Werwolf Berlin – Blutige Schatten der Nacht - Lyrion Felsbeck - E-Book

Werwolf Berlin – Blutige Schatten der Nacht E-Book

Lyrion Felsbeck

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Beschreibung

Stell dir vor, du lebst in Berlin, einer Stadt, in der die Schatten der Vergangenheit plötzlich lebendig werden. In "Werwolf Berlin – Blutige Schatten der Nacht" wird eine junge Frau mit einem düsteren Geheimnis konfrontiert, als eine rätselhafte Mordserie die Metropole erschüttert. Während rivalisierende Kräfte und mysteriöse Gestalten in den dunklen Gassen um Macht kämpfen, entdeckt sie, dass ihre eigene Bestimmung weit über das normale Stadtleben hinausgeht. Zwischen blutigen Kämpfen und emotionalen Wendepunkten lernt sie, ihre innere Bestie zu zähmen – und findet dabei heraus, dass wahre Stärke oft aus den tiefsten Schatten geboren wird.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Vorwort

Stell dir vor, du lebst in Berlin, einer Stadt, in der die Schatten der Vergangenheit plötzlich lebendig werden. In „Werwolf Berlin – Blutige Schatten der Nacht“ wird eine junge Frau mit einem düsteren Geheimnis konfrontiert, als eine rätselhafte Mordserie die Metropole erschüttert. Während rivalisierende Kräfte und mysteriöse Gestalten in den dunklen Gassen um Macht kämpfen, entdeckt sie, dass ihre eigene Bestimmung weit über das normale Stadtleben hinausgeht. Zwischen blutigen Kämpfen und emotionalen Wendepunkten lernt sie, ihre innere Bestie zu zähmen – und findet dabei heraus, dass wahre Stärke oft aus den tiefsten Schatten geboren wird.

 

Über die Autorin / den Autor:

Der Autor Lyrion Felsbeck wuchs in einer Stadt auf, die niemals schläft, doch seine Gedanken gehörten immer den Nächten – den geheimnisvollen Schatten, den verborgenen Geschichten, die erst nach Sonnenuntergang lebendig werden. Schon früh fasziniert von düsteren Legenden und urbanen Mythen, begann er, seine eigene Welt zwischen Realität und Fantasie zu erschaffen. Inspiriert von nebligen Straßen, flackernden Lichtern und dem pulsierenden Rhythmus der Großstadt, schreibt er Geschichten, die das Unbekannte greifbar machen. Wenn er nicht gerade an neuen Erzählungen feilt, durchstreift er mit offenen Augen die Nacht und sucht nach den Geschichten, die sich in den dunklen Winkeln der Stadt verbergen.

 

Titel: Werwolf Berlin – Blutige Schatten der Nacht

 

Kapitel 1: Vollmond und VorahnungEmily schlenderte mit ihrem halb leeren Kaffeebecher – natürlich Karo Kaffee, was sonst – durch die Straßen von Kreuzberg. Es war spät am Abend, oder schon früh am Morgen, je nachdem, wie man es nahm, und die warme Berliner Sommerluft roch nach Abgasen, brennendem Marihuana und Straßenimbiss. Das war genau die Luft, die Emily liebte. Sie war 19, brach ihr Studium gefühlt jede Woche gedanklich ab, nur um es am Montagmorgen doch irgendwie fortzusetzen, und stellte sich nicht gern vor, wie ihre Zukunft aussehen sollte. Das Hier und Jetzt war viel spannender: Clubnächte, laute Musik, spontane Partys, und dieses verrückte Gefühl, nichts müsse je enden.

Selbst um diese Uhrzeit wimmelte es in den Straßen von Leuten. Touristen mit Kameras um den Hals, ein paar Punks, die sich lautstark gegenseitig ins Gesicht lachten, während sie halb leere Bierflaschen an ihren Hosenbund schlugen, ein Straßenkünstler, der in einer Ecke Gitarre spielte und dabei so aussah, als wäre er aus einer anderen Galaxie. Das Licht der Straßenlaternen flackerte in einem gespenstischen Gelb auf dem Gehweg. Emily nahm einen großen Schluck von ihrem mittlerweile lauwarmen Karo Kaffee, verzog kurz das Gesicht, weil sie ihn eigentlich eisgekühlt mochte, lief aber unbeeindruckt weiter. Naja, Kaffee war Kaffee, und Karo war ihr Favorit. Irgendwie hatte sie mittlerweile einen eigenen Fankult darum entwickelt: Wer brauchte schon teure Hipster-Latte, wenn man für einen schmalen Taler Karo bekommen konnte, den ohnehin jede*r in Berlin kannte?

In dieser Nacht war etwas anders. Ein Kribbeln lag in der Luft, etwas Elektrisches, fast Bedrohliches. Emily spürte es, konnte es aber nicht benennen. Mit jedem Schritt, den sie machte, spürte sie eine merkwürdige Spannung in ihrem Körper. Sie zupfte nervös an ihrem ausgefransten Jeansrock herum, hielt kurz inne und blinzelte in die Nacht. Da war ein Licht, sehr hell, viel zu hell für eine gewöhnliche Mondnacht. Sie warf einen Blick nach oben. Über ihr hing ein Vollmond, aber kein normaler. Er wirkte ein bisschen größer und strahlender, als hätte er sich plötzlich entschlossen, die gesamte Welt in glühendes Licht zu tauchen.

„Scheiße, ist das Ding heute extra drauf, oder was?“, murmelte sie und zuckte mit den Schultern. Vielleicht hatte sie auch einfach zu viel vom Starkbier in der Bar vorhin gekostet. Hatte sie nicht eben noch mit ihrer besten Freundin Anna rumgehangen, lachend über deren neuesten Flirt, der gleichzeitig ein Veganer und ein Ultra-Lauf-Freak war? Ein Typ, der behauptete, jeden Tag zehn Kilometer zu joggen und kein Gramm Fleisch zu essen. „Total crazy, dieser Stadtmensch“, hatte Anna gelacht. „Aber hey, man muss Neues ausprobieren!“ So war Berlin: voller Experimente, skurriler Persönlichkeiten und endloser Geschichten.

In diesem Moment drang ein Laut an Emilys Ohr, der sie schlagartig aus ihrer gedanklichen Plauderei riss. Ein Heulen, irgendwo in der Ferne. Sie sah sich um. Punks, Touristen, Betrunkene, Clubgänger: Niemand schien es zu bemerken. Nur sie spürte ein leises Vibrieren in den Knochen, als wäre der Laut nicht nur durch die Ohren zu hören, sondern direkt unter der Haut.

„Okay, wahrscheinlich irgendein besoffener Idiot, der meint, er wäre ein Wolf“, murmelte sie und grinste schief. Trotzdem klopfte ihr Herz etwas schneller. Sie konnte sich an etliche Nächte erinnern, in denen sie irgendwelche Freakshows gesehen hatte. Menschen, die auf LSD oder sonstigen Substanzen Wolfsgeschichten erzählten. Berlin war wild, Berlin war durchgedreht. Doch dieses Heulen klang echter, und es wiederholte sich in einem längeren, klagenden Ton, bevor es abrupt abbrach.

Emily setzte ihren Weg fort, langsam, aber mit einer gewissen Unruhe im Nacken. Sie war im Moment allein unterwegs – Anna war schon nach Hause, weil sie am nächsten Morgen früh raus musste (irgendein Yoga-Kurs, den sie partout nicht verpassen wollte). Normalerweise störte es Emily nicht, nachts allein durch Kreuzberg zu spazieren. Sie hatte eine große Klappe und ein selbstbewusstes Auftreten, was sie vor vielen schrägen Situationen bewahrt hatte. Doch heute war da dieses ungute Gefühl, das sie nicht abschütteln konnte.

Auf der anderen Straßenseite erblickte sie eine Gruppe von Leuten, die laut lachend in Richtung U-Bahnhof Kotbusser Tor zogen. Einer trug ein T-Shirt mit „We are all Queer“ in regenbogenfarbenen Lettern, ein anderer eine Bomberjacke und Glatze. Diese Mixes, dachte Emily, gab es echt nur in Berlin: Leute, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenpassten, liefen zusammen herum und taten sich an, als wären sie beste Freunde. Sie zog kurz die Augenbrauen hoch und grinste.

Als sie an einer kleinen, urigen Eckkneipe vorbeikam, empfing sie der Geruch von altem Bier, Zigarettenqualm und altem Mief. Ein paar Stammgäste lungerten vorm Eingang herum, zogen an ihren Zigaretten und warfen Emily uninteressierte Blicke zu. Sie kannte die Kneipe; hier kriegte man Schnaps für 1,50 Euro, was für Berliner Verhältnisse schon ein Wort war. Emily überlegte kurz, ob sie sich auf einen kleinen Absacker setzen sollte, dachte aber an ihren langsam leer werdenden Geldbeutel. Dann trank sie lieber den letzten Rest ihres Karo Kaffees, auch wenn der echt nicht mehr geil schmeckte.

Plötzlich überfiel sie wieder dieses seltsame Ziehen in der Magengegend. Eine Art Vorahnung. Es war so intensiv, dass sie mitten im Schritt innehielt und fast über ihre eigenen Füße gestolpert wäre. „Was zur Hölle…?“ Ihre Augen wanderten unwillkürlich zum Mond. Der strahlte fast schon unverschämt hell. Kurz hatte sie das Gefühl, er starrte sie an wie ein riesiges Auge am Himmel. Gruselig.

Dann erneut: dieses Heulen. Diesmal klang es lauter, näher. Emily zuckte zusammen und sah sich hektisch um. „Alter, was ist das? Ich bin doch nicht irre“, keuchte sie, während ihr Puls raste. Hatte sie einen Schatten gesehen? Irgendetwas Blitzendes in einer Gasse neben der Kneipe? Sie trat einen Schritt näher an die Mauer, spähte in die Dunkelheit. Dort war nichts, nur ein paar Glasscherben und ein umgekippter Mülleimer, aus dem Essensreste quollen. Der Geruch war widerlich.

Sie schüttelte den Kopf und setzte sich wieder in Bewegung, spürte aber, dass ihr Herz schneller klopfte als normal. Jede Faser ihres Körpers war angespannt, als hätte sie gerade einen Horrorfilm gesehen und wartete nun darauf, dass der Mörder aus der nächsten Ecke sprang. Sie lachte kurz trocken über ihre eigene Paranoia. Vielleicht sollte sie wirklich weniger Partys mit billigen Drinks besuchen. Aber das hatte sich oft gesagt und nie eingehalten.

Gerade als sie sich selbst wieder halbwegs beruhigt hatte, hörte sie aus einer Seitenstraße laute, polternde Geräusche. Als würde ein großer Hund gegen eine Mülltonne treten oder irgendjemand gegen eine Tür hämmern. Emily zwang sich, stehen zu bleiben und hinzusehen. Sie hasste es, wegzulaufen oder zu tun, als würde sie nichts bemerken. Oft hatte sie gelernt, dass Zivilcourage in Berlin rar war, und immerhin hatte sie schon einmal jemandem geholfen, den ein paar Typen bedrängt hatten.

Das Licht flackerte, während sie die Gasse entlangschaute. Ein schwaches, rötliches Neonzeichen hing an einer Hauswand. Sie konnte kaum etwas erkennen, nur Schemen und Schatten. Doch plötzlich sah sie etwas aufblitzen: Augen. Leuchtend, fast phosphoreszierend, in einem Ton, den sie noch nie gesehen hatte. Gelb? Grünlich? Vielleicht auch silbern. Sie war sich nicht sicher. Ihre Kehle wurde trocken, und ihr Herz raste.

Ganz langsam trat sie einen Schritt näher, bis sich das Wesen – was auch immer es war – scheinbar bewegte. Das Licht war schwach, aber sie glaubte, ein riesiges Tier zu sehen, größer als jeder Hund, den sie je kannte. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, ein leises Grollen. Fast wie das tiefe, bedrohliche Brummen eines Leoparden im Zoo, nur waren sie hier nicht im Zoo, sie waren in Kreuzberg, Berlin.

Emily stieß einen scharfen Atemzug aus, spürte, wie sich ihr Adrenalinpegel schlagartig erhöhte. „Okay, Zeit zu gehen“, murmelte sie. Ihr Kopf brüllte sie an, sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen. Doch irgendetwas hielt sie fest. Vielleicht war es Neugier, vielleicht Dummheit. Oder diese seltsame Anziehungskraft, die sie verspürte.

Das Wesen verschwand plötzlich in der Dunkelheit, und Emily sah nur noch das heftige Zittern ihrer eigenen Hand, die sich so fest um den Kaffeebecher krallte, dass der Karton fast zerriss. Sie zwang sich, einen Schritt zurückzugehen, dann noch einen. Schließlich drehte sie sich mit klopfendem Herzen um und rannte förmlich in Richtung hellere Hauptstraße.

Erst als sie wieder zwischen anderen Menschen stand, fühlte sie sich sicherer. Aber auch nur minimal. Sie konnte nicht aufhören, an dieses Heulen zu denken. Konnte das ein Wolf gewesen sein? In Berlin? Klar, irgendwelche Gerüchte gab es immer, von Tieren, die aus Tierparks ausgebrochen waren, oder irgendwelchen illegalen Haustier-Geschichten. Aber das war wahnsinnig selten. Emily konnte es immer noch nicht glauben.

Um sich zu beruhigen, beschloss sie, noch ein Stück weiter Richtung Kottbusser Tor zu gehen. Dort waren einige Spätis noch offen, und sie wollte sich vielleicht noch ein kaltes Getränk holen, um die Nerven zu beruhigen – am liebsten irgendwas, das kein Koffein enthielt. Doch ihre Beine fühlten sich seltsam weich an, wie Gummi. Der Schreck saß ihr tief in den Knochen.

Während sie lief, war sie sich nicht mehr sicher, ob sie das Heulen tatsächlich gehört oder sich nur eingebildet hatte. Sie dachte kurz darüber nach, einen Kumpel anzurufen. Doch sie wischte den Gedanken beiseite, fühlte sich irgendwie albern. „Ey, ich kann doch niemandem erzählen, dass ich irgendein mutiertes, wolfsähnliches Ding gesehen habe“, sagte sie leise zu sich selbst. Man würde sie für komplett durchgeknallt halten, und sie würde sich selbst wahrscheinlich auch nicht glauben.

In der Nähe des Kottbusser Tors war es wieder laut, wie immer. Junge Leute saßen auf den Treppen, manche waren schwul, manche hetero, manche vermutlich auch irgendwas dazwischen – Berlin eben, wo jeder so sein konnte, wie er wollte. Ein Typ lief mit einem „Vegan for Life“-Shirt vorbei und schnupperte an einem Tofu-Döner, was Emily kurz ein Grinsen entlockte. Dann spürte sie wieder dieses Ziehen in der Brust, dieses komische Gefühl, dass etwas nicht stimmte.

Sie blieb an einem der Spätis stehen, um sich einen Eistee zu kaufen. Irgendwie hatte sie Durst, und der Karo Kaffee war nun wirklich endgültig leer. „Besser was Erfrischendes als noch mehr Koffein“, dachte sie. Im Inneren des Ladens war es angenehm kühl, und der Kassierer – ein junger Typ mit Dreadlocks – nickte ihr freundlich zu. „Na, auch noch unterwegs?“, fragte er gut gelaunt.

„Jo, ist doch Berlin“, antwortete sie mit einem gezwungenen Lächeln und suchte sich eine Flasche aus dem Kühlschrank. Sie hoffte, ihre Nervosität nicht zu sehr zu zeigen. Ihre Hand zitterte immer noch ein bisschen, als sie das Kleingeld rauskramte. „Langer Tag, wa?“, meinte der Kassierer. „Oder lange Nacht, haha.“

„Irgendwas dazwischen“, murmelte Emily und wollte das Thema wechseln. Draußen hörte sie Leute grölen, wahrscheinlich angetrunken. Sie hatte plötzlich keine Lust mehr auf Menschenmengen. Innerlich wünschte sie sich, sie könnte einfach in einem ruhigen Bett liegen und schlafen, aber sie wollte auch wissen, was zum Teufel da draußen los war. Dieses Heulen… Dieser Blick aus der Dunkelheit… War es ein Anzeichen für etwas Größeres?

Mit einer hastigen Bewegung schraubte sie den Deckel der Eisteeflasche auf, nahm einen großen Schluck und trat wieder auf die Straße hinaus. Der Mond sah jetzt noch größer aus, als wäre er während ihres kurzen Späti-Besuchs weitergewachsen. Sie konnte fühlen, wie ihr Herz erneut schneller klopfte, obwohl sie sich erst beruhigt hatte. Ein Teil von ihr schrie, sie solle nach Hause fahren, sich einschließen, Kopfkissen über den Kopf und morgen so tun, als wäre das alles nur ein Film gewesen.

Aber sie kam nicht weg von diesem Sog, von dem Gefühl, dass der Mond sie anstarrte. „Das ist verrückt“, sagte sie halblaut, während sie in eine ruhigere Seitenstraße einbog, die in Richtung ihres Wohnhauses führte. Einem Studierendenwohnheim in der Nähe, wo sie mit drei anderen in einer WG lebte. Die meisten waren um die 20, Student*innen oder Leute, die sich irgendwie durchschlugen. Ein bunter Haufen, den Emily eigentlich ganz okay fand, wenn auch keiner so richtig zu ihren engeren Freunden gehörte.

Je weiter sie ging, desto weniger Menschen begegnete sie, bis sie schließlich fast allein durch die Straße lief. Nur ein paar Autos fuhren hin und wieder vorbei, Warentaxis, die nachts die Spätis beliefern, oder Taxis, die Leute aus Clubs abholten. Dieses Mal dankte Emily den Sternen, dass zumindest die Straßenlaternen funktionierten. Irgendwie wirkte heute alles so gespenstisch.

Und dann wieder – dieses Heulen. Diesmal war es laut und deutlich, kein Zweifel mehr. Emily fuhr herum, ließ vor Schreck ihre Eisteeflasche beinahe fallen. Adrenalin pumpte durch ihren Körper. So ein Geräusch konnte unmöglich von einem Hund stammen. Das war tiefer, wilder, voller irgendetwas Ursprünglichem. Sie spürte ein Kribbeln in ihrem Nacken, als stünde jemand direkt hinter ihr und würde ihr ins Ohr flüstern: „Lauf.“

Sie zwang sich, tief durchzuatmen. In der Ferne hörte sie Police-Sirenen, die sich zu nähern schienen. Hatte jemand die Polizei gerufen, weil es Stress mit irgendwelchen Verrückten gab? Oder war gar schon etwas Schlimmes passiert? Berlin hatte zwar seine Schattenseiten, aber Emily spürte, dass dieses Mal etwas wirklich Gefährliches in der Luft lag.

Sie beschleunigte ihren Schritt, wollte nur noch ins Wohnheim, in ihr Zimmer, wo ihr Bett wartete und sie die Tür abschließen konnte. Ihre Gedanken rasten: Wölfe mitten in Berlin? Morde? Gestörte Punks, die sich einen Spaß erlaubten? Sie hatte auch schon von Leuten gehört, die seltsame Rituale im Wald feierten, aber gleich in Kreuzberg? Das war doch wahnsinnig.

Als sie endlich in ihrer Straße ankam, sah sie einen streunenden Kater, der auf der Motorhaube eines Autos schlief, sich aber erschrocken aufrichtete, als Emily vorbeiging. Normalerweise hätte sie kurz gelächelt und dem Tier zugerufen, dass es süß sei, oder so etwas. Aber in diesem Moment war sie wie gelähmt von ihrer eigenen Angst.

Ihr Wohnhaus war ein unscheinbarer Plattenbau, nicht besonders hübsch, aber funktional. Als sie die Treppen hinaufstieg, spürte sie, wie ihr ganzer Körper vor Anspannung zitterte. Sie war so froh, dass die Haustür nicht verschlossen war und sie schnell hinein konnte. Im Treppenhaus brannte nur spärliches Licht, das nach ein paar Sekunden immer wieder ausging. Sie presste ihren Finger auf den Lichtschalter, um nicht im Dunkeln zu stehen.

Oben in ihrer WG war alles ruhig. Eine ihrer Mitbewohnerinnen war vermutlich noch bei ihrem Freund, der andere Mitbewohner war auf Schicht in einer Kneipe, und der dritte… gute Frage, vielleicht schlief er auch schon. Emily sperrte ihre Zimmertür auf und fiel praktisch hinein. Mit zitternden Fingern schloss sie ab, atmete einmal tief durch.

Was zur Hölle hatte sie da draußen erlebt? Hatte sie sich das alles eingebildet? Sie war zwar nicht völlig nüchtern, aber auch nicht so besoffen, dass sie Halluzinationen haben könnte. Etwas war da draußen, und es heulte. Und es klang nicht menschlich. Nicht einmal annähernd.

Vorsichtig trat sie zu ihrem Fenster und lugte hinaus. Der Mond stand so schräg, dass sein Licht direkt in ihr Zimmer schien. Der Anblick war seltsam schön und gleichzeitig unheimlich. Plötzlich fühlte sie eine seltsame Übelkeit aufsteigen. Ihr wurde heiß, Schweiß tropfte ihr von der Stirn, obwohl es drinnen gar nicht so warm war.

Ihr Atem ging schneller, und sie spürte einen stechenden Schmerz in der Brust. „Verdammt“, keuchte sie. „Ich werde doch jetzt nicht krank.“ Sie hatte gehofft, sie könnte sich noch einigermaßen beruhigen und dann schlafen gehen. Aber das schien jetzt unmöglich. Ihr Kreislauf spielte verrückt, ein heftiges Herzklopfen zwang sie, sich aufs Bett zu setzen.

Gedanken rasten wie ein Sturm durch ihren Kopf: Kann sein, dass wirklich ein Wolf in der Stadt unterwegs ist. Soll ich das melden? Glaubt mir das jemand? Was, wenn morgen Zeitungen titeln: „Rätselhaftes Tier in Berlin gesichtet“? Vielleicht würde man es als urbanen Mythos abtun. Aber Emily hatte das Heulen gehört, hatte die Augen gesehen.

Während sie auf ihrem schmalen Bett saß, fiel ihr Blick auf ihr Handy. Sie konnte Anna anrufen, ihr alles erzählen. Aber Anna würde sich nur Sorgen machen, umdrehen und versuchen, Emily zu beruhigen. Sie war immer für sie da, keine Frage, aber Emily hatte keine Kraft, sich jetzt den Fragen zu stellen. Sie tippte kurz auf dem Bildschirm herum, checkte Social Media. Nichts Ungewöhnliches, nur Selfies, Partyfotos, irgendwelche Memes. Nein, das half nicht.

Sie starrte zum Fenster, beobachtete den Mond, der ihr immer noch schien wie ein riesiger Beobachter. Sein Licht verlieh ihrem Zimmer einen fast mystischen Glanz. Emily rieb sich die Augen und redete sich ein, dass sie einfach schlafen sollte, alles andere würde sich schon aufklären. Morgen war ein neuer Tag, neue Vorlesungen, neue Ablenkungen. Vielleicht war es wirklich nur ein Tier, das entlaufen war.

„In Berlin kann alles passieren“, murmelte sie mit einem Hauch von Selbstironie und ließ sich nach hinten fallen. Dabei roch sie ihr eigenes Haar, das nach Zigarettenqualm und Schweiß duftete – die Spuren einer langen Nacht. Sie beschloss, erstmal zu duschen, um den Dunst der Nacht abzuwaschen und vielleicht den Kopf frei zu bekommen.

Während sie sich aus ihren Klamotten schälte und das Plätschern des Wassers auf sich wirken ließ, konnte sie das Heulen noch immer in ihrem Ohr spüren, wie ein Echo. Sie schluckte. Es war, als wäre etwas in ihr erwacht, eine fremde Seite, die sie selbst nicht kannte. Ein merkwürdiges, unbestimmtes Unbehagen, das in der Magengegend schwärmte und sie nicht losließ.

Selbst nach der Dusche fühlte sie sich nicht wirklich besser. Sie zog sich ein altes Shirt über, ließ ihre Haare ungekämmt und starrte im Badezimmerspiegel in ihre eigenen Augen. „Kann mir mal jemand sagen, was hier abgeht?“, flüsterte sie, fast schon panisch. Doch der Spiegel starrte nur stumm zurück, und das Mondlicht, das vom Fenster im Flur hereinfiel, tauchte alles in ein weißliches Schimmern.

Schließlich schleppte sie sich zurück in ihr Zimmer, schloss die Vorhänge, um den Blick des Mondes abzuschirmen, und legte sich ins Bett. Ihre Decke fühlte sich heiß an, obwohl ihr eigentlich kalt war. Sie konnte nicht anders, als sich noch einmal an das unheimliche Wesen in der Gasse zu erinnern. Sie sah förmlich die leuchtenden Augen, hörte das tiefe Grollen. Sie wusste, dass das kein normaler Hund gewesen sein konnte.

Ein Schauer jagte ihr über den Rücken, als ihr klar wurde, dass sie im Grunde keine Erklärung hatte, was sie da gesehen hatte. War es ein Wolf? Ein Monster? Ein verirrter Hund mit Leuchtreflektoren in den Augen – wie lächerlich. Sie lachte bitter in sich hinein. Egal, was es war, irgendetwas stimmte nicht. Tief in ihrem Inneren wusste sie das. Es war eine Vorahnung, etwas, das sich nicht einfach wegdiskutieren ließ.

Mit einem letzten müden Blick auf das schwach leuchtende Display ihres Handys versuchte sie einzuschlafen. Ihr Herz klopfte immer noch, und sie war sich sicher, dass diese Nacht anders war als alle zuvor. Berlin hatte seine eigene Art, Geheimnisse zu hüten und zu lüften. Wer wusste schon, welche Kreaturen sich in den Ecken dieser Stadt versteckten?

Irgendwann, kurz vor dem Dämmern, schlief Emily endlich ein. Die Bilder des Mondes, die leuchtenden Augen, das unheimliche Heulen – sie verfolgten sie in ihren Träumen. Doch sie wusste: Dies war erst der Anfang. Irgendetwas hatte sich an diesem Abend verändert, und sie konnte nur ahnen, dass es etwas war, was ihr Leben für immer auf den Kopf stellen würde.

 

Kapitel 2: Das erste OpferEmily erwachte mit einem gewaltigen Schädelbrummen, das sich wie ein Presslufthammer durch ihre Stirn bohrte. Das grelle Sonnenlicht fand seinen Weg durch die Vorhänge in ihrem kleinen WG-Zimmer und ließ sie die Augen zusammenkneifen, als hätte jemand einen Scheinwerfer auf ihr Gesicht gerichtet. Erst nach ein paar Sekunden dämmerte ihr, dass sie nicht nur einen Kater hatte, sondern dass etwas anderes sie quälte: die Erinnerung an das Heulen in der vergangenen Nacht und die unheimliche Gestalt, die sie in der Gasse gesehen hatte.

Sie schüttelte den Kopf und griff nach ihrem Handy, das neben ihrem Kopfkissen lag. Auf dem Display leuchteten diverse Benachrichtigungen, darunter gleich mehrere Push-Meldungen von Berliner Nachrichtenportalen. Emily rieb sich die Augen und tippte lustlos auf die erste Schlagzeile: „Mord im Görlitzer Park – Leiche verstümmelt und verbrannt aufgefunden.“ Allein die Wörter „verstümmelt“ und „verbrannt“ ließen ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagen.

„Was zur Hölle...“, murmelte sie, während sie sich aufsetzte. Görlitzer Park war nicht einmal weit von ihrem Wohnheim entfernt. Gerade mal ein paar U-Bahn-Stationen oder ein längerer Fußmarsch. Wie oft war sie dort schon rumgehangen, in lauen Sommernächten auf der Wiese sitzend, mit Freunden Karo Kaffee und günstiges Bier schlürfend, grillend und quatschend, während die Sonne langsam unterging? Aber diese Idylle hatte offensichtlich eine dunkle Schlagseite bekommen.

Neugierig, aber auch mit flauem Magen klickte Emily sich durch weitere Artikel. Viel gab es noch nicht an offiziellen Infos – nur, dass Spaziergänger*innen frühmorgens auf eine regelrecht verstümmelte Leiche gestoßen waren. „Abgefackelt und brutal zerfetzt“, so stand es in einer Überschrift. Bei dem Gedanken, wie dieser Körper wohl ausgesehen haben musste, stieg Emily Übelkeit hoch. Sie klappte ihr Handy zu und schlurfte ins Bad.

Auf dem Flur begegnete sie ihrem Mitbewohner Tom, ein langhaariger, stets barfüßiger Typ, der fast schon radikal vegan lebte und bei jeder WG-Diskussion leidenschaftlich über Tierwohl und Umweltschutz redete. Tom war eigentlich kein Morgenmensch, also musste ihn etwas aufgeschreckt haben, wenn er um diese Uhrzeit wach war. „Hey, hast du das mit dem Görli gehört?“, fragte er mit ernster Stimme. „Krank, oder?“

Emily nickte nur, während sie ihren Mund mit Wasser ausspülte und sich im Spiegel betrachtete. Ihr Gesicht sah müde aus, die Augenringe zu tief für ihr Alter. „Ja, hab ich gelesen. Richtig heftig“, brachte sie schließlich hervor. Tom rieb sich die Arme, als ob ihm kalt wäre. „Hoffentlich klärt die Polizei das schnell. Hab keinen Bock, in Zukunft um sieben Ecken zu denken, wenn ich abends in den Park gehe.“

Als Emily kurz darauf in ihr Zimmer zurückkehrte und sich an ihren Laptop setzte, schlug ihr Herz schneller. Sie musste wissen, ob dieses Ereignis irgendwie mit ihrer unheimlichen Begegnung zusammenhing. Klar, sie konnte sich nichts beweisen, aber dieses Heulen, die brutale Tat – das fühlte sich an wie ein riesiges Puzzle, in dem noch alle Teile fehlten.

Aus reiner Gewohnheit klickte sie sich in eine ihrer Facebook-Gruppen: „Vegan Berlin – Rezepte, Tipps & mehr“. Dort teilten normalerweise Leute ihre neuesten veganen Cupcake-Kreationen oder diskutierten über die besten Falafel-Spots. Doch heute ging es in den Beiträgen heiß her. Direkt oben prangte ein Posting: „Krasse Sache im Görli – jemand wurde völlig zerfetzt, denkt ihr, das war ein wildes Tier???“

Emily scrollte durch die Kommentare. Manche Leute machten Witze über angeblich aus dem Zoo entflohene Löwen („Haha, Luise, die Löwin von Kleinmachnow, 2.0“), andere mutmaßten, es könnte ein Ritualmord oder ein psychopathischer Serienkiller sein. Doch ein paar User, sichtlich anonym unterwegs, brachten das Wort „Werwolf“ ins Spiel. Emily stutzte. Normalerweise wären solche Kommentare ein klarer Fall von Trollerei, doch dieses Mal las sie sie besonders aufmerksam durch.

„Werwolf in Berlin? Alter, als ob!“, lautete ein Kommentar. „Hab gehört, die Person war halb verbrannt, halb gefressen, das ist schon ziemlich bestialisch“, schrieb jemand anderes. Andere lachten darüber: „Erst machen sie auf vegan und jetzt glauben sie an Werwölfe, LOL. #lachhaft“

Emily konnte den Blick nicht abwenden. Sie wusste, wie bescheuert es klang, einen Werwolf in modernem Berlin zu vermuten. Doch seit der letzten Nacht war da dieser Stich in ihrer Brust, der ihr sagte, dass irgendwas Großes und Unheimliches passierte. „Und wenn das kein Zufall ist?“, dachte sie bei sich. Die Vorstellung, dass eine übernatürliche Kreatur durch den Görli lief und Leute zerfleischte, war beängstigend und total durchgeknallt. Aber Emily konnte den Gedanken nicht abschütteln.

Ein weiterer Kommentar fiel ihr ins Auge: „War gegen 3 Uhr dort, hab Heulen gehört, aber niemanden gesehen. Bin direkt abgehauen, war mir zu weird.“ Emily runzelte die Stirn. 3 Uhr – sie erinnerte sich, dass sie selbst noch gegen 2 oder 3 in Kreuzberg rumgetingelt war. Und dieses Heulen gehört hatte. Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Sie hatte also nicht nur geträumt?

Sie knallte den Laptop zu und atmete einmal scharf durch. Auf dem WG-Tisch stand eine altbekannte Thermoskanne mit, natürlich, Karo Kaffee. Emily goss sich einen Becher ein, in der Hoffnung, das nervöse Zittern in ihren Fingern würde sich bald legen. Doch ihr Magen rebellierte schon beim ersten Schluck. In ihrem Kopf spielte sich immer wieder ab, wie diese Leiche wohl ausgesehen hatte. Ein Teil ihrer Gedanken schrie, dass das Quatsch sei, dass sie sich nicht von Grusel-Storys ins Bockshorn jagen lassen sollte. Aber das Gefühl im Bauch, das war so hartnäckig...

Wenig später zog sie sich eilig an, griff ihre Kopfhörer und entschied, eine Runde durch die Stadt zu drehen. Rumsitzen brachte sie nur um den Verstand. Sie wollte eigentlich niemanden aufscheuchen, aber Anna fiel ihr ein – ihre beste Freundin, die sie nie anlügen konnte. Vielleicht wäre es gut, sich einfach mal auszusprechen. Also schrieb sie ihr eine kurze Nachricht: „Hey, abgefahrene Sache im Görli, Bock auf ’nen Spaziergang?“

Anna antwortete prompt: „Ja, hab’s gelesen. Scheiße krass! Treffpunkt in 30 Min. an der Warschauer Brücke?“ – Passte perfekt. Emily warf sich ihre Jacke über, schnappte ihren Rucksack und stiefelte los. Dabei konnte sie nicht anders, als bei jeder dunklen Ecke, an der sie vorbeikam, unwillkürlich zusammenzuzucken. Ihr Kopf malte die schlimmsten Bilder aus: Gestern Nacht, das Heulen, heute ein zerrissenes Opfer.

Auf dem Weg in die U-Bahn tippte Emily doch wieder auf ihr Handy, scrollte nervös durch Twitter-Feede, Facebook-Posts, Instagram-Stories – alle waren voll von Spekulationen und Gerüchten. Unter dem Hashtag #GörliMord verbreiteten sich die wildesten Theorien, von Kannibalen bis zu Black-Magic-Kulten. Ein ziemlich abgefahrener Tweet sorgte für Furore: „Werwolf?!? Berliner Vollmondmassaker?? Merkt euch meine Worte!!! #Shapeshifter #HorrorBerlin“. Die meisten User kommentierten nur mit Lachsmileys und GIFs von heulenden Wölfen.

„Aber es passiert doch“, dachte Emily, „genau das, wovor ich mich am meisten fürchte – dass alle es als Witz abtun.“ Klar, was sollte man auch anderes tun, wenn eine so absurde Idee im Raum stand? Vielleicht war der Gedanke, ein Serienkiller sei unterwegs, weniger beängstigend als die Vorstellung, irgendein Mischwesen könnte nachts durch die Straßen schleichen.

Nach einer kurzen U-Bahn-Fahrt stieg Emily an der Warschauer Straße aus. Der Bahnhof war wie immer gerammelt voll mit Touristen, die sich lachend durch die Drehkreuze schoben, Straßenmusikern, die nacheinander Gitarre spielten oder Beats auf umgedrehten Eimern trommelten. Berlin war so lebendig, als wäre nichts passiert. Gleichzeitig wusste Emily genau: Wenn die Leute wüssten, was für ein Wahnsinn sich im Görli abgespielt hatte, würden sie wohl nicht so entspannt durch die Gegend cruisen.

Anna wartete bereits am vereinbarten Treffpunkt. Sie hatte ihre langen dunklen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und trug eine enge Jeansjacke über einem Pride-Shirt. „Hey, Em“, grüßte sie knapp und wirkte ganz hibbelig. „Die Nachrichten machen mich fertig. Glaubst du, man kann heute Abend überhaupt noch safe feiern gehen?“

Emily lachte trocken. „Du denkst an Feiern? Alter, da draußen könnte ein Psychopath rumrennen, der Leute in Stücke reißt.“ Sie klang härter, als sie wollte. Anna hob die Augenbrauen. „Okay, sorry, aber du weißt, wie es ist: Berlin ist nie wirklich ‚safe‘. Ich hatte halt gehofft, dass wir uns wenigstens auf’n Gig schmeißen können, um den Kopf frei zu kriegen. Aber du hast Recht, das ist echt brutal.“

Gemeinsam schlenderten sie los. Eigentlich wollten sie nur ein Stück an der Spree entlanglaufen, ein bisschen quatschen. Doch beide konnten das grausame Verbrechen nicht aus dem Kopf kriegen. „Was, wenn das wirklich ein Tier war?“, fragte Anna nach einer Weile. „Ich mein, wer kommt sonst auf die Idee, jemanden so zu verstümmeln?“

Emily zuckte mit den Schultern und spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. „Das Schlimme ist, ich kann’s mir fast vorstellen, nachdem ich letzte Nacht dieses Heulen gehört hab. Aber glaub mir, jeder lacht über Werwölfe. Die würden uns für bekloppt halten.“

Anna musterte sie. „Du bist doch sonst nicht so paranoid. Hast du was gesehen?“ Emily überlegte kurz, ob sie ihr von den leuchtenden Augen erzählen sollte. Doch sie hatte selbst kaum Worte dafür, und außerdem wollte sie Anna nicht in Panik versetzen. Trotzdem rutschte es ihr in bruchstückhaften Sätzen heraus. „Da war… in einer Seitenstraße… ein riesiges Vieh, glaub ich. Oder ich spinn einfach. Aber es war da, Anna. Und es hat gejault wie ein Wolf.“

Anna schauderte. „Oha. Okay, das klingt wirklich übel. Könnte aber auch nur ein riesiger Hund gewesen sein, oder?“ Emily schüttelte den Kopf. „Nee, glaub mir, das war kein normaler Hund. Ich mein, du kennst mich, ich bin keine Schisserin. Das war… anders. Irgendwie. Und die Leiche im Görli… Ob das zusammenhängt?“

Sie sahen einander an, beide verunsichert. Anna seufzte. „Wenn es wirklich ein Wolf wäre… Dann wäre das echt krass. Hab ich mal in der Zeitung gelesen: Angeblich gibt’s inzwischen wieder mehr Wölfe in Brandenburg. Aber mitten in Berlin?“