WHISKEY AND HEELS - Poe Black - E-Book

WHISKEY AND HEELS E-Book

Poe Black

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Beschreibung

Damian meint, alles und jeden unter Kontrolle zu haben. Als er jedoch Sän Sarin begegnet, gleiten ihm die Fäden aus der Hand und er muss sich mit unbekannten Gefühlen auseinandersetzen. Sän hat zwar schon viele merkwürdige Dinge in ihrem Leben gesehen, doch als sie Damian Layken begegnet, wird sie ohne Vorankündigung in seine verworrene Welt des Mystischen und der Gefahr hineingesogen. Als ein alter Bekannter aus Damians Vergangenheit auftaucht und Besitzansprüche stellt, müssen Sän und Damian gemeinsam einen Weg finden, diesen in seine Schranken zu weisen, ohne dass noch mehr Blut vergossen wird. Werden ihre Gefühle und ihre gegenseitige Anziehungskraft ihnen dabei helfen oder sie ins Verderben stürzen?

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Seitenzahl: 675

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Ähnliche


Poe Black

WHISKEY AND HEELS

cursed

Paranormal Urban Romantasy

Inhalt:

Damian meint, alles und jeden unter Kontrolle zu haben. Als er jedoch Sän Sarin begegnet, gleiten ihm die Fäden aus der Hand und er muss sich mit unbekannten Gefühlen auseinandersetzen.

Sän hat zwar schon viele merkwürdige Dinge in ihrem Leben gesehen, doch als sie Damian Layken begegnet, wird sie ohne Vorankündigung in seine verworrene Welt des Mystischen und der Gefahr hineingesogen.

Als ein alter Bekannter aus Damians Vergangenheit auftaucht und Besitzansprüche stellt, müssen Sän und Damian gemeinsam einen Weg finden, diesen in seine Schranken zu weisen, ohne dass noch mehr Blut vergossen wird. Werden ihre Gefühle und ihre gegenseitige Anziehungskraft ihnen dabei helfen oder sie ins Verderben stürzen?

Dieses Buch enthält Folgendes:

Verstärkter Alkoholkonsum, sexuelle Handlungen, Folter/Gewalt (physisch wie psychisch), Mord, Blut, versuchter Suizid,

Die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte entscheide selbst, ob du das Buch lesen möchtest oder dich durch diese Themen getriggert fühlen könntest.

Impressum:

Poe Black

c/o easy-shop

Kathrin Mothes

Schloßstraße 20

06869 Coswig (Anhalt)

Copyright: © 2024 Poe Black

Alle Rechte vorbehalten.

Covergestaltung: Poe Black

(unter Verwendung von Canva Pro)

Lektorat/Korrektorat: Poe Black

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung, auch auszugsweise, ist nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin zulässig.

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen und fiktiven Charakteren sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen sowie Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer.

Poe Black lebt mit einem halben Streichelzoo in München und schreibt seit September 2020 Paranormal Urban Romantasy mit einem Spritzer Erotik.

Wenn sie nicht gerade in die Tasten haut, pflegt Poe ihren heimischen Dschungel, fotografiert, betreibt Hundesport oder steht in der Küche, um köstliche Backwaren zu zaubern, die genauso lecker und vielseitig sind wie ihre literarischen Figuren.

Instagram: www.instagram.com/poeblack_autorin

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… für genau dich! Danke, dass du dich für „WHISKEY AND HEELS – cursed“ entschieden hast. Habganz viel Spaß damit und nimm nicht alles zu ernst, was dich jetzt mit unseren Chaoten erwarten wird.

Tell me every terrible thing you ever did, and let me love you anyway.

- Edgar Allan Poe

Genervt stöhnte Damian auf, weil sich die Blondine in seinem perfekt gestylten Haar festkrallte. Zu ihrem Glück war er Gentleman genug, dass er sie nicht auf ihre Unschicklichkeit hinwies, sondern sie Glauben ließ, dass er ähnlich ekstatisch war wie sie. Er hatte dieses Spiel schon oft genug gespielt und ging in Gedanken die weiteren To Dos des Abends durch.

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und eine ihm vollkommen unbekannte, junge Frau stand in der dunklen Öffnung. Für gewöhnlich kannte er seine Gäste und die meisten entsprachen einer typischen Klientel.

Diese junge Frau dagegen schien gänzlich anders zu sein. Eine natürliche Schönheit, welche sich ihrer Ausstrahlung offensichtlich nicht bewusst war.

Ihre Augen waren vor Überraschung weit aufgerissen. Sie schien fast entrüstet darüber zu sein, was er mit Mirabelle machte. War sie etwa prüde oder gar unberührt?

Er wollte gerade zu einer Frage ansetzen, aber sie unterbrach seine Gedanken impulsiv.

„Ach du scheiße!“, platzte es aus ihr heraus.

~**~

Sän stand mit offenem Mund da und starrte das Paar an, das es sich auf dem Tisch vor ihr bequem gemacht hatten. Ihr wurde heiß und kalt zugleich, als sie realisierte, was der Mann da machte. Das glückselige Lächeln, das die Frau ihr zuwarf, bestätigte ihre Annahme nur.

Sie hielt sich am Türrahmen fest und blinzelte ein paarmal, denn sie hoffte, dass ihr der Alkohol, der in den letzten Stunden viel zu viel und schnell geflossen war, nur einen Streich spielte. Nicht nur hatte sie sich mehrmals mächtig in den Fluren dieses Puff-Bar-Club-Dings verlaufen; nein, jetzt hatte sie auch schon Halluzinationen von Pärchen, die in aller Öffentlichkeit… Sie wollte den Gedanken nicht fortführen. Außerdem war sie viel zu abgelenkt von den blauen Augen des Mannes, der fragend zwischen den gespreizten Beinen der Frau zu ihr aufblickte.

Damian Layken kehrte gegen 3 Uhr nachts in seinen Club zurück. Nur noch wenige Gäste tummelten sich auf der Tanzfläche oder saßen in gemütlichen Nischen beisammen, um auf eine erfolgreiche Liaison anzustoßen.

Sie kümmerten sich nur noch um sich selbst und bemerkten nicht die rostroten Flecken, die Damians weißes Hemd an Brust und Kragen verschandelten, und auch sein abgespanntes Gesicht ging im gedämmten Licht unter.

In etwa einer Stunde würde auch die Bar schließen und die letzten Gäste würden höflich gebeten werden, die Räumlichkeiten zu verlassen. Am nächsten Abend würde man sie gerne wieder im Centuries empfangen.

Er trat an die mahagonibraun getäfelte Theke und stützte sich mit beiden Unterarmen auf den auf Hochglanz polierten Tresen. Ein hochgewachsener Mann mittleren Alters mit kurzen, hellbraunen Haaren stand dahinter und trug etwas in ein Buch ein. – Es musste eine der Räumlichkeiten für eine größere Gruppe Menschen reserviert worden sein, die sich gemeinsam der Lust hinzugeben gedachten.

Der Mann sah auf und nickte Damian zu. „War die Nacht erfolgreich, Boss?“ Selbstredend war Mark darüber unterrichtet worden, dass Damian das Etablissement für einige Stunden verlassen hatte, was nicht oft geschah. Wenn dies der Fall war, übernahm Mark automatisch die Leitung und hatte die absolute Befehlsgewalt. Die beiden Männer verband eine langjährige Freundschaft und so vertraute Damian ihm seinen Club vollumfänglich an.

Damian fuhr sich durch sein volles, kastanienbraunes Haar, welches inzwischen etwas zerzaust aussah. Für gewöhnlich war jedes Härchen durch Haargel an Ort und Stelle fixiert. - Damian war äußerst eitel und ließ nicht zu, dass ein flüchtendes Haar sein sonst makelloses Äußeres zunichtemachte. Heute jedoch hing ihm eine Strähne seines Haares in die Stirn und unter einem bordeauxfarbenen Sakko aus Samt war sein Hemd deutlich zerknittert.

Mark musterte ihn eingehend. Damian nahm das Glas Whiskey entgegen, welches ihm wortlos gereicht wurde, exte den Inhalt und winkte dann mit einer Hand ab.

„Nicht der Rede wert“, erwiderte er auf Marks Frage. „Gab es hier irgendwelche unvorhergesehenen Vorkommnisse?“

Selbstredend hatte Mark als Damians rechte Hand sogleich eine Antwort auf diese Frage parat und berichtete, dass bis auf einen stark betrunkenen Gast, welcher zielstrebig hinausgeführt worden war, ehe er sich zu unangemessen verhalten konnte, niemand negativ aufgefallen wäre.

Zufrieden klopfte Damian ihm auf die Schulter und wirkte plötzlich ungewöhnlich müde. Ehe Mark Besorgnis über diesen Umstand aussprechen konnte, war der Moment auch schon wieder verflogen und Damian sah sich in den Clubräumlichkeiten um. „Kommst du alleine zurecht? Dann werde ich mich nun zurückziehen.“

Er wartete die Bejahung Marks ab und verließ dann den Club über einen seitlichen Ausgang rechts der Bar. Er folgte einem langen Korridor, welcher immer wieder wie in einem Labyrinth abzweigte.

Das Centuries wurde in einem alten Schloss nahe der walisischen Hauptstadt Cardiff errichtet. Der ehemalige Schlossherr verstarb vor vielen Jahren und hinterließ Damian das Anwesen.

Neben dem Club mit seinem Bar-, Tanz- und Loungebereich und den Räumlichkeiten für vergnügliche Stunden, – seien sie nun erkauft oder zur freien Gestaltung mit Gleichgesinnten – befanden sich außerdem einige Apartments für seine Angestellten im Schloss, in denen sie unentgeltlich leben durften. Lediglich absolute Diskretion und Loyalität setzte er bei seinen Männern voraus, denn dies war überlebensnotwendig – für sie alle.

Er gelangte zielsicher zu einer unscheinbaren, braunen Tür am Ende des Ganges, sperrte mit einem alten Messingschlüssel auf und trat hindurch.

Dahinter verbarg sich ein altmodisch, aber doch stilvoll eingerichteter Wohnbereich, der durch eine große anthrazitfarbene Wohnlandschaft, einen Kamin sowie eine großzügig ausgestattete Bar aus Mahagoni bestach. Die Wände waren mit bunten, reichverzierten Wandteppichen bedeckt, welche keinen Zweifel daran ließen, dass sie einst immense Summen gekostet haben mussten. Beleuchtet durch einen Kristallkronleuchter und einige Kerzen in goldenen Fassungen gaben sich Dekadenz und Gemütlichkeit die Hand.

Damian durchschritt das Wohnzimmer und betrat das dunkel geflieste Bad. In der Decke verteilte Spots beleuchteten eine gläserne Dusche, in der gut und gerne vier Personen Platz finden konnten. Gegenüber hing ein die gesamte Wand einnehmender Spiegel über zwei in Stein eingelassenen Waschbecken. Darin brach sich die Silhouette einer freistehenden Badewanne aus anthrazitfarbenem Marmor, die Damian nun aber umging, um zur Dusche zu schreiten.

Der große, breitschultrige Mann entledigte sich seines Sakkos, dann knöpfte er sein Hemd auf und warf es zu seinem Sakko. Er riskierte einen kurzen Blick auf das Kleidungsstück und seufzte. Diese Flecken würden nur schwer rausgehen, aber seine Männer würden sich dessen schon annehmen und ihr Bestes bei der Beseitigung der Flecken geben. – Denn nichts anderes als die beste Leistung erwartete ihr Vorgesetzter. Damian streifte seine maßangefertigten, schwarzen Designerschuhe ab und stellte sie akkurat vor den Sockel, ehe seine Hose folgte.

Schließlich begab er sich in die Dusche und drehte das Wasser auf – kalt wie ein Regenguss im November. Er legte seinen Kopf in den Nacken, schloss die Augen und ließ das Wasser über sein Gesicht mit dem Dreitagebart, der eine markante Kinnpartie säumte, rinnen. Er dachte an nichts, wusste nicht, ob er nur Sekunden, Minuten oder gar Stunden unter dem nassen Strahl stand, denn Zeit spielte für ihn keine Rolle, bestimmte nicht sein Dasein. Auch die Kälte machte ihm nichts aus, erfrischte ihn höchstens.

Gedanken an die letzten Stunden schlichen sich irgendwann in sein Unterbewusstsein und er presste fest die Zähne aufeinander. Er hatte sich hinreißen lassen, war einem uralten Impuls gefolgt, hatte die Kontrolle über sich verloren. Er wusste, dass er innerhalb dieser Mauern heute keine Befriedigung gefunden hätte. Also war er in die Nacht entschwunden, um einen Kick zu erleben, um sich selbst zu spüren.

Damian riss sich aus seinen Gedanken los, verbannte sie für diesen Moment. Er wusste, dass sie ihn bald wieder einholen würden, da konnte er sich nichts vormachen.

Er wusch sich den emotionalen Schmutz vom Körper, strich sich sein nasses Haar zurück und verließ die Dusche. Daneben griff er nach einem weißen Handtuch, schlang es sich um die Hüften und trat an ein Waschbecken. Zielsicher griff er in eine kleine schwarze Schale, welche am Rande des Waschbeckens stand, und nahm einen goldenen Kamm und einen schwarzen Kajalstift an sich. Geistesabwesend kämmte er zuerst das nasse Haupthaar zurück, sodass es ihm nicht in der Stirn hängen konnte, und fuhr dann mit dem Kajal seine großen, meeresblauen Augen nach, welche von langen dunklen Wimpern umrandet wurden, und betonte so ihre Intensität. Einen Blick in den Spiegel wagte er nicht, denn er wusste, was ihn erwarten würde.

Sein Handtuch warf er zu seiner Garderobe, verließ, so wie Gott ihn schuf, das Badezimmer und steuerte zielgerichtet auf die Bar zu. Dort füllte er ein Glas mit einem Whiskey aus den schottischen Highlands von 1972 und durchschritt diesen Raum zur gegenüberliegenden Wand. Er hielt vor einem Wandteppich, der sich farblich kaum von den anderen unterschied. Als er mit den Fingerspitzen jedoch am Rande des Teppichs entlangfuhr, aktivierte er einen Mechanismus und es öffnete sich eine für das ungeübte Auge unsichtbare Tür. Dahinter verbarg sich ein kurzer Tunnel aus tiefster Schwärze, welche mit dem menschlichen Auge nicht zu durchdringen war. Damian kannte jeden Stein und jede Unebenheit wie seine Westentasche und durchschritt den Gang daher ohne irgendeine Anstrengung. Am Ende dessen befand sich eine schwere Metalltür mit einem Fingerabdrucksensor, die so gar nicht in das vorherige Ambiente passen wollte.

Als der nackte Mann sich verifizierte und die Tür öffnete, befand sich dahinter ein kahl eingerichteter, indirekt beleuchteter Raum, in welchem nur drei größere Gegenstände platziert waren: ein Regal aus dunklem Holz, in welchem sich einige Utensilien zur Malerei befanden, ein kleiner Beistelltisch, auf dem Damian sein Whiskeyglas abstellte, und eine Staffelei mit einer verhüllten Leinwand.

Nichts in diesem Raum deutete darauf hin, welch unersetzbares, unheilschwangeres Relikt sich hier befand.

Die Sicherheitstür ließ erahnen, dass sich dahinter etwas Wertvolles befinden musste, aber die Ausmaße hätte niemand erahnen können.

Damian stand für einige Augenblicke schweigend vor der Staffelei und betrachtete das dünne Tuch aus Spitze, welches einst blütenweiß gewesen sein musste, nun jedoch vergilbt und an einigen Stellen löchrig geworden war. Es verdeckte eine hohe Leinwand, wie sie schon so einigen Künstlern als Basis für bedeutende und weniger bedeutende Kunstwerke gedient haben musste.

Damian lachte bitter in sich hinein, als ihm dieser Gedanke kam.

Dieses Gemälde strahlte eine Kraft aus, welche kein Wesen jemals wieder erschaffen, noch begreifen könnte. Es bestimmte seine Existenz, sein Schicksal, seine Vergangenheit, seine Gegenwart, seine Zukunft.

Er zog vorsichtig das Tuch von der Leinwand. Dahinter erschien ein Abbild, welches Damians formvollendetes, perfektes Antlitz zeigte – und auch wieder nicht.

~**~

Schuld.

Wie schwach. Wie menschlich.

Erbärmlich.

Nicht mehr lange.

Wind rauschte in den alten Buchen, die überall auf dem weitläufigen Grundstück zu finden waren. Das Licht der goldenen Sonne blitzte zwischen den Ästen hindurch und verlieh der Natur einen zauberhaften Glanz. Der Wind brachte die filigranen Blätter durcheinander, ließ sie zu Boden gleiten.

Eines dieser gelb gefärbten Blätter landete auf dem aufgeschlagenen Buch zu Füßen einer jungen Frau, die es sich auf einer Wolldecke auf dem noch satten grünen Gras inmitten der Bäume gemütlich gemacht hatte.

Die Farbe des Laubes ähnelte fast ihren dunkelbraunen, langen Haaren, die ihr eigentlich bis zum unteren Rücken reichen würden, aber wie so oft hatte sie diese heute zu einem unordentlichen Knoten hochgebunden.

Sän Sarin hob lächelnd das Blatt auf, hielt es gegen die Sonne, die nun am späten Nachmittag nicht mehr ganz so viel Kraft hatte wie noch vor ein paar Wochen, und betrachtete die feinen Adern, die durch das Blatt schimmerten, ehe sie es auf einen Laubhaufen legte, der für die Igel zum Überwintern gedacht war.

Silvano hatte zwar protestiert, weil der Haufen seinen sonst so perfekten Rosengarten verschandeln würde, aber Sän hatte darauf bestanden.

Sie liebte den Herbst und sein Anfang war in der Luft zu riechen.

Seit vier Wochen lebte sie nun auf diesem riesigen Anwesen ihres besten Freundes bei Cardiff und war immer noch unsicher darüber, ob das die richtige Entscheidung für sie gewesen war.

In den letzten Monaten war sie mit zwei Freunden und dem Auto unterwegs gewesen. Winnie und Chester, junge Männer auf ihrer eigenen kleinen Mission, die Welt zu retten.

Sän hatte nie beabsichtigt diesen Weg einzuschlagen, aber es hatte sich per Zufall so ergeben.

Das Dreiergespann war von Stadt zu Stadt gereist, hatte viele verschiedene Menschen getroffen, aber hatte sich dennoch irgendwie immer im Hintergrund halten müssen, denn ihre Lebensweise war eher – unkonventionell gewesen und hatte einige Gefahren geboten, die die meisten Menschen als verrückt und hirnrissig bezeichnet hätten.

Doch in genau solch‘ einer verrückten Welt lebten sie.

Wenn die Menschen wüssten, was jede Nacht durch die Straßen der Städte, durch die gepflegten Vorgärten ihrer schicken Reihenhäuser oder durch ihre dreckigen Hinterhöfe schlich, würden sie wahrscheinlich kein Auge mehr zumachen können.

Glücklicherweise musste Sän nicht alles mit ansehen, was die beiden Brüder erlebt und auch erlegt hatten. Monster der Nacht, Geister, Bösartiges.

Als sie den Männern das erste Mal begegnet war, wäre es fast um Sän geschehen gewesen. – Aber nicht auf eine romantische Art und Weise, wie man vielleicht denken könnte.

~**~

Schon wieder flackerte der Bildschirm ihres Computers und Sän war kurz davor entnervt darauf einzuschlagen, als die IT des renommierten Telekommunikationsunternehmens, in dessen Rechtsabteilung sie seit fast fünf Jahren arbeitete, endlich anrückte. So renommiert, dass sie sich nicht mal anständige Technik leisten kann, dachte Sän mürrisch.

„Tut mir leid, dass ich so spät dran bin, heute ist in diesem Haus irgendwie der Wurm drin und die Technik streikt an allen Ecken und Enden.“

Chris lächelte entschuldigend und Sän presste die Lippen fest aufeinander, um den fiesen Kommentar, der ihr auf der Zunge lag, für sich zu behalten. Stattdessen machte sie dem rothaarigen ITler mit dem „Jurassic Park“-T-Shirt Platz, erhob sich von ihrem Schreibtischstuhl, schnappte sich ihre Kaffeetasse und gab ihm Bescheid, dass sie sich in der Zwischenzeit in die Küche zurückziehen würde, bis das Dilemma Bildschirm hoffentlich behoben sein würde.

Die Kaffeemaschine schrie sehr laut nach Sän und da MUSSTE sie folgen, so wollte es das Gesetz.

Auf dem Weg in die Küche seufzte Sän schwer und ließ die Schultern hängen. Die Laune der jungen Frau war heute Meilen von heiter entfernt, aber auch in den letzten Wochen konnte man sie eher als ruhig und introvertiert bezeichnen.

Sie gehörte zwar noch nie zu den impulsivsten und ausgelassensten Menschen auf Erden, aber so langsam dachte sie, müsste doch auch mehr im Leben passieren als immer nur Schlafen, Aufstehen, Arbeiten und wieder Schlafen. Wie langweilig!

In der Küche angekommen, ging sie zielstrebig in Richtung Kaffeevollautomat, blieb dann aber abrupt davor stehen und stieß einen derben Fluch aus, als sie sah, dass auch dieses Gerät seine Dienste eingestellt hatte. Sän blickte verzweifelt in die leere Tasse, stellte diese schließlich einfach auf der Küchentheke ab und machte sich wieder zu ihrem Schreibtisch auf.

„Und, kannst du schon was finden? Wackelkontakt oder einfach gleich ein neuer Bildschirm? Ich habe heute noch einen Berg an Arbeit, der raus muss“, fragte Sän noch genervter als vor ihrem Küchenbesuch bei Chris an. Der nickte nur in Richtung des Bildschirms. „Das sollte es erst einmal gewesen sein. Der Bildschirm ist komplett neu und dürfte dich die nächsten Jahre gut begleiten“, stellte der ITler freundlich fest, als er Sän nach einer gefühlten Ewigkeit wieder an ihre Arbeit ließ.

Sie dankte ihm knapp und machte sich wieder ans Werk. Oh, das wird sicher Überstunden bedeuten, dachte sie betrübt, aber was sollte sie machen, wenn die Technik heute den ganzen Tag sponn.

Die Zeit verging wie im Fluge und so saß Sän auch noch zwei Stunden, nachdem alle anderen bereits das Büro verlassen hatten, über Aktenbergen. Als sie beinahe fertig war mit den To Dos und ihren Nerven, flackerte ihr Bildschirm plötzlich erneut.

„Was zum Teufel soll der Scheiß denn jetzt wieder?“, schimpfte sie und speicherte glücklicherweise ihre Arbeit noch gerade rechtzeitig ab, ehe der Bildschirm vor ihr komplett schwarz wurde und der gesamte PC einfach ausging.

Abwehrend hob sie die Hände in die Luft, denn ihr war bewusst, dass sie und Technik nie beste Freunde werden würden, aber das war einfach nur noch merkwürdig. „Ich war das nicht, okay?“, rief sie genervt in das ansonsten menschenleere Großraumbüro.

Ihr Gesichtsausdruck verriet puren Hass in diesem Moment, wich allerdings gleich wieder, als sie erschrak, weil am anderen Ende des Raumes auf einmal der Kopierer anfing, einige Kopien zu erstellen.

Mit weit aufgerissenen Augen und klopfendem Herzen saß sie mucksmäuschenstill an ihrem Schreibtisch und starrte in die Richtung, denn an dem Gerät war kein Mensch zu sehen. Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter und sie fing an zu frieren. Sie bildete sich ein, dass die Temperatur im Raum um mindestens 15 Grad gefallen sein musste, was aber natürlich gar nicht sein konnte, versuchte ihr Verstand sie zu beruhigen.

Nachdem das Geräusch des Kopierers nach einigen Momenten verstummte, atmete sie tief durch. „Das ist nur der Stress, alles gut“, sagte sie zu sich selbst. Es war spät und sie musste sich getäuscht haben. Vielleicht hatte nur jemand aus dem Home Office einige Ausdrucke gemacht und sie war einfach zu müde, um den Unterschied noch zu bemerken. Schließlich war es schon 22 Uhr, stellte sie mit einem Seufzen auf die Uhr fest.

Rasch wischte sie sich mit einer Hand über das Gesicht, packte anschließend ihre Sachen zusammen, um nach Hause zu gehen, und holte ihre Jacke.

An der Garderobe hörte sie aus einem der Zimmer den Flur hinunter auf einmal klassische Musik ertönen.

Ist das eine Geige?, fragte sie sich stirnrunzelnd, als sie erneut stehen blieb, um zu lauschen. Ihre Neugierde war trotz ihrer Müdigkeit geweckt und daher wollte sie dem Geräusch auf den Grund gehen. Es war zwar nichts Ungewöhnliches, dass einer der Anwälte während der Arbeit Musik hörte, aber der letzte ihrer Chefs hatte sich schon vor zwei Stunden von ihr verabschiedet.

Hatte etwa jemand seine Stereoanlage angelassen?

„Na toll, und ich darf den feinen Herren jetzt hinterher räumen“, schimpfte sie leise. Oh, wie sie diesen Job hasste.

Mit eiligen Schritten machte sie sich durch den langen Flur auf den Weg ins Zimmer am Ende des Gebäudes und öffnete ohne großes Zögern die Tür, denn sie wollte jetzt möglichst schnell wissen, wer sie hier so verarschte.

Doch sie konnte niemanden, der ihr bekannt war, im Raum erkennen.

Dafür jedoch eine milchig durchscheinende, menschliche Gestalt mit langen, wallenden Haaren und einem zerrissenen Mantel, die Sän den Rücken zuwandte und dort tatsächlich Geige spielte.

Sie konnte nicht genau erkennen, ob es sich um eine Frau oder um einen Mann handelte, denn sie war etwas abgelenkt. – Die Erscheinung schwebte nämlich wenige Zentimeter über dem Boden!

Wie versteinert stand Sän einige Augenblicke lang dort und war nicht fähig, zu denken oder sich auf irgendeine Art und Weise bemerkbar zu machen.

Wie es schien, brauchte sie dies auch gar nicht, denn das Ding fuhr zu ihr herum, sah sie empört aus dunklen, grauen Augen an und schien sich ernsthaft in seinem Spiel gestört gefühlt zu haben. Plötzlich flog der Geigenbogen auf sie zu und traf sie beinahe am Kopf.

Das riss Sän aus ihrer Schockstarre. Sie nahm die Beine in die Hand und rannte den Flur entlang in Richtung des Ausgangs, doch als sie den Griff betätigen wollte, musste sie feststellen, dass sich die Tür nicht öffnen ließ. Egal wie sehr sie daran zog, es tat sich einfach nichts.

Säns Gedanken liefen Amok und sie dachte panisch darüber nach, wie sie noch aus dem Gebäude entkommen konnte. Gedanklich ging sie gerade alles durch, was sie mal in ‚Casper‘ oder ‚Scooby-Doo‘ gesehen hatte, als sie sich umdrehte und mit Entsetzen feststellen musste, dass das wabernde Etwas ganz gemütlich auf sie zukam.

Plötzlich konnte man einen ohrenbetäubenden Schuss hören, was endgültig zu viel für Säns Nerven war.

Dann ging alles ganz schnell.

Wie aus dem Nichts tauchten plötzlich zwei junge Männer auf. Sie lieferten sich ein Wortgefecht und sprangen mit gezückten Pistolen eilig von Raum zu Raum wie zwei FBI-Agenten aus einem Hollywood-Blockbuster.

Nicht, dass sie oft in der Kirche gewesen wäre, höchstens mal zu Weihnachten, aber der Geruch kam ihr dennoch vertraut vor. War das Weihrauch?

Sie hatte keine Zeit, sich weitere Gedanken darüber zu machen, denn sie wurde ohne Vorwarnung von hinten am Kragen ihrer Jacke gepackt und von der Tür weggezerrt. - Aber nicht von einem der beiden blonden Männer, die sie ein wenig an Indiana Jones erinnerten, sondern von dem Ding, das sie beim Musizieren entdeckt hatte.

Einem Geist, versuchten ihr ihre gereizten Nervenenden zu erklären, aber Sän konnte nicht mehr klar denken.

Erneut schrie sie, so laut sie konnte, versuchte zu treten und um sich zu schlagen, um sich irgendwie aus dieser wahnsinnigen Situation zu befreien, aber sie konnte sich nicht aus dem eisernen Griff winden und musste hilflos miterleben, wie das schwebende Wesen, das eine grausame Kälte in ihr auslöste, sie rückwärts in einen der Räume für Büromaterialien schleifte.

„Ich hab’s, Chester! Los! Bring sie hier raus!“, hörte sie eine tiefe Stimme rufen. Dann erstarrte der Geist und ließ die junge Frau abrupt los, sodass sie zu Boden fiel wie ein nasser Sack.

Da lag sie nun völlig verwirrt, verängstigt und auch sehr ungläubig auf dem Boden und stellte sich tot, als sie zwei Paar schwerer Stiefel auf dem kalten Laminat hörte. – Eines schien sich ein paar Meter zu entfernen und eines kam näher.

Als sie sich vom Rücken auf ihren Bauch umdrehte und dann auf alle Viere erhob, konnte sie in einem Raum schräg gegenüber gerade noch das Flackern von Flammen erkennen, dem ein gruseliger Schrei folgte, der ihr durch Mark und Bein ging, ehe ihr von einem großen, breiten Mann in brauner Lederjacke die Sicht versperrt wurde.

Er half ihr auf die Beine und es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Mittdreißiger um besagten Chester handelte.

Der wollte sofort wissen, ob es ihr gut ging und musterte sie zugleich besorgt und – irgendwie angetan. Es folgte ein 1000-Watt-Lächeln seinerseits und eine sehr billige Anmache, die aber auch gleich von dem anderen Typen unterbrochen wurde.

„Geht es dir gut?“, wurde sie nochmals von dem etwas kleineren Mann gefragt, der sich als Winnie vorstellte und sie ebenso besorgt betrachtete.

Sän sah zwischen den beiden hin und her und musste einige Augenblicke darüber nachdenken, was sie antworten sollte, denn ihr schwirrte der Kopf.

Das war NICHT normal, was da gerade passiert war – oder?

Irgendwann schüttelte sie den Kopf. „Ihr habt mir eine Menge zu erklären, Jungs“, stellte sie fest und dann begann sie die Männer auch schon mit Fragen zu löchern und ließ nicht locker, bis sie Antworten erhalten hatte.

Ihr war das Herz heute Abend zwar in die Hose gerutscht, aber gleichzeitig hatte sie noch nie in ihrem Leben einen so großen Nervenkitzel gespürt.

Schlussendlich fasste sie den Entschluss, ihren Job an den Nagel zu hängen und mit Winnie und Chester auf Reisen zu gehen, um von den beiden Männern zu lernen und endlich etwas Sinnvolles im Leben zu machen.

~**~

Leise summte Sän die Titelmelodie von den ‚Ghostbusters‘, während sie über die erste Begegnung mit den Brüdern nachdachte.

Das Leben mit den Jungs war zwar in den letzten Monaten aufregend gewesen, aber irgendwann brauchte sie eine Pause, um Abstand von allem Gruseligen zu gewinnen und warum nicht in dieser Gegend?

Sie war zwar in London aufgewachsen, aber das wunderschöne, grüne Wales hatte sie schon immer fasziniert. So sehr, wie das Stadtleben seine Vorzüge haben konnte, so sehr war Sän auch mit der Natur verbunden.

Schon als Teenager hatte sie es vorgezogen die städtischen Parks Londons zu erkunden und ihrer blühenden Fantasie freien Lauf zu lassen, während die anderen Mädels in ihrer Klasse lieber shoppen oder ins Wachsfigurenmuseum gegangen waren.

Wahrscheinlich zog es sie gerade deshalb hierher, weil man sagte, hier würde es nur so wimmeln von Ungewöhnlichem und Fantastischem, welches die eigene Vorstellung überträfe.

Obwohl sie einige Dinge, die sie selbst miterlebt oder nur erzählt bekommen hatte, auch beunruhigten oder gar verängstigten, so faszinierte sie die übernatürliche Welt auch.

Nun, wer wusste schon, was das Schicksal hier für sie bereithalten würde?

Als Silvano davon erfahren hatte, dass es Sän in diese Gegend verschlagen sollte, schlug er sofort vor, sie in seiner sehr großzügigen, alten Villa einzuquartieren, bis sie sich etwas bezüglich ihrer Zukunft überlegt hatte.

Okay, sie wusste, dass dieser Vorschlag nicht ganz uneigennützig ausgesprochen worden war, denn ihr war klar, dass Silvano ein gewisses Interesse an ihr hegte. Sie kannten sich jetzt schon einige Jahre und immer wieder hatte er den Versuch gestartet, bei ihr zu landen.

Der gutaussehende Silvano di Romanescosi mit seinen stechend blauen Augen und den etwas längeren, bis in den Nacken reichenden, schwarzen Haaren steckte voller Temperament und jeder Menge Charme. – Zumindest, wenn er wollte.

Wenn er Sän ansah, spiegelten sich Feuer und Leidenschaft in seinem Blick, was sie zugegebenermaßen manchmal nervös machte.

Er war prinzipiell wirklich ein heißes Schnittchen, das konnte sie nicht verleugnen, und im Grunde genommen trug er das Herz am rechten Fleck. Schließlich hatte er ihr sein größtes Geheimnis anvertraut und erwartete nichts im Gegenzug außer ihrer Freundschaft.

Und trotzdem würde sie sich immer wieder vor ihm in Acht nehmen müssen, denn er agierte oft unkontrolliert und sehr impulsiv bei seinen, zumindest in seinen Gedanken gut gemeinten, Taten. Wie oft sie ihn am liebsten ungespitzt in den Boden rammen wollte, weil er sich mal wieder zu viel herausgenommen hatte, konnte sie inzwischen nicht mehr sagen. Alles in allem war das eine gefährliche Mischung, die Sän trotzdem faszinierte, denn sie liebte nun einmal Abenteuer und den gewissen Nervenkitzel.

Der Gedanke an ihn ließ sie schmunzeln, denn enge Freunde waren sie zuletzt doch geworden, die füreinander die Hand ins Feuer legen würden. - Nur für dieses eine ‚Mehr‘, diesen kleinen Funken, der ein loderndes Feuer der Gefühle entfachen würde, fehlte irgendetwas.

„Hey Schönheit.“

Plötzlich vernahm sie seine Stimme hinter sich, als ob er wüsste, dass sie genau jetzt über ihn nachdachte. Gruselig!

„Himmel, Arsch und Zwirn, SILVANO! Schleich dich doch nicht so an“, zeterte Sän und drückte sich erschrocken ihr Buch voller Notizen an die Brust. „Irgendwann werde ich noch einen Herzkasper bekommen!“

Silvano grinste breit, als er auf sie herab sah. „Upsi?“, sagte er ohne jede echte Reue in der Stimme. „Hast du Hunger? Ich werde jetzt kochen.“

Silvano oder ‚Salvi‘, wie sie ihn auch nannte, war ein fantastischer Koch, da ließen sich die italienischen Wurzeln nicht leugnen.

Sän atmete ein paarmal tief durch, ehe sie sich beruhigt hatte. „Gern, was gibt es denn heute? Ich habe einen Bärenhunger und du schuldest mir was!“

Sie hoffte, dass er seine gigantisch gute Lasagne vorschlagen würde, machte mit der Aussage „Fisch und etwas Gemüse…“ aber all ihre Hoffnungen zunichte.

Der Kerl, der gut und gerne als ein Elvis-Double hätte durchgehen können, schmunzelte, als er ihre enttäuschte Miene sah, setzte sich neben sie ins Gras und blickte amüsiert hinab zu der zierlichen, aber trotzdem kurvigen Brünetten, bis sie sich aufsetzte, um nicht allzu klein und hilflos zu wirken.

„…aber als Dessert hätte ich ein unglaubliches Angebot für dich…“ Ein Mundwinkel zuckte zu einem sehr verschmitzten und zweideutigen Grinsen nach oben.

Verdammt nochmal, immer wieder ließ er solche Andeutungen fallen, was Sän zwar einerseits amüsierte, aber auch die Augen rollen ließ. Der würde es auch nicht mehr lernen.

„…oooooder mein leckeres Tiramisu“, führte er seine Aussage fort und blickte ihr solange durchdringend in ihre Augen, bis sie es nicht mehr aushielt und ihren Blick abwenden musste.

„Lecker“, versuchte sie sich nun zusammenzureißen und setzte ein freundliches Lächeln auf, als sie sich erhob. Dabei ließ sie es sich aber nicht nehmen, ihm gegen die Schulter zu boxen. „Ich dachte schon, es bleibt bei Fisch und Gemüse, denn so wird das leider nichts mit dem Training morgen früh, das verspreche ich dir“, lenkte sie das Thema in eine andere Richtung. „Also komm, beweg deinen Arsch in die Küche, sonst verhungere ich!“, ärgerte sie ihn lachend und lief voraus zu seiner urigen Villa.

Dass er sie in kürzester Zeit eingeholt, sie sich über die Schulter geworfen und ins Haus verfrachtet hatte, nahm sie belustigt hin, denn an so einem schönen Tag konnte ihr fast nichts die Laune verderben.

~**~

Nachdem Sän Silvano vor ein paar Wochen auf den neuesten Stand gebracht hatte, was sie in den letzten Monaten mit Winnie und Chester erlebt hatte, - vor allem die Situationen, die fast in die Hose gegangen wären - bestand er darauf, sie in den verschiedensten Disziplinen zu trainieren. Von da an standen regelmäßig Ausdauer, Kraft und Selbstverteidigung auf dem Programm, damit sie in Zukunft besser auf brenzlige Situationen vorbereitet wäre. Falls er mal nicht zur Stelle sein könnte, um sie zu beschützen, sagte er immer.

Kontrollfreak!

Erst war Sän gar nicht einverstanden gewesen, aber nachdem sie durch Hörensagen erfahren hatte, dass diese Gegend durchaus einige seltsame Dinge bergen könnte, hatte sie sich doch zu dem Training bereit erklärt.

Bislang hatte sie allerdings noch nichts erlebt, was aufregend genug gewesen wäre, dass sie von seinen Tipps hätte Gebrauch machen müssen. – Ganz im Gegenteil.

Für ihren Geschmack und auch für den sonst gewohnten Alltag der letzten Monate war es bislang doch etwas langweilig gewesen.

Und wenn sie sich langweilte, konnte sie trotz ihrer introvertierten Art auch übermütig werden. - Nicht immer zu ihrem Vorteil.

Das frühe Aufstehen machte ihr meist nichts aus, aber wenn sie hungrig an die Arbeit sollte, wurde sie schon mal ungemütlich und ohne eine gute Tasse Kaffee lief sowieso gar nichts. Daher stand sie nun fast immer um 04:30 Uhr auf, warf sich in ihre Sportklamotten und wankte fast wie ferngesteuert in die Küche, um ihrer Kaffeesucht zu frönen.

Trotz ihrer schwachen Akkus, die sie mit dem schwarzen Gold erst einmal wieder aufladen musste, bewunderte sie doch jeden Morgen aufs Neue das alte Gebäude.

Von außen weiß gestrichen und mit schwarzbraunem Fachwerk versehen, war es innen fast überall mit einem dunklen Holz getäfelt, welches die Räume und Flure aber nicht erdrückte, sondern ihnen eine ganz eigene Gemütlichkeit schenkte. Sän liebte es, wenn die mit weichen Teppichen ausgelegten Dielen knarzten und das Holz einen heimeligen und fast urigen Geruch verströmte.

So dauerte es nicht lange, bis sie sich in der alten Villa mit dem hellen Reetdach wohl und gut aufgehoben fühlte.

Als sie über eine hölzerne Treppe in das Erdgeschoss gelangte, konnte sie schon einen ihr wohlvertrauten und heißgeliebten Geruch ausmachen, der sie zielsicher in die Küche führte.

Auf dem Küchentresen stand eine Kanne dampfender Kaffee bereit und auch etwas Obst für das Frühstück war vorbereitet, aber Silvano war nirgends zu sehen.

Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser noch schlief und eine Haushälterin oder ähnliches hatte er auch nicht, die sich um das Frühstück hätte kümmern können. Schließlich hatte der gute Salvi einen ausgeprägten Putzfimmel und würde niemals eine fremde Person in seinem Zuhause arbeiten lassen.

Daher machte sie sich auf die Suche nach ihm, ging über einen langen, noch dunklen Korridor und lugte in die ein oder andere offene Tür herein. Selbst im Salon, wo er sich sonst oft aufhielt, fand sie niemanden und machte sich schließlich alleine über den köstlich duftenden Kaffee und das Obst her. “Mehr für mich“, sagte sie freudig.

~**~

Silvano und sie liefen gerade durch ein kurzes Waldstück, das nach Moos, wild wachsenden Pilzen und Nadelbäumen duftete. Gleichzeitig wehte von der Küste her eine salzige Brise herüber und vermischte sich mit den Gerüchen des Waldes.

So sehr, wie sie es hier auch liebte, so sehr wollte sie mittlerweile ihren sogenannten Trainer erwürgen.

Die beiden joggten zügig durch die Gegend, bis Sän nicht mehr konnte - und auch echt nicht mehr wollte. Daher blieb sie kurzerhand an einer Kreuzung stehen, stemmte ihre Hände in die schmerzenden Seiten und beugte sich schwer atmend vornüber.

„Nee, echt nicht. Ich geh keinen Meter mehr, wenn du das Tempo so weiter hältst“, sagte sie keuchend, was Silvano mit einem fiesen kleinen Lachen quittierte.

„Ach Schätzchen. Gut, wir können kurz pausieren. Wenn dich jemand oder irgendetwas verfolgt, um dir beispielsweise deinen hübschen Kopf abzureißen, wird auf dich aber auch keine Rücksicht genommen. Eigentlich solltest du es besser wissen.“ Er lehnte kaum außer Atem an einem Baum und musterte sie skeptisch. „Was haben dir die Brüder in eurer gemeinsamen Zeit beigebracht? Holzskulpturen schnitzen oder Bierdosen schießen? Immerhin war das eine Art Job für dich, da hätte man ein wenig praxisnahes Training erwarten dürfen.“

Kurz schnaubte sie genervt auf und schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich denke ich das nicht, aber dafür ist es ja auch erstmal ein Training, richtig? Richtig! Oder hast du etwas vor, von dem ich wissen müsste?“

Sie blickte sich luftholend und doch schmunzelnd um, bis ihr Blick an einem schmalen Weg hängen blieb, der so unscheinbar wirkte, dass er ihr bisher nie wirklich aufgefallen war.

„Sag mal, wo geht es eigentlich dort entlang?“ Ihre Gedanken waren schon wieder einen ganzen Schritt weitergewandert. – Typisch für sie.

„Du manövrierst mich doch immer direkt an diesem Weg vorbei. - Jedes Mal, kann das sein? Wäre es dort lang nicht viel besser? Es sieht nämlich super aus und, noch viel wichtiger, kürzer zurück zum Anwesen. So würden wir nicht immer stundenlang hier den gleichen Weg entlang laufen über Stock und Stein. Ich liebe die Natur hier ja echt, aber weißt du…“, Sie fuchtelte erklärend und auch ein bisschen jammernd mit den Händen herum. Sie war viel kleiner als er und musste durch ihre kurzen Beine natürlich auch weiter und mehr laufen und so super sportlich war sie bisher eben auch noch nicht.

Er schwieg. Lange. Also richtig lange, bis sie sich mit verschränkten Armen vor ihn stellte und wartete, denn das hatte doch etwas zu bedeuten!

Ihr innerer Detektiv meldete sich zu Wort. Ihre Neugier war fast grenzenlos und sie spürte sofort, wenn ihr jemand etwas verheimlichte.

„Salviiii, was ist da hinten, dass du es so vehement umgehst? Los, sag schon! Wenn ich hier leben soll, dann möchte ich bitte auch wissen, was hier so los ist. Wie war das, das wäre wichtig?“

Schließlich zuckte er grinsend mit den Schultern und gab nach.

„Ein Bordell“, sagte er fröhlich.

Dann lief er einfach weiter und ließ sie ohne jede weitere Erklärung stehen. „Komm schon oder wir laufen morgen die doppelte Runde, meine Süße!“

Das als Antwort fand sie ein bisschen sehr seltsam.

Ein Bordell.

Ja, so etwas sollte es durchaus geben, aber deswegen so einen Aufriss zu machen, war ihr auch neu.

Silvano war nicht gerade der verklemmte Typ, das konnte sie mit Brief und Siegel versichern. Also was war es dann?

Ihr Interesse war geweckt und sie würde das schon noch herausfinden.

Zwangsweise lief sie ihm hinterher zurück nach Hause, denn sie wusste, dass er seine Drohung wahr machen würde, und auf eine noch längere Runde hatte sie nun wahrlich keine Lust.

Als sie fast über eine Wurzel stolperte, die quer über dem Waldweg lag, - War die gestern auch schon so hoch gewesen? - fluchte sie laut und brüllte ihm hinterher, solange sie noch Puste hatte.

„Ich bin NICHT deine Süße, Arschgeige! Und ich wäre gerade fast gestorben hier mit all den Wurzeln, die sich mir in den Weg geschmissen haben, nur zur Information!“

Ohja, Theatralik konnte sie wirklich.

Auf einem Thron aus massivem Mahagoni saß Damian und sah einer Gruppe bestehend aus acht spärlich bekleideten Männern zu, die sich gerade miteinander verlustierten. Der Großteil war entweder nackt oder trug lediglich Geschirre aus schwarzem Leder, welche wahrlich nur das Nötigste bedeckten. Ein Mann von kleiner, dicklicher Statur trug dazu eine Maske aus schwarzem Latex, die nur Mund und Augen freigab und zwei kleine Löcher auf Nasenhöhe beinhaltete. Außerdem befanden sich auf der Maske zwei herabhängende Hasenohren, ebenfalls aus Latex gefertigt. - Allerliebst.

Der königsblaue Samt unter Damians Gesäß lud förmlich dazu ein, eines der Gesichter darauf zu drücken, während der dazugehörige Mann auf allen Vieren vor dem Thron kniete und darum bettelte penetriert zu werden. Aber dies würde nicht passieren! Man stelle sich vor, dieser Wicht würde vor lauter Geilheit auf den teuren Stoff sabbern. - Nicht auszudenken!

Außerdem war Damian nicht in Stimmung für derartige Spielchen.

Das Treiben war nicht besonders abwechslungsreich gestaltet: Es hatten sich drei Pärchen gebildet, von denen jeweils ein Mann einen geblasen bekam und der andere Part – nun, einen blies. - Wie originell.

Das vierte Paar stach etwas aus der Masse aus schwitzenden Männern heraus. Dylan, ein langjähriger Mitarbeiter und Vertrauter, beschäftigte sich gerade mit einem zierlichen, rotblonden Mann, der kaum älter als 21 Jahre sein konnte.

Damian musterte das Gesicht des Jünglings. Es war schön geschnitten, mit hellgrauen Augen, einer eleganten Nase und sinnlichen Lippen. Ein leiser Hauch eines Bartschattens zierte seine Kinnpartie.

Zu einem anderen Zeitpunkt hätte Damian tatsächlich Gefallen an ihm finden können, heute jedoch verspürte er keine Intentionen mit jenem zu spielen.

Es war eindeutig, dass der junge Mann noch nicht oft in einem solchen Etablissement zu Gast gewesen war, heute vielleicht sogar zum ersten Mal. Immer wieder warf er verstohlene Blicke zu den anderen Paaren hinüber und musterte diese neugierig.

Er war gut aufgehoben in Dylans erfahrenen Händen. Der mittelgroße Mann mit den kurzen, strohblonden Haaren und den mandelförmigen, braunen Augen hatte schon der ein oder anderen Jungfrau die Freuden der fleischlichen Lust gelehrt.

Gelangweilt schwenkte Damian ein kristallenes Glas. Darin schwappte eine rötlichgoldene Flüssigkeit gegen den Glasrand und brach sich in kleinen Wellen daran. Damian nahm einen Schluck und genoss das sanft brennende Gefühl des Alkohols in seinem Rachen. Doch auch dieses Gefühl befriedigte ihn so wenig wie die Show, die sich ihm bot.

Er erhob sich und richtete mit einer Hand sein ebenholzfarbenes Sakko, während er das Whiskeyglas achtlos auf der Armlehne seines Thrones stehen ließ.

Damian verließ das Zimmer und folgte einem langen Korridor, von dem zahlreiche Türen abgingen. Aus vielen der Räume hörte er vertraute Klänge: Lustvolle Schreie, Stöhnen, Keuchen, das Herabsausen von Peitschen auf nacktes Fleisch, Flehen, Betteln, ekstatisches Lachen. Viele Türen waren verschlossen, manche nur angelehnt und einige standen weit geöffnet als Einladung dem bunten Treiben zuzusehen oder sich den Männern und Frauen, die sich so offen ihrer Lust hingaben, anzuschließen. Es war eine gute Nacht.

Am Ende des Korridors öffneten zwei nackte Männer mit einer angedeuteten Verbeugung eine reich verzierte Flügeltür und ließen einen freien Blick auf einen großen Saal zu, welcher einst ein pompöser Ballsaal gewesen war.

Rechterhand befanden sich einige Tische aus schwarzem Granit und Sitzgelegenheiten aus schwarzem Holz, die mit purpurnem Polstern bezogen waren. Paare und kleinere Gruppen saßen beisammen und lachten ausgelassen, nippten an ihren Longdrinks und Cocktails, flirteten und zogen sich mitunter auch in die hinteren Räumlichkeiten zurück. Auch einzelne Männer und Frauen waren anzutreffen, welche die Schar an Menschen beobachteten, bis sie einen ansprechenden Partner gefunden hatten, der heute Nacht für etwas Spaß sorgen sollte, – sei es nun aus Sympathie oder gegen Bezahlung. Nicht selten zog es sie auch auf die Tanzfläche, die sich in der Mitte des Saales befand, und auf der sich ausgelassene Menschen zu den hämmernden Beats der Musik bewegten.

Überall roch es verheißungsvoll nach Lust, Euphorie und Sex.

Aus den Augenwinkeln bemerkte er eine junge Frau mit üppigen Kurven, blasser Haut und langen, platinblonden Haaren, die sich in einem extrem kurzen, schwarzen Kleid aus Satin einen Weg zu ihm bahnte. Sie ließ keinen Zweifel offen, dass sie ein Auge auf den gutaussehenden, großen Mann geworfen hatte.

Damian wandte sich ihr zu und setzte ein höfliches Lächeln auf. Ihre gesamte Erscheinung schrie ‚Nimm mich!‘ – Damian verdrehte innerlich die Augen.

„Gleich“, meinte er schlicht und erstickte ihren Protest mit einer einzigen fließenden Bewegung seines ausgestreckten Fingers.

Dann ließ er die Frau stehen und trat an die Bar, die sich links neben der Tanzfläche erstreckte. Hinter dem Tresen stand ein großer muskulöser Mann mit langen, schwarzen Haaren und enger, schwarzer Lederhose, der kaum älter als 30 Jahre schien, und kunstvoll Cocktails für eine Gruppe junger Frauen mixte. Die Damen konnten ihre Blicke kaum vom Spiel der nackten Muskeln oder von seinen sturmgrauen Augen lösen und fächelten sich schwärmerisch Luft zu, wenn der Barkeeper ihnen ein charmantes Lächeln zuwarf.

Damian grinste. Er wusste, wie Zac auf die Damenwelt - und nicht nur die - wirkte und es war offensichtlich, dass sich auch Zac dessen bewusst war.

Nicht nur wegen seines Talentes im Mixen von alkoholischen Getränken hatte Damian ihn als Barkeeper eingestellt. Auch seine offene, kommunikative Art und seine Wirkung auf die meisten Frauen und Männer waren äußerst geschäftsfördernd.

Als Zac seinen Chef bemerkte, wandte er sich sofort von den Frauen ab und Damian zu.

Der lehnte sich über den Tresen und schmunzelte, als er die schmollenden Gesichter und die klagenden Laute der Frauen am Rande wahrnahm. Damian warf dem Dreiergespann einen kurzen intensiven Blick zu und sogleich liefen alle rot im Gesicht an. Ihr Puls beschleunigte sich und sie begannen feuchte Hände zu bekommen - und nicht nur da wurden sie feucht.

Damian inhalierte den Duft ihrer Lust, ignorierte ihn jedoch und widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Mann vor sich.

"Spaß bei der Arbeit? Dafür bezahle ich Sie nicht, Mr. Baker", sprach Damian trocken und fixierte seinen Angestellten mit festem Blick.

Zac versteifte sich kaum merklich und wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, als Damian breit grinste.

"Das Haus ist voll, die Stimmung ist ausgelassen und fast jeder hat einen Drink in der Hand. Mich dünkt, du hast einen ausgezeichneten Job gemacht, also erlaube dir etwas…" Er warf einen erneuten Blick auf die Ladies neben sich, welche sich aufreizend in Pose schmissen, und Zac mit ihren Blicken die hautenge Hose vom Leibe rissen, "…Spaß. Frankie soll die Schicht übernehmen."

Zac atmete erleichtert aus. Bei seinem Boss wusste niemand so genau, in welcher Stimmung er gerade war, und mit einem wütenden Damian Layken wollte keiner etwas zu tun haben.

"Vielen Dank, Damian, das ist sehr großzügig! Willst du uns Gesellschaft leisten?", fragte Zac und warf sich seinen langen Pferdeschwanz über die Schulter. Ein entzücktes Japsen war aus dem Hintergrund zu hören.

"Nein, ich habe heute ein – Date“, sagte er trocken. „Ich wünsche eine angenehme Nacht, Zachary." Damian lächelte verkniffen und Zac nickte wissend. Darauf wandte sich Damian ab und überließ das Quartett ihrem Schicksal. Er war sich sicher, dass Zac sich gut um die drei weiblichen Gäste kümmern würde.

Er selbst durchstreifte die Menge und zwinkerte einigen Gästen charmant zu. Er war sich durchaus darüber im Klaren, dass die ein oder andere Dame und mindestens genauso viele Männer ihn während seines Ganges durch die Menge mit ihren Blicken seiner teuren Garderobe entledigten, die sich wie eine zweite Haut an seine breiten Schultern, seine schmale Taille und seinen knackigen Arsch schmiegten. So mancher stellte sich gerade vor, wie es sich anfühlen musste, wenn die Stoppeln seines Dreitagebartes über ihren Hals und ihre Oberschenkelinnenseiten kratzten, während er sie mit seinen kajalumrandeten Augen taxierte. Wie sich seine großen starken Hände anfühlen mussten, wenn er ihnen auf den Arsch schlug und sie mit seinen manikürten, eleganten Fingern in Ekstase versetzen würde. Wie er sie zum Schreien brachte, wenn er sie mit dieser verheißungsvollen Beule in der schwarzen Designerhose auf unvorstellbare Weise beglücken würde … All dies konnte er in ihren lustverhangenen Augen lesen und er wusste, dass sich seine Erscheinung in den ein oder anderen feuchten Traum schleichen würde.

Schließlich hatte er die junge Frau mit dem aufgeblasenen Dekolleté wieder erreicht, die ihm einen schnippischen Blick zuwarf. Offenbar hatte er sie verärgert – gut so. Er bot ihr seinen Arm an und als sie diesen schließlich annahm, führte er sie durch den Club hindurch in ein Separee.

Die lange Dusche nach diesem sehr anstrengenden Vormittag tat so richtig gut und daher ließ Sän sich auch viel Zeit mit der weiteren Pflege. Während sie sich eincremte, ihre Haare frisierte und in eine schicke, schwarze ausgewaschenen Jeans sowie in eine passende, schlichte Bluse und in ihre liebsten dunkelgrünen Converse Chucks schlüpfte, flogen ihre Gedanken nur so dahin.

Glaubte Silvano wirklich, sie wäre so dermaßen prüde, dass ein Bordell etwas Schlimmes für sie darstellen würde? Das kann doch nicht alles sein, dachte Sän.

Daher suchte sie ihn einige Stunden später nach ihrem Wellness-Programm in der kleinen, aber feinen Bibliothek des Hauses auf.

Selbst wenn sie an ihrem neuen Zuhause irgendetwas auszusetzen gehabt hätte; spätestens ein Blick in diesen Raum hätte sie alles vergessen lassen. Eigentlich bestand er nur aus der Tür, einem gegenüberliegenden Fenster und einer kleinen Sitzecke in der Mitte. Die restlichen beiden Wände waren komplett mit deckenhohen Bücherregalen bestückt, die ihr Herz höherschlagen ließen.

Seit sie hier lebte, hatte sie bestimmt schon zwei komplette Reihen leergelesen, denn Silvano hatte einen Faible für antike Literatur. – Genau wie sie. Ob sie sich deshalb wohl so gut verstanden, fragte sie sich hin und wieder.

Eine Wand beinhaltete nur Bücher von römischen Philosophen und Geschichtsschreibern. Cicero, Mark Aurel und Seneca standen neben einer Vielzahl an Göttersagen über Jupiter, Neptun und Venus, die sich mit Erzählungen über verschiedenste römische Kaiser abwechselten.

Die andere Seite fasste hauptsächlich Werke der griechischen Literatur von Sokrates, Aristoteles und Co., aber auch welche über die altägyptische, mesopotamische oder nordische Mythologie.

Es war ein kleines Schlaraffenland für alle Literaturbegeisterten, die gerne auch mal etwas anderes als schnöde zeitgenössische Romane lesen wollten. Nicht, dass Sän etwas gegen ein gutes Horrorbuch oder auch mal einen Liebesroman einzuwenden gehabt hätte, aber die Erzählungen der alten Künstler interessierten sie eben auch.

So fischte sie ein dünnes Buch aus der gemischten Abteilung aus dem Regal, ehe sie sich zu Silvano gesellte, der mit einem Glas Bourbon in einem gemütlichen Lesesessel saß.

„Etwas früh für Alkohol, findest du nicht?“, sagte sie und beäugte die Szene mit schief gelegtem Kopf. Okay, vielleicht war sie doch nicht so supercool und lässig, wie sie immer von sich dachte, aber… Nein, sie wollte auch nicht zu seinem Kindermädchen mutieren, sondern nur hier wohnen.

„Vergiss was ich gesagt habe, viel Freude damit. Was steht heute noch an bei dir? Hübsche Frauen? Männer?“, sie grinste und triezte ihn ein wenig, da sie durchaus wusste, dass er nur dem weiblichen Geschlecht zugetan war. „Ich würde gerne in die Stadt gehen, mich ein bisschen umsehen und außerdem treffe ich mich mit Estélle Draculea, was fantastisch ist, denn eine so liebe Bekannte in so kurzer Zeit hier zu finden, hätte ich wirklich nicht gedacht“, teilte sie locker mit.

Estélle war eine junge Frau, die einfach nicht zu übersehen war, da sie laut und auffällig und kunterbunt durch die Welt bummelte.

So hatte Sän rein zufällig Bekanntschaft mit ihr in der alten Bibliothek der Stadt gemacht, wo sie beide auf der Suche nach genau demselben Buch gewesen waren: ‚Geschichten und Mythen aus Cardiff‘.

Eigentlich war das schon etwas merkwürdig gewesen, wie Sän sich jetzt dachte, denn sie waren beide nun nicht auf der Suche nach gewöhnlicher Literatur gewesen. – Eher nach alten, gruseligen Stadtgeschichten.

Nach einem kurzen Plausch hatte Sän außerdem erfahren, dass die etwas kleinere Rothaarige einen echt witzigen Nachnamen hatte. - ‚Draculea‘, hallooo? Wie sollte man da denn nicht gleich aufmerksam werden? In ihrem alten Mini-Job war es schließlich nötig gewesen, gewisse Besonderheiten sofort zu erkennen.

„Ich habe heute einige Behördengänge zu erledigen. Ich sag es dir: So ein altes, geerbtes Anwesen ist wirklich eine Last, die ich zu tragen habe“, meinte Silvano im Scherz und viel zu übertrieben gelangweilt.

Dann schielte er zu dem Buch, das Sän in einer Hand hielt. „Was hast du da denn Schönes, meine Schöne?“

Sän verdrehte grinsend die Augen, zeigte ihm aber den Titel: ‚Edda‘ von Snorri Sturluson.

Der Italiener verzog etwas sein ebenmäßiges Gesicht. „Du hast eine ganze Wand voller römischer Meisterwerke zur Auswahl und entscheidest dich wirklich für diesen Schund?“

Daraufhin blickte die junge Frau ihn tadelnd an. „Hey, das ist kein Schund, sondern ein isländisches Kulturgut und echt spannend geschrieben. Warum hast du es eigentlich hier stehen, wenn es dir nicht gefällt?“, fragte sie ihn durchaus interessiert.

„Weil ich eben ein kleiner Sammler bin.“ Er winkte ab. „Egal, viel Spaß damit und auch viel Freude bei einem Tag zwischen all den … Menschen der Stadt. Nur mit der Draculea solltest du nicht allzu viel Zeit verbringen. Ihr Vater ist nicht besonders einfach und kann gefährlich werden, hab ich gehört, Schätzchen. Nach kaum vier Wochen hier solltest du nicht gleich wieder auf Abenteuer oder Ärger aus sein, finde ich.“

Sän musste nun doch lachen. „Ich will nur einen Kaffee mit ihr trinken gehen und sie nicht heiraten, Salvi!“, rief sie, als sie ein paar Sachen in ihre kleine Tasche packte und dann das Anwesen summend verließ.

Ein so schöner Herbsttag sollte ausgiebig genutzt werden und wenn sie noch weiter trödelte, würde die Sonne bald untergehen.

~**~

Das Café, in dem sich die beiden Frauen verabredet hatten, lag in einer kleinen Einkaufspassage nahe der Stadtschlossanlage. Dank ihres guten Orientierungssinns fand Sän es ohne Probleme.

Als sie durch einen hölzernen Rundbogen schritt, der in gusseisernen Buchstaben verkündete, dass sie jetzt das

Castell, also das Schloss, betrat, staunte sie nicht schlecht.

Die Wände bestanden aus rotem und erdbraunem Backstein, an denen sich teilweise Efeu entlangrankte oder geschmackvolle Bilder hingen. Daran reihten sich gemütlich aussehende Sitzecken aneinander, die durch in die Decke eingelassene, mit urig aussehenden Wandleuchten versehene Holzbalken voneinander abgegrenzt wurden.

Sie ging an der Kaffeebar mit einer unfassbar gut sortierten Kuchen- und Desserttheke vorbei, bis sie einen schulterlangen, knallroten Bob entdeckte, der nur Estélle gehören konnte.

So rutschte Sän auf die mit ockerfarbenen Polstern bezogene Bank und strahlte ihr Gegenüber an. „Hast du diese gigantischen Kuchen gesehen? Der Himmel auf Erden!“, platzte sie mit der Sprache raus, woraufhin beide lachen mussten.

„Hi und jaaa, deshalb sind wir hier“, erwiderte die junge Frau vergnügt.

Eine Kellnerin kam an ihren Tisch und unterbrach vorerst ihr Gespräch, um nach ihren Bestellungen zu fragen. Beide studierten kurz die Karte und sagten fast unisono: „Den Nusskuchen, bitte“. Wieder lachten sie und bestellten noch jeweils einen Kaffee, bis zu dessen Verbleib sie sich locker unterhielten.

„Oh, das ist superschön hier, Estélle! Toller Tipp, wirklich. Kommst du denn oft hier her?“ Sän nahm einen großen Schluck von ihrem Karamell-Hafermilch-Kaffee und strahlte ihr Gegenüber mit funkelnden Augen fröhlich an.

„Hin und wieder und doch viel zu selten. Es gibt ja kaum jemanden hier, der mit mir unterwegs ist. Sobald die Leute erfahren, wer ich bin bzw. wie ich heiße, sind sie alle weg“, erklärte Estélle augenrollend und schnipste zugleich mit den Fingern. „Aber ich will gar nicht so viel von mir reden, erzähl mir doch lieber etwas von dir, du bist doch die Neue in der Stadt!“

Einen Moment lang wartete Sän ab, ehe sie weitersprach. „Nun, ja, kommt drauf an, was du wissen willst. Du, dein Nachname… Ist der wirklich echt oder ist das ein Künstlername? Ich meine, das ist jetzt auch echt nicht alltäglich irgendwie. Dracula und so…“

Estélle hob beide Brauen an. “Ey, nicht ablenken und ja, ich heiße wirklich so, und nein, nicht DRACULA, sondern DRACULEA“, verbesserte sie und betonte das E nochmal ganz besonders. Dann hellte sich ihre Miene wieder auf. „Ich will alles hören! Wo kommst du her? Hast du Geschwister? Bist du geschäftlich in die Stadt gekommen? Woher kommt eigentlich DEIN Name? Warst du schon in der kleinen Boutique die Straße runter? Was ist eigentlich deine Lieblingsfarbe? Oh, ich plappere, sorry!“, lachte sie ein bisschen überdreht, wurde dann aber ruhiger und musterte Sän gespannt.

“Und noch viel wichtiger: Warum wohnst du eigentlich mit diesem komischen Typen zusammen, der dieses alte Anwesen versucht in Schuss zu halten? Man hört nur supermerkwürdige Gerüchte über den Grafen.“ Nun war es Estélle, die an ihrem Kaffee nippte, Sän dabei aber nicht aus den ungeschminkten grünen Augen ließ.

Kurz hob Sän einen Finger an, um ihrer Bekannten zu deuten, sie sollte doch mal eben warten, denn die inzwischen zweite Tasse Kaffee rückte für Sän an. Dann holte sie Luft, hielt diese an und stieß sie wieder aus. Es fiel ihr schwer, über sich zu sprechen, aber bei der quirligen Frau hatte sie irgendwie von Anfang an das Gefühl gehabt, dass sie ihr vertrauen konnte. Außerdem hatte sie gerade etwas gesagt, was Sän nicht verstand und so lenkte sie die Aufmerksamkeit auf das eben erwähnte Thema.

„Okayyy, äh ‚Graf‘?! Warum denn ‚Graf‘?“

Estélle zuckte mit den Schultern und sah sie mit schiefgelegtem Kopf an. „Na, der Graf di Romanescosi. Das ist doch der, bei dem du wohnst, oder?“

Langsam nickte Sän. „Das dürfte wohl Silvano sein, ja… Auch wenn er mir nie erzählt hatte, dass er ein Graf ist.“

„Männer!“, sagten beide wie aus der Pistole geschossen, woraufhin sie grinsend mit ihren Kaffeetassen anstießen.

„Hmmm… Also, Fräulein Draculea“, fing Sän nun an und konnte das Schmunzeln, das sich auf ihr Gesicht schlich, kaum verbergen. Das klang einfach zu schräg, aber der Name passte verdammt gut zu ihrem Gegenüber. „Ich war unterwegs mit zwei Brüdern. Klingt wohl seltsam und nein, das musst du nicht zweideutig verstehen“, warf sie schnell ein, als sie das Grinsen auf Estélles Gesicht richtig deutete. „Wir sind eher zufällig aufeinandergetroffen, weil sie mir mal aus der Patsche geholfen hatten und najaaa…“

Sie zögerte kurz, fuhr dann aber doch fort. „…So komisch, wie das jetzt klingt, aber die sind sowas Ähnliches wie Geisterjäger. Nicht das man da zwangsweise dran glauben muss, aber…“ Sie zuckte mit einer Schulter, „…es schadet nicht, sag ich dir.“

Sie wartete ab, ob die Rothaarige Anstalten machen wollte wegzurennen oder doch noch zuhörte, denn sie musste selbst zugeben, dass das für Außenstehende wahrscheinlich sehr seltsam klingen musste.

Estélle hing ihr allerdings wie gebannt an den Lippen und so sprach sie weiter. „Ich habe dann damals meinen sehr langweiligen Bürojob hingeschmissen und bin mit den Jungs auf Tour gegangen, weil mich die ganze Sache ziemlich fasziniert hatte. Ich wollte einfach mehr darüber wissen und dazu lernen und da ich nun wusste, dass die Welt doch anders funktioniert als gedacht, wollte ich anderen Menschen vielleicht helfen.“ Sie pausierte kurz, um einen großen Schluck vom Kaffee zu nehmen.

Diesen Moment nutzte Estélle, um ihrer Begeisterung Luft zu machen. „Echt jetzt, sowas hast du erlebt? Ist ja irre!“, stieß sie laut aus. „Ich halte dich übrigens nicht für verrückt! Ich bin froh jemanden gefunden zu haben, mit dem ich mich mal über solche – ‚Sachen‘ unterhalten kann.“ Die Rothaarige lächelte sie aufrichtig an.

Sän blickte sich unauffällig um, ob auch keiner sonst hier zuhören würde, auch wenn es ihr ebenso wie Estélle schwerfiel, ihre Aufregung zu verbergen. „Dann kennst du dich also auch damit aus?“

Estélle legte den Kopf schief und grinste frech. „Wer sonst zieht sich freiwillig solche Bücher rein?“, fragte sie und klopfte auf ihren Jutebeutel, der an ihrem Bein lehnte. Aus der Öffnung blitzte das Buch hervor, das die beiden in der Bibliothek zusammengeführt hatte.

„Jetzt lenk aber nicht vom Thema ab… Was gibt es noch über dich zu wissen?“, bat die junge Frau kichernd.

Sän verdrehte übertrieben die Augen und antwortete langgezogen: „Naaa guuut, aber danach musst du mir was über dich verraten.“

„Abgemacht“, beteuerte Estélle und wieder stießen beide Frauen an.

„Also, wo waren wir? Achja, ‚Sän‘ ist mein Spitzname, meine Freunde nennen mich so. Mein voller Name ist eigentlich ‚Sanya Sarin‘. Im Grunde genommen mag ich den Namen nicht so, denn die Bedeutung ist einfach total dumm: ‚Die am Samstag Geborene‘ oder sowas. Keine Ahnung, was sich meine Eltern dabei gedacht hatten, aber ja ich bin an einem Samstag geboren“, erklärte sie und winkte dann schnell ab, weil sie bemerkte, dass Estélle das Thema vertiefen wollte. „Egal, sorry, also ‚Sän‘ wäre mir viel lieber. Es müsste schon ein kleines Wunder passieren, dass ich jemandem erlaube, mich ‚Sanya‘ zu nennen“.

Sän pausierte erneut und freute sich über den Teller, auf dem ihr Nusskuchen mit einer großen Portion Sahne serviert wurde. Auch ihre neue Freundin strahlte und so kosteten sie erstmal den Kuchen, ehe Sän weitersprach.

„Meine Lieblingsfarben sind Grün, aber so ein richtig schönes Smaragdgrün…,“ Ihre Augen funkelten dabei etwas verträumt, „…und Violett. Ähm, und ich habe keine Geschwister, zumindest keine von denen ich wüsste. Du?“

Jetzt war es Estélle, die abwinkte. „Kann schon sein. Bei Dad und mir lebt niemand anderes, aber was und mit wem Mum es treibt…“ Ihre Stimme nahm einen verbitterten Unterton an und es war ihr deutlich anzumerken, dass ihr die Sache unangenehm war.

Daher wechselte Sän rasch das Thema, auch wenn es sie natürlich interessierte, warum Estélle über ihre Mutter derartig dachte. Aber wer war sie schon, dass sie da großartig nachbohren dürfte? Sie selbst war ja schließlich selbst froh, wenn sie die Einzelheiten dazu umgehen konnte.

„Und was machst du so in deiner Freizeit? Arbeitest du? Okay, das ist keine Freizeit, aber du weißt schon.“ Oh man, Smalltalk war echt nicht so ihr Ding.

Zumindest entlockte es ihrem Gegenüber aber ein kleines Lächeln. „Ich arbeite noch nicht, studiere aber. Archäologie, um genau zu sein. Eigentlich wollte ich ja Innendesign studieren, aber das gibt’s in Cardiff nicht“, sagte sie mit ein wenig Bedauern in der Stimme.

„Archäologie?“, platzte es aus Sän heraus. „Das ist ja megaspannend! Kein Wunder, dass du mit solchen Büchern rumrennst.“ Sie tippte mit ihrer Schuhspitze gegen Estélles Beutel und der mumienartige Mann auf dem Buchcover schien zustimmend zu nicken. „Darf ich dich ‚Estélle Jones‘ nennen?“ Beide kicherten vergnügt.

„Weißt du, wenn man nicht gerade ein Mathe-Ass ist, gibt die Uni nicht sooo viel her. Eigentlich bin ich ja eher ein kreativer Kopf, aber wer weiß? Vielleicht erwecke ich irgendwann mal versehentlich ein paar Pharaonen und kann dann ihre Häuser einrichten“, spann Estélle herum.

„Du kannst bei meiner neuen Wohnung anfangen, wenn ich irgendwann mal eine gefunden hab, die bezahlbar ist, damit ich Silvano nicht mehr auf der Tasche liegen muss“, sagte Sän lachend.

Da wanderten Estélles Augenbrauen in die Höhe und ihr war ihre Neugierde förmlich an der Nasenspitze anzusehen. „Klar, helf ich dir da, aber wenn wir schon dabei sind: Dieser Graf Silvano. Wie ist der denn so? Und wieso wohnst du ausgerechnet bei dem?“

Sän lächelte über den Rand ihrer Tasse hinweg. „Mit Silvano wohne ich zusammen, weil wir schon eine ganze Weile echt gute Freunde sind. Ich hatte eine Unterkunft gebraucht, da ich hier erst einen Job finden wollte, ehe ich ein Apartment zahlen kann, und er war so nett mir ein Zimmer anzubieten. Und wie er ist?“ Sie überlegte kurz, wie sie die Persönlichkeit ihres Kumpels am besten zusammenfassen könnte.