Wie viel wiegt ein Berg? - Jacopo Pasotti - E-Book

Wie viel wiegt ein Berg? E-Book

Jacopo Pasotti

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Beschreibung

Gehört bei jeder Bergtour in den Rucksack - alles, was Sie schon immer über die Welt der Berge wissen wollten!

Wie lange überlebt man, wenn man von einer Lawine verschüttet wird? Warum können tibetanische Kinder auf 4000 Metern Höhe Fußball spielen, ohne außer Atem zu kommen? Bei welchem Luftdruck gelingt die perfekte Hüttenpasta? Für alle, die von majestätischen Gipfeln und sonnenbeschienenen Almen träumen oder schon auf dem Weg dorthin sind — verblüffende und atemberaubende Einblicke in die Welt der Berge.

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Seitenzahl: 207

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Das Buch

Wie entstehen Gebirge? Warum ist es im Tunnel warm und nicht bitter kalt? Weshalb sind die meisten Berge spitz, manche aber auch nicht? Wie schützt man sich am besten vor einer Lawine und was tut man, wenn man doch mal von einer überrollt wird? Und schließlich: Wie viel wiegt ein Berg? Für alle Bergsteiger, Kletterer, Skifahrer, Hüttenfreunde und alle, die die Berge lieben: Wissenswertes, Kurioses und Interessantes aus der Gebirgswelt.

Der Autor

Jacopo Pasotti arbeitet als Autor und Fotograf u. a. für National Geographic und Die Zeit und hat an Exkursionen nach Nepal, in die Arktis und in die Antarktis teilgenommen. 2011 wurde er mit dem Piazzano-Preis für Wissenschaftsjournalismus ausgezeichnet.

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Jacopo Pasotti

WIE VIEL WIEGT EIN BERG?

WISSENSCHAFT ÜBER DER BAUMGRENZE

Aus dem Italienischen von Johannes von Vacano

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Die Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »La scienza in vetta« bei Codice edizioni, Turin.1. AuflageTaschenbucherstausgabe Copyright © 2015 by Codice edizioni, Turin Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2015 Hoffman und Campe Verlag, Hamburg Copyright dieser Ausgabe © 2017 by Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung und -illustration: www.buerosued.deJB · Herstellung: samSatz: Farnschläder & Mahlstedt, HamburgISBN 978-3-641-19485-7V001www.blanvalet.de

INHALT

Einleitung

DIE BERGE VON UNTEN

Eine Frage der Sphären

Wie entstehen Gebirge? Plattentektonik

Der Ozean gibt nach: die Anden

Kontinente auf Kollisionskurs: Der Himalaja

Ozeane unter sich: Japan

Wie weich ist doch Gestein!

Berge: Auf Biegen …

… und Brechen

Kann man Erdbeben vorhersagen?

Fiebernde Berge

Warum ist es im Tunnel warm?

Wie viel wiegt ein Berg?

Gebirge im Ruhestand

Wie alt ist dieser Berg?

Kann die Zeit Berge versetzen?

Der älteste Berg der Welt

Hoch, höher, am höchsten

Die Vermessung der Berge: Gestern …

… und Heute

DIE BERGE VON INNEN

Der Stoff, aus dem die Berge sind

Der Kreislauf der Gesteine

Aus Feuer geboren: Magmatisches Gestein

Gesteine aus zweiter Hand: Sedimentgestein

Niedergeschlagenes Gestein

Natürliches Recycling: Metamorphes Gestein

Korallenkonstrukte und Bernsteingeschichten

Tierische Baumeister: Biogenes Gestein

Seeigel in Cortina?

Berge mit Loch: Karst

Ein König unter den Mineralen

Quarz ist Trumpf: Kristalle

Feuerberge, auch unter Wasser

Vulkane

Kann man Vulkanausbrüche vorhersagen?

Unterwassergebirge: Seamounts

DIE BERGE VON AUSSEN

Die perfekte Form der Berge

Weshalb sind Berge spitz?

Weshalb sind nicht alle Berge spitz?

… und manche sogar ein Turm?!

Berge on the Rocks

Steter Tropfen höhlt den Stein – doch Eis höhlt stärker!

Was ist ein Gletscher?

Warum »fließt« das Eis?

Gebirgsgletscher

Wie man eine Sonnenbrille auf einem Gletscher wiederfindet

Zerdrückte Berge

Wie hätten die Alpen ohne Eiszeit ausgesehen?

Rock and Slide: Wie kommt es zu einem Erdrutsch?

Kann man Erdrutsche vorhersagen?

Grüne Berge

Der älteste Baum der Welt

Wieso verlieren Lärchen ihre Nadeln, Kiefern aber nicht?

Weshalb Wälder gesund machen

Gebirgsblumen sagen mehr als tausend Worte

Überlebensstrategien am Berg

Wenn das Eis sich rosa färbt

Bewohner der Berge

Weshalb der Alpensteinbock (fast) nie abstürzt

Gibt es leben auf dem Eis?

Auch Gletscher haben Flöhe

Tierische Tricks für das Überleben im Winter

Wieso können tibetische Mönche auf 5000 Metern Fussball spielen?

Was ist die Höhenkrankheit?

Was man bei Höhenkrankheit tun kann – und was man besser lässt

DIE BERGE VON OBEN

Wärme und Kälte in den Bergen

Weshalb wird die Luft immer kälter, je weiter man nach oben steigt?

Wieso ist es im Gebirge trotzdem wärmer als im Tal?

Auf der Sonnenseite oder im Regen?

Gibt es die perfekte Hüttenpasta?

Regen, Wind und Blitze!

Sommerregen

Wie entsteht der Föhn?

Was sind typische Gebirgswolken?

Ziehen Kiefern und Lärchen Blitze an?

Die Wissenschaft vom Schnee

Wie entsteht Schnee?

Warum ist Schnee weiß?

Das Leben einer Schneeflocke

Der perfekte Schneeball

Reinigt Schnee die Luft?

Die Wissenschaft des Carving

Weshalb gleiten Skier?

Das Geheimnis eines guten Carving-Skis

Wie entstehen Lawinen?

Wie lange überlebt man unter einer Lawine?

Danksagungen

ZUSATZINFORMATIONEN UND WISSENSWERTES

Welcher ist der höchste Berg? Mount Everest, Mauna Kea oder Chimborazo?

Ziehharmonika-Gebirge, oder: Die Geburt der Alpen

Unsichtbare Gebirge: Die Mittelozeanischen Rücken und Hotspots

Gibt es Berge auf dem Mond?

Unsichtbare Berge: Die Gebirgszüge der Antarktis

Berge mit Charakter: Der Mont Pelé

Berge mit Charakter: Der Ayers Rock

Berge mit Charakter: Das Matterhorn

Leonardos Irrtum über das Innenleben der Berge

Leonardos Wissen über Fossilien

Naica: Die größten Kristalle der Welt

Die Vulkane Italiens

Berge mit Donnerschlag: Der Mount St. Helens

Klimawandel: Weniger Eis, mehr Gletscher?

Das Leben auf einem Gletscher

Alpen, Exorzismen und eine kleine Kältezeit

Spurensuche im Gebirge

Das Edelweiß

Eine Überdruckkammer gegen die Höhenkrankheit

Warum frieren Gebirgsseen nicht zu?

Was hilft gegen die Kälte?

Fünf Dinge, die man tun kann, um Erfrierungen zu vermeiden, und fünf Dinge, die man tunlichst lässt

Sind Kunstschnee und echter Schnee gleich?

Lawinen: Was lehrt uns die Geschichte?

Wie funktioniert der Lawinen-Airbag?

EINLEITUNG

Als ich mit der Schule fertig war, habe ich mich für Geologie eingeschrieben. Glaubt nicht, ich hätte diesen Entschluss aufgrund meiner innigen Liebe zu Kristallchemie oder Geophysik gefasst, ganz zu schweigen von Angewandter Geologie. Nichts von alledem. Ich liebte Klettern, Bergsteigen und Skifahren, liebte es, mit Freunden in die Berge zu flüchten, unser Lager aufzuschlagen, wo es eben ging, und immer neue Abenteuer in den Bergtälern auszuhecken. Meine Neugier für die geologischen Wissenschaften wurde entfacht vom Granit des Veltlins, dem Kalk der Grigna, dem gleichnamigen Gestein der Dolomiten und dem Gneis des Aostatals. Kurz: Ich habe Geologie studiert, weil ich schon früh am liebsten im Freien war, wo ich die Natur mit meinen eigenen Händen berühren und den kühlen Bergwind auf der Haut spüren konnte – die Geologie war die perfekte Ausrede, um mich in den Bergen herumzutreiben.

Dann haben sich die Dinge gewandelt, und ich fand bald fast genauso viel Gefallen daran, mich in einer Bibliothek oder einem Labor zu verkriechen, wie an meinen Ausflügen ins Gebirge. Ich entdeckte ein gewisses Interesse für Themen, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie mich faszinieren und stundenlang an den Schreibtisch fesseln könnten. Wie konnten nur aus praktisch demselben Magma zwei vollkommen unterschiedliche Gesteine entstehen? Je mehr ich studierte und herausfand, desto mehr begeisterten mich die Vielfalt der Natur und die Fähigkeit der Wissenschaft, eine gewisse Ordnung in ihre Komplexität zu bringen.

Die Freude an der Auseinandersetzung mit dem Gebirge hat für mich nie nachgelassen. Mein Blick hat sich jedoch verändert, und ich erkenne in den verschiedenen Formen, die mich umgeben, eine Geschichte, eine Abfolge von Ereignissen und Prozessen, die den Tälern, Graten und Gipfeln der Gebirge ihren Stempel aufgedrückt haben. Ich entdecke Zeichen und Merkmale, die ich früher weder lesen noch interpretieren konnte. Ich bin von Geschichten umgeben, die erklären, wie jener Gletscher dort oben entstanden ist oder was die Flechte über das Klima verrät, die vor mir auf dem Felsen wächst.

Nichts anderes erhoffe ich mir für alle, die gerade in diesem Buch blättern. Ich wünsche mir, dass es die Neugier weckt, einem der vielen kuriosen Aspekte der Berge auf den Grund zu gehen. Und dass der Wunsch, mehr über sie zu erfahren, mit der Zeit immer weiter wächst. Ich hoffe, kurz gesagt, dass beim Lesen die Antworten auf einige wissenschaftliche Fragen zugleich immer wieder neue Fragen aufwerfen und neues Interesse entstehen lassen. Sei es auf einer sonnenbeschienenen Wiese im Hochsommer, sei es in einem gemütlichen Sessel, während vor dem Fenster der Schnee fällt.

DIE BERGE VON UNTEN

EINE FRAGE DER SPHÄREN

WIE ENTSTEHEN GEBIRGE? PLATTENTEKTONIK

Unser Planet genießt es, sich zu erneuern. Würden wir ihn wie eine Wassermelone in der Mitte durchschneiden, könnten wir sehen, dass er aus vielen konzentrischen Sphären aufgebaut ist: von seinem Kern bis hin zur Erdoberfläche, die wie eine Art raue, feste Haut die äußerste Schicht bildet.

Diese Haut, die Lithosphäre, regeneriert sich ständig entlang von Gebirgszügen im Ozean, den Mittelozeanischen Rücken, wo geschmolzenes Gestein (Magma) aus den Tiefen der Erde aufsteigt. Zugleich werden ihre ältesten Teile unter den Kontinenten aufgezehrt, teilweise auch unter den anderen Ozeanen. Dieser Vorgang wird Subduktion genannt und bewirkt, dass die Lithosphäre in die Tiefe hinabsinkt, wo die Erdwärme das Gestein wieder in seinen geschmolzenen Urzustand zurückversetzt.

Die ozeanische Lithosphäre hat eine durchschnittliche Dichte von 2,9 Gramm je Kubikzentimeter (sie ist also etwa dreimal so schwer wie Wasser), während die im Allgemeinen dickere kontinentale Lithosphäre auf 2,7 Gramm je Kubikzentimeter kommt und damit leichter ist. Das ist freilich kein großer Unterschied, aber er reicht aus, damit die ozeanische unter die kontinentale Lithosphäre absinkt. Diese Subduktion und die Ausbreitung der Ozeane sind die Triebkräfte hinter der Kontinentalverschiebung. Sie sind somit die Ursache für die langsame, aber unaufhaltbare Bewegung der Kontinente und für die Entstehung der Gebirge.

Die starre Lithosphäre (sie bricht eher, als dass sie sich verformt) ist in tektonische Platten unterteilt. Diese gewaltigen steinernen Flöße folgen einer Strömungsbewegung, der Konvektion, die wiederum in der Asthenosphäre entsteht (in etwa 80 bis 200 Kilometern Tiefe). Tektonische Platten erkennt man an hoher seismischer Aktivität, manchmal an Vulkanen und (da sind sie endlich!) an der Entstehung von Gebirgszügen.

Abbildung 1 – Der konzentrische Aufbau der Erde

Die Asthenosphäre ist heiß – sehr heiß sogar! –, und da man sie nicht wirklich flüssig nennen kann (es geht hier um geschmolzenes Gestein bei etwa 1600 °C), muss man sich vorstellen, dass sie aus einem verformbaren Material besteht, das je nach Temperatur und jeweiliger Zusammensetzung mehr oder weniger gut fließt. Die Rede ist hier von unendlich langsamen Bewegungen, von Millimetern pro Jahr, die jedoch ausreichen, um die darüberliegende Lithosphäre mit sich zu ziehen. Was sich hier, in der Asthenosphäre, ereignet, hat große Ähnlichkeit mit Vorgängen, die wir auch in unserem Suppentopf beobachten können: In der Mitte, wo die Hitze der Herdplatte größer ist, ist es heißer, während zu den Rändern hin die Temperatur etwas abnimmt. Die Bewegung der Gemüsestücke verläuft in der Mitte von unten nach oben, an den Rändern hingegen von oben nach unten. Auf dieselbe Weise entstehen innerhalb der Asthenosphäre Bewegungen im geschmolzenen Gestein, die an der darüberliegenden Lithosphäre, der Oberfläche unserer Suppe, zerren, sie in Stücke brechen, anschieben und mit anderen Fragmenten der Lithosphäre kollidieren lassen. Dieser Vorgang wurde vor rund hundert Jahren entdeckt und erstmals beschrieben. Wir kennen ihn heute als Plattentektonik.

Nach diesem kurzen theoretischen Vorspann können wir nun voll ins Thema einsteigen. Erstens: Gebirge entstehen an den Rändern der lithosphärischen Platten. Zweitens: Letzten Endes ist alles eine Frage der Dichte.

Entlang der Mittelozeanischen Rücken entsteht neue Lithosphäre, die auf der darunterliegenden Asthenosphäre treibt und sich von den Rücken wegbewegt. Wo zwei Platten aufeinandertreffen, schiebt sich die schwerere Lithosphäre unter die leichtere. Das Magma, das an den ozeanischen Rücken austritt, bildet lithosphärisches Gestein, dessen Dichte etwas höher ist als die der kontinentalen Lithosphäre. Aus diesem Grund muss es bei einem Zusammenstoß seinem leichteren Gegenüber den Vortritt lassen und versinken. Nicht zuletzt aufgrund dieser Dichtedifferenz liegen die Meeresgründe tiefer und unter Wasser, während die Kontinente höher liegen, über dem Meeresspiegel.

Offensichtlich ist die Lithosphäre nicht flüssig und bewegt sich nur widerwillig; die Bewegung, um die es hier geht, beläuft sich in der Tat auch nur auf wenige Millimeter pro Jahr, wobei die Gesteinsschichten, die sich hier unter andere Platten schieben, Dutzende von Kilometern dick sein können. Es ist ein sehr langsamer Vorgang, der große Reibung hervorruft, Brüche und Verformungen im Gestein nach sich zieht, und an dessen Ende schließlich ein Gebirgszug steht. Immerhin sprechen wir hier von Geologie, also von Ereignissen, die man in Erdzeitaltern misst, aber auch von unermesslichen Kräften, die mit der Zeit gewaltige Erhebungen bewirken können.

DER OZEAN GIBT NACH: DIE ANDEN

Gebirgsketten wie die Rocky Mountains oder die Anden entstehen dort, wo die ozeanische Lithosphäre sich wie ein Keil unter die kontinentale schiebt. Dabei wird die Lithosphäre – während sie nach und nach in die Tiefe sinkt – eingeschmolzen und kehrt innerhalb der Asthenosphäre wieder zu ihrem quasiflüssigen Zustand zurück.

Die Erdbeben, Berge und Vulkane, welche die Anden auszeichnen, sind tatsächlich Folgen der Subduktion der ozeanischen Kruste unter die kontinentale Kruste der Südamerikanischen Platte. Die kontinentale Erdkruste – gewissermaßen die Epidermis unseres Planeten: der äußerste, leichteste und unflexibelste Teil der Lithosphäre – neigt dazu, sich aufzutürmen und zu wölben, und das liegt an der Reibung der beiden großen Erdmassen, die aufeinandertreffen und in entgegengesetzte Richtungen schieben. Die kontinentale Südamerikanische Platte gleitet nach Westen auf die ozeanische pazifische Lithosphäre und wellt sich dabei wie ein Teppich auf unebenem Untergrund.

Abbildung 3 – Entstehung eines Gebirges (1): Ozeanische Kruste vs. Kontinentale Kruste

Wo umgekehrt die ozeanische Lithosphäre in die Asthenosphäre unter dem amerikanischen Kontinent rutscht, entstehen aus der großen Masse riesige Blasen geschmolzenen Gesteins (Magma), die eine geringere Dichte aufweisen als die Erdkruste und die sich mitten in der kontinentalen Lithosphäre ausbreiten. Sie steigen immer weiter auf und erhärten schließlich im Gebirgsmassiv oder, was seltener ist, erreichen die Erdoberfläche und bilden einen der vielen Vulkane, von denen die Anden durchzogen sind.

KONTINENTE AUF KOLLISIONSKURS: DER HIMALAJA

Befinden sich aber zwei kontinentale Lithosphären auf Kollisionskurs, wird die Sache schon komplizierter: Da sich die Dichte der beiden Erdmassen kaum unterscheidet, möchte sich keiner der anderen unterordnen.

Es ist, als würden zwei Teppiche gegeneinandergeschoben: Es kommt zum frontalen Zusammenstoß, die kontinentalen Krusten türmen sich immer höher auf und bilden kolossale Gebirge. Die daraus resultierenden Erschütterungen dringen bis weit in den Kontinent vor. Das trifft beispielsweise auf den sogenannten alpidischen Gürtel zu, den gewaltigen Gebirgszug, der die Alpen mit den Karpaten verbindet, sich von dort weiter bis in den Kaukasus erstreckt und schließlich den Himalaja erreicht. Er ist das Resultat einer Kollision der Eurasischen mit vier weiteren Kontinentalplatten (der Afrikanischen, der Arabischen, der Indischen und der Australischen). Dieser Zusammenstoß hat vor etwa 60 Millionen Jahren begonnen und ist noch immer in vollem Gange.

Es lohnt sich, beim Himalaja (was auf Sanskrit etwa »Wohnsitz des Schnees« bedeutet) kurz innezuhalten, da er eine ganz eigentümliche Geschichte aufweist. Die aufragenden Gipfel dieses Gebirgszugs sind das Resultat der frontalen Kollision von Indien und der Asiatischen Platte – bei (geologischer!) Höchstgeschwindigkeit – vor einigen Dutzend Millionen Jahren. Begeben wir uns also 120 Millionen Jahre in die Vergangenheit: Als Teil eines enormen Kontinents namens Gondwana (der Afrika, die Antarktis und Australien umfasste) hing Indien an Madagaskar und Afrika (und wahrscheinlich auch an Australien). Ein weiter tropischer Ozean, Tethys genannt, trennte es hingegen von Laurasien (einem weiteren Superkontinent, der aus Eurasien, Nordamerika und Grönland bestand). Dann, vor etwa 80 Millionen Jahren, hat Indien sich endgültig von Madagaskar gelöst und begonnen, mit 10–20 Zentimetern im Jahr Richtung Norden zu »eilen«. Afrika und Madagaskar blieben zurück, während Indien innerhalb von 40 Millionen Jahren rund 5000 Kilometer zurücklegte und vor etwa 40 Millionen Jahren schließlich gegen den asiatischen Kontinent stieß. Der Aufprall war (geologisch betrachtet) nicht von schlechten Eltern und schuf die Hochebene von Tibet, wobei einige Verwerfungen sich bis ins Herzland der Mongolei erstrecken. Seither wurde Indiens Schwung zwar ausgebremst, aber nicht völlig zum Stillstand gebracht. Es drückt weiterhin unnachgiebig gegen Asien und dringt mit etwa 5 Zentimetern pro Jahr in den Kontinent ein, was wiederum dessen schneebedeckte Gebirge weiter in die Höhe schiebt und auch die Erdbeben verursacht, die beispielsweise die Hochlagen Pakistans und Nepal erschüttern.

Abbildung 5 – Entstehung eines Gebirges (2): Kontinentale Kruste vs. Kontinentale Kruste

OZEANE UNTER SICH: JAPAN

Es kann auch geschehen, dass eine ozeanische Platte sich unter eine andere ozeanische Platte keilt. Das trifft zum Beispiel auf die Pazifische Platte zu, die sich mit der haarsträubenden Geschwindigkeit von 8 Zentimetern pro Jahr unter Japan und, weiter im Süden, auch unter Neuseeland schiebt. Dabei entstehen Inseln, und zwar in sehr bergigen Varianten; Japan besteht zu immerhin 73 % aus Bergen und weist nur wenige, zumal schmale, ebene Flächen auf. Die damit verbundenen Vulkane sind zudem gewaltig. Der Fuji erreicht eine Höhe von 3776 Metern, während der neuseeländische Aoraki (auch Mount Cook genannt) auf 3724 Meter kommt.

Sobald die ozeanische Kruste den Rand der Eurasischen Platte erreicht, versinkt sie und beginnt zu schmelzen. Hierbei steigen riesige Magmablasen in die Lithosphäre auf und gelangen an die Oberfläche. So entstanden die etwa 200 (davon 60 aktiven) japanischen Vulkane des sogenannten Pazifischen Feuerrings, der auf rund 40000 Kilometern Länge den Pazifik u-förmig umschließt: Hier ereignen sich etwa 90 % aller Erdbeben und hier stößt man auch auf einige der eindrucksvollsten Vulkane des Planeten.

Abbildung 6 – Entstehung eines Gebirges (3): Ozeanische Kruste vs. Ozeanische Kruste

WIE WEICH IST DOCH GESTEIN!

BERGE: AUF BIEGEN …

Gestein ist offensichtlich hart, sehr hart sogar, aber es lässt sich auch verbiegen wie Wachs. Alles eine Frage der Zeit: Um Wachs zu verformen, genügt etwa eine halbe Minute. Um hingegen die Erdkruste zu verbiegen, sind Millionen von Jahren nötig, immense Kräfte, die den Stein zusammendrücken, und extrem hohe Temperaturen.

Diese Bedingungen herrschen erst ab einer gewissen Tiefe – da, wo die Berge noch im Entstehen begriffen sind. Das Gestein reagiert auf diese Einwirkungen, indem es sich plastisch verformt (davon spricht man, wenn das Material seine Gestalt dauerhaft verändert; kehrt es hingegen zu seiner ursprünglichen Form zurück, ist die Rede von elastischer Verformung). Man kann sich natürlich nur schwer vorstellen, wie hartes Gestein sich auf einer Länge von Dutzenden oder Hunderten von Metern wie weiches Wachs verformt, aber unter bestimmten Bedingungen können sich solche Faltungen sogar über Kilometer erstrecken! Sie erreichen manchmal derartige Ausmaße, dass man sie nur mit Hilfe von Luftaufnahmen oder einem wirklich geübten Blick entdecken kann. In anderen Fällen erkennt man sie aber auch leicht am Verlauf einer Straße oder am Schwung der Ufer eines Flusses, der sich seinen Weg durch die Berge gebahnt hat. Die Alpen, der Himalaja oder die Appalachen – alle Gebirgszüge sind voll von Beispielen solcher Gesteinsfalten.

Welcher ist der höchste Berg? Mount Everest, Mauna Kea oder Chimborazo?

Das kommt darauf an. Der Mount Everest – dem wir für den Augenblick seinen nepalesischen Namen zurückgeben wollen, Sagarmāthā, oder, auf Sanskrit, Qomolangma – erhebt sich 8848 Meter über den Meeresspiegel und hält damit ohne Zweifel den Rekord. Gäbe es jedoch das Meer nicht, müsste man den ersten Platz vielleicht eher dem Vulkan Mauna Kea zusprechen, der zwar nur 4200 Meter aus dem Wasser ragt, dessen Spitze jedoch rund 10000 Meter vom Meeresboden entfernt ist (was bedeutet, dass 5800 Meter unter Wasser liegen).

Die sieben höchsten Gipfel

Berg

Kontinent

Höhe

Mount Everest

Asien

8848 Meter

Aconcagua

Südamerika

6962 Meter

Mount McKinley

Nordamerika

6194 Meter

Kilimandscharo

Afrika

5895 Meter

Elbrus

Europa

5642 Meter

Mount Vinson

Antarktis

4892 Meter

Mount Kosciuszko

Australien

2228 Meter

Um den Gipfel ausfindig zu machen, der am weitesten vom Mittelpunkt der Erde entfernt ist, müssen wir uns nach Ecuador begeben, genauer gesagt in die Anden, wo wir auf den Chimborazo stoßen, der eine Höhe von 6310 Metern über dem Meeresspiegel aufweist. Kalkuliert man jedoch mit ein, dass die Erde (bei weitem) keine perfekte Kugel ist, dann ist der Gipfel des Chimborazo 6384 Kilometer vom Mittelpunkt der Erde entfernt und schlägt somit den Sagarmatha – oder Qomolangma – um gut zwei Kilometer.

Was aber, wenn wir unseren Planeten verlassen und die Jagd nach dem höchsten Berg bis an die Grenzen des Sonnensystems ausweiten? In diesem Fall befände sich der Sieger auf dem Mars, wo sich der Mount Olympus auf eine Höhe von mehr als 22 Kilometern erhebt und dessen Basis einen Durchmesser von 600 Kilometern aufweist. Er ist der gewaltigste Vulkan des Sonnensystems und daher auch der höchste Berg in diesem heimeligen Winkel der Galaxis. Wissenschaftlern zufolge ereignete sich seine letzte Eruption vor rund zwei Millionen Jahren, sodass man ihn noch als aktiven, wenngleich als einen ruhenden Vulkan bezeichnen kann.

… UND BRECHEN

Unter anderen Bedingungen wird das Gestein sich nicht verbiegen, sondern brechen: Wo zwei Bereiche der Erdkruste sich aneinander entlangbewegen, entstehen Verwerfungen oder Bruchflächen im Gestein, auch Scherzonen genannt. Wenn in einer solchen Zone die Bewegung die Widerstandsfähigkeit des Gesteins übersteigt, bricht es, und es kommt zu Erdbeben.

Erdbeben ereignen sich meist an jenen Verwerfungen, die weitläufige Bruchlinien (oder »Familien« von Bruchlinien) darstellen, deren Entstehung wiederum mit dem Aufeinandertreffen zweier Platten der Erdkruste zusammenhängt. Diese Verwerfungen verformen sich aufgrund des Schubs der Platten, wobei sich im Verlauf der Jahre immense Energiemengen aufstauen. Diese Energie wird freigesetzt, wenn das Gestein unter der Belastung schließlich nachgibt und bricht. Anstelle eines trockenen Knackens kommt es hierbei allerdings zu einem Erdbeben. Diese Vorgänge sind von einer monumentalen Langsamkeit, weshalb zwischen einem schweren Erdbeben und dem nächsten oftmals Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte liegen. Unser Planet ist durchzogen von unendlich vielen Verwerfungen, wovon einige unfassbar groß sind, andere wiederum nur wenige Dutzend Meter lang. Einige sind aktiv (oder rezent), was bedeutet, dass die beiden Abschnitte der Erdkruste, die sich entlang der Bruchlinie berühren, zunehmend Energie ansammeln (also auch genau in diesem Moment!). Überschreitet die aufgestaute Menge das Belastungsmaximum, wird die gesamte Energie auf einmal freigesetzt und ruft ein Erdbeben hervor. Andere Verwerfungen sind jedoch inaktiv (oder fossil) und erinnern eher an Narben, die von urzeitlichen Bewegungen der Erdkruste künden.

Die weltweit bekannteste dieser Verwerfungszonen ist wahrscheinlich der San-Andreas-Graben in den Vereinigten Staaten. Von beeindruckender Zerstörungskraft – die sie vor nicht allzu langer Zeit erneut unter Beweis gestellt haben – sind allerdings auch die Alpine-Verwerfung in Neuseeland (Erdbeben der Stärke 7 im Jahr 2010) sowie die Nordanatolische Verwerfung in der Türkei (Erdbeben der Stärke 7,2 in der Region Van im Jahr 2011). Beide erstrecken sich über Hunderte von Kilometern durch gebirgige Gebiete und verlaufen unweit bedeutender Städte wie Istanbul oder Christchurch, die tatsächlich als hochgradig erdbebengefährdet gelten. Aber auch der Apennin, die Wirbelsäule Italiens, ist auf seiner gesamten Länge von Verwerfungen durchzogen, von denen einige hohe Aktivität aufweisen.

Ziehharmonika-Gebirge, oder: Die Geburt der Alpen

Stellen wir uns einmal eine Geschichte des alpinen Gebirgszugs im Zeitraffer vor, der Hunderte Jahrmillionen vor unserer Zeit einsetzt und bis heute reicht. Das Ergebnis wäre erstaunlich: Die ganze geographische Region würde sich vor unseren Augen erst auffalten, dann wieder verschließen, wie eine Art geologische Ziehharmonika.

Unser Zeitraffer setzt vor etwa 200 bis 230 Millionen Jahren ein. Zunächst sehen wir einen einzigen gewaltigen Kontinent namens Pangea (Griechisch für »die ganze Erde«), der im Wesentlichen alle heutigen Kontinente umfasst. Wo sich heute die Alpen erheben, befindet sich noch der Ausläufer eines tropischen Meeres, hier und da mit Inselchen oder Korallenatollen besprenkelt. Im Zeitraffer präsentiert sich uns ein tropisches Paradies, und hätte es damals schon die Städte Zürich oder Como gegeben, wären wir wohl im Einbaum von der einen zur anderen gereist (oder womöglich im Segelboot, da etwa 700 Kilometer zwischen ihnen gelegen hätten).

Auf einmal, vor etwa 150 Millionen Jahren, sehen wir, wie Tethys – ein Ozean nicht unähnlich jenem, der heute Afrika und Eurasien vom amerikanischen Kontinent trennt – sich wie ein Keil in die Landmasse Pangeas schiebt und den Urkontinent in zwei kleinere Kontinente aufbricht. Im Norden entsteht Laurasien (der Eurasien und Nordamerika umfasst), im Süden Gondwana (bestehend aus Südamerika, Afrika, Indien, Australien und der Antarktis). Auf dem aktuellen Stand bräuchten wir, um von Como nach Zürich zu gelangen, schon ein ordentliches Schiff, weil zwischen den beiden Städten inzwischen 1500 Kilometer Ozean lägen.

Vor 60 Millionen Jahren beginnt der Atlantik jedoch sich zu öffnen, indem Nord- und Südamerika sich langsam von ihren jeweiligen Fragmenten des Urkontinents lösen. Gleichzeitig setzt auch das Ende des Ozeans Tethys ein, der sich nun zunehmend schließt, wie auch der Zeitraffer zeigt. Ebenfalls kann man sehen, dass zwei Teile Gondwanas (die wir heute Afrika und Indien nennen) kräftig nach Norden drängen und einen Kollisionskurs zum eurasischen Kontinent aufnehmen. Der Ozean wird schließlich teilweise unter aufgehäufter kontinentaler Lithosphäre begraben, teilweise wird er eingequetscht und emporgepresst wie Marmelade zwischen zwei Scheiben Brot. Das ist die Geburtsstunde des alpidischen Gürtels (von den Alpen bis zum Himalaja), dessen Grate sich nun langsam aus der Erdkruste erheben. Der Zeitraffer endet damit, dass Como und Zürich heute nur 300 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt sind. Um von der einen Stadt in die andere zu gelangen, muss man zwar keinen Ozean mehr überqueren, dafür aber einen Gebirgszug (während hier und da in den Alpentälern Geologen noch immer Spuren der alten Tethys und ihrer ozeanischen Kruste erkennen können).

Abbildung 7 – Zeitraffer der Alpen: 230 bis 30 Millionen Jahre vor unserer Zeit

KANN MAN ERDBEBEN VORHERSAGEN?