Western Legenden 63: Der letzte Ritt - G. Michael Hopf - E-Book

Western Legenden 63: Der letzte Ritt E-Book

G. Michael Hopf

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Beschreibung

Band 1 der Kopfgeldjäger-Trilogie Ein Mädchen auf der Suche nach dem Sinn ihres Lebens. Ein Junge, der seine toten Eltern rächen will. Und ein alter Kopfgeldjäger. Dieses Trio reitet zusammen, um ein außergewöhnlich hohes Kopfgeld zu kassieren. Hunderte von Meilen müssen überwunden werden, um den Mörder einer Ehefrau ausfindig zu machen. Doch schnell wird klar, dass der gewöhnlicher Krimineller ist, sondern der Sohn eines mächtigen Landbarons, der eine Kleinstadt kontrolliert. Gewinner des Independent-Audiobook-Award 2019 in der Kategorie Belletristik. Aus dem Amerikanischen von Dr. R. F. Winter. Die Printausgabe des Buches umfasst 276 Seiten. Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf der Verlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!!

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Western Legenden

In dieser Reihe bisher erschienen

9001 Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002 Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003 Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004 Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005 Dietmar Kuegler Tombstone

9006 Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007 Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008 Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009 Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010 Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011 R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012 Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013 Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014 Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015 Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016 R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017 Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018 R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019 Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020 R. S. Stone Die Hand am Colt

9021 Dietmar Kuegler San Pedro River

9022 Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023 Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024 Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025 R. S. Stone Blutiger Winter

9026 R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027 Alex Mann Dreitausend Rinder

9028 R. S. Stone Schwarzes Gold

9029 R. S. Stone Schmutziger Job

9030 Peter Dubina Bronco Canyon

9031 Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032 Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033 Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034 Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035 Alex Mann Mexico Marshal

9036 Alex Mann Der Rodeochampion

9037 R. S. Stone Vierzig Tage

9038 Alex Mann Die gejagten Zwei

9039 Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040 Peter Dubina Brennende Lager

9041 Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042 Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043 Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044 Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045 Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046 Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047 Alex Mann Kalte Fährten

9048 Leslie West Ein Eden für Männer

9049 Alfred Wallon Tod in Montana

9050 Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051 Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052 U. H. Wilken Blutige Rache

9053 Alex Mann Die fünfte Kugel

9054 Peter Dubina Racheschwur

9055 Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger

9056 U. H. Wilken Bete, Amigo!

9057 Alfred Wallon Missouri-Rebellen

9058 Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen

9059 Dietmar Kuegler Kiowa Canyon

9060 Alfred Wallon Der lange Weg nach Texas

9061 Alfred Wallon Gesetz der Gewalt

9062 U. H. Wilken Dein Tod ist mein Leben

9063 G. Michael Hopf Der letzte Ritt

G. Michael Hopf

Der letzte Ritt

Aus dem Amerikanischenvon Dr. R. F. Winter

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2023 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mario HeyerUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-684-2 - V2

Außenbezirke von Miles City, Gebiet Montana, 17. August 1888

Überall war Blut.

Jeder Zentimeter von Coltons geliebter Hütte war mit klebrigem Blut bedeckt. Es war an die Wände gespritzt und sammelte sich auf dem staubigen Holzboden. Auf dem Tisch lag seine tote Frau. Das blaue Kleid, in dem er sie zuletzt gesehen hatte, war blutverschmiert. Sie war also an dem Tag getötet worden, an dem er sie verlassen hatte.

Er stand da, unfähig, sich auf sie zuzubewegen. Er war zu Eis erstarrt. Unsinnigerweise hoffte er, eine Bewegung bei ihr zu sehen. Nichts. Sie war tot. Als er aus seiner Trance erwachte, eilte er zu ihr und begann laut zu weinen. „Meine Liebe, meine liebe Martha. Wer hat dir das angetan? Wer?“ Er wiegte ihren leblosen Körper in seinen Armen, alles an ihm zitterte. „Meine Martha … Oh meine wunderschöne Frau.“

Colton war am Vortag aufgebrochen, um in die Stadt zu fahren und Vorräte zu besorgen. Ein unvorhergesehenes Gewitter mit heftigem Regen und starkem Wind zog heran und zwang ihn, im Hotel zu übernachten. In diesen Stunden musste jemand gekommen sein, um seine Frau zu ermorden. Aber wer? Wer konnte so ein barbarisches Verbrechen begehen? Er hatte eine Ahnung, wer es vielleicht getan haben könnte. Aber wären die zu einem Mord fähig?

Ihre Liebe war eine besondere Art der Liebe, die in dieser Zeit ungewöhnlich war. Er war ein Weißer und sie eine Angehörige des Stammes der Cheyenne. Sie hatten sich vier Jahre zuvor kennengelernt, als er im Reservat der Cheyenne mit Waren handelte, die er aus Seattle importiert hatte. Kurze Zeit später hielt er um ihre Hand an, doch ihr Vater lehnte ab. Aus Respekt hörte er auf, sie weiter zu umwerben. Doch sie setzte ihren Willen durch. Sie lief weg und schloss sich ihm an, wohl wissend, dass sie niemals zu ihrem Volk zurückkehren konnte. Für ihn gab sie alles auf, was sie je gekannt hatte. Freunde, Familie, ihre Heimat, sogar ihren Geburtsnamen Asha. Um mit einem weißen Mann zu leben, wollte sie einen anderen Namen annehmen. Martha.

Sie hatte ihn zum glücklichsten Mann gemacht. Er wusste, dass sie ein großes Opfer gebracht hatte. Sie wollten ein neues Leben in der Stadt beginnen. Er stellte Martha seinen Freunden und Bekannten vor. Doch nicht alle waren mit Martha einverstanden. Viele stellten sich sogar offen gegen ihn. Dadurch wurde sein Geschäft beeinträchtigt, nur wenige wollten noch bei ihm kaufen. Nach einem Jahr musste er seinen Laden schließen. Gemeinsam fanden sie Zuflucht auf einem drei Hektar großen Grundstück mit einer kleinen Hütte, außerhalb der Stadt. Martha wurde schwanger. Sie brachte einen Jungen zur Welt, den sie James nannten.

Das nächste Jahr war wunderbar. Martha und Colton fühlten sich mit James vollständig, geschäftlich hatte er den Handel mit weiter entfernten Städten aufgenommen. Dafür musste er oft für längere Zeit unterwegs sein, doch Martha schaffte es problemlos, für sich und James zu sorgen. Während einer von Coltons Reisen kamen zwei Männer von der Big Circle Ranch zu seiner Hütte und belästigten Martha. Sie verjagte die Männer mit einer Schrotflinte.

Abgesehen von diesem Vorfall lief alles gut, bis James an einem Virus erkrankte. Fünf Tage später war das Kind tot. Nach seinem Tod verfiel Martha in eine tiefe Depression. Colton versuchte alles, um sie zu trösten. Vergeblich. Bis er sie eines Tages nach seiner Rückkehr von einer Geschäftsreise so vorfand, wie er sie kennengelernt hatte, fröhlich und gut gelaunt. Er wusste nicht, was während seiner Abwesenheit geschehen war, es war ihm egal, denn seine geliebte Martha war zurückgekehrt.

Und nun, sechs Monate später, hatte jemand sie ermordet. Waren es diese Cowboys? Oder ihre eigenen Leute, die sich an ihr rächen wollten? Er war sich nicht sicher, aber er war entschlossen, es herauszufinden und die Täter vor Gericht zu bringen.

Da er wusste, wie man eine Leiche für die Bestattung vorbereitet, öffnete er langsam und vorsichtig jeden Knopf, bis er ihr Kleid entfernt hatte. Dann zog er ihr die Unterwäsche aus und hielt entsetzt inne, als er die zahlreichen Wunden auf ihrem Oberkörper sah. Ihm kamen die Tränen, als er sich die Schmerzen vorstellte, die sie erlebt haben musste. Ihr Oberkörper wies acht Einstichwunden auf, die ihr mit einem Messer oder einem anderen scharfen Gegenstand zugefügt worden waren. Ein sieben Zentimeter langer horizontaler Schnitt an ihrem Unterleib war tief genug, um ihre Eingeweide ­freizulegen. War das die erste oder die letzte Wunde?, fragte er sich verzweifelt.

Auch ihre Hände und Arme wiesen Verletzungen auf, die zweifellos darauf zurückzuführen waren, dass sie versucht hatte, die Messerstiche des Angreifers abzuwehren. Die vermutlich letzte Wunde, die zu ihrem Tod geführt haben musste, war der tiefe Schnitt an ihrer Kehle. Er untersuchte ihr Geschlechtsteil. Es sah nicht so aus, als sei sie vergewaltigt worden. Er nahm eine tiefe Schüssel, füllte sie mit Wasser, schnappte sich Waschlappen und Seife und badete ihren Körper. Als er fertig war, zog er seiner Frau ihr Lieblingskleid an. Dann wickelte er den toten Körper in ein weißes Laken, trug sie nach draußen und legte sie auf den Boden.

Das Ausheben des Grabes erwies sich aufgrund des harten und trockenen Bodens, der im östlichen ­Montana üblich ist, als mühsam. Nach stundenlanger Arbeit hatte das Grab eine angemessene Tiefe. Er senkte ihren Leichnam hinein und legte dann Wildblumen und einige ihrer persönlichen Gegenstände neben sie. Als er fertig war, stand er am Grab und blickte sehnsüchtig auf sie herab. Er weinte, schlug seine Bibel auf und las ein paar Verse vor, dann sprach er Gebete in ihrer Muttersprache. Als die Zeremonie beendet war, schaufelte er das Grab zu, verankerte ein Kreuz und ging zurück zur Hütte, um seine Sachen zu holen. Er machte sich auf den Weg zurück in die Stadt, um mit dem Marshal zu sprechen. Danach würde er sich auf die Suche machen, nach dem, der für den Tod seiner geliebten Frau verantwortlich war.

*

Colton betrat das Büro von Marshal Franks. „Jemand hat meine Frau ermordet!“

Franks und einer seiner Deputys, ein Mann namens Seth Grimes, spielten Karten am Schreibtisch. Sie drehten sich um, aber als sie sahen, dass es Colton war, spielten sie weiter, als ob niemand da wäre.

Colton ging zum Schreibtisch. „Meine Frau Martha ist ermordet worden!“

Franks sah auf und fragte: „Wie kommst du darauf?“

Colton starrte ihn irritiert an. „Weil sie ermordet wurde, verdammt. Sie wurde erstochen, ihre Kehle durchgeschnitten.“

„Was soll ich denn tun?“, fragte Franks. Er legte gelangweilt eine Karte ab.

„Sie müssen die Männer finden, die das getan haben!“

„Wo wohnen Sie?“

„Das wissen Sie! Sieben Meilen außerhalb der Stadt, am Flatbush Creek.“

„Okay, außerhalb der Stadt. Siehst du, Colton, und das ist außerhalb meiner Zuständigkeit. Ich bin der Stadtmarshal. Du musst zum Countysheriff gehen, er wird sich darum kümmern." "Aber der Countysheriff ist nicht hier. Ich habe gehört, er ist bis Mitte September in Helena.“

Franks grinste. „Dann werden Sie wohl warten müssen.“

„Ist das lustig? Meine Frau wurde ermordet, und ihr rührt keinen Finger, um mir zu helfen?“

„Eine Wilde wurde getötet“, sagte Franks lapidar.

„Verdammt noch mal, Marshal!“, brüllte Colton.

„Hüten Sie Ihre Zunge, oder ich lasse Sie verhaften“, brüllte Franks zurück.

„Sie sollen verdammt sein!“ Colton zitterte vor Wut am ganzen Körper. „Wenn der Countysheriff zurückkommt, werde ich ihm sagen, dass Sie Ihren Amtseid verletzt haben.“ Colton drehte sich um und ging zur Tür.

„Stopp!“, rief Franks.

Colton verharrte. Franks warf sein Kartenspiel auf den Tisch, stand auf und ging zu seinem Schreibtisch. Hoffnungsvoll kehrte Colton zurück und stellte sich zu ihm.

Franks holte ein Papier und Stift aus der obersten Schublade. „Also, was ist passiert?“

„Ich kam heute Morgen in meine Hütte zurück, Martha war tot. Überall Blut.“

„Es war kein Selbstmord?“, fragte Franks.

„Nein, es war kein Selbstmord!“ Cottons Stimme wurde brüchig. „Sie hatte zahlreiche Stichwunden. Ihre Eingeweide hingen heraus. Nein, es war kein Selbstmord.“

„Haben Sie eine Ahnung, wer sie getötet haben könnte?“, fragte Franks.

„Meine Martha war eine liebe Frau. Ich kenne niemanden, der ihr das antun würde“, sagte Colton stockend. „Aber da waren zwei Cowboys, die sie vor ein paar Monaten vom Hof jagen musste. Vielleicht sind sie zurückgekommen, um Rache zu nehmen.“

„Zwei Cowboys? Was ist da passiert?“ Franks wirkte plötzlich aufrichtig neugierig.

„Von der Big Circle Ranch kamen zwei Cowboys zur Hütte, um zu pöbeln. Meine Martha war lieb, aber sie ließ sich von niemandem etwas gefallen. Diese Männer führten nichts Gutes im Schilde, Martha warf sie raus. Die Männer drohten ihr und verschwanden.“

„Wann war das?“

„Vor sieben, vielleicht acht Monaten“, antwortete ­Colton.

„Wie hießen die Männer?“, fragte Franks.

„Sie sagte, dass einer von ihnen Jed hieß. Das ist alles, woran ich mich erinnere. Das ist zumindest eine Spur. Viele Jeds kann es auf der Big Circle Ranch nicht geben.“

„Ich kenne Jed“, sagte Seth vom anderen Ende des Raumes.

Colton drehte sich um. „Wirklich?“

„Ja, aber sowas kann mir bei ihm nicht vorstellen. Er ist kein Mann, der hinter einer Squaw her ist.“

„Werden Sie mir helfen, Marshal?“, fragte Colton wieder an Franks gewandt.

„Ich fahre zur Big Circle Ranch und spreche mit Jed“, sagte Franks sachlich.

„Und wann?“, fragte Colton.

„Das war‘s für den Moment. Wenn ich etwas finde oder höre, lasse ich es Sie wissen.“ Franks. stand auf und ging wieder zurück zum Tisch.

Colton verließ mit einem unguten Gefühl das Büro. Er traute dem Marshal nicht. Er wusste, wie er und die ­anderen Bürger der Stadt über ihn und Martha dachten. Es war klar, dass die Suche nach Marthas Mördern ganz unten auf der Liste stehen würde. Was er brauchte, war ein Anreiz, eine Möglichkeit, alle dazu zu bringen, nach den Verantwortlichen für ihren Tod zu suchen. Er bemerkte ein Steckbrief. Er trat näher und sah, dass am unteren Rand ein Kopfgeld ausgesetzt war. Nun wusste er, was er zu tun hatte.

Rockland, Gebiet Idaho, 21. August 1888

Grant Toomey verließ sein einstöckiges ­Ranchhaus und streckte sich. Er blickte auf die fünf Hektar ­Kartoffelpflanzen und stöhnte bei dem Gedanken, dass er mit der Ernte beginnen musste. „George, komm her!“, rief er.

Sein fünfzehnjähriger Sohn, kam zur Tür und wischte sich dabei den Mund ab. „Ja, Pa?“

„Es ist Zeit, sich an die Arbeit zu machen“, sagte Grant.

„Großartig“, antwortete George und lachte.

Grant neigte seinen Kopf zu George und fragte: „Du hast wirklich Spaß an der Farmarbeit, nicht wahr?“

„Ja, Pa.“

„Das ist deine Mutter in dir.“

„Ich vermisse sie.“

Grant berührte Georges Schulter und sagte: „Das tun wir alle, mein Sohn. Ich denke jeden Tag an sie. Sie ist jetzt bei Gott, wir müssen weiterleben.“ Seit ihrem Tod verging keine Stunde, in der er nicht an Latanne dachte, das schöne französische Mädchen, das zur rechten Zeit in sein Leben getreten war.

George senkte den Kopf, nickte und schwieg.

„Margaret, komm her!“, rief Grant.

Margaret war seine dreizehnjährige Tochter, sie war ein mutiges Kind. Als sie Grants Ruf hörte, kam auch sie sofort. „Was ist los, Pa?“

Grant winkte sie heran. „Komm und sieh dir das an.“

Sie stellte sich neben ihn. Er legte seinen kräftigen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. „Ich möchte, dass du den Beginn dieses schönen Tages miterlebst.“

„Sieht aus wie immer.“ Sie lachte.

„Es mag so aussehen, aber jeder Tag ist einzigartig. Jeder Tag gibt dir ein neues Leben, eine neue Chance, alles zu ändern.“

„Willst du uns wieder erzählen, wie du Mama kennen gelernt hast?“, fragte sie leicht gequält.

Er lächelte. „Du kennst mich zu gut.“

„Ich habe drinnen viel zu tun, ich muss heute waschen“, sagte sie.

„Eines Tages wirst du das, was ich dir beibringe, zu schätzen wissen. All das braucht man zum Überleben, wenn die Zeiten hart werden“, sagte er, bevor er sie aus seinem Arm entließ.

„Ich weiß, Pa, ich weiß. Und ich liebe dich.“ Sie sprang hoch, küsste ihn auf die Wange und war wieder im Haus verschwunden.

Grant begann zu husten. Er drehte sich von George, der immer noch neben ihm stand, weg.

„Geht es dir gut?“, fragte George besorgt.

„Natürlich.“ Grant hustete weiter. „Geh in die Scheune und fang an.“

„Ja, Pa.“ George sprintete los.

Grant zog ein Tuch aus seiner Tasche und drückte es auf seinen Mund. Er spürte, dass er etwas aushusten musste und spuckte ins Taschentuch. Auf dem weißen Leinen zeigte sich ein roter Blutfleck. Er sah sich um, ob keines der Kinder etwas bemerkt hatte, faltete es wieder zusammen und steckte es in seine Tasche. Das war nicht der erste Hustenanfall, den er hatte, aber dieser war schlimm gewesen. Bisher hatte er noch kein Blut gespuckt, das machte ihm Angst. Da er wusste, dass er heute nicht in der Lage sein würde, zu funktionieren, wenn seine Gedanken ihn quälten, schüttelte er sich und machte sich daran, den Tag zu beginnen.

Rosebud, Gebiet Montana

„Denk an alles, was ich dir beigebracht habe. Nachdem du die Pistole gespannt hast, hebe sie auf Augenhöhe und ziele. Während du zielst, drückst du mit deinem Zeige­finger auf den Abzug. Achte darauf, dass du drückst, nicht ziehst“, sagte Billy zu Abigail, seiner siebzehnjährigen Nichte.

Abigail hielt den Colt Single Action Army mit beiden Händen, den rechten Zeigefinger am Abzug, das linke Auge geschlossen. Ihr Ziel war eine Flasche, die etwa zehn Meter entfernt auf einem Baumstumpf stand.

Billy, direkt hinter ihr, flüsterte: „Behalte die Visierlinie und Visierbild bei und drück ab.“

„Onkel Billy, ja doch, ich weiß, wie man schießt“, sagte sie und lächelte.

„Wenn du nicht mit kleinen Ablenkungen umgehen kannst, wirst du auch nie mit einer Schießerei fertig werden“, konterte er.

Sie nickte ernst und konzentrierte sich wieder. Heute wollte sie nicht nur eine, sondern sechs Flaschen abschießen. Eine nach der anderen, so schnell sie konnte.

„Du weißt, was zu tun ist, also tu es. Sieh zu, dass du alle Flaschen triffst“, sagte Billy.

Abigail, die stets eine gute Schülerin und konzen­trierte Zuhörerin gewesen war, befolgte Billys Anweisungen genau. Sie übte den richtigen Druck auf den Abzug aus, bis sich der Schuss löste. Das .45-Kaliber-Geschoss raste aus der Mündung und schlug in die Flasche ein. Die zersplitterte in tausend Stücke. Schnell spannte sie die Pistole wieder, zielte, drückte ab und ließ eine weitere Patrone los. Wieder ein Treffer. Sie wiederholte dies vier weitere Male und traf jede Flasche. „Ich habe es geschafft, ich habe es geschafft!“, rief sie zufrieden.

„Das hast du. Jetzt noch mal“, sagte Billy und zeigte zur nächsten Flaschengruppe auf einem benachbarten Baumstumpf.

Abigail lud nach und zielte.

„Visierausrichtung und Visierbild, dann abdrücken“, flüsterte Billy hinter ihr.

Sie ruckte in Erwartung des Schusses und verfehlte die Flasche. „Daneben!“

„Achte nicht darauf, spanne und schieße weiter. Ärgere dich nicht über deinen letzten Schuss, konzentriere dich auf den nächsten.“

Abigail spannte die Waffe, holte tief Luft und zielte. Sie blendete ihre Umgebung aus, bis sie nur noch das Ziel und ihr Visier sah. Mit dem Finger am Abzug begann sie, fest und gleichmäßig zu drücken.

„Konzentrieren, atmen, pressen“, sagte Billy leise.

Die Pistole feuerte. Abigail schaute auf die zerbrochenen Überreste der Flasche.

„Wenn man versucht, das Abfeuern der Waffe zu erwarten, oder ungeduldig wird, drückst du den Abzug. Es ruckt, die Kugel trifft das nicht Ziel, wie es bei deinem ersten Schuss war.“

„Darf ich weiterschießen?“, fragte Abigail.

„Wie wäre es, wenn wir etwas zu Mittag essen?“, fragte Billy und griff nach der Pistole.

Sie gab sie ihm mit dem Gurt nach hinten. „Danke, dass du mir das Schießen beibringst.“

Billy steckte den Colt zurück in sein Holster und sagte mit einem breiten Lächeln: „Natürlich muss jeder lernen, wie man schießt, auch das schönere Geschlecht. Es gibt ein schönes Sprichwort: Gott hat Männer und Frauen erschaffen, Sam Colt hat alle gleich gemacht.“

„Gefällt mir.“ Abigail strich eine Haarsträhne nach vorn, um ihr lädiertes Auge zu verdecken.

„Komm, deine Tante Nell hat noch ein paar Kekse übrig“, sagte Billy, legte Abigail den Arm um die Schultern und begleitete sie zu seinem Haus.

Drinnen wusch sich Abigail die Hände und setzte sich an den Tisch.

Als Nell ihre Nichte sah, rief sie: „Mädchen, was ist das?“ Sie griff über den Tisch und strich Abigail die Haarsträhne aus dem Gesicht.

Abigail zuckte zurück. „Nicht!“

„Billy, du musst mit deinem Bruder reden! Ein Mädchen zu schlagen, die eigene Tochter, das ist nicht in Ordnung!“, ereiferte sich Nell.

„Ich habe mit ihm gesprochen, aber ich werde es wieder tun, wenn ich sie nach Hause bringe“, sagte Billy und nahm einen Keks.

„Warum hat er dich geschlagen?“, fragte Nell Abigail.

„Ich will nicht darüber reden“, antwortete Abigail mit gesenktem Kopf.

Nell stand auf, ging um den Tisch herum und stellte sich hinter Abigail. Sie beugte sich vor und umarmte sie. „Es tut mir so leid. Wenn du meine schöne Tochter wärst, würde ich dich nicht so behandeln. Dein Vater ist ein furchtbarer Mann.“

„Er ist nur wütend, weil Mutter gestorben ist, das ist alles. Er betrinkt sich und weiß nicht, was er tut“, sagte Abigail.

„Lass das Mädchen in Ruhe“, sagte Billy.

Nell rieb Abigails Arme. „Dieser Mann ist böse, für sowas gibt es keine Entschuldigung.“ Sie ging zurück zu ihrem Platz und setzte sich. „Sprich mit ihm!“

„Ja, Frau. Ich werde mit ihm reden. Können wir jetzt das Tischgebet sprechen und essen?“

Sie nickte, dann senkten sie ihre Köpfe zum Gebet.

*

Als das Mittagessen beendet war, ging Abigail zu Nell, um ihr zu helfen.

„Schätzchen, du bist lieb“, sagte Nell.

„Danke, dass ihr euch um mich kümmert. Ich wüsste nicht, was ich ohne euch machen würde.“ Abigail legte ihren Kopf an Nells Schulter.

„Du hast hier immer einen Platz, Abby.“

„Ja“, antwortete Abigail zufrieden.

„Abby, komm bitte gleich mal raus!“ Billy war dabei, das Haus zu verlassen.

„Geh, ich mache das hier allein fertig“, sagte Nell und gab Abigail ein Zeichen, zu gehen.

Draußen saß Billy in seinem Lieblingsschaukelstuhl, eine Pfeife in der Hand. „Setz dich.“

Abigail setzte sich und rieb nervös ihre Hände auf ihrer Hose.

„Deine Kleidung ist es, was deinem Vater nicht gefällt“, sagte Billy und kommentierte die Tatsache, dass Abigail lieber Hosen als Kleider trug.

„Hosen sind bequemer, das ist alles. Was macht das schon.“

„Es gibt Angemessenes und Unangemessenes“, antwortete Billy, zündete seine Pfeife an und nahm ein paar Züge.

„Wenn ich Hosen trage, bin ich nicht weniger Frau“, sagte Abigail selbstbewusst.

„Nun, Abby, das sehe ich auch so. Es ist nur so, dass dein Vater sehr empfindlich auf das reagiert, was andere sagen.“

„Es ist mehr als das, Onkel Billy. Er ist oft gemein. Ich weiß, was ich vorhin gesagt habe, aber er war schon gemein, bevor Mama starb.“

Billy schaukelte in seinem Stuhl, blickte auf die weiten Felder und seufzte.

„Ich habe Angst, nach Hause zu gehen“, gestand ­Abigail.

„Ich werde mit ihm reden, versprochen“, sagte Billy.

„Besser nicht. Das würde ihn nur noch wütender machen.“

Billy strich sich über die Stirn und überlegte, wie er mit seinem jüngeren Bruder Evan umgehen sollte.

„Erzähl mir von deiner Zeit als Revolvermann und Kopfgeldjäger“, sagte Abigail.

Billy warf ihr einen Blick zu. Sie wollte nicht mehr über ihren gewalttätigen Vater sprechen, sie wollte dieser Welt entfliehen. Und im Moment konnte sie das am besten, indem sie seinen Abenteuergeschichten zuhörte. „Habe ich dir schon von dem fiesesten und widerspenstigsten Kopfgeldjäger erzählt, der jemals westlich des Mississippi geritten ist?“

„Nein, hast du nicht.“

„Er hieß Abraham the Hammer Tillis. Dein Onkel Billy hatte die Gelegenheit, eine Zeit lang mit ihm zu reiten. Ich habe viel von ihm gelernt. Die guten Eigenschaften, um es mal so zu sagen.“ Billy lehnte sich zurück und stieß einen Schwall süßlich riechenden Rauch aus.

Abigail sah ihn fragend an.

„Tillis war ein richtig fieser Mistkerl, wenn es sein musste, und das sage ich als Kompliment. Er war ein exzellenter Kopfgeldjäger, hat immer seinen Mann bekommen. Gut, ein paar Mal hat er das Gesetz umgangen, aber nie so, um eingesperrt zu werden. Das letzte Mal sah ich ihn vor ungefähr sechzehn Jahren. Er war auf dem Weg ins heutige Idaho-Territorium, um dort eine Farm aufzubauen. Nahe der Stadt Rockland. Er hatte eine nette Französin kennengelernt. Sie bekam seine wilde Seite in Griff, brachte ihn dazu, nicht mehr zu trinken und zu fluchen. Sie brachte ihn sogar dazu, seine Schieß­eisen wegzulegen. Nun lebt er dort unter dem Deck­namen Grant Toomey, weil ihm 75 in Colorado etwas passiert ist.“

„Erzähl mir was über ihn“, bettelte Abigail.

„Es gab eine Zeit, da waren wir in Abilene ...“

„Wo ist das?“, fragte sie.

„Texas, in der Nähe des Panhandle. Wir waren auf der Suche nach diesem bösartigen alten Banditen, der sich Crooked Nose Cal nannte. Er war nicht nur für seine krumme Nase berühmt, sondern auch dafür, dass er Postkutschen überfiel. Er tötete die Männer immer. Wirklich immer. Und die Frauen ließ er manchmal schreckliche Dinge tun. Als Tillis hörte, dass Krummnase Frauen misshandelt hatte, war er wild entschlossen, ihn zu finden. Wenn man da draußen in der Wildnis unterwegs ist, gibt es einen Kodex, selbst bei Gesetzlosen, der besagt, dass man Frauen respektvoll behandelt. Ja, man kann sie ausrauben, ihren Schmuck nehmen und so weiter, aber man darf sie nicht anfassen, auf keinen Fall vergewaltigen.“

„Es gibt also eine Ehre unter Dieben?“

„Oh ja! Man kann rauben, ohne zu missbrauchen oder quälen. Egal. Wo war ich?“

„Tillis war wild entschlossen, Crooked Nose Cal zu bekommen“, antwortete Abigail.

„Richtig. Ich schwöre, er hat richtig Rot gesehen. Ich weiß noch, wie er mir sagte, wir jagen ihn, auch ohne Bezahlung. Er wollte diesen feigen Bastard unbedingt zur Strecke bringen.“

„Und was ist passiert?“, fragte Abigail gespannt.

„Es hat etwa drei Wochen gedauert, dann haben wir ihn in einer alten Hütte aufgespürt.

---ENDE DER LESEPROBE---