Science Fiction Dreierband 3028 - Drei Romane in einem Band - W. W. Shols - E-Book

Science Fiction Dreierband 3028 - Drei Romane in einem Band E-Book

W.W. Shols

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieser Band enthält folgende SF-Romane: Warnung aus dem Hyperraum (W.W.Shols) Die Ausgrabung New Yorks (Hendrk M. Bekker) Verlorener Posten Domora (Stefan Hensch) Mick Conar ist als Infanterist auf Domora stationiert. Der Planet scheint strategisch unwichtig zu sein, doch eines Nachts reißt ihn ein Alarm aus dem Schlaf. Der Planet wird angegriffen, und der Feind scheint übermächtig zu sein. Die Einheit von Conar wird losgeschickt, um ein strategisch wichtiges Areal zu bewachen, doch dann schlägt das Unheil zu. Der erfahrene Fernspäher muss alles geben, um sein nacktes Leben zu retten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 242

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



W.W.Shols, Hendrik M. Bekker, Stefan Hensch

UUID: df3edaf7-4725-4fe4-90af-5b522a514fa0
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Science Fiction Dreierband 3028 - Drei Romane in einem Band

Copyright

​Warnung aus dem Hyperraum

Die Ausgrabung New Yorks

Verlorener Posten Domora

Science Fiction Dreierband 3028 - Drei Romane in einem Band

W.W.Shols, Hendrik M. Bekker, Stefan Hensch

Dieser Band enthält folgende SF-Romane:

Warnung aus dem Hyperraum (W.W.Shols)

Die Ausgrabung New Yorks (Hendrk M. Bekker)

Verlorener Posten Domora (Stefan Hensch)

Mick Conar ist als Infanterist auf Domora stationiert. Der Planet scheint strategisch unwichtig zu sein, doch eines Nachts reißt ihn ein Alarm aus dem Schlaf. Der Planet wird angegriffen, und der Feind scheint übermächtig zu sein. Die Einheit von Conar wird losgeschickt, um ein strategisch wichtiges Areal zu bewachen, doch dann schlägt das Unheil zu. Der erfahrene Fernspäher muss alles geben, um sein nacktes Leben zu retten.

Copyright

COVER A.PANADERO

Ein CassiopeiaPress Buch: ALFREDBOOKS, CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

​Warnung aus dem Hyperraum

von W. W. SHOLS

Vorwort

Auszug aus den Annalen des ‚Keth-Darg’: Das entscheidende Ereignis der Barnettschen Aera war zweifellos der Galaktische Krieg zwischen den Menschen und den kugelförmigen Prokas. Er dauerte 920 Jahre nach tellurischer Zeitrechnung, und zwar von 12 348 bis 13 268. Das Zeitalter wurde nach dem Menschen ‚Perry Barnett’ benannt, dessen Vermittlung es allein zu verdanken war, daß im Jahre 13 267 Friedensverhandlungen zwischen den Prokas und den Menschen aufgenommen werden konnten. Der Friede von Poldini II wurde 13 268 unterzeichnet und trat mit sofortiger Wirkung in Kraft.

Doch die Milchstraße war zu groß, als daß überall die Waffen sofort geschwiegen hatten. Insbesondere die Hilfsvölker der Prokas, die über viele Generationen hinweg nichts als den Krieg kannten, hatten Mühe, sich in die neue, friedliche Ordnung einzufügen.

Einer der markantesten Rechtsbrüche war der Überfall der Tesdronen auf das System ‚Mistral’.

*

Im Jahre 13 271 hatte die Erde die erste Etappe eines geradezu hektischen Wiederaufbaus hinter sich. Die meisten Menschen wohnten zwar noch immer in den unterirdischen Höhlensystemen, doch an der Oberfläche war inzwischen wieder eine gesunde Atmosphäre entstanden, und die Vegetation hatte weite grüne Landstriche geboren. Etwa zweihundert neue Städte waren im Bau, und vor allem: die Raumfahrtstationen mit ihren Startfeldern, Radarstationen und Schiffs-Hangars brauchten sich nicht mehr tief in der Erde zu verstecken.

Es war Frieden! –

Marshall Skeen stand versonnen am Fenster seines Dienstraumes, von dem aus er einen weiten Blick über die Ebene hatte. Im Vordergrund erstreckte sich das glatte Betonfeld mit mehr als einem Dutzend Startrampen für die Raumschiffe. Doch schon nach zwei Kilometern begann der junge Grünstreifen, der sich erst in den fernen Hügeln verlor.

Skeen sah auf die Uhr. Captain Barnett hatte seine Ankunft für 12 Uhr 30 gemeldet. Bis dahin waren noch zehn Minuten Zeit.

Drei Stockwerke tiefer nahm ein Funker im selben Augenblick einen weiteren Spruch auf und bestätigte die Landeerlaubnis für das Raumschiff ‚CORA’. Kurz darauf senkte sich ein feuriger. Strahl aus den Wolken herab. Im Büro Skeens meldete sich ein Lautsprecher: „Die ‚CORA’ ist gelandet, Sir!“

„Danke!“ sagte der Marshall.

Er zog sich vom Fenster zurück und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. Barnett brauchte nicht zu sehen, daß er bereits mit ungebührlicher Nervosität erwartet worden war.

Als der Captain eintrat, machte sein Vorgesetzter zwischen Bergen von Akten den Eindruck, als habe er den ganzen Vormittag noch keine Gelegenheit gehabt, den Rücken gerade zu machen.

„Guten Tag, Sir! Ich melde mich mit voller Besatzung zur Stelle.“

„Guten Tag, Captain!“ Skeen drückte die Stoptaste seines Diktierroboters und hob den Kopf. Dann reichte er seinem Gast die Hand und gönnte ihm ein kurzes, privates Lächeln. „Die Flitterwochen gut überstanden, Barnett?“

„Seit einem Jahr, Sir! Es war bereits mein zweiter Urlaub mit Cora.“

„Ach ja. Ich erinnere mich …“ Skeens Blick fiel auf ein Bildtelegramm von der Venus, das Barnett und Cora ihm vor vier Wochen als Urlaubsgruß geschickt hatten, und das jetzt einen Ehrenplatz an der Wand einnahm. „War es schön?“

Barnett folgte einem stummen Wink und setzte sich.

„Das typische Venuswetter, Marshall. Und es war so schön, daß meine Frau meinte, wir hätten noch eine Woche länger bleiben sollen.“

„Schieben Sie nicht Ihre Frau vor!“ drohte Skeen mit einem Gesicht, dem man nicht ansah, ob er diese Bemerkung im Scherz meinte. „Ich denke, Sie führen Buch über die Ihnen zustehende Freizeit und werden mir noch früh genug vorrechnen, daß Sie noch eine Woche gut haben. Es ist keine Schikane, wenn ich Sie vorzeitig zurückrief …“

„Es brennt wieder irgendwo?“

Skeen zuckte mit der Schulter. „Wir wissen noch nichts. Zur Zeit bin ich nur besorgt. Dr. Preem meldet sich nicht mehr.“

„Wer ist Dr. Preem?“

„Dr. Preem ist beauftragt, Handelsgespräche auf Mistral zu führen. Sie wissen, daß das System ziemlich abseits vom großen Krieg gelegen hat und sich Generationen hindurch verlustlos halten konnte. Die friedliche Entwicklung muß dort etwas hervorgebracht haben, das für unseren Wiederaufbau von Nutzen sein kann. Die Expedition hatte den Auftrag, alle drei Tage per Hyperraumspruch Bericht zu erstatten. Seit mehr als einer Woche aber hat sich Preem nicht mehr gemeldet. Heute ist der dritte Bericht fällig. Wenn der nicht erfolgt, wird jemand nachsehen müssen.“

„Jemand?“

„Um es genauer zu sagen, Captain Perry Barnett. Das System Mistral liegt im Sektor sieben H-c. Entfernung von Sol etwa zweitausenddreihundert Lichtjahre. Sie können gleich einmal mitkommen, Captain, damit ich Ihnen das neue Raumschiff zeige.“

„Was für ein neues Raumschiff, Sir? Wollen Sie mir etwa die ‚CORA’ wegnehmen?“

„Bin ich ein Bandit? Die ‚CORA’ ist Ihr Eigentum. Solange Sie aber in staatlichem Auftrag fahren, stehen Ihnen auch staatliche Maschinen zur Verfügung.“

„Verzeihung, Marshall! Läßt sich da keine Ausnahme machen? Sie wissen, daß ich auf die Beteigeuze-Klasse schwöre. Und ich bin mit der ‚CORA’ verwachsen …“

„Die ‚CORA’ ist ein lahmer Schlitten gegen die neue ‚SKY-MASTER’-Klasse.“

„Ich will Ihnen nicht widersprechen, gebe aber zu bedenken, daß es ein Wagnis ist, mit einer neuen Maschine, auf die man nicht eingefahren ist, sofort zu einer größeren Expedition zu starten.“

„Ich habe Sie selten so bescheiden erlebt, Captain. Wollen Sie Ihre Qualitäten in Frage stellen? Und meinen Sie nicht, daß Sie sich auf einer solchen Strecke recht schnell an die ‚SKY-MASTER’-Klasse gewöhnen würden?“

Perry Barnett sah zum Fenster hinaus und zögerte mit der Antwort. Schließlich sagte er: „Ich bitte um Ihre Befehle, Marshall!“

Diese plötzliche Subordination kam für Skeen zu überraschend, als daß er sie für Barnetts ehrliche Meinung halten konnte. Er schwankte einen Augenblick, ob er von seiner dienstlichen Gewalt Gebrauch machen sollte oder nicht.

„Sie sind ein Dickkopf“, brummte Skeen schließlich. „Aber wenn ich Sie mit der ‚CORA’ fliegen lasse, sind Sie zum Erfolg verpflichtet, ganz gleich, ob die Aufgabe lösbar ist oder nicht.“

Barnett kümmerte sich nicht um Skeens Redensart, mit der er sozusagen die Verrichtung von Wundern verlangte. Ihm kam es darauf an, sein eigenes Schiff zu benutzen, das keineswegs so veraltet war, wie der Marshall es darzustellen beliebte. Und außerdem ging er kein finanzielles Risiko dabei ein. Er bekam alle Auslagen und Unkosten ersetzt, jede Art notwendiger Energie gratis und war schließlich derart versichert, daß er sich bei einem eventuellen Verlust des Schiffes ohne jeden Kreditanspruch ein neues würde kaufen können.

„Darf ich jetzt um Einzelheiten bitten, Sir?“ fragte Barnett kurz.

Skeen nahm einen Stapel Akten, Tonbänder und gedruckte Broschüren aus seinem Schreibtisch.

„Nehmen Sie dies mit, Captain! Sie haben acht Tage Zeit, den Inhalt dieser Unterlagen zu studieren. Hier sind die Angaben über das System Mistral. Das Tonband enthält Aufnahmen unserer letzten Konferenzen mit Dr. Preem. Die Akten enthalten ausführliche Angaben über das Thema sowie die letzten Funksprüche, die wir mit der Expedition ausgetauscht haben.“

„Okay! Das erspart uns eine lange Konferenz.“

„Eben!“ nickte Skeen.

„Sie müssen alles vorbereiten. Wir warten bis achtzehn Uhr. Wenn bis zu dem Zeitpunkt keine Nachricht aus 7 H-c vorliegt, müssen Sie sofort startklar sein! Grüßen Sie Cora von mir! Sie soll mir nicht böse sein, wenn sie für ein paar Wochen getrennten Haushalt führen muß …“

„Getrennten Haushalt …?“

*

Perry Barnett hatte nicht darauf bestanden, auf die letzte Frage eine Antwort zu erhalten. Seit er Cora geheiratet hatte und der große Galaktische Krieg beendet war, hatte sich manches geändert. Für Augenblicke schweifte seine Erinnerung zurück. Damals in dem letzten Kriegsjahr hatte er gleich zwei Coras als Begleiter gehabt. Einmal die Frau, die er liebte – und das Schiff, das ihren Namen trug. Es war eine aufregende Zeit gewesen. In jeder Hinsicht.

Dann war der Friede von Poldini II gekommen. Die Menschen und die seltsamen, kugelförmig gebauten Prokas – eine Rasse von hoher Intelligenz – hatten nach 920 Jahren plötzlich Gelegenheit bekommen, über die Sinnlosigkeit ihrer gegenseitigen Vernichtung nachzudenken und zu verhandeln. Und bald darauf hatte die Vernunft gesiegt.

Es war Frieden in der Galaxis.

Er war etwas vollkommen Neues, an das man sich erst gewöhnen mußte.

Es war gegen achtzehn Uhr, als Barnett mit derartigen Gedanken die Offiziersmesse seines Raumschiffes betrat.

„Du bist nicht der einzige, der sich nur langsam an den Frieden gewöhnen kann“, sagte Iks-Wol-Esak, der auf einem Hocker saß und in einer terranischen Illustrierten blätterte. Der kugelförmige Proka besaß telepathische Fähigkeiten. Die Menschen auf der ‚CORA’ hatten sich inzwischen an diesen etwas indiskreten Sinn der einstmals gegnerischen Rasse gewöhnt.

„Hast du vielleicht auch Schwierigkeiten?“ fragte Barnett.

Der prokaskische Wissenschaftler schüttelte den mittleren seiner drei Arme. „Absolut nicht, Perry. Ich bin intelligent genug, um auch im Frieden meine Beschäftigung zu finden. Ich denke mehr an die Primitiven. Es wäre nicht unwahrscheinlich, daß Preem mit seiner Expedition irgendeiner wilden Armee in die Finger gefallen ist.“

„Unsinn! Die Bewohner von Mistral sind Menschen, auch wenn sie mehrere Jahrhunderte lang fast isoliert gelebt haben …“

„Es müssen nicht unbedingt die Mistralesen gewesen sein, die Preem in den Weg kamen. Auf einer Strecke von über zweitausend Lichtjahren kann sich manche Begegnung ereignen.“

Wieder schüttelte Barnett den Kopf. „Da du inzwischen Illustrierte liest, nehme ich an, daß du die Unterlagen von Skeen bereits durchgearbeitet hast. Demnach solltest du wissen, daß Dr. Preems Schiff bereits aus dem Hyperraum heraus war, als er seine letzte Meldung absetzte.“

„Was bedeutet das schon? Hatte er das System Mistral bereits ausgemacht? – Nein. Er verließ den Hyperraum, gut. Doch bevor er seine Position neu festlegen konnte, riß die Verbindung mit der Erde endgültig ab. Wir haben keine Beweise dafür, daß er sein Ziel ordnungsgemäß erreichte.“

„Du bist ein typischer Pessimist, lks. Noch hat Skeen den Startbefehl nicht erteilt …“

„Natürlich“, erklärte der Proka unwillig. „Du denkst immer noch, daß Dr. Preem sich im letzten Augenblick melden könnte.“

„Wir wollen uns nicht streiten“, wehrte Barnett ab und warf einen Blick auf die Uhr. „In zwei Minuten ist die Frist verstrichen.“

Da schaltete sich auf Grund eines Sendeimpulses der Empfänger des Visifons ein. Auf dem Bildschirm tauchte Skeens Kopf auf.

„Keine Meldung von Dr. Preem, Barnett. Sie starten, wie vereinbart, in zehn Minuten. Maschinen und Besatzung klar?“

„Alles klar, Sir!“

„Hals- und Beinbruch, Captain. Ich erwarte Sie in vier Wochen zurück. Ende!“

Die Bildverbindung brach ab.

Es war alles vorbereitet. In Barnetts Bewegungen lag keinerlei Hast.

„Komm, Iks!“ sagte er und verließ mit seinen langen, ausgreifenden Schritten die Offiziersmesse. Er ging wie ein Mann, für den alles klar war. Aber der Telepath spürte einen besorgten Gedanken an die Frau Cora, die Barnett zurücklassen mußte. – Nur sprach er nicht davon.

In der Kommandozentrale war die Mannschaft versammelt.

Sie war eine Gemeinschaft, die der große Galaktische Krieg selbst geschmiedet hatte.

Barnett brauchte fünf Sekunden, um die Gesichter dieser Männer zu streifen und zu erkennen, daß sie so waren, wie er sie sich wünschte.

Lisman, der Erste Offizier; Praxlomza, der Kopilot; Perkins, der Maschinist; Lavista, sein Assistent und vielleicht der schwierigste Charakter an Bord; Dr. Forry Bannister, Bordarzt und Funker. Und nicht zuletzt Iks-Wol-Esak und Nam-Legak, die beiden prokaskischen Wissenschaftler, die noch vor vier Jahren erbitterte Gegner der Menschen waren, heute aber zu Perry Barnetts zuverlässigsten Freunden zählten.

Die Körperform der Prokas ist am besten und knappsten mit dem Ausdruck „rund“ zu beschreiben. Sobald sie ihre drei langen, viergelenkigen Arme eng anlegen, wirken sie wie eine Kugel, denn der Träger ihrer Seh-, Geruchs- und Hörorgane ist lediglich eine kräftige Ausbuchtung oberhalb des Körpers, nicht aber als Kopf im Sinne unserer Vorstellung zu bezeichnen. Gehirn und Mund liegen etwas tiefer. Etwa dort, wo man den Hals vermuten müßte, wenn sie einen besäßen.

Die Prokas sind klein. Trotz ihrer scheinbar plumpen Form sind sie äußerst beweglich. Und das, obwohl sie keine Beine besitzen. Zum Laufen und Springen benutzen sie einfach ihre Arme, indem sie sie senkrecht nach unten richten. –

„Wir starten wie vorbereitet“, sagte Barnett. „Hat noch jemand eine Frage?“

„Die gleichen, die du hast“, erklärte Lisman trocken und nahm dann schweigend den Platz des Ersten Offiziers ein, den er im Dienst immer nur dann verließ, wenn er selbst das Kommando innehatte. Diesmal aber flog Barnett persönlich.

Die Besatzung war auf voller Kriegswache, bis sie im Hyperraum verschwand und für die zurückbleibende Erde unsichtbar wurde.

*

Acht Tage danach.

Das Raumschiff ‚CORA’ kehrte aus dem Hyperraum zurück.

„Robotbesteck!“ rief Barnett laut. Praxlomza hatte die Hand jedoch schon Sekunden früher erhoben, um den Kartografenteil des Elektronengehirns anlaufen zu lassen. Es hatte ja kein anderer Befehl kommen können. Sobald ein Raumschiff aus dem Hyperraum zurückkehrt, ist es immer am wichtigsten zu erfahren, ob der vorberechnete Transitionspunkt auch gewiß erreicht wurde. Und heute bewegte diese Frage die Männer besonders stark. Denn die Gerüchte und Gedanken um das Schicksal der Preem-Expedition begannen ja mit dem Verdacht, daß das andere Schiff an dieser Stelle wahrscheinlich Schwierigkeiten gehabt hatte.

Noch bevor der Elektronenrobot die gewünschten Daten auswarf, wußte plötzlich jeder im Schiff, daß ihre Befürchtungen durchaus begründet gewesen waren. Die automatische Alarmanlage setzte unmittelbar nach Barnetts Kommando mit allen ihr zur Verfügung stehenden Reaktionen ein. Die Materiewarnanlage registrierte in der nahen Umgebung sechzehn kleine Körper. Im ersten Augenblick hatte es den Anschein, als sei die ‚CORA’ zwischen den Trümmern eines gesprengten Planeten materialisiert. Oder im Kernstück eines Asteroidenringes. Doch an diesem galaktischen Ort gab es laut Karte weder Kleinplaneten, noch große, die irgend jemand hätte zerschießen können … Es sei denn, die Transition hatte nicht ordnungsgemäß an dem Punkt stattgefunden, für den man sie berechnet hatte.

Alle Mitglieder der Besatzung waren derart geschult und erfahren, daß sich solche Gedankengänge automatisch jedem aufzwangen. Irgend etwas stimmte nicht, und sofort prüfte man routinemäßig alle Möglichkeiten, die zu einer Erklärung dieses Widerspruches geeignet waren.

Schulung und Erfahrung sorgten aber gleichzeitig dafür, daß man trotz aller theoretischen Verdachtsmomente die Warngeräte aufmerksam im Auge behielt. Die Technik war in solchen Augenblicken der Unsicherheit das zuverlässigste Mittel.

Die erste vernünftige Zielansprache gab Iks-Wol-Esak.

„Es sind Raumschiffe! Die Transition dürfte fehlerlos gewesen sein. Genau wie bei der Preem-Expedition. Wir müssen uns jetzt nur anders verhalten, als es Dr. Preem tat.“

„Dann verraten Sie uns bitte, wie sich Preem verhielt“, sagte Lisman herausfordernd. „Bisher konnte uns das nämlich noch niemand sagen.“

„Er verhielt sich falsch und wurde offenbar vernichtet oder gekapert.“

„Sechzehn Raumschiffe sind durch ihre bloße Existenz kein Beweis dafür, daß sie uns vernichten wollen“, gab Dr. Bannister zu bedenken. „Man schießt nicht auf uns, und man greift uns auch nicht an …“

„Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse, Doc!“ warnte der Proka. „Wir befinden uns seit kaum einer viertel Minute in diesem Raumsektor. So schnell reagiert nicht einmal der intelligenteste Feind … Man braucht … Hallo, bitte! Was sagen Sie jetzt? Die sinnlose Anordnung formiert sich. Gib acht, Captain!“

Barnett hatte bereits geschaltet. Mit einem Knopfdruck brachte er die akustischen Warner zum Schweigen. Es genügten jetzt die optischen Anlagen der Radaranlage. Das dreidimensionale Bild hatte die Position aller sechzehn Schiffe erfaßt. Die Endstufe des E-Gehirns warf laufend die genauen Meßergebnisse über Entfernung, Größe und Bewegungsrichtung der unbekannten Flotte aus.

Sekunden später folgte das erste Ausweichmanöver. Es genügten drei Worte an Lisman und Praxlomza, um die Schubkräfte und den Antigravitator darauf vorzubereiten. Dann machte die „CORA“ einen „Satz“, innerhalb des Normalraumes, beschleunigte etwa mit 150 Gravos und machte dadurch eine erneute Zielbestimmung für den Gegner notwendig.

„Warum versuchst du eigentlich nicht, dich mit den Burschen zu verständigen?“ fragte Forry Bannister, der für seine sinnvollen Kompromisse bekannt war.

„Weil ich ihnen von vornherein nicht trauen kann. An dieser Stelle ist Dr. Preem verschwunden. Ich möchte kein Risiko eingehen. Wenn wir mit denen da verhandeln, werden sie uns wahrscheinlich ihre unverbrüchliche Freundschaft anbieten. Aber davon halte ich nicht viel, solange ich nicht weiß, wer sie sind.“

„Dann laufe ihnen nicht weg, sondern lasse sie so nahe herankommen, bis wir die Bauart ihrer Schiffe erkennen können.“

Barnett wandte sich achselzuckend dem Bordrobot zu und wechselte das Thema. „Bitte, Iks, sieh dir die Koordinaten an!“

„Schon gut“, machte dieser mit seiner schabenden Pseudo-Stimme. „Ich weiß längst, daß unser Hyperraumsprung fehlerlos war. Der Fixstern im Bugbildschirm ist Mistral, und seine Entfernung beträgt zehn Lichttage. Wenn die Schiffe eine mistralesische Besatzung haben, so müßten es Menschen sein …“

„Also rätst auch du dazu, mit ihnen in Verbindung zu treten?“ fragte Captain Barnett. „Du ignorierst das Schicksal der Preem-Expedition?“

„Wie kann ich etwas ignorieren, das ich nicht kenne? Unter Umständen hat man der ‚SKY-MASTER’-Besatzung nicht ein Haar gekrümmt.“

„An deinen Optimismus glaubst du doch selber nicht“, sagte Barnett ungehalten. „Auf Terra hält man die Menschen auf Mistral für friedfertige Kaufleute und Techniker. Aber vergiß nicht, daß sie ihr ganzes System jahrhundertelang aus dem Kriege heraushalten konnten. Es hat in letzter Zeit so gut wie keine Verbindung zwischen ihnen und uns gegeben. Wenn mir ein tellurischer Experte erklärt, die Mistralesen seien harmlose und humane Leute, so brauche ich das längst nicht als eine Offenbarung zu nehmen. Für uns gilt allein die Tatsache, daß Dr. Preem verschollen ist. Und das gibt mir Anlaß, zunächst das Schlimmste zu befürchten. So, und jetzt geht wieder auf eure Plätze! In zehn Sekunden folgt das nächste Ausweichmanöver.“

Barnett gab neue Befehle an Lisman und Praxlomza. Es war inzwischen dringend notwendig geworden, denn die Formation der unbekannten Schiffe wurde immer unmißverständlicher. Sie standen jetzt genau zehn Strich Backbord voraus in Keilform und näherten sich mit einem Viertel Lichtgeschwindigkeit.

Und dann eröffnete das Flaggschiff der Fremden das Feuer. Bevor sich die Energiestrahlen mit Lichtgeschwindigkeit an das Ziel heranfressen konnten, hatte die „CORA“ das geplante Ausweichmanöver ausgeführt.

„Dieses Kesseltreiben halten wir nicht lange durch“, stöhnte Lisman.

„Mach den Sender klar, Forry!“ befahl Barnett plötzlich. „Erst Vorspruch, dann Abstrahlung mit Frequenzstreuung …“

„Laß das“, sagte Iks-Wol-Esak und hob beschwörend seine drei Arme.

Barnett unterbrach sofort seine Anordnung an Dr. Bannister und wandte sich dem Kugelmann zu.

„Rede, Iks! Was willst du?“

„Gib dich nicht zu erkennen, bevor du nicht weißt, wer die anderen sind. Mach noch einen dreidimensionalen Sprung und überlasse das andere mir …!“

„Weshalb sollen wir unsere Identität verheimlichen? An der feindlichen Haltung der anderen ist sowieso nichts zu ändern. Und daß wir ein paar verrückt gewordene Mistralesen vor uns haben, dürfte kaum zu bezweifeln sein.“

„Du nimmst also ohne den geringsten Verdacht die Tatsache hin, daß man dich auf Terra über die hiesigen Verhältnisse falsch informiert hat?“

Barnett konnte seine Ungeduld nicht verbergen. „Keine Diskussionen jetzt, Iks! Ich richte mich nur nach den Tatsachen. Es kommt nur darauf an, daß jetzt richtig gehandelt wird …“

„Eben! Aber handelst du richtig?“

„Zum Teufel, schweig!“

„Hältst du es für vorteilhaft, wenn du jetzt deine Nerven verlierst? Ich wollte dir einen Vorschlag machen: Wir sollten meinen Teleporter nicht vergessen!“

„Bevor du einen Mann von uns auf eines der gegnerischen Schiffe teleportieren kannst, so brauchst du allein das Doppelte an Zeit für die Einrichtung“, widersprach Barnett. „Und dann ist mir die Entfernung zu riskant. Ich denke in der jetzigen ungünstigen Lage überhaupt nicht an einen Gegenangriff!“

„Dann werden wir eben nur mit der ersten Stufe arbeiten“, blieb der Proka hartnäckig. „Das genügt für eine Aufklärung, und wir wissen dann wenigstens, mit wem wir es zu tun haben.“

Perry Barnett zögerte kurz. „Du glaubst also nicht an die Mistralesen, Iks?“

„Ich glaube solange nicht, wie mir die Anhaltspunkte fehlen. Gib mir einen Mann mit! Am besten Nam-Legak.“

„Okay! Verschwindet! Aber ihr habt nicht mehr Zeit als fünf Minuten. Und wenn es die Lage erfordert, werde ich ohne Rücksicht auf eure Beobachtung manövrieren. Kommt also nicht auf die Idee, wirklich zu teleportieren! Ich verweigere euch jede Garantie für eine Rückkehrmöglichkeit.“

Die beiden Prokas verschwanden nach achtern.

Der von Iks-Wol-Esak erwähnte Teleporter war das Ergebnis seiner eigenen Weiterentwicklung aus verschiedenen prokaskischen Forschungen und Erkenntnissen. Obgleich er nur den Schlußpunkt unter eine geniale Entwicklung gesetzt hatte, galt er als der Erfinder des Teleporters. Es gab kurz nach dem Galaktischen Krieg kaum ein halbes Dutzend davon. Doch ein Gerät gehörte selbstverständlich zur Ausrüstung der „CORA“, solange sich die beiden prokaskischen Wissenschaftler an Bord befanden.

Um Iks-Wol-Esaks Plan, nur die erste Stufe arbeiten zu lassen, verstehen zu können, muß man sich kurz die prinzipielle Arbeitsweise des Teleporters vergegenwärtigen.

Die „Erste Stufe“ ist das, was es bereits vor Iks-Wol-Esaks genialer Erfindung gab. Man konnte bei den Prokas schon seit langem energetische Bilder eines beliebigen Gegenstandes oder auch Menschen in eine angemessene Entfernung schicken und dort naturgetreu wiedererstehen lassen. Das betroffene Intelligenzwesen existiert während des Teleportationsvorganges zweimal, nämlich am Start und am Ziel. Am Start nimmt es an Existenz immer mehr ab, am Ziel immer mehr zu. Bis es schließlich mit Beendigung des Vorganges nur noch am Ziel in voller konkreter Form vorhanden ist.

Das Phänomen der doppelten Existenz während des Teleportationsvorganges hat es möglich gemacht, das Gerät auch für Aufklärungszwecke einzusetzen. Denn der doppelt existente Mensch oder Proka fühlt sich in dieser Zeit natürlich an beiden Orten anwesend. Man kann also, wenn man sich auf die erste Stufe beschränkt, ungefährdet am Startort bleiben und dennoch den Zielort mit eigenen Augen erkennen. Im ersten Stadium ist die Sicht freilich noch sehr behindert, weil noch die notwendige Klarheit fehlt. Dennoch hilft in vielen Fällen auch schon die vage Erkennbarkeit der Dinge und läßt entscheidende Schlüsse zu.

Barnett konzentrierte sich ganz auf seine Geräte in der Kommandozentrale. Die Meldung aus dem Mittelschiff notierte er daher nur am Rande.

„Teleporter läuft, Captain!“

„Danke, Iks! Laßt euch von den Kugelmännern nicht ablenken. Hier liegt die Gefahr.“

Den letzten Satz hatte er leise gesprochen und mit der ganzen Faust auf den Heckbildschirm gezeigt, wo der Keil von sechzehn nicht endgültig definierbaren Punkten Stück um Stück näherrückte. Was war denn an diesen Punkten undefinierbar? – Alles, außer der Tatsache, daß es sich um Raumschiffe handelte.

„Sie schwenken auf unseren Kurs ein!“ stöhnte Praxlomza.

„Jetzt keine Kursänderung!“ kam Iks-Wol-Esaks Stimme aus dem Mittelschiff. „Ich bin visuell am Gegner! Es handelt sich um Kugelschiffe nach prokaskischem Vorbild. Sie sind aber nicht von unserer Rasse erbaut worden. Ich korrigiere um ein paar Meter und versuche den Kommandoraum des Flaggschiffes zu erreichen. Warte noch ein paar Sekunden, Barnett …!“

Ein paar Sekunden?

Jeder auf der Brücke wußte, daß diese Galgenfrist das Ende bedeuten konnte. Der lichtschnelle Beschuß des Gegners ließ für ein dreidimensionales Sprungmanöver so gut wie keine Reaktionsspanne.

„Vorbereitung zum Hypersprung!“ befahl Perry Barnett in diesem Augenblick. Das würde etwas länger als eine Minute dauern, wenn jeder seine Handgriffe fehlerfrei und ohne Zögern ausführte.

In der Endstufen-Skala des E-Gehirns leuchtete seit dem ersten Angriff automatisch eine Distanzangabe, die für weitere Aktionen als Erfahrungswert gelten konnte. Barnett konnte sich an fünf Fingern abzählen, daß er höchstens noch hundert Sekunden Zeit hatte. Dann würde der rapide beschleunigende Gegner wieder in Schußposition sein. Dann würde nur noch ein Sprung in den Hyperraum Rettung erhoffen lassen.

Die Koordinaten wählte er selbst. Er entschied sich für die kürzeste Entfernung, die möglich war, ohne durch gravitatorische Verschiebungen das benachbarte Sonnensystem Mistral zu gefährden.

„Alles klar?“

„Alles klar, Captain!“ nickten Lisman und Praxlomza.

Alle Augen ruhten auf dem Entfernungsmesser. Die Distanzmarke rückte immer näher an den roten Warnstrich des E-Gehirns.

Die Generatoren pumpten die letzten Reserven in die Brennkammern. Die Maximalbeschleunigung für Normalflug war erreicht. Und immer noch kroch die Distanzmarke auf den entscheidenden roten Strich zu. Noch zwanzig Sekunden, dann würden sie sich decken. Und diese zwanzig Minuten hatten auch nur dann Gültigkeit, wenn der Gegner nicht noch eine weitertragende Waffe einsetzte als beim ersten Angriff.

„Er hat die Brücke des Gegners erreicht!“ kam eine triumphierende Stimme aus dem Mittelschiff. „Jetzt Kommando für Energiefeuer!“ Aus Nam-Legaks Triumph wurde eine Warnung in Todesnot.

Und Perry Barnett schaltete auf Raumkrümmung. Die Struktur des vierdimensionalen Weltalls erfuhr in unmittelbarer Nähe der „CORA“ eine künstliche Verzerrung.

Der Schrei Nam-Legaks fiel mit dem Kommando des feindlichen Geschwaderchefs zusammen. Gleichzeitig aber nahm Barnett die entscheidende Schaltung vor, die das terranische Raumschiff rettete und zudem an einen Punkt brachte, an dem es für die nächsten Stunden vor jeder Entdeckung absolut sicher war.

*

Der Captain wandte sich seinem Ersten Offizier und dem Kopiloten zu.

„Hast du das neue Besteck, Prax?“

Praxlomza drehte noch ein wenig an der Bildklarstellung. Dann wurden auf der Mattscheibe außer den Sternen auch Schriftzeichen sichtbar.

„Wir haben praktisch das Mistralsystem durchsprungen und befinden uns jenseits desselben. Entfernung: vierzig Lichtstunden vom Zentralgestirn.“

„Okay! Das ist gut“, nickte Barnett. „Hier werden sie uns so schnell nicht finden. Wir, sollten uns einmal in Ruhe überlegen, wie wir dieser unbotmäßigen Flotte das Handwerk legen. Ich bin überzeugt, es handelt sich um Banditen.“

„Mit sechzehn Schiffen?“ fragte Lisman erstaunt und belehrend zugleich.

„Fragen wir Iks-Wol-Esak“, schlug Barnett vor. „Der scheint die Herrschafter besser zu kennen … Hallo, Iks! Ihr solltet zurückkommen. Auf den Teleporter können wir vorerst verzichten.“

Aus dem Mittelschiff kam keine Antwort.

„Seid ihr eingeschlafen? Iks! – Nam! Kommt her!“

Der Lautsprecher blieb stumm. Statt dessen ging die Tür auf, und Nam-Legak trat ein.

Ein Proka hat kein Gesicht im menschlichen Sinne. Er trägt daher seine Gemütsbewegungen auch nicht offen zur Schau. Wenn er einer starken Schockwirkung unterliegt, kann es höchstens vorkommen, daß sein runder Körper in ein leichtes Vibrieren verfällt.

„Er zittert“, konstatierte Lisman.

„Wo ist Iks?“ fragte Barnett gerade heraus.

„Beim Gegner“, erklärte Nam-Legak. Er sprach es halb und teilte es auch halb telepathisch mit.

Barnett unterdrückte einen Fluch. „Hm, beim Gegner! Er kann das Spazierengehen nicht lassen, nicht wahr? Was glaubt ihr, weshalb ich meine Anweisungen gebe, Nam? Genügt es nicht, daß wir uns um Dr. Preem und seine Leute kümmern müssen? Jetzt können wir nach einem weiteren Mann suchen – wenn er noch lebt …“

„Ich teile dein Mißfallen durchaus, Perry“, sagte Nam-Legak scheinbar völlig unpersönlich. „Doch welchen Sinn hat die Aufregung über geschehene Dinge? Ich habe dich bereits unterrichtet, daß die Bauart der sechzehn Schiffe an prokaskische Vorbilder erinnert.“

„Das scheint mir sehr diplomatisch ausgedrückt zu sein.“

„Es ist die Wahrheit. Wenn du glaubst, es handelt sich um Proka-Originale, dann irrst du dich. Meine Rasse lebt in Frieden mit den Menschen. Und kein Proka wird auf ein tellurisches Schiff schießen.“

„Und wieso war es notwendig, daß Iks sich nicht mit der ersten Stufe begnügte? Ihr solltet aufklären, aber nicht versuchen, Gefangene zu machen.“

„Die Sicht bei der ersten Stufe war ungenügend. Wenn Iks das sagt, dann gibt es keinen Grund daran zu zweifeln. Wenn es sich um Original-Prokas gehandelt hätte, wäre alles klar gewesen. Doch so hatten wir keinerlei Sicherheit. Iks mußte springen.“

„Er wußte, daß er ins Verderben sprang. Je länger er seine Beobachtung ausdehnte, um so mehr mußte er damit rechnen, daß wir uns nur durch ein Ausweichen in den Hyperraum retten konnten.“

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Perry.“

„Das war auch nicht meine Absicht“, erwiderte der Captain immer noch gereizt. „Was hat nun das Ganze für einen Sinn gehabt?“

„Iks landete zuerst in einem Vorratsraum, der zum Teil prokaskische Ausrüstungsgegenstände enthielt. Diese Entdeckung verstärkte natürlich unseren Verdacht und unsere Befürchtungen zugleich. Wir mußten mehr erfahren. Und vor allem brauchten wir Sicherheit. Deshalb entschloß sich Iks zum körperlichen Sprung. Er landete genau an einer Trennwand, konnte aber die feindliche Kommandostelle genau erkennen und die Gespräche verstehen. Er teilte mir mit, daß die Besatzung aus sogenannten Knollen-Prokas bestand. Mehr Zeit blieb ihm jedoch nicht, denn der Gegner hatte schon auf die ‚CORA’ gezielt und den Abschuß vorbereitet. Er konnte mir nur noch die Warnung zukommen lassen, die dich rechtzeitig den Raumsprung ausführen ließ …“

Nam-Legak schwieg.

„Und du hast dann ganz die Verbindung abreißen lassen.“

„Ich mußte es, um Iks nicht zu gefährden. Für eine Rückkehr nach hier war es zu spät. Er hätte nicht mehr das Raumschiff ‚CORA’, sondern nur noch eine Energiewolke erreicht.“

„Er hat sich geopfert“, sagte Praxlomza leise und nachdenklich.

„Ich hoffe immer noch, daß er lebt“, erwiderte der Proka. „Vielleicht ist er bei der totalen Materialisation in einen Nebenraum abgedrängt worden. Er stand in der Wand, als er ankam. Außerdem ist er ein guter Diplomat. Wenn die Tesdronen ihn entdeckt haben, besteht die Möglichkeit, daß er mit ihnen verhandelt und eine glaubhafte Geschichte erzählt.“

„Tesdronen heißen sie? Und man kann sie belügen?“

„Sie sind keine Telepathen. Sie waren eines unserer Hilfsvölker im Galaktischen Krieg. Kulturell nicht sehr anspruchsvoll, aber um so bessere Soldaten.“

„Die sich auch jetzt an den Frieden nicht gewöhnen können.“

„So wird es sein“, bestätigte der Proka.

„Ab sofort also volle Kriegswache für die ganze Besatzung“, befahl Barnett. „Unsere Position zu Mistral ist günstig. Wir werden den fünften Planeten anfliegen und den Tesdronen zuvorkommen. Eine Verständigung mit den Mistralesen wird vielleicht schon das Rätsel klären …“

„Wenn es noch Mistralesen gibt“, gab Lisman in düsteren Ahnungen zu bedenken.

*

Die „CORA“ hatte Kurs auf Mistral gesetzt.

Da die unmittelbare Gefahr vorüber war, ließ die Erregung etwas nach.

Barnett wandte sich Dr. Bannister zu:

„Ich wünsche, daß du den Raum nach jedem erreichbaren Funkverkehr abhörst, Forry. Wir haben eine Marschfahrt von etwas mehr als drei Tagen bei dreiviertel Lichtgeschwindigkeit vor uns. Während dieser Zeit müssen wir Augen und Ohren offenhalten. Ich denke, bevor wir auf Mistral fünf landen, werden wir etwas klüger sein als jetzt.“

Perry Barnett sollte recht behalten. Doch nicht auf die Art, wie er dachte.

Barnett ließ Lisman, Praxlomza und Perkins abtreten, damit sie sich schlafen legen konnten. Nach vier Stunden mußten sie Bannister, Nam-Legak und den Captain ablösen.

Auf diese Weise ging es zweimal reihum – ohne besondere Ereignisse.

Die Spannung wuchs automatisch, als man sich der Bahn des äußeren sechzehnten Planeten näherte. Dieser stand zur Zeit allerdings in Konjunktion zum Zentralgestirn, also jenseits der Sonne Mistral. Ähnlich verhielt es sich mit dem fünfzehnten Planeten. Doch schon den vierzehnten würden sie mit einem Abstand von höchstens 23 Millionen Kilometern passieren müssen.

Barnett ließ sich allgemeine Informationen vom E-Gehirn geben, das vor der Abreise von Terra mit allen erdenklichen Daten über das System Mistral gefüttert worden war.

Das Ergebnis: Eiswelt. Temperaturen zwischen Nacht und Tag bei 214 bis 135 Grad minus. Also selbst am „heißesten“ Mittag würde hier eine eventuell vorhandene Atmosphäre nicht auftauen.

Sie passierten die Nummer 14, ohne daß sich etwas ereignete.

Erst nach einer weiteren Stunde schlug die Alarmanlage an. Sie meldete nicht vorherberechnete Materie. Also mußten zwischen den Planeten Körper existieren, die weder der Sternatlas, noch der Ephemeridenkalender für Mistral auswies.

Barnett schaltete sofort die Sirene ab und konzentrierte sich auf den Bildschirm. Bannister mußte sich um die Skala kümmern, die mittels eines sechsfachen Diagramms die wichtigsten Kurven zeigte, die das E-Gehirn nach dem Empfang durch die verschiedenen Spezialmeßgeräte für das menschliche Auge interpretierte.

Bannister schimpfte. „Wir waren heute schon einmal in Versuchung, einen Planetoidenring zu vermuten, den es gar nicht geben durfte. Und dann waren es Raumschiffe.“

„Jetzt aber ist es tatsächlich ein Planetoidenring“, konstatierte Barnett. „Bitte, überzeugt euch! Der zwölfte Planet existiert nicht mehr. Abgesehen von Tausenden von Trümmerstücken.“

„Aber das ist doch Irrsinn! Wo steht etwas in den Büchern darüber? Und warum verschweigt es das Elektronengehirn?“

„Weil sie es nicht wissen. Betrachte bitte die einzelnen Bewegungskurven nur etwas länger …“

Barnett unterbrach sich und hantierte am Rechengerät. Als in Sekundenschnelle mehrere Ergebnisse heraussprangen, fuhr er fort: „Du wirst stundenlang überlegen, ob du tatsächlich etwas erkennst, Forry. Hier, sieh dir die konkreten Zahlen an. Dann hast du Sicherheit ohne jede Sinnestäuschung.“

Inzwischen hatte sich auch der kleine Nam-Legak an einem Sessel emporgezogen, um die Geräte der Menschen besser ablesen zu können.