World of Warcraft: Krieg der Ahnen III - Richard Knaak - E-Book

World of Warcraft: Krieg der Ahnen III E-Book

Richard Knaak

5,0

Beschreibung

DAS FINALE DER "KRIEG DER AHNEN" - TRILOGIE! Nichts ist mehr wie es war im Land der Nachtelfen! Die brennende Legion hat ihre Welt überrannt, Krieger aus einer fernen Zukunft sind aufgetaucht, die Drachen haben sich erhoben und das Verderben lauert in den eigenen Reihen... Die letzte, alles entscheidende Schlacht steht bevor und sie wird die Welt von Azeroth in ihren Grundfesten erschüttern. Der krönende Abschluss der faszinierenden WARCRAFT – Trilogie von Richard A. Knaak!

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BEREITS ERSCHIENEN:

WORLD OF WARCRAFT: KriegsverbrechenChristie Golden – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2858-2

WORLD OF WARCRAFT: Der Untergang der AspekteRichard A. Knaak – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2859-9

WORLD OF WARCRAFT: Vol’jin – Schatten der HordeMichael Stackpole – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2617-5

WORLD OF WARCRAFT: Jaina Prachtmeer – Gezeiten des KriegesChristie Golden – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2523-9

WORLD OF WARCRAFT: WolfsherzRichard A. Knaak – gebundene Ausgabe, ISBN 978-3-8332-2233-7

WORLD OF WARCRAFT Band 9: Thrall – DrachendämmerungChristie Golden – ISBN 978-3-8332-2439-3

WORLD OF WARCRAFT Band 8: Weltenbeben – Die Vorgeschichte zu CataclysmChristie Golden – ISBN 978-3-8332-2234-4

WORLD OF WARCRAFT Band 7: SturmgrimmRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-2051-7

WORLD OF WARCRAFT Band 6: Arthas – Aufstieg des LichkönigsChristie Golden – ISBN 978-3-8332-2050-0

WORLD OF WARCRAFT Band 5: Die Nacht des DrachenRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1792-0

WORLD OF WARCRAFT Band 4: Jenseits des Dunklen PortalsAaron Rosenberg, Christie Golden – ISBN 978-3-8332-1791-3

WORLD OF WARCRAFT Band 3: Im Strom der DunkelheitAaron Rosenberg – ISBN 978-3-8332-1640-4

WORLD OF WARCRAFT Band 2: Aufstieg der HordeChristie Golden – ISBN 978-3-8332-1574-2

WORLD OF WARCRAFT Band 1: TeufelskreisKeith R. A. DeCandido – ISBN 978-3-8332-1465-3

WARCRAFT Band 1: Der Tag des DrachenRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1266-6

WARCRAFT Band 2: Der Lord der ClansChristie Golden – ISBN 978-3-8332-1337-3

WARCRAFT Band 3: Der letzte WächterJeff Grubb – ISBN 978-3-8332-1338-0

WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 1: Die Quelle der EwigkeitRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1092-1

WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 2: Die DämonenseeleRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1205-5

WARCRAFT: Krieg der Ahnen, Buch 3: Das ErwachenRichard A. Knaak – ISBN 978-3-8332-1202-4

KRIEG DER AHNEN

TRILOGIE

BUCH 3

DAS ERWACHEN

Richard A. Knaak

Ins Deutsche übertragen von Claudia Kern

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Amerikanische Originalausgabe: “Warcraft: War of the Ancients Trilogy, Book 3 – The Sundering” by Richard A. Knaak, published by Simon and Schuster, Inc., 2005.

Deutsche Übersetzung 2005, 2016 von Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87, 70178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Copyright © 2005, 2016 Blizzard Entertainment. All Rights Reserved. “Warcraft: War of the Ancients Trilogy, Book 3 – The Sundering”, Warcraft, Blizzard Entertainment are trademarks or registered trademarks of Blizzard Entertainment in the U.S. and/or other countries. All other trademarks are the property of their respective owners.

No similarity between any of the names, characters, persons and/or institutions in this publication and those of any pre-existing person or institution is intended and any similarity which may exist is purely coincidental. No portion of this publication may be reproduced, by any means, without the express written permission of the copyright holder(s).

Übersetzung: Claudia Kern

Lektorat: Manfred Weinland, Katharina Reiche

Redaktion: Mathias Ulinski, Holger Wiest

Chefredaktion: Jo Löffler

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Cover art by Bill Petras

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDWARC006E

ISBN 978-3-8332-3407-1

Gedruckte Ausgabe:

ISBN 978-3-8332-1202-4

7. Auflage, Oktober 2015

www.paninibooks.de

PROLOG

Wütende Raserei umgab ihn, zerrte von allen Seiten an ihm. Feuer, Wasser, Erde und Luft waren mit wilder, unkontrollierter Magie angereichert und umkreisten ihn wie wahnsinnige Furien. Der Versuch, an einer Stelle auszuharren, riss ihn beinahe auseinander, aber er trotzte den Gewalten. Nichts anderes konnte er tun.

Am Rand seines Blickfelds stiegen unzählige Momente und unzählige Objekte auf. Ein endloses chaotisches Panorama der Zeit drosch auf seine Sinne ein. Er sah Landschaften, Schlachten und Kreaturen, die selbst er nicht kannte. Er hörte die Stimmen eines jeden Wesens, das einst gelebt hatte, gerade lebte oder irgendwann leben würde. Jedes Geräusch, das es jemals gegeben hatte, brandete wie Donnerhall an sein Gehör. Unglaubliche Farben blendeten seine Augen.

Doch noch verstörender war, dass er sich selbst zu jedem Zeitpunkt seiner Existenz sehen konnte, von der Geburt bis zu einer Zeit nach seinem Tod. Das hätte ihm Mut machen können, wäre nicht jedes einzelne Bild ebenso verzerrt gewesen, wie er es gerade war. Alle seine Existenzen versuchten nicht nur, seine Welt zu erhalten, sondern die gesamte Realität vor dem Sturz ins Chaos zu bewahren.

Nozdormu schüttelte den Kopf, brüllte seinen Schmerz und seine Wut hinaus.

Er hatte die Gestalt eines Drachen angenommen, eines gewaltigen, goldfarbenen Riesen, der nicht nur aus schuppigem Fleisch zu bestehen schien, sondern auch aus dem fließenden Sand der Zeit. Seine Augen waren leuchtende Diamanten von der Farbe der Sonne. Seine Klauen waren glitzernde Diamanten.

Er war der Aspekt der Zeit, einer der fünf Wesenheiten, die über Azeroth wachten, die Welt im Gleichgewicht hielten und vor den inneren und äußeren Gefahren schützten. Jene, die einst die Welt erschaffen hatten, waren auch die Schöpfer von Nozdormu und seinesgleichen, doch ihm hatten sie besondere Kräfte gewährt. Er konnte die unendlich vielfältigen Wege der Zukunft ebenso erkennen wie die verwobenen Pfade der Vergangenheit. Er schwamm durch den Fluss der Zeit wie andere durch klares Wasser.

Doch obwohl dem mächtigen Nozdormu seine anderen Existenzen zur Verfügung standen, vermochte er es kaum, die Katastrophe aufzuhalten.

Woher kommt sie?, fragte er sich zum wiederholten Mal. Wo liegt ihre Ursache? Er hatte eine ungefähre Vorstellung, doch ihm fehlten die Einzelheiten. Nozdormu hatte gespürt, dass die Realität sich aufzulösen begann und war zu diesem Ort gereist, um Informationen zu sammeln. Doch dann hatte er entdeckt, dass er gerade noch rechtzeitig gekommen war, um die Zerstörung der Wirklichkeit aufzuhalten. Er begann seine Aufgabe, stellte dann jedoch fest, dass er allein sie nicht würde bewältigen können.

Aus diesem Grund hatte sich Nozdormu an einen Drachen gewandt, dessen Kraft im Vergleich zu seiner eigenen zwar verschwindend gering war, der den großen Fünf jedoch schon oft mit seinem Listenreichtum und seiner Hingabe geholfen hatte. Also kontaktierte Nozdormu durch eine Vision Korialstrasz, den roten Drachen und Gefährten Alexstraszas, dem Aspekt des Lebens. Er bat den anderen Leviathan, der sich in der Gestalt des Magiers Krasus in der Welt bewegte, eines der Symptome der drohenden Katastrophe zu untersuchen und einen Weg zu finden, um sie vielleicht doch noch abzuwenden.

Doch die Anomalie, nach der Korialstrasz und sein menschlicher Schützling Rhonin in den östlichen Bergen gesucht hatten, verschlang beide. Nozdormu spürte ihre plötzliche Nähe und entsandte sie in die Zeitperiode, in der er die Ursache der Katastrophe vermutete. Er wusste, dass sie die Reise überlebt hatten, aber ihre Erfolge waren noch nicht messbar.

Der Aspekt hoffte also weiter auf ihren Erfolg, forschte jedoch auch selbst weiter. Der riesige Drache schöpfte all seine Macht aus und folgte den Manifestationen des Chaos. Er kämpfte sich durch Visionen plündernder Orcs, durch aufsteigende und zerfallende Königreiche und durch gewaltige Vulkanausbrüche … fand aber keinen Hinweis.

Oder doch? Er entdeckte etwas, das sich anders anfühlte … etwas, das den Irrsinn zu beeinflussen schien. Es war eine Macht, die von einem Punkt ausging, der weit von ihm entfernt lag. Nozdormu folgte der kaum wahrnehmbaren Spur wie ein Hai der ahnungslosen Beute. Seine Sinne tauchten ein in den monströsen Mahlstrom der Zeit. Mehr als einmal befürchtete er, die Spur verloren zu haben, doch irgendwie fand er sie stets wieder.

Nach einer Weile tauchte vor ihm eine undefinierbare Machtquelle auf. Er näherte sich langsam und vorsichtig. Etwas daran kam ihm bekannt vor, so vertraut, dass Nozdormu die Wahrheit beinahe leugnete, als er sie schließlich erkannte. Er zögerte, war überzeugt, sich geirrt zu haben. Dies konnte nicht der Ursprung des Irrsinns sein, unmöglich!

Vor Nozdormu schwebte eine Vision des Brunnens der Ewigkeit.

Der schwarze See war vom gleichen Aufruhr ergriffen, der auch die Umgebung des Aspekts erschütterte. Gewaltige Blitze aus reiner Magie schossen über seine dunklen Wasser.

Und dann hörte Nozdormu das Flüstern.

Zuerst hielt er es für dämonische Stimmen, für die Stimmen der Brennenden Legion. Doch dann erkannte er, dass er falsch lag. Nein, das Böse, das jedes geraunte Wort durchsetzte, war älter, schrecklicher …

Die Energien zerrten weiter an ihm, aber Nozdormu ignorierte den Schmerz, konzentrierte sich statt dessen auf seine Entdeckung. Er nahm an, dass er die Ursache der Katastrophe gefunden hatte. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob er noch die Kraft hatte, die Dinge zu beeinflussen, hatte er doch zumindest die Wahrheit herausgefunden. Vielleicht konnte Korialstrasz etwas damit anfangen.

Nozdormu untersuchte den See genauer. Im Gegensatz zu den meisten anderen verstand er, dass sich in dem, was wie Wasser erschien, sehr viel mehr verbarg. Sterbliche Wesen konnten nicht begreifen, was sich dort befand. Nicht einmal die anderen Aspekte verstanden es so gut wie er, und selbst ihm blieben manche Geheimnisse verborgen.

Für seine Augen wirkte es, als gleite er über dunkle Wasser hinweg. In Wirklichkeit hatte Nozdormus Geist jedoch eine andere Realität betreten. Mit aller Macht kämpfte er gegen die Kräfte, die den Kern des Brunnens vor neugierigen Blicken schützte. Es erschien ihm, als wäre das Wasser selbst lebendig, oder als habe sich etwas so stark daran gebunden, dass es nun Teil davon geworden war.

Erneut dachte Nozdormu an die Dämonen – die Brennende Legion – und deren Versuche, mit Hilfe des Brunnens ein Portal zu öffnen, um das Leben auf Azeroth auszulöschen. Doch die Macht, die er spürte, war zu subtil für Dämonen, sogar zu subtil für Sargeras, ihren Herrn.

Mit wachsendem Unwohlsein drang er tiefer in den Brunnen ein. Einige Male entging er nur knapp den Fallen, falschen Wegen und verführerischen Pfaden, die nur einem Zweck dienten: Sie wollten ihn für immer an den Brunnen binden und seine Essenz verschlingen.

Nozdormu bewegte sich mit größter Vorsicht. Wenn er versagte, beendete er nicht nur seine eigene Existenz, sondern vielleicht die Existenz aller Dinge.

Immer tiefer tauchte er ein. Die Macht der Kräfte, aus denen der Brunnen bestand, überraschte ihn. Was der Drache spürte, erinnerte ihn an die Schöpfer, gegen die er nicht mehr war als eine Schnecke, die durch den Schlamm kriecht. Gab es etwa eine Verbindung zwischen ihnen und den Geheimnissen des Brunnens?

Für das bloße Auge wirkte es immer noch so, als hinge er über der dunklen Oberfläche. Nur er und der Brunnen verfügten an diesem Ort jenseits der sterblichen Welt über Stabilität. Das Wasser schwebte im Raum, ein endlos tiefer See, der Welten umspannte.

Er bewegte sich näher zur Oberfläche hinab. In der sterblichen Welt hätte er sein Spiegelbild sehen müssen, doch hier erblickte Nozdormu nur Schwärze. Sein Geist stieß weiter vor, grub sich dem Kern entgegen … und der Wahrheit.

Doch dann lösten sich Tentakel aus dem schwarzen Wasser des Sees und griffen nach seinen Schwingen, seinem Körper, seinem Hals.

Der Aspekt konnte gerade noch verhindern, dass er unter Wasser gezogen wurde. Er wehrte sich gegen die wässrigen Arme, doch die ließen ihn nicht los. Seine Gliedmaßen waren gefangen, und der Tentakel, der sich um seinen Hals geschlungen hatte, raubte ihm den Atem. Nozdormu wusste, dass es sich nur um Illusionen handelte. Aber sie waren so mächtig, dass sie real geworden waren. Sein Geist war in eine der Fallen geraten, die im Brunnen lauerten. Wenn er sich nicht rasch befreite, würde er darin umkommen.

Nozdormu atmete aus – und eine Sanddecke legte sich über den Brunnen. Die Tentakel zuckten und verloren ihre Kraft. Sie zerfielen, als die Magie, die sie erschaffen hatte, alt und schwach wurde.

Doch noch während sie in sich zusammensanken, erhoben sich neue aus dem Wasser. Nozdormu hatte damit gerechnet und brachte sich mit einem Schlag seiner Schwingen in Sicherheit. Die schwarzen Tentakel griffen ins Nichts und fielen zurück in den See.

Der Drache wurde nach hinten gerissen, als sich sein Schwanz in einem Tentakel verfing. Er drehte sich um und sah, dass ihm weitere entgegen schossen. Sie tauchten von allen Seiten auf. Es waren so viele, dass der Aspekt nicht allen ausweichen konnte.

Er schlug einige zur Seite, doch mehr als ein Dutzend legten sich um seinen Körper und zogen ihn mit unglaublicher Kraft auf den sprudelnden Brunnen zu.

Ein Strudel erschien unter ihm. Nozdormu spürte selbst in den Lüften, wie stark er an ihm zerrte. Die Entfernung zwischen dem Aspekt und dem Wasser wurde immer geringer.

Der Strudel veränderte sich. Die Wellen, die an seinen Rändern aufpeitschten, wurden hart und schroff. Die Mitte sackte nach unten, während sich etwas daraus hervor schob, das auf den ersten Blick wie ein Tentakel wirkte. Es war lang und sehnig. Seine breite Spitze öffnete sich wie eine Blüte.

Ein Maul.

Nozdormus goldene Augen weiteten sich. Er wehrte sich noch heftiger als zuvor.

Der dämonische Schlund öffnete sich weiter, die Tentakel führten den Drachen darauf zu. Eine Zunge schoss heraus und berührte Nozdormus Gesicht. Die Berührung reichte aus, um sein Fleisch zu verbrennen.

Die flüsternden Stimmen aus dem Brunnen klangen nun zusehends aufgeregter, lauter. Sie jagten dem Aspekt einen Schauer über den Rücken. Nein, das waren nicht nur Dämonen …

Ein zweites Mal blies er den Tentakeln den Sand der Zeit entgegen, doch dieses Mal prasselte er nutzlos wie Staub gegen die schwarzen Formen. Nozdormu drehte sich, um wenigstens einen der Fangarme abzuschütteln, doch sie hielten ihn gnadenlos fest.

Das irritierte den Aspekt. Er war die Essenz der Zeit, und seine Schöpfer hatten ihm das Wissen um den eigenen Tod geschenkt. Das war eine Lektion gewesen, die verhindern sollte, dass er sich jemals übermächtig fühlte. Nozdormu wusste also genau, wie seine Existenz einmal enden würde und wann – und hier und jetzt war dieser Moment nicht gekommen.

Dennoch konnte er sich nicht befreien.

Die Zunge legte sich um seine Schnauze und drückte so kräftig zu, dass Nozdormu glaubte, sie würde ihm den Kiefer brechen. Er erinnerte sich daran, dass es sich nur um eine Illusion handelte, aber der Schmerz nahm nicht ab – und auch nicht die Furcht, die ihn in einer nie gekannten Stärke heimsuchte.

Er hatte die Zähne des Mauls fast erreicht. Sie schnappten zu, wollten ihn wohl verunsichern, was ihnen auch gelang. Die ganze Zeit über musste ein Teil von ihm die Realität zusammenhalten, und diese Anstrengung lastete zusätzlich auf seinen Gedanken. Wie einfach wäre es gewesen, zu kapitulieren und sich dem Brunnen zu ergeben …

Nein! Plötzlich kam Nozdormu eine verzweifelte Idee. Er wusste nicht, ob er noch über die Kraft verfügte, sie umzusetzen, aber er hatte keine andere Wahl als es zu versuchen.

Der Körper des Aspekts wirkte durchscheinend, als er sich in sich selbst zurückzuziehen versuchte.

Die Ereignisse liefen rückwärts, jede Bewegung wurde zurückgenommen. Die Zunge löste sich von seiner Schnauze. Er inhalierte den Sand, die Tentakel rollten sich auf, zogen sich in die schwarzen Wasser zurück …

Im gleichen Moment stoppte Nozdormu den Rückwärtslauf der Zeit und floh mit seinem Geist aus dem Brunnen.

Erneut schwebte er im Fluss der Zeit und versuchte die Realität zu bewahren. Nach der beinahe katastrophal geendeten Suche war er in einem schlechteren Zustand als zuvor und konnte kaum noch genügend Kraft aufbringen. Doch er schaffte es. Er hatte das Böse berührt, das den Brunnen vergiftete, und war sich klarer als zuvor bewusst, dass sein Scheitern Konsequenzen haben würde, die schlimmer als der Tod waren.

Nozdormu wusste nun, wer dahinter steckte. Selbst die schreckliche Wut der Brennenden Legion verblasste gegen diese Übeltäter.

Und es gab nichts, was der Aspekt gegen ihre Pläne unternehmen konnte. Seine Kraft reichte nur aus, um das Chaos einzugrenzen, das sie auslösten. Die anderen Aspekte konnte er nicht mehr kontaktieren, dazu war es zu spät.

Eine Hoffnung gab es jedoch noch. Es war die gleiche Hoffnung, die es von Anfang an gegeben hatte, aber sie war so schwach, dass Nozdormu kaum an einen Erfolg zu glauben wagte.

Jetzt hängt alles von ihnen ab, dachte er, während wilde Kräfte an ihm zerrten. Alles hängt von Korialstrasz und dem Menschen ab.

EINS

Sie rochen den Gestank, der von fern kam. Es war schwer zu sagen, welcher Geruch stärker war – der beißende Rauch, der aus der brennenden Landschaft aufstieg oder der süßliche Verwesungsgeruch der Leichen, die zu Hunderten herumlagen.

Den Nachtelfen war es gelungen, den letzten Angriff der Brennenden Legion abzuwehren, aber sie hatten erneut an Boden verloren. Lord Desdel Sternauge bezeichnete es als Sammelmanöver, mit dem die Armee sich auf die Schwächen der Legion vorbereiten sollte, aber Malfurion Sturmgrimm und seine Freunde kannten die Wahrheit. Sternauge war ein Adliger, der keine Ahnung von Strategie hatte und sich nur mit gleich gesinnten Freunden umgab.

Nach Lord Rabenkrones Ermordung gab es niemanden mehr, der es wagte, sich dem dünnen einflussreichen Aristokraten zu widersetzen. Neben Rabenkrone gab es nur wenige Adlige, die sich in der Kriegskunst auskannten. Hinzu kam, dass der tote Kommandant der Letzte seiner Linie gewesen war und niemand aus seinem Hause die Nachfolge antreten konnte. Sternauge besaß zwar den nötigen Ehrgeiz, aber seine Unfähigkeit würde dafür sorgen, dass er und sein Volk untergingen, wenn niemand etwas unternahm.

Doch Malfurions Gedanken drehten sich nicht um die stark gefährdete Zukunft der Armee. Eine dringendere Angelegenheit ließ seinen Blick immer wieder in Richtung der entfernten Stadt Zin-Azshari gleiten, die einst die Hauptstadt des Reiches der Nachtelfen gewesen war. Noch im Morgengrauen, als das erste Licht des Tages den Horizont rot färbte, dachte er nur an sein Versagen.

Die ganze Zeit über beschäftigte er sich nur damit, dass er die beiden Menschen verloren hatte, die ihm am meisten bedeuteten: die wunderschöne Tyrande und seinen Zwillingsbruder Illidan.

Nachtelfen alterten sehr langsam, aber der junge Malfurion wirkte bedeutend älter, als seine wenigen Dekaden es hätten vermuten lassen. Er war immer noch so groß wie die meisten Angehörigen seines Volkes – etwas über zwei Meter – und ebenso schlank und dunkel wie sie. Seine geschlitzten silbernen Augen – Augen ohne Pupillen – offenbarten jedoch einen Grad an Reife und Verbitterung, die man bei den meisten Nachtelfen vergeblich suchte. Malfurions Gesichtszüge hatten etwas Wölfisches, das man sonst nur bei seinem Bruder fand.

Bemerkenswert war auch sein schulterlanges dunkelgrünes Haar, das sich stark von dem mitternachtsblauen seines Zwillings unterschied. Die Blicke der Leute richteten sich häufig auf seinen Schopf, wenn sie nicht gerade die schlichte Kleidung betrachteten, die er bevorzugte. Malfurion studierte die druidischen Künste und hatte nichts übrig für die farbenprächtigen, glitzernden Gewänder, die bei seinem Volk als normal galten. Statt dessen kleidete er sich mit einem einfachen Stoffhemd, einer Lederweste und Lederhose sowie kniehohen Stiefeln, die ebenfalls aus Leder bestanden. Die extravagante Kleidung seines Volkes war ein Hinweis auf dessen ausufernden Lebensstil gewesen und auf seine angeborene Arroganz. Beides widerstrebte Malfurions Charakter.

Und nun waren die meisten Nachtelfen, abgesehen von Lord Sternauge und seinem Tross, zu heimatlosen Flüchtlingen geworden, ihre Kleidung schmutzig und blutbefleckt. Und sie blickten auch nicht mehr auf den ungewöhnlichen Druidenschüler herab, sondern betrachteten ihn mit verzweifelter Hoffnung. Die meisten wussten, dass sie ihr Leben seinen Taten verdankten.

Doch wohin würden ihn diese Taten führen? Bisher zumindest nicht zum Erfolg. Schlimmer und verstörender war jedoch, dass der Einsatz natürlicher Mächte begonnen hatte, Malfurion körperlich zu verändern.

Er strich sich über die Stirn. Zwei kleine Erhebungen verbargen sich unter seinem Haaransatz. Einige Tage zuvor hatte er sie bemerkt, und mittlerweile waren sie doppelt so groß geworden. Diese beiden winzigen Hörner ängstigten Malfurion, denn sie erinnerten ihn an einen Satyr. Und das wiederum gemahnte ihn an den königlichen Berater Xavius, der von den Toten zurückgekehrt war. Malfurion hatte ihn zwar endgültig besiegt, doch Xavius war es zuvor gelungen, Tyrande der Brennenden Legion auszuliefern.

„Du musst aufhören, an sie zu denken“, drängte jemand hinter ihm.

Malfurion sah seinen Begleiter ohne jede Überraschung an. Die meisten Nachtelfen hätten ihn allerdings angestarrt, denn es gab in ganz Kalimdor kein Wesen wie Rhonin.

Er trug eine dunkelblaue Robe und darunter ein Hemd und eine Hose in der gleichen Farbe. Trotz seiner Stiefel war er einen Kopf kleiner als Malfurion. Doch weder seine Größe noch seine Kleidung lösten erhobene Augenbrauen und geflüsterte Bemerkungen aus. Dafür sorgte sein schulterlanges, feuerrotes Haar, das man unter der Kapuze seiner Robe sehen konnte, das rundliche, bleiche Gesicht – vor allem die leicht gekrümmte Nase – und seine grünen Augen mit den vollkommen schwarzen Pupillen. Dieser Anblick verunsicherte die Nachtelfen.

Rhonin war zwar kleiner als Malfurion, wirkte jedoch kräftiger. Er sah aus wie ein Mann, der sich gut im Kampf behaupten konnte, was er auch schon gezeigt hatte. Das war eine ungewöhnliche Fähigkeit für jemanden, der in den magischen Künsten geschult war. Rhonin bezeichnete sich selbst als „Mensch“, ein Volk, von dem niemand je gehört hatte. Doch wenn Rhonin beispielhaft für einen Menschen war, hätte sich Malfurion tausend andere in der Armee gewünscht. Die Magie seines eigenen Volkes war direkt an den Brunnen der Ewigkeit gekoppelt und daher kaum noch einsetzbar. Rhonin hingegen verließ sich auf sein eigenes Vermögen und beherrschte Kräfte, die ihn wie einen Halbgott erscheinen ließen.

„Wie sollte ich denn aufhören? Und mit welchem Recht?“, fragte Malfurion. Er lud seine Wut auf Rhonin ab, obwohl der sie nicht verdient hatte. „Tyrande ist schon zu lange ihre Gefangene, und mir gelingt es noch nicht einmal, in den Palast zu blicken!“

Früher hatte sich Malfurion dank der Ausbildung, die er von dem Halbgott Cenarius erhalten hatte, durch eine Dimension bewegen können, die man den Smaragdgrünen Traum nannte. Der Smaragdgrüne Traum war eine Welt, die aussah, als habe es niemals Zivilisationen oder tierisches Leben darin gegeben. In einer Traumgestalt konnte man ihn durchqueren und auf diese Weise mühelos weit entfernte Orte erreichen. Durch den Smaragdgrünen Traum war Malfurion in Königin Azsharas Zitadelle eingedrungen und hatte die Hochgeborenen und den Kommandanten der Brennenden Legion ausspioniert. So hatte er die Pläne von Xavius, dem Berater der Königin, vereiteln können. Nach einer kurzen, aber schlimmen Gefangenschaft war es ihm schließlich gelungen, das Portal kurzzeitig zu schließen und den Turm, in dem es sich befunden hatte, zu zerstören.

Jetzt hatte der mächtige Dämon Archimonde die geistigen Mauern jedoch verstärkt und sogar den Smaragdgrünen Traum verbannt. Malfurion hatte lange versucht, die geistigen Mauern zu durchbrechen, aber sie waren so stark, dass sie real hätten sein können.

Der Druide wusste, dass sich Tyrande im Inneren der Festung aufhielt, und er nahm an, dass auch Illidan dort angekommen war.

„Elune wird sie beschützen“, antwortete Rhonin ruhig. „Sie scheint ein Liebling von Mutter Mond zu sein.“

Malfurion konnte nichts gegen diese Logik sagen. Noch vor kurzer Zeit war Tyrande eine junge Novizin im Tempel der Mondgöttin gewesen. Doch die Ankunft der Brennenden Legion hatte eine Veränderung in ihr ausgelöst, die vielleicht sogar größer war als die in Malfurion. Ihre Macht war gewachsen, und zu ihrer großen Überraschung hatte die Hohepriesterin Tyrande zu ihrer Nachfolgerin bestimmt, nachdem sie selbst in einer Schlacht tödlich verletzt worden war. Leider hatte der zu einem Satyr gewordene Xavius sie kurz darauf entführt. Xavius hatte zwar den Preis für seine Untaten bezahlen müssen, doch das hatte Tyrande nicht gerettet.

„Hat denn Elune Sargeras’ Finsternis etwas entgegenzusetzen?“

Rhonin hob seine dichten Brauen. „Mit solchen Gedanken hilfst du niemandem, Malfurion.“ Er blickte hinter sich. „Und es würde mich freuen, wenn du so etwas nicht in Gegenwart unserer neuen Freunde äußern würdest.“

Einen Moment lang vergaß der Druide seine Trauer, als sich schattenhafte Gestalten hinter dem Magier erhoben. Es war sofort klar, dass sie aus mehr als nur einem Volk bestanden. Gegenüber einigen wirkte der Nachtelf wie ein Zwerg, während andere noch kleiner als Rhonin waren. Doch alle, die sich auf ihn und den Magier zu bewegten, trugen eine Entschlossenheit und Stärke zur Schau, die Malfurions Volk gerade erst für sich entdeckte.

Ein scharfer Geruch stieg in die Nase des Nachtelfs. Instinktiv versteifte er sich. Eine Gestalt mit kurzem Fell, die einen Lendenschurz trug und einen riesigen Speer in der Faust hielt, blieb stehen und blickte auf den Nachtelf hinab. Der Riese stieß seinen Atem schnaubend durch gewaltige Nasenlöcher aus. Der Ring, den er darin trug, bewegte sich bei jedem Atemzug. Seine Schnauze war mehr als unterarmlang, seine schwarzen Augen lagen tief in den Höhlen und leuchteten entschlossen. Über der faltigen Stirn lagen zwei gebogene Hörner, deren Spitzen über die Schnauze hinweg nach vorne zeigten.

Ein Tauren.

„Das ist –“, begann Rhonin.

„Wisse, dass Huln Hochberg vor dir steht, Nachtelf“, knurrte das stierköpfige Wesen. „Huln vom Speer des Adlers.“ Er hob seine Waffe, dessen Ende wie der Schnabel eines Greifvogels geformt war. Von der Metallspitze bis zum stumpfen Ende war der Speer eng mit Leder ummantelt worden, auf dem man die Zeichen von Hulns Volk sah. Malfurion wusste ein paar Dinge über die Tauren und erkannte daher, dass die Zeichen die Geschichte der Waffe beschrieben, von ihrer Herstellung bis hin zu den epischen Heldentaten ihrer Besitzer.

„Huln, der für alle versammelten Stämme spricht“, sagte der Stier. Sein knappes Nicken unterstrich seine Worte. In dem Fell unter seinem Kinn hingen mehr als zwei Dutzend Perlen. Jede stand für einen in der Schlacht getöteten Feind.

Die breite muskulöse Gestalt, die bis zum Unterarm des Tauren reichte, schnaubte. Seine Gesichtszüge ließen ihn wie einen Verwandten Rhonins wirken. Damit endeten die Ähnlichkeiten jedoch. Sein Körper wirkte eher, als habe jemand einen Kriegshammer genommen und die bärtige Gestalt zurecht gestutzt.

Bemerkenswert war vor allem, dass das Wesen aus Stein bestand, nicht aus Fleisch.

Seine raue Haut schien aus grauem Granit geformt zu sein, seine kleinen Augen waren blitzende Diamanten. Der Bart bestand aus feinen Mineralienfäden, die aussahen, als sei das Wesen bereits ergraut.

Der Zwerg – denn um einen solchen handelte es sich – griff in eine seiner zahlreichen Gürteltaschen und zog eine Tonpfeife samt Zubehör heraus. Während er die Pfeife entzündete, wurde sein faltiges Gesicht, vor allem die große runde Nase, von der Flamme erhellt. Ob die grauen Strähnen in seinem Bart wirklich etwas mit seinem Alter zu tun hatten, ließ sich nicht erkennen. Der Zwerg bestand zwar aus Stein, trug jedoch eine Robe mit Kapuze, flache Stiefel, Hemd und Hose. Er wirkte wie ein Bergmann. Auf seinem Rücken hing eine scharf geschliffene Axt, fast so groß wie er selbst.

„Dungard Eisenschnitter, ich spreche für die Klans der Irdenen“, sagte er. Zwerge machten nicht viele Worte.

Die Irdenen. Malfurion merkte sich den Begriff. „Zwerg“ war ein abfälliger Nachtelfenbegriff.

Ein bärenartiges Wesen, das hinter Dungard stand, knurrte. Weder der Zwerg noch der Tauren achteten darauf. Nur Malfurion tat instinktiv einen Schritt zurück.

Das Wesen trat vor. Es sah aus wie ein Bär, bewegte sich jedoch wie ein Mann. Es erinnerte Malfurion ein wenig an die Zwillingsgötter Ursoc und Ursol, doch es handelte sich eindeutig um ein primitives Geschöpf. Es trug einen verblichenen braunen Lendenschurz und eine Halskette, die aus Klauen bestand. Der dreizehige Bär hob einen Arm und zeigte die Keule, die er in einer Pranke hielt. Die andere Klaue war zur Faust geballt.

Das Wesen knurrte erneut. Sein Tonfall war ein wenig anders als beim ersten Mal.

„Der Furbolg Unng Ak sagt, dass er für die Rudel spricht“, übersetzte Rhonin bereitwillig.

Hinter Unng Ak standen noch weitere Wesen, doch sie blieben in den Schatten. Malfurion betrachtete die ungewöhnliche Versammlung, dann sah er Rhonin beeindruckt an. „Hast du alle überzeugt, hierher zu kommen?“

„Brox und ich haben geholfen, doch hauptsächlich ist es Krasus’ Werk.“

Malfurion ließ den Blick über die Anwesenden gleiten, konnte Rhonins Mentor jedoch nicht entdecken. Allerdings sah der große Magier in seinen grauen Roben fast wie ein Nachtelf aus, jedenfalls weitaus mehr als Brox, der gedrungene, grünhäutige Krieger, der sich als Orc bezeichnete. Krasus wirkte zwar wie ein Nachtelf, aber wie einer, der schon längst gestorben war, denn seine Haut war sehr blass und sein Haar silbrig weiß. Seine Gesichtszüge hatten etwas von einem Falken. Seine Augen wirkten ein wenig wie die von Rhonin, waren jedoch schmaler. In ihren dunklen Pupillen leuchtete uralte Weisheit.

Die Weisheit eines Wesens, das in Wirklichkeit ein Drache war.

Eine Gestalt marschierte auf sie zu. Es war nicht Krasus, sondern Brox. Der Orc wirkte erschöpft, aber gleichzeitig so entschlossen wie immer. Brox war ein Krieger, der ein Leben voller Schlachten überstanden hatte. Der Körper des Stoßzahn bewehrten Orcs war voller Narben. Er war ebenso muskulös wie der Tauren. Lord Sternauge hielt Brox für ein Tier, das nicht besser als Huln oder ein Furbolg war. Doch respektierten alle die Stärke des Orcs, vor allem, wenn er die hölzerne Axt trug, die Cenarius und Malfurion für ihn verzaubert hatten.

Der Druide suchte weiter nach Krasus, fand ihn aber nicht. Das gefiel Malfurion nicht. „Wo ist er?“

Rhonin spitzte die Lippen und antwortete missmutig: „Er sagte, er müsse schnell etwas erledigen, was sich nicht aufschieben lasse.“

„Und das bedeutet?“

„Ich habe keine Ahnung, Malfurion. Bei manchen Angelegenheiten vertraut Krasus nur sich selbst.“

„Wir brauchen ihn … ich brauche ihn …“

Rhonin legte eine Hand auf die Schulter des Nachtelfs. „Ich verspreche dir, dass wir sie retten werden.“

Malfurion war nicht davon überzeugt. Ebenso wenig war er überzeugt, dass Lord Sternauge seine neuen Verbündeten akzeptieren würde. Die Mission, auf die sich Rhonin und seine Begleiter begeben hatten, war vom Kommandanten der Armee nicht genehmigt worden. Krasus war jedoch davon ausgegangen, dass der Adlige die Hilfe nicht ausschlagen würde, wenn sie sich ihm bot. Doch Desdel Sternauge zu überzeugen würde vielleicht noch schwieriger werden, als eine vernünftige Unterhaltung mit einem Furbolg zu führen.

Der Druide fügte sich in sein Schicksal. Er wusste, dass es so schnell keine Rettung für Tyrande geben würde. Sie hatten schließlich schon alles Mögliche versucht, zumindest für den Augenblick. Doch sogar während er sich den Neuankömmlingen zuwandte, kreisten seine Gedanken um seine Kindheitsfreundin und ihre Rettung … und um Illidans Schicksal.

Der Zwerg zog stoisch an seiner Pfeife, während Huln mit einer Geduld, die nicht zu seiner Gestalt zu passen schien, wartete. Unng Ak hielt die Schnauze in die Nachtluft und nahm ihre Gerüche auf. Seine Hand ließ die Keule nicht los.

Rhonin warf einen Blick auf die potenziellen Verbündeten und murmelte besorgt: „Wenn Krasus doch hier wäre. Ich will nicht wissen, wie Sternauge reagiert, wenn er diese Versammlung sieht …“

Die Kinnlade des Adligen sank nach unten. Seine Augen traten so weit wie nur möglich aus seinem Kopf hervor. Der Schnupftabak, den er fast bis an die Nase gebracht hatte, rieselte wie Asche zu Boden, als seine Finger zu zucken begannen.

„Was hast du hier eingeschleppt?“

Rhonin blieb ruhig. „Die einzige Chance, die uns noch bleibt, um unsere Verluste auszugleichen und vielleicht sogar zu gewinnen.“

Lord Sternauge warf seinen reich verzierten Umhang wütend zur Seite. Der Stoff fiel grün, orange und purpurn leuchtend zu Boden. Die Rüstung, die sich darunter befand, war weniger farbenfroh. Sie war graugrün eingefärbt, wie bei den Nachtelfen üblich. Auf seiner Brustplatte befand sich allerdings das Symbol seines Hauses, eine Reihe goldener, von winzigen Diamanten eingerahmter Sterne. Auf einem Kartentisch lag ein in gleicher Weise verzierter Helm.

Der hagere Nachtelf blickte über seine spitze lange Nase hinweg. „Du hast dich einem direkten Befehl widersetzt! Ich werde dich in Ketten legen und –“

„Und ich werde sie verschwinden lassen, bevor Ihr sie schließen könnt. Dann werde ich die Armee verlassen, und vermutlich werden mich einige meiner Freunde begleiten.“

Er sagte dies beinahe nebensächlich, aber jeder verstand die Drohung. Sternauge starrte die drei anderen Adligen an, die sich mit ihm im Raum befanden. Sie blickten zurück, ohne zu reagieren. Niemand wollte den Kommandanten dazu drängen, sich seiner fähigsten Kämpfer zu entledigen.

Der ältere Nachtelf lächelte plötzlich. Malfurion unterdrückte ein Schaudern.

„Vergebt mir, Meister Rhonin. Ich habe zu hastig gesprochen, ja, zu hastig.“ Er griff in eine Gürteltasche, zog den weißen Schnupftabak heraus und zog ihn tief durch die Nase ein. „Wir sind doch alle vernünftig. Wir werden mit der Situation vernünftig umgehen, auch wenn sie einigen von uns aufgedrängt wurde.“

Er gestikulierte in Richtung des Zelteingangs. „Nun gut, dann bringt die … sie herein.“

Rhonin ging zum Eingang und rief hinaus. Zwei Soldaten traten vor. Ihnen folgte ein Offizier, der Malfurion gut bekannt war. Jarod Schattensang war der Hauptmann der Suramar-Wache, dem das Missgeschick widerfahren war, Krasus gefangen zu nehmen. Im Verlauf der Ereignisse war er zu einem zögerlichen Mitglied ihrer Gruppe geworden. Der verstorbene Lord Rabenkrone hatte ihn sogar zum Bewacher der Magier ernannt. Sternauge hatte nichts daran geändert, obwohl jedem längst klar geworden war, dass die Gruppe sich an keine Regeln hielt – vor allem nicht der ältere Magier.

Huln, der Furbolg, und Dungard folgten Jarod. Unmittelbar hinter ihnen eilte ein Dutzend Soldaten ins Zelt. Sie nahmen Aufstellung, um ihren Kommandanten falls nötig zu beschützen. Sternauges Nase kräuselte sich. Er bemühte sich nicht darum, seine Abneigung zu verbergen. Huln stand still wie ein Stein. Unng Ak grinste und zeigte scharfe Zähne. Dungard rauchte seine Pfeife.

„Ich möchte dich bitten, dieses Ding auszumachen“, sagte der Adlige.

Der Zwerg nahm einen weiteren Zug.

„Unverschämtheit! Wie könnt Ihr glauben, dass wir uns mit solchen Tieren vereinen?“, knurrte Sternauge, der seine an Rhonin gerichteten Worte bereits vergessen hatte. „Unser Volk wird sich nie darauf einlassen.“

„Als Kommandant müsst Ihr sie dazu bringen“, antwortete der Magier ruhig. „So wie die drei und die Repräsentanten der anderen ihre Völker dazu gebracht haben.“

„Ihr eingebildeten Nachtelfen braucht Leute, die zu kämpfen verstehen“, murmelte Dungard. Die Pfeife hing in seinem Mundwinkel. „Leute, die euch das echte Leben zeigen …“

Unng Ak bellte laut. Nach einem Augenblick erkannte Rhonin, dass er gelacht hatte.

„Wenigstens verstehen wir, was Zivilisation bedeutet“, gab einer der Adligen zurück. „Oder baden und Hygiene.“

„Vielleicht lassen euch die Dämonen ja als ihre Zimmermädchen am Leben.“

Der Adlige zog sein Schwert, die anderen Nachtelfen folgten seinem Beispiel. Dungard hob seine Axt mit solcher Geschwindigkeit, dass die Bewegung kaum zu sehen war. Huln reckte seinen Speer und schnaubte. Unng Ak schwang herausfordernd seine Keule.

Plötzlich erstrahlte ein bläulicher Blitz in der Mitte des Zeltes. Beide Seiten vergaßen ihren Streit, versuchten statt dessen, ihre Augen vor dem grellen Licht zu schützen. Malfurion wandte sich ab, um nicht geblendet zu werden und bemerkte, dass Rhonin nicht von der Helligkeit beeinträchtigt wurde.

Der Mensch trat zwischen die Parteien. „Das reicht! Das Schicksal von Kalindar, das Schicksal aller, die ihr liebt …“ Er zögerte einen Moment. Sein Blick wirkte, als sei er in weite Ferne gerichtet. „… aller, die ihr liebt, hängt davon ab, dass ihr eure lächerlichen Vorurteile vergesst!“

Rhonin sah zuerst Huln und seine Begleiter an, dann Sternauge und die anderen Adligen. Beide Seiten erweckten nicht den Anschein, als wollten sie einen zweiten Blitz riskieren.

Rhonin nickte zufrieden. „Gut. Da das jetzt alle verstanden haben, sollten wir anfangen, miteinander zu reden …“

Krasus stürzte schmerzhaft auf den Boden der Eishöhle.

Schwer atmend blieb er liegen. Der Zauberspruch, der ihn hierher gebracht hatte, war riskant gewesen, vor allem in seinem augenblicklichen Zustand. Die Höhle lag weit entfernt vom Lager der Elfenarmee – fast eine halbe Welt entfernt. Trotzdem hatte er den Zauber riskiert, auch wenn er nicht wusste, was dieser ihm antun würde und – schlimmer noch –, ob es nicht schon längst zu spät war.

Selbst Rhonin hatte er nichts von seinen Absichten erzählt. Der Magier hätte ihn wahrscheinlich begleiten wollen, doch einer von ihnen musste sich den potenziellen Verbündeten der Nachtelfen widmen. Krasus hatte vollstes Vertrauen in den Menschen, denn der hatte sich als flexibler und vertrauenswürdiger erwiesen als die meisten, die er in seinem langen Leben kennen gelernt hatte.

Als sich sein Atem beruhigt hatte, stand Krasus auf. In der eiskalten Höhle atmete er graue Wolken aus, die langsam zur Decke aufstiegen. Stalaktiten bildeten bizarre Eisformationen, der Felsboden war frostbedeckt.

Der Magier überprüfte seine Umgebung mit seinen überragenden Sinnen, fand jedoch keinen Hinweis auf eine andere Präsenz. Diese Erkenntnis beflügelte Krasus nicht gerade, überraschte ihn aber auch nicht. Er hatte die Katastrophe miterlebt, hatte gesehen, wie sich Neltharion, der Erdwächter – der große schwarze Drache – in seinem Wahnsinn gegen sein eigenes Volk stellte. Alle vier Schwärme hatten für ihren Widerstand bezahlen müssen, doch die Bewohner dieser Höhle hatten die größten Verluste erlitten.

Die Kinder von Malygos waren abgeschlachtet worden, ihren Herrn hatte Neltharion in weite Ferne geschleudert. Das war nur möglich gewesen, weil der Erdwächter die anderen Drachen dazu gebracht hatte, seine furchtbare Schöpfung mit Macht zu erfüllen.

Die Drachenseele … die man jetzt die Dämonenseele nannte.

„Malygos…“, rief Krasus. Der Name hallte durch die glitzernde Höhle. Früher war dies trotz der Kälte ein fröhlicher Ort gewesen, denn der blaue Schwarm bestand aus Wesen reinster Magie, die voller Freude waren. Wie hohl erschien die Höhle jetzt, wie leer.

Als die Antwort des Aspekts ausblieb, begann Krasus sich in der Höhle umzusehen. Vorsichtig bewegte er sich über den unebenen, glatten Boden. Er war ebenfalls ein Drache, gehörte jedoch dem roten Schwarm von Alexstrasza, der Mutter des Lebens, an. Zwischen den Blauen und den Roten hatte es nie Feindseligkeiten gegeben, trotzdem ging er kein Risiko ein. Malygos hatte sich vielleicht tiefer in das Höhlensystem zurückgezogen, und Krasus wusste nicht, wie der uralte Wächter reagieren würde. Die Trauer über das Massaker an seinem Volk hatte ihn in Wahnsinn treiben. Es würden Jahrhunderte vergehen, bis er sich davon erholte.

Krasus wusste das, weil er diese zukünftigen Jahrhunderte durchlebt hatte. Er hatte gegen Neltharions Verrat gekämpft. Neltharion, den man später einmal Todesschwinge nennen würde. Krasus war dabei gewesen, als die Drachen untergingen, als sie immer weniger wurden und die Angehörigen seines eigenen Schwarms mitsamt ihrer Königin zu Sklaven der Orcs wurden.

Der Drachenmagier sandte seine Sinne tiefer in die Höhle aus, doch egal, wo er auch suchte, Krasus fand nur Leere. Er schien in einem riesigen Grabmal zu stehen. Seine Suche förderte keine Lebensaura zutage, und er begann zu befürchten, dass seine Reise umsonst gewesen war.

Dann … sehr, sehr tief in den Höhlen … spürte er doch ein leichtes Flackern. Es war so schwach, dass Krasus es beinahe für eine Wunschvorstellung hielt, doch dann spürte er eine zweite, ähnliche Präsenz direkt daneben.

Er machte sich auf den Weg durch die glitschigen dunklen Gänge. Mehrmals rutschte Krasus aus und musste sich an den Wänden abstützen. Diese Gänge wurden normalerweise von Wesen benutzt, die hundertmal größer waren als er in seiner jetzigen Gestalt, und ihre riesigen Klauen überbrückten mühelos die Risse und Schluchten, durch die er klettern musste.

Krasus hätte sich am liebsten in einen Drachen verwandelt, doch in dieser Zeitperiode ging das nicht. Er und eine jüngere Version seiner selbst existierten hier gleichzeitig. Zusammen hatten sie Großartiges im Kampf gegen die Brennende Legion geleistet, aber es gab auch Einschränkungen. Keiner von beiden konnte die Gestalt verändern, die er angenommen hatte, und bis vor kurzem hatte jede Entfernung, die zwischen ihnen lag, sie stark geschwächt. Das zweite Problem hatte man zwar größtenteils lösen können, doch Krasus war immer noch in seinem sterblichen Körper gefangen.

Er hörte über sich einen Schrei und presste sich gegen die Wand. Ein großer ledriger Schemen flatterte an ihm vorbei. Es war eine wolfsgroße Fledermaus mit einem Katzengesicht, dichtem Fell und fingerlangen Krallen. Das Wesen wendete, um einen zweiten Angriff zu fliegen, aber Krasus hatte bereits die Hand erhoben.

Eine Feuerkugel raste der Fledermaus entgegen. Sie traf, schluckte das Wesen förmlich, bevor sie in sich zusammenfiel.

Die Asche, die auf Krasus herab regnete, waren die einzigen Überreste des Angreifers. Ein paar Flocken fing er auf. Neugierig untersuchte er sie mit seinen Sinnen und fand heraus, dass die Kreatur eine magische Schöpfung gewesen war, kein lebendes Wesen – ein Wächter des Meisters der Magie.

Krasus wischte sich die Reste der Fledermaus von den Fingern und setzte seinen Weg fort. Es ging ihm schlecht nach seiner Reise an diesen weit entfernten Ort, aber für sein Ziel war keine Anstrengung zu groß.

Zu seiner Überraschung spürte er vor sich eine Erwärmung. Sie nahm zu, als er weiterging, aber nicht so sehr, wie er angenommen hatte. Er runzelte besorgt die Stirn, als er die zweite große Höhle vor sich auftauchen sah. Seinen Berechnungen zufolge hätte es weitaus wärmer sein müssen.

Ein schwaches bläuliches Licht leuchtete ihm aus der Höhle entgegen. Krasus blinzelte kurz, um seine Augen daran zu gewöhnen, dann trat er ein.

Der Boden war voller blau leuchtender Eier. Es waren Hunderte. Manche waren nicht größer als eine Menschenfaust, andere reichten ihm fast bis zum Kinn. Unwillkürlich stieß er den Atem aus. Eine solch reiche Beute hatte er nicht erwartet.

Doch seine Hoffnungen sanken so schnell, wie sie gestiegen waren, denn eine genauere Untersuchung enthüllte die schreckliche Wahrheit. In den Eiern gab es große Risse, doch es waren nicht Anzeichen einer Geburt, sondern die des Verfalls. Krasus legte seine Hand auf eines der größeren Eier, spürte jedoch keine Bewegung.

Er ging von einem Nest zum nächsten, spürte, wie seine Verbitterung mit jedem Schritt wuchs. Die Geschichte schien sich zu wiederholen, obwohl er alles tat, um das zu verhindern. Die Zukunft des blauen Drachenschwarms lag vor ihm, aber es war eine Zukunft ohne Hoffnung, wie schon beim ersten Mal. In der Zeitlinie, die Krasus kannte, war es Malygos nicht gelungen, sich rechtzeitig von der Lähmung zu befreien, mit der Neltharion ihn verflucht hatte. Als er zurückkehrte, war die Magie der Eikammer – Magie, die an den Aspekt gebunden war – längst erloschen. Ohne Schutz vor der Kälte waren die Eier zerstört worden und mit ihnen jegliche Hoffnung. In einer weit entfernten Zukunft hatte Alexstrasza Malygos angeboten, ihm beim Wiederaufbau seines Schwarms zu helfen, doch zum Zeitpunkt von Krasus’ Abreise hatte man den Plan noch nicht in die Tat umgesetzt.

Krasus hatte trotz allem, was er Rhonin gepredigt hatte, versucht, die Zukunft seiner Welt zu verändern. Er hatte gehofft, er könne die Nester retten und an einen sicheren Ort bringen. Doch der ständige Kampf gegen die Dämonen und die lästigen Auseinandersetzungen mit uneinsichtigen Nachtelfen hatten ihn zu lange aufgehalten.

Oder? Hoffnungsvoll betrachtete Krasus ein halb entwickeltes Ei. Er spürte das Leben darin. Es war keine starke Aura, aber mit ein wenig Wärme würde es sich erholen.

Er überprüfte ein weiteres und kam zu dem gleichen Ergebnis. Die Eier, die er danach untersuchte, enthielten jedoch kein Leben mehr. Er biss die Zähne zusammen und eilte zum nächsten Nest.

Er entdeckte vier weitere gesunde Eier, legte den Finger auf jedes einzelne und markierte sie mit einem leichten goldenen Leuchten, dann setzte er seine Suche fort.

Am Ende hatte er weit weniger lebende Eier gefunden, als er gehofft, aber mehr, als er befürchtet hatte. Der Drachenmagier betrachtete jene, die er markiert hatte. Ihr Leuchten ließ sie aus den anderen in der gewaltigen Höhle herausragen. Er wusste mit absoluter Sicherheit, dass es keine weiteren gab. Jetzt musste er dafür sorgen, dass sie nicht ebenso starben wie der Rest.

Die anderen Drachen, sogar seine geliebte Alexstrasza, waren für seine Sinne unsichtbar. Er nahm an, dass sie sich irgendwo verbargen, um sich von der schrecklichen Macht der Dämonenseele zu erholen. Seine Erinnerungen an diese Zeitperiode waren lückenhaft. Das war das Ergebnis seiner Reise und seiner Verletzungen. Die anderen Schwärme würden schließlich den Kampf wieder aufnehmen, aber für Malygos’ Volk kam jede Hilfe zu spät. Sogar sein jüngeres Ich war unauffindbar. Korialstrasz, der bei seinem heldenhaften Kampf gegen Neltharion schwer verletzt worden war, hatte sich aufgemacht, um nach den anderen Drachen zu suchen.

Also musste Krasus seine Entscheidung allein treffen. Bevor er zu Malygos’ Nest aufgebrochen war, hatte er über einen sicheren Ort für die Dracheneier nachgedacht. Doch keiner stellte ihn zufrieden. Sogar die Lichtung des Halbgottes Cenarius hatte seinem prüfenden Blick nicht genügt. Die gehörnte Gottheit war zwar der Mentor von Malfurion Sturmgrimm und wahrscheinlich ein Kind des Drachen Ysera, aber Krasus wusste, dass Cenarius sich um zu viele Dinge gleichzeitig kümmern musste.

„So soll es sein“, murmelte der Magier.

Mit dem Finger malte er einen Kreis in die Luft. Goldene Funken markierten die Spur, die sein Finger hinterließ. Der Kreis war perfekt und sah aus, als habe man ihn aus der Luft herausgeschnitten.

Der Magier berührte ihn in der Mitte mit den Fingerspitzen und entfernte den Kreis. Eine weiße Lücke erschien vor ihm, bot einen Weg aus der Welt der Sterblichen.

Krasus flüsterte Worte. Der Rand des Kreises leuchtete rot auf. Etwas stöhnte im Inneren. Kleine Steine rollten auf die Lücke zu. Krasus murmelte andere Worte. Die Lücke begann stärker zu saugen, doch die Steine blieben liegen. Statt dessen begannen die Eier zu zittern. Sogar in denen, die kalt und tot war, schien sich etwas zu regen.

Doch das stimmte nicht. Eines der lebendigen Eier, das sich neben Krasus’ Schöpfung befand, wurde angehoben. Langsam flog es auf die Lücke zu. Ein zweites, ebenfalls markiertes Ei folgte ihm, dann verließ auch der Rest die Nester. Die toten Eier zitterten weiter, schwebten aber nicht auf die Lücke zu.

Krasus beobachtete, wie die Zukunft von Malygos’ Schwarm langsam in das Loch eindrang.

Jedes Ei, das sich der Lücke näherte, schrumpfte, bis es hinein passte. Nach und nach verschwanden Krasus’ wichtige Fundstücke in der weißen Öffnung.

Als auch das letzte hinein geflogen war, versiegelte der Magier die Öffnung. Eine Sekunde lang glomm noch ein goldener Funke, dann verschwand die Lücke spurlos.

„Genug zum Überleben, aber nicht mehr“, murmelte Krasus. Es würde Jahrhunderte dauern, bis die Blauen die Verluste überwunden hatten. Selbst wenn jedes Ei ausgebrütet wurde, würde es auch in der Zeitperiode, aus der er stammte, nicht viele blaue Drachen geben.

Aber wenige waren besser als keine.

Krasus taumelte, als Schwindel und Erschöpfung ihn überkamen. Beinahe wäre er gestürzt. Er hatte die Ursachen der Krankheit, die ihn seit seiner Ankunft in der Vergangenheit quälte, zwar fast ergründet – er und sein jüngeres Ich teilten sich die gemeinsame Lebenskraft –, aber es gab immer noch Überraschungen.

Doch ausruhen konnte er sich nicht. Die Eier waren in Sicherheit, befanden sich in einem winzigen Universum, in dem die Zeit so langsam lief, dass sie keine Rolle spielte. Sie würden so lange dort bleiben, bis er sie jemandem übergeben konnte, dem er vertraute … vorausgesetzt, er überlebte den Krieg.

Der Gedanke an den Krieg brachte Krasus’ Stärke zurück. Er setzte zwar große Hoffnungen in Rhonin und Malfurion, doch der Ausgang des Kampfes war alles andere als klar. Die Zeitlinie hatte sich verändert. Es war möglich, dass die Brennende Legion, die den Krieg einst verloren hatte, ihn dieses Mal gewann. Nun, da Krasus seine eigene Veränderung der Zeitlinie abgeschlossen hatte, musste er die Nachtelfen und die anderen mit aller Kraft unterstützen. Es musste eine Zukunft geben.

Krasus wob langsam den Zauber, der ihn zurückbringen würde und betrachtete währenddessen die toten Eier.

So würde die Zukunft aussehen, wenn die Dämonen siegten: kalt, dunkel, leblos. Eine Ewigkeit vollkommener Leere.

Der Drachenmagier stieß ein lautes Zischen aus und verschwand.

ZWEI

Zin-Azshari. Einst hatte die Stadt am Rand des Brunnens als Höhepunkt nachtelfischer Baukunst gegolten. Sie war die Heimat von Azshara, ihrer geliebten Königin. Ihr zu Ehren hatten die Nachtelfen ihre Hauptstadt sogar umbenannt.

Doch heute bestand Zin-Azshara nur noch aus Ruinen. Hier hatte die Brennende Legion ihre Invasion begonnen.

Wölfische Teufelsbestien trotteten durch die Trümmerberge und suchten nach den unverwechselbaren Spuren von Leben und Magie. Die beiden Tentakel, die sich oberhalb ihrer Schultern befanden, zuckten umher, als seien sie von einem eigenen Willen beseelt. Die zahnbewehrten Saugnäpfe an ihren Enden öffneten und schlossen sich hungrig. Teufelsbestien liebten es, einem Magier die Lebensenergie und Magie auszusaugen, doch die spitzen Zahnreihen in den Mäulern verrieten, dass sie auch Fleisch nicht verachteten.

Zwei der Dämonenhunde, die in den Ruinen eines fünfstöckigen Baumhauses umherschnüffelten, hoben den Kopf, als sie das Geräusch marschierender Soldaten und das Klappern von Metall hörten. Reihe um Reihe zogen die Krieger an ihnen vorbei. Ihr Ziel war die Nachtelfen-Armee, einige Tagesmärsche entfernt. Die Teufelswachen bildeten das Rückgrat der Invasoren. Von ihrer Art gab es mehr als von allen anderen zusammen genommen. Sie waren mehr als drei Meter groß, hatten breite Schultern, aber seltsam schlanke, fast schon dürre Hüften. Geschwungene Hörner ragten aus ihren fleischlosen Schädeln. Aus blutroten Augen beobachteten sie misstrauisch die zerstörte Landschaft. Sie marschierten zwar diszipliniert, aber ihre Ungeduld war deutlich spürbar, denn die Teufelswachen lebten für den Kampf. Ab und zu pöbelte ein Krieger einen anderen an, doch Schlägereien blieben aus. Dafür sorgten die Peitschen der geflügelten Verdammniswachen, die über den Regimentern schwebten. Sie waren etwas größer als ihre Brüder am Boden, unterschieden sich sonst von ihnen aber nur durch ihre höhere Intelligenz und geringere Zahl.

Obwohl Zin-Azshari von dichtem Nebel durchzogen war, konnten sich die monströsen Armeen mühelos orientieren. Der Nebel gehörte zu ihnen wie die Schwerter, Äxte und Lanzen, die sie schwangen. Die grünlichen Schwaden harmonierten mit den Flammen, die jeden Dämon umgaben.

Die Schädel gemeuchelter Nachtelfen verfolgten den Marsch der Brennenden Legion aus leeren Augenhöhlen. Sie waren zu Beginn der Invasion von der Königin, die sie so verehrt hatten, getötet worden. Nur die Hochgeborenen, die Diener der Königin, waren dem Massaker entgangen. Ihre Quartiere lagen hinter hohen Mauern, die verhinderten, dass ihre feinen Sinne von dem Blutvergießen gestört wurden. In ihren farbenfrohen Roben warteten sie auf Azsharas Befehle.

Die Krieger des Palastes hielten immer noch Wache auf den Türmen. In ihren Blicken loderte der gleiche Fanatismus wie er den Dämonen zu eigen war. Kommandiert wurden sie von Hauptmann Varo’then, der trotz seines Ranges die Macht eines Generals hatte. Er vertrat den Willen der Königin, wenn Azshara nicht der Sinn nach Staatsgeschäften stand. Die Soldaten waren ihm treu ergeben. Sie waren bereit, sich zusammen mit den Dämonen gegen ihr eigenes Volk zu stellen. Das Massaker an der Stadtbevölkerung hatten sie ohne eine Reaktion hingenommen. Wie fast alle Bewohner des Palastes waren sie Azhara hörig und dienten dem Herrn der Brennenden Legion.

Sargeras.

Eine Person, die weder der Königin noch dem Dämon diente, hing in einer Zelle tief unter dem Palast und versuchte sich durch Gebete zu ihrer Göttin von ihrer Furcht abzulenken.

Tyrande Whisperwind war in einem Alptraum erwacht. Sie erinnerte sich vage an eine furchtbare Schlacht, in der die Priesterinnen der Elune – Mutter Mond – gekämpft hatten. Tyrande hatte sich am Kopf verletzt, als sie von ihrem tödlich getroffenen Reittier stürzte. Malfurion hatte sie in Sicherheit gebracht. Danach verschwammen die Erinnerungen in ihrem Geist. Sie nahm furchtbare Bilder und Geräusche wahr, sah ziegenähnliche Kreaturen, die mit langen Klauen nach ihr griffen, hörte Malfurions verzweifelte Rufe und dann –

Und dann war die Priesterin hier erwacht.

Aus silbernen Augen sah sie sich zum vielleicht tausendsten Mal in ihrem Kerker um. Sie presste die Lippen zusammen und suchte nach innerer Ruhe. Dann schüttelte sie den Kopf. Ihrer langes bläuliches, von silbrigen Strähnen durchsetztes Haar wurde nicht mehr von einem Helm gehalten und fiel locker über ihre Schultern. Nichts hatte sich seit Tyrandes letzter Untersuchung der Zelle verändert. Wieso hatte sie überhaupt darauf gehofft?

Ihre Handgelenke und Knöchel waren nicht gefesselt, doch das spielte keine Rolle. Eine leuchtende grüne Aura, die ein Stück über dem Steinboden schwebte, hüllte sie von Kopf bis zu den Füßen ein. Darin stand Tyrande, die Arme über den Kopf gestreckt, die Beine fest aneinander gepresst. Die Hohepriesterin hatte alles versucht, aber sie konnte ihre Gliedmaßen nicht bewegen. Die Magie des großen Dämons Archimonde war der ihren in diesem Punkt weit überlegen.

Und doch hatte Archimonde sein höchstes Ziel nicht erreicht. Es war von Anfang an klar gewesen, dass er sie foltern und ihren Willen brechen wollte, damit sie sich ihm und seinem Herrn unterwarf. Dazu standen ihm Mittel wie seine eigene furchtbare Fantasie zur Verfügung sowie die dunklen Künste der Hochgeborenen und der teuflischen Satyrn.

Aber als der Dämon zu seiner Folter ansetzte, bildete sich eine feine Aura aus Mondlicht um den Körper der Priesterin. Weder Archimonde noch seinen Sklaven gelang es, sie zu durchstoßen. Tyrandes Rüstung hätte sie vor seinen Angriffen ebenso wenig schützen können wie der dünne silbrige Umhang, den man ihr vom Leib gerissen hatte – doch die Aura wirkte wie eine meterdicke Mauer. Immer wieder warf sich Archimonde dagegen, immer wieder scheiterte er. Wütend griff der tätowierte Riese schließlich nach einer ahnungslosen Teufelswache und zerfetzte ihr mit einer nachlässigen Bewegung die Kehle.

Von diesem Tag an ließ man Tyrande in Ruhe. Die Dämonen hielten den Sieg über die Armee der Nachtelfen wohl für wichtiger als den über eine einsame Priesterin. Natürlich würde sich das irgendwann ändern, denn die Satyrn, von denen sie durch das magische Portal getragen worden war, hatten ihrem Herrn berichtet, dass sie jenem nahe stand, den Archimonde jagte – Malfurion. Die Dämonen würden Tyrande gegen ihn einsetzen, das war die größte Furcht der Priesterin. Sie wollte nicht die Schuld an Malfurions Untergang tragen.

Sie hörte Schritte in den Gängen des Kerkers. Besorgt hob sie den Kopf, als jemand die Zellentür aufschloss. Ein Nachtelf, den sie fast so sehr fürchtete wie Archimonde, trat ein. Der vernarbte Offizier trug eine grün schimmernde Rüstung, auf deren Brust goldene Sonnenstrahlen leuchteten. Seine eng zusammen stehenden Augen schienen nie zu blinzeln, und wenn er Tyrande ansah, bohrte sich ihr Blick so tief in ihre Seele, dass sie zur Seite schauen musste.

„Sie ist bei Bewusstsein“, sagte Hauptmann Varo’then zu einer Person, die hinter ihm stand.

„Dann lasst mich eintreten“, antwortete eine verführerisch klingende, weibliche Stimme. „Ich will wissen, was Lord Archimonde an dieser Beute findet.“

Varo’then trat mit einer eleganten Verbeugung zur Seite. Tyrande hielt die Luft an, obwohl sie bereits geahnt hatte, wer hinter ihm stand.

Königin Azshara war genau so schön und perfekt, wie es die Geschichtenerzähler behaupteten. Glänzendes silbernes Haar fiel über ihren Rücken. Ihre Augen waren golden, ihre Lider halb geschlossen, ihre Lippen voll und verführerisch. Sie trug eine Seidenrobe, die zu ihrem Haar passte und so durchscheinend war, dass man ihren schlanken Körper darunter mehr als nur erahnen konnte. Juwelenarmbänder umschmiegten ihre Handgelenke, dazu passende Ohrringe hingen von den Ohrläppchen fast bis zu den Schultern herab. In die Tiara, die ihr Haar zurückhielt, hatte man einen Rubin eingearbeitet, der das flackernde Fackellicht blendend hell reflektierte.

Eine zweite Frau befand sich hinter der Königin. Unter normalen Umständen hätte sie als schön gegolten, doch neben Azshara verblasste sie. Die Zofe trug fast die gleiche Kleidung wie ihre Herrin, nur die Qualität war deutlich schlechter. Sie trug die gleiche Frisur, aber ihre silbernen Haare waren gefärbt und wirkten stumpf. Nur ihre Augen hoben sich ab. Sie waren zwar ebenso silbrig wie die der meisten Nachtelfen, aber katzenhaft geschwungen.

„Das ist sie?“, fragte die Königin sichtlich enttäuscht, nachdem sie den ersten Blick auf ihre Gefangene geworfen hatte.

In Azsharas Gegenwart fühlte sich Tyrande noch unbedeutender als die Zofe. Sie hätte sich am liebsten das Blut und den Schmutz vom Gesicht gewischt, doch das ging nicht. Die Priesterin wusste zwar, dass die Königin ihr Volk verraten hatte, spürte aber trotzdem den Wunsch, vor ihr niederzuknien – so gewaltig war das Charisma der Monarchin.

„Ihr solltet sie nicht unterschätzen, Licht der Lichter“, antwortete der Hauptmann. Der Blick, mit dem er Azshara betrachtete, war voll brennender Sehnsucht. „Sie scheint unter dem Schutz der Elune zu stehen.“

Das schien die Königin nicht zu beeindrucken. Sie kräuselte ihre perfekte Nase, dann fragte sie: „Wer ist schon Elune, verglichen mit dem großen Sargeras?“

„Weise gesprochen, Euer Majestät.“

Azshara trat näher heran. Jede auch noch so kleine Bewegung wirkte berechnet, so als wäre sie eine Schauspielerin vor ihrem Publikum. Tyrande hätte am liebsten vor ihr gekniet.

„Auf eine derbe Art ganz hübsch“, sagte die silberhaarige Königin beiläufig. „Sie wäre vielleicht eine brauchbare Zofe. Was hältst du davon … wie heißt sie noch, Hauptmann?“

„Tyrande“, erklärte Varo’then mit einer knappen Verbeugung.

„Tyrande … wärest du gern meine Zofe? Du könntest im Palast leben und vielleicht einmal eine Vertraute von mir und meinem Herrn werden. Was meinst du?“

Die andere Nachtelfe starrte ihre Königin entsetzt an. Sie versuchte noch nicht einmal, ihre Eifersucht zu verbergen.

Tyrande biss die Zähne zusammen. Dann sagte sie: „Ich habe mein Leben Mutter Mond gewidmet, mein Herz gehört ihr.“

Eine Boshaftigkeit, die fast schon der Hauptmann Varo’thens gleichkam, verzerrte die Gesichtszüge der Königin. „Undankbare kleine Schlampe! Und auch noch eine Lügnerin! Du verschenkst dein Herz doch sehr leichtfertig, zuerst an den einen Bruder, dann an den anderen. Habe ich noch welche vergessen?“ Als Tyrande nicht antwortete, fuhr Azshara fort: „Kann man mit Männern nicht wundervoll spielen? Macht es nicht Spaß, wenn sich deine Geliebten wegen dir streiten? Der Anblick des Blutes, das nur wegen dir fließt … Ich muss dich loben! Brüder, Zwillinge auch noch, das zeugt von Stil. Du siehst zu, wie sie ihre Familienbande abstreifen, bis sie sich gegenseitig die Kehle zerfetzen wollen … nur um dir zu gefallen.“

Varo’then kicherte. Die Zofe lächelte boshaft. Tyrande spürte, wie eine Träne über ihre Wange rollte und verfluchte ihre Gefühle.

„Oh, verzeih mir. Habe ich ein unangenehmes Thema angesprochen? Ich entschuldige mich. Der arme Malfurion, der arme Illidan … das sind doch ihre Namen, oder? Vor allem um Illidan tut es mir leid. Es ist eine Tragödie, was mit ihm geschehen ist. Kein Wunder, dass er das getan hat.“

„Was getan hat?“, stieß Tyrande hervor. „Was ist mit Illidan?“

Aber Azshara hatte sich bereits zu Varo’then und ihrer Zofe umgedreht. „Sie braucht Ruhe, findest du nicht, Hauptmann? Komm, Lady Vashj. Ich möchte wissen, welche Fortschritte es bei dem Portal gibt. Ich muss schließlich bereit sein, wenn Sargeras kommt.“

Die Königin sprach den Dämonennamen voller Leidenschaft aus. „Ich will gut für ihn aussehen …“

Die Wachen traten zur Seite, als Hauptmann Varo’then Azshara und Lady Vashj zur Tür brachte. Die Herrscherin der Nachtelfen drehte sich im Gang noch einmal kurz zu der gefangenen Priesterin um. „Du solltest wirklich darüber nachdenken, meine Zofe zu werden. Dann könntest du beide gegeneinander ausspielen … natürlich erst, wenn ich mit ihnen fertig bin.“

Die eiserne Tür fiel ins Schloss, und Tyrandes Hoffnungen erstarben. In ihren Gedanken sah sie Malfurion und Illidan. Malfurion war dabei gewesen, als sie entführt wurde, und Tyrande wusste, dass er sich schuldig fühlte. Sie befürchtete, dass er durch diese Gefühle draufgängerisch und ein leichtes Ziel für die Dämonen werden würde.

Und dann gab es da auch noch Illidan. Kurz vor der letzten Schlacht hatte er herausgefunden, in welche Richtung Tyrandes Gefühle gingen. Er hatte es nicht gut aufgenommen. Mit ihren Bemerkungen hatte Azshara die Priesterin zwar gewiss gezielt verletzen wollen, doch ein gewisser Wahrheitsgehalt war nicht auszuschließen. Sie kannte Illidan gut genug, um zu wissen, wie sehr er außer Kontrolle geraten konnte. War das vielleicht geschehen? Hatte er sich wegen ihrer Ablehnung zu etwas Schrecklichem hinreißen lassen?

„Elune, Mutter Mond, beschütze sie beide“, flüsterte sie. Tyrande machte sich zwar die größten Sorgen um Malfurion, aber auch seinen Zwilling mochte sie immer noch. Zudem wusste die Priesterin, wie schlecht es Malfurion ergehen würde, sollte seinem Bruder etwas zustoßen.

Daran dachte Tyrande, als sie hinzufügte: „Mutter Mond, was auch immer mir widerfahren sollte, bitte rette Illidan für Malfurion. Trenne sie nicht. Lass Illidan nicht –“