings sehen diese Krankheiten ganz anders aus: Sie leiden unter Infektionen mit Malaria, Denguefieber oder Fadenwürmern, aber auch unter Verletzungen infolge von Stürzen und Unfällen, kämpfen mit anderen Menschen und Tieren, also den typischen Risiken eines Lebens fernab moderner Technik, Annehmlichkeiten, einer funktionierenden Regierung oder einem modernen Gesundheitswesen.

Was geschieht nun, wenn ein Volk, das bisher auf Ackerbau und Getreidekonsum verzichtet hat, plötzlich mit Brot, Keksen und Chips konfrontiert wird? Diese Invasion moderner Lebensmittel hat weltweit unzählige Male stattgefunden und stets zum selben Ergebnis geführt: Gewichtszunahme und Übergewicht in erstaunlichem Ausmaß, Karies, Zahnfleischentzündungen, Zahnverlust, Arthritis, Bluthochdruck, Diabetes sowie Depressionen und andere psychiatrische Erkrankungen, also das ganze Arsenal der Wohlstandskrankheiten. Wie eine Schallplatte mit einem Sprung hörten wir dieses Lied von diversen Volksgruppen auf allen Kontinenten.

Zu beobachten war es bei den Pima-Indianern in Südwestamerika, wo inzwischen 40 bis 50 Prozent der Erwachsenen übergewichtig und zuckerkrank sind, viele auch zahnlos.24 Wir kennen es von den einheimischen Stämmen aus Arizona und Oklahoma und von den Dakota, wo mittlerweile 54 bis 67 Prozent der Bevölkerung übergewichtig oder fettleibig sind.25 Bei den Völkern rund um den Polarkreis in Kanada und Grönland kam es zu einem dramatischen Anstieg von Übergewicht und Diabetes.26 Im Pazifik, zum Beispiel bei den Nauru in Mikronesien, sind 40 Prozent der Erwachsenen fettleibige Diabetiker.27 Bei den australischen Ureinwohnern hat die moderne Ernährung besonders zerstörerisch gewirkt und ihr Risiko für diabetische Komplikationen 22-fach erhöht, die Mortalität an Herzkreislauferkrankungen um das Achtfache und die Mortalität an Schlaganfall immer noch um das Sechsfache (verglichen mit Australiern anderer ethnischer Herkunft).28

Bis vor Kurzem waren Übergewicht oder Fettleibigkeit, Bluthochdruck oder Cholesterinwerte über 125 mg/dl bei den Massai in Zentralafrika, bei den Samburu in Kenia oder bei den Fulani in Nigeria praktisch unbekannt. Erst nach ihrer Umsiedlung in den städtischen Raum kam es explosionsartig zu Bluthochdruck und Übergewicht bei 55 Prozent dieser Menschen.29 Die früheren Jäger und Sammler entwickelten Eisenmangelanämie und Folsäuremangel, als sie nicht mehr jagten und wilde Pflanzen sammelten, sondern sich auf gekaufte Nahrung, vornehmlich Mais verlegten.30 Der brasilianische Arzt Dr. Roberto Baruzzi erforschte zwischen 1960 und 1980 die Jäger und Sammler der brasilianischen Xingu-Region, wo er schlanke Menschen ohne überflüssiges Körperfett, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, Magengeschwüre oder Blinddarmentzündungen vorfand. Eine Studie von 2009 – 30 Jahre nach der Einführung moderner Lebensmittel – ergab bei 46 Prozent der Menschen Übergewicht oder Fettleibigkeit, bei 25 Prozent der Männer Bluthochdruck und bei den meisten einen auffälligen Cholesterinspiegel (wenig HDL-Cholesterin, hohe Triglyzeride), außerdem grassierende Karies.31 Eine andere, jüngere Studie an den einheimischen Aruák der Xingu-Region stufte 66,8 Prozent der Männer und Frauen als übergewichtig oder fettleibig ein. 52,1 Prozent der Frauen wiesen zu viel Bauchfett auf, und 37,7 Prozent der Männer hatten Bluthochdruck.32

All diese Gruppen bestehen aus Menschen, die im Gegensatz zu bäuerlichen Gesellschaften nicht 10 000 Jahre lang partielle Toleranzen gegenüber Getreidesamen entwickelt haben und somit auf den Konsum von Getreide und Zucker deutlich empfindlicher reagieren als wir.

Bei Menschen, die erst spät mit der modernen Welt in Kontakt kamen, werden wilde Gemüsearten typischerweise durch einen übertrieben hohen Anteil an preisgünstigem Getreide und Zucker ersetzt – in Form von Mehl, Fertigprodukten und Süßigkeiten. Und wenn aufgrund von Hungersnöten und Lebensmittelengpässen westliche Hilfe benötigt wird (was häufig vorkommt, sobald ehemalige Jäger und Sammler von ihrem traditionellen Lebensstil abgeschnitten sind), fliegen wir dann Rindfleisch, Lachs, Kokosnüsse oder Gurken ein? Nein. Wir schicken vor allem Getreide – Weizen, Mais oder Reis –, das sowohl die Menschen als auch ihre Tiere ernährt.

Insbesondere Typ-2-Diabetes tritt bei Jäger-und-Sammler-Populationen praktisch erst auf, wenn ihre Ernährungsweise und Gesundheitsfürsorge zum System der modernen Welt übergeht. Dieses Phänomen ist so auffällig, dass Diabetes bei Anthropologen als »Preis für die Zivilisation« gilt. Und da auch alle modernen Menschen genetisch auf ein Leben als Jäger und Sammler programmiert sind, nimmt Diabetes auch bei uns in extremem Ausmaß zu. Man geht davon aus, dass künftig ein Drittel aller Erwachsenen sowie ein wachsender Anteil Kinder und Jugendlicher von Diabetes betroffen sein wird.33 Die Menschheit bezieht inzwischen 50 Prozent ihrer Kalorien aus Grassamen, und der Saccharose- und Fruktosekonsum steigt weiter. Gleichzeitig werden wir in den entwickelten Staaten bedrängt, noch mehr auf »gesundes Vollkorn« zu setzen, wohingegen man in weniger entwickelten Teilen der Welt vornehmlich auf billiges, leicht verfügbares Getreide jeglicher Art zugreift. Unter diesen Umständen ist nicht zu erwarten, dass diese globale Pandemie, die wir uns selbst eingebrockt haben, zurückgeht, bis wir uns dem Graskonsum vollständig verweigern.

Dr. Weston Price: Schnappschüsse aus der Zeit der Verwestlichung

Dr. Weston Price war ein Zahnarzt aus Cleveland, Ohio, der im frühen 20. Jahrhundert praktizierte. Ihn irritierte das Ausmaß an Karies bei seinen Patienten, insbesondere den Kindern, und er las fasziniert, dass Zahnprobleme bei den »Wilden« (Menschen, die noch sehr ursprünglich lebten) praktisch unbekannt waren. Da tat Dr. Price etwas Ungewöhnliches: Zusammen mit seiner Frau Florence begab er sich auf eine zehnjährige Weltreise, um die Ernährungsgewohnheiten indigener Kulturen zu untersuchen, und dokumentierte diese Befunde mit sorgfältigen Untersuchungen von Zähnen und Gesichtsstruktur sowie über 15 000 Fotografien. Dank seiner Arbeit existiert also eine bemerkenswerte Dokumentation, wie ursprüngliche Kulturen aussahen und wie es jenen Menschen erging, als sie anfingen, moderne Lebensmittel zu sich zu nehmen.

Seine Reisen führten ihn zu den Inuit in Alaska, den amerikanischen Ureinwohnern am Nordwestpazifik und in Kanada, zu den Melanesiern und Polynesiern, den australischen Aborigines, den Maori auf Neuseeland, zu Nachfahren der alten Chimü-Kultur an der peruanischen Küste und zu afrikanischen Stammesvölkern wie den Massai, Kikuyu, Wakamba, Jalou, Muhima, Pygmäen, Baitu und Dinkas. Überall untersuchte und fotografierte er Zähne, Gesichter und andere interessante Merkmale.

Er studierte Dutzende an Kulturen, und überall waren Karies, Zahnverlust und Dentalabszesse oder -infektionen unüblich. Typischerweise waren maximal ein bis drei Prozent der untersuchten Zähne betroffen (mitunter keiner). Auch Entzündungen von Zahnfleisch und Zahnhalteapparat (Gingivitis und Parodontitis) fehlten, und schiefe oder zu eng stehende Zähne kamen praktisch nicht vor. Im Zuge seiner akribischen Untersuchungen bemerkte er auch Unterschiede an der Gesichtsstruktur und notierte »voll ausgeformte Gesichts- und Dentalbögen« und praktisch keine verengten Nasengänge.

Noch bemerkenswerter war es, wenn Dr. Price gezielt Mitglieder aus diesen Kulturen untersuchte, die vor Kurzem zur »Nahrung des weißen Mannes« übergegangen waren – Menschen, die von Besuchern oder Durchreisenden aus dem Westen Brot, Kuchen und Süßigkeiten eintauschten. Hier fand er jedes Mal einen erstaunlichen Anstieg an Karies (25 bis 50 Prozent der untersuchten Zähne) sowie Gingivitis, Parodontitis, fehlende Zähne, infektiöse Abszesse, schief oder eng stehende Zähne sowie schmalere Ober- und Unterkieferknochen. Nicht selten waren bereits Jugendliche und junge Erwachsene fast zahnlos.

Die Küstenbewohner dieser Gesellschaften ernährten sich traditionell von Fisch, Schalentieren und Algen; küstenferne Kulturen von Fleisch und Organen, Rohmilchprodukten, essbaren Pflanzen, Nüssen, Pilzen und Insekten. Abgesehen von zwei Kulturen (dem isolierten Lötschental in den Schweizer Alpen, wo man ein grobes Roggenbrot aß, und den Bewohnern der äußeren Hebriden, die grobe Haferflocken zu sich nahmen) aßen alle untersuchten Gesellschaften praktisch kein Getreide, keinen Zucker und keine Fertigprodukte. (Die Schweizer wiesen einen mittelhohen Prozentsatz an Karies auf, mehr als die anderen untersuchten Kulturen, die Schotten hingegen nicht.)

Das Überraschendste jedoch ist die Tatsache, dass diese Kulturen praktisch keine Zahnhygiene betrieben – ganz ohne Zahnbürste, Zahnpasta, fluoridiertes Wasser, Zahnseide, Zahnarzt und Kieferorthopäde waren Karies und Fehlstellungen die große Ausnahme. Dr. Price’ Beobachtungen eignen sich zwar nicht zu einer exakten Bestimmung von Ernährungsunterschieden zwischen traditionellen und modernen Kulturen, geben aber dennoch einen deutlichen Hinweis. Wer den Bericht von Dr. Price im Originalwortlaut lesen möchte, kann auf einen aktuellen Nachdruck auf Englisch zugreifen.34

Dieses soziale Experiment hat auch umgekehrt stattgefunden, in Form einer Rückkehr zur traditionellen Ernährung und Lebensweise nach einem Ausflug in die westliche Gesellschaft. 1980 wagte die Ärztin Kerin O’Dea am Kinderkrankenhaus Melbourne etwas Ungewöhnliches: Sie bat zehn übergewichtige, diabetische Aborigines, die sich westlich ernährten, sich aber noch an die alte Lebensweise erinnern konnten, in ihre Herkunftsgegend in Nordwestaustralien zurückzukehren und sich dort ganz traditionell von Känguru, Süßwasserfischen und Yams zu ernähren. Zu Beginn dieses Abenteuers betrug deren Blutzucker durchschnittlich 209 mg/dl, die Triglyzeride erreichten 357 mg/dl, und auch der Insulinspiegel war atypisch hoch. Nach sieben Wochen in der Wildnis, in denen sie Tiere getötet und gesammelte Nahrung verzehrt hatten, hatten die zehn Personen durchschnittlich acht Kilo Gewicht verloren. Der Blutzucker war im Schnitt auf 119 mg/dl gesunken und die Triglyzeride auf 106 mg/dl.35 Die Hälfte von ihnen hatte keinen Diabetes mehr. In einem Vortrag bemerkte O’Dea im Jahr 2005: »Wie sich diese Menschen veränderten, als sie in ihr eigenes Land zurückkehrten, war faszinierend. Sie waren voller Selbstvertrauen und stolz auf ihre Umweltkenntnisse und ihre Fähigkeiten. Wir waren damals nicht in der Lage, auch die psychosozialen Veränderungen zu messen, aber die erschienen uns sehr positiv.«36

Wenn wir heute in allen Winkeln der Erde suchen, sind die letzten Jäger und Sammler, die noch nicht mit der modernen Ernährung in Berührung gekommen sind, die Sentinelesen auf North Sentinel Island im Indischen Ozean. Da ihre Sprache sich auffällig von allen Sprachen in sämtlichen Nachbarländern unterscheidet, geht man davon aus, dass die Sentinelesen isoliert dort leben, seit vor etwa 60 000 Jahren die ersten anatomisch modernen Menschen in diesen Teil der Welt einwanderten.37 Jeder Versuch, ihre Insel zu betreten, wurde mit einem Hagel an Pfeilen, Speeren und Steinwürfen erwidert, sodass die Beobachtungen bisher begrenzt sind. Nach allem, was man weiß, handelt es sich jedoch um schlanke, gesunde Menschen, die jagen, fischen und Nahrung sammeln, ohne von Landwirtschaft zu »profitieren«.

Wir dürfen das Leben des Menschen als Jäger und Sammler keinesfalls als idyllisch oder problemlos betrachten. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Stress keineswegs ein rein modernes Phänomen. Was ist stressiger – sich finanziell nach der Decke zu strecken oder zuzusehen, wie ein blutrünstiger, räuberischer Stamm meine Freunde abschlachtet, die Frauen raubt und die Kinder versklavt? Wir sollten gewisse Praktiken indigener Völker – Schrumpfköpfe bei den Jivaros am Amazonas oder Kannibalismus bei den Kariben auf den Kleinen Antillen und in Venezuela – bedenken, damit wir uns erinnern, dass die Welt nicht immer ein gastlicher Ort ist. Unsere Geschichte ist seit jeher auch von Gewalt gezeichnet. Diese Gewalt ist heute zwar nach wie vor vorhanden, doch dank der gesetzlichen und politischen Zwänge, die erforderlich wurden, als die Völker sich zunehmend auf Ackerbau verließen, bestimmt sie den Alltag weniger als vor beispielsweise 50 000 Jahren. Landwirtschaft und Zivilisation haben durchaus etwas Gutes an sich.

Die Entwicklung der Zivilisation und die Kultivierung von Grassamen sind zwei Prozesse, die in den letzten 10 000 Jahren parallel liefen und zu Konzepten wie dem sesshaften, nicht nomadischen Leben führten, zu Landbesitz, Zentralregierungen und vielen anderen Phänomenen, die wir heute als Teil des modernen Lebens akzeptieren. Wenn wir jedoch beobachten, was aus Kulturen wird, die bisher keinen Grassamen ausgesetzt waren und diese plötzlich essen müssen, sehen wir wie unter dem Vergrößerungsglas, was dem Rest der Welt derzeit widerfährt.

Esst wie die Ägypter

Nehmen wir einen Menschen aus einer indigenen Kultur und verabreichen ihm industriell erzeugte, moderne Lebensmittel – einschließlich der verführerischen Produkte aus Grassamen –, so wird er innerhalb weniger Jahre alle Probleme aufweisen, die auch wir haben, wie Fettsucht oder Eisenmangel.

Während Übergewicht und die damit einhergehenden Krankheiten bei Jägern und Sammlern praktisch unbekannt sind, sind sie historisch keineswegs eine neue Erscheinung. Wohlstandskrankheiten gab es schon, bevor Genetiker unser Getreide veränderten. Hippokrates, ein griechischer Arzt aus dem dritten Jahrhundert vor Christus, und Galen, ein römischer Arzt aus dem zweiten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, befassten sich beide intensiv mit fettleibigen Menschen. William Wadd, ein Londoner Arzt aus dem frühen 19. Jahrhundert und lebenslanger Beobachter der »Korpulenten«, notierte nach der Autopsie eines adipösen Mannes folgende Befunde:

Das Herz selbst war eine Fettmasse. Das Omentum [ein Teil der Eingeweide] war eine dicke Fettschürze. Der gesamte Darm war in Fett eingebettet, als hätte man zerlassenen Talg in die Bauchhöhle gegossen, und das Diaphragma und die Parietes [Organwände] im Bauchraum müssen bis zum Anschlag gedehnt gewesen sein, um dem ständigen, extremen Druck einer so schweren Masse standzuhalten. Die mechanische Verlegung der Funktionen eines derart lebenswichtigen Organs war so groß, dass nicht sein Tod verwunderlich wäre, sondern sein Leben.38

Neu ist heute, dass Übergewicht und Fettleibigkeit sich von einem Kuriosum zu einer Epidemie ausgeweitet haben. Im 21. Jahrhundert stehen wir zudem vor der verblüffenden Situation, dass die Epidemiologie und die Gesundheitsbehörden vermelden, dass die Ursachen des grassierenden Übergewichts, der Adipositas und der damit einhergehenden Erkrankungen entweder unklar sind oder dass die gefräßigen, faulen Bürger selber schuld seien. Dabei ergeben sich die Antworten bereits aus der Analyse indigener Gesellschaften, bei denen unsere modernen Geißeln unbekannt sind.

Natürlich unterscheidet sich ein ursprüngliches Leben nicht nur durch den fehlenden Getreideverzehr von unserer heutigen Ernährungsweise. Die Jäger und Sammler trinken keine süßen Limonaden, verzehren keine Fertigprodukte mit gehärteten Fetten, Konservierungsstoffen oder Farbstoffen und konsumieren keinen Fruktose-Glukose-Sirup und keinen Haushaltszucker. Sie sind auch keinen Chemikalien ausgesetzt, die Grundwasser, Boden und Nahrung verseuchen und unseren Hormonspiegel stören. Die alten Griechen und Römer und bis ins 19. Jahrhundert auch die Europäer kannten das alles nicht (abgesehen vom Zuckerkonsum, der ab dem 19. Jahrhundert zu steigen begann). Aber sie aßen Grassamen.

Wie hoch ist also der schädliche Anteil der Grassamen in der menschlichen Ernährung tatsächlich? Diese Frage sollten wir als Nächstes untersuchen. Jede Variante dieser Grassamen stellt für nicht wiederkäuende Wesen, die sie verzehren, eine Herausforderung dar. Bevor wir also darüber sprechen, wie man ohne Getreide wieder gesund wird, sollten wir uns ansehen, wie es jeden Menschen gesundheitlich ruiniert, der Getreide isst.

2. KAPITEL

Sollen sie doch Gras essen

Ich fragte den Kellner: »Ist diese Milch frisch?«

Er sagte: »Madame, vor drei Stunden war sie noch Gras.«

Phyllis Diller

Gräser sind überaus erfolgreiche Lebensformen. Sie haben zahllose Arten entwickelt und besiedeln jeden Kontinent, sogar die Antarktis. Sie sind ein Paradebeispiel für die Anpassungsfähigkeit des Lebens an Extrembedingungen von der Tundra bis in die Tropen. Gräser sind widerstandsfähig, vermehren sich gut und durchlaufen eine rasche Entwicklung, um ihr Überleben zu sichern. Trotz des explosionsartigen Wachstums der Menschheit mitsamt ihren Städten und Vorstädten bedecken Gräser noch immer 20 Prozent der Erdoberfläche. So wie Insekten zu den erfolgreichsten tierischen Lebensformen auf diesem Planeten zählen, gehören Gräser zu den erfolgreichsten Pflanzen. Daher war der Versuch des Menschen, sie zu verzehren, durchaus naheliegend. Menschen haben fast jede Pflanze und jede Kreatur gekostet, die diese Erde je bevölkert haben. Immerhin essen wir selbst Taranteln und giftige Kugelfische.

Während Gräser vielen Lebewesen seit jeher als Nahrung dienen (selbst in Dinosaurierfäkalien hat man sie gefunden), standen sie lange Zeit nicht auf unserem Speisezettel. Die Vorläufer des Menschen, schimpansenähnliche Australopithecinae, die vor über vier Millionen Jahren lebten, fraßen keinerlei Gräser – ebenso wenig wie jegliche Homo-Spezies vor dem Homo sapiens. Gräser wurden instinktiv einfach nicht als Nahrungsquelle angesehen, so wie eine blätterfressende Giraffe niemals am Kadaver einer Hyäne nagen würde oder ein ausgewachsener Weißer Hai keinen Tang kaut.

Die Samen der Gräser sind eine »Nahrungsquelle«, die aus archäologischer Sicht erst vor einem Fingerschnippen hinzutrat. Während der ersten 2 390 000 Jahre – rund 8000 Generationen lang – aßen wir anderes, und erst seit rund 10 000 Jahren Grassamen.

Natürlich haben es nicht alle Gräser auf den Teller geschafft – wir essen ja schließlich nicht den Rasenschnitt. Wir können uns also auf die Gräser und Samen beschränken, die unseren Speisezettel bereichern. Dieses Thema möchte ich etwas gründlicher beleuchten, weil es wichtig ist, dass Sie verstehen, dass ein erheblicher Anteil chronischer Gesundheitsprobleme auf dem Verzehr der Samen von Gräsern beruht. Ohne Getreideverzehr kommt es zu unerwarteten und häufig verblüffenden Besserungen, sodass dieser Schritt unerlässlich ist, um wieder gesund zu werden – und genau darum geht es in diesem Buch. Ohne es zu ahnen, haben Sie vielleicht 20, 30 oder 50 Jahre große Mengen eines Nahrungsgifts aufgenommen. An diese Gewohnheit hat sich der darauf eigentlich nicht eingerichtete Körper zumindest teilweise gewöhnt, sich darauf eingestellt, darunter gelitten und irgendwann die Waffen gestreckt. Jetzt entfernen wir das Gift, und wie ein chronischer Alkoholiker Zeit braucht, bis Leber, Herz, Hirn und Psyche heilen, wenn der Alkohol ausbleibt, so braucht auch der Körper eine gewisse Hilfe, um sich neu auszurichten und wieder gesund zu werden.

Was also macht Gräser zu einem passenden Nahrungsmittel für die Wiederkäuer, nicht aber für den Homo sapiens? Für die vielfältigen zerstörerischen Wirkungen des Getreides ist nicht ein einzelner Faktor verantwortlich, sondern ein ganzes Arsenal.

Kein Weizen, aber Getreide: Essen Sie doch gleich Gummibärchen!

Keine Frage: In dieser Kiste fauler Äpfel ist der Weizen der faulste. Trotzdem rühren Sie auch die anderen am besten gar nicht erst an.

Was ich als »Nichtweizengetreide« bezeichne, also Hafer, Gerste, Roggen, Hirse, Teff, Sorghum, Mais und Reis, sind immer noch die Samen von Gräsern, die bei Nichtwiederkäuern, die für diesen Verzehr nicht ausgerüstet sind, merkwürdige Auswirkungen haben können. Solche Getreidesorten würde ich als weniger schlimm einstufen als die schlimmste Sorte, den modernen Weizen, doch weniger schlimm ist nicht gleichzusetzen mit gut. (Diese ausgesprochen simple Einsicht, dass weniger schlecht nicht zwangsläufig gut ist, dürfte Ihnen gute Dienste leisten, während Sie lernen, konventionelle Ernährungstipps zu hinterfragen. Sie werden feststellen, dass vieles von dem, was wir von Ernährungsfachleuten, von der Lebensmittelindustrie und selbst von Regierungsinstitutionen hören, regelmäßig gegen dieses logische Grundprinzip verstößt.) Weniger schlecht kann bedeuten, dass mit dem Verzehr dieser Samen immer noch diverse unerwünschte Wirkungen auf die Gesundheit eintreten. Sie sind nur nicht mehr ganz so schlimm wie die Reaktionen auf modernen Weizen.

Wo aber liegt das Problem bei diesen anderen Gräsern? Zunächst einmal sind alle sehr kohlenhydratreich. In der Regel stammen 60 bis 85 Prozent der Kalorien aus Grassamen aus Kohlenhydraten. Das ist nur logisch, denn die Kohlenhydrate, die im Samen gespeichert sind, sollen eigentlich der Pflanze im Zuge der Keimung Nährstoffe liefern. Allerdings liegen sie in Form von Amylopektin A vor, das vom Menschen schnell verdaut wird und den Blutzucker Gramm für Gramm stärker in die Höhe treibt als normaler Zucker.

Eine große Kelle (250 Gramm) gekochte Biohaferflocken liefern beispielsweise knapp 50 Gramm Nettokohlenhydrate (Gesamtkohlenhydrate abzüglich der unverdaulichen Fasern, die sich nicht auf den Blutzucker auswirken), was etwas mehr als elf Teelöffeln Zucker entspricht und 61 Prozent zum Kaloriengehalt des Haferbreis beträgt. Der glykämische Index (GI, ein Wert für die Anhebung des Blutzuckers) liegt bei 55. Das reicht aus, um den Blutzucker rasant ansteigen zu lassen und alle Phänomene der Glykierung zu provozieren. Glykierung meint die »Verzuckerung« von Proteinen, also Eiweißen, durch Anheftung von Glukose – die durch Glukose modifizierten Proteine lagern sich in verschiedenen Organen wie Biomüll ab. Dieser irreversible Prozess führt zu Erkrankungen wie grauem Star (Katarakt), Bluthochdruck, der Zerstörung von Gelenkknorpel mit nachfolgender Arthritis, Nierenerkrankungen, Herzkrankheiten und Demenz. (Hierbei ist zu beachten, dass ein glykämischer Index in den Augen der Ernährungswissenschaft als »niedrig« eingestuft wird, obwohl er den Blutzucker hochtreiben kann. Diesen verbreiteten Trugschluss behandeln wir in Kapitel 5.) Ausnahmslos alle Nichtweizen-Getreidesorten haben eine vergleichbare Wirkung auf Blutzucker und Glykierung.

Menschliche Eingriffe machen dies nur noch schlimmer. Wenn Mais nicht in Form von intakten Körnern verzehrt, sondern zu Maisstärke oder Maismehl vermahlen wird, steigt die Oberfläche für die Verdauung exponentiell an, was den höchsten Blutzuckeranstieg von allen denkbaren Lebensmitteln bewirkt. Deshalb liegt der glykämische Index von Maisstärke bei 90 bis 100 – im Vergleich zu 60 für Mais vom Maiskolben und 59 bis 65 für Tafelzucker oder Saccharose.

Seit Jahren hören wir, dass »komplexe« Kohlenhydrate besser für uns seien als »Einfachzucker«, weil die langkettigen Kohlenhydratmoleküle von Amylopektin A und Amylose im Getreide den Blutzucker nicht so in die Höhe treiben wie Zuckerarten mit nur einem oder zwei Zuckermolekülen, zum Beispiel Glukose (ein Zuckermolekül) oder Saccharose (zwei Zuckermoleküle: Glukose und Fruktose). Das ist jedoch schlichtweg falsch, womit diese einfältige Unterscheidung verworfen gehört: Der GI komplexer Kohlenhydrate ist genauso hoch oder noch höher als der von Einfachzuckern. Der GI von Vollkornweizenbrot liegt bei 72, der von heißem Hirsebrei bei 67. Das ist nicht besser als bei Saccharose: 59 bis 65. (Ähnliche Verhältnisse gelten für die glykämische Last, einen Wert, der die typische Portionsgröße einbezieht.) Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) raten inzwischen beide dazu, die Unterscheidung zwischen komplexen und einfachen Kohlenhydraten fallen zu lassen, und dies zu Recht, da Getreide vom Standpunkt des Blutzuckers aus genauso schlimm oder noch schlimmer ist als Zucker.

Doch die Probleme mit Nichtweizen-Getreide betreffen nicht nur den Blutzucker und seine Folgen.

Lektine: Gut genug für den KGB

Die Lektine im Getreide sind im Grunde giftige Proteine. Lektine sollen Organismen wie Schimmelpilze oder Insekten daran hindern, sich von den Samen zu ernähren, indem sie die Fressfeinde krank machen oder töten. Schließlich will die Pflanze mit dem Samen ihr Überleben sichern. Wenn wir Pflanzen essen, verzehren wir auch die Lektine, mit denen sie sich verteidigen. Diese Proteine haben ganz unterschiedliche Wirkungen auf den Menschen. Viele sind harmlos, manche hingegen tödlich. Mit den meisten pflanzlichen Lektinen haben wir keine Probleme, und ein grüner Blattsalat mit Champignons bekommt uns gut. Das Lektin der Castorbohne hingegen ist ein ganz anderes Thema: Rizin ist hochgiftig und kann schon in kleinen Mengen tödlich sein. Rizin wurde von Terroristen auf der ganzen Welt benutzt. 1978 wurde Gyorgy Markov, ein bulgarischer Dissident und Kritiker der Sowjetregierung, von KGB-Agenten getötet, die ihn mit einer mit Rizin vergifteten Regenschirmspitze verletzten.