William Booth - Hedwig von Redern - E-Book

William Booth E-Book

Hedwig von Redern

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Beschreibung

William Booth wird am 10. April 1829 in England in eine große Hungersnot hineingeboren. Das wirtschaftliche und soziale Leben ist geprägt von starken Gegensätzen zwischen Reich und Arm. Als sein Vater nach seinem geschäftlichen Ruin stirbt, beginnt für den 13-Jährigen ein Überlebenskampf. Nach seiner Bekehrung verspricht er: „Alles, was an William Booth ist, soll Gott gehören!“ Die große Not in den Armen-Vierteln in London treibt ihn hinaus auf die Straße. Er gründet die „Heilsarmee“ und organisiert sie nachmilitärischen Regeln. „Rettet Seelen. Geht den Schlimmsten nach", fordert er seine Mitstreiter auf. Mit kühlem Verstand und festem Vertrauen auf Gottstellt er sich der Aufgabe unter Trinkern, Dirnen und Dieben zu evangelisieren. William Booth schickt seine Soldaten auf alle Kontinente und lässt sie Schulen, Krankenhäuser und soziale Einrichtungen bauen. Bewaffnet sind die barmherzigen Kämpfer in den altmodischen blauen Uniformen nur mit Gitarre, Demut und Suppenkelle, ihre Munition stammt allein aus dem Evangelium. Und überall wo sie hinkommen wird das einprägsame Motto bekommt: Suppe, Seife, Seelenheil.

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William Booth

General der Heilsarmee

Hedwig von Redern

Impressum

© 1. Auflage 2019 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Hedwig von Redern

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-251-7

Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de

Kontakt: [email protected]

 

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Inhalt

Titelblatt

Impressum

Zur Einleitung

Vorbemerkung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Unsere Empfehlungen

Zur Einleitung

Vorliegendes Buch zu schreiben, wurde ich gebeten. Warme Freundschaft verband mich mit den früheren Kommandeuren der Heilsarmee in Berlin, und mit Freude hatte ich oft gegenüber vielem Beraten und Erwägen, Streiten und Absondern bei anderen Christen, die frische Tatkraft, das schnelle Zugreifen, die selbstlose Hilfsbereitschaft der Heilsarmee beobachtet. Wenn mir dies und jenes nicht sympathisch in ihrem öffentlichen Auftreten war, so überließ ich die Kritik darüber gern anderen.

Wirklich innerlich beschäftigt hatte ich mich wenig mit Entstehung und Gestaltung des Werks, wenn auch die Lebensskizze von Mrs. Booth mir vorbildlich und anspornend gewesen. Nun führte der Auftrag, den deutschen Christen das Bild des „Generals“ zu zeichnen, mich tiefer in die Gemeinschaft mit diesem großen Mann, denn so dürfen wir ihn doch nennen, – vielleicht gerade – weil seine Größe von Gott kam und nicht von ihm selbst.

Allen, die diese Blätter geduldig bis zum Schluss lesen, wünsche ich von Herzen, dass sie dieselbe Freude und denselben Segen von General Bootes Bekanntschaft empfangen, wie ich.

Berlin, Februar 1913

Hedwig von Redern

Vorbemerkung

Das Lebensbild von Frau Katharina Booth, der Mutter der Heilsarmee, gezeichnet von H. Andrae, hat vielen Lesern Freude und Segen gebracht. Es hat in ihnen aber den Wunsch erweckt, auch von dem Vater und Gründer des Werkes, dem wohlbekannten „General Booth“, eine eingehende, sachlich gehaltene Biographie in deutscher Sprache zu besitzen. Wir freuen uns, mit vorliegendem Buch diesem Wunsch entsprechen zu können.

Der Name der Verfasserin bürgt für die wahrhaft christliche, lebenswarme und gesunde Auffassung ihres Themas.

Die Aufgabe war keine geringe. Das Bild sollte möglichst objektiv gezeichnet werden. Das Buch sollte nicht die Heilsarmee und ihre Methoden, sondern das persönliche Leben, Werden und Wirken des Mannes darstellen, den Gottes Hand zur Leitung dieses Werkes gebraucht hat.

Manches kommt uns da fremd, manches nach unserer Überzeugung unrichtig vor, so z. B. die militärischen Bezeichnungen und Befugnisse, das Reden der Frau in gemischten Versammlungen, das Zurücktreten der Wortverkündigung hinter die persönlichen Zeugnisse usw. Bei aller Liebe zu unseren Geschwistern von der Heilsarmee fühlen wir uns gedrungen, diese Dinge hier zu nennen, damit die Erzählung selbst nicht immer wieder unterbrochen zu werden braucht durch kritische Bemerkungen.

Die Gemeinschaftskreise können von der Heilsarmee viel lernen, haben auch tatsächlich gelernt. Es ist uns mehr als zuvor bewusst geworden, dass wir erlöst sind, um zu dienen (Luk. 1, 74), dass jeder Gerettete die Verpflichtung hat, andere zum Retter hinzuweisen, und dass wir berufen sind, durch Liebe und tatkräftige Teilnahme in Fällen der Not den Weg zu bahnen für die ewige, göttliche Liebe.

Unter solchem Gesichtspunkt ist dieses Buch geschrieben. Möge es mithelfen, Streiter zu werben für das große Heer, dessen König und Feldherr ist Jesus Christus.

Kapitel 1

Fliehe die Lüste der Jugend. 2. Tim. 2,22

In unseren Tagen hört man viel davon reden, dass nur der im Leben etwas erreichen ober werden kann, der Geld hat, darum der Tanz der kleinen Menschen um den großen goldenen Götzen. Er zieht Tausende hinein in seine grausame Umklammerung, und wenn sie aus ihr Leben zurückblicken, was sind sie geworden, was haben sie erreicht? Frage sie, oder frage sie lieber erst gar nicht; ihre hoffnungslosen leeren Angesichter antworten, ehe der Mund spricht.

Die da reich werden wollen (1. Tim. 6, 9) … Die Bibel hat heute noch ebenso recht als in den Tagen, in denen sie geschrieben wurde.

Der Mann, dessen Lebensgang uns hier beschäftigt, und den Gott so reich machte für andere, William Booth, wurde am 10. April 1829 in Nottingham (England) in einem armen Haus in eine der Welt unbekannte Familie hineingeboren.

Wir sprechen von einer Gründerzeit im Jahre 1870, in welcher viele Existenzen durch schwindelhafte Spekulationen zugrunde gingen. Eine ähnliche Seit hatte England gerade durchgemacht, als der Vater William Booths, der sein Geld in kleineren Häusern und Grundstücken angelegt hatte, die Tochter eines geachteten Landmanns heiratete. Damals scheinen die Verhältnisse noch gute gewesen zu sein, doch als der kleine Junge das Licht der Welt erblickte, ging es schon aufs äußerste knapp und dürftig in dem Haushalt zu Nottingham her.

„Aber meine Mutter war tapfer“, sagt General Booth in seinen 1893 niedergeschriebenen Erinnerungen. „Sie teilte meines Vaters Sorgen in jeder Weise, gab ihm Rat und war immer diejenige, welche ihm Mut zusprach, wenn auch alles Geld und schließlich ein Stück Möbel nach dem anderen verschwand. Sie tröstete, pflegte, versorgte meinen Vater bis zum Tode und nahm dann mit verdoppeltem Mut den Kampf ums Dasein für seine Kinder auf.“

Die unbegrenzte Verehrung und Liebe, welche der kleine Junge für seine Mutter hatte, steigerte sich in dem Maß, als sein Verständnis für ihren heldenhaften Charakter und ihre moralischen Leistungen wuchs.

„Ich liebte meine Mutter“, sagt er. „von meiner Kindheit bis ins spätere Mannesalter hinein lebte ich sozusagen in ihr. Zuhause wäre mir nicht zuhause ohne sie gewesen. Ich liebte sie so, dass ich mich nicht besinnen kann, ihr jemals mit Bewusstsein ungehorsam gewesen zu sein. Aber wenn ich in meinem Alter zurückblicke, muss ich sagen, dass ich dennoch tief bedaure, den Schatz, den ich in ihr besaß, nicht genug gewürdigt und sie nicht mit genug Zärtlichkeit und Fürsorge umgeben zu haben!“ –

Und dann beschreibt der alte Streiter Christi, der so viel schon im Leben erreicht hatte, seine Mutter in den zartesten Farben, ihre Selbstlosigkeit, ihre Mildtätigkeit, ihre Freude daran, andere glücklich zu machen, ihr Verständnis für ihre Umgebung und tausend andere kleine Züge.

„Viele Jahre, ehe sie starb“, fährt er fort, „war schon ihr ganzes Sein und Wesen von Liebe, Freude, Frieden durchleuchtet, und ihre Worte zeugten davon. Ihr Glaube war unerschütterlich. Sie äußerte es häufig, dass sie gewiss wäre, Jesus würde die ganze Lebensreise über an ihrer Seite bleiben und sie bis ans Ende bewahren. Er würde sie nicht verlassen, ihre Füße ständen auf dem Felsen.“

Und der treue Sohn fügt hinzu:

„Ehre Vater und Mutter nicht nur um der Verheißung willen, welche dieses Gebot in sich schließt, sondern auch, damit du dir im späteren Leben keine schweren Gedanken darüber zu machen brauchst, dass du denjenigen nicht genug Liebe gabst, die so selbstlos und unermüdlich für dein Wohl sorgten.“ –

Und ist es nicht auch ein Gedanke, den unsere heutige Jugend ernst beherzigen sollte, dass alle großen Männer solche waren, die unter dem Segen und nicht unter den Seufzern ihrer Mütter heranwuchsen? „Der Eltern Segen baut den Kindern Häuser“, das mag eine unmoderne Anschauung sein, aber es bleibt eine ewige Wahrheit, wer sich seiner Selbständigkeit rühmt und das Urteil der Eltern als überständig ansieht, wird einmal eine traurige Ernte von seiner bitteren Aussaat haben.

85 Jahre ist diese so von ihrem Sohn geliebte Mutter alt geworden, und wenn auch in den Anfängen unter Not und Entbehrungen verbracht, endete ihr Leben im Frieden und in sorgloser Ruhe.

Die Stadt Nottingham zählte in den Tagen der Jugend des kleinen William nur 60.000 Einwohner, jetzt sind es über 250.000. Es ging friedlich und nach heutigen Begriffen spießbürgerlich zu, die Kinder spielten auf den Wiesen am Trent oder angelten in seinen Fluten. Letzteres liebte der kleine Junge besonders, aber ihm fehlte Geschick und Ausdauer zu diesem Sport, denn nie brachte er eine Beute heim. Ein alter Onkel zog ihn auf, indem er jedes Mal auf dem Tisch eine Serviette ausbreitete und einen Teller darauf stellte, um, wie er sagte, sich an Williams Fischen möglichst schnell laben zu können.

Schon mit 13 Jahren wurde der Junge aus der Schule genommen und in eine Lehre zu einem Kaufmann getan, weil der Vater das Schulgeld nicht länger bezahlen konnte. „Das ward mir zum verderben“, berichtet der General später, „denn bald schloss ich Bekanntschaften, deren Einfluss nichts weniger als günstig für mich waren. Moralisch ging’s mit mir bergab und die Folgen hätten ernst, ja verhängnisvoll für alle Ewigkeit werden können, hätte die Hand Gottes sich nicht in besonderer Weise auf mich gelegt.“ –

Der kaum zum Jüngling herangewachsene Knabe musste erfahren, dass weder ein frommes Elternhaus noch eigene gute Vorsätze uns bewahren können, ja dass das alles in den Versuchungen des Lebens nicht stichhält. Die Mutter wusste und fühlte es, sie begleitete den Lebensgang ihres Jungen mit heißen Gebeten, gewiss, dass dies die beste Hilfe war, die sie ihm bieten konnte, ja dass die Fürbitte Mauern um die junge Seele baute, die sich ihrer Gefahr kaum bewusst schien.

In jener Seit war ein Lehrling die ungeheuerlich lange Zeit von sechs oder gar sieben Jahren an seinen Meister gebunden, er bekam keinen oder nur sehr geringen Lohn und war dem Lehrherrn preisgegeben auf Gnade oder Ungnade, ob er etwas lernte oder nicht.

William Booth hat später immer betont, dass die strenge, harte Zucht nur heilsam gewesen sei, dass es aber die Glaubenslosigkeit seines Meisters und der schlechte Umgang gewesen, die ihn auf Abwege gebracht. Er hatte damals noch nicht gelernt, alles mit Gott zu tun, also auch seine Freunde sich von Ihm aussuchen zu lassen. Wieviel Herzeleid, Gewissenswunden und Reuetränen könnten sich viele junge Leute ersparen, wenn sie auch darin auf Gottes Gebote merken wollten!

William Booth berichtet in seinen Erinnerungen:

„Mit 19 Jahren hatte ich endlich ausgelernt und fühlte mich wie von einem Joch befreit. Nun trachtete ich eine Arbeit zu finden, die mir mehr Freiheit ließe, die in mir gärenden Pläne und Gedanken zur Ausführung zu bringen. Aber ich musste 12 Monate untätig umherirren, es waren die trostlosesten Tage meines Lebens. Niemand bekümmerte sich auch nur im Geringsten um mich.“ –

Jeder, der solche Zeiten unverschuldeter, vielleicht auch durch Unbeugsamkeit oder Gewinnsucht hervorgerufene Arbeitslosigkeit kennt, wird verstehen, wie dem armen jungen Menschen zumute war. Er wollte seine Mutter unterstützen, er wollte Großes für die Menschheit leisten, in ihm gärte und schäumte es von Unternehmungslust und Eifer, aber Tag für Tag verging, alle seine Bemühungen blieben vergeblich! Gewiss hat er später, als er Männerheime gründete und sich der Arbeitslosen allenthalben großherzig annahm, dieser für ihn so bitteren Zeit gedacht und sich um so besser in die Herzensverfassung derer hineindenken können, die ebenso litten wie einst er. Gott bringt uns oft in Lagen, deren Zweck wir zunächst nicht einsehen, die dann aber sich als die Schule herausstellen, in der wir trösten lernen sollen mit dem Trost, mit dem wir getröstet wurden.

Da es vollkommen aussichtslos war, in Nottingham weiter nach Arbeit zu suchen, entschloss sich William Booth schweren Herzens, nach London zu gehen. Nicht nur, dass er seine verwitwete Mutter verlassen musste, wurde ihm sauer, sondern auch der Gedanke an die Reise, die fremde, große Riesenstadt und alles, was ihm dort begegnen würde, erfüllte ihn mit Grauen, von Dampf und Elektrizität wusste man in jenen Tagen noch nichts, aber Gott hatte schon Sein Werkzeug ausersehen, dass es über die ganze Erde mittelst der noch im Zeitenschoße ruhenden Erfindungen den Gedanken der Allgemeinheit des Evangeliums verbreiten und Völker und Nationen durch das Band der Bruderliebe einigen helfen sollte.

Er schreibt über die Anfänge in London:

„Ich fühlte mich unaussprechlich einsam in der großen, fremden Stadt. Ich kannte niemand, außer einem Verwandten, mit dem ich aber keinen Funken von innerem Zusammenhang fühlte. Der neue Meister, zu dem ich kam, glich dem alten in vielen Stücken, doch während der erste nichts von Jesus als Gottes Sohn wissen wollte, machte dieser viel Wesens aus seiner religiösen Überzeugung. Er glaubte an Jesus als den Erlöser und ging regelmäßig zur Kirche, aber von praktischem Christentum und der Umsetzung der Lehren der Bibel ins alltägliche Leben hatte er nicht die geringste Ahnung. Die gottlosen Menschen um sich herum suchte er nicht etwa zu beeinflussen, nein, er verachtete sie von Herzensgrund und hatte kein anderes Interesse, als Geld zu verdienen, zu welchem Zweck auch ich ihm behilflich sein sollte. So war die Losung für mich: Arbeit, Arbeit, Arbeit von früh bis spät; ich lebte tatsächlich als weißer Sklave und hatte nur am Sonntag und eine oder zwei Stunden an einem Wochentag abends frei.“

Und doch, Gottes Augen standen offen über dem jungen Mann, und auch an diesen Platz war er nicht von ungefähr, sondern unter der Leitung Dessen gekommen, der aller Menschen Geschicke in Seiner Hand hält, ob sie es anerkennen wollen oder nicht. Er plagt uns aber nicht, wie viele meinen, sondern Er erzieht uns für die Ewigkeit und unseren wahren Beruf. Wenn das nur jeder einsehen wollte, wie W. Booth es bald erkannte.

Kapitel 2

Folget Mir nach! Matth. 4, 19

Sei immer gut, dann wird alles gut“, das war die kurze praktische Lehre, die seine Mutter dem jungen William gab, ehe sie selbst begriffen hatte, dass das in eigener Kraft nicht möglich ist.

„Wie macht man es, gut zu sein?“ Dieser Gedanke beschäftigte den Jungen und später den jungen Mann immer von neuem. Die englische Staatskirche jener Tage war nicht gerade liberal, aber sie war in solchen toten, kalten Formendienst versunken, dass weder Liturgie noch Predigt einer hungernden Seele etwas bieten konnte. Jesus Christus hatte keinen Raum in ihren Gottesdiensten. Zu dieser Staatskirche gehörten William Booths Eltern, und wie so viele Menschen auch bei uns, waren sie treue Kirchenchristen und überlegten nicht, dass es anders sein könnte oder müsste.

Der Sohn aber, von lebhaftem Temperament, von praktischer Auffassungsgabe, konnte sich nicht darein finden, dass es Gottesdienst sein sollte, diese öden Veranstaltungen zu besuchen. Er kam, um etwas zu empfangen, und da er nichts empfing, blieb er lieber fort. John Wesley, der große englische Reformator, war etwa 40 Jahre tot. Die Kirche hatte seine belebenden Gedanken abgewiesen und seine Anhänger hatten sich in verschiedene Gemeinden mit verschiedenen Prinzipien gespalten, nicht im Sinn des großherzigen, aufs Ganze und auf Jesus gerichteten Mannes. Aber in einer dieser Wesleyanischen Kapellen fand William Booth, was die großen Hallen der Staatskirche ihm nicht bieten konnte, nämlich Wärme, Leben und ein Christentum, das sich ins praktische Leben übersetzen ließ. Ganz besonders auch zog ihn der Gesang der frischen Lieder an, die er dort hörte, und bis in sein Alter hinein hat er einige derselben mit besonderer Liebe immer wieder gesungen.

Wer selber vom Tode zum Leben gekommen ist unter dem Einfluss gottgesalbter Persönlichkeiten oder vom Geist Gottes getragener Versammlungen, wird verstehen, was es für den jungen Menschen bedeutete, plötzlich zu fühlen: hier endlich empfängst du, wonach du verlangst. Jesus fragt nicht nach deinem Gutsein, sondern Er kam vom Himmel, verlorene Sünder zu retten. Du darfst kommen wie du bist und dich Ihm ausliefern, dann nimmt Er die Verantwortung für dein Leben in Seine Hand und braucht dich in Seinem Dienst, wo und wie es am besten ist.

Er selbst sprach von diesen sich noch in Nottingham abspielenden Eindrücken und Ereignissen: „Als ein törichter Junge von 15 Jahren kam ich zum ersten Mal in eine Methodistenkapelle in Nottingham. Ich kann mich nicht besinnen, dass ich persönlich irgendwie gedrängt worden wäre, mich dem Herrn auszuliefern, es war der Heilige Geist Selbst, der plötzlich einen heißen Hunger und Durst nach einem neuen Leben in mir weckte. In jener Zeit war ich schon in schlechte Gesellschaft geraten, aber ich besinne mich, dass sich mir ein Gedanke mit Macht aufdrängte, und das war das Bewusstsein, wie töricht es doch bei nüchterner Überlegung wäre, Dinge zu tun, von denen mir bewusst war, dass ich sie eines Tages bereuen würde, oder dass sie mir ewige Strafen eintragen müssten.

In dem ernsten Verlangen, ein neues Leben zu beginnen, schloss ich mich der Methodistischen Gemeinde an.

Aber ich wusste ganz genau, dass es nicht genüge, fortan alles zu lassen, was ich für sündhaft erkannt hatte, sondern dass ich auch soweit wie möglich gutmachen müsste, was ich anderen Unrechtes angetan. Es wurde mir immer klarer, dass ich eher keinen vollen Frieden finden könnte.

Der Eingang in das himmlische Reich war mir durch eine bestimmte Tat verschlossen, die dringend ein Bekenntnis forderte, ich wusste es wohl. Ich hatte nämlich in einer Sache einen Profit aus meinen Kameraden geschlagen, in der ich ihnen vorzuspiegeln wusste, dass ich sehr zu ihrem Vorteil handelte. Und als Zeichen ihrer Dankbarkeit hatten sie mir einen silbernen Taschenbleistift verehrt. Denselben zurückzugeben, wäre ja einfach gewesen, aber dabei zu bekennen, dass ich sie betrogen hatte, das war eine Demütigung, die mir so schwer fiel, dass ich mich tagelang mit diesem Schritt nicht abfinden konnte.

Ich besinne mich, als wäre es gestern, auf das Zimmer und auf die Stunde, in denen ich meinen Entschluss endgültig fasste, auf mein Emporspringen, Fortstürzen, das Aufsuchen des besonders Geschädigten, das Bekenntnis meiner Schuld, die Rückgabe des in meiner Tasche brennenden unrechtmäßigen Besitzes, aber auch auf das sofort mich überströmende selige Bewusstsein, dass eine Last von meiner Schulter gerollt sei. Ein tiefer Friede kam in mein Herz mitten auf offener Straße, und hätte ich's können, ich hätte den Stein aus dem Bürgersteig aufgehoben, auf dem ich stand, und ihn als Denkmal aufgerichtet, wie die Männer es mit den 12 Steinen aus dem Jordan nach ihrem glücklichen Durchzug machten.“

Was William Booth tat, das tat er ganz, und wir sehen, wie praktisch das für das zeitliche wie ewige Glück ist. Er selbst bekennt, dass nur das ihm die Möglichkeit gegeben habe, fortan ein Siegesleben zu führen, dass er sich sofort von allem gelöst hätte, was ihn an diese Welt, die im Argen liegt, binden wollte. Es verlor von dem Augenblick der Bekehrung an auch allen Reiz für den jungen Mann, trotzdem er äußerlich auf dem neuen Weg, den er zu wandeln entschlossen war, keinerlei Verständnis oder Unterstützung fand. Er musste sich zunächst allein durch seine Schwierigkeiten kämpfen. Doch der Herr lässt Seine Kinder nicht lange ohne Gemeinschaft und so sollte auch William Booth bald Freunde finden, junge Leute wie er, denen der Wunsch im Herzen brannte, dem Heiland, der so viel für sie getan, nun auch etwas zuliebe zu tun.

Gott aber hat Seine eigenen Wege mit den Seinen, Er öffnete nicht zuerst große Arbeitsfelder für diese heißblütigen jungen Seelengewinner, und vor allem nicht für William Booth, sondern Er führte ihn in die Stille der Krankenstube. Ein heftiges Fieber überfiel ihn, das ihn an den Rand des Grabes brachte.

In solchen Zeiten löst sich das, was fleischlich an unserem Eifer, von dem, was geistlich ist, wir erkennen, was von oben und von unten kommt, und Gottes Hand zeigt uns, dass unsere alte Natur eine Rebellin bleibt und nur am Kreuz Sicherheit für uns zu finden ist.

Kaum war der junge Booth wieder fähig, auszugehen, so empfing er von einem Freund die Aufforderung, ihm bei einer Arbeit unter den Verkommensten des Armenviertels der Stadt zu helfen. Das war so recht etwas nach seinem Geschmack! Ein Stuhl wurde auf die Straße gestellt – polizeiliche Verbote oder Erlaubnisse gab's für dergleichen nicht –, auf den Stuhl stieg einer der begeisterten Jünglinge, stimmte ein Lied an, welches Menschen herbeilockte, und wenn eine genügende Anzahl Zuhörer beisammen war, wurde in schlichten, praktischen Sätzen das Evangelium von der Erlösung durch das Blut Jesu verkündigt.

„Ach, und wie arbeitete ich!“ sagt der General in seinen Erinnerungen. „Ich kam um 7 aus dem Geschäft, war damals doch nur ein Junge von 15-16 Jahren! Sofort machte ich mich aus und besuchte Kranke, hielt eine Straßenversammlung, der meist noch eine in irgendeinem Hause folgte, hinterher galt es mit suchenden Seelen sprechen oder einen Sterbenden trösten, vor Mitternacht kam ich selten nach Hause. Und am anderen Morgen um 7 galt es wieder im Geschäft auf dem Posten zu sein. Aber wenn ich auch körperlich durchaus nicht zu den Kräftigsten gehörte, war's doch eine selige, gesegnete Zeit, die ich nie vergessen werde.“

Damals war aber diese Art der Betätigung des Christentums selbst in England noch etwas Ungewöhnliches und Warnungen, Ermahnungen zur Vorsicht, Prophezeiungen kommenden Unheils regneten nur so auf den feurigen jungen Mann herab, während ihm, wie er selber sagt, kaum je von irgendeiner Seite eine Ermutigung zuteilwurde.

„Zehn Jahre“, schreibt er, „hatte ich gegen die Bollwerke zu kämpfen, welche die Kirche gegen diese natürliche und mir so selbstverständlich erscheinende Art, dem Lamme nachzufolgen, aufrichtete.“

Wäre William Booth nicht gewesen, was er war, hätte ja auch mancher Schaden auf diese Weise angerichtet werden können, aber Gott hatte ihn eben berufen, und darum sammelten sich auch trotz des Kopfschüttelns vieler frommer Leute des alten Schlages eine Schar von hungernden Seelen um den noch fast im Knabenalter stehenden Jüngling und einen Freund, mit dem er alles teilte.

Aber eine unerwartete Prüfung sollte über ihn kommen. Dieser Freund bekam die Schwindsucht. „Er, mit dem ich ein Herz und eine Seele war und mit dem ich wie David mit Jonathan lebte, wurde von meiner Seite genommen.“ Was waren ihm alle Anfechtungen gewesen, solange er sie mit dieser Seele teilen konnte! Während William Booth die Gabe der Rede besaß, konnte Will Samson sein Herz so im Gebet ausschütten, dass dadurch Seelen überführt und zerschmolzen wurden. (Es schien dem jungen Prediger fast unmöglich, allein weiter zu arbeiten und den Stürmen zu trotzen, die sich von allen Seiten wider ihn erhoben.