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Es ist kurz nach Weihnachten. Für Miro und Lu war es das dritte gemeinsame Fest mit der Familie, für Alex und Nik das zweite. Jetzt steht Silvester vor der Tür und die Clique hat sich einen ganz besonderen Wunsch erfüllt. Ein paar Tage fernab der Heimat, weg von Verpflichtungen jeglicher Art und einfach nur den Winter, das Leben, die Freundschaft und natürlich die Liebe feiern. Wir laden euch ein, alte Bekannte wiederzutreffen und einen Blick in "ihr Leben danach" zu werfen.
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Seitenzahl: 81
Veröffentlichungsjahr: 2020
Klappentext:
Der beste Beweis der Liebe ist Vertrauen (Joyce Brothers)
Was bedeutet es nun für einen Menschen, wenn er beides - sowohl Liebe als auch Vertrauen - nicht mehr kennt? Wenn es nicht mehr als eine blasse Erinnerung an bessere Tage gibt, die man vielleicht oder vielleicht auch nicht, einmal erlebt hat? Mit Liebe, Vertrauen und einer Familie?
Miro weiß es, denn für ihn gibt es diese beiden Gefühle nicht mehr. Er kennt sie, weiß um ihre Bedeutung, aber er selbst hat gelernt, dass Vertrauen das Messer sein kann, das dir in den Rücken gestoßen wird, wenn man sagt, dass man dich liebt. Er hat überlebt ... jeden Messerstich und viel wichtiger ... er hat gelernt, dass es nicht mehr weh tun kann, wenn man einfach niemandem mehr ein Messer in die Hand gibt.
Was aber, wenn dir langsam, schleichend und Stück für Stück vor Augen geführt wird, was dir alles entgeht und vielleicht sogar fehlt? Was ist, wenn du erkennen musst, dass du dem Wunsch nach Nähe auf Dauer nicht widerstehen kannst? Flüchtest du, weil die Schatten deiner Vergangenheit zu tiefe Wunden gerissen haben oder bist du stark und kämpfst, um zumindest einen kleinen Blick auf das zu werfen, was Menschen wie Lu ein ganzes Leben lang schon hatten?
Textauszug:
Ich funktioniere auf Autopilot, anders kann ich es nicht ausdrücken. Ich bin heute Morgen nicht aus dem Bett gekommen. Frühstück musste ausfallen. Erst Marvins resoluter zweiter Weckversuch hat mich aus den Federn gezwungen. Er kann echt ein Miststück sein und hat auch noch unbändigen Spaß dabei. Duschen hat nicht viel gebracht und auch die zig Tassen Kaffee, die ich seit dem hatte, nicht. Dennoch ist meine Laune erstaunlich gut und ich merke, dass das selbst meine Jungs verwundert. Immer wieder stiehlt sich ein Grinsen auf meine Lippen. Wäre mir gar nicht so bewusst, wenn Jo mich nicht vorhin darauf hingewiesen hätte. Okay, er hat es als gruselig bezeichnet und gefragt, was mich denn so dümmlich grinsen lässt. Hab ich ihm natürlich keine Antwort drauf gegeben. Ein einfaches "dein Anblick" war alles und wie immer hat sich daraus ein Geplänkel entwickelt, das meine Laune tatsächlich noch mehr gehoben hat, trotz dem ständigen Wunsch mich einfach noch ein bisschen aufs Ohr zu hauen.
Mittlerweile ist das auch gar keine Option mehr, denn wir müssen bald auf die Bühne. Der Aufbau und auch alle anderen Vorbereitungen sind so an mir vorbeigezogen. Zum Glück kennen meine Finger die benötigten Handgriffe und der Ablauf ist ja eh immer ähnlich. "Ernsthaft, Lu … ich überlege, dir eine Infusion für die Bühne zu legen." Wieder Jonas‘ Stimme und ich strecke ihm nur die Zunge raus. "Nicht nötig, Mann, ich will nur noch eine Tasse, dann … passt das schon." "Wer’s glaubt. Aber komm schon … willst du mir nicht endlich verraten, was oder wer dich heute Nacht so geschlaucht hat? Hey, ich bin es … dein bester Freund …" Dieses Grinsen auf seinen Lippen ist so typisch und ich tippe mir mit dem Zeigefinger meiner freien Hand nur gegen die Schläfe, während ich mir mit der anderen den Kaffeenachschub einverleibe. "Wie … bin ich nicht?" Er sieht ernsthaft schockiert aus, zumindest bis da dieses breite Grinsen auftaucht. "Doch, schon, aber ich werde dir sicher kein Futter für deine Lästereien liefern." "Ich? Lästern? Boah Kumpel, du brichst mir das Herz mit solchen Unterstellungen." "Ja klar, welches Herz bitte?" So geht das schon den ganzen Tag. Egal wie unfit ich bin, dieses Geplänkel hält mich am Leben und es tut gut, dass sich Jo heute mal wieder so viel in meiner Nähe rumtreibt. Ich hab keinen Schimmer, wo sein Schatten abgeblieben ist, aber das ist mir auch egal. Ich danke Gott für seine Abwesenheit, oder auch Fancy, denn der hat ihn vorhin erneut abgelenkt. Ich hab heute keinen Nerv für den Kerl. Hab ich nie, aber heute schon gar nicht. Miro hab ich den Tag über nur ganz selten gesehen. Hier und da mal um eine Ecke huschen oder Kisten schleppen. Gelegenheit zum Reden hat sich irgendwie nie geboten und das fuchst mich seltsamerweise total. Keine Ahnung, was das gestern war, aber ich fand es cool. Immerhin hab ich jetzt raus, wie man zumindest ein paar Infos aus ihm rausbekommt. Klar, es war nicht viel und ich hätte an der einen oder anderen Stelle definitiv nachhaken sollen, doch es war ein Anfang und … "Erde an Lu …" Jonas fuchtelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht rum und grinst mich breit an. "Hmm … was?" Frage ich verwirrt, hab ihm immerhin überhaupt nicht zugehört, also falls er was gesagt hat. Muss er wohl oder? Er deutet jedoch nur mit einer knappen Kinnbewegung schräg hinter mich, lacht und klopft mir auf die Schulter. Ich hingegen hebe fragend eine Braue und drehe dann den Kopf.
Verflucht, ich kann es nicht verhindern, ist wie ein Reflex, aber kaum sehe ich Miro, spüre ich, wie sich meine Mundwinkel zu einem Lächeln heben und er erwidert es prompt. Ich kippe meinen Kaffee in einem großen Schluck herunter und stelle die Tasse dann achtlos beiseite. Endlich! ist so ziemlich das einzige, was mir durch den Kopf schießt und dass er verflucht heiß aussieht. Man sieht ihm die Anstrengung der letzten Stunden an und ich behaupte mal … auch die kurze Nacht. Ich für meinen Teil hab so gut wie gar nicht geschlafen, aber das war es mir wert. "Hey Klei … Miro …" Ich korrigiere mich schnell und ja, sehe ihn entschuldigend an. Das "Kleiner" sollte ich mir in Zukunft echt verkneifen. "Du siehst geschafft aus … Kurze Nacht gehabt?" Ein Schmunzeln spielt um meine Lippen. Ich lehne mich neben ihm an die Wand, den Abstand so gering wie möglich, ohne ihn allerdings zu bedrängen. "Hey Lu. Ich würde vermuten, genauso kurz wie deine. Wobei … die Herren Stars durften vermutlich ein paar Stündchen länger liegen." Er zwinkert mir zu und ich muss leise lachen. "Wir sehen wohl beide nicht gerade taufrisch aus, aber … das war es mir wert." Tja, ist nun mal so und das kann er ruhig wissen. "Ich wollte dir viel Glück und Spaß für heute Abend wünschen und ... dich fragen, ob du vielleicht noch kurz Zeit und Lust für eine Zigarettenpause hast. Oder musst du dich schon fertig machen? Ich hab jetzt offiziell vorerst mal Feierabend …" Typisch Miro übergeht er mein dezentes Geständnis einfach, aber das ist nicht schlimm. Ganz im Gegenteil, denn seine Worte lassen mich gleich noch ein Stück mehr strahlen. Und oh Gott … ich liebe sie einfach, diese Röte, die sich gerade wieder andeutet. "Sehr cool und nein. Also nein, ich muss mich nicht fertig machen, bin ich doch schon …" Sehe kurz an mir runter und dann mit gehobener Braue zu ihm "... oder sehe ich nicht so aus? Soll ich mich nochmal umziehen?" Die schwarze enge Jeans ist eher unscheinbar, cool finde ich nur die aufgerissenen und verwaschenen Stellen. Das Tank Top im Loose-Stil ist ebenfalls einfach und schwarz, aber für mehr Mode stand mir nicht der Sinn. Ich streiche mir durchs Haar, sehe noch mal an mir runter und dann zu Miro. "NEIN! ... Also ich meine … nein … du brauchst dich nicht mehr umziehen. Du siehst toll aus, aber …" "Egal, so oder so … erstmal eine rauchen klingt gut … Komm mit." Ganz automatisch hab ich mir sein Handgelenk geschnappt und führe ihn zum Hintereingang. Immerhin will ich ja ungestört mit ihm sein. Zumindest die paar Minuten. Ich drehe mich zu ihm um und ... hab ich es doch gespürt. Sein Blick ruht auf mir oder nein, ruhen ist das falsche Wort. Er gleitet über mich und ich grinse einfach nur zufrieden. Ganz so schlecht scheine ich wohl doch nicht abzuschneiden bei der Beurteilung, also wenn ich mal wohlwollend seinen Blick deuten will. "Ich meine … dein Armband fehlt, deshalb dachte ich … Du trägst doch immer eins." verkündet er in meine Gedanken hinein und ich stutze, senke den Blick und hebe meine Hand. "Ohhh" Sehr eloquente Antwort, aber er hat recht. Ich trage eine Kette und natürlich meine Tattoos, die kann ich immerhin nicht vergessen, aber das obligatorische Lederarmband … fehlt. Und das ist nicht die einzige Erkenntnis, die mich in diesem Moment trifft, sondern … "Das ist dir aufgefallen! Babe … das ist irgendwie …" Ich lasse den Satz in der Luft hängen, schmunzele nur und mein Blick geht von seinen blauen Augen zu seinen Lippen. Gott fuck, wie gerne würde ich ihn jetzt küssen, hier hinten, alleine und … "Na klar ist mir das aufgefallen. Wieso denn nicht?" Etwas verwundert blickt er mir nun ins Gesicht, statt weiterhin seine Augen über meinen Körper gleiten zu lassen und ich begegne seinem Blick. Scheiße, das ist echt nicht mehr normal.
"Zigarette?" Ich reiße mich mal lieber zusammen und fische etwas unbeholfen meine Kippen aus der Tasche, um ihm die Schachtel unter die Nase zu halten. Verdammt, ich kann keine weitere Abfuhr gebrauchen, nicht jetzt, nicht vor einem Auftritt. "Ääähmmmm … ja, klar … danke … aber ich hab auch selbst …" Er greift allerdings nicht nach seinen eigenen, sondern nimmt sich eine von meinen. Mit diesen schlanken Fingern und … "Geht’s dir nicht gut? Hast du Lampenfieber?" Mein Blick fliegt zu ihm hoch und ich schüttele automatisch den Kopf, froh, dass er nicht ahnt, in welche Richtung meine Gedanken mal wieder abdriften wollten.