Wunderbar dunkel. Wunderbar kalt. - Sebastian Deya - E-Book

Wunderbar dunkel. Wunderbar kalt. E-Book

Sebastian Deya

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Beschreibung

Leben im Schatten Es fegt durch die Stadt, um den Turm die erste Bö vom Wintersturm auf den der Glöckner wartet nun vom letzten Stündlein kund zu tun. Die Straßen sind menschenverlassen ins Heimatgemäuer fliehen die Massen nur mancher irrt umher vergebens suchend nach dem Sinn des Lebens im tiefen Schnee die Spuren führen vor blut'ge Flecken vor den Türen wo Menschen auf der Stelle traten die vergeblich dort um Einlass baten. Erfrierend steht im Minirock die Straßendirne und hat Bock keiner hält inne, nicht einer weint, nicht einer weiß, wie Ernst sie's meint. Der Mensch trauert um sein Leben dessen eine Hälfte er vergeben versucht die andre zu vergessen die er durchgeackert wie besessen. Es macht sich breit in kalter Luft des Winters frost'ger Todesduft atmet schwer, atmet tief er läuft weiter, wie er lief auf den ihm bestimmten Wegen gerade seinem Ende entgegen. In dunklen Ecken klingen Stimmen man sieht glühend Kippen glimmen Atem weht durch Schall und Rauch wie letzter Hoffnung zarter Hauch im Dunkel hält sich gut versteckt ein Rest von Leben noch bedeckt. Der einen Schatz sein eigen nennt den der Mensch bis heut nicht kennt; als er seinen Gott um Gnade gebeten hat man ins Unterholz Pfade getreten im tiefsten Schnee bezeugt selbst nur über höchste Gipfel führend die Spur unter Wurzeln mächtiger Bäume liegen tief begraben neue Träume. Die bereit sind jene vorzuholen die sich ins Dunkel fort gestohlen noch nicht vom Leben überrannt lebt ein Rest von Leben unerkannt. Der Winter späht mit Argusaugen die Reste in sich einzusaugen dumpf läutet es vom alten Turm das Ende ein schon für den Wurm. Es fegt durch die Stadt, um den Turm des letzten Winters erster Sturm.

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Impressum

Wunderbar dunkel.

Wunderbar kalt.

Verlag:

Mondschein Corona

Teckstraße 26

73207 Plochingen

Finisia Moschiano und Michael Kruschina GbR

www.mondschein-corona-verlag.de

Covergestaltung: Finisia Moschiano

www.kunstfabrik-20136.webnode.com

©Die Rechte des Textes liegen bei Sebastian Deya &

©Mondschein Corona Verlag

Veröffentlichung 2014

Lektorin:

Bianca Weirauch

Entschuldige! Bitte!

Das hier geht raus! Für dich! Für dich!
Ich bitte dich! Entschuldigst du mich?
Für jede Nacht, in der ich einen Traum dir säte
für jeden Tag, an dem ich ihn nieder mähte
für jedes Versprechen, das ich an Dich aussprach
für jedes Wort, mit dem ich es dann wieder brach
für jeden Tag, an dem einer an mich glaubte
für jede Nacht, in der ich einen Glauben raubte
an jeden, der sich meiner noch angenommen!
Für alles, was Du dafür zum Dank bekommen?
Das hier geht raus! An dich! An Dich!
Ich bitte dich! Entschuldigst du mich?
An jeden, der glaubte an den Drogendealer
an jeden, der hoffte auf Vernunft im Spieler
an jeden, der mir nachts noch gerne lieh sein Ohr
an jeden, dem ich darin meine Treue schwor
an jeden, der seine Hoffnung in mich setzte
an jeden, der sich an Dornen so verletzte
an jeden, der sich meiner doch angenommen!
Für alles, was Du dafür zum Dank bekommen?
Das hier geht raus! An Dich! An Dich!
Ich bitte Dich! Entschuldigst du mich?
Für jedes Gedicht, dass ich nicht an euch dichte?
Für jedes Wort, mit dem ich danach richte
Weil ich Nacht für Nacht, wetteifernd
Tag für Tag nach mehr Neid geifernd
Stück um Stück mich weiter verlor
Bitt' ich Dich nun! Stell es dir vor,
wenn wir uns wieder begegnen! Danke ich dir!
Für ein Ziel! Auf meinem Weg zurück zu mir!

Flaschenpost

Siehst Du mich hier winkend treiben?
Wer Du auch bist, ich bin für dich!
Siehst Du mich hier sinkend bleiben?
Wo Du auch bleibst, hier treibe ich -
auf der Suche fort, ganz unpoetisch
nach unsrem Heimatorte
versinke ich, ganz unpathetisch
mit jedem meiner Worte!

Haiku

Einsame Herbstnacht Von den Dächern tropft Regen In unser Schweigen

Tweet 13

Ich frage
wer ist
bei Dir
Du sagst
du wärst
nicht alleine
Ich frage
wo sind
die Deinen
Du sagst
dort sei
jemand
Ich frage
nach Menschen
es antwortet
keiner

Vom alten Riesen

Ich weiß noch, wie er vor mir steht
als fünf vor zwölf vorbei war
im Glas vor mir, sich weggedreht
kalt und kühl und unnahbar
musst ich meine Augen schließen
sah nicht mal Tränen fließen
ich sehnte mich nach diesem Kind
dort wie erstarrt im kalten Wind
Ich weiß noch, als ob’s gestern wär
stand er dort. In sich vermummt
ich konnt und wollt! Ich konnt nicht mehr!
Das letzte Lied es schien verstummt
bis der Horizont grell geblitzt
ich fror und war doch nass geschwitzt
sah vor mir leuchtend, hin und her
die Augen zu! Ein Lichtermeer!
Ich weiß jetzt, der da vor mir steht
kalt und kühl und unnahbar
wie er sich dort. Drehte und dreht
seit dem Tag, als ich ihn sah
thront wie Majestät am Horizont
durch kommende Kaltwetterfront
und scheint mir helle. Denn es steht
ein Leuchtturm, der für mich sich dreht

Vertreibgut

Nur tote Fische
schwimmen mit dem Strom
glaubte das Rindvieh
noch zu wissen
als es zufrieden schmatzend
in der steigenden Flut
selektierend
die Hinfortgerissenen zählte
um die eigene Wahrheit
so lange zu erbrechen
und wiederzukäuen
auf das sie wenigstens
einen Moment ihm
nach Überzeugung schmecke
Weiß der Geier
ob der Ochs
es noch merkte
in welche Richtung
er trieb
bevor sein Leben
sich in den Fluten verlor
mit dem Feuer spielend
wie ein Fähnchen
im Wind
lebend
überließ er es
der Strömung
nur deren Stärke
entschied
ob er standhalten würde

Flussabwärts

in der entlegensten Bucht liegen sie aufgereiht als wäre dies der Ort für den sie bestimmt als wäre dies der Ort an dem verschiedenste Arten noch als Herde weilten nach einem kurzen Leben gemeinsam versammelt so jung noch als wäre dies der verlassene Ort an dem sie unvergessen ewig verwesen Flussaufwärts derweil suhlen sich die Schweine wohlig in ihrem verächtlichen Gegrunze die Nasen rümpfend wenn sie in Erinnerungen Schwäche wittern weil sie in Erinnerungen kurz noch einmal in der Luft liegen Wie eine unangenehme Randnotiz die nicht hätte sein müssen wenn tote Tiere doch endlich einfach nur das Schwimmen lernten

Alles bloß Gold, was glänzt!

Warum glauben wir, die, die horten und raffen
und auf Neider so gerne abwertend gaffen
seien die, die sich selber nur die Nächsten sind
dabei nutzt doch meist das Menschenkind
Die kalte Fassade aus Ruhm, Dingen und Zahlen
als Anstrich bloß im Haus der Qualen
dabei dient doch Schmuck oft Ochs’ und Rind
zu verschleiern wer sie wirklich sind
Nicht umsonst legt man Wert auf falschen Schein
nur um der Mittelpunkt mal selbst zu sein:
Denn wenn man bedeutend wie ein Status bloß ist
bedeutet es bloß, dass du selbst nicht mehr bist.

Dezemberlied

Wenn bald die letzten Augen schließen lass’ uns diesen einen Tanz noch wagen wenn letzte Tränen von Eiszapfen fließen lass’ gemeinsam nochmal „ja!“ uns sagen Ich will ein letztes Mal dich noch erleben wirst du mich noch einmal sicher führen unter meinen Füßen wird die Erde beben werd’ ich im Winter heißen Atem spüren In der Leidenschaft der alten Lieder durch Ruinen von verlassenen Städten wir trampeln jeden Rest von gestern nieder bis uns die Leere platzt aus allen Nähten Wie neue Menschen auf entlegenen Wegen über Schlachtfelder und Leichenberge wie der Wind werden wir Schnee weg fegen durch kahle Gärten, über Gartenzwerge Auf leeren Straßen, unter toten Ampeln bis wir den neuen Morgen vor uns sehen lass’ uns tanzen! Lass’ uns trampeln! Bis wir wieder ganz am Anfang stehen Von einem Gipfel aus, ganz eng beisammen brennt unser Feuer dann am Horizont sehen wir Menschen tanzen, neu entflammen schimmert Hoffnung durch die Winterfront

Tweet 14

Unter verschneitem

Kopf auf gefrorener

Seele ein Hauch von

Leben junge Robben toben bis man schließlich auch sie schlachtet

Tweet 21

Wenn Traurigkeit nur
ein Vogel wäre
endlich frei
könnten wir fliegen
die Welt würde wirklich
zum Himmel auf Erden

Tweet 25

Was haben
das Denken
und der Fußball
beide
aber nicht ganz
gemeinsam?
Wer häufig
zum Abschluss kommt
trifft auch öfter
mal daneben

Tweet 26

“Ich liebe dich! Ich liebe dich!”
Drei Worte, denen die Liebe wich
seit die Zweifel an ihr nagen
bleibt nur: “Ich liebe dich” zu sagen.

Stiller Protest

Am Anfang war sie sachlich-nüchtern
dort vor zehn Jahren am Gymnasium
nie aufdringlich. Eben sehr schüchtern
war sie weder blind, noch taub, noch dumm
Als mehr der bösen Worte fielen
sah man sie oft traurig gucken
sah sie's auf Herz und Nieren zielen
sah man sie zusammen zucken
Als die Eltern dann Streit anfingen
überlegte sich das Menschenkind
als ihr Worte durch den Kopf gingen
dass schweigend die Menschen bessre sind
Seit zehn Jahren nun ist sie verstummt
kein Mucks, kein Laut, kein Wort, kein Lachen
vor dem Leben in sich eingemummt
hat sie aufgehört es mitzumachen

Wunsch-Kind

Sie sagt zu ihm: “Ich liebe dich!”
er denkt für sich nur: “Wow!
Gott, wie sehr doch lieb’ ich mich
bei Seite einer Hammerfrau!”
Sagt er zu ihr: “Ich liebe dich!”
denkt sie für sich: “Genau!
Gott wie sehr doch lieb’ ich mich