Wie man mit AC/DC das Licht ausmacht - Konrad Stöckel - E-Book

Wie man mit AC/DC das Licht ausmacht E-Book

Konrad Stöckel

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Beschreibung

Wenn Sie schon immer wissen wollten, wie weit eine Cola-Rakete fliegt, wie Waschen-to-go funktioniert oder warum man mit Hardrock das Licht ausmachen kann, dann sind Sie bei Konrad Stöckel und seinen verrückten Erlebnissen zwischen Wissenschaft und Wahnsinn genau richtig. Unerschrocken und mit vollem Körpereinsatz zeigt er uns alles über weltwunderliche Experimente in unglaublichen Versuchsanordnungen, wissenschaftlich fundierte Tricks und viele verrückte Erfindungen - unterhaltsam und voll erstaunlicher Erkenntnisse.

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Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2013

ISBN 978-3-492-96346-6

© Piper Verlag GmbH, München 2013 Covergestaltung: semper smile, München Covermotiv: Konrad Stöckel, shutterstock Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

VORWORT

TAUSEND SENSATIONEN – EIN BUCH

Schon als Kind habe ich meinen Teddys neue Gliedmaßen transplantiert oder mit Gartenzwerg-Sprengungen für großes Hallo in der Nachbarschaft gesorgt. Alles, was ich in die kleinen dicken Fingerchen bekam, wurde im kindlichen Dienst der Wissenschaft auseinandergenommen oder auf spektakuläre Art kaputt gemacht – und das hat sich bis heute nicht geändert.

Mittlerweile bin ich so schön und beliebt, dass ich meinem Forscherdrang vor Publikum und manchmal auch im Fernsehen nachgehen darf. Dieses Buch enthält die Höhepunkte meines Treibens und zeigt meine spannendsten Weltwunder zum Nachlesen, Nachmachen und Selberstaunen.

Ganz besonders dürfen Sie sich über Experimente freuen, mit denen Sie wahlweise Ihre Freunde beeindrucken oder die Wohnung in Schutt und Asche legen können. Also Vorsicht: Einige der Versuche sind wirklich gefährlich! Die Erfahrung zeigt, dass erwachsene Männer schnell zu Kindern werden, sobald es rumst, blitzt oder brennt, also gebe ich entsprechende Warnhinweise. Bitte unbedingt ernst nehmen, denn wenn der Finger erst mal ab ist, ist das Geschrei wieder groß!

Dass Wissenschaft keine trockene Materie ist, sehen Sie auch unter dem Motto »Forschung auf Abwegen«. Was ich zu berichten habe, ist oftmals kaum zu glauben – aber immer wahr! Bei den Quellenangaben werden die wissenschaftlichen Standards aber hübsch ignoriert, denn schließlich ist das hier keine Doktorarbeit. Da Forschung hochgradig phantasieanregend ist, erlaube ich mir, auch solche Ergebnisse zu präsentieren, die eher wissenschaftliche Spekulationen darstellen. Genauer gesagt, sind sie erstunken und erlogen. Mit anderen Worten: Viel Spaß!

Das war natürlich noch nicht alles – denn ich habe für Sie noch sinnlose, sinnvolle, verrückte und seltsame Erfindungen, die ich teilweise selber ertüftelt habe. Man glaubt ja gar nicht, womit sich intelligente Menschen beschäftigen, wenn der Tag lang ist. Dagegen sind Konrads famose Haushaltstipps tatsächlich nützlich, denn hier können Sie lernen, wie Sie mit einfachsten Mitteln typische Alltagsprobleme lösen.

Als Bühnenzauberer werde ich Sie auch in die Magie einführen und präsentiere Wissenschaft als Zaubertrick: Illusionen, für die Sie im Mittelalter noch verbrannt worden wären. Meine Zaubererkollegen werden mich für den Verrat hassen – aber Sie sind es mir einfach wert. Überraschenderweise geht es fast immer nur um Physik, Chemie und ein wenig Psychologie.

Dass Sie dieses Buch lesen können, ist übrigens gleich ein doppelter Glücksfall. Erstens, weil es ein natürlich sehr gutes Buch ist :-). Und zweitens, weil ich hin und wieder auch mit meinem Leben und meiner Gesundheit gespielt habe, siehe Kapitel »Konrad testet«. Gleich vorweg: Es ist ja noch mal gut gegangen.

Und jetzt werfe ich eine Handvoll Konfetti und rufe: STIMMUNG!!!

Ihr Konrad Stöckel

1

WISSENSCHAFT UND ZAUBERKUNST

ACHTUNG, PHYSIKUNTERRICHT KANN NEUGIERDE TÖTEN

Als Schüler war ich keine große Leuchte. Das lag wohl daran, dass ich die Methoden der Lehrer nur allzu gut kannte, denn auch nach der Schule hatte ich Kontakt zu Lehrern – ich durfte sie »Mutti« und »Vati« nennen. Nicht dass Sie mich falsch verstehen, ich bin bis heute ganz glücklich mit meinen Eltern. Nur eventuell wurde auf die schulische Leistung leicht übersteigerten Wert gelegt, selbst als schon klar war, dass ich eine künstlerische Laufbahn einschlagen würde.

Meine Privatpädagogen kontrollierten penibel sämtliche Hausaufgaben und markierten selbst das kleinste Fehlerchen per dickem Rotstift als Beweis meines Versagens. Und manchmal strichen sie das Ergebnis meiner Arbeit einfach so durch. Ich hatte zwar keine Fehler gemacht, aber es sah irgendwie unordentlich aus. Das hieß: Alles noch mal in Schönschrift (und das mit meinen dicken Fingerchen!). Meistens musste mein Vater den bösen Mann spielen, wenn es mal wieder in der Schule kriselte. Stundenlang wurde mir das unwerte Wissen regelrecht eingebläut, was unsere Beziehung auf eine wirklich harte Probe stellte. Auch das Verhältnis zu meinen Geschwistern litt unter dem Lernterror, denn die sahen natürlich nicht, dass ich mich quälte und viel lieber mit meinen Freunden fröhlich um die Häuser ziehen wollte. Sie sahen nur, wie unser Vater mir Zeit und Aufmerksamkeit schenkte – Aufmerksamkeit, die ich nie wollte und die meine Geschwister nicht brauchten, die alten Lernstreber. Nun ja, heute begreife ich die häusliche Nachhilfe als ein großes Plus. Ich fühlte mich von meinen Eltern immer ernst genommen, und sie opferten viel Zeit für mich. Genau das fehlte mir bei den Lehrern in der Schule. Alle guten Pädagogen sollen sich jetzt bitte nicht angesprochen fühlen, aber mit meiner Schule hatte ich wahrlich die Arschkarte gezogen.

Zum Glück begann ich mit zehn Jahren, mich ernsthaft für die Zauberkunst zu interessieren. Endlich hatte ich Erfolg und bekam von meinem Publikum die Aufmerksamkeit, die ich in der Schule vermisste. Dagegen habe ich das meiste Schulwissen mit der Zeit vergessen oder aktiv verdrängt. Warum eigentlich? Heute bin ich froh, wenn ich etwas lernen kann, und ich finde Wissenschaft unglaublich prickelnd. Ich glaube, die Antwort lautet Spaß. Als Comedian, Zauberkünstler und Tausendsassa sowie Aufschneider und Prahlhannes konnte ich mir den großen Luxus leisten, nie mit Streichen, Späßen, Experimenten und Blödsinn aufhören zu müssen. Ich erlebe ständig Neues, muss immer wieder Herausforderungen meistern, und das Spielen hat nie aufgehört. Wie man auch an diesem chaotischen Buch sieht.

Ein Beispiel, das meinen Hass auf die Schule beschreibt, gefällig? Antworten Sie nicht, ich schreibe es sowieso. Mit 14Jahren machte ich mit der Klasse einen Schulausflug. Und wo sollte es hingehen? In ein fernes Land? Zu unerforschten Stätten? Abenteuer hautnah erleben? Nein, wir machten einen Ausflug zum Kernkraftwerk Brunsbüttel. Wirklich toll. Der Super-GAU von Tschernobyl war gerade mal ein paar Jahre her – ein ganzer Sommer, ohne draußen spielen zu dürfen. Mein Kumpel Paul und ich entschlossen uns zu einem stillen Protest: Vor Antritt der Fahrt beschrifteten wir Zettel mit den Sprüchen »Atomstrom, nein danke!« sowie »Mein Strom kommt aus der Steckdose!« und klebten sie mit doppelseitigem Klebeband auf unsere Hemden. Alle Mann in den Bus, die Tour kann starten! Doch wir fuhren nicht ab. Unser Lehrer hatte beim Schulleiter gepetzt, der auch gleich mit hochrotem Kopf im Bus erschien. Er stellte uns vor die Wahl, entweder die Schilder zu entfernen oder aus dem Bus zu steigen und am Unterricht der Nachbarklasse teilzunehmen. Pest oder Cholera? Bis heute ärgere ich mich darüber, dass wir die Protestbotschaften entfernt haben … aber was tut man nicht alles, um einen Tag lang der doofen Schule zu entfliehen. Mein Revoluzzerpotenzial war wohl noch nicht voll entwickelt.

Nachdem kritisches Denken und die eigene Meinung abgegeben waren, ging es endlich los. Im Kernkraftwerk angekommen, wurde die Kinderverarsche dann nahtlos fortgesetzt. Erst mussten wir auf ein Generator-Fahrrad steigen und selber Strom erzeugen, damit wir mal sahen, wie schwer das ist. Anschließend durften wir mit einem Geigerzähler erst einen normalen und danach einen schwach radioaktiven Gegenstand austickern. Aus heutiger Sicht auch ein wenig komisch, dass uns Kindern strahlende Dinge in die Hand gedrückt wurden, selbst wenn die Strahlung gering war. Am interessantesten finde ich aber, wie sehr sich die Leute vor Ort anstrengten, die Atomenergie als gut, harmlos und vor allem alternativlos darzustellen: »Wenn man volle Power auf dem Fahrrad fährt, kann man gerade mal ein Radio antreiben. Stellt euch vor, ganz Deutschland müsste für sämtliche Maschinen den lieben langen Tag Strom treten. Jahaa! Das verhindert nur unsere Atomenergie!« Das Thema alternative Energiequellen war natürlich kein Thema, ebenso wenig wie die Frage der Sicherheit.

Egal, zurück zu den Fächern Physik und Chemie.

Als schulische Komplettniete stellte ich mich auch hier ziemlich doof an. Heute wissen wir ja alle, dass im Schulsystem dringend Reformen stattfinden müssten. Ich habe das schon als Kind geahnt, denn der Unterricht in diesen beiden Fächern war sehr theoretisch. Es gab nicht genug Geld für Versuche, die uns Kids tatsächlich begeisterten, also war die Lernatmosphäre eher staubtrocken bis eisig. Ich langweilte mich, obwohl mein Hobby, die Zauberkunst, sehr nah mit dem Wissen dieser Fachbereiche verknüpft ist – schon seit Jahrhunderten.

Meine Lehrer hätten lediglich mal einen Blick in die Geschichte werfen müssen, auf die damaligen »Wunder«. Die beruhten natürlich auch nur auf einfachen physikalischen Gesetzen, doch die Zaubereien bewirkten bei naturwissenschaftlich ungebildeten Menschen Ehrfurcht und Erstaunen. Einige Beispiele:

Der Pythagoreische Becher

Das antialkoholische Gefäß sieht aus wie ein normales Weinglas, jedoch verfügt es über eine Mittelsäule. Diese Säule hat unten eine Öffnung, in die der Wein beim Eingießen eindringt. Mit dem Flüssigkeitspegel steigt auch der Wein in der Säule durch ein dünnes Röhrchen. Das geht so lange gut, bis der Wein im Mittelrohr oben die Verbindung zu einem zweiten Röhrchen trifft. Dieses zweite Rohr ist praktisch ein Fallrohr, das die Flüssigkeit direkt nach unten durch den hohlen Stiel laufen lässt. Tragisch für den Trinker: Durch den hydrostatischen Druck wird der gesamte Inhalt aus dem Glas gesaugt.

Dieses Prinzip nutzt man übrigens seit Jahrhunderten, um Wein aus höher liegenden Fässern in Gefäße zu füllen. Auch versierte Treibstoffdiebe haben das Saugheberprinzip für sich entdeckt. Wie mir jüngst ein Angestellter einer Hamburger Autovermietung berichtete, wurden in einer Nacht über 20Lkws auf diese Weise von ihrer Treibstofflast befreit. Die Halunken steckten 20-Mal einen Schlauch in den Tank, saugten daran und hielten ihn nach unten in einen Kanister. Als der Diesel die höchste Stelle des Schlauches passiert hatte, wurde der daraufhin entstandene Unterdruck zum kriminellen Komplizen und saugte den kompletten Sprit aus dem Tank.

Der Bechertrick aus dem Jahr 60 v. Chr. scheint alt zu sein – aber werfen wir mal einen Blick in noch frühere Zeiten. Aus der Epoche der ägyptischen Hochkultur sind viele physikalische Zaubertricks überliefert, die von Priestern dargeboten wurden. Die Priester waren nicht nur Hüter der Religion, sondern auch Träger des naturwissenschaftlichen Wissens, und sie hatten keine Skrupel, ihr Wissen für Tricks auszunutzen. Die Gläubigen sollten schließlich noch gläubiger werden und ihre Götter noch inniger vergöttern.

Der geheimnisvolle Altar

Dieses »Wunder« funktionierte folgendermaßen: Nach dem Anzünden des Opferfeuers auf dem Altartisch, nach etwas Hokuspokus, Tanz und Gesang fing eine Statue an, Wein zu speien, der als Opfergabe in das Feuer tropfte (oder doch ins Glas des Priesters?). Selbstverständlich basiert der Trick auf der Wärmeausdehnung. Der Altar ist mittels eines Rohres mit der Statue verbunden. Unter dem Feuer befindet sich ein weingefüllter Behälter; durch das Feuer dehnt sich die Flüssigkeit aus und steigt durch das Rohr hinauf zur Mundöffnung der Statue. Sie speit, es zischt, alle staunen.

Jetzt kommt ein etwas jüngeres optisches Wunder:

Der Blick durch feste Materie

Bei diesem Trick wurden zwei Rohre so platziert, dass man in einer Linie durch sie hindurchgucken konnte (zumindest sollte man das denken). Meistens fiel der Blick auf eine brennende Kerze. Dann wurde ein undurchsichtiger Gegenstand zwischen die beiden Rohre gestellt, und – oh Wunder! – der Gegenstand schien verschwunden zu sein, denn die Kerze war immer noch zu sehen. Eine höherdimensionale Form der Transparenz? Eine temporäre Immaterialisierung? Der Einfluss geheimnisvoller Mächte? Nein, nur eine simple Anordnung von vier Spiegeln.

Durch die Spiegel werden die Lichtstrahlen einfach um den festen Gegenstand herumgeleitet (siehe Abbildung). Kleine Schwachstelle: Die Gegenstände, die man »durch« den Apparat sieht, scheinen weiter entfernt, und sie sind etwas dunkler, da bei der Mehrfachreflexion etwas Licht verloren geht. Es bleibt trotzdem ein sehr schöner und beeindruckender Effekt. Falls Sie Lust haben, ihn nachzubauen, empfehle ich den Blick durch einen Stein auf eine leuchtende Glühbirne. Die blendet ja sowieso schon, gleicht damit die fehlende Strahlungsleistung etwas aus und vertuscht somit wirksam das Trickgeheimnis.

Mit solchen Effekten und Wundern hätten die Lehrer mich garantiert gepackt, und ich wäre schnell ein glühender Physik- und Chemiefan geworden. Darum mein Rat an alle Pädagogen: Lernt zaubern! Aber ich will nicht ungerecht sein: Es gibt bestimmt auch viele gute Lehrer, die für Spannung im Unterricht sorgen. Und wer keinen solchen Lehrer hatte, kann das Experimentieren ja jetzt mit diesem Buch nachholen. Vielleicht hatte meine Abneigung gegen die Schule auch ihr Gutes. Womöglich wäre ich sonst Physik- und Chemielehrer geworden und hätte irgendwann versehentlich das Schulgebäude in die Luft gejagt.

2

DIE PRÄSENTATION

Was ich auf der Bühne betreibe, ist pure Augenwischerei. Ob Zauberei, Zauberkunst, Magie – egal, wie man es nennt, gemeint ist die Kunst, durch Tricks unterhaltsame Illusionen entstehen zu lassen (dass einige meiner haarsträubenden Effekte tatsächlich echt sind, lasse ich jetzt mal beiseite). Neben der klassischen Bühnenmagie existieren verschiedene Sparten der Zauberkunst, zum Beispiel die Mikromagie, auch Close-Up-Magie genannt, bei der der Künstler kleine Tricks direkt vor den Augen der Zuschauer zeigt. Ein anderes Beispiel wäre die Mentalmagie.

Strategien der Täuschung

Egal, ob die Illusionen im Großen, im Kleinen oder nur im Kopf erzeugt werden, dahinter steckt stets eine von vielen Techniken: raffinierte Handbewegungen, optische Täuschungen, trickreiche Apparaturen, Psychologie, die Ausnutzung von Wahrnehmungslücken oder der allgemeinen Unkenntnis physikalischer, chemischer oder mathematischer Zusammenhänge. Zaubern ist nur deshalb unterhaltsam, weil das Publikum die erlernten Fingerfertigkeiten und Techniken nicht kennt.

Die Zauberflaute

Wie ich immer wieder erfahren muss, genießt die Zauberei heute bei vielen Erwachsenen kein gutes Ansehen (oder wann haben Sie das letzte Mal eine Zaubershow besucht?). Eigentlich kein Wunder, denn manche Künstler mutieren auf der Bühne zum Ekelpaket, stellen sich über die Zuschauer und zeigen Tricks, bei denen ein Assistent aus dem Publikum vorgeführt wird und sich vorkommt wie der letzte Horst. Außerdem gibt es einfach zu viele schlechte Zauberkünstler, die sich irgendwelche Tricks zusammenkaufen oder aus dem Internet holen und sich über die Präsentation keinen Kopf machen. Leider existiert auch keine gute Zaubershow im deutschen Fernsehen, obwohl wir auch Spitzenzauberkünstler haben. Dagegen laufen im Ausland wirklich gute und erfolgreiche Shows (kleiner Wink mit dem Zaunpfahl für Sender und Produktionsfirmen). Ich hoffe doch sehr, dass Ihnen neben den Experimenten hier im Buch auch die Tricks gefallen. Wenn Sie an Ihrer Präsentation feilen, wird Ihr Publikum garantiert viel Spaß haben, und wer weiß, vielleicht können wir gemeinsam ein neues Interesse fürs Zaubern – und Experimentieren – wecken. Glück auf!

Wie man es nicht macht (und damit manchmal Glück hat)

Das richtige Verkaufen eines Zaubertricks beziehungsweise das Aufpimpen eines wissenschaftlichen Effekts ist ein weites Feld und ein schweres Thema. Selbst mir als Profi gelingt es nicht immer, die Trickhandlung zu verbergen, weil ich mich teilweise sogar unbewusst verrate. Aber ich beginne lieber am Anfang.

Früher als Kind fiedelte ich die Präsentation in Rekordzeit ab: Der Zauberkasten von der Wunschliste lag unterm Weihnachtsbaum, ich riss hastig das Geschenkpapier auf und verstreute den kompletten Inhalt des Kastens auf dem Tisch. Tricks, die ich ohne Anleitung verstand, wurden direkt dem Publikum vorgeführt, und wenn etwas nicht klappte, kam der nächste Trick zum Einsatz – Hauptsache, der Requisitentisch war reich gedeckt. Wenn ein Trick gut funktionierte, musste mein familiäres Publikum noch stärker leiden, denn die Nummer wurde gnadenlos wieder und wieder vorgeführt, bis sie keine Sau mehr sehen wollte und jeder längst das Geheimnis kannte.

Na gut, in ganz großen Ausnahmefällen kann das auch mal funktionieren. Mir haben Zauber-Stümpereien sogar ein Engagement im Schmidt Theater auf der Hamburger Reeperbahn eingebracht, was meine Profikarriere begründete. Aber wie gesagt: Ich hatte ein Riesenglück. Mit zwölf Jahren nahm ich an der Deutschen Jugendmeisterschaft der Zauberkunst teil, und es ging absolut alles schief. Ich habe es vollbracht, sogar solche Sachen zu vergurken, die unmöglich danebengehen können.

Gegenstände, die ich magisch erscheinen lassen wollte, fielen vorzeitig aus meinem Jackett, Feuer entzündete sich im Feuertopf früher als erwartet und fackelte die darin geparkten Requisiten ab, und bei einem Trick vergaß ich den echten Regenschirm gegen den falschen ohne Stoffbezug auszutauschen. Also nix klappte. Aber – oh Wunder! – trotzdem waren die Zuschauer begeistert. Nicht von den Tricks, nein, von der naiven, unbekümmerten und teils unfreiwillig komischen Präsentation. Damals erkannte ich zwar mein komisches Talent, war aber erst mal nur frustriert, weil kein einziger Trick geklappt hatte.

Hinter der Bühne wartete schon mein Freund, Kollege und damaliger Mentor Bernhard Wolff. Er stellte mir Corny Littmann und Michael Walz vor. Die beiden leiteten das Schmidt Theater, der eine als Chef, der andere als Booker. Und sie wollten mich tatsächlich engagieren! Also, in echt jetzt! Ich versicherte ihnen, dass die Tricks – wenn es zu einem Engagement käme – selbstverständlich wie am Schnürchen klappen würden, und hob insbesondere meinen unermüdlichen Arbeits- und Probeeifer hervor, doch das interessierte die beiden nicht. Sie wollten keine Darbietung, die anders oder tricktechnisch besser war, sie wollten genau die Nummer, die sie eben gesehen hatten. Ich sollte dieselben völlig schiefgelaufenen Kunststücke wiederholen. Direkt verstanden habe ich es damals nicht, aber nach und nach dämmerte mir, dass es nicht immer auf den Trick ankommt, sondern eben auf die Präsentation.

Deshalb hier mein erster und bester Ratschlag für den Fall, dass etwas schiefgeht: lachen. Denn wenn man über sein eigenes Missgeschick herzhaft und ehrlich lachen kann, ist das schon die halbe Miete. Spaß an der Präsentation sollten Sie ohnehin haben, und wenn Sie freudig erregt sind, müssen Sie wahrscheinlich sowieso lachen. Es ist menschlich, auch mal zu versagen – und das Publikum wird die Ehrlichkeit honorieren, selbst wenn Sie gnadenlos verkackt haben.

Meine Präsentationstipps

Auch auf die Gefahr hin, dass das jetzt etwas lehrbuchmäßig wird: Sie sollten den folgenden Tipps etwas Aufmerksamkeit schenken und überlegen, welche zu Ihnen passen. Wenn Sie dann noch fleißig üben, werden Sie mit der Zeit Ihren ganz eigenen Stil entwickeln.

Der Beginn: Als Erstes sollten Sie sich ein oder zwei Tricks aussuchen, die Ihnen liegen. Entweder gefallen Ihnen die Requisiten oder die Handhabung, oder Sie haben schon eine Präsentationsidee. Jetzt müssen Sie ordentlich trainieren, sodass Sie die Handlung quasi blind beherrschen. Anschließend arbeiten Sie an Ihrem Vortrag, wobei Sie sich überlegen sollten, ob Sie eher der ernsthafte Darsteller sind oder zur Komik neigen. Die Präsentation muss wirklich zu Ihnen passen, denn ein aufgesetzter Vortrag lässt das Publikum kalt. So, und nun üben Sie den Vortrag gemeinsam mit der Trickhandlung.

Der Anfangsknaller: Sie sollten sich gleich zu Beginn des Auftritts die volle Aufmerksamkeit sichern. Ich persönlich starte oft mit einem schnellen Einstiegstrick und schlucke einen langen Luftballon innerhalb von fünf Sekunden. Sie können aber auch einen provokanten Anfangssatz in Ihren Vortrag einbauen. Ihnen wird da schon was einfallen. Vielleicht so was wie: »Wenn bei irgendjemandem das Handy klingelt, wird er sofort auf die Bühne geholt, und wir spielen Zersägte Jungfrau.« Keine Ahnung, mir fällt nichts Besseres ein, darum muss ich ja Luftballons schlucken. Nachdem nun alle Blicke auf Sie gerichtet sind, zeigen Sie den Trick – natürlich bestens vorbereitet –, tun so, als wär’s das Selbstverständlichste auf der Welt und freuen sich erst nach der Show ein Loch ins Knie, wenn es gut geklappt hat.

Vorsichtsmaßnahmen: Verraten Sie den Trick nicht – Sie dürfen allerhöchstens eine zarte Andeutung machen, damit die Leute was zum Knobeln haben. Auch ist es unklug, den Trick vorm gleichen Publikum zu wiederholen, da die Zuschauer dann eventuell die Lösung bemerken oder krampfhaft auf den Moment achten, in dem die Trickhandlung vermeintlich passiert. Ein absoluter Stimmungstöter.

Die Kleidung: Das Outfit wird erst dann ein großes Thema, wenn Sie so richtig in die Materie einsteigen und beschließen, ab sofort von der Zauberkunst zu leben (warten Sie bitte noch ein wenig, bevor Sie Ihren alten Job kündigen). Für verschiedene kleine Requisiten braucht man natürlich Taschen. Darum geben andere Zauberkünstler dem Nachwuchs gern den Rat, im Jackett oder sogar im Anzug aufzutreten. Bei jungen Zauberern ist das völliger Quatsch, denn man muss mit 13Jahren nicht aussehen, als stecke man in einem Konfirmationsanzug (bei mir war es der Hochzeitsanzug meines Vaters).

Kleiner Tipp meinerseits: Eine Cargohose hat auch viele große Taschen und wirkt deutlich cooler. Ich persönlich finde, viele Zauberer sehen mit Glitter und Pailletten einfach miserabel aus, und ein derart unerträgliches Kostüm macht die Darbietung kein Stück besser. Im Gegenteil, wenn Sie schon auftreten wie der große Zampano, dann wirkt der Trick umso kleiner. Wenn Sie aussehen wie ein Normalo, wirken tolle Tricks um einiges überraschender.

Das Tiefstapeln: Früher übte ich jeden Trick, jede Technik, das ganze Gedöns drum herum – und wollte auch alles vorführen, so stolz war ich darauf. Wenn ich zum Beispiel einen Kartentrick vorführte, zeigte ich bereits ganz am Anfang mit zehn perfekt beherrschten Mischmethoden, wo der Frosch die Locken hat. Ein großer Fehler, denn der Trick kommt natürlich nicht mehr so gut an, wenn die Zuschauer wissen, dass ich Karten professionell manipulieren kann. Es ist viel geschickter, schlecht zu mischen und behäbiger zu wirken, denn so ist der Trick weitaus überraschender, so, als wäre ein Wunder geschehen. Bei Bühnenzauberern sieht man manchmal eine schöne Variante dieses Prinzips: Erst sieht es so aus, als wäre eine Nummer in die Hose gegangen, und plötzlich wird daraus ein gelungenes Kunststück, das noch viel besser ist. Diese Vorführweise nennt man übrigens Aufsitzereffekt.

Auswahl einer Assistentin aus dem Publikum: Meiner Erfahrung nach können sich Frauen gut – ja, ich bemühe das Unwort – »verzaubern« lassen. Sie wissen Unterhaltung sehr zu schätzen und können sich genüsslich entspannen. Männer hingegen wollen eher herausfinden, wie der Trick funktioniert, deshalb steigt ihre Anspannung zusehends. Ein junges Pärchen im Publikum erkennt man oft daran, dass sich der Typ andauernd zu seiner Freundin dreht, um ihr zu erklären, was das Geheimnis ist. Ganz egal, ob er es weiß oder nicht – er will um keinen Preis der Unterlegene sein. Zum Glück ändert sich das mit dem Alter und der Feststellung: »Der Mann auf der Bühne hat schließlich ewig geübt, darum ist es nicht schlimm, wenn ich den Trick nicht errate.« Das heißt also für Sie: Treten Sie nur vor Frauen auf! Nein, Quatsch, das können Sie sich ja nicht aussuchen. Aber wenn Ihnen jemand aus dem Publikum assistieren soll, wählen Sie unbedingt eine Frau. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie jemand auf der Bühne vollquatscht, ungefragt die Requisiten antatscht, Ihnen in die Tasche greift oder sich zum Klassenclown macht, geht dann gegen null. Danke, liebe Frauen, dass ihr so seid, wie ihr seid.

Ich empfehle, die Dame aus dem Publikum schnell zu bestimmen und nicht etwa zu fragen, wer Lust habe (das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert). Wenn die erste Person sich weigert, auf die Bühne zu kommen, ist das Risiko höher, dass auch die zweite nicht auf die Bühne will. In diesem Fall helfen nur noch unelegante Bühnentechniken, zum Beispiel die Person mit dem Publikum unter Druck zu setzen und zu fragen: »Wollt ihr sie sehen?!« Meistens klatschen die Zuschauer und sind froh, dass sie selber nicht auf die Bühne müssen. Durch den Applaus und die Erwartungshaltung kommt die Person letztendlich mit, aber Sie als Zauberer müssen zu ihr dann ganz besonders nett sein. Noch viel besser ist es, wenn man entschlossen eine Person aufgrund ihrer Körpersprache und Mimik bestimmt. Ich wähle gern eine Frau mit einem Lächeln im Gesicht, keinesfalls eine mit verschränkten Armen oder übereinandergeschlagenen Beinen.

Der Feinschliff: Proben Sie die Tricks und Experimente mit dem Vortrag und allem Pipapo vor einem großen Spiegel. So können Sie den Effekt aus dem Blickwinkel des Zuschauers betrachten und gegebenenfalls Kleinigkeiten korrigieren. Nach einiger Zeit haben Sie so viel Übung, dass Sie nicht mehr ständig auf die Hände, sondern locker und freundlich in Ihr eigenes Gesicht blicken können. Das ist wichtig, denn je mehr Routine Sie haben, desto besser können Sie sich um Ihr Publikum kümmern. Generell sollten sich Ihre Zuschauer alle zehn bis 20Sekunden persönlich angeschaut fühlen. Achten Sie bei einer Show mal auf den Künstler: Sein Blick schweift oft von einer Ecke des Saals zur anderen, wieder nach vorne in die ersten Reihen und zurück. Obwohl die meisten durch das starke Bühnenlicht nur die ersten Reihen erkennen können, vermeiden sie mit gezielten Blicken in den Saal, dass die letzte Reihe sich vernachlässigt fühlt und einpennt.

So, das waren meine Tipps vom Profi, und Sie besitzen nun das erste Rüstzeug der Zauberpräsentation. Auch wenn Sie »nur« wissenschaftliche Experimente vorführen wollen, können Sie das jetzt viel effektvoller tun. Aber ein Geständnis muss ich noch machen (ich hab’s weiter oben ja schon angedeutet): Sogar ich verrate mich bei komplizierten Trickhandlungen immer wieder. Selbst eine Atemtherapie hat nix gebracht, denn wenn es hart wird und ich den Trick noch nicht aus dem Effeff beherrsche, stockt mein Atem. Das geht vielen Zauberkünstlern so. Also heißt es weiterhin: üben, üben, üben.

Warum Zaubern sonst noch toll ist

Zaubern macht schlau. Das Erlernen neuer Kunststücke lässt im Oberstübchen die Korken knallen, denn viele Tricks fördern die Gehirn-Hand-Koordination, verbessern die Fingerfertigkeit und schulen die Wahrnehmung. Die teilweise komplexe Struktur der Techniken (die manchmal nur für einen einzigen Trick benötigt werden) trainiert das Gehirn und liefert ihm reichlich Futter.

Richtig klasse finde ich, dass die Zauberei auch als Therapieform bei kranken Kindern angewandt wird. Denn wenn sie im Krankenbett einen Trick vorführen, wechseln sie von der passiven Patientenrolle in die aktive Zaubererrolle. Außerdem stärkt die Zauberei das Selbstvertrauen, und ein gelungener Trick erzeugt ein Erfolgserlebnis. Ideal als erster Einstieg ist »Der Gummiband-Sprung« aus Kapitel 3.

Ende der Leseprobe