Wilhelmine und ich - Anastasia Czepf - E-Book

Wilhelmine und ich E-Book

Anastasia Czepf

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Beschreibung

Diese Geschichte beginnt mit einem handfesten Celebrity Crush. Du weißt schon: So nennt man das, wenn man sich in einen Promi verknallt. Ist Dir bestimmt auch mal passiert. Magst Du es mir erzählen: Wer war es? Wer hat Dein Blut aus unerreichbarer Ferne zum Wallen gebracht? Bei mir war es Wilhelmine. Immer ist es nur Wilhelmine gewesen.

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Anastasia Czepf

Wilhelmine und ich

Eine Liebesgeschichte

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Als ich Wilhelmine das erste Mal traf, ihr Auge in Auge gegenüberstand, wusste ich, dass ich sie liebte. Nun, eigentlich liebte ich sie schon vorher. Aus der Ferne. Tatsächlich war ich – auch wenn das jetzt ziemlich uncool klingen mag – ein kleines bisschen besessen von ihr. Aber bevor du mich für einen kompletten Honk hältst, sollte ich besser ein wenig ausholen …

Wilhelmine und ihr Bruder Valerio zählen bei uns Lumani zu den Superstars. Wer oder was Lumani sind, fragst du? Ja, woher sollst du das auch wissen? Ihr Menschen seid so herrlich ahnungslos. Dabei leben wir unter euch - ja, mit euch zusammen – und schützen das Gute auf diesem verflucht schönen Planeten. Ihr haltet uns für ganz normale Tiere und zu einem gewissen Teil stimmt das natürlich. Eigentlich aber sind wir Lichtwesen in Tiergestalt und wir haben abgefahrene, übernatürliche Kräfte. Du würdest staunen! Es gibt uns als Hunde, Katzen, Vögel, Insekten … alles Mögliche. Auch Kühe, Ziegen und Schweine gibt es. Doch aufgrund eurer höchst fragwürdigen Einteilung in Tiere, die ihr streichelt, und jene, die ihr zu Wurst verarbeitet, meiden Lumani in Körpern sogenannter Nutztiere die Erde, wenn es irgendwie geht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zwei der besten Lumani of all times sind Wilhelmine und Valerio. Sie sind berühmt, wobei das in Culnarie – so heißt unsere Welt, die Welt der Licht- und Seelenwesen –, etwas völlig anderes bedeutet, als wenn jemand auf deinem Planeten ein Star ist. Bei uns findest du keine kreischenden Fans, kein Merchandise oder so – nur stille, tief empfundene Bewunderung. In Culnarie gilt es nämlich als extrem unhöflich, ein Wesen derart anzuhimmeln und damit in Verlegenheit zu bringen. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich meine Schwärmerei für Wilhelmine von jeher geheim hielt. Nur meine Oma wusste davon, denn ihr konnte ich schon immer alles anvertrauen.

Als FLOW – das ist unser Oberboss – Wilhelmine und Valerio mit dem Schutz des Silbernen Menschenkinds beauftragte, hat das niemanden überrascht. Wilhelmine ist eine Beschützerin, wie es außer ihrer Mutter keine zweite je gegeben hat, und Valerio ist ein mächtiger Heiler. Die beiden sind nicht nur krass erfolgreich, sie sehen obendrein unglaublich gut aus. Katzen sind ja im Allgemeinen sehr aparte Wesen, aber diese zwei … – na ja, vor allem Wilhelmine. Allein ihr Fell …

Ich bin übrigens ein Hund. Eine Mischung aus Chinesischem Schopfhund und Chihuahua, um genau zu sein. Es gibt Menschen, die mich für unansehnlich halten und das auch lautstark kundtun. Unverschämt, oder? Doch seit mir vor vielen hundert Jahren das erste Mal ein kleines Erdenmädchen ihre unsterbliche Liebe gestand (es sind meist die Mädchen, die auf mich fliegen), stehe ich über dem Ganzen: Alles ist Geschmackssache. Und selbst falls du mich hässlich findest, so bin ich dennoch schön – innen wie außen. Hat eine Weile gedauert, bis ich das geschnallt habe, ist aber so. Verflixt, jetzt bin ich total vom Thema abgekommen! Es färbt eben ab, wenn man lange unter euch lebt: euer übertriebenes Gewese um das Äußere.

Seit meiner Kindheit habe ich zu Wilhelmine und Valerio aufgesehen. Sie sind nicht viel älter als ich, kaum hundert Jahre, doch ich bin ein waschechter Spätblüher, und als meine Kräfte aufkeimten, hatten die zwei schon mehr als einmal die Menschenwelt vorm Untergang bewahrt. Ich kam zum großen Mahatma in die Lehre. Eine Riesenehre – meine Oma war so stolz. Ohne Wilhelmine und Valerio hätte ich es allerdings vergeigt, denn ich bin weder ehrgeizig noch diszipliniert und lasse mich am liebsten einfach treiben. Was ich jedoch leidenschaftlicher wollte als alles andere, war, den Geschwistern ebenbürtig zu werden. Und dieser Wunsch ließ mich über mich hinauswachsen.

Ich bin übrigens ein introvertierter Beschützer, kein extravertierter wie Wilhelmine, was ich stets ein bisschen bedauerte. Die Extras sind nun mal die Coolen, die Heldenhaften, die geborenen Anführerinnen, während wir Intros traditionell mehr so die kauzige Nerd-Fraktion darstellen. Prinzipiell tragen Lumani wie wir immer beide Anlagen in sich. In der Regel dominiert aber eine Seite so stark, dass die zweite nicht zur Entfaltung kommt. Als Intro bin ich so was wie Superman der Mental Health Coaches und ich bekomme sogar einen extravertierten Schutzschirm zustande. Das können nicht viele Intros von sich behaupten. Allerdings ist mein Extra-Schirm kaum in der Lage, eine Mücke aufzuhalten, und auch optisch macht er nichts her. Sieht ein bisschen so aus wie das hochgewürgte Fellknäuel einer Katze. Ganz anders ist da Wilhelmines Schutzschirm, der einem pulsierenden Geflecht aus Eiskristallen gleicht. Egal. So richtig abgefahren sind meine telekinetischen Fähigkeiten. Du weißt schon, ich kann Dinge schweben lassen. Was könnte es Cooleres geben?

Aber genug der Vorrede, es ist Zeit, die eigentliche Geschichte zu erzählen. Die Geschichte von Wilhelmine und mir.

Alles begann, als eine bestimmte Fliege – ein Spion, das war mir sofort klar – in Rosalies Zimmer geflogen kam. Rosalie war zu dem Zeitpunkt meine Schutzbefohlene. Sie wurde gemobbt von einem Bengel namens Malte. Mit meiner Unterstützung war das Ganze keine erdrückende, alles verdunkelnde Erfahrung mehr, sondern höchstens noch ein lästiges Nebenevent.

Ich hatte Wilhelmine ein wenig aus den Augen verloren. Bewusst aus den Augen verloren, denn an meinem 1111. Geburtstag hatte ich beschlossen, endlich erwachsen zu werden und meine sinnlose, peinlich obsessive und obendrein unhöfliche Schwärmerei zu beenden. Ich sehnte mich nach etwas Echtem. Obwohl die romantische Liebe unter Lumani selten ist, war mir bereits als Welpe klar, dass ich sie erleben wollte. Aber wie sollte die Liebe in mein Leben finden, wenn mein Herz einem unerreichbaren Ideal hinterherhing? Und selbst falls unsere Wege sich eines Tages kreuzten: Wer verliebte sich schon in einen vor Aufregung stotternden Hardcore-Fan?

Natürlich wusste ich wie jeder Lumani, dass Wilhelmine und ihr Bruder das Silberne Menschenkind schützten, ein Mädchen namens Mattea. Allerdings hatte ich nicht den blassesten Schimmer, dass wir nicht nur im selben Erdenland, sondern sogar in derselben Stadt stationiert waren. Leipzig, ein Ort, wo man, wie Lessing es so treffend formulierte, die ganze Welt im Kleinen sehen kann. Ein herrliches Fleckchen.

Doch zurück zur Fliege, die durch das angekippte Fenster kam und augenblicklich extrem unangenehme Vibes verströmte. Ich stellte mich schlafend, aber ich hätte mir keine Mühe geben müssen. Die Fliege zog wichtigtuerisch ihre Kreise, verschaffte sich einen Überblick über den Raum und beachtete mich nicht. Das war der erste Fehler, den sie an diesem Abend beging. Der zweite war, sich auf Rosalies Tagebuch zu stürzen. Ganz entgegen ihrer Angewohnheit hatte Rosalie es auf dem Schreibtisch liegen lassen und die Fliege flog sogleich mit einem unerträglich selbstzufriedenen Gefühl darauf zu. Doch in dem Moment, als sie ihre klebrigen Füße draufsetzen wollte, war ich bei ihr und schnappte zu.

Die Fliege kreischte vor Schreck und das nahm mich direkt ein wenig für sie ein, denn es war mit Abstand der lustigste und schrillste Laut, den ich je von einer Fliege gehört habe.

»Husch!«, rief sie mir zu, als sie sich einen Augenblick später wieder gefangen hatte. »Fein brav weg da. Weg von dem Buch!«

Ich knurrte sie an und stellte mich demonstrativ zwischen sie und das Tagebuch. Niemand schnüffelte in Rosalies privaten Aufzeichnungen, so viel stand fest!

»Husch!«, rief sie noch mal und umkreiste mich. »Nun hau endlich ab, du dummes Hundi!«

Knurrend zog ich meine Lefzen nach hinten und zeigte ihr meine Zähne. Aufgrund meiner Größe unterschätzen mich viele, der Anblick meiner imposanten Beißerchen hatte jedoch schon so manchen in die Flucht geschlagen. Auch auf die Fliege machte mein Gebaren Eindruck und sie zog sich auf die Deckenlampe zurück.

»Okay«, sagte sie und ließ die Kleinkindsprache, in der sie mich bisher angesprochen hatte. »Ich weiß nicht, was genau dein Problem ist, aber ich muss dich dringend bitten, von dem Buch zurückzutreten.«

Hatte sie nun doch endlich gecheckt, dass ich ein Lumani war wie sie? Oder war sie echt so eine Null?

»Mein Name ist Amadeus und ich bin ein bekannter Späher …«

Ach, ja? Also ich hatte noch nie von ihm gehört.

»… die Details meiner Mission unterliegen der Geheimhaltung, dessen ungeachtet …«

Ich hätte das Fenster auch geräuschlos schließen können – meine telekinetischen Kräfte sind hochentwickelt und sehr präzise –, doch der Dramatik halber ließ ich es laut zuknallen. Die Fliege zuckte zusammen, schien jedoch keine Verbindung zwischen mir und dem Fenster zu ziehen.

»… sei versichert, es ist von höchster Wichtig- und Dringlichkeit, dass ich …«

Weiter kam der kleine Wichtigtuer nicht. Mit Hunden wie mir kannte er sich offenkundig nicht aus, denn er fühlte sich auf dem Lampenschirm eine Spur zu sicher.

---ENDE DER LESEPROBE---