Wörter statt Möbel - Aglaja Veteranyi - E-Book

Wörter statt Möbel E-Book

Aglaja Veteranyi

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Beschreibung

In ihrem kurzen Leben hat Aglaja Veteranyi zahlreiche Notizbucher und Makulaturblätter mit Texten gefullt. Sie hat ihre Wörter und Sätze fortlaufend durchgestrichen, um- und neu geschrieben und von einem Text in den andern wandern lassen. So umfasst ihr Nachlass trotz der zwei postum veröffentlichten Bucher "Das Regal der letzten Atemzuge" und "Vom geräumten Meer" noch eine beträchtliche Anzahl unveröffentlichter Texte. Die Nachlass-Erschliessung im Schweizerischen Literaturarchiv wurde 2016 abgeschlossen. Das erlaubte es Jens Nielsen, Ursina Greuel und Daniel Rothenbuhler ab Anfang 2017, zwei Bände mit bisher unveröffentlichten oder nur in Zeitschriften zugänglichen Texten Aglaja Veteranyis zur Veröffentlichung vorzubereiten. Der erste der zwei Bände, "Wörter statt Möbel", enthält Kurz- und Kurzestgeschichten, Gedichte, Spruche und Tipps, Minidramen und den grossen Monolog Mamaia. Diese Texte hat die Autorin auch fur Buhnenauftritte geschrieben, die sie allein oder gemeinsam mit ihrem Lebens- und Schaffensgefährten Jens Nielsen bestritt. Allen gemeinsam ist die der Autorin eigentumliche Mischung von surrealer Groteske, tieftraurigem Sarkasmus und abgrundiger Komik.

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Aglaja Veteranyi

Wörter statt Möbel

 

edition spoken script 281. Auflage, 2018© Der gesunde Menschenversand, LuzernAlle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 978-3-03853-083-1eISBN: 978-3-03853-152-4

 

Herausgeber: Ursina Greuel, Jens Nielsen,Daniel Rothenbühler

 

Gestaltung: hofmann.to

 

e-Book: mbassador GmbH, Basel

 

Herzlichen Dank für die Unterstützung an:Stadt Zürich Kultur, Fachstelle KulturKanton Zürich, FUKA-Fonds Stadt Luzern,Regionalkonferenz Kultur Region Luzern,Genossenschaft Buch 2000

 

Der gesunde Menschenversand wird vomBundesamt für Kultur mit einem Struktur-beitrag für die Jahre 2016-2020 unterstützt.

 

www.menschenversand.ch

 

Die editorische Arbeit der Herausgeberinund der Herausgeber wurde massgeblichunterstützt durch das vom Migros-Kultur-prozent 2015 neu geschaffene Förder­-projekt «Schätze heben».

Geschichten

Die kleine Sabine

Das Kind

Der finsterste Mann

Das abgebrochene Kind

Die Erbschaftsbekanntmachung

Die Tochter

Sonntagsverkauf

F wie Heimat

Hier, wo ich wohne

Der Adler

Das frohe Ereignis

Die Wende

In einem Museum

Zum Lüften

Im Zoo

Zum Beispiel

Gewiss

Der Koffer

Am Morgen sagte die Frau

Mein früheres Leben

Mein Freund

Generaldirektor Dr. Dr.

Töchterchen 1 & Töchterchen 2

Die Reise des Herrn P.

Preisausschreiben

Die Einladung

Der Durchbruch

Roman

Der Revoluzzer

Anfang

Gedichte

Das leere Zimmer

Aufschwung

Einfach fabelhaft

Über die allmähliche Verfertigung des Lochs beim Rauchen

Muttergasse

Ana lebt

Engel, arbeitslos

Intensives Leben

SprücheundTipps

Aufgepasst! Aufgepasst!

Nehmen Sie Ihr Leben selbst in die Hand!

Barusklaptumus Plaps Menü

Schreihilfe

Reisetipp

Wie werde ich mein Denkfett los?

Anweisungen zum korrekten Husten

Das Lesen dieser Sicherheitsvorschrift

Minidramen

EinAkt

Ohne Titel

Ich habe geträumt

Ohne Titel

Heimat

Erinnerst du dich?

Ich denke mir manchmal Löcher aus

Das Fragezimmer

Das andere Zimmer

Das Ehezimmer

Der behördlich anerkannte Vater

Zirkusgeschichte

Anschauung

Das überflüssige Schicksal

Führen Sie Ihr Wasser an der Leine!

Orte

Monolog

Mamaia oder Traurigkeit machen dich alt

Nachwort

Am Unwahrscheinlichen lernen

Anhang

Editorischer Bericht

Geschichten

 

Die kleine Sabine

Die kleine Sabine legte ihr müdes Buch ins Bett und erzählte ihm eine Geschichte. Nur so kommen die Geschichten in die Bücher rein, hatte Sabine von ihrem Vater gelernt.

 

Das Kind

Das ersehnte Kind hatte sich als wuchernder Tumor entpuppt. Es musste der Mutter in einer Operation entfernt werden.

Ein Schriftsteller las diese Zeitungsmeldung und machte daraus eine Geschichte. Als die operierte Frau davon erfuhr, suchte sie den Schriftsteller auf und erzählte ihm die Geschichte, die er geschrieben hatte. Der Schriftsteller wurde wütend und jagte die Frau aus seinem Haus.

 

Der finsterste Mann

Der finsterste Mann der Welt zog von Ort zu Ort und zeigte sein furchterregendes Gesicht. Er hiess Vater und war bei den Kindern sehr beliebt.

 

Das abgebrochene Kind

Meine Puppe hat sich neulich erhängt. Seitdem habe ich ein Loch in die Wand gebohrt und schaue ins andere Zimmer. Heute Morgen kroch ein Männlein zu mir herein, das aussah wie eine Wurzel, und streckte mir seine lange Zunge entgegen, an der eine Geschichte hing. Wie ich die Geschichte packen wollte, verwandelte sie sich in einen Stein. Der Stein heisst Das abgebrochene Kind und wohnt bei mir im Waisenhaus.

 

Die Erbschaftsbekanntmachung

Die Trauerfamilie scharte sich um den Ventilator, der Sommer war heiss. Bis heute hatte niemand von der reichen Tante gehört. Und jetzt vermachte sie alles den Hinterbliebenen.

Und es hatte genug für alle.

Und es musste sich niemand streiten.

Und der Ventilator fiel nicht aus.

Und die reiche Tante war fast tot.

 

Die Tochter

Den Frauen ist das Fischen verboten.

Einmal im Jahr bilden die Männer der Stadt eine Brücke und tragen den grossen Fisch durch die Strassen. Von seinem Fleisch darf niemand essen.

Nach dem tagelangen Lauf wird der Fisch in eine Grube gelegt, ausserhalb der Stadt. Die Grube ist ein Mund.

Dort wird der Fisch von der Erde allmählich gegessen.

Aus seinen Gräten werden Lanzen gemacht.

Wenn sich eine Frau über das Verbot hinwegsetzt, werden ihr die Hände damit durchbohrt.

Als Zeichen der Liebe.

 

Sonntagsverkauf

Ein Land wurde so reich, dass die Menschen das Schenken abschafften.

Es muss einem schlecht gehn, um zu schenken, sagte jemand.

Die Geschenkindustrie bot zu Weihnachten was Besonderes an: Jeder konnte sich ein Stück Hunger kaufen.

 

F wie Heimat

Sie stieg in ihre Heimat, die war so gross wie eine Fusssohle, und begann wild zu singen. Alle, die vorbeikamen, blieben stehen, sie blieben stehen, aber nicht richtig, sondern zitterten von einer Strassenecke zur anderen.

Später kam die Polizei und bewarf die Fremde mit Wörtern aus Buchstaben.

 

Hier, wo ich wohne

Endlich habe ich einen Reisepass bekommen! Ich werde mir jetzt ein Leben wachsen lassen, um die Welt zu sehen. Als erstes will ich in den Krieg. Ich habe schon viel von ihm gehört. Hier, wo ich wohne, ist er aber nicht lebensgross. Nur konserviert, im Kasten, hinter Glas.

Oder in Wort gepresst. Es gibt Reisegesellschaften, die Kriegsführungen organisieren. Günstige Familienreisen werden angeboten. Das besondere Geschenk. Ich will endlich jemanden sterben sehen. Hier, wo ich wohne, werden mir die Sterbenden vorenthalten.

 

Der Adler

Zwei Männer marschierten in einer Kolonne nebeneinander, lange, sprachen kein Wort. Nur ein einziges Mal brachen sie ihr Schweigen, um dann wieder zu verstummen. Der eine erblickte einen Adler, der auf der ungeheuren Höhe seines Fluges neugierig am Boden nach Beute spähte, und sagte vor sich hin:

«Die Augen eines Adlers müsste man haben.»

«Die Augen eines Adlers?», fragte der andere, wie aus einem Traum erwachend. Dann sagte er, ohne eine Antwort zu erwarten: «Und ich wünschte mir die Augen eines Gerechten.»

Es war Krieg.

 

Das frohe Ereignis