Wölfe in der Stadt - W. W. Shols - E-Book

Wölfe in der Stadt E-Book

W.W. Shols

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Beschreibung

Western von W. W. Shols Der Umfang dieses Buchs entspricht 150 Taschenbuchseiten. Er war jahrelang nichts weiter als ein Tramp gewesen, dieser gutaussehende und sympathische Tom Delaware. Er lebte sein Leben und störte sich an niemand. Das wurde anders, als er eines Tages über die Main Street von Silver Rock ritt und mitansehen musste, wie drei Galgenvögel einen alten, weiß-bärtigen Mann brutal zusammenschlugen. Tom zögerte nicht eine Sekunde, dieses Trauerspiel zu beenden. Er kam mit seinen starken Fäusten dem Alten zu Hilfe und haute ihn heraus. Damit handelte sich Tom zwei Dinge gleichzeitig ein: Die Feindschaft Shane Warners, in dessen Auftrag die drei Halunken den Blacksmith Ben Forton fertigmachen sollten, aber auch die Freundschaft dieses kernigen Schmieds. Die Bürger wollten, dass Forton Mayor werden sollte. Der verschlagene und größenwahnsinnige Warner erstrebte dieses Amt für sich. In dem Texaner Tom Delaware erwuchs ihm jedoch ein starker, unverhoffter Gegner. Das konnte einfach kein gutes Ende nehmen …

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W. W. Shols

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Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (http://write.streetlib.com) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Wölfe in der Stadt

Copyright

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

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15

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19

20

Wölfe in der Stadt

Western von W. W. Shols

Der Umfang dieses Buchs entspricht 150 Taschenbuchseiten.

Er war jahrelang nichts weiter als ein Tramp gewesen, dieser gutaussehende und sympathische Tom Delaware. Er lebte sein Leben und störte sich an niemand. Das wurde anders, als er eines Tages über die Main Street von Silver Rock ritt und mitansehen musste, wie drei Galgenvögel einen alten, weiß-bärtigen Mann brutal zusammenschlugen. Tom zögerte nicht eine Sekunde, dieses Trauerspiel zu beenden. Er kam mit seinen starken Fäusten dem Alten zu Hilfe und haute ihn heraus. Damit handelte sich Tom zwei Dinge gleichzeitig ein: Die Feindschaft Shane Warners, in dessen Auftrag die drei Halunken den Blacksmith Ben Forton fertigmachen sollten, aber auch die Freundschaft dieses kernigen Schmieds. Die Bürger wollten, dass Forton Mayor werden sollte. Der verschlagene und größenwahnsinnige Warner erstrebte dieses Amt für sich. In dem Texaner Tom Delaware erwuchs ihm jedoch ein starker, unverhoffter Gegner. Das konnte einfach kein gutes Ende nehmen …

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© Cover: Tony Masero, 2019

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

Tom Delaware sah die Stadt unter sich liegen. Sie sah aus wie die meisten Städte von Arizona bis Texas.

Über Silver Rock spannte sich ein blass-blauer Himmel, und fern am westlichen Horizont zeigten sich rosafarbene Wolken.

Tom Delaware hatte es nicht eilig. Er hielt sein Pferd an und zog noch einmal die würzige Gebirgsluft in seine Lungen.

Dort unten würde er zunächst einen Whisky trinken, und dann ein riesiges Steak verdrücken, nahm er sich vor. Sein erstes Steak seit Tagen.

Irgendein Saloon würde hoffentlich geöffnet sein, trotz der Mittagsstunde. Tom konnte sich genau vorstellen, wie es unten in Silver Rock aussah. Nur ein paar Katzen und Hunde würden herumstreunen. Die Männer und Frauen scheuten die Hitze des Mittags und hatten sich vermutlich in ihre Häuser verkrochen.

Selbst der Barkeeper würde verschlafen über seinen Tresen äugen und verärgert sein über den Gast.

Ja, Tom Delaware wusste genau, was ihn dort unten erwartete. Aber er hatte keine Lust, bis abends mit dem Steak und dem Whisky zu warten.

„Lauf, Brownie!“

Das müde, staubbedeckte Pferd ging träge an. Schleppend bewegten sich die Beine des Tieres durch das trockene Buffalo-Gras, und jeder Schritt wirbelte den Staub auf.

Wie sein Pferd, so sah auch der Reiter aus. Total verstaubt. Sein breitrandiger Stetson, der einst weiß gewesen sein musste, war dunkelgrau geworden. In der Krone des Hutes befanden sich zwei kleine Löcher, die darauf hinwiesen, dass irgend jemand ihn als Zielscheibe benutzt haben musste.

Das einst leuchtend grün-karierte Hemd mit der schwarzen Kordel war ausgeblichen und grau geworden. Nicht anders sahen die Leggins aus und die kurzen Mexicanstiefel. Ihnen fehlte der Glanz früherer Tage.

Tom Delaware hielt es nirgendwo lange aus. Er war so etwas wie ein Herumtreiber geworden, ein Tramp. Die Unruhe trieb ihn von Ort zu Ort, und sein jahrelanger Ritt hatte ihn schließlich bis nach Arizona hineingebracht.

Tom wusste selbst nicht, was ihn trieb. Sein Vater war früher ein guter Sheriff in Texas gewesen, bis er den Alkohol kennenlernte. Seine Mutter war aus Gram früh verstorben. Und als man seinen Vater an die alte Eiche am Eingang von Lamesa hängte, weil er mit anderen Outlaws zusammen das Vieh der Umgebung geraubt hatte, da hatte es Tom nicht mehr ausgehalten in der Heimat. Er war ein Tramp geworden, von der Unruhe getrieben und von der Angst, eines Tages selbst an irgendeiner Eiche zu hängen.

Dieses Bild würde er nie vergessen. Er selbst hatte sich an der Posse beteiligt, die schließlich die Outlaws einfing, und einer dieser Viehräuber war sein völlig heruntergekommener Vater gewesen.

Tom sah ihn manchmal noch vor sich, wenn das Bild der Vergangenheit vor ihm auftauchte.

Klein und kümmerlich hatte Dad auf dem Pferd gesessen, die Hände über dem Sattelknopf gebunden. Ein wilder, grauer Bart hatte ihn fast unkenntlich gemacht. Und die Augen waren nicht mehr die hellen Adleraugen von Sheriff Delaware gewesen.

Tom wusste noch genau, wie es ihm damals die Kehle zuschnürte, wie er zu schlucken versucht und geglaubt hatte, keine Luft mehr zu bekommen.

„Dad!“, hatte er ausgerufen, als man dem die Schlinge um den Hals legte.

Da war der Blick des alten Outlaw für einen Moment klar geworden. „Reite, Tom Delaware, und vergiss, dass du einen Vater hattest!“

Tom hatte alles versucht, Dad zu vergessen. Sie hatten sich nie nahe gestanden. Damals, als Dad noch Sheriff war, konnte Tom kaum reiten. Er erinnerte sich, dass ihn die anderen Boys in der Schule immer als ihren Anführer wählten, weil sein Vater der Sheriff von Lamesa gewesen war. Dann hatte Dad zu trinken begonnen, und plötzlich war der große Held von Lamesa ein Ausgestoßener.

Mit der Mutter war Tom aus der Stadt gezogen. Ein kleiner Rancher hatte ihnen Unterkunft auf seinem Anwesen geboten. Von Dad hatte man monatelang nichts gehört, bis er eines Tages auftauchte und Geld forderte, um sich Whisky kaufen zu können. Aus Gram war Ma eines Tages gestorben, ehe Tom darüber hinweggekommen war.

Aber auf der kleinen Ranch hatte er das Arbeiten gelernt – bis sein Vater an der Eiche aufgehängt wurde.

Wie lange war das nun her?, fragte sich der Cowboy Tom Delaware. Vier Jahre? Oder sogar fünf?

„Lauf, Brownie!“

Der Braune war stehen geblieben.

Sie hatten die Hügelkette verlassen und befanden sich am Ortseingang von Silver Rock.

Tom Delaware hob den Blick und sah die Main Street der kleinen Stadt hinunter.

Zuerst konnte er gar nicht begreifen, was sich seinen Augen bot.

Tom zog sich den Stetson tiefer in die Stirn, um seine Augen gegen die grellen Sonnenstrahlen zu schützen.

Silver Rock hielt nicht wie andere Städte in Arizona um diese Zeit ihren Mittagsschlaf.

In Silver Rock war der Teufel los.

2

Zwei grimmige, verwegen aussehende Kerle hielten einen alten Mann mit weißem Bart fest. Einer von ihnen schlug ihm ein paarmal die geballte Faust auf die Nase, aus der bereits das Blut zu laufen begann.

Aber kein Laut kam über die Lippen des alten, knorrigen Mannes, der sich immer wieder zu befreien versuchte und einem der Rowdys heftig gegen das Schienbein trat, dass er brüllend zu fluchen begann.

„Dir werde ich’s zeigen, Ben Forton, du räudiger Schakal!“

Der Kerl riss seinen Colt aus dem Holster und schlug auf den weiß-bärtigen Mann ein.

Ben Forton sackte zusammen und wurde schlaff in den Armen der beiden Schläger.

Die Kerle lachten und sahen sich triumphierend um.

Die Einwohner von Silver Rock standen auf den Gehsteigen und sahen der Schlägerei schweigend zu. Niemand wagte sich näher heran, um dem alten Mann zu helfen. Auf den Gesichtern konnte man Ablehnung lesen – und Angst.

Der Rowdy rammte seinen Colt in das Holster und stieß mit dem Fuß gegen den Leib des zusammengesunkenen Mannes, dann stiefelte er auf den Saloon zu.

Vor den Schwingtüren drehte er sich noch einmal um und grinste zynisch.

„Damit ihr es alle wisst: Silver Rock kann sich nach einem neuen Blacksmith umsehen. Die Schmiede ist vorläufig geschlossen.“

Für einen Augenblick blieb der Blick des Schlägers auf dem Reiter haften, der sich langsam von Westen her näherte.

Aber der Braune und der Reiter sahen so heruntergekommen aus, dass es der Schläger für unwichtig hielt, sich länger mit dem Fremden zu befassen.

Tom Delaware zügelte sein müdes Pferd vor dem Mietstall. Aber er stieg nicht aus dem Sattel. Er überlegte sich noch, ob es nicht besser wäre, einfach weiterzureiten.

Silver Rock, das fühlte er instinktiv, war ein unruhiges Nest. Und Tom Delaware wollte in Ruhe gelassen werden, so wie er andere Leute auch in Ruhe ließ. Er wollte jedem Ärger nach Möglichkeit aus dem Weg gehen.

Er sah zu, wie der Schläger die Schwingtüren aufstieß und den Saloon betreten wollte. Er kam jedoch nicht weiter.

Der alte Mann im Staub der Straße richtete sich knurrend auf. Jetzt erkannte Tom Delaware, dass der mächtige Fäuste hatte, und dass er jünger sein musste, als er zuerst geglaubt hatte.

Der wilde Bart und das hellgraue Haar waren arg zerzaust, und seine mit schwarzen Brandstellen bedeckte Lederschürze war ihm halb vom Körper gerissen worden.

Kein Zweifel, das war der Schmied von Silver Rock.

Ben Forton musste den Schlag auf den Hinterkopf schnell verdaut haben. Als er sich aufrichtete, taumelte er nicht mal.

Das vorher eingetretene Gemurmel der Zuschauer, die sich ängstlich an die Häuserwände drückten, verstummte wieder.

„Shatter!“, knurrte Ben Forton grollend.

Der Schläger, der gerade den Saloon betreten wollte, drehte sich ganz langsam um.

Für einen Augenblick fiel ein Sonnenstrahl in sein Gesicht, und Tom erkannte darin die zynische Grimasse und das hasserfüllte Grinsen eines Berufskillers.

Mit einem Blick bemerkte Tom, dass der Blacksmith nicht mal einen Waffengurt umgeschnallt hatte.

Shatter zog seinen Colt aus dem Holster.

„Hast du immer noch nicht genug, Forton? Du kannst mehr haben, wenn du willst. Und da der Undertaker arbeitslos wird, schicke ich dich noch mal in den Dreck – aber für immer. Begriffen?“

Tom legte die Hände auf den Sattelknopf, beugte sich nach vorn und schüttelte unwillig den Kopf.

Auch der andere Kerl näherte sich dem Schmied wieder lauernd wie ein Puma. Es war klar, dass sie Forton erneut von zwei Seiten bearbeiten wollten.

Weit spreizte Ben Forton die Beine und ruderte mit den mächtigen Armen durch die Luft. Er wollte sich Bewegung verschaffen und die Blutzirkulation wieder in Gang setzen.

Sein Auge war klar wie das eines Raubtieres. Er passte genau den Zeitpunkt ab, wo ihn der zweite Schläger anspringen wollte.

Mit seiner gewaltigen Faust schlug Ben Forton zu. Der Mann wurde schwer am Kinn getroffen und segelte vier Yards durch die Luft. Als er zu Boden fiel, wirbelte eine Staubwolke auf, und erst als sie sich wieder senkte, sah man, dass der Mann besinnungslos am Boden lag.

Auf dem Gesicht Shatters malte sich das Erstaunen ab. Ungläubig starrte er Forton an und dann seinen Komplicen, der sich immer noch nicht rührte.

„Die harte Tour war anscheinend immer noch nicht hart genug“, knurrte er giftig, holte aus und wollte Forton den Kolben seiner Waffe ins Gesicht schlagen.

Geschickt wich der Schmied aus, aber zu spät bemerkte er, dass sich ein dritter Schläger hinzugesellt hatte. Auch Tom Delaware sah den Mann erst jetzt. Er war klein und drahtig und erinnerte ihn an einen Fuchs.

Dieser Mann ließ einfach sein Bein stehen, über das Ben Forton stolperte und sein Gleichgewicht verlor.

Wieder fiel er in den Staub der Straße. Und diesmal warfen sich Shatter und der Kleine, Drahtige über ihn und schlugen auf ihn ein.

Die Schläge klatschten bis in den letzten Winkel von Silver Rock. Aber es gab niemanden, der dem alten Forton zur Hilfe geeilt wäre.

Tom Delaware drängte sein Pferd näher an die Rails.

„He!“, rief er einem älteren Mann zu, der sich nervös mit der Zunge über die Lippen fuhr und mit den Händen die Kordel an seinem ausgeblichenen Hemd zerpflückte. „Was ist dies für eine Stadt, wo man nicht mal in der Mittagszeit Ruhe findet?“

Der Mann starrte Tom misstrauisch an, wandte sich ab und drängte sich durch die Umstehenden davon.

Kopfschüttelnd glitt Tom Delaware aus dem Sattel. Er sah kurz die Gehsteige entlang, wo sich die Männer ängstlich an die Häuserwände drückten, ohne einen Finger zu rühren.

Er hatte nie Streit gesucht, aber er konnte einfach nicht mitansehen, wie drei brutale Kerle einen Mann zusammenschlugen, der nicht mal eine Waffe trug.

Tom war hergekommen, um in aller Ruhe und in Frieden einen Whisky durch seine raue Kehle rinnen zu lassen und ein halbtellergroßes Steak zwischen die Zähne zu schieben und seinen knurrenden Magen zu beruhigen.

Tom sah das Schild über der Schwingtür. Die Farbe blätterte bereits ab, aber noch deutlich stand darauf zu lesen, dass sich dort der „Golden Nugget“ befand, und dass es darin Drinks und Steaks gab.

Um hineinzukommen, musste Tom nur an dem wirren Knäuel von Armen und Beinen vorbei. Der Mann, den Forton mit einem Schlag von den Beinen geholt hatte, war auch wieder zu sich gekommen und beteiligte sich nun daran, Ben Forton völlig fertigzumachen.

Langsam ging Tom Delaware auf die sich am Boden wälzenden Männer zu. Der Staub kitzelte in seiner Nase.

Er sah, wie Ben Forton sich immer noch mit Armen und Beinen wehrte, aber seine Lage wurde immer schlimmer.

Entschlossen griff Tom Delaware nach der erstbesten Schulter eines der Schläger und grub seine Hände ins Flanellhemd.

Überrascht richtete sich der Mann auf. In seinen Augen stand ein großes Erstaunen, als er über die Schulter sah und in ein ausdrucksloses, hageres Gesicht blickte. Er sah in kühle, graue Augen und bemerkte auch die Bartstoppeln am Kinn des Fremden.

„Was, zum Teufel …“

„Was soll das hier?“, unterbrach ihn Tom ganz ruhig. „Solche Schlägerei kann böse enden. Schließlich wird noch jemand ernsthaft verletzt, und möglicherweise könnten Sie es sogar sein, der im Staub liegen bleibt.“

Die Augen des Schlägers schlossen sich zuerst zu schmalen Schlitzen, dann öffneten sie sich unnatürlich weit. Er schnappte nach Luft und schien sich zu fragen, ob dieser Fremde noch alle Sinne beisammen hatte.

Doch im nächsten Augenblick riss er die Fäuste hoch, um sie in den Leib des Fremden zu rammen.

Tom Delaware sah die Gefahr kommen. Er machte einen Schritt zur Seite und schien plötzlich zu explodieren. Seine linke Faust schoss vor, streifte das Kinn des Mannes, dann folgte die Rechte mit voller Wucht in die Magengrube.

Ein tiefes Stöhnen entrang sich der Brust des Mannes. Zum zweiten Mal verlor er die Besinnung und wurde in den Staub der Straße geschleudert, wo er regungslos liegenblieb.

Shatter hatte aus den Augenwinkeln bemerkt, dass sie einen zweiten Gegner erhalten hatten. Als er nun seinen Komplicen durch die Luft segeln sah, sprang er auf, ließ von Forton ab, und riss seinen Colt hoch.

Die Zuschauer in Silver Rock glaubten schon das Peitschen des Schusses zu hören und den Fremden lang ausgestreckt auf der Straße liegen zu sehen.

Stattdessen geschah etwas ganz anderes.

Shatter hielt bereits den Zeigefinger am Abzug, als er sich plötzlich am Arm gepackt fühlte und den Boden unter den Füßen verlor. Dann sah er für einen Moment direkt in die grelle Sonne und wunderte sich, warum er ein solch merkwürdiges Gefühl im Magen verspürte.

Im nächsten Moment klatschte er in den Staub und blieb benommen liegen. Er regte sich erst wieder, als er Hände an seinem Körper verspürte, die sich an seinem Waffengut zu schaffen machten. Seine Rechte klatschte zum Holster, aber zu seiner Verblüffung gab es kein Holster mehr und auch keinen Colt, der diesen Fremden ein für allemal zur Vernunft gebracht haben könnte.

Stattdessen stand der Fremde mit gespreizten Beinen über ihm, den Waffengurt lässig über die Schulter gehängt und freundlich grinsend.

„Stehen Sie auf, Mister“, sagte Tom ruhig. „Sie haben Ihren Spaß gehabt. Ihr Schießeisen können Sie sich aus dem Sheriff-Office abholen, wenn Sie Ihren Rausch ausgeschlafen haben.“

Shatter sah mit verwirrten Blicken um sich. Da lagen zwei Männer in der Mitte der Mainstreet. Aber Ben Forton war nicht dabei. Der Schmied lehnte erschöpft am Haltebalken vor dem Saloon und wischte sich mit einem karierten Tuch das Blut aus dem Gesicht. Und über der Schulter des Fremden hing nicht nur ein Waffengurt, sondern gleich drei.

Die Sporen an den kurzen Mexicanstiefeln des Fremden klirrten leise, als er sich dem Gehsteig näherte und auf den Saloon zuging.

Shatter stemmte sich wütend auf die Beine.

„He, Mister! Sie glauben wohl, sie sind clever, he? Irrtum! Wir werden uns wieder begegnen, und dann werden Sie merken, dass Sie den größten Fehler Ihres Lebens machten. Auf Boothill ist noch ein Platz frei für Sie.“

Wütend klopfte Shatter den Staub von seinem Hut und schoss Tom vernichtende Blicke nach. Auch die anderen beiden Galgenvögel erhoben sich und fluchten hinter dem Fremden her.

„Du solltest lieber in den Sattel steigen und deinen Ritt fortsetzen“, zischte der kleine Drahtige giftig, „solange du noch in einem Stück bist.“

Tom Delaware antwortete nicht. Aber er hörte die Drohung in den Flüchen der Schläger wohl heraus. Er wusste, dass er sich durch sein Eingreifen in den ungleichen Kampf böses Blut geschaffen hatte.

Er ging hinüber zu dem Blacksmith und legte dem bärtigen Forton die Hand auf die Schulter.

„Wieder okay, Mister?“

Der Schmied ließ sein verschmiertes Taschentuch verschwinden und zauberte ein dankbares Grinsen in sein geschundenes Gesicht. Sein rechtes Auge war geschwollen. Quer über seine linke Wange zog sich eine blutige Strieme, und selbst sein zerzauster Bart war blutgetränkt.

Aber seine Augen leuchteten Tom Delaware dankbar entgegen.

„Ich glaube, ich muss mich bei Ihnen bedanken, Mister. Allein hätte ich es nicht geschafft. Ich bin Ben Forton, der Schmied hier in Silver Rock.“

„Delaware“, sagte Tom, die Pranke des riesigen Forton ergreifend. „Tom Delaware. Schätze, Sie hätten mich auch aus der Patsche geholt, wenn ich drin gesessen hätte. Außerdem hätte ich jedem anderen geholfen gegen diese Rowdys. Eines verstehe ich nicht, Forton. Wie konnte es soweit kommen? Gibt es keinen Sheriff in Silver Rock?“

Ben Forton stieß ein raues Lachen aus und spuckte auf den Boden.

„Sie haben bereits mit seinen Deputys Bekanntschaft geschlossen, Delaware. Die beiden Halunken, die mich zuerst angegriffen haben, sind vom Sheriff vereidigt worden.“

Eine steile Falte erschien auf Toms Stirn. Überrascht hielt er den Atem an und sah die Main Street hinunter, wo die drei Männer gerade unten beim Hotel in ihre Sättel stiegen und langsam aus der Stadt ritten.

Die meisten Bürger hatten sich mittlerweile in ihre Häuser verkrochen, und langsam nahm Silver Rock jenes Bild an, das sich Tom oben in den Hügeln vorgestellt hatte.

Die Main Street der kleinen Town war einsam und verlassen – außer den beiden Männern, die vor den Rails am Saloon standen und miteinander Freundschaft schlossen.

„Deputys“, sagte Tom, und plötzlich nahm dieses Gefühl von ihm Besitz, das ihn immer überfiel, wenn irgendwo Ärger auf ihn zukam.

Eigentlich wurde es jetzt Zeit für ihn, Shatters Rat anzunehmen, in den Sattel zu steigen und so lange zu reiten, bis er die nächste Stadt aus den Hügeln auftauchen sah. Dort konnte er vielleicht in aller Ruhe seinen Whisky trinken und sein Steak verdrücken – vielleicht.

Verdammt, sagte sich Tom Delaware, man kann nicht immer nur davonlaufen und jedem Ärger aus dem Wege gehen.

Sein Blick kehrte zu Ben Forton zurück. Der Schmied sah nicht so aus, als würde er jetzt ebenfalls die Stadt verlassen, um sich irgendwo zu verkriechen.

„Wir haben wohl einen Sheriff“, sagte Forton leise und strich seinen Bart einigermaßen glatt. „Aber was für einen.“

Wieder spuckte der Schmied aus, und Tom kam es so vor, als würde der Schmied diesen Sheriff verächtlich anspucken.

„Er wird nicht erbaut sein, davon zu hören, was Sie für mich getan haben, Delaware. Wenn Sie länger in Silver Rock bleiben, werden Sie herausfinden, dass es verdammt ungesund ist, mit mir befreundet zu sein. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, mein Sohn, dann steigen Sie in den Sattel und reiten Sie, bis Sie die Berge hinter sich haben.“

Tom grinste.

„Kann sein, dass ich bald weiterreite, Forton. Aber ich glaube kaum, dass ich noch eine Minute länger ohne Essen und Trinken auskomme. Außerdem muss mein Brauner besohlt werden. Hat draußen einen Schuh verloren. Können Sie das für mich besorgen, Forton?“

Der Schmied streckte Tom impulsiv die Hand hin.

„Kommen Sie in einer Stunde wieder. Bis dahin habe ich Ihr Pferd fertig, Delaware. Und es soll Sie keinen Dime kosten.“

„Gut. Diese drei Waffengurte lasse ich hier liegen. Kann sich der Sheriff abholen, wenn er will.“

Forton ging hinüber zu Toms Pferd und führte es quer über die Straße auf die Schmiede zu. Tom sah ihm nach.

Er begann sich zu wundern. Forton hatte mit keinem Wort den Grund der ungleichen Schlägerei erwähnt. Tom Delaware war es gewohnt, keine Fragen zu stellen, wie er es wünschte, dass man ihn nicht mit Fragen belästigte. Wenn jemand sprechen wollte, musste er es von sich aus tun.

Tom blieb noch einen Moment vor dem Gehsteig stehen und sah sich die Stadt an.

Sie ähnelte in jeder Weise anderen Städten in Arizona, New Mexico und Texas, durch die Tom schon geritten war.

Weiter unten befand sich die Union Bank, daneben die Poststation. Weiter oben lag das City Hotel, schräg gegenüber das Sheriff-Office mit dem angeschlossenen Jail.

Dort, wo sich die Main Street und die South Street kreuzten, lag ein freier Platz. Eine kleine Holzkirche schien der ganze Stolz der kleinen Stadt zu sein. Gleich daneben lag die Schule von Silver Rock.

Eine Stadt wie jede andere.

Und doch lag eine seltsame Atmosphäre in der Luft, die selbst von den heißen Sonnenstrahlen nicht fortgewischt werden konnte, auch nicht von der trockenen Brise, die von Süden her aus den Bergen kam und den Geruch der verbrannten Savanne mit sich führte.

Als Tom Delaware seinen Hut in den Nacken schob und sich den mit Staub vermischten Schweiß aus der Stirn rieb, entdeckte er, dass auf verschiedenen Schildern über den Gehsteigen der gleiche Name stand: Shane Warner.

Eigentümer: Shane Warner.

Tom drehte sich auf dem Absatz und sah auf das verwitterte Schild über dem „Golden Nugget“.

Eigentümer: Shane Warner

Scheint mächtig herumzukommen, dieser Shane Warner, dachte er.

Aber der Besitzer interessierte ihn nicht. Die Hauptsache war, dieser Shane Warner führte einen guten Whisky und verstand es, ein großes Steak nach Toms Geschmack zu braten.