Wirtschaftsgeographie - Harald Bathelt - E-Book

Wirtschaftsgeographie E-Book

Harald Bathelt

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Beschreibung

Dieses Buch erläutert systematisch klassische und neue Theorien der Wirtschaftsgeographie. Ausgehend von einer detaillierten Darstellung und kritischen Würdigung der raumwirtschaftlichen Standorttheorie entwickeln die Autoren eine relationale Wirtschaftsgeographie, die den Herausforderungen einer zunehmend globalisierten Weltwirtschaft durch die Integration interdisziplinärer Theorien begegnet. Die komplett überarbeitete, 3. Auflage ist um Ansätze wie räumliche Innovationssysteme, globale Wertschöpfungsketten, Cluster und viele weitere aktuelle Diskussionen erweitert und umfassend aktualisiert. Sechs neue Kapitel und eine grundlegende Neugliederung unterstützen das vorlesungsbegleitende Selbststudium. Fallbeispiele und über 100 Grafiken machen komplexe Zusammenhänge gut verständlich. Ein Bachelor- und Master-Studienbuch für Studierende der Geographie, der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie alle, die sich für das Verhältnis von Raum und Wirtschaft interessieren. Dieser Titel ist auf verschiedenen e-Book-Plattformen (Amazon, Libreka, Libri) auch als e-Pub-Version für mobile Lesegeräte verfügbar.

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Harald BatheltJohannes Glückler

Wirtschaftsgeographie

Ökonomische Beziehungen in räumlicher Perspektive

4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage

122 Abbildungen 23 Tabellen

Inhaltsverzeichnis

Cover

Haupttitel

Die UTB-Reihe

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Impressum

Vorwort zur 4. Auflage

Teil 1: Einführung

1Zu einer Geographie der Wirtschaft

1.1Warum eine Geographie der Wirtschaft?

1.2Illustration: Wie funktioniert regionale Wirtschaftsentwicklung?

1.3Aufbau des Buchs

2Zu einer relationalen Wirtschaftsgeographie

2.1Geographie im Paradigmenwechsel

2.1.1Die Ursprünge wissenschaftlicher Geographie: Länder- und Landschaftskunde

2.1.2Die methodologische Revolution: Geographie als Raumwissenschaft

2.1.3Die (sozial-)theoretische Revolution: Geographie als Akteurswissenschaft

2.1.4Die Evolution der Paradigmen im Zeichen der Moderne

2.2Wirtschaftsgeographie im Paradigmenwechsel

2.2.1Wirtschaftsgeographie in der Länderkunde

2.2.2Raumwirtschaftslehre

2.2.3Ansatzpunkte einer new economic geography

2.3Das Argument der zweiten Transition in der Wirtschaftsgeographie

2.3.1Storpers Konzeption der holy trinity

2.3.2Neue relationale Positionen

2.3.3Forschungsprogrammatische Elemente der relationalen Wirtschafts­geographie

2.3.4Grundkonzepte einer relationalen Wirtschaftsgeographie

3Grundlagen ökonomischer ­Beziehungen

3.1Bedürfnisse

3.2Güter

3.3Wirtschaftliche Produktion und Produktionsfaktoren

3.3.1Produktionsfaktor Boden

3.3.2Produktionsfaktor Arbeit

3.3.3Produktionsfaktor Kapital

3.3.4Relationale Sichtweise von Ressourcen

3.4Neoklassischer Markttausch

3.5Leistungsmessung in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

4Geographische Grundbegriffe

4.1Positionale Raumkonzepte: Raum, Region, Territorium und Standort

4.1.1Physikalischer Begriff des Raums

4.1.2Territorium

4.1.3Region

4.1.4Abgrenzung von Regionen

4.1.5Standort

4.2Relationale Raumkonzepte: Distanz und Nähe

4.2.1Messung von Distanz

4.2.2Konzepte der Nähe

4.2.3Zur Bedeutung temporärer Nähe in der globalen Ökonomie

4.3Räumliche Disparitäten: ­Verdichtungsräume und ­ländliche Räume

4.3.1Verdichtungsräume

4.3.2Ländliche Räume

4.4Möglichkeiten und Grenzen der Messung räumlicher Verteilungen

4.4.1Parameter der regionalen Strukturanalyse

4.4.2Methoden der regionalen Wachstumsanalyse

4.5Globale Verflechtungen

4.5.1Grundkonzeption der Globalisierung

4.5.2Wider die Hyperglobalisierung

4.5.3Regionalisiertes Wachstum ­internationalen Handels

4.5.4Internationalisierung von Kapitalverflechtungen durch Direktinvestitionen

4.5.5Internationalisierung des Austauschs von Technologien und Wissen

Teil 2: Ansätze und Grenzen der Raumwirtschaftslehre

5Im Denken räumlicher Ordnung und Hierarchie

5.1Lagerentenprinzip, Transportkostenprimat und landwirtschaftliche Landnutzung

5.1.1Bodenrente und Lagerente

5.1.2Prinzipien des isolierten Staats

5.1.3Von Thünen’sche Ringe verschiedener Maßstabsebenen

5.1.4Kritische Würdigung des isolierten Staats

5.2Übertragung des ­Lagerentenprinzips auf den städtischen Bodenmarkt

5.2.1Prinzipien der städtischen Landnutzungslehre

5.2.2Kritische Würdigung der städtischen Landnutzungslehre

5.2.3Stadtstruktur und Landnutzung

5.3Optimale Versorgung im System zentraler Orte

5.3.1Städtische Ballungen und zentrale Orte

5.3.2Umlandbildung aus Produzentenperspektive

5.3.3Umlandbildung aus Kundenperspektive

5.3.4Anordnung der Einzugsbereiche in einem Hexagonalmuster

5.3.5Hierarchisches System zentraler Güter und zentraler Orte

5.3.6Marktnetze nach Lösch

5.3.7Zentrale Orte in der Planungspraxis in Deutschland

5.3.8Kritische Würdigung des Zentrale-Orte-Systems

5.3.9Erweiterte Konzepte: Städtenetze versus Städteverbünde

5.3.10Zentrale Orte und zukünftige Stadtentwicklung

6Industrielle Standortwahl

6.1Raumabhängigkeit und Faktordominanz der industriellen Standortlehre

6.1.1Kostenminimale Standortwahl

6.1.2Konzept der Agglomerationsvorteile

6.1.3Interdependente Standortwahl

6.1.4Das Marginalprinzip

6.1.5Behavioristische Standortwahl

6.2Kritische Würdigung der traditionellen Standortlehre

6.2.1Gewinnmaximierung

6.2.2Kausalität

6.2.3Unternehmenskonzept

6.2.4Kostenorientierung

6.2.5Footloose-Industrien und ubiquitification

6.2.6Standortfaktorensicht

6.2.7Statik

6.3Vom Transportkostenprimat zu Standortfaktorenkatalogen

6.3.1Abnehmende Bedeutung von Transportkosten

6.3.2Agglomerationsvorteile im Wandel

6.3.3Arbeitsmarktaspekte

6.3.4Öffentlich-staatliche Einflüsse und Kapitalmarkt

6.3.5Scheinbare Bedeutung von Umwelt- und Lebensbedingungen

6.3.6Harte versus weiche Standortfaktoren

6.3.7Standortwahl als Suchprozess

Teil 3: Interaktion und Institution

7Interaktion: Wirtschaftliches Handeln in sozialen Beziehungen

7.1Wandel des Menschenbilds

7.1.1Unvollständige Informationen

7.1.2Grenzen der Rationalität

7.1.3Grenzen des Opportunismus: homo reciprocans

7.1.4Relationale Perspektive des Handelns

7.2Soziale Situationen der Interdependenz

7.2.1Soziale Situationen

7.2.2Interdependenz und Koordinationsproblem

7.2.3Interaktion und Transaktion

7.3Interaktionen in sozialen Beziehungen

7.3.1Vertrauen

7.3.2Reputation

7.3.3Soziales Kapital

7.3.4Einfluss neuer Informations- und Kommunikationstechnologien

8Institutionen

8.1Institutionen und ­ökonomisches Handeln

8.1.1Zur Regelmäßigkeit sozialen Handelns

8.1.2Begriff und Arten von Institutionen

8.1.3Institutionen zwischen Handeln und Struktur

8.1.4Institutionen aus räumlicher Perspektive

8.2Entstehung und Gestaltung von Märkten

8.2.1Vom Markt zu Märkten

8.2.2Konstitution von Märkten

8.2.3Performativität von Märkten

8.2.4Märkte in räumlicher Perspektive

8.3Institutioneller Wandel

8.3.1Inkrementelle Anpassung von Institutionen

8.3.2Persistenz von Institutionen und institutionelle Hysterese

8.3.3Institutional entrepreneurship

8.3.4Institutionen und Macht

8.3.5Zur Rolle von Institutionen in Innovationsprozessen

Teil 4: Organisation

9Organisation wirtschaftlichen ­Austauschs

9.1Transaktionskosten und räumliche Produktionsorganisation in der neuen Institutionenökonomie

9.1.1Unternehmensorganisation als Transaktionsproblem

9.1.2Transaktionskostenansatz

9.1.3Transaktionskosten in räumlicher Perspektive

9.2Embeddedness und Netzwerkbildung in der new economic sociology

9.2.1Der embeddedness-Ansatz

9.2.2Embeddedness in räumlicher Perspektive

9.2.3Unternehmensnetzwerke

9.2.4Paradoxon der embeddedness und lock-in

9.3Temporäre Kooperation in Projekten

9.3.1Projektorganisation

9.3.2Projekte in räumlicher Perspektive

9.3.3Grenzen der Projektorganisation

10Geographische Cluster

10.1Nationale Wettbewerbs­vorteile und industrielle Cluster

10.1.1Faktorbündel zur Erklärung industrieller Cluster

10.1.2Kritische Würdigung des Porter’schen Diamanten

10.2Industriedistrikte und innovative Milieus

10.2.1Dreigeteilte räumliche Wirtschaftsstruktur in Italien

10.2.2Konzeption der Industriedistrikte in Italien

10.2.3Probleme der Übertragbarkeit des Dritten Italiens

10.2.4Milieuansatz der GREMI-Schule

10.2.5Innovatives Milieu

10.2.6Konvergenz der Milieu- und Distriktansätze

10.3Theorie regionaler Cluster

10.3.1Clusterdimensionen und trade-offs

10.3.2Lokales Rauschen und globales Pfeifen: Zu einer wissensbasierten Clustertheorie

10.3.3Temporäre Cluster zur Herstellung globaler Vernetzungen

10.3.4Zum Verhältnis temporärer und permanenter Cluster

10.3.5Clusternetzwerke in räumlicher Perspektive

11Geographie des Unternehmens

11.1Strategie und geographische Organisation von Unternehmen

11.1.1Wechselwirkung von Strategie und Struktur

11.1.2Tripolare Unternehmenstypologie

11.1.3Entwicklungsstufen der Unternehmensorganisation

11.2Internationalisierung von Unternehmen

11.2.1Strategien der Internationalisierung

11.2.2Eklektisches Paradigma und Stufentheorien

11.2.3Netzwerkperspektive der Internationalisierung

11.3Globale Organisation der Wertschöpfung

11.3.1Typen international agierender Unternehmen

11.3.2Marktmacht und oligopolistischer Wettbewerb

11.3.3Aushandlungsprozesse zwischen Staat und Unternehmen

11.3.4Globale Waren- und Wertschöpfungsketten

11.3.5Globale Produktionsnetzwerke

Teil 5: Evolution

12Regionales Wachstum

12.1Neoklassische Theorie

12.1.1Grundmodell regionalen Wachstums

12.1.2Kritische Würdigung der neoklassischen Theorie

12.2Polarisationstheorie

12.2.1Sektorale Polarisation

12.2.2Regionale Polarisation

12.2.3Zirkuläre Verursachung kumulativer Prozesse

12.2.4Zentrum-Peripherie-Modelle

12.2.5Kritische Würdigung der Polarisationstheorie

12.3Exportbasis-Ansatz und regionale Wirtschaftspolitik

12.3.1Regionalwirtschaftliche Multiplikatoreffekte im Exportbasis-Ansatz

12.3.2Gemeinschaftsaufgabe zur ­Verbes­serung der regionalen Wirtschaftsstruktur

12.3.3Europäische Regionalpolitik und Wirtschaftsförderung

12.4Geographical economics

12.4.1Regionale Industrieballungen

12.4.2Kleinräumige Industriespezialisierungen

12.4.3Dynamik von Konzentrations- und Entleerungsprozessen

12.4.4Kritische Würdigung von Krugmans geographical economics

13Evolution von Unternehmen und Standorten

13.1Evolution in der Organisationsökologie

13.1.1Grundzüge evolutionärer Theorien

13.1.2Evolution und Organisations­ökologie

13.1.3Organisationsökologie in räumlicher Perspektive

13.1.4Kritische Würdigung der Organisationsökologie

13.2Unternehmensgründungen aus evolutionärer Sicht

13.2.1Gründungs-, Standort- und Wachstumsfaktoren

13.2.2Schumpeter’scher Unternehmerbegriff

13.2.3Saatbeet-Hypothese

13.2.4Inkubator-Hypothese

13.2.5Neugründungen als spin-offs

13.2.6Gründungsforschung und ­Förderpolitik

13.3Evolutionäres Modell geographischer Industrialisierung

13.3.1Lokalisation und windows of locational opportunity

13.3.2Selektive Clusterungsprozesse

13.3.3Dispersionsprozesse in growth peripheries

13.3.4Shifting centers

13.4Entstehung und Evolution von regionalen Unternehmensballungen

13.4.1Entstehung von Clustern und Clusterpolitik

13.4.2Evolution bestehender Cluster

13.4.3New industrial spaces und Super-Cluster

13.5Ansätze einer evolutionsökonomischen Wirtschafts­geographie

13.5.1Perspektiven und Grundkonzepte

13.5.2Variation durch Innovation und verwandte Vielfalt

13.5.3Räumlich differenzierte Selektion

13.5.4Reproduktion in Entwicklungspfaden

13.5.5Kritische Würdigung der evolutionsökonomischen Wirtschafts­geographie

Teil 6: Innovation

14Innovation und Unternehmen

14.1Innovation

14.1.1Innovation als Ergebnis

14.1.2Innovation als Prozess

14.1.3Invention versus Imitation

14.2Produktzyklustheorie

14.2.1Forschung und Entwicklung im linearen Modell

14.2.2Produktzyklustheorie in räumlicher Perspektive

14.2.3Unternehmens-, Industrie- und Regionalzyklen

14.2.4Kritische Würdigung der Produktzyklustheorie

14.3Evolutionäre Perspektive technologischen Wandels

14.3.1Evolutionäres Modell konkurrierender Technologien

14.3.2Wissensaustausch und Lernen im Innovationsprozess

14.3.3Institutionen des technologischen Wandels

15Technologischer und ­gesellschaftlicher Wandel

15.1Theorie der langen Wellen

15.1.1Schumpeters Theorie der langen Wellen

15.1.2Lange Wellen in räumlicher Perspektive

15.1.3Kritische Würdigung der Theorie der langen Wellen

15.1.4Technisch-ökonomische Paradigmen im neoschumpeterianischen ­Ansatz

15.2Regulationsansatz

15.2.1Akkumulationsregime und Regulationsweise

15.2.2Entwicklungsphase und -krise in räumlicher Perspektive

15.2.3Aus der Fordismuskrise zu einer neuen Entwicklungsphase?

15.2.4Nachfordistische Strukturen in räumlicher Perspektive

15.2.5Kritische Würdigung der Regulationstheorie

15.3Innovationssysteme

15.3.1Typen von Innovationssystemen

15.3.2Nationale Innovationssysteme

15.3.3Regionale Innovationssysteme

15.3.4Lernen und Innovation in räumlicher Perspektive

15.4Varieties of capitalism

15.4.1Institutionelle Ebenen und Komplementaritäten

15.4.2Liberale und koordinierte Marktwirtschaften in räumlicher Perspektive

15.4.3Kritische Würdigung des varieties-of-capitalism-Ansatzes

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Fallbeispiele

Über den Autor

Prof. Dr. Harald Bathelt ist Professor am Department of Political Science der University of Toronto, Kanada, wo er den Canada Research Chair für Innovation & Governance innehält. Er ist zudem Professor am Department of Geography and Planning der University of Toronto und seit 2011 Zijiang Visiting Professor am Institute of Urban Development an der East China Normal University in Shanghai. Zuvor war er als Professor an den Universitäten Frankfurt/Main und Marburg tätig. Seine Forschungsinteressen liegen im Bereich Wirtschafts- und Industriegeographie, Politische Ökonomie und Methodik. Harald Bathelts Forschungstätigkeit basiert auf einem relationalen Forschungsansatz in der Wirtschaftsgeographie, wissensbasierten Konzeptionen permanenter und temporärer Cluster, Prozessen der Wissensgenerierung und Innovation über Distanz sowie den sozioökonomischen Konsequenzen des regionalen, technologischen und institutionellen Wandels. Weitere Informationen über seine gegenwärtigen Forschungsaktivitäten und Publikationen unter www.harald-bathelt.com.

Prof. Dr. Johannes Glückler

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© 2002/2018 Eugen Ulmer KG

Wollgrasweg 41, 70599 Stuttgart (Hohenheim)

E-Mail: [email protected]

Internet: www.ulmer.de

Produktion: primustype Hurler GmbH | v1

ISBN 978-3-8252-8728-3 (Print)

ISBN 978-3-8463-8728-3 (E-Book)

Vorwort zur 4. Auflage

In der ersten Auflage der Wirtschaftsgeographie vor über 15 Jahren war es uns ein Anliegen, die thematische Begrenzung, ein oftmals deterministisches Verständnis von Raum und die geringe Interdisziplinarität in konventionellen Lehrbüchern zu überwinden und neue Strömungen in der Geographie und den Sozialwissenschaften aufzugreifen. Wir argumentierten mit der zweiten Transition als paradigmatischem Übergang für den integrativen und sozialwissenschaftlich anschlussfähigen Rahmen einer relationalen Wirtschaftsgeographie. Angeregt durch vielfältige fachliche Entwicklungen, aber auch durch kritische Fragen, Kommentare und Hinweise seitens unserer Kollegen und Studierenden, haben wir die Struktur dieses Buchs seit der ersten Auflage fortwährend angepasst und umfangreich erweitert. Seit der dritten Auflage haben sich aktuelle Strömungen wie z.B. institutionelle, evolutionäre, netzwerk- oder clustertheoretische Ansätze weiterentwickelt, ebenso wie sich förderpolitische Rahmenbedingungen und Instrumente auf bundesdeutscher und europäischer Ebene gewandelt haben. Wir haben diese Entwicklungen genutzt, um das Buch vollständig zu überarbeiten, Fehler zu korrigieren, Textteile traditioneller Ansätze und Debatten zu straffen und neuere Ansätze um jüngste Forschungsbeiträge zu aktualisieren. Angesichts des mittlerweile bemerkenswerten Umfangs des Buchs und der großen fachhistorischen Reichweite von Ansätzen länderkundlicher Wirtschaftsgeographie über die klassische Standortlehre bis hin zur Vielfalt gegenwärtiger mikro- und makroanalytischer Innovations- und Entwicklungstheorien danken wir Katrin Janzen, Regina Lenz, Anna Mateja Schmidt, Laura Suarsana, Michael Handke, Robert Panitz, Christian Wuttke und Marius Zipf herzlichst für die kritische Durchsicht des Manuskripts und für viele inhaltliche und redaktionelle Hinweise und Anregungen.

Trotz all der fachlichen Weiterentwicklungen und des anhaltenden technologischen und wirtschaftlichen Wandels einer globalen Wissensökonomie bleibt es das Ziel des Buchs, eine breite und grundlegende Einführung in zentrale Fragen der Wirtschaftsgeographie anzubieten: Warum und wie sind ökonomische Prozesse an verschiedenen Orten und Regionen unterschiedlich organisiert? Wie kommt es deshalb zu beobachtbaren und messbaren sozioökonomischen Differenzierungen in räumlicher Perspektive? Wie sind Unternehmen auf unterschiedliche Weise in lokale, regionale, nationale oder supranationale Entwicklungszusammenhänge eingebunden und wie prägen diese ihr Handeln? Damit verbunden ergeben sich für die wirtschaftsgeographische Forschung vielfältige Aufgaben, insbesondere das Erklären und Verstehen lokalisierter Ballungs- und Spezialisierungsprozesse, der Entstehung und Dynamik räumlicher Disparitäten, der wirtschaftlichen Interaktion über geographische Entfernung sowie der Folgen des technologischen und institutionellen Wandels für die wirtschaftliche Entwicklung.

Die fachliche Entwicklung der letzten Jahre weist aufgrund neuer Ansätze und einer Wiederbelebung und Weiterentwicklung quantitativer Methoden nicht nur auf das angestiegene – bislang jedoch vielfach noch ungenutzte – Potenzial disziplinübergreifender Forschung und Zusammenarbeit hin. Stattdessen besteht die Gefahr, dass eine mitunter zunehmende Bildung von Schulen, wie z.B. der evolutionären Wirtschaftsgeographie oder globaler Produktionsnetzwerke, auch neue Spaltungen innerhalb der Wirtschaftsgeographie hervorruft. In diesem Spannungsfeld sehen wir die relationale Wirtschaftsgeographie nicht als eine weitere Theorie, die mit anderen Strömungen konkurriert, sondern als eine Perspektive, die vielfältige gegenstandsbezogene Konzepte und Theorien innerhalb und außerhalb des Fachs zu verbinden sucht. Das bereits in der dritten Auflage bemängelte Auseinanderdriften des Fachs und die gegenseitige Ausgrenzung unterschiedlicher Methoden und Gedankengebäude betrachten wir nach wie vor mit Sorge.

Stattdessen schlagen wir mit der relationalen Wirtschaftsgeographie eine explizit inklusive Perspektive vor, die anschlussfähig für viele sozialwissenschaftliche Ansätze und fachtheoretische Konzepte ist. Sie ist keine geschlossene Theorie, sondern eine analytische Forschungsperspektive, die vielfältige und heterogene Forschungsansätze umfasst, zugleich aber sechs grundlegende Kriterien in ihren Untersuchungsdesigns zusammen bindet (Bathelt und Glückler 2017):

Relationalität.

Erstens geht relationale Forschung davon aus, dass soziales Handeln und soziale Beziehungen zwischen Akteuren als Quelle wirtschaftlicher Phänomene und Entwicklungen zu betrachten sind. Wirtschaftliche Phänomene „haben“ keine sozialen Beziehungen, sondern werden durch diese konsti­tuiert.

Kontextualität.

Zweitens impliziert der Fokus auf soziale Interaktionen eine systematische Berücksichtigung des raum-zeitlichen Kontexts und der damit verbundenen vielfältigen situativen Bedingungen.

Kontingenz.

Drittens gelten die Konsequenzen ökonomischen Handelns notwendigerweise als ergebnisoffen. Aufgrund der immanenten Kontextabhängigkeit interessiert insbesondere, unter welchen Bedingungen Handlungskonsequenzen von erwarteten Auswirkungen abweichen – warum z.B. die Unternehmen einer Region trotz scheinbar günstiger Wachstumsbedingungen stagnieren.

Prozessualität

. Viertens richtet sich der Erklärungsanspruch weniger auf formale Kausalität, sondern auf die Rekonstruktion und Qualität der einem wirtschaftlichen Phänomen zugrundeliegenden Prozesse. In historischer Perspektive wird ökonomisches Handeln daher als pfadabhängig angenommen. Insofern präferiert der relationale Ansatz evolutionäre Konzepte gegenüber Erklärungen, die an Lebenszyklusansätzen angelehnt sind.

Räumliche Perspektive

. Fünftens folgt ein relationales Forschungsdesign in der Wirtschaftsgeographie einer räumlichen Perspektive von Handeln (Bathelt und Glückler 2003), durch die ökonomische Prozesse in Raum und Zeit situiert und in ihren Beziehungen zwischen verschiedenen Maßstabsebenen untersucht werden können. Raum gilt weder als Container von Merkmalen noch als Kausalfaktor, sondern ermöglicht die Problematisierung ökonomischer Prozesse hinsichtlich ihrer Dichte und Diversität sowie ihrer räumlichen Entfernung und sozialen Disparitäten.

Übertragbarkeit der Erkenntnisse.

Trotz der Betonung von Kontextualität, Kontingenz und Pfadabhängigkeit strebt ein relationales Forschungsdesign sechstens nicht allein nach einzelnen Tatsachenerklärungen, sondern nach abstrahierbaren Erkenntnissen, die auf andere Kontexte als Prinzipien übertragen werden können. Es ist deshalb wichtig zwischen den notwendigen und kontingenten Bedingungen eines Kontexts zu unterscheiden (Sayer 2000). Relationale Konzepte können somit als Theorien mittlerer Reichweite (Merton 1949) charakterisiert werden, die einerseits gegenstandsnah gewonnen werden (Authentizität), zugleich aber abstrakt genug sind, um transferierbare Theorien zu entwickeln (Strukturierung).

Dieses Lehrbuch fördert neben der Vermittlung des aktuellen Forschungsstands vor allem kritisches Denken und konzeptionelle Zusammenhänge in der Wirtschaftsgeographie. Es unterscheidet sich von traditionellen Lehrbüchern dadurch, dass es über die scheinbar neutrale Darstellung etablierter Theorien hinausgeht. Es ist keine Enzyklopädie, die ein statisches Gesamtbild der Disziplin zeichnet. Im Gegenteil: Wir führen eine kritische Debatte wirtschaftsgeographischen Denkens mit dem Ziel, Studierende und Fachinteressierte aufgrund der Darlegung von Begriffen, Konzepten und deren Implikationen zu einem kompetenten Verständnis von Wirtschaftsgeographie anzuregen.

Natürlich ist es unmöglich, sämtliche Diskussionsstränge und Anwendungsbereiche gleichermaßen einzubeziehen. Die Auswahl der dargestellten Theorie- und Themenbereiche ist letztlich in besonderem Maß durch unsere eigenen und gemeinsamen Forschungsinteressen geprägt. Auch der Aufbau des Buchs folgt einem relationalen Ansatz und ist durch vielfältige Verweise und Rückkopplungen zwischen den einzelnen Textbausteinen und Kapiteln geprägt. Obwohl es möglich ist, das Buch von „A bis Z“ in linearer Form zu lesen, besteht der eigentliche Zweck darin, je nach Forschungsfrage, Problemlage oder Vorlesungsthema diejenigen Abschnitte des Buchs in der Lektüre zu verbinden, die einen konzeptionellen Zugang zu dem Forschungsgegenstand in einem spezifischen Kontext ermöglichen. Hierzu bietet das Buch durchgehend Verweise zu verwandten und angeschlossenen Themen in anderen Kapiteln.

Mit dem Ansatz der relationalen Wirtschaftsgeographie entwerfen wir eine offene Forschungsperspektive, die interdisziplinär angelegt ist und sich an ein breites wissenschaftliches Publikum aus dem Feld der Sozialwissenschaften richtet, darunter insbesondere an diejenigen Geographen, Ökonomen, Soziologien sowie Politik-, Planungs-, Management- und Organisationswissenschaftler, deren übergeordnetes Interesse es ist, wirtschaftliche Prozesse in räumlicher Perspektive zu verstehen. Zudem richten wir uns an alle Unternehmer, Planer, Politiker und sonstige Interessenten aus der Praxis, die sich bereits mit den räumlichen Auswirkungen wirtschaftlicher Prozesse beschäftigen und hierfür einen konzeptionellen Rahmen suchen. Die wichtigste Zielgruppe unseres Buches sind aber die Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen, die einen breiten und disziplinübergreifenden Orientierungs- und Analyserahmen suchen, wenn sie eine räumliche Perspektive auf Wirtschaft und Gesellschaft anwenden.

Toronto und Heidelberg, im Sommer 2018

Harald Bathelt und Johannes Glückler

Teil 1: Einführung

1Zu einer Geographie der Wirtschaft

1.1Warum eine Geographie der Wirtschaft?

Seit über 2000 Jahren ist (trotz Schwierigkeiten bei der Messung) eine wachsende weltweite Wirtschaft zu beobachten (→ Abb. 1.1). Die Geschichte dieser Entwicklung lehrt uns, dass sich ökonomisches Wachstum weder kontinuierlich noch an allen Orten gleichförmig vollzieht. Im Wachstumsbericht der Weltbank analysiert eine Forschergruppe, angeführt von dem Wirtschaftsnobelpreisträger Herbert Spence, die Ursachen starken Wachstums (World Bank 2008). Hierbei zeigte sich, dass die Länder Botswana, Brasilien, China, Hong Kong, Indonesien, Japan, Korea, Malaysia, Malta, Oman, Singapur, Taiwan und Thailand über einen Zeitraum von bis zu 25 Jahren durchgängig Wachstumsraten ihres Bruttoinlandsprodukts von jährlich über 7 % aufwiesen. Können wir durch eine Analyse dieser Beispielländer das Geheimnis allgemeinen wirtschaftlichen Wachstums ergründen? Die kritische Lektüre des Berichts legt eher nahe, dass die Hoffnung auf ein allgemeines Wachstumsrezept unerfüllt bleiben wird (Easterley 2008). Bei vielen Ländern hat der Boom inzwischen nachgelassen und die Rahmenbedingungen des Wachstums sind sehr spezifisch (Acemoglu et al. 2005). Die Wirtschaftsgeschichte ist voller Beispiele dafür, dass einige Regionen einen lang anhaltenden (wenngleich nicht endlosen) wirtschaftlichen Aufschwung erfahren, während andere stagnieren oder schrumpfen (Maddison 2007; Landes 2009). Keine Region der Erde hat über die gesamte jüngere Geschichte eine kontinuierliche wirtschaftliche Entwicklung genossen. So sehr uns die Theorien der Wirtschaftswissenschaften die Regelhaftigkeiten des Ökonomischen lehren, so zeitlich unbeständig und geographisch unterschiedlich entfaltet sich die wirtschaftliche Entwicklung in der Realität.

Abb. 1.1 Die Entwicklung des Weltprodukts absolut und pro Kopf in US-Dollar seit Christi ­Geburt (nach Maddison 2007; World Bank 2008)

Der spezifische geographische Kontext ist Quelle ökonomischer Bedingungen und Lebenssituationen, die zu regionalen Ungleichheiten führen und unterschiedliche Chancen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung zur Folge haben (Storper 2009). Ein Mensch, der in den USA geboren wird, wird heute statistisch gesehen im Durchschnitt ein hundertfach größeres Einkommen erzielen und 30 Jahre länger leben als ein Mensch in Sambia. Ein Berufstätiger wird in Bolivien nur ein Drittel des durchschnittlichen Einkommens erzielen, das ihn in den USA erwarten würde (World Bank 2009). Regionen unterscheiden sich unter anderem in ihrem Ressourcenreichtum, ihrer Produktivität und ihrem wirtschaftlichen Wohlstand. Standorte und Regionen stehen darüber hinaus in vielfältigen wirtschaftlichen Beziehungen. Natürliche Ressourcen, Arbeitskräfte und Arbeitsplätze, Wissen, Kapital und Konsumenten sind geographisch ungleich verteilt. Für den Wirtschaftsprozess, d. h. die Herstellung und Bereitstellung von Gütern zur Befriedigung menschlicher und gesellschaftlicher Bedürfnisse, müssen einerseits verschiedenste Ressourcen kombiniert werden. Andererseits bedarf es der Verteilung und Bereitstellung der Güter an die Endverbraucher, die diese wiederum an möglicherweise anderen Orten konsumieren als dort, wo sie sie beziehen. Da diese Faktoren und Güter weder gleichmäßig verteilt, noch gleichermaßen mobil sind, besteht eine Herausforderung darin, die Beschaffung, Kombination und Verteilung sowohl innerhalb als auch zwischen Standorten, Städten und Gemeinden, Regionen und Ländern zu organisieren.

Die Geographie interessiert sich für das Verhältnis zwischen Standort, Territorium und Gesellschaft. Wirtschaftsgeographen im Besonderen fragen nach der spezifischen räumlichen Organisation wirtschaftlichen Austauschs und sozialer Institutionen im Produktionsprozess und interessieren sich für die räumliche Differenzierung der Art und Weise, wie Wirtschaft in lokalisierten Lebensverhältnissen praktiziert wird (vgl. auch Glückler 2011 b). Im Fokus steht hierbei die Frage, wie sich Unterschiede in den wirtschaftlichen Strukturen und Prozessen zwischen Standorten und Territorien erklären lassen. In einer vormodernen Gesellschaft lässt sich eine Begründung relativ einfach durch die überwiegend lokale Lebens- und Wirtschaftsweise finden. Im Zug der Modernisierung ermöglichen neue Transport- und Kommunikationstechnologien eine zunehmende geographische Entankerung der Lebensverhältnisse (Giddens 1997; Werlen 1999). Menschen tauschen Waren, Informationen und Kapital zu geringeren Kosten über zunehmend große Entfernung aus. Auch die Mobilität der Menschen wird größer, sodass Erfahrungen und Begegnungen an vielen unterschiedlichen Orten leichter und häufiger zu realisieren sind. Diese Entkopplung sozialer Beziehungen von der gemeinsamen physischen Anwesenheit (Ko-Präsenz) verwandelt das Verhältnis von Standort, Territorium und Gesellschaft in einen zunehmend komplexen Zusammenhang. Manche erwarten mit der digitalen Revolution das Ende der „Tyrannei der Distanz“ und eine „flache Welt“, die keine oder kaum noch räumliche Unterschiede oder Begrenzungen wirtschaftlichen Handelns aufweist (Cairncross 1997; Friedman 2005). Jedoch stellen sich in der Praxis ständig neue Fragen in Bezug auf Lokalität und Mobilität, neue Formen lokaler Spezialisierung, regionale Disparitäten und globale Beziehungen (Giese et al. 2011). Eine räumliche Perspektive ist für die Analyse ökonomischer Beziehungen und ökonomischen Handelns weiterhin zentral, denn die Erde ist eben keine gleichförmige Scheibe. Viele Fragen, die unsere gegenwärtige Gesellschaft herausfordern, sind zutiefst geographische Problemstellungen.

Abhängigkeit des Menschen von natürlichen Rohstoffen. Natürliche Rohstoffe, wie z. B. Öl, Kupfer oder Gas, sind an bestimmte Standorte gebunden – sie sind lokalisiert und ihr Vorkommen ist geographisch und mengenmäßig begrenzt. Da wir diese materiellen Ressourcen ­benötigen, um aus ihnen Güter herzustellen, ergeben sich geographische Probleme der Verfügbarkeit, des Zugangs und der Mobilisierung dieser Rohstoffe. Mit der wirtschaftlichen Nutzung natürlicher Rohstoffe gehen jedoch viele gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen einher, die im Zuge der Globalisierung und einer zunehmend globalen Zivil- und Risikogesellschaft (Beck 1997) immer mehr an Brisanz gewinnen (Soyez und Schulz 2002; Braun et al. 2003; Oßenbrügge 2007; Knox-Hayes 2016).

Natürliche regionale Unterschiede. Standorte weisen auf der Erdoberfläche infolge der unterschiedlichen topographischen, klimatischen, vegetativen und andere naturräumliche Bedingungen sehr unterschiedliche natürliche Kostenvorteile auf, sofern diese für ökonomisches Handeln relevant werden. Allein auf die Variation dieser natürlichen Bedingungen (und der entsprechenden Kostenstrukturen) ist ein Teil der ungleichen Wirtschafts- und Siedlungsverteilung zurückzuführen (Ellison und Glaeser 1999; Roos 2005). Auf globaler Ebene lassen sich erstaunlich prägende Unterschiede der wirtschaftlichen Entwicklung beobachten (Gallup et al. 1999): Erstens haben fast alle Länder in den mittleren Breiten eine höhere wirtschaftliche Produktivität und einen größeren wirtschaftlichen Wohlstand als die Länder der Tropen. Zweitens erzielen küstennahe Regionen weltweit höhere Einkommen als küstenferne Regionen oder Binnenstaaten. Auch auf regionaler und lokaler Ebene lassen sich räumlich differenzierte Nutzungen und Standortstrukturen erkennen, die aus Unterschieden natürlicher Zugangsbedingungen und anderer Kostenvorteile resultieren. In manchen Branchen bestimmen natürliche Kostenvorteile oder Beschränkungen die Standortverteilung von Unternehmen in erheblichem Maß. So ist z. B. die effiziente Stromgewinnung aus Windenergie und Wasserkraft trotz technologischer Fortschritte auf klimatische und topographische Gunstlagen angewiesen. Die räumliche Verteilung von Kraftwerken zur Stromgewinnung aus regenerativen Energien lässt sich in Deutschland geradezu idealtypisch auf natürliche Kostenvorteile zurückführen (Klein 2004; Handke und Glückler 2010). Wichtig bleibt jedoch festzustellen, dass die natürlichen Bedingungen wirtschaftliche Strukturen keineswegs determinieren. So gibt es beispielsweise trotz potenzieller Kostennachteile wichtige Standorte der chemischen Produktion auch weit von den Küsten entfernt (Beispiel: BASF in Ludwigshafen) oder wichtige Regionen des Gemüseanbaus trotz vergleichsweise ungünstiger klimatischer Bedingungen (Beispiel: Niederlande).

Regionale Disparitäten und regionale Entwicklung.Nicht alle regionalen Unterschiede repräsentieren zugleich bedeutsame regionale Disparitäten im Sinne einer Abweichung gesellschaftlich-ökonomisch relevanter Merkmale, wie z. B. Arbeitslosigkeit, Einkommen oder Bildungszugang, von einer als fair oder angemessen erachteten Referenzverteilung (Biehl und Ungar 1995). Der Zusatz der gesellschaftlichen Relevanz ist wichtig, um diejenigen regionalen Unterschiede zu betonen, die sich auf die als notwendig angesehene Lebensqualität und die Lebenschancen der Bevölkerung auswirken. Die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse bzw. die Stärkung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhalts bildet auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG Art. 106, Abs. 3) eine wichtige Norm der Gesellschaftsordnung. In der Praxis ist es eine Herausforderung, regionale Disparitäten auszugleichen. Auch nach bald 30 Jahren der Wiedervereinigung sind die regionalen Unterschiede der wirtschaftlichen Leistungskraft und des Einkommens pro Einwohner zwischen Ost und West erheblich und reichten im Jahr 2014 von einem Minimum von 11 300 Euro pro Einwohner im Zwickauer Land bis zu einem Maximum von über 80 000 Euro pro Einwohner im Landkreis München. Der Landkreis München erwirtschaftete demnach pro Kopf das Siebenfache und die kreisfreie Stadt Ingolstadt gar das Achtfache der Region Südwestpfalz (Destatis 2017). Vor- und Nachteile der natürlichen Bedingungen sagen dabei nicht immer etwas über die wirtschaftlichen Entwicklungschancen einer Region aus. So leiden heute viele Länder, die reich an natürlichen Rohstoffvorkommen sind, an deutlich geringerem Wohlstand als manche ressourcenärmere Staaten – ein Zusammenhang, der manchmal als Ressourcenfluch bezeichnet wird (Sachs und Warner 1999), der jedoch im Einzelfall einer spezifischen Erklärung bedarf.

Räumliche Agglomeration und Metropolen. Über natürliche Standortvorteile hinaus existieren sogenannte dynamische geographische Vorteile. Sie sind unabhängig von physischen Gegebenheiten und resultieren aus der Dynamik und den Wechselwirkungen des Standortverhaltens von Unternehmen sowie aus den politisch-institutionellen Rahmenbedingungen, die aus den durch andere Unternehmen und Akteure verursachten Bedingungen an einem Standort als Vorteile (oder auch als Nachteile) erwachsen. Sogenannte Externalitäten begründen Ballungen von Industrien an bestimmten Orten und begünstigen die Spezialisierung der regionalen Wirtschaftsstruktur auf bestimmte Industrien. Die aus geographischer Dichte entstehenden Kontakt- oder Fühlungsvorteile spielen eine wichtige Rolle. Sie umfassen eine größere Häufigkeit und Vielfalt persönlicher Begegnungen, den erleichterten Wissensaustausch, Ersparnisse durch die gemeinsame Nutzung spezialisierter Infrastrukturen und vieles mehr. In zahlreichen Regionen der Erde haben sich mit großen Metropolen und Megastädten Zentren der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung gebildet. Und auch jenseits der städtischen Agglomerationsräume sind lokale Produktionssysteme und Technologiecluster entstanden, die von weltweiter Bedeutung für Innovationsprozesse und Technologieentwicklung in einer Industrie sind, wie z. B. der Technologiestandort Silicon Valley in Kalifornien, USA.

Von Lokalisation zu Allokation. Schließlich ergeben sich wichtige Fragen bezüglich der geographischen Beziehungen im Wirtschaftsprozess und bezüglich der Veränderungen der Mobilität von wirtschaftlichen Akteuren, von materiellen Ressourcen, von Kapital und von Gütern in einer zunehmend global integrierten Weltwirtschaft. Aus der Analyse der geographischen Standorte der Wirtschaft ergeben sich Herausforderungen an eine effektive oder angemessene Verteilung wirtschaftlicher Ressourcen, Aktivitäten und Beziehungen. So suchen Wirtschaftsgeographen Antworten auf Fragen der Wahl und Erschließung von Standorten, der Organisation räumlicher Arbeitsteilung, der Mobilität von Menschen, Kapital und Gütern, der flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen bis langfristigen Bedarfs, der Erklärung regionaler Unterschiede und Besonderheiten der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Wirtschaftsstrukturen sowie der Erklärung regionalwirtschaftlicher Entwicklung im Zeitablauf. Wirtschaftsgeographie ist eine empirische Wissenschaft, die Organisationsprobleme in räumlichen Kontexten unter spezifischen politisch-institutionellen Rahmenbedingungen beschreibt, analysiert und zur Entwicklung von Lösungen beiträgt. Da wirtschaftliche Beziehungen zumeist geographisch unterschiedlich und zeitlich unbeständig sind, versprechen allgemeine Erklärungs- und Gestaltungsmodelle wirtschaftlicher Entwicklung kaum ein tieferes Verständnis der Vielfältigkeit erfahrungsweltlicher Wirtschaftsgeographien. Daher ist es notwendig – so das Argument dieses Buchs – eine geographische Perspektive des Wirtschaftsgeschehens zu entwickeln, die neben abstrakten Regelhaftigkeiten wirtschaftlichen Austauschs die vielfältigen, kontextspezifischen Mechanismen und Entwicklungen in konkreten wirtschaftlichen Beziehungen zu verstehen sucht. Denn die Folgen einer allzu schematischen Anwendung allgemeiner Prinzipien auf spezifische Entwicklungsbedürfnisse, wie z. B. die rigorose Umsetzung des Washington Konsens der Weltbank gegenüber Entwicklungsländern, tragen nur selten Früchte (Stiglitz 2006), wie auch das folgende an reale Erfahrungen angelehnte hypothetische Beispiel illustriert.

1.2Illustration: Wie funktioniert regionale Wirtschaftsentwicklung?

Unternehmen sind an verschiedenen Standorten unterschiedlich erfolgreich. Wenn die Unternehmen einer Region RegioTopia ein hohes Wachstum erzielen, die Unternehmen in zwei anderen Regionen RegioCopia und RegioNova hingegen schrumpfen, entstehen räumliche Disparitäten. Um diese räumlichen Entwicklungsunterschiede auszugleichen, können staatliche und private Akteure eine Förderpolitik verfolgen, die Unternehmensansiedlungen und -neugründungen un­ter­stützt. Aber woran sollen die Regionen RegioCopia und RegioNova ihre Förderpolitik orientieren?

Vorher.RegioCopia mag zunächst eine Expertengruppe in die erfolgreiche Nachbarregion RegioTopia entsenden, um die Wirtschaftsstruktur zu untersuchen. Dort gibt es große Universitäten, ein modernes Verkehrsnetz, niedrige Steuern und moderate Lohnkosten, verfügbares Investitionskapital sowie einen hohen Anteil von Managern und hoch qualifiziertem Personal. Auch wird die Lebensqualität der Bewohner als sehr hoch eingeschätzt. Aufgrund dieser Analyse kommt die Expertengruppe zu dem Ergebnis, dass die Unternehmen in RegioCopia mit den gleichen Faktoren versorgt werden müssen wie in RegioTopia, um einen ähnlichen Anstieg der Betriebsgründungen und Innovationsaktivitäten der Unternehmen zu erreichen. Nur wenn die Rahmenbedingungen der erfolgreichen Region auch in RegioCopia hergestellt sind – so die Expertengruppe –, wird diese Erfolg haben. Aus diesem Grund beschließt RegioCopia die Einrichtung eines Gründerzentrums, um neuen Unternehmen genau diese Bedingungen zu bieten [. . .].

RegioNova hat ebenfalls schlechte Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum. Sie liegt abseits der großen Ballungsräume in der Peripherie, ist dünn besiedelt und nur wenige Industrien haben sich hier niedergelassen. Die heimische Universität hat sich in elektronischer und elektrotechnischer Forschung einen Namen gemacht, sodass der Region zumindest junge Studenten für die Zeit ihrer Ausbildung zuwandern. Darüber hinaus verfügt die Region über keine besonderen Ressourcen. Sie liegt in einer kargen Berglandschaft, die nicht einmal Touristen anzieht. Die lokale Regierung sieht sich machtlos und entwickelt keine konkreten Förderkonzepte. Unternehmen scheinen in RegioNova nicht die nötigen Faktoren zu finden, die sie für eine Standortansiedlung benötigen [. . .].

Nachher. [. . .] Inzwischen hat RegioCopia Millionen von Fördergeldern in die Errichtung eines Gründerzentrums investiert und zahllose Kooperationen mit Investoren begründet, die große Mengen an Risikokapital bereithalten. Das Gründerzentrum besitzt eine gute technische Infrastruktur und hält preiswerte Flächen für Existenzgründer vor. Darüber hinaus hat die Wirtschaftsförderungsgesellschaft eine massive Anwerbungspolitik gegenüber Unternehmen aus anderen Regionen betrieben. Doch die Politik zeigt keine Wirkung. Die meisten Unternehmen des Gründerzentrums haben schon früher in der Region existiert oder arbeiten in neuen Zweigen bereits bestehender Unternehmen. Außerdem sind noch zahlreiche Flächen des Zentrums ungenutzt. Auch die wenigen neu angesiedelten Unternehmen haben keine lokalen Verflechtungen mit Zulieferern, Dienstleistern oder dem Arbeitsmarkt aufgebaut. Obwohl RegioCopia mit Erfolgsfaktoren ausgestattet wurde, hat sich die Gründungsquote kaum verändert.

[. . .] In RegioNova haben sich einige Hochschulabsolventen mit einer wirtschaftlichen Idee selbstständig gemacht. In den Labors der Universität haben sie an Experimenten mit Elektronikkomponenten teilgenommen und entwickeln nun in Zusammenarbeit mit ihrem Institut EDV-Anwendungen. Ein Unternehmen in der Umgebung findet Interesse an der Idee und bietet seine Mitwirkung bei der Weiterentwicklung an. Nach wenigen Monaten gelangt das Produkt auf den Markt und findet reißenden Absatz. Das schnelle Wachstum des jungen Betriebs wird durch junge, flexible Mitarbeiter aus der Region getragen. Ihr Erfolg spricht sich herum und Studenten, die bei ihnen ausgeholfen haben, gründen partnerschaftlich eigene Existenzen. Die Pro­dukte der wachsenden Anzahl von start-­up-Unternehmen sind miteinander verbunden, sodass die Mitarbeiter der Unternehmen sich in ständigen Austausch- und Lernprozessen befinden. Es herrscht eine hohe Fluktuation der Arbeitsplätze mit kurzen Verweildauern der Mitarbeiter in den einzelnen Betrieben. Die Zahl der Arbeitsplätze steigt kontinuierlich an und es werden ständig neue, innovative Produkte im Bereich der Hard- und Software entwickelt. RegioNova wird zu einem Innovationszentrum und zieht Talente aus anderen Regionen an.

Erklärung. Aus der Entwicklung der Region RegioNova kann man keineswegs ableiten, dass eine gute Idee allein bereits ausreicht, um Unternehmen einer Region oder gar die ganze Region erfolgreich zu machen. Ferner lässt sich auch nicht schlussfolgern, dass eine regionalpolitische Förderung eigentlich überflüssig sei, weil sich der Erfolg ohnehin von selbst einstellen würde. Nein, aus der Entwicklung von RegioNova kann man vor allem lernen, dass sich der Erfolg nicht aus Strukturfaktoren und Rahmenbedingungen erklärt, sondern dass konkrete Ideen, Initiativen und gemeinsame Lern- und Arbeitsprozesse aufeinander aufbauen und so das Wachstum von Grund auf ermöglichen.

Aber warum war die Förderung in RegioCopia so erfolglos? Es wurden Faktoren aus einer erfolgreichen Region nachgeahmt und nachgebildet. Die Förderpolitik wurde in einer Analyse begründet, die vermutlich an den eigentlichen Ursachen vorbeizielte und daher keine großen Erfolgsaussichten hatte. Eine derartige Förderpolitik setzt mit ihrem theoretischen Verständnis bei allgemeinen Rahmenbedingungen an und ignoriert den spezifischen ökonomischen und sozialen Kontext sowie die Motive und das situierte Handeln der wirtschaftlichen Akteure. Selbst wenn Kapital und Infrastruktur gegeben sind, so hängt der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen und langfristig auch der von Regionen immer davon ab, was Akteure durch ihre Handlungen aus diesen Möglichkeiten machen. Es gibt keinen Automatismus der Wirtschaftsentwicklung und des wirtschaftlichen Erfolgs.

1.3Aufbau des Buchs

Um politische Blaupausen zu vermeiden und angemessene Strategien zur Entwicklung und Entwicklungsförderung entwerfen zu können, bedarf es eines grundsätzlichen Verständnisses der Kontextualität und der Interdependenzen empirischer Entwicklungszusammenhänge. Dieses Buch plädiert deshalb für eine relationale Perspektive auf die konkreten geographischen Ausprägungen der Wirtschaft, die der Kontextualität von Strukturen und der Evolution spezifischer Entwicklungen Rechnung tragen. Die Grundlagen einer derartigen relationalen Perspektive sowie die Grundbegriffe der ökonomischen und geographischen Analyse werden in Teil 1 des Buchs entwickelt und vorgestellt. Kapitel 2 entwirft die Rahmenkonzeption für eine relationale Wirtschaftsgeographie. Das Argument der zweiten Transition plädiert dafür, Interaktion, Organisation, Evolution und Innovation als zentrale Konzepte der wirtschaftsgeographischen Analyse zu verstehen, um soziale und ökonomische Prozesse aus einer spezifisch räumlichen Perspektive zu analysieren und zu interpretieren. Darauf aufbauend erläutert Kapitel 3 wichtige ökonomische Grundbegriffe, die sich auf wirtschaftliche Bedürfnisse, Güter und die Rolle von Produktionsfaktoren bei der Bedürfnisbefriedigung beziehen. Kapitel 4 stellt geographische Konzepte vor, darunter verschiedene positionale und relationale Raumkonzepte. Außerdem werden grundlegende Herausforderungen wirtschaftlicher Globalisierungsprozesse aus räumlicher Perspektive formuliert.

Teil 2 des Buchs diskutiert wichtige klassische Konzepte der raumwirtschaftlichen Analyse und arbeitet die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit für heutige Problemstellungen heraus. Ziel der kritischen Würdigung ist es, Anhaltspunkte für Reinterpretationen, Weiterentwicklungen und Neupositionierungen zu entwickeln. Dies dient dazu, im dritten Teil des Buchs veränderte Perspektiven in einer relationalen Wirtschaftsgeographie zu formulieren.

Kapitel 5 befasst sich mit der ungleichen räumlichen Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten. Im Mittelpunkt steht die auf v. Thünen basierende landwirtschaftliche Landnutzungslehre und ihre Übertragung auf den städtischen Bodenmarkt durch Alonso. Anschließend wird die Theorie zentraler Orte nach Christaller als Standortstrukturtheorie für Versorgungseinrichtungen des tertiären Sektors behandelt. Den Ansätzen wird basierend auf einer umfassenden Kritik eine verringerte Bedeutung bei der Erklärung gegenwärtiger räumlicher Wirtschaftsstrukturen beigemessen. Unter Bezugnahme auf Städtenetze, Städteverbünde und die Initiative der Nationalen Stadtentwicklungspolitik wird gezeigt, dass in Raumordnung und Regionalpolitik inzwischen neue Ansätze entwickelt werden, um auf Veränderungen der globalen Rahmenbedingungen, wie z. B. Finanzkrise und Klimawandel, zu reagieren. Kapitel 6 beschäftigt sich mit der auf Weber zurückgehenden industriellen Standortlehre und ihren Erweiterungen durch Hoover, Hotelling, Smith und Pred. Es wird gezeigt, dass mit der Fokussierung auf Standortfaktoren in diesen Ansätzen Räume gleichsam als Akteure stilisiert werden. Industrielle Standortentscheidungen werden aus vorhandenen Raumeigenschaften abgeleitet. Die den Gründungs-, Standort- und Investitionsentscheidungen zugrunde liegenden wirtschaftlichen und sozialen Prozesse bleiben dabei zu wenig berücksichtigt. Auch der Versuch, harte, quantifizierbare Standortfaktoren um weiche, immaterielle Faktoren zu erweitern, ist nicht ausreichend, weil hierbei etwas Unmögliches angestrebt wird, nämlich komplexe Kommunikations- und Interaktionsprozesse als simple Strukturfaktoren abzubilden.

Die nachfolgenden Teile 3 bis 6 diskutieren die Komponenten einer Rahmenkonzeption der relationalen Wirtschaftsgeographie. Jeder Teil wid­met sich einer der vier grundlegenden Analysedimensionen wirtschaftsgeographischer Forschung:

Teil 3 beginnt mit der Dimension Interaktion und Institution. Hierbei leistet Kapitel 7 die Aufgabe einer sozialtheoretischen Reformulierung zentraler Annahmen des Menschenbildes für die wirtschaftsgeographische Forschung. Das Kapitel diskutiert Motive wirtschaftlichen Handelns, um im Anschluss grundlegende Konzepte ökonomischer Interaktion wie Kooperation und Wettbewerb zu entwickeln. Hierbei werden Ansätze des sozialen Kapitals und anderer in­stitutioneller Einflüsse thematisiert, die aus geographischer Perspektive den wirtschaftlichen Austausch prägen. Mit Storpers Konzeption der ­sogenannten untraded interdependencies (nicht-­handelbarer Interdependenzen) in wirt­schaft­lichen Abläufen wird darüber hinaus die Einbindung von Konventionen und Beziehungen in die Analyse regionalökonomischer Prozesse vollzogen. Darauf aufbauend widmet sich Kapitel 8 der Bedeutung von sozialen Institutionen für die Strukturierung wirtschaftlicher Interaktionen. Im Unterschied zu dem abstrakten Marktbegriff der Neoklassik führt das Kapitel eine institutionentheoretisch begründete Marktkonzeption ein, die es erfordert, von vielfältigen spezifischen empirischen Märkten anstelle von einem einzigen abstrakten Markt zu sprechen.

Teil 4 stellt Konzeptionen der Organisation technischer, betrieblicher und geographischer Arbeitsteilung in den Mittelpunkt der Analyse. Kapitel 9 erarbeitet organisationstheoretische Ansätze aus der neuen Institutionenökonomie und der neuen Wirtschaftssoziologie, um Koordinationsfragen von wirtschaftlichen Beziehungen in und zwischen Unternehmen aus räumlicher Perspektive zu untersuchen. Nach Williamson werden verschiedene institutionelle Formen von Transaktionen zwischen Produktionsstufen untersucht, wobei zwischen Märkten, Hierarchien und Netzwerken unterschieden wird. Scott folgend wird gezeigt, dass durch die Nutzung von Nähevorteilen Transaktionskosten gesenkt werden und regionale Ballungen somit zu einer Stabilisierung von Netzwerkbeziehungen beitragen. Die auf Transaktionskosten zentrierte Sicht wird durch das embeddedness-Argument von Granovetter aus der neuen Wirtschaftssoziologie entscheidend erweitert. Demnach ist ökonomisches Verhalten in sozioinstitutionelle Beziehungen eingebettet und untrennbar mit diesen verbunden. Eine Erweiterung liegt in der Einbeziehung temporärer Organisationsformen, insbesondere von Projekten, die aufgrund der zeitlichen Befristung und räumlichen Arbeitsteilung spezielle Ansprüche an die Koordination der Zusammenarbeit stellen. Kapitel 10 konkretisiert die organisationstheoretische Behandlung von Koordinationsproblemen auf regionaler Ebene und erörtert Ansätze zur Erklärung geographischer Cluster. Mit Industriedistrikten und innovativen bzw. kreativen Milieus werden zudem zwei Konzepte lokalisierter Produktionssysteme dargestellt, in denen die Einbindung regionaler Produktionsnetze in sozioinstitutionelle Zusammenhänge zum Ausdruck kommt. Dabei zeigt sich, dass beide Ansätze eine größere konzeptionelle Nähe aufweisen, als man zunächst annehmen würde. Das Kapitel stellt mit Porters Analyse der Bestimmungsfaktoren nationaler Wettbewerbsvorteile einen Ansatz vor, der Wettbewerbsvorteile aus Spezialisierungsprozessen auf nationaler Ebene ableitet und neue Wege in Richtung einer evolutionären Perspektive wirtschaftlicher Entwicklung aufzeigt. Kapitel 11 erweitert die räumliche Perspektive von lokalen Produktionssystemen hin zu Prozessen der Internationalisierung und zu globalen Formen der Unternehmensorganisation. Hierbei wird der wechselseitige Zusammenhang zwischen Standortstruktur, Organisationsstruktur und Unternehmensstrategien herausgestellt und das Verhältnis von Staaten zu Großunternehmen unter dem Aspekt von Machtprozessen diskutiert.

Teil 5 befasst sich mit der Dimension der Evolution. Zunächst rekapituliert Kapitel 12 klassische regionale Entwicklungstheorien und diskutiert die Aussagen und Ansprüche unterschied­licher, zum Teil einander entgegengesetzter Model­le. Während die neoklassische Wachstumstheorie interregionale Ausgleichstendenzen zur Herstellung eines stabilen Gleichgewichts postuliert, propagieren die empirisch geleiteten polarisationstheoretischen Ansätze eine dauerhafte Kumulation räumlicher Ungleichgewichte. Mit dem Ansatz der von Krugman entwickelten geographical economics wird ferner ein Erklärungsansatz beleuchtet, der die Entstehung regionaler Industrieballungen und kleinräumiger Industriespezialisierungen modelliert und unter bestimmten Bedingungen dauerhafte räumliche Disparitäten erklärt. In der sogenannten geographischen Ökonomik (geographical economics) werden regionalökonomische Entwicklungen als historische, pfadabhängige Prozesse modelliert, gleichzeitig aber wird die Einbindung institutioneller Kontexte vernachlässigt. Kapitel 13 führt das Konzept evolutionärer Dynamik ein und stellt organisationsökologische Ansätze der Entwicklung von Unternehmen und Industrien vor. Im Kontext der Unternehmensentwicklung werden Unternehmensgründungen auf die sozioökonomischen Kontexte der Gründer zurückgeführt. Dies führt dazu, dass Gründungsideen dort realisiert werden, wo die Gründer arbeiten und leben. Eine echte regionale Standortentscheidung findet dabei oftmals nicht statt. Durch Rückgriff auf das Modell industrieller Entwicklungspfade von Storper und Walker und andere Konzepte evolutionärer Entwicklung wird gezeigt, wie bei der Entwicklung neuer Industrien regionale Clusterprozesse entstehen. Dies wird an den Beispielen der Entwicklung von Hightechindustrien verdeutlicht. Schließlich werden neuere Ansätze einer evolutionsökonomischen Wirtschaftsgeographie diskutiert.

Teil 6 befasst sich mit der Dimension der Innovation. Kapitel 14 verknüpft die evolutionäre Perspektive mit Konzepten kollektiven Lernens. Im Unterschied zu traditionellen Ansätzen, die von gegebenen Technologien ausgehen, konzentrieren sich die Ausführungen auf den Prozess der Wissens- und Technologiegenerierung. Hierbei wird die Entstehung neuen Wissens und neuer Technologien dem evolutionsökonomischen Ansatz von Dosi folgend als kumulativer, pfadabhängiger Prozess angesehen, der auf Lernprozessen und Erfahrungswissen basiert. Innovationen sind in dieser Konzeption eine Konsequenz des Voranschreitens bestimmter technologischer Entwicklungspfade. Dabei spielen Interaktionen zwischen den beteiligten Akteuren, reflexive Verhaltensweisen sowie vielfältige Feedback-Schleifen eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund wird der von Lundvall beschriebene Prozess des learning by interacting hervorgehoben und es wird betont, dass Innovationsprozesse in regionalen Zusammenhängen besonders effizient organisiert werden können, wenn dabei nicht-kodifiziertes, sich schnell veränderndes Wissen bedeutsam ist, das nicht beliebig an andere Akteure und Orte transferiert werden kann. Zudem werden Aspekte des Lernens durch Beobachtung (ohne direkte Interaktion) thematisiert. Kapitel 15 bindet den technologischen Wandel unter Bezugnahme auf die Theorie der langen Wellen nach Schumpeter in eine gesamtwirtschaftliche Sicht der langfristigen wirtschaftlichen Entwicklung ein. Da diese Konzeption problematische technologische Determinismen enthält, werden mit der neoschumpeterianischen Variante des Paradigmenwechsels nach Freeman und Perez und insbesondere mit der Regulationstheorie in Anlehnung an Boyer und Lipietz zwei Ansätze dargestellt, die die wirtschaftlich-technischen und gesellschaftlich-institutionellen Strukturen in einen Gesamtentwicklungszusammenhang zusammenführen. Davon ausgehend wird der Ansatz der varieties of capitalism nach Hall und Soskice diskutiert, der aus institutioneller Perspektive unterschiedliche nationale Spielarten marktwirtschaftlicher Systeme begründet. Diese können zu nationalspezifischen Innovationspfaden führen und ermöglichen somit eine Verbindung zum Ansatz der Innovationssysteme. Das Kapitel geht auch der Frage nach, inwiefern sich geographische Innovationssysteme auf unterschiedlichen Maßstabsebenen ausbreiten und wie diese im internationalen Vergleich entstehen und funktionieren. Hierbei werden Innovationsprozesse auf regionaler und nationaler Ebene diskutiert und anhand von Beispielen erläutert.

2Zu einer relationalen Wirtschaftsgeographie

2.1Geographie im Paradigmenwechsel

In diesem Kapitel legen wir die zentralen Argumente einer relationalen Sichtweise in der Wirtschaftsgeographie dar und unterscheiden ihre Grundperspektive von traditionellen wirtschaftsgeographischen Denkweisen. Hierzu werden neben der Bedeutung von Kontextualität, Pfadabhängigkeit und Kontingenz vier grundlegende Aspekte des Wirtschaftsprozesses in das Zentrum der Theoriebildung gestellt: Interaktion und Institution, Organisation, Evolution und Innovation. Damit soll ein fundiertes Verständnis der einzelnen Ansätze in einem größeren theoretischen Rahmen ermöglicht werden. Zuvor aber diskutieren wir die Idee von Paradigmenwechseln in allgemeiner Geographie und Wirtschaftsgeographie und illustrieren diese am Beispiel der Fachentwicklung in Deutschland.

Die Beobachtungen und Theorien, die Wirtschaftsgeographen formulieren, sind dabei stets geprägt von deren Fach- und Wissenschaftsverständnis. Wenngleich sich die Perspektiven einer Disziplin nicht sprunghaft ändern und sich meist auch nicht exakt datieren lassen, so ist es dennoch möglich, unterschiedliche Auffassungen, Methoden, Interessen und Vorgehensweisen charakteristisch von anderen zu unterscheiden. Auch die Theoriegeschichte der Wirtschaftsgeographie, so ein Argument dieses Buchs, kann einer solchen Unterscheidung unterzogen werden. Dies ist hilfreich, um einen kontextbewussten Zugang zu den Voraussetzungen und Inhalten ihrer Behauptungen zu schaffen und damit gleichsam eine differenzierte Kritik zu ermöglichen. Wir stellen daher zunächst das Konzept des Paradigmas vor und skizzieren anschließend eine wenn auch vereinfachte Unterscheidung der drei großen Paradigmen wissenschaftlicher Geographie. Um unsere Argumentation in Bezug auf die Paradigmen und Paradigmenwechsel in der allgemeinen Geographie und in der Wirtschaftsgeographie klar herauszuarbeiten, werden wir uns gezielt auf zentrale Aussagen ausgewählter Ansätze konzentrieren und andere nur verkürzt oder gar nicht darstellen. Dies hat vor allem didaktische Gründe.

Richtungweisend für die Konzipierung und Abbildung der Wissenschaftspraxis in Form von Paradigmen ist die Arbeit von Kuhn (1962) über die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, die als Kritik aus der Idee eines linearen, kumulativen Erkenntnisfortschritts entstanden ist. Ein Paradigma kann danach definiert werden als eine Menge von wissenschaftlichen Leistungen, die ähnlichen Regeln hinsichtlich ihrer theoretischen Perspektiven, Basisbegriffe, Erklärungsansätze und Methoden unterliegen (Harvey 1969, Kap. 2). Ein Paradigma beschreibt eine sozial akzeptierte Forschungstradition, die Wissenschaftlern etabliertes Schulwissen bereitstellt (Kuhn 1962). Dabei strukturiert ein Paradigma nicht etwa nur Lösungsansätze, sondern gibt implizit in seinen Regeln auch die schulmäßigen Forschungsprobleme bzw. „Rätsel“ vor. Klassisches Beispiel eines herausragenden Paradigmas in den Naturwissenschaften ist die Newton’sche Physik, in der die Existenz kosmischer Kräfte in einem unveränderlichen, absoluten Raum angenommen wird. Im Gegensatz dazu setzte sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Relativitätstheorie Einsteins durch, in der Raum und Zeit nicht mehr absolut, sondern als veränderliche, relative Größen angesehen werden.

Die Phasen, in denen sich praktische Forschung paradigmatisch vollzieht, gelten als Phasen „normaler Wissenschaft“. Dem stehen die „wissenschaftlichen Revolutionen“ gegenüber, die bestehende Regelzusammenhänge durch neue Regeln, Bezüge und Begriffe ersetzen (Chalmers 1976). So erschütterte beispielsweise die Formulierung des kopernikanischen Weltbilds das grundlegende Verständnis des Kosmos. Die Erde wird darin nicht mehr als im Mittelpunkt der Welt stehend angesehen, sondern ist nur noch dezentraler Teil eines unendlich großen Universums. Das Selbstverständnis der Menschheit, religiöse Postulate sowie astronomische und physikalische Regeln und Interpretationsschemata wurden dadurch „revolutioniert“.

Unterschiedliche Paradigmen können hinsichtlich ihrer Forschungsperspektiven so weit auseinanderliegen, dass keine gemeinsame Kommunikation über den Sachzusammenhang mehr möglich ist. Solche Paradigmen nennt man inkommensurabel. Die Probleme und Lösungen der einen Perspektive sind dann nicht mehr in der Sprache der anderen zu formulieren. Insofern können inkommensurable Paradigmen einander nicht widerlegen und auch nicht zu einem linearen Erkenntnisfortschritt beitragen. Die Idee der Inkommensurabilität ist allerdings nicht unumstritten. So argumentiert Toulmin (1983), dass neue Paradigmen sehr wohl in einen argumentativen Diskurs mit alten Paradigmen treten können und dass Vertreter eines alten Paradigmas nicht zufällig, sondern wohlbegründet einen Paradigmenwechsel zu einem neuen Paradigma vollziehen. Die Dynamik wissenschaftlichen Denkens muss daher weder linear-kumulativ noch revolutionsartig geschehen. Vielmehr können wissenschaftliche Programme in Dialog treten, Perspektiven verhandeln und dabei gleichzeitig fortbestehen. Gerade vor diesem Hintergrund sind die nachfolgenden Diskussionen über Paradigmenwechsel in der Geographie und Wirtschaftsgeographie zu verstehen.

Die paradigmatischen Möglichkeiten der Wirtschaftsgeographie kreisen, ebenso wie die der allgemeinen Geographie überhaupt, um das Verhältnis von bestimmten Gegenstandsbereichen zum Raum. In der Wirtschaftsgeographie gilt es, eine spezifische Perspektive auf die Beziehung von ökonomischen Phänomenen zum Raum als Forschungsinteresse einzunehmen. Gerade die Auffassung des Begriffs Raum sowie der Beziehung zwischen Raum und Wirtschaft ist in der Entwicklung des Fachs verschieden definiert worden. Hier liegt der Ursprung für die Formulierung unterschiedlicher Paradigmen (wirtschafts-)geographischer Forschungsprogramme. Wir unterscheiden im Folgenden die Paradigmen der Länderkunde, der Raumwissenschaft und einer sozialtheoretisch revidierten Geographie, die fachhistorisch aufeinanderfolgen, heute jedoch zum Teil parallel weiterexistieren (Glückler 1999).

Die Details eines wissenschaftshistorischen Diskurses sowie individueller Konzepte werden in einer paradigmatischen Perspektive bewusst vernachlässigt, um stattdessen die Charakteristika einer weitgehend geteilten Grundperspektive oder einer fachspezifischen Weltsicht zu identifizieren. Paradigmen sind nicht unbedingt als solche historisch eindeutig identifizierbar, sondern sie sind ein Produkt des Wissenschaftsdiskurses. Sie werden zumeist erst im Nachhinein konstruiert, um von einer Weltsicht Abstand zu nehmen, die zuvor nicht einmal notwendigerweise bewusst reflektiert wurde (Wardenga 1996). In diesem Sinne ist unsere Unterteilung der Geographie in Paradigmen eine Konstruktion, die wir vornehmen, um den Übergang zu einer neuen Grundperspektive zu skizzieren. Paradigmen sind keineswegs „wahre Geschichte“, sondern in die Vergangenheit gerichtete Konstruktionen grundlegender Anschauungen und Überzeugungen.

Mit dieser Perspektive zielt dieses Buch darauf ab, aus einer umfassenden Kritik des Paradigmas raumwirtschaftlichen Denkens neue Positionen zu diskutieren und Argumente für eine veränderte Grundperspektive zu entwickeln. Die von uns vorgezeichnete relationale Perspektive der Wirtschaftsgeographie schließt traditionelle Positionen jedoch keineswegs aus. Vielmehr schlagen wir eine Transition des raumwirtschaftlichen Ansatzes in Richtung einer stärker sozialwissenschaftlich informierten Rahmenkonzeption vor, ohne ökonomische Positionen aufzugeben. Es handelt sich hierbei nicht um eine lineare Erweiterung traditioneller Konzepte, sondern um eine Fortentwicklung, die mit einer veränderten Grundperspektive verbunden ist.

2.1.1Die Ursprünge wissenschaftlicher Geographie: Länder- und Landschaftskunde

Das länderkundliche Schema verleiht dem Verständnis Ausdruck, dass ein Land als Gesamtheit aller in ihm vorkommenden Phänomene das höchste Erkenntnisziel darstellt (Weigt 1961). Demnach sind Beschreibungskategorien wie Klima, Boden und Vegetation ebenso bedeutsam wie Bevölkerung, Siedlungen, Kultur, Religion und letztlich die Wirtschaft. Sie lassen sich als Schichten im Gesamtaufbau eines Landes denken und zunächst einzeln beschreiben. Die einzelnen Schichten, später als Geofaktoren bezeichnet, bilden in ihrer jeweiligen Einzelbetrachtung die Grundlage der allgemeinen Geographie (Uhlig 1970). Auch die Wirtschaftsgeographie ist in dieser Konzeption nur eine einzelne Disziplin im System der allgemeinen Geographie. Die Untersuchung der Geofaktoren ist der erste, manchmal sogar als propädeutisch bzw. vorwissenschaftlich bezeichnete Schritt, aus dem das komplexe Wirkungsgefüge der Landschaft erschlossen wird (→ Abb. 2.1). Die später formulierte Landschaftskunde verfolgt demgegenüber das Ziel, in der vergleichenden Betrachtung der Erdoberfläche aufgrund des Wirkungsgefüges einander ähnliche Landschaften in Gattungen zu ordnen (Bobek und Schmithüsen 1949).

Höchstes Ziel der Länderkunde ist es, über die landschaftstypischen Wirkungszusammenhänge hinaus alle Schichten der Landschaft so zu integrieren, dass ein ganzheitliches Verständnis des Landes – gleichsam dessen Totalcharakter – erschlossen wird. Diese Zusammenschau aller Schichten gleicht einer Sicht von oben auf übereinandergelegte Folien, die alle Einzelelemente gemeinsam zum Vorschein bringt. Im Gegensatz zur Landschaftskunde gilt die Länderkunde als idiographisch, d. h. sie begreift einen Erdaus­schnitt nicht als Raumtyp, sondern als einmaliges Raumindividuum mit einem einzigartigen „Schicksal“. Die idiographische und synthetische Zusammenschau der Erdoberfläche zu Ländern genießt in der Länder- und Landschaftskunde allerhöchste Priorität und steht an der Spitze einer hierarchisch gedachten Konzeption der Geographie, wie sie noch 1970 von Uhlig (1970) vorgestellt wurde (→ Abb. 2.1).

Abb. 2.1 Organisationsplan der länder- und landschaftskundlichen Geographie (nach Uhlig 1970, S. 28)

Wissenschaftshistorisch ist es wichtig hervorzuheben, dass dieser Organisationsplan nicht etwa den systematischen Ursprung, sondern das Ergebnis eines fast hundertjährigen Prozesses fortschreitender Konzeption, Kritik und Weiterentwicklung des Geographieverständnisses darstellt. Der Organisationsplan von Uhlig (1970) spiegelt daher nicht präzise die Hettner’sche Idee der Länderkunde wider, sondern veranschaulicht die Grundperspektive wissenschaftlicher Geographie, wie sie aus dem länderkundlichen Diskurs zahlreicher Autoren über mehrere Generationen hervorgegangen ist. Das daraus erwachsene Geographieverständnis erlangte bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts große Bedeutung. Aus der Betrachtung der Anzahl von Publikationen, die den Begriff „Landschaft“ im Titel tragen, wird die sprunghaft zunehmende Verbreitung der Länder- und Landschaftskunde deutlich (→ Abb. 2.2). Die große Verbreitung des Begriffs impliziert dabei auch eine zunehmende Differenzierung der dabei verwendeten Konzepte, so z. B. des Länder- und Landschaftskonzepts (Weigt 1961; Uhlig 1970), wie dies für jede paradigmatische Denkströmung typisch ist. Selbst Hettners gesamtes akademisches Werk steht nicht widerspruchsfrei für eine einzige Fassung der Länderkunde (Wardenga 1996) und ist im Verlauf des Diskurses in mancherlei Hinsicht reduziert und sogar missverstanden worden (Wardenga 1995, Teil I und III). Insgesamt zeigt die paradigmatische Analyse, dass sich länder- und landschaftskundliche Konzepte stets im raumzentrierten, naturalistischen und beschreibenden Denken bewegt haben und nur vereinzelt, nicht jedoch systematisch darüber hinausgingen.

Der historische Anstieg der Zahl der Publikationen mit dem Titelbegriff „Landschaft“ macht außerdem deutlich, dass die Entwicklung eines Paradigmas wie der Länder- und Landschaftskunde nicht nur innerhalb eines Fachs begründet liegt, sondern oft durch allgemeine gesellschaftliche Denkströmungen mit bedingt wird. So lässt sich eine Zunahme des Landschaftsbewusstseins nicht nur in der wissenschaftlichen Geographie (→ Abb. 2.2 a), sondern auch in anderen Disziplinen für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nachweisen (→ Abb. 2.2 b). Mit dem Beginn der methodologischen Revolution setzte jedoch seit den 1940er-Jahren eine zunehmende Kritik am länderkundlichen Denken ein (Hard 1973, 2. Teil).

Abb. 2.2 Veröffentlichungen der Jahre 1900 bis 1960 mit dem Begriff „Landschaft“ im Titel (nach Hard 1969, S. 253 ff.)

2.1.2Die methodologische Revolution: Geographie als Raumwissenschaft

Der Deutsche Geographentag in Kiel versammelte 1969 eine größere Gruppe von Studenten, Assistenten und einigen Hochschullehrern, die eine umfassende Kritik des länderkundlichen Programms vornahmen (Meckelein und Borcherdt 1970, S. 191–232): Es wurde als wissenschaftstheoretisch unfundiert, beschreibend statt erklärend, holistisch und naturalisierend charakterisiert. Ziel sei nicht die Erklärung von Zusammenhängen, sondern die unkritische, ganzheitliche Beschreibung natürlicher Totalregionen (Bartels 1968 a, 1988; Sedlacek 1978). Kurz zuvor hatte Bartels (1968 b) die Grundlage einer neuen wissenschaftlichen Geographie formuliert, in der er die analytische Erklärung der reinen Beschreibung entgegensetzt, das naturalisierende Konzept des Raums als Landschaft durch das Konzept des Raums als geometrisches Gebilde ersetzt und es als Ziel erklärt, Geographie als chorologische Wissenschaft, als Wissenschaft des Raums zu begründen (Bartels 1970 a; Bahrenberg 1972). Regionen wurden von nun an nicht mehr als natürlich vorgegeben, sondern als analytisch bestimmbar zur Bearbeitung spezifischer Problemstellungen angesehen. Nicht mehr Landschaften und Länder wurden beschrieben, sondern es wurden räumliche Verteilungen und Verflechtungen von Phänomenen erfasst und auf der Grundlage von Raumgesetzen zu erklären versucht (Bartels 1968 a; 1970 c; 1988).

Das hierarchische Gefüge geographischer Teildisziplinen unter einer allgemeinen Länder- und Landschaftskunde wurde zugunsten eines Konzepts vernetzter Problembereiche aufgegeben, die wechselseitig Methoden und Theorien aufeinander und voneinander beziehen (Haggett 1991, Kap. 24). Die in diesem Ansatz durchgeführte Verknüpfung ausgewählter Forschungsfelder ist durch den gezielten Austausch mit benachbarten Forschungsfeldern zur Bestimmung und Erklärung spezifischer Probleme gekennzeichnet und somit stets abhängig von der Problemstellung in der Forschung. Denn im Unterschied zur hierarchischen und synthetischen Sicht der Geographie in der Länder- und Landschaftskunde folgt die Beziehung zwischen den Arbeitsbereichen in diesem auf gesetzesartiger Erklärung beruhenden, deduktiv-nomologischen Konzept keiner äußeren, unveränderlichen Logik (→ Box 2-1). Das jeweilige, vom Forscher definierte Problem bildet die Grundlage für die spezifische Verknüpfung der Arbeitsfelder, aus denen Theorien und Methoden entliehen werden.

Box 2-1: Wissensnetz der Geographie an deutschen Hochschulen

Die große Vielfalt möglicher Verknüpfungen von Forschungsfeldern führt zu der Frage, wie sich die Vernetzung der Arbeitsgebiete in der Geographie als wissenschaftlicher Disziplin tatsächlich darstellt. Ziel einer empirischen Studie über die deutsche Geographie war es deshalb zu untersuchen, in welchen Arbeitsgebieten Wissenschaftler an deutschen Hochschulen ihre Forschungsschwerpunkte haben (Glückler und Goeke 2009). In dem Mitgliederverzeichnis des Verbands der Geographen an deutschen Hochschulen (VGDH) nannten im Jahr 2006 über 750 Wissenschaftler (→ Abb. 2.3, Kreise) ihre persönlichen Schwerpunkte aus insgesamt 52 Teilgebieten (Quadrate) der Geographie. Aus diesen Selbstbeschreibungen wurde ein Netzwerk der Geographie gewonnen, das für jede mögliche Kombination zweier Arbeitsgebiete angibt, wie viele Wissenschaftler in diesem Überschneidungsbereich forschen. Eine weitere Abbildung zeigt das beobachtete Netzwerk der Verbindungen zwischen den 52 thematischen Arbeitsbereichen der wissenschaftlichen Geographie (→ Abb. 2.4). Das Netzwerk illustriert einerseits, wie vielfältig die inhaltlichen Bezüge zwischen den vielen Arbeitsbereichen sind. Gleichzeitig deutet es aber auch die Aufteilung der Geographie in sozial- und naturwissenschaftliche Forschungsrichtungen an. Darüber hinaus treten Arbeitsbereiche, wie z. B. die Stadtgeographie, Wirtschaftsgeographie oder Geographische Informationssysteme, als zentrale Schwerpunkte mit überproportional vielen Verbindungen zu anderen Arbeitsgebieten hervor, während andere Schwerpunkte, wie z. B. die Hochgebirgsforschung oder die Bildungsgeographie, eher als spezialisierte Arbeitsgebiete mit weniger Verbindungen auffallen. Mit Hilfe der Netzwerkperspektive gelingt es, eine empirische Repräsentation sowohl der Struktur der Geographie als wissenschaftliche Disziplin als auch ihrer Verknüpfungen zu entwickeln, die nicht auf fachpolitischen Forderungen zur Gestalt der Geographie, sondern auf den Selbstbeschreibungen von Geographen beruht. Wenngleich das vorgestellte Modell im Ansatz an die britische Schule der 1970er-Jahre erinnert (Haggett 1991, S. 750), bleibt es im Unterschied zu normativen Modellen eine situative empirische Repräsentation.

Abb. 2.3 748 Wissenschaftler arbeiten in 52 Arbeitsbereichen der Geographie (nach Glückler und Goeke 2009, S. 268)

Abb. 2.4 Netzwerk der thematischen Arbeitsgebiete in der wissenschaftlichen Geographie 2006 (nach Glückler und Goeke 2009, S. 269)

Die Wirtschaftsgeographie verfolgt im raumwissenschaftlichen Paradigma das Ziel, Raumgesetze für ökonomische Strukturen und Prozesse zu formulieren, d. h. Erklärungen von Standortstrukturen, Handelsbewegungen und räumlichen Konzentrationen von Unternehmen auf der Grundlage räumlicher Parameter zu entwickeln. Das Ergebnis dieser paradigmatischen Zielsetzung in der Wirtschaftsgeographie wird im Folgenden als Raumwirtschaftslehre bezeichnet (Schätzl 1981, Kap. 1; 1998, Kap. 1). Insgesamt stellt die raumwissenschaftliche Geographie eine methodologische Revolution dar, in der differenzierte analytische Verfahren, etwa der Regionalisierung (→ Kap. 4.1.4) und deduktiven Erklärung von Zusammenhängen, entwickelt werden (Werlen 1997, Kap. 2).

2.1.3Die (sozial-)theoretische Revolution: Geographie als Akteurswissenschaft

In den 1980er-Jahren etablierte sich ein stärker sozialtheoretisch orientiertes Bewusstsein, das zuvor zwar in Ansätzen vorhanden (z. B. Hartke 1956), nicht aber dominant war und welches das raumwissenschaftliche Programm einer umfassenden Kritik unterzog. In der wissenschaftstheoretischen Revolution der Raumwissenschaft erkannten viele Kritiker vor allem eine methodisch-instrumentelle Revolution der Verfahren, nicht aber der zentralen Konzepte von Raum und dem Verhältnis von Raum und Gegenstand. Wenngleich Raum nicht mehr als natürliche Landschaft angesehen wurde, so doch als Erklärungsfaktor für soziale und wirtschaftliche Phänomene. Räumliche Distanz operiert in diesem Ansatz als Ordnungskraft menschlicher Entscheidungen und determiniert im Rahmen universeller Raumgesetze das Handeln. Diesem Verständnis folgend kann jedes soziale und materielle Phänomen zum Gegenstand raumwissenschaftlicher Forschungen werden, wenn die Distanz als Erklärungsgröße für Verteilungen und Austauschbeziehungen herangezogen wird.

Empirisch und theoretisch lassen sich ökonomische Prozesse und Strukturen hingegen nicht als entfernungsdeterminiert nachweisen. Soziale Tatbestände werden dadurch auf den Raum reduziert und gleichsam theoriefrei behandelt. Stattdessen sind Distanzen das Ergebnis von inhaltlichen Zusammenhängen jeweiliger ökonomischer und sozialer Problembereiche, nicht aber deren Ursache. Aus dieser Inversion der Kausalrichtung lässt sich die Kritik an der Raumwissenschaft zusammenfassen (Glückler 2002): Physisch-geometrische Distanzen sind Randbedingungen und Ergebnisse von sozialen und ökonomischen Prozessen, nicht aber deren Aus­gangs­punkte. Über die soziale oder ökonomische Bedeutung des Physischen lässt sich allein aus dem Physischen heraus nichts aussagen (Hard 1973, II. Teil; Werlen 1987; Hard 1993; 1995 c; 1997, Kap. 2; 2000, Kap. 9). Die Ursachen räumlicher Verteilungen liegen in den Theorien der Gegenstandsbereiche, sodass über geographische Phänomene geographie-extern nach Lösungen zu suchen ist (Bahrenberg 1987). Während Regionalisierungs-, Begrenzungs- und Definitionsverfahren methodologisch modernisiert worden sind, bleibt das Paradigma einem vormodernen Verständnis von Raum sowie Raum-Gesellschafts-Beziehungen verhaftet. Werlen (1997, S. 61) beurteilt das raumwissenschaftliche Programm daher als Revolution einer halbierten Modernisierung.

Das Programm der sozialtheoretisch revidierten Geographie eröffnet demgegenüber eine neue Perspektive. Durch die Umkehr der Verursachungsrichtung bestimmen nunmehr das Soziale und Ökonomische die räumliche Struktur und nicht umgekehrt. Dadurch rücken Individuen oder Organisationen als Akteure in den Mittelpunkt und ihr Handeln wird als Ursache für Strukturen anerkannt (Werlen 1988; Sedlacek und Werlen 1998). Diese Einsicht öffnet den Rahmen für eine Neupositionierung der sozialwissenschaftlichen Geographie hin zum Handeln des Menschen (Weichhart 1986; Werlen 1987; 1995 a).

Neben der Kritik des Raumverständnisses vollzieht sich ferner eine Kritik der wissenschaftstheoretischen Auffassung. Da das Handeln menschlicher Akteure nicht gesetzesartig beschrieben werden kann, wird auch das Ziel deterministischer Theoriebildung aufgegeben. Stattdessen gilt das Prinzip der Kontingenz, durch das der Abhängigkeit von Kontexten stärkeres Gewicht beigemessen wird (Glückler 1999, Kap. 6; Sayer 2000, Kap. 1). In der Wirtschaftsgeographie äußert sich dieser Wandel von Theorie und Methodologie in einer Fokussierung der Analyse auf Unternehmen und deren Entscheidungsträger und nicht auf Regionen und Raumeinheiten als Akteure. Unternehmensziele und Beziehungen zwischen Unternehmen rücken dabei in den Mittelpunkt der Betrachtung und die Forschung bedient sich ökonomischer und sozialer Theorien, um den Gegenstandsbereich des ökonomischen Handelns und ökonomischer Beziehungen aus räumlicher Perspektive zu untersuchen.

2.1.4Die Evolution der Paradigmen im Zeichen der Moderne

Der im Folgenden dargestellte Modernisierungsdiskurs ermöglicht es, unterschiedliche Sicht­weisen des Zusammenhangs von Raum und Gesellschaft historisch nachzuvollziehen. In An­lehnung an den britischen Sozialtheoretiker Giddens (1997) lässt sich zwischen einer traditionellen bzw. vormodernen und einer modernen Epoche der gesellschaftlichen Entwicklung unterscheiden (Werlen 2000, Kap. 3). Dabei sind drei wechselseitig voneinander abhängige Prozesse ausschlaggebend für die Veränderung des Verhältnisses von Raum, Zeit und Gesellschaft:

(1) Trennung von Raum und Zeit. Durch die Moderne hat eine Trennung von Raum und Zeit stattgefunden. Im Unterschied zur traditionellen Gesellschaft ist es in der modernen Gesellschaft nicht mehr notwendig, Güter zum Zeitpunkt ihrer Entstehung und am Ort ihrer Erzeugung zu konsumieren. Man kann sie tauschen, über längere Zeiträume aufbewahren oder an andere Orte transferieren. Personen sind damit zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nicht auf diejenigen Güter angewiesen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt an den Orten hergestellt werden, an denen sie sich gerade aufhalten, sondern sie können Produkte von anderen Orten und Produkte, die zu früheren Zeitpunkten hergestellt worden sind, konsumieren. Wichtige Bedingung hierfür sind neu entwickelte Technologien, wie z. B. der Kühlschrank zur Frischhaltung von Agrar­produkten oder der Bau neuer Straßen- und Schienensysteme zum Transport von Gütern.

(2) Entbettung der sozialen Systeme. Zugleich hat die Moderne zu einer Entbettung der sozialen Systeme geführt. Darunter versteht Giddens (1997, Kap. 1) das Herauslösen sozialer Aktivitäten aus ihren lokalen Kontexten. In der modernen Gesellschaft ist es normal, Produkte zu konsumieren, die in anderen Teilen der Welt unter nicht nachvollziehbaren Bedingungen produziert werden. Infolge dieses Herauslösens aus dem unmittelbaren Aktivitätsraum üben Akteure, ohne es zu wissen, durch die in Konsumhandlungen zum Ausdruck kommenden Präferenzen Einfluss auf Produktionsweisen und Gesellschaften aus, die sich in entfernten Teilen der Welt befinden (→ Box 2-2). Vertrauen in symbolische Zeichen wie etwa Geld und Uhrzeit sowie in Expertensysteme sind notwendige Voraussetzung für den Prozess der Entbettung sozialer Systeme. Eine zentrale Voraussetzung zum Tausch ist, dass Geld überall als Gegenwert akzeptiert wird. Vertrauen in Expertensysteme bedeutet, dass man sich darauf verlässt, dass Experten existieren, die Technologien wie etwa Autos und Flugzeuge so beherrschen, dass man diese mit begrenztem Risiko für die eigene Gesundheit und ohne spezifische technische Kenntnisse benutzen kann.

Box 2-2: Produktionsbedingungen in entfernten Kontexten

Für die Entbettung sozialer Systeme lassen sich viele Beispiele anführen, speziell im Zusammenhang mit der Verlagerung industrieller Produktion aus westlichen Industrieländern in Entwicklungs- und Schwellenländer. Schon in den 1980er- und 1990er-Jahren sind zahlreiche Fälle bekannt geworden, die gezeigt haben, wie verlagerte Produktionsarbeit in Asien unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen stattfindet. Durch Medienberichte und die Aktivitäten von non-governmental organizations (NGOs) wie etwa Greenpeace, die Konsumenten mobilisieren und zum Nicht-Konsum bewegen konnten, ist es inzwischen gelungen, solche Phänomene der Entbettung teilweise zu begrenzen und zu reduzieren. Viele weltweit bekannte Markenunternehmen wie Benetton, Nike oder C&A