Unterwegs mit AnnetteKrus-BonazzaOrientiert in WienStadt und StadtviertelSightseeing-KlassikerSightseeing-AlternativenEssen gehenAusgehenShoppingWege durch WienTour 1: Stephansdom, Hofburg und RingstraßenarchitekturTour 2: Musikalischer Rundgang durchs südöstliche ZentrumTour 3: Nordwestliches StadtzentrumTour 4: Nordöstliches Zentrum und WeißgerberviertelTour 5: Museumsquartier, Spittelberg und MariahilferstraßeTour 6: Rund ums BelvedereTour 7: Rund um den NaschmarktTour 8: Alsergrund und JosefstadtTour 9: Leopoldstadt und PraterZiele auf und jenseits der GürtellinieDer GürtelSchönbrunn und HietzingDöbling und die WeinbergePenzing und OttakringZentralfriedhofGasometer City (Music City)Wiener WaterfrontAusflüge ins Wiener UmlandKlosterneuburgTullnWeinhochburgen der ThermenregionCarnuntumBratislavaStift MelkNachlesen & NachschlagenStadtgeschichteKunst- und KulturgeschichteWiener Küche(n)Wiener KulturlebenDas Fest- und FestivaljahrNachtlebenWien mit KindernWien (fast) umsonstAnreise nach WienMobil in WienÜbernachtenWien von A bis ZWien kompaktAlle MuseenAlle RestaurantsÜber dieses BuchÜbersichtskarten und PläneIndex
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Tour 1: Stephansdom, Hofburg und RingstraßenarchitekturTour 2: Musikalischer Rundgang durchs südöstliche ZentrumTour 3: Nordwestliches StadtzentrumTour 4: Nordöstliches Zentrum und WeißgerberviertelTour 5: Museumsquartier, Spittelberg und MariahilferstraßeTour 6: Rund ums BelvedereTour 7: Rund um den NaschmarktTour 8: Alsergrund und JosefstadtTour 9: Leopoldstadt und PraterAuf der GürtellinieSchönbrunn und HietzingDöblingZwischen Penzing und OttakringZentralfriedhofWiener WaterfrontÜbernachten in WienZeichenerklärungWien (Übersicht)Schnellverbindungen in Wien
Tour 1: Stephansdom, Hofburg und RingstraßenarchitekturEin Spaziergang der städtebaulichen Superlative. Er führt durch die Herzkammer des einstigen Habsburgerreiches und auf die Prachtstraße Wiens, die einem Architekturmuseum des Historismus gleicht.Tour 2: Musikalischer Rundgang durchs südöstliche ZentrumZu Besuch in der Welthauptstadt der Musik. Im Programm sind Staatsoper, Mozarthaus Vienna, Arnold-Schönberg-Center, das sensationelle „Klangmuseum“ Haus der Musik und, und, und.Tour 3: Nordwestliches StadtzentrumEin Streifzug durch die Stadtgeschichte: Relikte aus römischer Zeit, Erinnerung an das Leben im historischen Wiener Judenviertel und ein Blick auf die baulichen Zeugnisse der mittelalterlichen Stadt.Tour 4: Nordöstliches Zentrum und WeißgerberviertelRomantische Gassen, Otto Wagners modernes Architekturdenkmal Postsparkasse und das Museum für angewandte Kunst säumen den Weg zu Hundertwassers kunterbuntem Erbe.Tour 5: Museumsquartier, Spittelberg und MariahilferstraßeZu Gast in spektakulär bestückten (Kunst-)Museen, zu Besuch im biedermeierlich-idyllischen Spittelberg und zum Kauf auf der größten und bekanntesten Shoppingmeile der Stadt.Tour 6: Rund ums BelvedereDie barocke Schloss- und Parkanlage macht ihrem Namen alle Ehre und bietet darüber hinaus noch große mittelalterliche und moderne Kunst. Ein Abstecher führt zum St. Marxer Friedhof mit dem Grabmal Mozarts.Tour 7: Rund um den NaschmarktEin Ausflug ins mediterran-orientalisch angehauchte Wiener Schlaraffenland, das dank der hübsch anzuschauenden Jugendstilarchitektur rundum auch ein wahrer Augenschmaus ist.Tour 8: Alsergrund und JosefstadtAls Univeritätsviertel bietet Alsergrund vor allem studentisches Flair sowie einschlägige Museen (Medizin), während die Josefstadt mit dem gleichnamigen Theater, hübschen Läden und Lokalen lockt.Tour 9: Leopoldstadt und PraterDer Prater mit seinem berühmten Riesenrad nimmt den größten Teil der Leopoldstadt ein, das andere (nordwestliche) Ende besetzt das Naherholungsgebiet Augarten. Zwischen den beiden Parkanlagen pulsiert das bis heute jüdisch geprägte Alltagsleben.
Wege durch Wien
Im 1. Bezirk
Tour 1
Unter der Obhut von St. Stephan wuchs zwischen der zweiten Hälfte des 13. und dem Ende des 19. Jh. das von Plätzen und Parks aufgelockerte Gebäudeensemble der Hofburg, vor dessen Michaelertor römische Ruinen an die Ursprünge der Stadt erinnern und das Loos-Haus den baugeschichtlichen Aufbruch in die Moderne markiert.
Stephansdom, das Wahrzeichen von Wien
Albertina, Kunstmuseum von Weltrang
Michaelerplatz, Stadtsalon
Hofburg, Zuhause von Kaisern und Königen
Monumentales Wien
Stephansdom, Hofburg und Ringstraßenarchitektur
Zwischen dem hochmittelalterlichen Stephansdom und der Hofburg spannt sich ein von Graben, Kohlmarkt und Kärntner Straße eingefasstes Netz mondäner Einkaufs- und Flaniermeilen mit edlen Geschäften, gediegenen Restaurants und Kaffeehäusern.
Unweit des neuesten Trakts der weitläufig verschachtelten Schlossanlage (Neue Hofburg) ließen die Habsburger zwei architektonisch gleichgesichtige Domizile für ihre wertvollen natur- und kunsthistorischen Sammlungen errichten. Die Seitenfronten der Museumszwillinge flankieren die Ringstraße, die man seit den 1850er-Jahren halbkreisförmig um den bis dahin von einem Mauergürtel behüteten historischen Stadtkern legte und sukzessive mit protzigen Palästen im Baustil des Historismus dekorierte. Zu den Paradebeispielen der Wiener Ringstraßenarchitektur gehören Burgtheater, Rathaus, Parlament und Universität, die die Westflanke des weltberühmten Boulevards zieren, der 1865 von Kaiser Franz Joseph I. offiziell eingeweiht und in die Abschnitte Stuben-, Park-, Schubert-, Opern-, Burg-, Dr.-Karl-Renner- und Universitätsring unterteilt wurde. Der Universitätsring hieß übrigens früher Dr.-Karl-Lueger-Ring und wurde erst im Sommer 2012 vom Namen des offen antisemitischen Wiener Ex-Bürgermeisters (→ Geschichte) befreit.
Spaziergang
Der Spaziergang, auf dem man gleichsam alle Phasen der Stadtgeschichte durchläuft, vermittelt einen bleibenden Eindruck vom pompösen Lebensstil der Habsburger und der stadtbildprägenden Wirkung dieser großen Herrscherdynastie. Er ist ohne Innenansicht der am Weg gelegenen Museen an einem halben, bei Auswahl von zwei oder drei Highlights gut an einem Tag zu bewältigen. Diejenigen, die alle Ausstellungen würdigen, in Kaffeehäusern einkehren und obendrein einen Einkaufsbummel einschieben wollen, sollten allerdings zwei bis drei Tage einplanen.
Vom Stephansdom zur Albertina
Wer den Dom mit der U-Bahn ansteuert, stößt schon kurz nach Verlassen des Zuges auf die erste Sehenswürdigkeit, die unterirdische → Virgilkapelle aus dem 13. Jh., die 1973 beim U-Bahn-Bau entdeckt und als Museum in die Metro-Station integriert wurde.
Nach Bewunderung des sakralen Kleinods huschen wir mit der Rolltreppe hinauf zum Stephansplatz und finden uns dort direkt vor dem Hauptportal von → St. Stephan wieder, dessen im Wiener Volksmund „Steffl“ genannter Südturm sich 137 m hoch in den Himmel streckt.
Wer mag, kann über gut 300 Stufen die Türmerstube erklimmen und die Stadt aus der Vogelperspektive betrachten oder aber in die Katakomben der seit Jahren hier oder da zwecks Restaurierung verhüllten Bischofskirche hinabsteigen, neben der in Erwartung zahlreicher Fahrgäste eine Fiakerflotte stationiert ist.
Auf den Boden bzw. ans Tageslicht zurückgekehrt, geht es - nach Begutachtung des → Dom Museums Wien - vom Stephansplatz in Richtung Graben. Dabei passieren wir das 1990 eröffnete und anfangs sehr umstrittene Haas-Haus, das Stararchitekt Hans Hollein für das Mitte des 19. Jh. gegründete gleichnamige Traditionskaufhaus entwarf. Die Errichtung des postmodernen Konsumtempels mit seinen ausladenden Glasfassaden direkt vis-à-vis des Stephansdoms kam für viele einer Entweihung der ehrwürdigen Kathedrale gleich. Inzwischen haben sich die Gemüter beruhigt, zumal man von den Fenstern und Sonnenterrassen der Nobelgastronomie in seinen oberen Etagen eine wunderbare Aussicht auf das Wahrzeichen Wiens genießt.
Mitten in der von erlesenen Geschäften eingerahmten Fußgängerzone (Graben) erhebt sich die 1692 enthüllte Pestsäule, die der italienische Bühnenbildner Ottavio Burnacini im Gedenken an die Pestepidemien des ausgehenden 17. Jh. gestaltet hat. Über die von lieblichen Engelsfiguren umspielte Säule, an deren Fuß der in Stein gehauene Auftraggeber Leopold I. ehrfürchtig niederkniet, wacht gleich um die nächste Häuserecke die grüne Kuppel der → Peterskirche, ein Vorzeigeobjekt hochbarocker Bau- und Bildhauerkunst.
Wieder zurück auf der schicken Einkaufsmeile, werfen wir noch einen Blick auf die appetitanregenden Auslagen des mehrstöckigen Feinkosttempels von Kaffeeröster Meinl, das von Adolf Loos entworfene Ladenlokal (1910) des Herrenausstatters Knize, dessen hübsche Jugendstil-Toilettenanlagen (1904) und Otto WagnersAnkerhaus (1895). An dem biegen wir in die kurze Dorotheergasse ein, in der gleich linker Hand das dort seit gut 100 Jahren kredenzte verführerische Brötchenbuffet von Trzesniewski lockt, hinter dem das Hotel Graben mindestens genauso lange auf seine Gäste wartet. Zu denen gehörten früher einmal namhafte Schriftsteller wie Peter Altenberg, der hier von 1914 bis zu seinem Tod im Jahre 1919 sogar dauerhaft logierte. Schräg gegenüber lädt das schummerig-schöne Lokal der Familie Hawelka schon seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zu Kaffee, Kuchen und klassischer Kaffeehausatmosphäre ein.
Der „Steffl“ bietet aus jeder Perspektive Interessantes
Wieder auf die andere Straßenseite zurückgekehrt, erreicht man bald das → Jüdische Museum, das seinen Besuchern Informationen zur Geschichte der Wiener Juden und stets spannende Sonderausstellungen offeriert. Gleich dahinter hält das → Dorotheum, ein Auktionshaus für Möbel, Schmuck, Geschirr und Gemälde, auf mehreren Etagen so manches wertvolle Schnäppchen bereit.
Die Dorotheergasse mündet in die Augustinerstraße, auf der wir uns zunächst links halten, um uns entlang der Seitenfronten der Augustinerkirche zum östlichsten Gebäudezipfel der Hofburg zu bewegen. Weil der zuletzt von Maria Theresias Schwiegersohn Herzog Albert von Sachsen-Teschen bewohnt wurde, heißt er → Albertina. Die zum zeitgemäßen Museum umgebaute Albertina beherbergt eine einst vom Hausherrn selbst begründete Grafiksammlung, die zu den größten und kostbarsten der Welt zählt. Sie birgt die verschwenderisch vergoldeten Habsburger Prunkräume, präsentiert aber vor allem spektakuläre Wechselausstellungen moderner Kunst, in die gegebenenfalls Werke aus der eigenen, permanent erweiterten Kollektion integriert werden. In einem Seitentrakt des historischen Stadtpalais, das mit Hans Holleins aus Titan geschmiedetem Soravia-Wing auch außen einen zeitgenössischen Akzent setzt, haben das → Österreichische Filmmuseum und ein Stadtheuriger Quartier bezogen.
Die Albertina, die seit 2020 eine ebenfalls hochkarätig bestückte Dependance namens Albertina Modern am Karlsplatz unterhält, bekam jüngst Konkurrenz in direkter Nachbarschaft: Dort verwandelte sich ein historisches Stadtpalais aus dem 19. Jh. zum Heidi-Horten-Museum, in dem seit dem 3. Juni 2022 die millionenschwere Kunstsammlung der wenige Tage darauf verstorbenen gleichnamigen Milliardärin der Öffentlichkeit präsentiert wird (→ Kasten).
Die Albertina flankiert zusammen mit dem hinteren Flügel der Staatsoper, dem → Theatermuseum im Palais Lobkowitz, dem Café Mozart und der Informationszentrale des WienTourismus den Albertinaplatz, dessen Nordwestzipfel zu Ehren des früheren Wiener Bürgermeisters (gest. 2008) Helmut-Zilk-Platz heißt. Auf Letzterem gemahnt das von Alfred Hrdlicka als schockierend eindringliches plastisches Bild modellierte, oft monierte und von besagtem Bürgermeister protegierte Denkmal gegen Krieg und Faschismus seit 1988 an Kriegshorror und Holocaust.
Von der Albertina zum Michaelerplatz
Vom Albertina/Helmut-Zilk-Platz machen wir einen Sprung zum Neuen Markt, wo der barocke Donnerbrunnen (nach dem Bildhauer Georg Raphael Donner benannt), vor allem aber die Kapuzinerkirche mit ihren illuster „belegten“ Katakomben der Besichtigung harren. Nachdem wir zur Aufwartung an den Kaiser(innen)gräbern in die → Kapuzinergruft hinabgestiegen sind, steuern wir wiederum über die Augustinerstraße den Josefsplatz an. In dessen Mitte erhebt sich seit 1807 ein von Anton Zauner geschaffenes Reiterstandbild seines reformfreudigen Namenspatrons Joseph II., dessen Herz ebenso wie die seiner Vor- und Nachfahren in der Herzgruft der Habsburger in der benachbarten → Augustinerkirche aufbewahrt wird.
Die → Nationalbibliothek (Prunksaal/Augustinersaal), die Rückfronten von Redoutensälen und Spanischer Hofreitschule und → Palais Pallavicini sowie → Palais Palffy vervollständigen das (architektur-)geschichtsträchtige Gebäudeensemble am Josefsplatz, von dem aus wir uns zwischen Winterreitschule und Stallburg zum Michaelerplatz zwängen, der vom prunkvollen, kuppelgekrönten Michaelertrakt der Hofburg dominiert wird. Scheinbar ein Paradebeispiel hochbarocker Baukunst, wurde er erst Ende des 19. Jh. errichtet. Allerdings orientierte sich sein Architekt Ferdinand Kirschner an den gezeichneten Hinterlassenschaften seines berühmten Vorgängers Johann Bernhard Fischer von Erlach und verwirklichte postum dessen bereits zu Beginn des 18. Jh. vorgelegten Entwurf zum Ausbau des kaiserlichen Schlosses.
Geblendet vom glanzvollen Entree der Hofburg, sieht man die schneeweiße, 1792 neoklassizistisch eingekleidete mittelalterliche → Michaelerkirche erst auf den zweiten Blick. Das gilt eigentlich auch für das von Hans Hollein mit Steinbrüstungen und Gittern eingefasste → Archäologische Grabungsfeld im Zentrum des Michaelerplatzes und das architektonisch schlichte → Loos-Haus an seiner Nordwestflanke, das zu Beginn des 20. Jh. gerade wegen seiner Schlichtheit - vielen eher unangenehm - ins Auge stach.
Bevor wir durch das Michaelertor in die Welt der Habsburger eintauchen, sei eine Verschnaufpause im historischen Café Central oder Demel empfohlen. Beide tragen große Kaffeehausnamen und sind wegen ihrer einst prominenten Stammkunden oder süßen Versuchungen ein Begriff. Das Café Central in der Herrengasse, in der übrigens en passant → Globen- und Esperantomuseum zu würdigen sind, war um die vorletzte Jahrhundertwende ein gern frequentierter Literatentreffpunkt. Das Demel wuchert mit seiner k. u. k. Hofzuckerbäcker-Vergangenheit und stellt seine kalorienreichen Künste an der edlen Einkaufs- und Flaniermeile Kohlmarkt unter Beweis, wo mit dem Domizil der Buchhandlung Manz ein weiterer Loos-Bau (1912) und dem inzwischen ebenfalls als Ladenlokal genutzten Artaria-Haus (1901) schräg vis-à-vis ein im Jugendstildekor gehaltenes Werk von Wagner-Schüler Max Fabiani zu begutachten sind.
Zur Hofburg
Nach den Abstechern zu Kohlmarkt und Herrengasse und eventuell zum „Zeitreise-Kino“ → Time Travel Vienna, der Virtual-Reality-Show Sisi’s Amazing Journey in der Habsburgergasse oder dem sinnestäuschenden Museum der Illusionen in der Wallnerstraße durchschreiten wir das Michaelertor. Unter dessen Kuppel öffnen sich die Türen zum imperialen „Museumsdrilling“ → Silberkammer, → Kaiserappartements und → Sisi-Museum, direkt vis-à-vis befindet sich das Besucherzentrum der → Spanischen Hofreitschule. Unter dem Eindruck der Tisch-, Repräsentations- und Wohnkultur der Habsburger, des Liebens und Leidens der legendären Kaiserin und der anmutigen Lipizzaner erreichen wir nach wenigen Schritten den Hof der Alten Burg (Innerer Burghof), der von Reichskanzleitrakt, Kaiserappartements, Leopoldinischem Trakt und Schweizertrakt eingefasst ist. In seiner Mitte blickt Kaiser Franz I. von einem Sockel auf das Schweizertor, das in einen gleichnamigen kleinen Seitenhof führt, der nach einer Schweizergarde benannt wurde, die im 18. Jh. hier stationiert war. Von dort gelangt man in die → Schatzkammer, in der die kostbaren Insignien geistlicher und weltlicher Macht aus mehreren Jahrhunderten zu bestaunen sind, und die kleine → Hofmusikkapelle, die am Sonntagmorgen von den glockenreinen Stimmen der Wiener Sängerknaben erfüllt wird.
Eine der edelsten Flaniermeilen der Stadt
In den Hof der Alten Burg zurückgekehrt, geht es durch den Leopoldinischen Trakt auf den Heldenplatz, auf dem sich Prinz Eugen von Savoyen und Erzherzog Karl - beide vom Bildhauer Anton Dominik Fernkorn porträtiert - steinern reitend gegenüberstehen. Während der Erste zum Volksgarten schaut, hat der Zweite das ausladende, heute von mehreren spannenden Museen bespielte Gebäudeensemble der → Neuen Hofburg im Visier, neben dem das von Luigi Cagnola und Pietro Nobile kreierte Äußere Burgtor seit 1823 die südliche Grenze des Heldenplatzes markiert. Ursprünglich als Denkmal für die Völkerschlacht bei Leipzig konzipiert, wurde es 1933/34 zum Heldendenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs umgestaltet. 1945 wurde noch ein Ehrenraum für den österreichischen Widerstand gegen den Hitler-Faschismus integriert.
Vom Heldenplatz zum Burggarten
Durch die klassizistischen Säulenreihen des Äußeren Burgtors schaut man auf den Maria-Theresien-Platz, den wir aber zunächst links liegen lassen, um uns - mit einem Seitenblick auf das Bundeskanzleramt am (rechts) benachbarten Ballhausplatz und die dahinter aufragende → Minoritenkirche - dem Volksgarten zuzuwenden. Dort angelangt, flaniert man zwischen in den 1820er-Jahren angepflanzten Bäumen und Blumenbeeten, die sich im Frühsommer in ein duftendes, buntes Rosenmeer verwandeln, passiert man Franz-Grillparzer- und → Kaiserin-Elisabeth-Denkmal sowie den schneeweißen Theseustempel (1823), der ebenfalls dem Sieg über Napoleon huldigt und innen mit wechselnden zeitgenössischen Kunstinstallationen überrascht.
Botanisch und architektonisch bestechend (Volksgarten)
Nur einige Baumreihen von Pietro Nobiles griechisch-antik gehaltener Ruhmeshalle entfernt beeindruckt mit dem → Burgtheater am Universitätsring ein außen wie innen bestechendes Beispiel protziger Wiener Ringstraßenarchitektur. Gleich nebenan prunkt das 1711 von der gleichnamigen Fürstenfamilie bezogene hochbarocke → Stadtpalais Liechtenstein und kehrt die Crème de la Crème aus Kunst, Wirtschaft und Politik im „distinguierten und einschüchternd eleganten“ (Wolfram Siebeck) Café Landtmann ein.
Vis-à-vis der „Burg“, wie der berühmte Musentempel kurz genannt wird, erhebt sich das kathedralengleiche neugotische → Rathaus, vor dem sommers wie winters publikumswirksame Freiluftspektakel (z. B. Christkindlmarkt, Eistraum oder Musikfilmfestival) veranstaltet werden. Nur einen Katzensprung vom Rathaus entfernt gibt das → MUSA zeitgenössischen (österreichischen) Künstlern ein Ausstellungsforum und ist mit den → Loos-Räumen eine vom Stararchitekten der Wiener Moderne eingerichtete Wohnung zu begutachten.
Nördlich und südlich des Rathauses komplettieren die im Stil der Renaissance gehaltene → Universität und das neoklassizistische → Parlament das rund um den Rathauspark gruppierte, wohl eindrucksvollste städtebauliche Ensemble der Ringstraßenära.
Hinter dem gerade generalsanierten „Parlamentstempel“ säumt das → Palais Epstein, ein architektonisches Gemeinschaftswerk von Theophil Hansen und Otto Wagner, die hier Dr.-Karl-Renner-Ring getaufte Prachtstraße, die wenige Meter weiter „Burgring“ heißt. Letzterer öffnet sich linker Hand zum Maria-Theresien-Platz mit → Kunst-und Naturhistorischem Museum. Wie der Name erahnen lässt, thront zwischen den beiden Neorenaissance-Palästen, umringt von kleinen grünen Inseln und Brunnen, die „Mutter der Nation“ Maria Theresia, deren steinernes Abbild der Bildhauer Kaspar Zumbusch 1888 dort postierte.
Wer nach der Begutachtung ganzer Herden ausgestopfter Tiere und Tausender Vitrinen mit Mineralien und dem Besuch der viertgrößten Gemäldegalerie der Welt noch aufnahmefähig ist, möge vom Burg- zum Opernring weiterwandern und rechter Hand zur → Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz ausscheren. Dort steht seit 1876 auf einem Granitsockel und in Bronze gegossen Friedrich von Schiller vor einem ansehnlichen Palazzo im Stil der italienischen Renaissance. Darin sind schöne Künste zu studieren und Meisterwerke der europäischen Malerei zu goutieren.
Zum Ausklang der Grand Tour geht’s, vorbei an der 1900 enthüllten Hommage an Deutschlands zweiten Dichterfürsten (Johann Wolfgang von Goethe), direkt vis-à-vis vom Opernring in den → Burggarten, wo Denkmäler für zwei Kaiser und Wolfgang Amadeus Mozart zum Stehenbleiben und → Palmen- und Schmetterlinghaus zur Einkehr animieren.
Sehenswertes
Unterirdische Kirche
Virgilkapelle
Die Virgilkapelle datiert aus den 1230er-Jahren, wurde um 1246 um Fugenmalereien und Radkreuze bereichert und diente als Unterbau der später errichteten, inzwischen verschwundenen Maria-Magdalenen-Kapelle auf dem heutigen Stephansplatz. Sie wurde ab dem 14. Jh. u. a. als Gruft und Andachtsraum einer reichen Kaufmannsfamilie genutzt und birgt einen Altar zu Ehren ihres heiligen Namenspatrons. Nach jahrelanger Restaurierung ist der Sakralbau, der nicht zuletzt durch seine Lage mitten im öffentlichen Verkehrsgetriebe fasziniert und beim Umbau um eine kleine Ausstellung über das mittelalterliche Wien aufgewertet wurde, wieder eine „begehbare Sehenswürdigkeit“ (Di-So 10-18 Uhr, 5 €).
Sakrale (Bau-)Kunst
St. Stephan
Der Grundriss von St. Stephan gliedert sich in das Langhaus, den Albertinischen Chor, den Süd- und Nordturm sowie die jeweils von kleinen Kapellen flankierten Westtürme rechts und links vom Hauptportal (Riesentor). Seine Baugeschichte beginnt 1137. In jenem Jahr wurde der Grundstein für die 1147 geweihte und 1170 fertiggestellte Stephanskirche gelegt, die jedoch erst 1469 zur Kathedrale avancieren sollte. Von diesem ersten Bau sind allein die Erdgeschossbereiche der Westtürme übrig geblieben. Ihre heutige Gestalt nahmen Riesentor und Türme, die übrigens zunächst nach dem Babenberger Heinrich II. „Heinrichs-“, später „Heiden-“ und erst im 18. Jh. „Westtürme“ genannt wurden, erst zwischen 1240 und 1263 an.
1304 gab der Habsburger Albrecht I. den nächsten großen Ausbau der Kirche in Auftrag, indem er das damals noch romanisch gestaltete Langhaus um den 1340 eingeweihten Albertinischen Chor erweitern ließ. Der setzte insofern Maßstäbe, als Rudolf IV. 1359 anordnete, das Langhaus im gotischen Stil umzubauen, der Breite des Albertinischen Chores anzupassen und mit zwei seitlichen Portalen (Bischofs- und Singerportal) zu versehen. Außerdem ließ er den beiden Westtürmen jeweils eine kleine Kapelle (die Valentins- und die Bartholomäuskapelle) zur Seite stellen und veranlasste den Bau des Südturms. Nachdem der bis 1433 zu seiner stattlichen Länge von 137 m in den Himmel hinauf gewachsen war, wurde 1450 der Grundstein für einen zweiten Turm an der Nordflanke der Kirche gelegt. Der sollte sich freilich nie mit seinem „großen Bruder“ messen können, weil sein Ausbau einige Jahrzehnte später eingestellt wurde, worauf der Torso in den 1550er-Jahren eine kuppelverzierte Krone erhielt. Neben dem Nordturm befindet sich die Kapistrankanzel, die ihren Namen dem italienischen Franziskanermönch Capistranus verdankt, der die Wiener von dort aus 1451 zum Kreuzzug gegen die ungläubigen Osmanen aufrief.
Der Steffl spiegelt sich im Haas-Haus
Ihre charakteristisch gemusterten, mit farbigen Glasurziegeln gedeckten Dächer erhielten die Domschiffe im ausgehenden 15. Jh., während der doppelköpfige Kaiseradler erst seit 1831 auf dem Dach des Albertinischen Chores flattert. Weil Brände, Erdbeben, Kriegs- und Umweltschäden dem imposanten Bauwerk seither übel mitspiel(t)en, ist vieles nicht mehr im Originalzustand erhalten und aufwendig restauriert worden, was die Faszination der stetig bestandssichernd bearbeiteten monumentalen Kathedrale jedoch nicht schmälert.
Dass sie auch in ihrem Innern durch eine feierliche Atmosphäre, zahlreiche gestalterische Details und sakrale Kunstwerke zu beeindrucken vermag, versteht sich fast von selbst. Besondere Beachtung verdienen die Kanzel (1514/15) und der Orgelfuß (1513), deren figurative Elemente der spätgotische Bildhauer Anton Pilgram modelliert und dabei jeweils seine eigene Porträtbüste integriert hat. Ebenfalls im Langhaus sind eine gemalte „Dienstbotenmadonna“ oder das von Ulrich Auer in den Jahren 1476-1481 gefertigte Taufbecken aus rotem Salzburger Marmor zu bestaunen. Im Albertinischen Chor fallen das von Niklas Gerhaert van Leyden dekorierte Grabmal Friedrichs III. und der Wiener Neustädter Altar ins Auge.
Weitere Sehenswürdigkeiten warten im Nordturm, wo eine riesige, nur zu besonderen Anlässen bewegte, 20 Tonnen schwere, frei schwingende Glocke (Pummerin) hängt, und in den Katakomben der Kathedrale. Dort kann man den Sarkophagen Rudolfs IV. und seiner Ehefrau oder den Gräbern der Domherren die Aufwartung machen und die Urnen sehen, in denen die sterblichen Überreste der frühen Habsburger - mit Ausnahme der in der Augustinerkirche gesondert aufbewahrten Herzen - deponiert sind. Den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen aber die von Strafgefangenen platzsparend aufgetürmten Knochen aus den Gräbern des aufgelösten Friedhofs von St. Stephan, in denen vornehmlich Pestopfer bestattet worden waren.
Auf der Westempore glänzen die Preziosen aus dem Domschatz von St. Stephan, den sich Wiens berühmteste Kirche mit dem ihr benachbarten Dom Museum Wien teilt. Dazu gehören prachtvolles liturgisches Gerät, Bücher und Bilder sowie eine hochkarätige Kollektion an Reliquienschreinen. In der per Wendeltreppe mit der Westempore verbundenen Valentinskapelle finden sich die „Hinterlassenschaften“ mehr oder minder bekannter Heiliger, in der Raummitte ruhen in einem vergoldeten Holzsarkophag die Gebeine des Namenspatrons Valentin von Terni. Der fromme Mann aus Umbrien soll am 14. Februar 269 hingerichtet worden sein, weil er gegen den Willen des römischen Kaisers christliche Trauungen vollzogen hatte. Verliebte Paare erweisen ihm an seinem Todestag bis heute dafür die Ehre, worüber sich bekanntlich nicht zuletzt Blumenhändler und Juweliere freuen. Die Highlights des Wiener Domschatzes, allen voran das 1365 gemalte Konterfei Rudolfs IV., das als ältestes Herrscherporträt Europas gilt, veredeln freilich das 1933 gegründete und vor wenigen Jahren baulich und konzeptionell generalüberholte Erzbischöfliche Dom- und Diözesanmuseum, das seither unter Dom Museum Wien firmiert.
Stephansdom: Mo-Sa 6-22, So/Fei 7-22 Uhr, stephanskirche.at.
Domführungen: Mo-Sa 10-10.30 in englischer Sprache und tägl. 15 Uhr in deutscher Sprache, 6 €.
Führungen in den Katakomben: Mo-Sa 10-11.30 und 13.30-16.30 Uhr alle 15-30 Min., So/Fei nur 13.30-16.30 Uhr, 6 €.
Besteigung des Südturms: 9-17.30 Uhr, 5,50 €.
Lift zum Nordturm (Pummerin): 9-17.30 Uhr, 6 €.
Abendführungen mit Dach- und Katakombenrundgang: Juli-Sept. Sa 19 Uhr, Treff Stephansplatz 3, 12 €.
Domschatz: Mo-Sa 9-17, So/Fei 13-17 Uhr, 6 €, Eingang durchs Riesentor (Haupttor).
All-inclusive-Ticket: inkludiert alle o. g. Domattraktionen und die Schatzkammer des Deutschen Ordens, 20 €, inkl. Dom Museum Wien zahlt man 25 €.
Kunst und Kirche
Dom Museum Wien
Anders als das alte Dommuseum, das - abgesehen vom berühmten Porträt Rudolfs IV. - vornehmlich Sakrales und Historisches exponierte, zeigt das neue auch weltliche, moderne und zeitgenössische Kunst. Auffälligster innenarchitektonischer Akzent des von Boris Podrecca fürs 21. Jh. um- und aufgerüsteten Hauses ist ein gläserner runder Aufzug, um den sich eine frei schwebende Wendeltreppe zu den Ausstellungsräumen hinaufrankt. Das 1365 auf Leinwand gebannte Bildnis von Rudolf IV., der die Wiener Universität gründete und den gotischen Ausbau des Stephansdoms in Auftrag gab, ist wie eh und je der Publikumsmagnet, und die hier nach wie vor präsentierten mittelalterlichen Schätze des Stephansdoms ziehen besonders viele Besucher an. Allerdings stehen und hängen die alten und heiligen Exponate nicht mehr für sich allein, sondern treten in Dialog mit moderner und zeitgenössischer Profankunst. Sie kommunizieren etwa mit modernen und expressionistischen Exponaten oder Werken der Nachkriegsavantgarde aus der Sammlung von Otto Maurer, der seit 1954 als Domprediger in Amt und Würden und zugleich Kunstsammler und Gründer der Galerie St. Stephan war, und nehmen quasi Tuchfühlung mit dem Oeuvre zeitgenössischer Künstler auf. Wechselausstellungen zu gesellschaftlichen und religiösen Themen akzentuieren das neue Selbstverständnis des Dom Museum Wien, das sich als Forum für den epochen- und kulturübergreifenden interreligiösen Austausch über Gott und die Welt verstanden wissen will.
Dom Museum Wien: Mi-So 10-18, Do 10-20 Uhr, 10 €, Kombiticket mit All-inclusive-Ticket Stephansdom 25 €. Stephansplatz 6, Tel. 515525300, dommuseum.at.
Barocker Prunk
Peterskirche
Die Kirche wurde 1137 erstmals erwähnt und gehört damit zu den ältesten Kirchengründungen der Stadt. 1399 zunächst gotisiert, wurde sie zwischen 1702 und 1708 im Barockstil völlig neu errichtet und 1733 geweiht. Das goldglänzende, üppig bemalte und verzierte Innere des prachtvollen Baus, der die architektonische Handschrift von Gabriel Montani und Johann Lukas von Hildebrandt trägt, wurde von berühmten zeitgenössischen Künstlern wie Michael Rottmayr, Lorenzo Mattielli oder Leopold Kupelwieser ausgestaltet (peterskirche.at, Mo-Fr 8-19, Sa/So/Fei 9-19 Uhr).
Ein barockes Kleinod: Peterskirche
Wiener Juden einst und jetzt
Jüdisches Museum
Der historische Vorläufer des Hauses wurde als erstes jüdisches Museum der Welt bereits im Jahre 1895 eröffnet und 1938 von den Nationalsozialisten geschlossen. 1990 neu gegründet, zog es 1993 in die Räumlichkeiten des Palais Eskeles in der Dorotheergasse ein, die damals vom Architektenduo Eichinger oder Knechtl umgebaut und inzwischen erneut renoviert wurden. Bei dieser Gelegenheit wurden die Bestände des Museums neu geordnet und schließlich zu der Dauerausstellung „Unsere Stadt! Jüdisches Wien bis heute“ komponiert, die das Erdgeschoss und die zweite Etage, wo außerdem ein Atelier für Workshops Platz findet, belegt. Die Beletage (1. Stock) ist für regelmäßige Sonderausstellungen zu politischen, sozialen und kulturellen Themen reserviert, und im 3. Stock beeindruckt das museumstechnisch überholte Schaudepot, in dem man von mehreren Privatsammlern gestiftete Judaica, Kultobjekte und Kunstwerke aus Wiener und österreichischen Synagogen bewundern und einen virtuellen Rundgang durch längst verschwundene Wiener Synagogen unternehmen kann.
Das nach Ersteinrichtung von der New Yorker Künstlerin Nancy Spiro mit Szenen und Texten aus dem jüdischen Leben freskenartig „bestempelte“ Atrium im Erdgeschoss, über dem hoch oben im gläsernen „Dachhimmel“ das Fahrrad von Theodor Herzl „schwebt“, ist der Zeit von 1945 bis heute gewidmet. Die Exponate befassen sich mit der Problematik der Restitution jüdischen Besitzes und dem neu aufkeimendem Antisemitismus nach dem Zweiten Weltkrieg, beleuchten die „Waldheim-Affäre“ und erzählen zugleich ein Stück Wiener Immigrationsgeschichte, weil sich die seit 1945 von 1000 auf heute 7000 Mitglieder angewachsene jüdische Community der Stadt mehrheitlich aus Einwanderern aus Mittel- und Osteuropa sowie den ehemaligen Sowjetrepubliken rekrutiert. Im zweiten Stock geht es um das Leben und Sterben von deren historischen Vorfahren vom Mittelalter bis zum Holocaust. Dokumentiert werden der Alltag und die religiösen Gebräuche, der herausragende wirtschaftliche und kulturelle Erfolg sowie die Diskriminierung, Vertreibung und Deportation der österreichischen Juden. Etwa 130.000 von ihnen verließen bis 1939 das Land, mehr als 65.000 fanden den Tod in Konzentrationslagern. 2018 fanden übrigens auch die Netsukes (geschnitzte Figuren aus Japan) der Familie Ephrussi, die in Edmund de Waals erfolgreichem Roman „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ eine Hauptrolle spielen, ein neues Domizil im Jüdischen Museum, das obendrein das Familienarchiv der Ephrussis übernommen hat. Wer sein Wissen übers Judentum im Allgemeinen und das jüdische Wien im Besonderen vertiefen möchte, findet im Erdgeschoss einen seit Januar 2023 zur Neuverpachtung ausgeschriebenen Museumsshop, in dem wahrscheinlich auch künftig Fachliteratur und allerlei Souvenirs mit Bezug zum Thema zu erstehen sind. Außerdem kann man dort im Café Eskeles fleischlose koschere Küche probieren und bei israelischem Bier und Wein die Besichtigungserlebnisse nachwirken lassen.
So-Fr 10-18 Uhr, 15 € (inkl. Museum Judenplatz), Café So-Fr 10-18 Uhr. Dorotheergasse 11, Tel. 5350431, jmw.at.
Wertvolles im Angebot
Dorotheum
Weil das 1707 gegründete ehemalige staatliche Pfandhaus 1788 die Räumlichkeiten des aufgelösten Dorotheen-Klosters übernommen hatte, trägt es bis heute dessen Namen, obgleich es bereits vor gut 90 Jahren in ein neu erbautes, eigenes Gebäude in der Dorotheergasse umgezogen ist. Es wandelte sich zu einem angesehenen, inzwischen privatisierten Auktionshaus, in dem von Gemälden und Kunstobjekten aus mehreren Jahrhunderten über Möbel, Teppiche und Geschirr bis hin zu Spielzeug, Briefmarken, Waffen oder Juwelen so ziemlich alles Erdenkliche zu bestaunen, ersteigern und teilweise auch im Direktverkauf zu erwerben ist.
Mo-Fr 10-18 , Sa 9-17 Uhr. Dorotheergasse 17, Tel. 515600, dorotheum.com.
Stets spektakuläre Ausstellungen
Albertina
Die Albertina reiht sich neben Louvre, British Museum und Berliner Kupferstichkabinett in die vier Grafiksammlungen von Weltruf ein. Zu den 65.000 Zeichnungen und knapp eine Million druckgrafischen Werken zählen neben Meisterstücken von Cézanne, Picasso, Schiele, Klimt oder Kokoschka z. B. auch Dürers „Feldhase“ und dessen „Zum Gebet gefaltete Hände“, die rund um den Globus millionenfach reproduziert worden sind. In den Beständen der in den 1990er-Jahren angegliederten Fotosammlung lagern Arbeiten von Helmut Newton oder Lisette Model. 2007 wurde die Kollektion um die Dauerleihgabe von gut 500 Werken der klassischen Moderne aus den spektakulären Privatsammlungen der Ehepaare Batliner und Forberg erweitert, die seit Mai 2009 als Dauerausstellung zu bestaunen ist. Alle diese Kostbarkeiten werden unter optimalen Klima- und Lichtverhältnissen im weltweit ersten vollautomatischen Museumshochregallager für die Nachwelt erhalten und zusammen mit ebenso spektakulären temporären Leihgaben in thematisch orientierten Wechselausstellungen oder Künstlerwerkschauen auf mehreren Tausend Ausstellungsquadratmetern auf drei Etagen (Erdgeschoss, Untergeschoss und 1. Stock) präsentiert.
Neben den Dauer- und Wechselausstellungen der Superlative bietet die Albertina mit den Habsburgischen Prunkräumen eine weitere Attraktion. Die zu Beginn des 19. Jh. unter der Anleitung von Joseph Kornhäusel und dem Einsatz von Marmor, Gold und venezianischer Seide klassizistisch gestalteten Salons liegen im 1. Stock des im 18. Jh. auf Bauresten aus dem Mittelalter errichteten Adelspalastes. Unter den allesamt imposanten Räumen blitzen das 24-karätige Goldkabinett oder der in Marmor gehaltene Musensaal mit seinen neu „aufpolierten“ Statuen besonders hervor. Von eher nüchterner Eleganz ist ein aus Titan gefertigtes Flugdach namens Soravia-Wing (auf seine Finanziers getauft), mit dem Stararchitekt Hans Hollein wieder einmal zum ästhetischen Leidwesen so mancher Wienerinnen und Wiener von außen Hand an die gute alte Albertina legte, die seit Mai 2020 obendrein mit der Albertina Modern im Künstlerhaus am Karlsplatz glänzt.
10-18, Mi/Fr bis 21 Uhr, 18,90 , inkl. Albertina Modern 24,90 €. Albertinaplatz 1, Tel. 534830, albertina.at.
Kunstmuseum von Weltruf: Albertina
Eigentlich ein Kino
Filmmuseum
Das Filmmuseum ist tatsächlich eine Kinemathek, also ein hochkarätiges Programmkino mit eigenen Sammlungen und Archiv (Mo/Mi 12-18 Uhr). Es präsentiert regelmäßig filmische Retrospektiven bekannter internationaler Regisseure, die jeweils im Originalton über die Leinwand flimmern. Der etwas andere Kinobesuch ist an eine Jahres-, Herbst- oder Tagesmitgliedschaft gebunden. Letztere kostet 10,50 € (inkl. einer Einzelkarte), Jahresmitglieder (13,50 €/Jahr) zahlen nur 6 € pro Vorstellung.
Augustinerstraße 1, Programminformationen unter Tel. 53370540, filmmuseum.at.
Wien im Kasten
„Neuer Kunst Hotspot“: Heidi-Horten-Museum
Heidi Goess-Horten wurde 1941 als Heidi Jelinek in Wien geboren und war seit 1966 mit Helmut Horten (1909-1987) verheiratet. Sie begründete zusammen mit dem durch sog. Arisierung von jüdischen Warenhäusern reich gewordenen deutschen Kaufhausgründer eine Sammlung moderner und zeitgenössischer Kunst, die sie nach dessen Tod zu einer 500 Millionen schweren Kollektion erweiterte. Die Milliardärin und Mäzenin, die für allerlei gute Zwecke und die Partei ÖVP spendete, ehelichte 1994 einen französischen Blumengroßhändler namens Charmat und nach ihrer Scheidung 2005 den österreichischen Adelsspross Carl Anton Goess, mit dem sie u. a. auf einem Schloss in Kärnten, in New York, London und auf den Bahamas lebte. An den Wänden ihrer Domizile hingen Werke von Picasso, Chagall, Klimt und Kirchner, Macke, Munch und Nolde, Yves Klein, Lucio Fontana, Andy Warhol und Roy Lichtenstein, Georg Baselitz und Gerhard Richter, um nur einige der illustren Künstlernamen zu nennen. Nachdem sie 2018 170 ihrer etwa 500 Gemälde ausgewählt, unter dem Ausstellungstitel „Wow“ und großem Publikumsinteresse im Wiener Leopold Museum präsentiert hatte, kaufte sie sich ein historisches Wiener Stadtpalais neben der Albertina, um darin ein Privatmuseum einzurichten. Das Architekturbüro the next ENTERprise verwandelte das Stöcklhaus im Innenhof des Hanuschhofes in einen „neuen Kunst Hotspot Wiens“ (Website), der um einen kleinen Skulpturengarten vor der Haustür erweitert ist. Das Haus wurde am 3. Juni 2022 in Abwesenheit der bereits erkrankten und am 12. Juni verstorbenen Museumsstifterin eröffnet. Mit dem Museum hat sich Heidi Horten-Goess, die übrigens knapp zwei Jahre vor ihrem Tod eine historische Aufarbeitung der Vita ihres umstrittenen ersten Ehemanns in Auftrag gegeben hatte, sich selbst und der Kunstgeschichte der letzten hundert Jahre ein Denkmal gesetzt.
Tägl. außer Di 11-19, Do 11-21 Uhr, 15 €. Hanuschgasse 3, Tel. 5125020, hortencollection.com.
Alles (rund ums) Theater
Theatermuseum
Das Österreichische Theatermuseum im 1685-1687 erbauten Palais Lobkowitz dokumentiert mit über 1,6 Millionen Exponaten die österreichische und internationale Theatergeschichte. Neben Kostümen, Bühnenbildmodellen und Marionetten, Fotografien und Plakaten, Kostümen, Requisiten, Programmzetteln und persönlichen Dokumenten namhafter Schauspieler, Musiker und Regisseure sind regelmäßig Sonderausstellungen zu sehen. Neuerdings kann man sich von Frühjahr bis Herbst im Café im Lobkowitz im Innenhof stärken (Mi-So 10-17.30 Uhr).
Mo u. Mi-So 10-18 Uhr, 12 €. Lobkowitzplatz 2, Tel. 525242729, theatermuseum.at.
Prominent belegt
Kapuzinergruft (Kaisergruft)
Nachdem Kaiserin Anna 1618 testamentarisch verfügt hatte, innerhalb der Stadtmauern Wiens ein Kapuzinerkloster zu errichten, unter dessen Kirche sie und ihr Gemahl Matthias zur letzten Ruhe gebettet werden sollten, wird die Gruftanlage seit 1633 als Friedhof der kaiserlichen Habsburgerfamilie genutzt. Auf dem liegen in mehr oder minder prächtigen, den Moden der Zeit und Vorlieben der Verblichenen angepassten Sarkophagen 149 Personen, darunter 12 Kaiser und 19 Kaiserinnen und Königinnen. Die Gewölbe wurden im Laufe der Jahrhunderte mehrfach um- und ausgebaut und sind in mehrere Räume bzw. Gruften aufgeteilt. Die eindrucksvollste, von einer dekorativ bemalten Kuppel überwölbte belegen Maria Theresia und ihr Ehemann Franz I., die in einem schwülstig barocken Doppelsarkophag bestattet sind. Neben ihnen liegt in einem bescheidenen und schmucklosen Modell ihr Sohn, der bürgerfreundliche Reformkaiser Joseph II. In einer relativ schlichten, secessionistisch gehaltenen Gruft und recht einfachen Sarkophagen fanden auch Kaiser Franz Joseph I. nebst Gattin Elisabeth und Sohn Kronprinz Rudolf die letzte Ruhe. Dem letzten österreichischen Kaiser Karl I., der 1922 auf Madeira starb und beerdigt wurde, ist lediglich eine Gedenkbüste in der angrenzenden Gruftkapelle gewidmet, der später der Sarkophag seiner erst 1989 verstorbenen Gattin Zita zur Seite gestellt wurde. Mit ihrem Sohn Otto von Habsburg und seiner bereits ein Jahr zuvor verstorbenen Ehefrau Regina bezogen am 26. Juli 2011 letztmalig Abkömmlinge der berühmten blaublütigen Familie hier ihre letzte Ruhestätte. Im jüngsten, 1962 unter der Regie des Architekten Karl Schwanzer hinzugefügten Erweiterungsbau (Neue Gruft) sind die sterblichen Überreste von kirchlichen Würdenträgern des Hauses Habsburg sowie die Kaiser Maximilians von Mexiko und der Gemahlin Napoleons, Marie-Luise, untergebracht.
Tägl. 10-18 Uhr (Einlass bis 17.30 Uhr), 8,50 €. Neuer Markt/Tegethoffstraße 2, Tel. 5126853-88, kapuzinergruft.com.
Sisis Hochzeitskirche
Augustinerkirche