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Sind wir nicht alle ein bisschen wuschelig? Wir empfinden unser Leben auf unterschiedlichste Art und Weise und jeder von uns geht anders damit um. Was für den einen vollkommen logisch und nachvollziehbar ist, empfindet ein anderer vielleicht als verrückt oder unmoralisch und das macht das Zusammenleben nicht immer einfach. Wer mit seinen Überzeugungen und Entscheidungen besser durchs Leben kommt und dabei sein persönliches Glück findet, wird sich zeigen. Diese Kurzgeschichten verbinden auf unterhaltsame Weise die teils spannenden, traurigen, komischen oder auch skurrilen Erlebnisse meiner Protagonisten, mit vielen bekannten Songs und ihren wunderbaren Texten. Diese Geschichten machen Lust, mehr über sich selbst und das Leben nachzudenken, sich und andere Menschen besser verstehen zu wollen oder das eigene kleine Glück zu finden. Es kann durchaus sein, dass sie in diesen Geschichten Ihre Freunde, Ihre Kollegen, Ihren Partner oder vielleicht sogar sich selbst wiedererkennen. Das ist gewollt und steigert den Unterhaltungswert dieses Buches ungemein. Die Auswahl der über 120 Songs erfolgte übrigens nach dem Grundprinzip des Lebens, also vollkommen willkürlich, keinem Schema folgend, zufällig, ja manchmal sogar chaotisch und trifft ganz sicher nicht jedermanns Geschmack. Wie so Vieles im Leben ist dieser Soundtrack auch für mich kein Wunschkonzert, aber dafür macht er mächtig Laune...
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Seitenzahl: 279
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Der „Soundtrack meines Lebens“ erinnert an einen Songtext aus der Rubrik:
Was ich immer schon mal sagen wollte, mich aber nie getraut habe...
„Dein süßer Duft vernebelt mir die Sinne
Du bist die schönste Blume im Revier
Dein Nektar schmeckt von allen am besten
Bleib doch bitte heute Nacht bei mir“
Marsecco - Du kriegst von allem nicht genug
Der „Soundtrack meines Lebens“ erinnert an einen Songtext aus der Rubrik:
Man muss nicht immer so viele Worte machen...
„Ich lieb dich nicht, du liebst mich nicht, aha!“
Trio – Da da da
Der „Soundtrack meines Lebens“ erinnert an einen Songtext aus der Rubrik:
Was man nicht viel schöner sagen kann...
„Halt mich, halt mich fest
Tu so, wie wenn das jetzt für immer so bleibt
Weil du Heimat und Zuhause bist
Weil bei dir mein Bauchweh aufhört!
Philip Poisel– Halt mich
Markus Zang ist Jahrgang 1963, im „richtigen“ Leben Familienvater und erfolgreicher Unternehmer, aber vor allem ein weltoffener und kreativer Freigeist. In seiner Freizeit bestimmt die Musik seinen Rhythmus und der ist alles andere als monoton. Wer in jungen Jahren mit Rock`n Roll, Glitter-Rock, Hard-Rock, Synthie-Pop, New Wave, Punk, Heavy-Metal, Reggae, Ska, Country & Western, Schlager, Musicals, Klassik und Opernarien groß geworden ist, der wird alles, nur nicht langweilig.
Seit über zehn Jahren komponiert und textet er in seiner Freizeit deutschsprachige Popsongs, aber irgendwann stößt man auch hier an seine Grenzen. Die Karriere als Buchautor musste sich unweigerlich daran anschließen. Nach seinem Erstlingswerk „Der Tod ist kein Arschloch“ im Jahr 2019, folgten in 2020 zwei Bücher mit Kurzgeschichten, von denen Sie nun das zweite Buch in Händen halten. So wie es aussieht, dürfen wir uns auch in den kommenden Jahren auf weitere „Wuscheltier-Kurzgeschichten“ freuen und es ist nicht auszuschließen, dass er nach zwei CD`s mit seiner Band Marsecco auch musikalisch nochmals aktiv wird.
Frei nach Udo Jürgens:
„Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran“
Na dann...
Sind wir nicht alle ein bisschen „wuschelig“? Wir empfinden unser Leben auf unterschiedlichste Art und Weise und jeder von uns geht anders damit um. Was für den einen vollkommen logisch und nachvollziehbar ist, empfindet ein anderer vielleicht als verrückt oder unmoralisch und das macht das Zusammenleben nicht immer einfach. Wer mit seinen Überzeugungen und Entscheidungen besser durchs Leben kommt und dabei sein persönliches Glück findet, wird sich zeigen.
Diese Kurzgeschichten verbinden auf unterhaltsame Weise die teils spannenden, traurigen, komischen oder auch skurrilen Erlebnisse meiner Protagonisten, mit vielen bekannten Songs und ihren wunderbaren Texten. Diese Geschichten machen Lust, mehr über sich selbst und das Leben nachzudenken, sich und andere Menschen besser verstehen zu wollen oder das eigene „kleine Glück“ zu finden. Es kann durchaus sein, dass sie in diesen Geschichten Ihre Freunde, Ihre Kollegen, Ihren Partner oder vielleicht sogar sich selbst wiedererkennen. Das ist gewollt und steigert den Unterhaltungswert dieses Buches ungemein.
Die Auswahl der über 120 Songs erfolgte übrigens nach dem „Grundprinzip des Lebens“, also vollkommen willkürlich, keinem Schema folgend, zufällig, ja manchmal sogar chaotisch und trifft ganz sicher nicht jedermanns Geschmack. Wie so Vieles im Leben ist auch dieser „Soundtrack“ kein Wunschkonzert, aber dafür macht er mächtig Laune. Wer die Menschen, das Leben und die Musik liebt, wird hier sein kleines Glück finden...
Dieses Buch will aber mehr als nur unterhalten. Es will neugierig machen auf das, was sich all die Musiker da draußen an Texten ausgedacht haben. Wenn ein Musiker einen Text schreibt, dann kann man in der Regel davon ausgehen, dass sich dahinter entweder ein persönliches Erlebnis verbirgt oder etwas „Wichtiges“ ausgesprochen werden soll. Okay, vermutlich trifft das nicht auf alle Texte zu, aber es steckt oft unsagbar viel „Herzblut“ in jedem einzelnen Wort und ich bin mir nicht sicher, ob wir Hörer das auch immer so wahrnehmen und wertschätzen, wenn der eine oder andere „Lieblingssong“ im Radio so an uns vorbeiläuft.
Ich war so frei und habe versucht die englischsprachigen Texte ins Deutsche zu übersetzen. Oftmals fanden sich brauchbare Übersetzungen im Internet und manchmal musste ich selbst mein altes Schulenglisch bemühen. Vermutlich wird es mir an der einen oder anderen Stelle nicht so gut gelungen sein, daher bitte ich die Englischlehrer unter Ihnen um Nachsicht.
Vielleicht werden Sie zukünftig bei dem einen oder anderen Song etwas genauer hinhören und sich dafür interessieren, was der oder die zu sagen hat. Das sollte natürlich nicht nur für die Musik gelten. Wenn es mir mit diesem Buch gelingt, Ihr Interesse für Liedtexte zu wecken oder Sie neugieriger darauf zu machen, was Ihnen ihr Gegenüber wirklich zu sagen hat, dann macht mich das glücklich. Los geht`s ...
Markus Zang
Nicole –
Ein bisschen Frieden
John Lennon - Imagine
Rodgau Monotones – Die Hesse komme
Frida -
I know there`s something going on
Sugarhill Gang - Rappers delight
Genesis - I know what I like
Flatsch - Kaufhaus
Herbert Grönemeyer - Kaufen
Fergal Sharkey - A good heart
Talking Heads -
Once in a lifetime
Slade - Far, far away
Bob Marley - One love
Marsecco - Morgen
Fleetwood Mac - Go your own way
The Police -
De do do do de da da da
Trio - Da da da
Stefan Remmler - Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei
Queen -
I want to break free
Foreigner - I want to know what love is
Christina Stürmer - Millionen Lichter
Queen - Bicycle race
Cyndi Lauper -
Girls just want to have fun
Yes - Owner of al lonely heart
Sinèad O`Connor - Nothing compares 2 U
Boomtown Rats -
I don`t like Mondays
Doris Day - Que sera
The Who - My generation
Big Country -
Fields of fire
Jerry Lee Lewis - Great balls of fire
Midnight Oil - Beds are burning
Billy Joel - We didn`t start the fire
Jimmy Soul -
If you wanna be happy
Helge Schneider - Käsebrot
Helge Schneider - Es gibt Reis, Baby
Sailor - A glass of champagne
Madonna - Material girl
Prince - Kiss
Philip Poisel -
Wo fängt dein Himmel an
Tina Turner - You`re simply the best
Beck - I`m a loser baby
Herbert Grönemeyer - Alkohol
The Corrs -
What can I do to make you happy
Prince - When doves cry
Grauzone - Eisbär
Foreigner - Cold as ice
Louis Armstrong - Beautiful world
Buggles -
Video killed the radio star
The Eurythmics - Sweet dreams
Nelly Furtado - All good things come to an end
Janis Joplin - Mercedes Benz
Extreme -
More than words
Del Amitri - Driving with the brakes on
Bruce Springsteen - Hungry heart
Marius Müller-Westernhagen -
Dicke
Meat Loaf - You took the words right out …
Queen - Fat bottomed girls
Marius Müller-Westernhagen - Willenlos
La Bionda -
One for you, one for me
John Paul Young - Love is in the air
Bernie Paul - Oh no no
Ivan Rebroff -
Wenn ich einmal reich wär
Simply Red - Money`s too tight to mention
Beatles - Money, that`s what I want
Liza Minelli - Money makes the world go round
Markus -
Ich will Spaß
DAF - Der Mussolini
Extrabreit - Annemarie
Nena - 99 Luftballons
Crackers - Pornokino
Tears for fears -
Shout
Bobby Mc Ferrin - Don`t worry, be happy
Rio Reiser -
König von Deutschland
Fleetwood Mac - Little lies
Pink Floyd - Money
Genesis - Land of confusion
Tina York -
Wir lassen uns das Singen nicht verbieten
Mark Forster - Chöre
Rodgau Monotones - St. Tropez am Baggersee
Gotje -
Somebody that I used to know
Pe Werner - Das Lebkuchenherz
Police - Every breath you take
Police - Roxanne
Band Aid -
Do they know it`s Christmas?
Wham - Last Christmas
Die Prinzen - Küssen verboten
Steppenwolf -
Born to be wild
Herbert Grönemeyer - Männer
Climax Blues Band - Couldn`t get it right
Queen - I want it all
Herbert Grönemeyer - Halt mich
Supertramp - Dreamer
Ideal -
Blaue Augen
Gunter Gabriel - Hey Boss ich brauch mehr Geld
Die Prinzen - Millionär
Abba -
The winner takes it all
David Bowie - Heroes
The Clash - I fought the law
Whitesnake -
Here I go again
Freddie Mercury - Living on my own
Sabrina Setlur - Freisein
Meat Loaf -
Bat out of hell
Tony Marschall - Schöne Maid
Kings of Leon - Sex on fire
Salt`n Pepa - Let`s talk about sex
Juli - Perfekte Welle
Sportfreunde Stiller -
Applaus, Applaus
Marsecco - Du bist so wunderbar verrückt
Wir sind Helden - Die Zeit heilt alle Wunder
Lotte & Max Giesinger - Auf das was da noch kommt
Billy Joel -
A matter of trust
Blondie - Heart of glass
Soft Cell - Tainted love
Shakira -
Waka waka
Jane Birkin & Serge Gainsbourg - Je t `aime
Donna Summer - Love to love you Baby
Rod Stewart - Do you think I`m sexy?
Madonna - Like a prayer
Prince - Sexy motherfucker
Johannes Oerding -
Kreise
Adriano Celentano - Azzurro
Van Halen - Why can`t this be love?
U2 - I still haven`t found what I`m looking for
Elton John - Circle of life
Für alle „Musikfreaks“ habe ich am Ende jeder Kurzgeschichte die offiziellen Chartplatzierungen der Songs in Deutschland, UK und den USA aufgeführt. Mich hat bei der Recherche so einiges überrascht und ich bin gespannt, ob Sie mit Ihren Einschätzungen besser liegen. Vielleicht machen Sie sich einen Spaß daraus und tippen anhand unserer vorgenannten Songliste einfach mal „ins Blaue“, wo die jeweiligen Songs in den Charts gelandet sind. Die Auflösungen folgen im Buch.
Jetzt aber viel Freude mit dem „Soundtrack meines Lebens“, bei dem Sie vielleicht nicht unbedingt Ihre persönlichen Lieblingssongs, aber wahrscheinlich ganz viele Erlebnisse Ihres eigenen Lebens wiederfinden...
„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt“
Nicht, dass ich besonders fromm wäre, aber ich habe tatsächlich so einen Nachbarn. Dem gefällt überhaupt nichts, weder meine Gartenhecke, mein Rasen, mein Apfelbaum, meine Grillgewohnheiten und über meine Frau hat er auch schon abfällige Bemerkungen fallen lassen. Über seine eigene Frau übrigens auch, aber er ist halt so. Mein Nachbar Karlheinz ist ein „Nörgler vor dem Herrn“. Es vergeht keine Woche in der wir nicht aneinandergeraten. Es ist nie etwas Weltbewegendes, sondern es sind immer nur Kleinigkeiten, aber was will man von so einem Kleingeist auch anderes erwarten?
Es gibt Menschen, die fühlen sich offensichtlich nur dann wohl, wenn sie über andere meckern können und sich aufregen dürfen. Manchmal glaube ich die machen das nur, um von sich selbst und ihren eigenen Problemen abzulenken. Ich erwähnte ja schon seine Frau, aber da gibt es sicherlich noch viel mehr. Karlheinz ist während seiner Wachphasen in einem „Dauererregungszustand“ und schimpft fast ohne Unterbrechung gegen seine liebgewonnenen Feindbilder. Dazu gehören diverse Politiker, Wirtschaftsbosse, Gewerkschaften, die Kirche im Allgemeinen, der Papst im Besonderen, natürlich die Fußballmillionäre, das Finanzamt und neuerdings auch unser Bundesgesundheitsministerium. Wenn man sein Kommunikationsverhalten als „Dauererregungszustand“ beschreibt, dann würde ich sein Verhältnis zu seinem Nachbarn auf der anderen Seite, der „Nord-West-Front“, wie Karlheinz die Grundstücksgrenze gerne nennt, als „Dauererektion“ beschreiben. Was die Beiden sich in den letzten Jahren schon gefetzt haben, ist unbeschreiblich. Vor ein paar Wochen hat sein Nachbar allerdings kapituliert, nachdem er Karlheinz schon zwei Herz-OP`s zu verdanken hatte.
Daraufhin hat die Frau seines Nachbarn die „psychologische Kriegsführung“ übernommen und auf eine sehr spezielle Art zurückgeschossen. Man muss sich das mal vorstellen, da hat diese Frau doch tatsächlich an jedem warmen Sommertag in ihrem Garten die Stereoanlage aufgebaut und Karlheinz mit „Ein bisschen Frieden“ von Nicole beschallt. Natürlich nicht in Zimmerlautstärke, sondern „volle Pulle“, sodass selbst ich das noch durch die Wände gehört habe. Am Anfang habe ich mich darüber noch amüsiert und fand das ziemlich originell, aber musste diese Frau ausgerechnet Nicole „ins Kanonenrohr laden“? Da sitzt du im Sommer bei 30 Grad im Schatten auf deiner Terrasse und Nicole singt:
„Wie eine Blume am Winterbeginn
und so wie ein Feuer im eisigen Wind
wie eine Puppe, die keiner mehr mag
fühl ich mich an manchem Tag
Dann seh' ich die Wolken, die über uns sind
und höre die Schreie der Vögel im Wind
Ich singe aus Angst vor dem Dunkeln ein Lied
und hoffe, dass nichts geschieht
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen
und dass die Menschen nicht so oft weinen
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe
dass ich die Hoffnung nie mehr verlier“
... und als ob das nicht schon „gaga“ genug wäre, hat Karlheinz jedes Mal am Gartenzaun gestanden und alle Flüche dieser Welt nach drüben gebrüllt. Fühlt sich so etwa „ein bisschen Frieden“ an? Aber Karlheinz wusste sich zu wehren und hat fortan mit AC/DC zurückgeschossen. Da tönte dann abwechselnd „Highway to hell“, „Hells bells“ und „TNT“ über die Grundstücksgrenze und das wiederum löste etwas aus, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Meine Frau und ich wohnen nun schon seit über 30 Jahren hier und wir haben es trotz aller Bemühungen nie geschafft ein Straßenfest zu organisieren.
Plötzlich schossen uns die Müllers, drei Häuser weiter die Straße runter, mit „Imagine“ von John Lennon ihre „Friedensbotschaften“ über den Zaun und John`s Worte waren ganz sicher an Karlheinz gerichtet:
„Stell dir vor, es gäbe keinen Besitz mehr
Ich frage mich, ob du das kannst
Keinen Grund für Gier oder Hunger
Eine Menschheit in Brüderlichkeit
Stell dir vor, alle Menschen teilen sich die Welt
Du wirst vielleicht sagen, ich sei ein Träumer,
aber ich bin nicht der Einzige
Ich hoffe, eines Tages wirst auch du einer von uns sein
und die ganze Welt wird wie eins sein“
Nett gemeint, aber Karlheinz fühlte sich dadurch nur noch mehr provoziert und er lief stundenlang mit seiner „Dauererektion“ wie ein angeschossenes wildes Tier zwischen seiner Stereoanlage und seinem CD-Regal hin und her, immer auf der Suche nach neuer Munition.
Als die Nachbarn an seiner „Süd-Ost-Front“ wegen Ruhestörung mit der Polizei drohten, lies Karl-Heinz von Bob Marley seine eigenen „Drohbomben“ abwerfen und die Botschaft war eindeutig: „I shot the sheriff“. Daraufhin habe ich mich genötigt gefühlt auch etwas zu unserem spontanen Straßenfest beizutragen. Also habe ich meinen angestaubten Ghettoblaster aus dem Keller geholt und von einer alten, selbst aufgenommenen Musikkassette „Stop the cavalry“ von Jona Lewie ins Rennen geschickt. Immerhin war das ein friedliches Weihnachtslied und es sollte mein aktiver Beitrag zur Deeskalation sein.
Es dauerte nicht lange, da mischten sich dann auch die Kramers ein. Die wohnen zwar nicht in unserer Straße, konnten aber trotz rund 200 Meter Luftlinie Entfernung über eine Blumenwiese alles ganz deutlich hören. Die Kramers gehören übrigens zur Kategorie „Altrocker“ und daher war ich sehr gespannt was sie zu bieten hatten. Ist das nicht total spannend, wenn man auf diese Art zum ersten Mal erfährt, welchen Musikgeschmack die Nachbarn haben? Wow, ich hätte nicht gedacht, dass sich die Kramers so klar positionieren, aber schon wogten die Gitarren von Guns `n Roses über die Blumenwiese zu uns rüber und Axel Rose schrie Karlheinz an, er sollte doch gefälligst an der Himmelstür anklopfen. Ich muss schon sagen, „Knockin`on heavens door“ war eine mutige Wahl, aber sie passte wie die Faust auf`s Auge. Ich hätte gerne mehr davon gehört, aber so langsam wurde es auf unserem ungeplanten Straßenfest etwas chaotisch.
Es versammelten sich immer mehr Menschen in ihren Gärten oder auf der Straße und jeder fühlte sich aufgefordert etwas dazu beizutragen. Plötzlich vermischten sich Fragmente der Wildecker Herzbuben mit denen der Sex Pistols oder Grandmaster Flash, die dann wieder von Nicole oder AC/DC übertönt wurden. Die kleinen Lautsprecher meines Ghettoblasters kamen da schon lange nicht mehr mit. Dann kam mein ältester Sohn plötzlich auf die Idee seine neuen Aktivboxen auf unserer Terrasse aufzubauen und die hatten echt „Wumms“. Meine Fresse, was für ein bombastischer Sound, da werden die Nachbarn jetzt aber staunen. Dann überraschte mich mein Sohn allerdings vollends, denn was er an „Munition“ zu bieten hatte, würde alle anderen verstummen lassen. Also alle Knöpfe auf zehn und los geht`s mit:
„Was kommt denn da für`n wüster Krach
aus Darmstadt, Frankfurt, Offenbach?“
und was soll ich sagen, ich hatte recht! Die Rodgau Monotones als „Friedensstifter“ – unglaublich! Spätestens beim Refrain sang das ganze Wohnviertel gemeinsam „Erbarme, zu spät, die Hesse komme“ und überall sah man tanzende Menschen in ihren Gärten.
Als ob alle nur darauf warteten, wurden schon mal die Schnäpse aus den Barschränken geholt und als die Stelle kam „Was hatt`n da de Papa da, der hat e Flasch Grappa da de Papa“ wurde kräftig eingeschenkt und die Gläser wanderten über die Gartenzäune. Mein Gott, was haben wir gesoffen. Mit zunehmendem Alkoholkonsum verlor Karlheinz seine „Dauererektion“ und er wurde nach und nach richtig locker. Zum ersten Mal in der Geschichte unserer Nachbarschaft haben wir zusammen gefeiert und dabei fielen sogar die „Stellungslinien“ an seiner „Nord-Ost“ und an der „Süd-West-Front“. Selbst die Kramers kamen über die Wiese gelaufen, mit Picknickkörben und Bierkästen bewaffnet und wir versammelten uns alle bei Karlheinz im Garten.
Am Ende lagen dutzende Menschen, mehr oder weniger betrunken auf seinem gepflegten Rasen, sahen in den rosa schimmernden Sonnenuntergangshimmel und sangen gemeinsam:
„Dann seh' ich die Wolken, die über uns sind
und höre die Schreie der Vögel im Wind
Ich singe aus Angst vor dem Dunkeln ein Lied
und hoffe, dass nichts geschieht
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Träumen
und dass die Menschen nicht so oft weinen
Ein bisschen Frieden, ein bisschen Liebe
dass ich die Hoffnung nie mehr verlier“
Geht doch...
Der „Soundtrack meines Lebens“ erinnert an:
„Ein bisschen Frieden“
von Nicole aus dem Jahr 1982
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 1
Platzierung: UK Platz 1 / USA keine
„Imagine”
von John Lennon aus dem Jahr 1971
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 18
Platzierung: UK Platz 3 / USA Platz 6
Hinweis: Nach seinem Tod im Jahr 1980 schaffte es die Single in UK nochmals auf Platz 1 der Charts
„Erbarme, zu spät, die Hesse komme“
von Rodgau Monotones aus dem Jahr 1984
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 22 Platzierung: UK keine / USA keine
... und da waren noch:
AC/DC - Highway to hell, Hells Bells, TNT
Bob Marley - I shot the sheriff
Jona Lewie - Stop the cavalry
Guns `n Roses - Knockin` on heavens door
Wildecker Herzbuben - Herzilein
Sex Pistols - Anarchy in the UK
Grandmaster Flash - The message
„I said a hip, hop, a hippie to the hippie
To the hip hip hop, you don't stop
The rockin' to the bang bang boogie
say up jumps the boogie
To the rhythm of the boogity beat“
Sugarhill Gang
Marcel behauptet, die Sugerhill Gang wären die legitimen Gründer von Facebook. Das klingt im ersten Moment ziemlich verrückt, aber Marcel hat da seine ganz eigene Theorie und die finde ich echt spannend. Wer hat Facebook gegründet? Richtig, Marc Zuckerberg! Sugarhill, Zuckerberg, verstehste? Und dann dieser „Schwachsinnstext“, bei dem zwar alle mitsingen wollen, aber keiner schert sich darum, was er da überhaupt singt. Die Inhalte sind egal, Hauptsache es macht Spaß und alle machen mit. Genauso wie bei Facebook, behauptet Marcel, nur dass da weniger gesungen, sondern mehr geschrieben wird. Irgendwie ist da was dran an seiner Theorie.
Marcel geht übrigens noch viel weiter mit seinen Verschwörungstheorien und meint, Facebook sei „ein Werk des Teufels“ und eine von den zehn Seuchen über die schon in der Bibel geschrieben wurde, eben nur übertragen in die Neuzeit. Ich finde diese Behauptung ziemlich gewagt, aber das schlimme an diesen Verschwörungstheorien ist, dass sie immer so spannend klingen und man einfach zuhören muss, weil sie ein bisschen „Pep“ und Abwechslung in den ansonsten langweiligen Alltag bringen. Es ist ja nicht so, dass ich Marcel das alles einfach so glaube, aber ich höre ihm eben gerne zu, wenn er so vor sich hin schwadroniert. Das hat schon einen hohen Unterhaltungswert.
Ich habe ihn dann gefragt, welche denn die anderen neun Seuchen sind und er antwortete, wie aus der Pistole geschossen: „Google, Twitter, Instagram, Netflix, Amazon, Tik Tok, Parship und Modern Talking“. Ich wollte ihn schon fragen, was denn bitteschön Modern Talking mit „Seuchen“ zu tun hätten, aber nach einem kurzen Moment des Innehaltens habe ich meine Frage zurückgezogen. Aber selbst, wenn ich Modern Talking mitzähle, waren es nur neun und nicht zehn. Marcel meinte daraufhin, dass die nur ein „Platzhalter“ wären, denn es würden ganz bestimmt noch andere Seuchen über uns kommen, denn das mit der Digitalisierung käme jetzt erst so richtig in Fahrt.
So richtig auf Kriegsfuß steht Marcel mit diesen Algorithmen. Er behauptet, dass Google schon jetzt alles, wirklich alles über jeden von uns wüsste und die ganzen Informationen hintenrum an Amazon und Parship verkauft werden. Marcel behauptet übrigens auch, die Band Genesis wären die legitimen Gründer von Amazon, denn die sangen bereits im Jahr 1973 „I know what I like in your wardrobe“. Das Wort „Genesis“ hat ja an sich schon was Biblisches und da lag dieser Verdacht natürlich nah. Ich finde es trotzdem ziemlich weit hergeholt. Damals war Jeff Bezos übrigens 11 Jahre alt als er das hörte und der Rest ist Geschichte.
Ich selbst bin davon überzeugt, dass Google und Amazon nicht alles über mich wissen, denn warum sollten sie mir sonst von ihrer selbst beauftragten „Algorithmen-Mafia“ jede Woche Emails zukommen lassen, in denen sie mir eine Penisverlängerung oder einen Vibrator anbieten? Marcel hatte da sofort ein paar Antworten parat, aber die gehören hier jetzt nicht hin.
Ich selbst bin sowieso eher „oldschool“ unterwegs und kaufe gerne in der Stadt ein. Vielleicht liegt es daran, dass ich früher so oft auf den Konzerten der Offenbacher Band Flatsch war. Die machten mit ihrem Song „Kaufhaus“ so richtig Lust auf Wühltische und Schnäppchenjagd. Unvergessen ihre Live-Performance mit der Aufteilung des Saales in linke und rechte Hälfte. Die einen brüllten:
„Was mer hat des hat mer
Dadubida!“
... und die anderen brüllten zurück:
„Unn hat mers net dann fehlt's ei'm
Yeah!“
Damals ging man noch gerne ins Kaufhaus, da kam man wenigstens ab und zu an die frische Luft. Da ging es mir und den anderen so wie Herbert Grönemeyer:
„Ich hab` schon alles, ich will noch mehr
Alles hält ewig, jetzt muss was Neues her
Möcht` im Angebot ersaufen
Mich um Sonderposten raufen
Hab` diverse Kredite laufen, oh, es geht mir gut
Oh, ich kauf' mir was, Kaufen macht so viel Spaß
Ich könnte ständig Kaufen gehen
Kaufen ist wunderschön
Ich kauf', ich kauf', was, ist egal
Kaufen ist wunderschön“
Dieses Bad in der Menge der Kaufsüchtigen, diese Hetzjagd nach dem günstigsten Schnäppchen, dieses Gedränge und Geschubse an den Wühltischen, dieser Geruch von Angstschweiß, weil ein anderer schneller zupacken könnte und und und. DAS nenne ich Leben pur, aber all das hat Jeff Bezos nicht zu bieten. Trotzdem hat er sich in den letzten Jahren zum Alleinherrscher der Konsumwelt aufgeschwungen und wäre die schlimmste aller zehn Seuchen, sagt Marcel. Allerdings könnten ihm in den nächsten Jahren die Chinesen mit ihrem Online-Shopping-Portal Alibaba den Rang des „Welt-Diktators“ abspenstig machen. Dann müssten Modern Talking eben ihren Platz räumen, aber noch wäre es nicht so weit, sagt Marcel. Ich vermute, dass sich Dieter Bohlen darüber freuen wird, wenn er sich noch ein wenig länger in den Top Ten halten wird.
Ich habe Marcel natürlich auch danach gefragt, warum er Parship als eine Seuche einstuft, weil ich persönlich sie eher als harmlos und unwichtig empfinde. Ich kann und will seine durchweg emotionalen Antworten hier jetzt nicht ungefiltert wiedergeben, zumal ich Marcel versprochen habe, diese doch sehr persönlichen Informationen streng vertraulich zu behandeln.
Nur so viel sei gesagt: Es liegt nicht an Parship selbst, sondern eher an dem, was Marcel dort erlebt hat. In seinem persönlichen „Seuchen-Ranking“ steht Parship ganz weit oben. Ich kann nur so viel dazu sagen, dass die Angebote die er von dort bekommen hat, wohl genauso daneben lagen und überflüssig waren, wie meine Angebote für eine Penisverlängerung. Marcel hat nach rund einem Dutzend „Katastrophen-Dates“ die Parship-Adresse als Spam gekennzeichnet und konnte sich somit vor weiteren Demütigungen schützen. Jetzt hat er endlich auch wieder mehr Zeit für seine Verschwörungstheorien.
Bei Twitter muss er nicht mal große Vorarbeit leisten, denn seitdem Donald Trump so oft twittert, läuft dieser Dienst automatisch unter der Rubrik „Werk des Teufels“. Da bleibt ihm jetzt mehr Zeit für Instagram. Was er mir dann allerdings über Instagram erzählt hat, hat mich tief in meinem Innern erschüttert. Das war so unglaublich, dass ich mich nicht traue darüber zu schreiben, denn ansonsten werden mich die Algorithmen suchen und sie werden mich finden und bestrafen. Nicht auszudenken, was dann mit mir geschieht. Ganz bestimmt werden die Algorithmen dafür sorgen, dass mein Account bei Amazon gesperrt wird oder Netflix mir meine Lieblings-Serien verweigert. Damit würden die mich vom Leben abnabeln und ich müsste einsam auf meiner Couch sterben. Zumindest ist es das, was mir Marcel in diesem Zusammenhang andeutet. Das muss man Marcel echt lassen, seine Verschwörungstheorien sind spannender als das reale Leben.
Als wir uns näher mit Amazon und Google beschäftigt haben, kam von mir natürlich auch gleich die Frage nach Alexa und Siri? Sind diese beiden „Frauen“ etwa auch ein „Werk des Teufels“? Marcel verneinte das vehement, aber auf meine Frage, ob die beiden wenigstens als Seuche durchgehen würden, versteinerten sich seine Gesichtszüge zu einer schiefen Grimasse. Marcel hatte es in seinem Leben offensichtlich nicht leicht mit Frauen.
In jungen Jahren hatte er keine Freundinnen, dann erst mit über 40 Jahren die ersten Annäherungsversuche im Rahmen dieser Online-Dates, über die wir jetzt aber kein Wort mehr verlieren sollten und dann noch seine Passion für Verschwörungstheorien. Das alles zusammen genommen war keine gute Mischung. Irgendwie fehlen ihm in seiner Vita die positiven Erlebnisse, mit denen er Frauen gegenüber hätte Vertrauen aufbauen können.
Vielleicht erging es ihm wie Feargal Sharkey in „A good heart“?
„Denke ich zurück
an all meine Kindheitsträume
dann war meine Vorstellung von Liebe
nicht so albern, wie es schien
Wenn ich jetzt nicht beginne zu suchen
werde ich auf der Strecke bleiben,
denn ein gutes Herz
ist in dieser Zeit schwer zu finden
Ich weiß, es ist ein Traum
und ich will dafür kämpfen
denn ich weiß, am Ende ist es die Sache wert
Ein gutes Herz, ist schwer zu finden in dieser Zeit
drum gehe bitte sanft um mit diesem meinem Herzen“
Ich habe mich all die Jahre gefragt, warum sich Marcel schon sein halbes Leben so gnadenlos in diese Verschwörungstheorien reinsteigert? Liegt das am Ende nur an seinem übersteigerten Misstrauen gegenüber der Welt da draußen? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Marcel sich ständig von allen Seiten angegriffen fühlt und er sich mit diesen „Rundumschlägen“ einfach nur wehren will. Vor lauter Aktionismus merkt er überhaupt nicht, dass es die Welt da draußen gar nicht mal so schlecht mit ihm meint.
Nicht, dass es ihm am Ende so ergeht, wie es Frida in ihrem „I know there`s something going on“ besingt:
„Ich kann sehen, dass es nicht mehr lange dauert
Du wirst kalt, wenn du so weitermachst
Du weißt, du hast dich verändert
und deine Worte sind Lügen
Das kannst du nicht leugnen“
Frida hat das Lied gesungen, kurz nachdem sich ABBA aufgelöst hatten und ich glaube, dass sie da mit ihrem Benny noch eine Rechnung offen hatte, aber soweit ich weiß, ging es da nicht um banale Verschwörungstheorien, zumindest nicht um solche, wie sie Marcel interpretiert. Aber das stimmt schon, dass Menschen irgendwann einmal „kalt“ werden, wenn sie all ihr Vertrauen verlieren.
Ich sollte mit Marcel vielleicht weniger über seine Verschwörungstheorien sprechen, sondern mehr über das, was im Leben so richtig Spaß macht. Dann kommt er sicher auch auf andere Gedanken.
Musik ist ein erprobtes Mittel zur Stimmungsaufhellung, also die Nadel in die richtige Rille, Lautstärkeregler aufdrehen, die Hüften in die richtige Position bringen, langsam anfangen zu wippen und schön laut mitsingen:
„I said a hip, hop, a hippie to the hippie
To the hip hip hop, you don't stop
The rockin' to the bang bang boogie
Say up jumps the boogie
To the rhythm of the boogity beat“
Man muss im Leben nicht immer alles hinterfragen...
Der „Soundtrack meines Lebens“ erinnert an:
„Rappers Delight”
von Sugarhill Gang aus dem Jahr 1979
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 3 Platzierung: UK Platz 3 / USA Platz 36
„I know what I like”
von Genesis aus dem Jahr 1974
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Keine Platzierung: UK Platz 21 / USA keine
„Kaufhaus”
von Flatsch aus dem Jahr 1976
Schade Jungs, leider keine Einträge... (trotzdem geil!)
„Kaufen”
von Herbert Grönemeyer aus dem Jahr 1983
Auch diese Single hat es leider nicht in die Charts geschafft... (obwohl sie es verdient hätte)
„A good heart”
von Feargal Sharkey aus dem Jahr 1985
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 4 Platzierung: UK Platz 1 / USA Platz 74
„I know there`s something going on”
von Frida aus dem Jahr 1982
Top-Platzierung in den Charts in Deutschland: Platz 5
Platzierung: UK Platz 43 / USA Platz 13
Irgendwie passt dieser Song von den Talking Heads an diesem Morgen zu meiner Stimmung. Es ist Freitag und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine schlechte Laune in rund acht Stunden nicht deswegen automatisch besser wird, nur weil das Wochenende eingeläutet wird. David Byrne singt im Radio in seiner typisch „rotzigen“ Art:
„Vielleicht findest du dich
in einem dieser langweiligen Reihenhäuser?
Vielleicht findest du dich
in einem anderen Teil dieser Welt?
Vielleicht findest du dich
hinter dem Steuer eines riesigen Automobils?
Vielleicht findest du dich
in einem schönen Haus mit einer schönen Ehefrau?
Und vielleicht fragst du dich selbst:
Okay, wie bin ich überhaupt hierhergekommen?“
In diesem Moment frage ich mich das auch. Seit nunmehr 15 Jahren bin ich mit Vera verheiratet, bin stolzer Besitzer einer dieser „Hasenställe“, wie mein Kollege Clemens meine „Reihenhaus-Scheibchen-Villa“ spöttisch nennt und sitze hinter dem Steuer eines familientauglichen VW Passat Kombi. Über die Frage nach dem schönen Haus und der schönen Ehefrau will ich gerade nicht nachdenken, aber ich kann David Byrne spontan zurufen, dass ich mich derzeit viel lieber in einem anderen Teil dieser Welt finden wollte.
Weit, weit weg oder wie Slade es damals in den 70ern gesungen haben „Far, far, away“. Slade haben schon damals - und da war ich gerade mal geboren - davon gesungen, wie ich mich heute fühle:
„Ich bin weit, weit weg
mit dem Kopf in den Wolken,
aber der Ruf der Heimat ist laut,
noch immer viel zu laut“
Ich empfinde meinen emotionalen Zustand gerade als sehr belastend, denn ich sitze hinter dem Steuer eines viel zu großen Automobils, würde mich gerne in einem anderen Teil dieser Welt wiederfinden, habe es aber nur mit meinem Kopf bis in die Wolken geschafft, ignoriere verbissen die Frage nach dem schönen Haus und der schönen Ehefrau und leide darunter, dass der Ruf der Heimat lauter ist als mein Fernweh. Okay, es bleibt die Frage, wie ich überhaupt hierhergekommen bin?
Diese Fragen nach dem „Wie“ und dem „Warum“ machen mich immer total fertig. Das ist doch alles nur schmerzhafte Vergangenheitsbewältigung, da kann ich doch sowieso nichts mehr dran ändern und nur, weil mir mein Kopf ggf. erklären kann, wie und warum es so gekommen ist, fühle ich mich deswegen noch lange nicht besser. Vera wirft mir schon mein halbes Leben vor, ich würde viel zu viel nachdenken und ständig nur grübeln. Recht hat sie, dass Nachdenken und Grübeln am Ende nichts nutzen, das sehe ich doch an meiner unbefriedigenden Gesamtsituation!
Was habe ich mir damals viele Gedanken gemacht, ob, wann und warum ich Vera heiraten sollte? Ich habe monatelang jede Nacht gegrübelt, ob ich wirklich dieses finanzielle Risiko des Hauskaufes eingehen soll? Ich habe mir über 20 Autozeitschriften und Testberichte organisiert, wochenlang Zahlen, Fakten und Meinungen gesammelt, nur um beim Autokauf die richtige Entscheidung zu treffen. Und jetzt, jetzt fahre ich einen mausgrauen VW Passat Kombi, obwohl mein Herz schon immer an einem alten britischen Roadster in „Racing green“ hängt. Ich wohne in einem zu 30 Prozent abbezahlten „Hasenstall“ in einer Reihenhaussiedlung meiner Heimat, weil ich dachte, dass es mir weniger finanziellen Druck und somit weniger Angst macht, als wenn ich etwas mehr nach den Sternen greifen würde. Ich fahre jeden Morgen zu einem sicheren und sauberen Arbeitsplatz, den ich von Herzen gern gegen ein schmutziges Abenteuer am Ende der Welt eintauschen würde. Über Vera will ich jetzt nicht weiter nachdenken, das ist ein Thema für sich und manchmal ist es ganz gut, wenn man mit seinem Kopf in den Wolken und nicht zuhause ist.
Liegt es tatsächlich nur an diesen vorgelebten Rollenklischees meiner Eltern, dass ich mich heute an Stellen wiederfinde, die ich auf meinem Flug durch die Wolken nicht wirklich im Blick hatte? Ich habe in all den Jahren nicht ernsthaft in Erwägung gezogen etwas daran zu ändern. Mein Leben ist so normal, dass es schon fast wehtut.