Wie frau mit einem Bayern überleben kann - Wolfgang Schierlitz - E-Book

Wie frau mit einem Bayern überleben kann E-Book

Wolfgang Schierlitz

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Beschreibung

In seinem eigenen, satirischen, manchmal sogar bissigen Stil nimmt Wolfgang Schierlitz das Liebesleben der Bayern unter die Lupe. In humorvollen Erzählungen macht er sich Gedanken über die Themen Liebe und Ehe und gibt dem Leser sogar Einblicke in das Schaffen eines Eheberaters. Schierlitz stellt fest, dass die Probleme von Mann und Frau bereits im Kindergarten auftauchen, dass manche Liebende einfach immer wieder aufs Neue beim Expartner landen und dass eine Scheidung die Kosten einer Hochzeit sogar noch übersteigen kann. Humorvoll gibt er Tipps, wie man es richtig macht.

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LESEPROBE zu

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Rosenheimer Verlagshaus erschienenen Originalausgabe 2016

© 2016 Rosenheimer Verlagshaus GmbH & Co. KG, Rosenheim

www.rosenheimer.com

Titelillustration und Illustrationen im Innenteil:

Sebastian Schrank, München

Worum geht es im Buch?

Wolfgang Schierlitz

Wie frau mit einem Bayern überleben kann

In seinem eigenen, satirischen, manchmal sogar bissigen Stil nimmt Wolfgang Schierlitz das Liebesleben der Bayern unter die Lupe. In humorvollen Erzählungen macht er sich Gedanken über die Themen Liebe und Ehe und gibt dem Leser sogar Einblicke in das Schaffen eines Eheberaters.

Inhalt

Vorwort (Heike Duczek)

Eine Urlaubsliaison

Krisenerscheinungen, aber eingedämmt

Die erste Irritation

Gefahren des Testosterons

Geht Liebe durch den Magen?

Ultrakurzwelle

Streitkultur?

Kleine Ursachen – unvorhersehbare Wirkungen

Wo die Liebe hinfällt …

Whiskey und Whisky

Beziehungs-Früherziehung

Immer wieder

Die Leiden des jungen Wärters

Tortur mit dem Tattoo

Schein und Sein

Ein Bayer tickt anders

Nord-südliche Seilschaften

Tränendrüsenschwäche

Ein »rostiger Nagel«

Eine Überraschung zu viel

Ein unentbehrlicher Ratgeber

Von Menschen, Rennkamelen und Verwandten

Staubfrei

Planet der Affen

Der Griff nach den Sternen

Welcome in Bayern

Leitkultur, runderneuert

Völkerverständigung

Der Autor

Vorwort

Frauen und Männer passen nicht zueinander: Das ist bekannt. Bayern und Preußen sind sich ebenfalls nicht grün. Richtig kompliziert wird es, wenn gstandne bayerische Mannsbilder auf Zuagroaste des weiblichen Geschlechts treffen.

Wolfgang Schierlitz schildert diese Begegnungen mit seinem ausgeprägten Gespür für die skurrilen Momente des Alltags und mit dem für ihn typischen Wortwitz, der trotz Sarkasmus von großer Sympathie für seine Helden des Alltags geprägt ist.

Dabei zeigt sich: Männer und Frauen können nicht ohneeinander, Bayern und Preußen verbindet ebenfalls eine Hassliebe.

Deshalb ist dieses Buch sogar als kleiner Beziehungsratgeber zu verstehen: Hier lässt sich nachlesen, was Frau/Mann, Bayer/Preuß alles falsch machen können. Wobei die Erkenntnis reift: Gegensätze ziehen sich an. Wie langweilig wäre der Alltag, wenn alle gleich dächten, fühlten, lebten.

Wolfgang Schierlitz zeigt, wie abwechslungsreich, lustig oder spannend der Alltag sein kann, wenn Mann und Frau sich aufeinander einlassen, der Bayer und die Zuagroaste sich annähern.

Dann schreibt das Leben die Geschichten, die in diesem Buch zu lesen sind.

Heike Duczek

Eine Urlaubsliaison

»Sie sind doch sicher Bayer, oder?«

Mit dieser Frage kamen die beiden ins Gespräch.

Aber zunächst wollte er eigentlich seine Ruhe haben. Von seiner Schweinshaxe aufblickend, knurrte er: »Naa, i bin aus Oberammergau.«

»Können Sie dieses gewaltige Stück tatsächlich so ganz alleine aufessen?«, fragte sie verwundert.

»Semmelknödel und Sauerkraut san doch aa no dabei!«

»Eigentlich wollte ich Sie bitten, mir die umliegenden Berge zu erklären. Aber essen sie mal ruhig weiter.« Sie nippte am kleinen Hellen und streckte ihr Gesicht der wärmenden Herbstsonne entgegen.

Nach längerer Zeit – nur ein abgenagter Knochen ragte noch weit über den Tellerrand – kam er zurück auf ihre Frage:

»Die Berg’ da drübn – die san bereits im Ausland.«

Sie zeigte sich überrascht. »Was heißt hier Ausland? Meinen Sie Österreich? Die sprechen doch auch Deutsch, oder?«

»Trotzdem Ausland.«

Aber so leicht war sie nicht zufriedenzustellen. Außerdem reizte sie seine ruppige Art. Noch dazu sah der Bursche in seiner ledernen Tracht ziemlich gut aus. Und – sie hatte Urlaub, wollte sich amüsieren.

»Darf ich Sie zu einem Getränk einladen? Ich heiße Heike, komme aus Buxtehude und möchte die Berge kennenlernen. Da sind Sie ja sicher als Einheimischer der richtige Mann, oder?«

Er bestellte sich eine Maß Bier und überlegte, ob er gesprächig werden sollte. Sie nahm ein weiteres kleines Helles. Weil sie aber recht hübsch und er seit einiger Zeit wieder alleinstehend war, nahm die Sache ihren logischen Lauf.

»Hartwiegl, Franz«, stellte er sich vor.

Schon bei der Talfahrt in der Bergbahn rückten die zwei näher zusammen, und er ließ sich dazu herab, nun doch die Berggipfel zu erklären, die langsam an den Panoramafenstern vorbeizogen. Auch die österreichischen. Jedenfalls diejenigen, die er namentlich kannte. Für einige andere erfand er einfach klangvolle Namen wie Glockenkogel, Bratschenkopf oder Singerspitze.

Sie war offensichtlich hell begeistert. Nicht nur von den Bergen, sondern auch von deren Namen. Glücklich teilte sie ihm mit: »Wie schön das passt! Ich bin nämlich Musikerin und spiele Bratsche im Philharmonischen Staatsorchester Hamburg.«

Und weil er selbst nicht gerade unmusikalisch war, hatten die beiden ein interessantes Thema gefunden. Leider trat er zunächst, wie man so sagt, in ein Fettnäpfchen, obwohl er sich ab sofort bemühte, einigermaßen hochdeutsch zu sprechen: »Da musst du aber lang warten, bis du in Hamburg gscheit aufspielen kannst! Eure komische Musikhalle, die Elbphilharmonie, wird anscheinend in dem Jahrhundert nimmer fertig!«

Da traf er einen wunden Punkt. Immer wieder war ja bisher die Eröffnung des Prestigebaus verschoben worden. Doch sie meinte zuversichtlich: »Ich lade dich trotzdem jetzt schon zum Eröffnungskonzert ein. Und stell dir vor: Unser großer Konzertsaal liegt in fünfzig Metern Höhe! Das ist einmalig! «

In der Talstation angekommen, vereinbarten die zwei ein sogenanntes Date im angesagten Eventgasthof »Zur alten Post«, und zwar in der Zirbenstube.

Pünktlich stolzierte sie in ihrem neu erworbenen, schmucken Dirndl in den voll besetzten, nach feinem Holz duftenden Raum. Wie gewohnt zog sie viele Blicke auf sich. Kaum war sie eingetreten, erklang – so registrierte sie erfreut – frisch jauchzende Zithermusik. Es war Der Weg zum Herzen von Georg Freundorfer.

Plötzlich sah sie ihn. Und zwar auf einem hölzernen Podest in der Ecke. Er grinste ihr zu und deutete unter virtuosem Spiel mit dem Kinn auf den Zweiertisch vor ihm, auf dem eine Flasche Riesling, ein ausladender Blumenstrauß und zwei Gläser warteten.

Die Überraschung war gelungen. Mit dem Weg zum Herzen hatte er eine norddeutsche Sehnsucht nach Alpenglück und Bergromantik geweckt. Freilich, als klassische Musikliebhaberin war ihr der gute Georg Freundorfer, seines Zeichens Zithervirtuose und Komponist, total unbekannt. Aber als der Franzl von der alten Schellackplatte, Marke Beka, anno 1927, aus seiner Sammlung schwärmte, war sie total hingerissen.

Es blieb natürlich nicht bei der ersten Flasche vom frischen Rheinriesling. Und zwischendurch erfüllten die schneidigen Zitherklänge, die der Franzl dem traditionellen Instrument entlockte, die romantische Zirbenstube mit ihrer einmaligen Akustik. Immer wieder gab es Beifall, oft fast tosend, und er konnte gar nicht genügend Zugaben aufspielen, auch nachdem die Zeit schon ziemlich weit fortgeschritten war.

Einmal geht aber auch der schönste Abend zu Ende. Der sogenannte Zapfenstreich war angebrochen. Die Leute verliefen sich nach und nach in den Dorfwegen.

»Wohin fallen wir jetzt?«, fragte sie vor dem Wirtshaus, dessen historische Fassade im Licht des Vollmonds romantisch erstrahlte.

Da war er überfragt. Aber gar nicht lange.

»Wir fallen uns in die Arme«, lachte sie.

Und so geschah es. Augenblicklich. Es währte lange. Wie heißt es doch so schön: Was lange währt, wird endlich gut!

Krisenerscheinungen, aber eingedämmt

Ist die Diskrepanz zwischen Feminin und Maskulin wirklich so gewaltig, wie die Feministin und Herausgeberin der Zeitschrift Emma immer wieder postuliert?

Vielleicht basiert das oft bessere Einfühlungsvermögen und intuitive Handeln von weiblichen Frauen darauf, dass das männliche Wesen hin und wieder zum Unwesen herabgesunken ist. Auch scheint männliches Agieren leichter durchschaubar zu sein als das differenziertere, gefühlvollere Verhalten der Frauen.

Vor allem wenn es um die tatkräftige Ausweitung von Konflikten und Krisen aller Art geht, hat fast immer der Mann, gut aufgerüstet, die Nase vorne. Die vollbeschäftigten Waffenschmieden senden ihre präzisen Produkte gerne in unruhige Gebiete, die befriedet werden müssen. Eine unverschämte, postwendende Antwort kommt dann als überraschender Flüchtlingsstrom zurück. Die Auswirkungen strömen schon bedenklich und Unheil bringend bis in die Keimzellen von Familien und Zweierbeziehungen hinein. Bewegungen entstehen, die auch nicht gerade weiterhelfen. Man kann die Leute aber als einheimische, minderbemittelte Patrioten auch nicht so einfach versenden, wohin auch immer.

Ein wahrer, nicht genannt werden wollender Philosoph bringt die Sache immer wieder auf den entscheidenden Punkt, aber damit auch nicht viel weiter: »Die Dualität aller Dinge schürt rücksichtslos Krisen herauf!«

Einfach zusammengefasst überlegte so ähnlich auch der Luck, ein Kind seiner gebirgigen, postkartenidyllischen Heimat. In einem Rehazentrum brachte er gerade viel Zeit mit, um über seine Problematik und eine überraschende Trennung von der Geliebten nachzudenken. Sie war plötzlich und unvorhersehbar aus seinem Gesichtskreis entschwunden.

Er kam aus Mittenwald, wo unter anderem klangvolle Geigen hergestellt werden. Intensiv, aber glücklicherweise nur kurz, tyrannisierte er schon als Kind seine aufgebrachte Nachbarschaft mit so einem wunderbaren Instrument. Er sägte und quietschte lautstark, wenn auch besinnlich und zuversichtlich, vor sich hin. Irgendwann verboten ihm das sogar seine wohlmeinenden Eltern.

Doch bald schon, als jugendlich-fortschrittlicher Heißsporn, sattelte er um in einen eigenartigen, seltenen Berufszweig. Als Bildhauer und Herrgottschnitzer erlangte er mit seinen sakralen Produkten rasch eine gewisse Berühmtheit in übersinnlich ausgerichteten Kreisen. Es waren einerseits Überarbeitung durch ständiges Schnitzen, andererseits die hoffentlich vorübergehende Trennung von seiner Geliebten, die ihn auf das Krankenlager und anschließend in eine Erholungsphase geworfen hatten.

Sie, die Antje, war aus einer entfernteren Region unseres Vaterlandes im guten, aber abweichenden Glauben zu ihm gestoßen. Sie schien zwar gesund zu sein, war aber nicht katholisch. Daraus entstand der Zankapfel, der letzten Endes für seine aktuelle Lage verantwortlich war.

Auch psychisch fühlte er sich momentan zunehmend überfordert. Eine richtiggehende Krise erfasste sein gesamtes Dasein. Und so war er nun zu Entscheidungen gezwungen, die er lange vor sich hergeschoben hatte.

Dabei besaß diese Frage vorläufig überhaupt fast keine Aktualität. Es ging nämlich um die Erziehung eines imaginären Kindes. Dieses war zwar geplant, aber noch lange nicht vorhanden. Er konnte seine regional überlieferte und über Generationen fest gefügte Religiosität nicht so einfach über Bord werfen. Auch wenn seine momentan abwesende Geliebte frank und frei postuliert hatte: »Es ist doch heutzutage völlig egal, ob ein Kind katholisch oder evangelisch geprägt werden soll. Hauptsache, es wird irgendwie geprägt. Deshalb möchte ich, dass unser Kind einmal im protestantischen Glauben erzogen wird, auch wenn ich selber heimlich dem Atheismus anhänge.«

Eigensinnig, wie er war, wollte der Luck das unbedingte Monopol seines befreundeten, aber ziemlich fundamentalistisch ausgerichteten Dorfpfarrers nicht aushebeln lassen. »Du kannst tausendmal behaupten, dass dein lieber Luther den wahren Glauben erfunden hat. Aber mein Kind soll auch einmal ein katholisch geprägter Herrgottschnitzer werden. Ich weiß ja nicht einmal, ob es überhaupt evangelische Herrgottschnitzer gibt. Schließlich hängen doch hauptsächlich in sämtlichen katholischen Kirchen der Umgebung und sogar auswärts meine Bildwerke. Und das soll so weitergeführt werden.« Dabei setzte er ohne Überlegung voraus, ein männlicher Nachwuchs würde die Reihe seiner Ahnen fortsetzen. »Einen weiblichen Bildhauer gibt es nämlich im weiten Umkreis nicht, und ich könnte mir auch so einen nicht vorstellen«, verkündete er unversöhnlich.

Seinen bedeutenden, kernig-bayerischen Wahlspruch »Mir san mir!« übertrug er wie selbstverständlich auch auf seine männlich dominierten Vorstellungen und sein geliebtes Bayernland. Sogar seine Erwartung, die gute Antje würde als fleißige Biene ihren Beruf im Oratoriensängerfach aufgeben, zündete keinesfalls. Spöttisch meinte sie: »Den schönen Schiller-Vers ›Und drinnen waltet die züchtige Hausfrau‹ kannst du dir getrost und umgehend an den Nagel der Vergangenheit hängen.«

Mit Gedanken dieser Art hatte der Luck während der letzten, schicksalsschwangeren Monate im heilsamen Rehazentrum Tag und Nacht durchlebt. Er grübelte und zerbrach sich seinen Kopf regelmäßig aufs Neue. Weil aber selbst sein bisher gefestigtes Verhalten nach dem Prinzip »Lieber mit dem Kopf durch die Wand als nachgeben!« auf Dauer Zweifel in ihm hervorgerufen hatte, schaltete er allmählich etwas moderatere Gedankengänge ein.

Genau zu diesem Zeitpunkt wollte die frustrierte Antje doch einmal nachsehen, wie es ihrem strammen Herrgottschnitzer aus Oberammergau denn im Gesundheitszentrum so ginge. Sie hatte sich überraschend ermannt, nein, erfraut. Ein schon länger fälliger unverfänglicher Besuch war angekündigt.

Mit einem gewaltigen Strauß wohlriechender Rosen nebst Margeriten und langstieligen Trompetengewächsen bewehrt, war der etwas geläuterte Mann am Busbahnhof eingetroffen. Die kurze Verspätung nutzte er zu dem altbekannten Spiel: »Sie liebt mich, sie liebt mich nicht«, wobei er doch so manche der unschuldigen weißen Margeritenblütenblätter abzupfen musste. Als der Bus dann endlich auf der Bildfläche erschien, war keine einzige Margerite mehr vollständig im bunten Blumenstrauß vorhanden. Aber seine symbolische Tätigkeit war derart ausgegangen, dass sie ihn immer noch lieben würde.

Die heiß ersehnte Antje entstieg, gekleidet in geschmackvoll geblümtes Outfit, dem parkenden Fahrzeug. Der bunte Blumenstrauß harmonierte auch ohne Margeriten beachtlich dazu.

Und schnell stellte sich heraus: Sie hatte richtig gepokert. Wie ein eiliger Pfeil schoss der gute Herrgottschnitzer aus Oberammergau auf seine geliebte Protestantin zu. Und schon nahm er sie vorsichtig, aber nachdrücklich in seine kräftigen, handwerktrainierten Arme, als wollte er sie nie mehr loslassen, geschweige denn mit seinem Eigensinn überhäufen.

Glücklich hauchte sie etwas, was nur für seine weit offenen Ohren bestimmt war: »Und unser Kind wird doch evangelisch erzogen! Basta!«

Die erste Irritation

»Ich war beim Friseur. Leider hat es etwas länger gedauert. Da bin ich nicht mehr zum Kochen gekommen. Schließlich bin ich ja auch noch berufstätig. Hast du etwas zum Abendessen gefunden?«, ruft die erst kürzlich Verheiratete arglos in das Wohnzimmer hinüber.

Mürrisch erscheint der Gatte im Türrahmen. Flüchtig betrachtet er die lockere Frisur seiner Angetrauten: »Sieht aus, als ob du nicht drangekommen wärst!«

Beleidigt werkelt sie in der Küche und fühlt sich total unverstanden. Nach längerer Zeit – von ihm kommt keinerlei neues Lebenszeichen mehr, geschweige denn eine Entschuldigung – hält sie es nicht mehr aus. Sie registriert, wie ihr Ehegespons vor dem Fernseher sitzt. »Hast du mir nichts zu sagen?«

Konsterniert blickt er auf: »Freilich. Siehst du nicht, dass unser FC Bayern gerade einen ganz schwierigen Gegner bezwingen muss?«

Was er noch nicht begriffen hat: Für sein liebes Weibchen ist Fußball die unwichtigste und langweiligste Nebensache der Welt. Um die Problematik nicht schlimmer werden zu lassen, sagt sie aber lieber nichts. Sie überlegt jedoch sofort, wie sie das formulieren könnte. Also gibt sie sich interessiert: »Ist der schwarze Mann, der da immer so mitläuft, auch vom FC Bayern?«

Er würdigt sie keines Blickes mehr und holt die dritte Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Er will nicht zulassen, dass seine geliebten Gewohnheiten aus der Junggesellenzeit in Gefahr geraten. Dann schreit er unvermittelt: »Foul, Foul, Foul, du gemeiner Sack! Elfmeter!«

Sie erschrickt bis ins Mark. Händeringend folgt darauf ihrerseits ein schwacher Versuch, seine Aufmerksamkeit wieder zu erringen: »Kannst du nicht einmal den blöden Fernseher ausschalten, wenn wir uns dringend unterhalten müssen!«

Für ihn ist sie zurzeit überhaupt nicht vorhanden. Es gibt nur noch den Bildschirm und die spannendste Sache der Welt. Logischerweise! Es ist die wahnsinnige, nervenzerfetzende, sich endlos dehnende Sekunde vor einem Elfmeter. Der gegnerische Torwart, ein Meister seines Faches, hebt locker und entspannt die Arme. Er springt leichten Fußes ein paarmal hin und her und grinst unverschämt. Will er den Schützen aus der Fassung bringen?

Ältere Jahrgänge sind – wie jeder weiß – in dieser Situation enorm stark herzanfallgefährdet. Glücklicherweise ist der Ehemann aber nicht nur ein junger, durchtrainierter Sportler, sondern war selber erfolgreich auf dem Fußballfeld zugange. Einmal hatte er sogar ein Tor geschossen und damit den Aufstieg von der untersten Klasse in die auch noch recht niedrige, aber immerhin nächsthöhere Liga bewirkt. Daher rast zwar sein Puls leidenschaftlich, und die erhobene Bierflasche stagniert während der ganzen, aufreibenden Szene in der Luft. Aber es zeigen sich keinerlei Symptome eines Infarktes.

Und gleich darauf: Der gesamte Aufruhr fällt in sich zusammen. Die Bierflasche sinkt: »Latte! So ein Versager! Ich habe immer schon gesagt, ihr sollt diesen Mann herausnehmen! Dem kann man doch nicht so eine entscheidende Aufgabe anvertrauen. Und der dämliche Trainer sitzt auf der Bank und tut, als ob er nicht dazugehören würde. Dieser eitle, selbstgefällige, aufgeblasene Torwart hat doch nur Glück gehabt. Aber Allüren zeigen, als ob er mit seiner Geschicklichkeit den Treffer verhindert hätte! Wir können doch nicht ohne Tor in die Pause gehen!«

Das ist allerdings dem Schiedsrichter völlig egal. Der schwarze Mann pfeift die erste Halbzeit ab.

Die Gattin ist tief getroffen und schon beinahe aus dem Zimmer, da ruft er versöhnlich: »Du wolltest doch etwas sagen. Ich kann ja nicht mitten unter einem so wichtigen Spiel auf deine Empfindlichkeiten eingehen. Also: Wo drückt der Schuh?«

Er ist sich keinerlei Schuld bewusst und öffnet die vierte Flasche. Leider dauert es aber etwas, bis die schwer Beleidigte sich gesammelt hat und überhaupt wieder Worte finden kann.

Der Fernseher läuft weiter. Ein Affe, der angeblich singen kann, erscheint kurz in den Tagesnachrichten aus aller Welt. »Ein Verwandter von dir?«, meint sie beiläufig, aber bösartig.

Er weiß es besser: »Nein, dein persönlicher Vorfahre!«

Und schon beginnt die zweite Halbzeit. Schnell, bevor der Anstoß erfolgt, sagt er noch gönnerhaft: »Jetzt setz dich her und genieße auch einmal so ein spannendes Spiel. Da kannst du doch dagegen deine dämlichen Krimifilme in der Pfeife rauchen.«

Obgleich sie sich schon wieder ungerecht getroffen fühlt, gibt sie sich für diesmal diplomatisch. So etwas hatte ihr Vater bei Beziehungsstreitigkeiten zu Hause immer gepredigt. Der war im Ausland tätig als Diplomat und Gesandter – wenn auch meist als kein besonders geschickter Gesandter. Jedenfalls in familiärer Hinsicht. Das behauptete wenigstens ihre Mutter.

Die Tochter will es nun besser machen und setzt sich dazu, auch wenn ihr das ganze Fußballtheater recht sinnlos erscheint. Sie kann auch keineswegs begreifen, wieso ihr guter Mann am Ende des Spieles niedergeschlagen und den Tränen nahe jammert: »Die zweite Niederlage in Folge. Und der beste Mann sitzt tatenlos bis zum Schluss auf der Wartebank. Der Trainer gehört doch auf den Mond geschossen!« Er muss jetzt unbedingt noch eine Flasche Bier öffnen. Eigentlich wollte er damit den Sieg feiern.

Es dauert lange, bis er wieder zu sich und in die Gegenwart findet. Kraftlos starrt er ins Leere. Allmählich dämmert ihm aber doch, dass er jetzt sehr vorsichtig sein muss. Langsam registriert der gute Mann wieder, dass er nicht alleine dahockt. Treuherzig schaut er in ihr beleidigtes Gesicht. Er ahnt: Wenn er jetzt noch etwas sagt, gleich was, beginnt irgendeine sinnlose Problematik, die er nicht begreift, von Neuem.

Er denkt an die Worte seines erfahrenen Vaters. Kurz vor der Hochzeit schärfte der ihm ein: »Widersprich nie deiner Frau. Warte ab, und sie widerspricht sich meistens bald selber. Du musst jetzt tapfer sein. Die Nähe, die du gesucht hast, kann ganz schön anstrengend werden. Das weiß ich aus Erfahrung. Nach über 25 Jahren Ehe stehen wir, deine Mutter und ich, uns so nahe, dass ich hin und wieder sogar Platzangst bekomme. Prompt haben wir uns zur Silberhochzeit beinahe auseinandergestritten. Du musst zwar unbedingt deine Rechte wahren und durchsetzen, aber dabei ruhig und diplomatisch agieren. Noch heute gehe ich manchmal locker samstags fort und komme erst sonntags fröhlich nach Hause. Das schafft sonst wahrscheinlich niemand, der so lange unter Ehevertrag steht.«

Gleich darauf, als er immer noch traurig, nachdenklich und unsicher in die Gegend blickt: Unverhofft und spontan umarmt ihn plötzlich seine kürzlich Angetraute. Mit feuchten Augen meint sie entschuldigend: »Der Affe aus dem Fernseher kann gar nicht dein Verwandter sein. Du singst manchmal viel besser. Aber! Beim nächsten Mal musst du einen spannenden Krimi mit mir ansehen. Versprochen?«

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Der Autor

Wolfgang Schierlitz ist damals geboren und allmählich aufgewachsen. Es folgten Schriftsetzerlehre und Ausbildung zum »Schweizerdegen«. Danach Tätigkeit als Fahrkartendrucker bei der Deutschen Bundesbahn, Verlagshersteller, Typograf, Grafiker und Texter für internationale Firmen. Die Gründung einer eigenen Offizin folgte. Kürzlich erhielt er von der Handwerkskammer Ulm die Auszeichnung »Deutscher Meister«. Mehrere Seh-Mester und Studien auf Allgemeinplätzen und in Bierzelten. Nebenwirkungen: bisher zehn satirische Bücher, Kabarettist mit »H2-O2« und »Die mit den Wölfen heult« sowie Soloauftritte. Er ist Preisträger bei Radio Regenbogen mit dem Verband deutscher Schriftsteller (VS Bayern) – mit einer Sommergeschichte.

Im Rosenheimer Verlagshaus ist von ihm bereits Wenn überhaupt, dann höchstens kaum erschienen, eine Sammlung von skurrilen Geschichten, ebenso die etwas anderen Weihnachtsbücher Pleiten, Pech und Tannen sowie O Pannenbaum!

Von Wolfgang Schierlitz bereits erschienen

Wenn überhaupt, dann höchstens kaum

eISBN 978-3-475-54547-4 (epub)

Das Leben bietet viele Tücken – die Kunst ist, darüber zu lachen. Wolfgang Schierlitz ist Meister dieser Kunst. Er greift Alltagsprobleme auf und verpackt sie in lustige, treffsichere und oft etwas bissige Geschichten. Wegen des vergessenen Handys begibt er sich auf die abenteuerliche Suche nach einem Münztelefon. Philosophisch wird er bei dem Gedanken an unsere immer älter werdende Gesellschaft. Bei der Lektüre so mancher Anekdote aus dem täg­lichen Leben wird sich der Leser denken: Genau so geht’s mir auch!

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