Wittgensteins Mätresse - David Markson - E-Book

Wittgensteins Mätresse E-Book

David Markson

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Beschreibung

Die Künstlerin Kate hält sich für den letzten Menschen auf Erden. Doch gab es sie wirklich – jene Apokalypse, die nur sie allein verschont hat? Oder ist Kate wahnsinnig? In einem Strandhaus an einer unbekannten Küste dokumentiert eine Frau ihre Suche nach den Überlebenden einer namenlosen Katastrophe, durchforstet ihre Erinnerung an Kunstwerke, Bücher und Artefakte einer untergegangenen Zivilisation. Und während Kate rastlos über den Globus reist, in den größten Museen der Welt übernachtet und an den verlassenen Monumenten unserer Kultur umherstreicht, entspinnt sich wie nebenbei eine irrwitzige Geschichte der westlichen Welt: von Homer, der womöglich eine Frau war, über Aristoteles' Lispeln bis zu Rembrandts rostbrauner Katze, von Guy de Maupassants Abneigung gegenüber dem Eiffelturm zu Brahms' Abneigung gegenüber Kindern. Doch dann und wann, tief verborgen zwischen den Zeilen, scheint eine Trauer auf, die vermuten lässt, dass Kates Geschichte womöglich eine ganz andere ist …

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.berlinverlag.de

Für Joan Semmel

Aus dem Englischen von Sissi Tax

Mit Texten zum Roman

von Elfriede Jelinek

und David Foster Wallace

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Berlin Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2013

ISBN 978-3-8270-7612-0

Die Originalausgabe erschien 1988 unter dem Titel

Wittgenstein’s Mistress bei Dalkey Archive Press, Normal

© 1988 by David Markson

Für die deutsche Ausgabe

© 2013 Bloomsbury Verlag GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Elfriede Jelinek, »Eine ist keine« © 2013 Elfriede Jelinek

David Foster Wallace, »Das leere Plenum« entnommen aus:

»Both Flesh and Not« von David Foster Wallace

© 2012 David Foster Wallace Literary Trust, USA

© Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Köln

Aus dem Englischen von Gerd Burger

in Deutschland erstmals erschienen in Schreibheft 60 (2002)

Kürzungen mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Datenkonvertierung: Greiner & Reichel, Köln

»Was für eine außerordentliche Veränderung stattfindet …, wenn erstmals die Tatsache ins Bewusstsein dringt, dass alles davon abhängt, wie eine Sache das erste Mal gedacht wird, wenn, in der Folge, Denken in seiner Absolutheit eine augenscheinliche Wirklichkeit ersetzt.«

Kierkegaard

»Als ich noch immer an seinen Fähigkeiten zweifelte, fragte ich G. E. Moore um seine Meinung. Moore antwortete: ›Ich halte in der Tat sehr viel von ihm.‹ Als ich wissen wollte, warum, sagte er, der Grund sei, weil Wittgenstein der einzige Mensch war, der in seinen Vorlesungen verwirrt dreingeschaut hätte.«

Bertrand Russell

»Ich kann gut verstehen, warum Kinder Sand lieben.«

Wittgenstein

Am Anfang hinterließ ich manchmal Botschaften auf der Straße.

Jemand lebt im Louvre, lauteten einige dieser Botschaften. Oder in der National Gallery.

Natürlich konnten sie so nur lauten, wenn ich in Paris oder London war. Jemand lebt im Metropolitan Museum, so lauteten sie nämlich, als ich noch in New York war.

Niemand kam, selbstverständlich. Schließlich hörte ich auf, Botschaften zu hinterlassen.

Um die Wahrheit zu sagen, vielleicht hinterließ ich insgesamt nur drei oder vier Botschaften.

Ich habe keine Ahnung, wie lange es her ist, seit ich das getan habe. Müsste ich schätzen, ich glaube, ich würde zehn Jahre schätzen.

Möglicherweise ist es auch einige Jahre länger her. Allerdings.

Und selbstverständlich war ich für eine bestimmte Periode auch nicht bei Sinnen. Damals.

Ich weiß nicht, für wie lange, aber für eine bestimmte Periode.

Aus der Zeit gefallen. Eine Redewendung, die ich, wie ich vermute, vielleicht nie richtig verstanden habe, jetzt, da ich sie gerade verwende.

Bedeutet aus der Zeit gefallen wahnsinnig, oder bedeutet aus der Zeit gefallen einfach vergessen?

Aber in jedem Fall gab es kaum einen Zweifel an diesem Wahnsinn. Wie zum Beispiel damals, als ich in jenen obskuren Winkel der Türkei fuhr, um die Stätte des alten Troja aufzusuchen.

Und aus irgendeinem Grund wollte ich besonders den Fluss dort sehen, über den ich auch etwas gelesen hatte und der an der Zitadelle vorbei zum Meer fließt.

Ich habe den Namen des Flusses, der in Wirklichkeit ein schlammiger Bach war, vergessen.

Und außerdem meine ich nicht zum Meer, sondern in die Dardanellen, die einst der Hellespont genannt wurden.

Der Name Troja ist natürlich auch geändert worden. In Hisarlik ist er geändert worden.

Mein Besuch war in vielerlei Hinsicht eine Enttäuschung, die Stätte erstaunlich klein. Praktisch nicht viel mehr als ein gewöhnlicher Häuserblock und ein paar Stockwerke hoch.

Dennoch konnte man von den Ruinen aus den Berg Ida sehen, über all diese Entfernung hinweg.

Sogar im späten Frühling war noch Schnee auf dem Berg.

Jemand ging dorthin, um zu sterben, glaube ich, in einer der alten Geschichten. Paris vielleicht.

Ich meine natürlich den Paris, der Helenas Geliebter gewesen war. Und der verwundet wurde fast am Ende dieses Krieges.

In der Tat war es Helena, an die ich hauptsächlich dachte, als ich in Troja gewesen bin.

Ich wollte gerade hinzufügen, dass ich eine Zeit lang sogar träumte, die griechischen Schiffe lägen dort noch am Strand.

Nun, es wäre ja harmlos genug gewesen, das zu träumen.

Von Hisarlik ist das Wasser vielleicht eine Stunde Fußmarsch entfernt. Was ich als Nächstes geplant hatte, war, ein gewöhnliches Ruderboot zu nehmen, damit überzusetzen und dann weiter über Jugoslawien nach Europa zu fahren.

Möglicherweise meine ich Jugoslawien. Auf jeden Fall gibt es auf dieser Seite der Meerenge Denkmäler für die Soldaten, die dort im Ersten Weltkrieg gestorben sind.

Auf der Seite, auf der Troja liegt, kann man ein Denkmal finden, wo Achilles begraben wurde, was so viel länger her ist.

Nun, man sagt halt, dass es dort sei, wo Achilles begraben wurde.

Dennoch finde ich es außergewöhnlich, dass junge Männer dort starben, in einem längst vergangenen Krieg, und dann am selben Ort gestorben sind, dreitausend Jahre danach.

Aber wie dem auch sei, ich änderte meinen Plan, den Hellespont überqueren zu wollen. Womit ich die Dardanellen meine. So suchte ich mir ein Motorboot aus und nahm stattdessen den Weg über die griechischen Inseln und Athen.

Obwohl ich nur eine aus dem Atlas herausgerissene Seite hatte statt einer Seekarte, kostete es mich nur zwei gemächliche Tage, um nach Griechenland zu kommen. Vieles über diesen alten Krieg war zweifellos stark übertrieben.

Dennoch, bestimmte Dinge können eine Saite anrühren.

Wie zum Beispiel ein oder zwei Tage danach den Parthenon zu sehen, in der späten Nachmittagssonne.

Es war in diesem Winter, in dem ich im Louvre lebte, glaube ich. Da verbrannte ich Artefakte und Bilderrahmen, der Wärme wegen, in einem schlecht belüfteten Raum.

Aber dann, bei den ersten Anzeichen von Tauwetter, wechselte ich die Fahrzeuge, sobald mir das Benzin auszugehen begann, und begab mich auf den Heimweg quer durch Russland.

All das ist unbestreitbar wahr, wenn auch, wie gesagt, lange her. Und ich mag, wie auch schon gesagt, wohl wahnsinnig gewesen sein.

Aber dann wiederum bin ich mir überhaupt nicht sicher, wahnsinnig gewesen zu sein, als ich davor nach Mexiko gefahren bin.

Möglicherweise davor. Um das Grab eines Kindes namens Adam, das ich verloren hatte, zu besuchen. Noch lange vor all diesem.

Warum habe ich geschrieben, sein Name war Adam?

Simon war der Name meines kleinen Sohnes.

Aus der Zeit gefallen. Bedeutet das, man kann auch nur für einen Augenblick den Namen seines einzigen Kindes vergessen, das jetzt dreißig wäre?

Ich bezweifle dreißig. Ungefähr sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig.

Bin ich fünfzig, also?

Es gibt nur einen Spiegel. Hier, in diesem Haus am Strand. Vielleicht sagt der Spiegel fünfzig.

Meine Hände sagen das. Es zeigt sich jetzt an meinen Handrücken.

Andererseits menstruiere ich noch immer. Unregelmäßig, so dass es oft für Wochen so vor sich hingeht, aber dann wieder nicht eintritt, bis ich es fast vergessen habe.

Vielleicht bin ich nicht älter als siebenundvierzig oder achtundvierzig. Ich bin sicher, dass ich einmal versucht habe, behelfsmäßig Buch zu führen, möglicherweise über die Monate, aber sicherlich wenigstens über die Jahreszeiten. Aber ich erinnere mich sogar nicht einmal mehr, wann es war, dass ich einsah, dass ich schon längst den Faden verloren hatte.

Dennoch glaube ich, ich war kurz davor, vierzig zu werden, damals, als all dies angefangen hat.

Wie ich jene Botschaften hinterließ, war mit weißer Farbe. In riesigen Blockbuchstaben, auf Kreuzungen, wo jeder, der kam oder ging, sie sehen würde.

Ich verbrannte auch Artefakte und bestimmte andere Gegenstände, als ich im Metropolitan Museum war. Natürlich.

Nun, und hatte dort ständig ein Feuer, im Winter.

Dieses Feuer war anders als das Feuer, das ich im Louvre hatte. Wo ich das Feuer im Metropolitan machte, war in der großen Halle, da, wo man hinein- und hinausgeht.

In der Tat baute ich darüber auch einen hohen Kamin aus Blech. So dass der Rauch zu den Oberlichten hoch darüber abziehen konnte.

Was ich tun musste, war, Löcher in die Oberlichte schießen, nachdem ich den Kamin errichtet hatte.

Das tat ich mit einer Pistole, recht vorsichtig, in einem Winkel von einem der Balkone, so dass der Rauch hinaus-, aber der Regen nicht hineinkommen würde.

Regen kam herein. Nicht viel Regen, aber etwas.

Nun, schließlich kam er auch durch andere Fenster, als jene von selbst zerbrachen. Oder durch das Wetter.

Fenster zerbrechen noch immer. Mehrere sind hier zerbrochen, in diesem Haus.

Gegenwärtig ist es Sommer, freilich. Auch macht der Regen mir nichts aus.

Von oben kann man das Meer sehen. Hier unten sind Dünen, die einem den Blick versperren.

In Wirklichkeit ist das mein zweites Haus am selben Strand. Das erste habe ich niedergebrannt. Ich bin immer noch nicht sicher, wie das passiert ist, obwohl, vielleicht hatte ich gekocht. Für einen Augenblick bin ich zu den Dünen gegangen, um zu urinieren, und als ich zurückschaute, stand alles in Flammen.

Diese Strandhäuser sind alle aus Holz, selbstverständlich. Alles, was ich tun konnte, war, bei den Dünen zu sitzen und es brennen sehen. Es brannte die ganze Nacht.

Ich bemerke noch immer das verbrannte Haus, in der Früh, wenn ich am Strand entlanggehe.

Nun, offensichtlich bemerke ich nicht das Haus. Was ich bemerke, sind die Überreste des Hauses.

Man ist allerdings noch immer geneigt, an ein Haus als ein Haus zu denken, selbst wenn nicht besonders viel davon übriggeblieben ist.

Dieses hat sich ziemlich gut gehalten, wenn ich es recht bedenke. Der nächste Schnee wird mein dritter hier sein, glaube ich.

Wahrscheinlich sollte ich eine Liste aufstellen, wo ich sonst noch gewesen bin, wenn auch nur zu meiner eigenen Erbauung. Ich meine, angefangen mit meinem alten Loft in Soho, vor dem Metropolitan. Und dann meine Reisen.

Obwohl ich zweifellos inzwischen die meisten davon auch nicht mehr zusammenbekomme.

Ich erinnere mich, wie ich eines Morgens in einem rechtsgesteuerten Automobil saß und beobachtete, wie Stratford-upon-Avon einschneite, was sicherlich selten sein muss.

Nun denn, und wie ich einmal in demselben Winter fast von einem Auto mit niemandem am Steuer angefahren wurde, das einen Hügel nahe Hampstead Heath hinuntergerollt kam.

Es gab eine Erklärung dafür, dass das Auto den Hügel herunterkam, mit niemandem am Steuer.

Die Erklärung war der Hügel. Offensichtlich.

Auch dieses Auto war rechtsgesteuert. Obwohl das vielleicht nicht besonders wichtig ist für irgendetwas.

Und in jedem Fall habe ich vielleicht einen Fehler gemacht, vorher, als ich sagte, ich hätte eine Botschaft auf der Straße hinterlassen, die lautete, jemand lebt in der National Gallery.

Wo ich in London gelebt habe, war die Tate Gallery, wo so viele Gemälde von Joseph Mallord William Turner sind.

Ich bin recht sicher, dass ich in der Tate gelebt habe.

Dafür gibt es ebenfalls eine Erklärung. Die Erklärung ist, dass man von dort aus den Fluss sehen kann.

Beim Alleinleben neigt man dazu, den Blick aufs Wasser zu bevorzugen.

Ich habe immer auch Turner bewundert, allerdings. Tatsächlich könnten seine eigenen Wasserbilder wohl ihren Teil zu meiner Entscheidung beigetragen haben.

Einmal hat Turner sich selbst für mehrere Stunden an einem Schiffsmast festgebunden, während eines wütenden Sturms, so dass er später den Sturm malen konnte.

Offensichtlich war es nicht der Sturm selbst, den Turner zu malen beabsichtigte. Was er zu malen beabsichtigte, war eine Darstellung des Sturms.

Die Sprache ist in dieser Hinsicht häufig ungenau, habe ich festgestellt.

In Wirklichkeit erinnert mich die Geschichte des an den Mast gebundenen Turner an etwas, selbst wenn ich mich nicht daran erinnere, woran es mich erinnert.

Es scheint, dass ich mich auch nicht erinnere, welche Art Feuer ich in der Tate hatte.

Im Rijksmuseum, in Amsterdam, nahm ich Rembrandts Nachtwache aus seinem Rahmen, als ich mich dort warm hielt. Übrigens.

Ich bin recht sicher, dass ich beabsichtigte, um diese Zeit herum auch nach Madrid zu gehen, weil dort ein Gemälde im Prado ist, Rogier van der Weydens Kreuzabnahme, das ich wiedersehen wollte. Aber aus irgendeinem Grund stieg ich in Bordeaux in ein Auto um, das zurück in die andere Richtung wies.

Dann wiederum hatte ich vielleicht wirklich die spanische Grenze überquert und war bis nach Pamplona gefahren.

Nun, oft habe ich unvorhergesehene Dinge getan in jenen Tagen, wie ich schon gesagt habe. Einmal habe ich, oben auf der Spanischen Treppe in Rom, nur deshalb, weil ich an einen Volkswagenbus voll davon geraten war, aberhunderte von Tennisbällen einen nach dem anderen hinunterspringen lassen, auf jede mögliche Weise.

Wobei ich beobachtete, wie sie auf winzige Unregelmäßigkeiten oder ausgetretene Stellen im Stein stießen und die Richtung wechselten, oder schätzte, wie weit jeder von ihnen über die Piazza unten kommen würde.

Mehrere sprangen schräg hinüber und trafen das Haus, wo John Keats gestorben ist.

Es gibt eine Gedenktafel am Haus, die feststellt, dass dort John Keats gestorben ist.

Die Gedenktafel ist auf Italienisch. Giovanni Keats nennt sie ihn.

Der Name des Flusses bei Hisarlik ist Skamander, erinnere ich jetzt.

Bei Homer, in der Ilias, wird er als ein mächtiger Fluss bezeichnet.

Nun, vielleicht war er das, früher einmal. Viele Dinge können sich ändern, in dreitausend Jahren.

Aber dennoch, als ich eines Abends auf den ausgegrabenen Mauern oberhalb vom Fluss saß und zur Meerenge hinüberschaute, war ich fast sicher, man könne noch immer die entlang der Küste angezündeten griechischen Wachtfeuer sehen.

Nun, wie ich gesagt habe, vielleicht habe ich mich das nicht wirklich denken lassen.

Dennoch, bestimmte Dinge sind harmlos genug zu denken.

Am nächsten Morgen, als die Morgenröte erschien, war ich recht zufrieden, sie mir als rosenfingrige Morgenröte vorzustellen, beispielsweise. Selbst wenn der Himmel trübe gewesen ist.

Inzwischen habe ich mir gerade Zeit genommen, meine Eingeweide zu entleeren. Ich gehe dafür nicht zu den Dünen, sondern zum Ozean selbst hinunter, wo die Flut einläuft.

Als ich ging, machte ich zuerst halt im Wald neben dem Haus, um einige Blätter mitzunehmen.

Und nachher ging ich Wasser holen von meiner Quelle, die sich vielleicht ein paar hundert Schritte den Pfad entlang in der anderen Richtung wie der Strand befindet.

Ich habe auch einen Bach. Selbst wenn er kaum die Themse ist.

In die Tate habe ich mein Wasser vom Fluss gebracht, allerdings. Man kann so etwas jetzt seit längerem tun.

Nun, man konnte aus dem Arno trinken, in Florenz, schon damals, als ich in den Uffizien lebte. Oder aus der Seine, als ich einen Krug vom Louvre den Kai hinuntertrug.

Am Anfang trank ich ausschließlich Wasser in Flaschen. Natürlich.

Am Anfang hatte ich auch eine Ausrüstung. Wie Generatoren, zum Betreiben elektrischer Heizgeräte.

Wasser und Wärme waren das Wesentliche. Selbstverständlich.

Ich erinnere mich nicht, was zuerst kam, die Geschicklichkeit im Umgang mit Feuer, und damit das Aufgeben solcher Gerätschaften, oder die Entdeckung, dass man jedes Wasser, das man wünschte, wieder trinken konnte.

Vielleicht war, was zuerst kam, die Geschicklichkeit im Umgang mit Feuer. Selbst wenn ich zwei Häuser niedergebrannt habe, im Lauf der Jahre.

Beim letzten war es, wie ich vermerkt habe, versehentlich.

Warum ich das erste niederbrannte, möchte ich nicht zu sehr vertiefen. Ich habe das ganz vorsätzlich getan. Allerdings.

Das war in Mexiko, an dem Morgen, nachdem ich das Grab des armen Simon besucht habe.

Nun, es war das Haus, in dem wir alle gelebt hatten. Ich glaubte ehrlich, ich hätte vorgehabt, dort zu bleiben, eine Zeit lang.

Was ich getan habe, war, in Simons altem Zimmer überall Benzin zu vergießen.

Einen Großteil des Vormittags konnte ich noch immer den Rauch höher und höher steigen sehen, in meinem Rückspiegel.

Jetzt habe ich zwei riesige Feuerstellen. Hier in diesem Haus am Meer, von dem ich spreche. Und in der Küche einen veralteten Kanonenofen.

Ich habe den Ofen allmählich recht lieb gewonnen.

Simon war sieben gewesen. Nebenbei bemerkt.

Viele verschiedene Beeren wachsen in der Nähe. Und gleich hinter dem Fluss gibt es allerlei Gemüse, aufFeldern, die früher bestellt worden waren, jetzt aber natürlich wild überwachsen sind.

Vor dem Fenster, an dem ich sitze, wirbelt die Brise zehntausend Blätter umher. Sonnenlicht bricht durch den Wald in hell gesprenkelten Flecken.

Blumen wachsen auch, in üppiger Fülle.

Es ist ein Tag für ein bisschen Musik, wirklich, obwohl ich keine Mittel habe, mir welche zu besorgen.

Jahrelang, wo immer ich war, brachte ich es im Allgemeinen fertig, eine zu spielen. Aber als ich begonnen habe, die Gerätschaften loszuwerden, musste ich die Musik auch aufgeben.

Gepäck bin ich losgeworden, im Wesentlichen. Nun, Dinge.

Hin und wieder passiert es einem, dass man eine bestimmte Musik im Kopf hört. Allerdings.

Nun, ein Bruchstück von diesem oder jenem, in jedem Fall. Antonio Vivaldi, etwa. Oder Joan Baez, die singt.

Es ist nicht lange her, da hörte ich sogar eine Passage aus Les Troyens, von Berlioz.

Wenn ich hörte sage, sage ich so nur sozusagen. Selbstverständlich.

Dennoch, vielleicht ist doch Gepäck da, selbst wenn ich glaubte, ich hätte Gepäck zurückgelassen.

Eine Art Gepäck. Das Gepäck, das einem im Kopf bleibt, das heißt, Reste von all dem, was immer man jemals wusste.

So etwas wie die Geburtstage von Leuten wie Pablo Picasso oder Jackson Pollock, zum Beispiel, die ich, davon bin ich überzeugt, noch immer hersagen könnte, wenn ich wollte.

Oder Telefonnummern, aus all jenen vergangenen Jahren.

Es gibt ein Telefon genau hier, wirklich, nicht mehr als drei oder vier Schritte hinter dem Platz, wo ich sitze.

Natürlich habe ich über Nummern von funktionierenden Telefonen gesprochen. Allerdings.

Tatsächlich gibt es ein zweites Telefon oben, nahe dem Fensterplatz mit dem Polster, von dem aus ich die Sonne untergehen sehe, an den meisten Abenden.

Die Polster, wie so vieles andere hier am Strand, sind modrig. Sogar an den heißesten Tagen spürt man die Feuchtigkeit.

Bücher werden dadurch ruiniert.

Bücher waren weitere Dinge des Gepäcks, das ich loswurde, übrigens. Selbst wenn es noch immer viele in diesem Haus gibt, die schon hier waren, als ich angekommen bin.

Ich sollte vielleicht darauf hinweisen, dass es acht Zimmer in dem Haus gibt, obwohl ich nur zwei oder drei benutze.

Ich habe wirklich gelesen, zeitweise, über die Jahre. Insbesondere wenn ich wahnsinnig war, las ich eine ganze Menge.

Einen Winter lang habe ich fast alle alten griechischen Dramen gelesen. Ich habe sie tatsächlich laut vorgelesen. Die ganze Zeit hindurch, sobald ich mit der Rückseite eines Blattes fertig war, riss ich es aus dem Buch heraus und warf es in mein Feuer.

Aischylos und Sophokles und Euripides habe ich in Rauch verwandelt.

Sozusagen könnte man auf diese Weise davon denken.

Auf andere Weise sozusagen könnte man behaupten, es wären Helena und Klytämnestra und Elektra, mit denen ich das getan habe.

Beim besten Willen habe ich keine Ahnung, warum ich das getan habe.

Wenn ich verstanden hätte, warum ich das getan habe, wäre ich zweifellos nicht wahnsinnig gewesen.

Wäre ich nicht wahnsinnig gewesen, hätte ich es zweifellos überhaupt nicht getan.

Ich bin mir wirklich nicht sicher; dass jene zwei letzten Sätze irgendeinen besonderen Sinn ergeben.

In jedem Fall erinnere ich mich auch nicht, wo genau es war, dass ich die Dramen gelesen und die Seiten verbrannt habe.

Möglicherweise war es erst nach meiner Fahrt ins alte Troja, dass mir die Dramen in den Sinn gekommen sind.

Oder war es das Lesen der Dramen gewesen, weshalb mir in den Sinn kam, ins alte Troja zu fahren.

Er ging weiter, dieser Wahnsinn.

Ich bin nicht notwendigerweise wahnsinnig gewesen, als ich nach Mexiko fuhr, allerdings. Sicherlich muss man nicht wahnsinnig sein, um sich zu entscheiden, das Grab seines kleinen Jungen zu besuchen.

Aber bestimmt war ich wahnsinnig, als ich durch die Weiten Alaskas fuhr, nach Nome, und dann ein Boot über die Beringstraße steuerte.

Selbst wenn ich mir diesmal Seekarten heraussuchte.

Nun, und mich auch einmal mit Booten ausgekannt habe. Aber dennoch.

Jedoch danach paradoxerweise meinen Weg westwärts quer durch ganz Russland nahm, mit so gut wie überhaupt keinen Landkarten. Jeden Morgen mit der Sonne hinter mir losfuhr und dann wartete, bis sie im Lauf des Tages vor mir erschien, einfach der Sonne folgend.

Und über Fjodor Dostojewski nachgrübelte, während ich fuhr.

In Wirklichkeit habe ich mein Augenmerk auf Rodion Romanowitsch Raskolnikow gerichtet.

Habe ich bei der Eremitage haltgemacht? Warum erinnere ich mich nicht, ob ich überhaupt in Moskau haltgemacht habe?

Nun, gut möglich, dass ich an Moskau vorbeigefahren bin, ohne es zu wissen, da ich nicht ein Wort Russisch spreche.

Wenn ich sage, nicht ein Wort sprechen, meine ich auch, nicht ein Wort lesen. Offensichtlich.

Und warum habe ich diese prätentiöse Zeile über Dostojewski geschrieben, wenn ich jetzt keine Ahnung mehr habe, ob ich auch nur eine Sekunde über den Mann nachgedacht habe.

Mehr Gepäck, also. Zumindest hier und jetzt, während ich tippe, wenn nicht damals.

Tatsache ist, dass, als ich mit der Barkasse nach der letzten Insel anlegte und wieder Jagd auf ein Auto machte, ich vielleicht sogar überrascht war, dass sie russische Buchstaben auf ihren Nummernschildern hatten. Mir halb vorgestellt hatte, in China sein zu müssen.

Obwohl es mir erst in diesem Augenblick aufgeht, dass man auch bestimmtes chinesisches Gepäck besitzt. Selbstverständlich.

Einiges. Es ist witzlos, diese Tatsache jetzt zu erläutern.

Selbst wenn ich zufällig gerade Souchong-Tee trinke, während ich das sage.

Und in jedem Fall kann die Eremitage in Leningrad sein.

Dann wiederum ist es fraglos, dass ich nach Raskolnikow entschieden Ausschau hielt. Verwendet man Raskolnikow als Symbol, kann man entschieden sagen, dass ich nach Raskolnikow Ausschau hielt.

Obwohl man auch genauso leicht sagen könnte, dass ich nach Anna Karenina Ausschau gehalten habe, oder nach Dmitri Schostakowitsch.

Ich habe auch Ausschau gehalten, als ich nach Mexiko fuhr. Natürlich.

Kaum nach Simon, da ich nur zu gut wusste, dass Simon in diesem Grab war. Dann also Ausschau nach Emiliano Zapata hielt, vielleicht.

Wiederum symbolisch, Ausschau nach Zapata. Oder nach Benito Juarez. Oder nach David Alfaro Siqueiros.

Ausschau nach irgendjemandem, irgendwo halt.

Nun, sogar wahnsinnig Ausschau hielt, oder warum in aller Welt wäre ich sonst losgezogen zu all jenen anderen Orten?

Und hatte vorher Ausschau gehalten an jeder Straßenecke in New York, natürlich. Hatte überall in New York Ausschau gehalten, sogar bevor ich von Soho weggezogen bin.

Und habe also immer noch Ausschau gehalten in jenem Winter, als ich in Madrid gelebt habe.

Ich bin nicht sicher, ob ich meine Madrider Periode erwähnt habe.

In Madrid lebte ich nicht im Prado, wie sich herausstellte. Vielleicht habe ich angedeutet, dass ich das zu tun gedachte, aber das Licht war zu schlecht.

Es ist natürliches Licht, von dem ich in diesem Fall spreche, da ich damals schon begonnen hatte, mich der meisten meiner Gerätschaften zu entledigen.

Nur wenn die Sonne besonders grell scheint, beginnt man, diesen Rogier van der Weyden so zu sehen, wie er gesehen werden will.

Ich kann das kategorisch bestätigen, da ich sogar die ihm nächstliegenden Fenster geputzt habe.

Wo ich in Madrid lebte, war in einem Hotel. Ich wählte das, das sie nach Velázquez benannt hatten.

Hielt dort Ausschau nach Don Quixote. Oder nach El Greco. Oder nach Francisco de Goya.

Wie poetisch die meisten spanischen Namen im Allgemeinen klingen. Man kann sie wieder und wieder sagen.

Sor Juana Inés de la Cruz. Marco Antonio Montes de Oca.

Obwohl tatsächlich beide Namen wieder aus Mexiko sein können.

Ausschau halten. Lieber Himmel, wie ängstlich ich Ausschau hielt.

Ich erinnere mich nicht, wann ich aufhörte, Ausschau zu halten.

In der Adria, als ich auf meinem Weg von Troja nach Griechenland war, kam eine Ketsch schnell auf mich zugeschossen, ihr großer Spinnaker geräuschvoll im Wind.

Stellen Sie sich vor, wie mich das erschreckte, und wie ich mich fühlte.

In dem einen Augenblick segelte ich dahin, so allein wie immer, und einen Augenblick später war da die Ketsch.

Aber sie trieb nur dahin. Diese ganze Zeit lang, vermutlich.

Waren es schon vier oder fünf Jahre gewesen, damals? Ich bin fast sicher, dass ich mindestens zwei Winter lang in New York geblieben bin, bevor ich losging, woanders Ausschau zu halten.

Nahe Lesbos sah ich diese Ketsch. Oder vielleicht Scyros.

Ist Scyros eine der griechischen Inseln?

Man vergisst. Es gibt auch einen unwissentlichen Verlust von Gepäck.

Tatsache ist, dass ich jetzt vermute, ich hätte Ägäis sagen sollen, als ich Adria sagte. Ein paar Absätze vorher. Sicherlich ist es die Ägäis, zwischen Troja und Griechenland.

Dieser Tee ist auch eine Art Gepäck, nehme ich an. Obwohl ich ihn in diesem Fall wieder ausfindig gemacht habe, nachdem jenes andere Strandhaus verbrannte. Wünschte mir Tee, mit so wenig ich mich auch sonst belaste.

Und auch einige Zigaretten, obwohl ich sehr wenig rauche, dieser Tage.

Nun, und andere Lebensmittel auch. Natürlich.

Die Zigaretten sind von der Sorte, die in Blechdosen verpackt ist. Jene in Papier haben angefangen, fad zu schmecken, vor einiger Zeit.

Die meisten Dinge, die so verpackt waren, taten das. Nicht notwendigerweise verderben, sondern vertrocknen.

Tatsache ist, dass meine Zigaretten sogar russische sind. Das ist reiner Zufall. Allerdings.

Hier, in dieser Gegend, bleibt alles feucht.

Ich habe das schon gesagt.

Wenn ich sie aus der Schublade herausnehme, fühlt sich meine Kleidung oft klamm an.

Im Allgemeinen, in Sommern wie diesen, habe ich überhaupt nichts an.

Ich habe Unterhosen und Shorts und mehrere Jeanswickelröcke, und einige wenige Baumwolljerseys. Ich wasche alles im Bach und hänge es dann über Büsche zum Trocknen.

Nun, ich habe mehr Kleidung als das. Der Winter stellt Anforderungen.

Außer dass ich im Voraus Feuerholz sammle, habe ich mir indes angewöhnt, mich wegen des Winters erst zu sorgen, wenn der Winter sich zeigt.

Wenn er da ist, wird er da sein.

Wenn die Blätter fallen, bleibt der Wald im Allgemeinen für eine Weile kahl, bevor der Schnee fällt, und ich kann bis hinüber zur Quelle sehen, oder sogar den weiteren Verlauf meines Weges bis zur Landstraße dahinter.

Man braucht vielleicht vierzig Minuten, um die Straße entlang bis zur Stadt zu gehen.

Es gibt Geschäfte, einige wenige, und es gibt eine Tankstelle.

An Letzterer lässt sich noch immer Petroleum finden.

Ich nehme meine Lampen selten in Gebrauch, allerdings. Auch wenn das verschwunden ist, was der letzte Schimmer des Sonnenuntergangs zu sein scheint, erreicht noch immer ein Abglanz davon das Zimmer, in das ich zum Schlafen hinaufklettere.

Durch ein weiteres Fenster auf der gegenüberliegenden Seite weckt mich die rosenfingrige Morgenröte.

An bestimmten Morgen passiert es, dass die Redewendung stimmt. Tatsächlich.

An diesem Strand scheinen die Häuser sich endlos fortzusetzen, nebenbei bemerkt. In jedem Fall unendlich viel länger, als ich bisher in eine der beiden Richtungen gegangen bin und noch in der Lage war, bis Einbruch der Nacht nach Hause zu kommen.

Irgendwo habe ich eine Taschenlampe. Im Handschuhfach des Lieferwagens möglicherweise.

Der Lieferwagen steht an der Landstraße. Ich habe den Verdacht, dass ich versäumt habe, die Batterie aufzuladen. Seit einiger Zeit schon.

Zweifellos gibt es immer noch ungebrauchte Batterien an der Tankstelle.

Schwester Juana Inés de la Cruz. Ich habe keine Ahnung mehr, wer sie gewesen sein mag. Um die Wahrheit zu sagen.

Um die Wahrheit zu sagen, es würde mir genauso schwerfallen, zu sagen, wer Marco Antonio Montes de Oca war.

In der National Portrait Gallery in London, die nicht eines der Museen war, in denen zu leben ich beschlossen hatte, konnte ich acht von zehn Gesichtern auf den Porträts nicht erkennen. Und fast ebenso viele der Namen, die die Porträts bezeichneten.

Außer im Fall von Leuten wie Winston Churchill oder den Brontë-Schwestern oder der Queen oder Dylan Thomas. Offensichtlich.

Dennoch, das machte mich traurig.

Und warum fällt es mir gerade ein, dass ich gern Dylan Thomas mitteilen würde, dass man jetzt niederknien und aus der Loire oder dem Po oder dem Mississippi trinken kann.

Oder war Dylan Thomas schon tot, bevor es unmöglich wurde, so etwas zu tun, was bedeutet, dass er mich anschauen würde, als wäre ich wahnsinnig. Schon wieder.

Achill würde es bestimmt. Oder Shakespeare. Oder Emiliano Zapata.

Ich erinnere mich nicht an Dylan Thomas’ Lebensdaten. Und überhaupt gab es sicher kein spezielles Datum für die Umweltverschmutzung.

Eins eins acht sechs können die letzten vier Ziffern der Telefonnummer von jemandem gewesen sein.

In Wirklichkeit war ich auch nicht am Mississippi. Auf dem Hinweg nach und dem Rückweg von Mexiko habe ich aus dem Rio Grande getrunken. Allerdings.

Warum sage ich so etwas? Offensichtlich hätte ich auch den Mississippi überqueren müssen, in beiden Richtungen, auf derselben Reise.

Dennoch, es scheint, ich habe keine Erinnerung daran. Oder war ich damals auch wahnsinnig?

Die eigenartige Auswahl der Bücher, die ich in dieser Periode gelesen habe, du lieber Himmel. Praktisch jedes einzelne davon über denselben Krieg.

Aber dachte mir häufig auch neue Versionen der Geschichten aus, ausgefallene persönliche Improvisationen.

Etwa wie sich Helena von den Befestigungsmauern hinunterschleicht und sich heimlich mit Achill am Skamander trifft.

Oder Penelope, wie sie mit all diesen Freiern schläft, einem nach dem anderen, während Odysseus fort ist.

Hat sie nicht? Sicherlich, bei so vielen, die da herumlungerten. Und wenn es wirklich zehn Jahre Krieg waren und dann noch einmal zehn, bevor ihr Ehemann wieder auftauchte?

Aus irgendeinem Grund mochte ich immer die Stelle, wo Achill sich wie ein Mädchen kleidet und versteckt, damit sie ihn nicht zu kämpfen zwingen könnten.

Es gibt wirklich ein Gemälde von Penelope, beim Weben in der National Gallery, von jemandem namens Pintoricchio.

Ich habe das ziemlich schlecht gesagt, befürchte ich.

Womit schwerlich gemeint ist, dass der Ort, wo Penelope webt, die National Gallery ist. Wo sie das tut, ist auf der Insel Ithaka. Natürlich.

Ithaka liegt weder in der Adria noch in der Ägäis, übrigens, sondern im Ionischen Meer.

Die Dinge, die einem nach allem doch im Kopf bleiben.

Ich sollte vielleicht auch darauf hinweisen, dass es sich bei der National Gallery und der National Portrait Gallery nicht um dasselbe Museum handelt, selbst wenn beide in London sind.

Tatsache ist, dass sie nicht dasselbe Museum sind, selbst wenn sie beide im selben Gebäude sind.

Hingegen weiß ich so gut wie nichts über Pintoricchio, obwohl ich einmal eine ganze Menge über viele Maler wusste.

Nun, ich wusste eine ganze Menge über viele Maler aus demselben Grund, wie etwa Achill sicherlich eine ganze Menge über Hektor gewusst haben muss.

Alles, woran ich mich bei dem Gemälde von Penelope erinnern kann, ist allerdings, dass eine Katze darin ist, die mit einem Garnknäuel spielt.

Zweifellos war das Hineinnehmen der Katze kaum eine Innovation Pintoricchios. Trotzdem ist es vielleicht angenehm, an Penelope mit einem Haustier zu denken, besonders wenn ich mich getäuscht habe, über sie und die Freier.

Ich hätte vielleicht auch lange vorher sagen sollen, dass ich ernsthafte Zweifel hege, dass dieser Krieg jene zehn Jahre dauerte.

Oder dass Helena der Grund dafür war.

Ein einziges Spartanermädchen, wie jemand sie einmal genannt hat. Schließlich.

Aber worüber ich hier im Wesentlichen nachdenke, ist, wie enttäuschend klein die Ruinen Trojas dann doch sind.

Kaum größer als ein gewöhnlicher Häuserblock und nur ein paar Stockwerke hoch. Praktisch.

Nun, jedoch mit Leuten, die auch außerhalb der Zitadelle gelebt haben, in der Ebene.

Aber trotzdem.

In der Odyssee hat Helena, wenn sie älter ist, eine prächtig strahlende Würde. Ich las jene Seiten zwei- oder dreimal, wo Odysseus’ Sohn Telemach zu Besuch kommt.

Was bedeutet, dass ich sie nicht herausgerissen und in das Feuer geworfen habe, wie ich es tat, als ich die Dramen las.

Inzwischen bin ich gerade wieder bei den Dünen gewesen. Aus irgendeinem Grund, während ich pinkelte, dachte ich über Lawrence von Arabien nach.

Nun, man kann von mir kaum sagen, dass ich über ihn nachgedacht habe, da ich kaum mehr über Lawrence von Arabien weiß als über Pintoricchio.

Dennoch, Lawrence von Arabien kam mir in den Sinn.

Ich weiß nicht, wie ich vom Pinkeln auf Lawrence von Arabien kam.

Da ist noch immer diese muntere Brise. Es ist früher August. Möglicherweise.

Für einen Augenblick, beim Zurückschlendern, könnte ich etwas Brahms gehört haben. Ich würde sagen, die Alt-Rhapsodie, obwohl ich bezweifle, dass ich mich an die Alt-Rhapsodie erinnere.

Zweifellos gab es ein Porträt von Lawrence von Arabien in der National Portrait Gallery.

Und jetzt habe ich den Namen T. E. Shaw in meinem Kopf. Aber es ist noch eine dieser vorbeihuschenden Identitäten, die ich überhaupt nicht zu fassen bekomme.

Nichts davon beunruhigt mich. Nebenbei bemerkt.

Sehr wenig tut das, wie ich vielleicht deutlich gemacht habe oder nicht.

Nun, wie lächerlich unter diesen Umständen, sollte ich zulassen, dass irgendetwas das tut.

Hin und wieder rege ich mich auf wegen einer arthritischen Schulter, wenn sich aufregen das richtige Wort dafür ist. Der linken, die mich zuweilen leicht behindert.

Sonnenschein ist eine Hilfe. Allerdings.

Meine Zähne, andererseits, sprechen überhaupt nicht für fünfzig Jahre. Kopf auf Holz, für meine Zähne.

Ich kann mich nicht an das Geringste erinnern, was die Zähne meine Mutter betrifft, beim Versuch, zurückzudenken. Oder die meines Vaters.

Auf jeden Fall bin ich vielleicht nicht älter als siebenundvierzig.

Ich kann mir die schöne Helena nicht mit Zahnproblemen vorstellen. Oder Klytämnestra mit Arthritis.

Da war Cézanne. Selbstverständlich.

Obwohl es nicht Cézanne war, sondern Renoir.

Ich habe keine Ahnung mehr, wo meine eigenen Malutensilien hingekommen sein können. Nebenbei bemerkt.

Einmal während dieser Jahre habe ich eine Leinwand aufgespannt. Wirklich. Ein Ungetüm von einer Leinwand, tatsächlich, mindestens neun mal fünf Fuß. Tatsächlich habe ich sie mit nicht weniger als vier Schichten Gipsgrund grundiert.

Und starrte sie nachher an.

Monate, vermute ich, starrte ich auf diese Leinwand. Möglicherweise drückte ich törichterweise sogar einige Farben auf meine Palette.

Tatsache ist, es war, glaube ich, als ich zurück nach Mexiko ging, dass ich das tat. In dem Haus, in dem ich einst mit Simon gelebt hatte, und mit Adam.

Ich bin mir im Grunde sicher, dass mein Ehemann Adam hieß.

Und setzte dann, nach Monaten des Anstarrens, die Leinwand eines Morgens mit Benzin in Brand und fuhr weg.

Über den breiten Mississippi.

In seltenen Momenten konnte ich beinahe Dinge auf dieser Leinwand sehen. Allerdings.

Beinahe. Achill zum Beispiel, in seinem Schmerz nach dem Tod seines Freundes, als er sich mit Asche bedeckte. Oder Klytämnestra, nachdem Agamemnon ihre Tochter geopfert hatte, um Wind für die griechischen Schiffe aufkommen zu lassen.

Ich habe keine Ahnung, warum die Stelle, wo Achill sich als Mädchen kleidet, mir immer so gefallen hat.

Was das betrifft, war es vielleicht wirklich eine Frau, die die Odyssee geschrieben hat, wie jemand einmal gesagt hat.

Als ich zurück in Mexiko war, konnte ich den ganzen Winter hindurch die alte Gewohnheit nicht loswerden, meine Schuhe jeden Morgen umzudrehen, damit etwaige Skorpione herausfallen.

Jede Menge von Gewohnheiten waren kaum totzukriegen, auf diese Weise. Gleichermaßen habe ich mich einige Jahre immer wieder beim Absperren von Türen ertappt.

Nun, und in London. Oft habe ich mir die Mühe gemacht, auf der britischen Seite der Straße zu fahren.

Nach seiner Trauer zahlte Achill es Hektor heim, indem er ihn erschlug, obwohl Hektor rannte und rannte.

Ich war kurz davor hinzuzufügen, dass es derlei Dinge waren, die Männer zu tun pflegten. Aber nach ihrer eigenen Trauer tötete Klytämnestra Agamemnon.

Mit etwas Unterstützung. Aber trotzdem.

Etwas sagt mir dunkel, dass das vielleicht eine der Ideen gewesen sein könnte, die ich für meine Leinwand hatte. Agamemnon in seinem Bad, verfangen in diesem Netz und durch es hindurch erstochen.

Weiß der Himmel, warum sich irgendjemand solch ein blutiges Thema gewünscht haben könnte. Allerdings.

Tatsache ist, wen ich in Wirklichkeit zu malen gedacht habe, war Helena. Bei einem der ausgebrannten Boote entlang des Strandes, nachdem die Belagerung endgültig beendet und sie gefangen genommen war.

Aber in dieser prächtigen Würde. Trotz allem.

Um die Wahrheit zu sagen, es war in Wirklichkeit direkt unter der Haupttreppe im Metropolitan, wo ich diese Leinwand aufstellte. Unter jenen hohen Oberlichtern, wo meine Einschusslöcher waren.

Wo ich mein Bett hingestellt hatte, war auf einem der Balkone, die diesen Bereich überschauen.

Das Bett selbst hatte ich aus einem der rekonstruierten historischen Räume. Ich glaube, möglicherweise amerikanischer Kolonialstil.

Was ich mit dem von mir gebauten Kamin getan habe, war, ihn an ebendiese Balkone mit Draht anzubinden, damit er nicht wackeln konnte.

Obwohl ich damals noch immer alle möglichen Gerätschaften benützt habe. Und so auch elektrische Heizkörper hatte.

Nun, und unzählige Lampen, besonders da, wo die Leinwand war.

Eine neun Fuß hohe, glänzend erleuchtete Elektra hätte ich malen können, hätte ich daran gedacht.

Ich habe nicht daran gedacht bis zu ebendiesem Augenblick.

Arme Elektra. Zu wünschen, die eigene Mutter zu ermorden.

Nun, all jene Leute. Bis zum Hals drinnen, allesamt, wenn man es recht bedenkt.

Irene Papas wäre eine wirkungsvolle Elektra gewesen. Allerdings.

Tatsächlich war sie eine wirkungsvolle Helena, in DieTroerinnen von Euripides.

Vielleicht habe ich nicht darauf hingewiesen, dass ich auch einige bestimmte Filme angeschaut habe, als ich noch Gerätschaften besaß.

Irene Papas und Katherine Hepburn in Die Troerinnen war einer. Maria Callas in Medea war ein weiterer.

Meine Mutter hatte falsche Zähne. Jetzt erinnere ich mich.

Nun, und in diesem Glas neben ihrem Bett, jene letzten Wochen im Krankenhaus.

Oje.

Obwohl ich eine vage Erinnerung daran habe, dass der Projektor, den ich ins Museum brachte, aufhörte zu funktionieren, nachdem ich ihn nicht öfter als drei- oder viermal benützt hatte, und dass ich mir nicht die Mühe machte, ihn zu ersetzen.

Als ich noch in meinem Loft war, am Anfang, brachte ich mindestens dreißig tragbare Radios herein und stellte jedes einzelne auf eine andere Frequenz auf der Skala ein.

In Wirklichkeit wurden sie mit Batterien betrieben, nicht mit Strom.

Offensichtlich war das so, da ich bezweifle, dass ich schon so früh herausgefunden haben könnte, wie ein Generator funktioniert.

Meine Tante Esther starb ebenso an Krebs. Doch Esther war die Schwester meines Vaters. In Wirklichkeit.

Hier, zumindest, ist da immer das Geräusch des Meeres.

Und gerade in diesem Moment macht ein Fetzen eines Klebebandes an einem zerbrochenen Fenster im Zimmer nebenan kratzende Geräusche, durch meine Brise.

Morgens, wenn die Blätter taufeucht sind, gleichen einige von ihnen dort, wo das früheste Sonnenlicht glitzert, Juwelen.

Eine kratzende Katze, das könnte jenes lose Stück Klebeband sein.

Wo könnte es gewesen sein, dass ich alle diese blutrünstigen Geschichten laut gelesen habe?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nicht nach Europa gefahren war, als ich meine letzten Armbanduhren trug, wenn das überhaupt wichtig ist.

Ich zweifle, ob das Tragen von dreizehn oder vierzehn Armbanduhren auf der Länge des Unterarms besonders wichtig ist.

Nun ja, und eine Zeit lang auch von goldenen Taschenuhren, an einer Schnur um meinen Hals.

Tatsächlich trug jemand einen Wecker genau auf dieselbe Weise. In einem Roman, den ich einmal gelesen habe.

Ich würde sagen, es war in Die Fälschung der Welt von William Gaddis, außer dass ich nicht glaube, Die Fälschung der Welt von William Gaddis je gelesen zu haben.

Sowieso denke ich eher an Taddeo Gaddi, auch wenn Taddeo Gaddi ein Maler und kein Schriftsteller war.

Was habe ich mit diesen Uhren gemacht, frage ich mich.

Sie getragen.

Nun ja. Aber jede, davon noch dazu mit einem eigenen Klingeln.

Was ich normalerweise getan habe, war, die Wecker so zu stellen, dass jede einzelne Uhr zu einer anderen Zeit klingeln würde.

Ich tat das für eine Weile. Den ganzen Tag, jede Stunde, klingelte eine andere Uhr.

Am Abend stellte ich alle vierzehn wieder neu. Außer dass ich sie in jenem Fall so stellen würde, dass sie gleichzeitig klingelten.

Dies war, bevor ich gelernt hatte, mich an die Morgendämmerung zu halten. Zweifellos.

Sie haben das eh selten getan. Gleichzeitig klingeln, meine ich.

Selbst wenn das der Fall zu sein schien, lernte man auf die zu warten, die gerade noch nicht zu klingeln begonnen hatten.

Wenn ich sage, sie klingelten, meine ich, sie surrten. In Wahrheit.

In einer Stadt namens Corinth, in Mississippi, die nicht nah am Fluss Mississippi liegt, entledigte ich mich der Uhren, das Auto geparkt auf einer schmalen Brücke.

Ich glaube, es war Corinth. Ich würde einen Atlas brauchen, um mich zu vergewissern.

Wirklich, es gibt einen Atlas in diesem Haus. Irgendwo. Vielleicht in einem der Zimmer, in die hineinzugehen ich aufgehört habe.

Einen ganzen Tag lang saß ich im Auto und wartete, bis jede Uhr an der Reihe war, zu klingeln.

Und ließ dann jede, wenn sie klingelte, ins Wasser fallen. Was für ein Gewässer es auch immer gewesen sein mag.

Eine oder zwei klingelten nicht. Was ich getan habe, war, ich stellte sie nochmals und schlief im Auto und wurde dann jene, als sie frühmorgens klingelten, los.

Die noch immer klingelten wie der ganze Rest, als ich sie wegwarf.

Um die Wahrheit zu sagen, ich habe das in einer Straße irgendwo in Pennsylvania getan. Der Name der Stadt war Lititz, Pennsylvania.

Das alles war, einige Zeit bevor ich die Tennisbälle die Spanische Treppe in Rom hinunterrollen ließ. Nebenbei bemerkt.

Ich stelle die Verbindung zwischen dem Loswerden der Uhren und dem Hinunterrollen der Tennisbälle über die Spanische Treppe her, weil ich sicher bin, dass das Loswerden der Uhren sich auch ereignete, bevor ich die Katze gesehen habe, was gleichfalls in Rom war.

Wenn ich sage, ich habe eine Katze gesehen, meine ich, ich glaubte, eine gesehen zu haben. Natürlich.

Und der Grund dafür, warum ich sicher bin, dass das in Rom passierte, ist, weil es im Kolosseum passierte, das unbestreitbar in dieser Stadt ist.

Wo ich glaubte, die Katze gesehen zu haben, war bei einem der Bogengänge im Kolosseum, ziemlich weit oben.

Wie ich mich fühlte. Inmitten all dieses Schauens.

Und so in den Supermarkt hastete, um Katzenfutter in Dosen zu holen.

Ebenso schnell, wie ich begriff, dass ich die Katze nicht mehr ausfindig machen könnte, wäre das gewesen.

Und dann jeden Morgen eine Woche lang kistenweise Dosen öffnete und herumging, um sie auf den Steinbänken zu verteilen.

So viele Dosen, wie es Römer gegeben haben muss, die Christen anschauten. Praktisch.

Aber als Nächstes mutmaßte, dass die Katze aus Furcht möglicherweise nur in der Nacht wieder auftauchen könnte, und noch einen anderen Generator zusammenbastelte, und sogar Flutlichter.

Obwohl ich selbstverständlich gar nicht sagen konnte, ob die Katze hinter meinem Rücken am Essen geknabbert hatte, da die meisten Dosen von Anfang an nicht ganz voll gewesen zu sein schienen.

Dennoch hielt ich es fraglos für wert nachzuschauen, mehrmals jeden Tag.

Wie ich die Katze nannte, war Nero.

Hier, Nero, habe ich gerufen.

Nun, ich vermute, ich könnte auch Julius Cäsar und Herodot und Pontius Pilatus ausprobiert haben, zu verschiedenen Zeitpunkten.

Herodot mag eine Zeitverschwendung gewesen sein, für eine Katze in Rom, jetzt, wenn ich daran denke.

Zweifellos sind die Dosen auf jeden Fall noch da, aufgereiht auf all jenen Bänken.

Der Regen wird sie inzwischen gänzlich geleert haben. Sicherlich.

Zweifellos gab es keine Katze im Kolosseum.

Obwohl ich die Katze auch Calpurnia nannte, nach einer Weile, als mir einfiel, dass ich auf immer sichergehen sollte.

Zweifellos gab es auch keine Möwe.

Es ist die Möwe, die mich zu diesem Strand brachte, über den ich gerade spreche.

Hoch, hoch oben, vor den Wolken, kaum mehr als ein kleines Fleckerl, aber dann im Sturzflug aufs Meer zu.

Ich werde aufrichtig sein. In Rom, als ich dachte, ich habe die Katze gesehen, war ich unleugbar wahnsinnig. Und so dachte ich, ich habe die Katze gesehen.

Hier, als ich dachte, die Möwe gesehen zu haben, war ich nicht wahnsinnig. So wusste ich, dass ich die Möwe nicht gesehen hatte.

Hin und wieder brennen Dinge. Ich meine nicht nur, wenn ich sie selber angezündet habe, sondern auf Grund natürlichen Zufalls. Und so werden manchmal allerlei Überbleibsel über große Entfernungen hinweg verweht oder schweben in erstaunliche Höhen hinauf.

Daran hatte ich mich endlich gewöhnt.

Dennoch hätte ich es gewaltig vorgezogen, zu glauben, eine Möwe gesehen zu haben.

In der Tat war es sehr viel wahrscheinlicher der Gedanke an Sonnenuntergänge, der mich zurück zu diesem Strand brachte.

Nun, oder das Geräusch des Meeres.

Nachdem ich letztendlich entschieden hatte, ich könnte genauso gut aufhören mit dem Schauen.

Habe ich erwähnt, dass ich in Damaskus, Syrien, oder in Bethlehem, oder in Troy, New York, geschaut habe?

Einmal, in der Nähe vom Comer See, bei einer Steintreppe, die mich irgendwie an die Spanische Treppe erinnerte, warf ich etwas Kleingeld, das in meinem Jeep gelegen hatte, in ein öffentliches Telefon, in der Absicht, nach Giovanni Keats zu fragen.

Ich hatte keine Ahnung, ob Keats je den Comer See besucht hatte. In Wirklichkeit.

Einige Wochen fuhr ich in Mexiko auch einen Jeep. Und war so in der Lage, direkt den Hang hinauf zu manövrieren, anstatt die Straße zu nehmen, jedes Mal, wenn ich zum Friedhof fuhr.

Wie viele verschiedene Fahrzeuge habe ich gebraucht, seitdem das alles angefangen hat?, frage ich mich plötzlich.

Nun, mehr als man hätte im Kopf behalten können, allein nach Cuernavaca hin oder zurück, sicher. Und mit dem Zwang, sie bei so vielen Hindernissen wechseln zu müssen, ganz abgesehen davon, wenn einem das Benzin ausging.

Mit Hindernissen meine ich ganz allgemein andere Autos, natürlich. An was für ärgerlichen Orten sie einfach stehengeblieben sind.

Und obendrein, wie ich mir närrischerweise immer die Mühe machte, auch noch mein ganzes Gepäck hinüberzutragen, in jenen Tagen.

Ausgenommen, wenn ich gezwungen war, eine ganz erhebliche Strecke vom einen zum anderen Fahrzeug zu Fuß zu gehen. Selbstverständlich.

Aber selbst dann habe ich mich immer wieder mit genauso viel Zeug belastet. Im Nu.

Hier habe ich drei Jeanswickelröcke, und einige Baumwollpullover.

Das meiste davon liegt im Moment auf dem Gebüsch zum Trocknen in der Sonne.

Ich fahre jetzt auch nur noch selten.

Tatsache ist, die Kleidungsstücke draußen bei der Quelle sind seit einigen Tagen trocken.

Im Herbst, nachdem die Blätter gefallen sind, könnte ich in der Lage sein, sie von genau da aus, wo ich in diesem Augenblick sitze, zu sehen. Möglicherweise.

Die Katze im Kolosseum war rostbraun. Übrigens. Die Möwe war die gemeine Möwe.

In Wirklichkeit war es Asche, erstaunlich hoch hinauf getragen und geschaukelt von den Winden.

Jeder letzte einzelne jener Röcke und Pullover ist ausgebleicht, weil ich sie fast immer vergesse, da draußen. Genauso.

Ich trage Unterhosen, aber nur, weil die Sitzfläche dieses Stuhls kein Polster hat.

Auch habe ich gerade Schwarzbeeren aus der Küche hereingebracht.

War es wirklich eine andere Person, die ich so dringend entdecken wollte, bei all jenem Schauen, oder war es nur meine eigene Einsamkeit, die ich nicht ertragen konnte?