Wenn der Ozean stirbt, sterben auch wir - Paul Watson - E-Book + Hörbuch

Wenn der Ozean stirbt, sterben auch wir E-Book und Hörbuch

Paul Watson

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Beschreibung

Stoppt die Zerstörung der Meere! Ein dramatischer Appell für den Schutz unseres größten Ökosystems Die Diskussionen über Klimawandel und Umweltschutz werden so hitzig geführt wie nie zuvor. Trotzdem ändert sich wenig. Internationale Klimakonferenzen kommen und gehen, aber konkrete Entscheidungen werden kaum getroffen. Mit seinem Manifest »Wenn der Ozean stirbt, sterben auch wir« richtet Paul Watson seinen Aufruf nicht zum ersten Mal an Bürger und Regierungen, um uns zum Umdenken zu bewegen. Sein Credo: Man kann die Welt nicht verändern, ohne Wellen zu schlagen. • Der eindringliche Appell von Sea Shepherd Kapitän Paul Watson für den Schutz unserer Meere: informativ, fesselnd, kämpferisch • Aufrüttelnde Informationen und Hintergründe rund um das Ökosystem Meer und seine Zerstörung • Lösungsansätze für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz: Wie können wir unsere Ozeane retten? Wie jeder von uns die Ozeane zerstört – und wie wir sie gemeinsam retten können Jedes Jahr landen Millionen Tonnen Plastik im Meer und töten zahlreiche Seevögel und Meerestiere. In den Schleppnetzen der Fischer verenden täglich Delfine und Schildkröten und am Nordpol schmelzen ganze Eisberge, während die Meerestemperatur weiter bedrohlich ansteigt. Auf 128 Seiten schildert Paul Watson die verheerenden Auswirkungen des menschlichen Handelns und erklärt die Grundprinzipien der Ökologie. Mahnend und antreibend zugleich richtet er sich entschlossen an die Menschen und animiert zum Nachdenken: über begrenzte Ressourcen, unsere Abhängigkeit von der Natur und die Aufrechterhaltung eines Lebensstandards, der auf ihrer rücksichtslosen Ausbeutung fußt. Lasst uns unsere Meere retten! Ein drängender Weckruf an uns alle, zu handeln, solange es noch möglich ist.

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Seitenzahl: 92

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Zeit:2 Std. 21 min

Sprecher:Heiko Grauel

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Sammlungen



PAUL WATSON

WENN DEROZEANSTIRBT,STERBEN AUCH WIR

AUS DEM ENGLISCHEN VON RENÉ STEIN

INHALT

Lektionen der See

Die Büchse der Pandora

Willkommen im Thermageddon

Abhängigkeit

Mit dem Auto in die Apokalypse

Mit dem Flugzeug in die Apokalypse

Mit dem Kreuzfahrtschiff in die Apokalypse

Mit unseren Ernährungsgewohnheiten in die Apokalypse

Was hat das zu bedeuten?

Das hat es alles schon mal gegeben

Planet Ozean

Wir sind der Ozean

Hindernisse

Nötiges Rüstzeug

Wildnis

Klimawandelstress

Was wir tun können

Die Grüne Utopie

Das Grüne Dilemma

Der Green New Deal

Extinction Rebellion (XR)

350.org

Fridays for Future (Skolstrejk för klimatet)

Sea Shepherd Conservation Society

Fazit

LEKTIONEN DER SEE

Mein Name ist Paul Franklin Watson, und am 2. Dezember 2020 bin ich 70 Jahre alt geworden. Die See hat mich großgezogen. An der Atlantikküste, in einem kanadischen Fischerdorf in der Passamaquoddy-Bucht, wuchs ich auf.

Über ein halbes Jahrhundert habe ich den Großteil meines Lebens auf den Weltmeeren verbracht, von der Arktis bis zur Antarktis und in den dazwischenliegenden tropischen und gemäßigteren Breiten. Ich kreuzte auf den Decks von skandinavischen Handelsschiffen über den Indischen und Pazifischen Ozean, fuhr mit der Kanadischen Küstenwache auf Wetterbeobachtungsschiffen, arbeitete auf Versorgungsschiffen für Leuchttürme und auf Rettungsschiffen an der Küste von British Columbia.

Aber niemals auf einem Fischerboot. Meine Kindheitserinnerung an die Zerstörung und das Schlachten durch die Fischindustrie hatten mich dermaßen ernüchtert, dass ich unter keinen Umständen knöcheltief in diesem Elend aus Blut und Fischeingeweiden an Deck stehen wollte. Doch am stolzesten bin ich darauf, dass ich für die Erhaltung der maritimen Lebenswelt unterwegs war, zunächst ab 1971 als Offizier auf Greenpeace-Schiffen und später dann ab 1978 als Kapitän auf den Schiffen von Sea Shepherd, einer Organisation und mittlerweile globalen Bewegung, die ich 1977 gegründet habe.

Wir kämpfen für das Verbot von Nuklearwaffentests, retten Wale, Delfine, Robben, Meeresschildkröten und Haie, indem wir illegale Fangflotten bekämpfen, wir helfen Tieren bei Ölkatastrophen, fischen Plastikabfälle aus den Meeren und arbeiten dafür, weltweit die Aufmerksamkeit für all das zu schärfen – nicht nur für die Schäden, die die Menschheit dem aquamarinen Leben und der Biodiversität bereits zugefügt hat. Uns ist sogar noch mehr daran gelegen, auf die Zukunft hinzuweisen. Darauf, wie wichtig und zwingend an der Zeit es ist, den ökologischen Irrsinn der Menschheit zu stoppen, bevor der Punkt erreicht ist, an dem es kein Zurück mehr gibt.

Im Juni 1975 hatte ich ein Erlebnis, das mein Leben auf dramatische Weise und letztlich in positiver Hinsicht veränderte. Von Angesicht zu Angesicht begegnete ich einem fremdartigen, intelligenten Wesen, das meine Zukunft bestimmen und meinem Leben eine neue Ausrichtung geben sollte. Es geschah etwa 100 Kilometer vor der Küste Nordkaliforniens. Ich fuhr als Erster Offizier auf einem Schiff namens PHYLLIS CORMACK, auch GREENPEACE V genannt. Wir waren 13 Mann Besatzung auf diesem kleinen Schiff, und unsere völlig absurde und weltfremde Mission lautete, die sowjetische Walfangflotte aufzuhalten. Wir hatten uns abgeschaut, wie Mahatma Gandhi vorgegangen war, und unsere recht simple Taktik lautete dementsprechend, das Schussfeld der Harpunen zu blockieren, indem wir uns selbst zwischen die Wale und die Walfänger manövrierten.

Da waren wir also. Ein sowjetisches, aufs Töten spezialisiertes Boot hatte die Verfolgung einer Herde von acht Pottwalen – auch Kaschelotte genannt – aufgenommen. Wir ließen unsere kleinen Schlauchboote zu Wasser und setzten Kurs, um der Jagd ein Ende zu bereiten. Robert »Bob« Hunter und ich saßen im ersten Boot, und ich schoss ziemlich schnell auf einen Punkt zwischen Jäger und Gejagtem zu. Hinter uns befand sich nun dieses riesige, rostige, fleckige Stahlschiff, das uns mit 20 Knoten nachsetzte. Als ich aufschaute, konnte ich einen großen Kerl in einem dreckigen weißen T-Shirt erkennen, die Zigarette zwischen die Zähne geklemmt, der hinter einer babyblauen Harpune hockte und mit deren explosiver Spitze direkt auf uns zielte. Vor uns befanden sich acht majestätische Pottwale, die verzweifelt um ihr Leben kämpften. In der dunstigen Gischt der Blaslöcher blitzten Regenbogenfarben auf, und wir waren so nah, dass wir den Blas fühlen und die Angst in ihren hektischpanischen Atemzügen spüren konnten.

Ich langte hinüber, ergriff Bobs Hand und schrie: »Wir tun es tatsächlich!«

Und für einige Minuten taten wir genau das, weshalb wir gekommen waren. Wir blockierten den Harpunier und vertrauten darauf, dass er nicht riskieren würde, uns zu töten, um einen Wal zu töten. Aber dann kam ein großer Mann von der Brücke herunter über den Steg gerannt, es war der Kapitän. Er packte den Harpunier, schrie ihm etwas ins Ohr und schaute grinsend auf uns herab, wobei er sich mit dem Finger über die Kehle fuhr. In diesem Moment traf uns die Erkenntnis, dass in unserem Fall hier und heute Gandhis Taktik nicht aufgehen würde.

Einige Augenblicke später feuerte der Harpunier, und das eineinhalb Meter lange Projektil pfiff über unsere Köpfe hinweg und schlug in den Rücken eines Weibchens ein. Eine regelrechte Blutfontäne schoss aus ihrem Körper, als das Projektil explodierte. Sechs Wale schwammen weiter, doch der größte, der Bulle, erhob sich aus dem Wasser und knallte mit einem donnerartigen Klatschen auf die Wasseroberfläche, bevor er unter uns abtauchte, um das Monster herauszufordern, das gerade einem Mitglied seiner Herde das Leben genommen hatte.

Sie warteten schon auf ihn. Der Harpunier hatte schnell eine neue Harpune eingespannt und lud nach. Er schwang die Waffe herum, zielte nach unten, feuerte auf den heranstürmenden Kaschelott und konnte einen Kopftreffer setzen. Ein markerschütternder Schmerzensschrei hallte über die Wellen, als der tödlich verwundete Wal zurück ins Wasser fiel und sich im Todeskampf an der Oberfläche wand und drehte, während sich ein scharlachroter Teppich aus heißem Blut um ihn herum ausbreitete.

Wir waren wie paralysiert angesichts des Horrors, den wir gerade miterleben mussten, als der Bulle plötzlich kehrtmachte. Ich schaute ihm ins Auge, dann tauchte er noch einmal ab, eine Spur von schäumendem blassrosa Blut sowie Blasen hinter sich herziehend, und hielt schnell auf uns zu. Als er näherkam, tauchte sein Kopf in einem Winkel auf, in dem er sich auf uns hätte fallen lassen können – das war der Augenblick, als mein Leben sich veränderte. Denn dort vor mir, nicht einmal einen Meter entfernt, befand sich sein Auge, so groß wie meine Faust. Es war so nah, dass ich mein Spiegelbild darin erkennen konnte – ich sah also, wie er uns ansah –, und in diesem Moment erahnte ich etwas, ich fühlte etwas, das mich fassungslos machte. Ich erkannte, dass er verstand, was wir versucht hatten, denn er strengte sich sichtlich an, sich zurückfallen zu lassen, bevor er wieder mit dem Kopf in den dunklen Fluten versank. Sein Auge verschwand unter der Wasseroberfläche, und der Bulle tauchte unter.

Der Pottwal hätte uns töten können, und der einzige Grund dafür, dass ich jetzt dieses Buch schreiben kann, liegt in seiner Entscheidung begründet, uns zu verschonen.

Aber es war etwas anderes, etwas Größeres, das ich in diesem Moment empfand. Es war Mitleid; nicht mit ihm oder seiner Familie, sondern mit uns. Wie konnten wir so erbarmungslos und mit solch bestialischer Grausamkeit töten? Die Sonne ging unter, die Positionslichter der Sowjetflotte mit ihren vier Walfängern und einem Tiefkühl-Fabriktrawler, der DALNIY VOSTOK, flackerten kreisförmig um mich herum auf. Sie zogen die blutenden Kadaver der zwei Wale an Bord, und eine unglaubliche Traurigkeit erfasste mich.

Warum?

Warum töteten wir diese Wale? Es ging nicht um ihr Fleisch – das Fleisch der Pottwale gilt als ungenießbar. Sie wurden für ihr Öl geschlachtet, ein sehr hochwertiger, hitzebeständiger Tran, mit dem man Maschinen fetten konnte, wozu auch jene gehörten, mit denen die Sowjets Interkontinentalraketen herstellten. Der wahre Grund traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Wir metzelten also diese wunderschönen, sozial hoch entwickelten und hochintelligenten, selbstbewussten, empfindsamen Lebewesen gedankenlos ab, und das zu keinem anderen Zweck als dem Bau einer Waffe, die wiederum keinem anderen Zweck als der massenhaften Auslöschung menschlichen Lebens diente.

Die plötzliche Erkenntnis war wie eine Offenbarung: Wir sind wahnsinnig, in ekelhaftem und geradezu perversem Ausmaß wahnsinnig.

Es war dieses traumatische Erweckungserlebnis, das mir für den barbarischen ökologischen Wahnsinn die Augen öffnete und eine dramatische Neuausrichtung in meinem Leben bewirkte. Von diesem Tag an habe ich mich voll und ganz ihnen verschrieben, um ihnen zu dienen – den Walen und den anderen Meeresbewohnern. Ich hatte mit der Menschheit abgeschlossen und lehnte die Arroganz des anthropozentrischen Weltbilds ab, die uns seit jenem Tag begleitet, an dem wir damit begonnen haben, die Früchte unserer eigenen Erfindung zu ernten – der Agrikultur. Stattdessen begann ich, mich mit dem Prinzip des Biozentrismus anzufreunden, also dem Verständnis, dass wir lediglich ein Teil des Ganzen sind und nicht Herrscher über andere Spezies – und ganz sicher nicht über die gesamte Schöpfung, wie wir es als ganz selbstverständlich erachten. Jede Biene, jeder Baum, jeder Wurm, jedes Kleinlebewesen oder Phytoplankton arbeitet hart daran, das ökologische Gleichgewicht auf diesem Planeten aufrechtzuerhalten, während wir Menschen kaum etwas dazu beitragen, außer uns auf Kosten aller anderen Lebewesen zu amüsieren. Die Diktatur unserer Spezies besitzt eine geradezu bösartige Zerstörungskraft und führt die Menschheit immer näher an einen Punkt heran, der keinen Sinn ergibt: unsere eigene Auslöschung.

DIE BÜCHSE DER PANDORA

Am heutigen Tag, als ich mich hinsetzte und mit der Niederschrift dieses Buch begann, hatten die Medien folgende Neuigkeit zu berichten: In der Antarktis wurde mit 20,75 Grad Celsius die höchste dort jemals gemessene Temperatur verzeichnet.

____DER ZUG IST AUSSER KONTROLLE UND NIMMT GESCHWINDIGKEIT AUF.

Wenn mein Sohn Tiger im Jahr 2085 mein jetziges Alter erreicht haben wird, wie sieht dann wohl seine Welt aus? Ich kann mir nicht einmal im Ansatz vorstellen, wie die Erde aussehen könnte, die er dann bewohnt.

Tiger wurde in Paris gezeugt und kam im September 2016 in New Hampshire zur Welt. Heute habe ich ihn dabei beobachtet, wie er im Schnee spielte, lachend und glücklich. Mir stockte das Herz, als ich plötzlich realisierte, dass Tiger die Unschuld und das Vergnügen, deren Zeuge ich gerade wurde, wahrscheinlich nicht mehr würde erleben dürfen, wenn er erst einmal in mein Alter gekommen wäre. Ich habe ein Leben in relativem materiellem Wohlstand und Freiheit verbracht, wie es zukünftige Generationen wahrscheinlich niemals werden führen können, weil meine Generation, die Generationen davor und die Generation heute Entscheidungen getroffen haben, die unseren Kindern, unseren Enkeln und Urenkeln die größten Schätze des Lebens wie Freude, Glück und Sicherheit rauben werden.

Oder wie Greta Thunberg es oft wiederholt hat: »Wir wurden unserer Zukunft beraubt.«

Mein Sohn Tiger sieht sich mit einer Zukunft konfrontiert, die aus Ungewissheit, Chaos und Opfern besteht, wie sie keine Generation vorher erlebt haben dürfte. Anders als mir in meiner Kindheit steht ihm eine absolut ungewisse Zukunft bevor: Wird er die Chance auf eine akademische Ausbildung bekommen, oder wird er dazu gezwungen sein, darin ausgebildet zu werden, wie man überlebt? Was wird er von uns denken? Von seiner Mutter und mir? Wie konnten wir das nur zulassen, und warum? Wird seine Generation uns verachten?

Falls sie es täte, könnte ich es ihr kaum verdenken. Aber ich möchte, dass er weiß, dass ich nicht tatenlos war. Dass ich zumindest versucht habe, eine schlimme Welt zu verhindern, in der er eines Tages zu Hause sein wird. Und dass ich diesem Versuch mein Leben gewidmet habe.