Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung 4 -  - E-Book

Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung 4 E-Book

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Beschreibung

Bei der Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung handelt es sich um ein wissenschaftliches Periodikum, das sich der Vielfalt an Themen der Agrar- und Umweltpädagogik im Bereich der grundlagenorientierten, angewandten und berufsfeldbezogenen Bildungsforschung widmet. Die darin enthaltenen Beiträge verknüpfen Fachinhalte des Agrar- und Umweltbereichs mit Pädagogik und Beratung. Band 4 der Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung spannt einen weiten thematischen Bogen. Im ersten Beitrag wird die Frage erörtert, wie sich grüne Lernorte auf das Lernen und praktische Arbeiten auswirkt. Ein grüner Lernort wird auch in einem weiteren Artikel, in dem es um Schülervorstellungen zu Wiesen geht, thematisiert. Ein Artikel stellt die Nachhaltigkeitsziele in den Kontext der Grünen Pädagogik und ein anderer prüft, ob das Bildungsmarketing einen Motivator in der Erwachsenenbildung darstellt. Die drei restlichen Beiträge beschäftigen sich mit agrarischen Themen mit dem Ziel, Erkenntnisse daraus für die agrarische Bildung und Beratung abzuleiten. Einerseits geht es um eine explorative Studie zur Alltagssituation von Frauen in der Landwirtschaft, andererseits um Strategien, Krisenfestigkeit und Gefährdungspotenziale in der österreichischen Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Covid-19 Pandemie. Schließlich werden Einschätzungen und Erwartungen künftiger Lehr- und Beratungskräfte zur Direktvermarktung erkundet.

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Impressum

© 2022 by Studienverlag Ges.m.b.H., Erlerstraße 10, A-6020 Innsbruck

E-Mail: [email protected]

Internet: www.studienverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7065-6253-9

Buchgestaltung nach Entwürfen von himmel. Studio für Design und Kommunikation,

Innsbruck/Scheffau – www.himmel.co.at

Satz und Umschlag: Studienverlag/Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig

Dieses Buch erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.studienverlag.at.

Inhaltsverzeichnis
Cover
Impressum
Titel
Vorwort
Das Herausgeber-Team
Torsten Kreher und Carolin Retzlaff-Fürst
Grün tut gut Auswirkung des Lernens und praktischen Arbeitens an „grünen“ Lernorten auf das Wohlbefinden von Pädagog*innen, Studierenden und Schüler*innen
1. Einleitung
2. Theoretische Fundierung
2.1 Der menschliche Körper als Ort der Beanspruchung
2.2. Der Garten als Ort der Entspannung
3. Forschungsfrage und methodisches Design
4. Ergebnisse
5. Diskussion und Ausblick
Literatur
Angela Forstner-Ebhart
Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und Grüne Pädagogik im Unterricht
1. Einleitung
2. Didaktische Grundsätze für Unterrichtsbausteine zu den SDGs nach dem Konzept Grüner Pädagogik
3. Methode
4. Ergebnisse
4.1 Priorität von Nachhaltigkeitsthemen im Unterricht
4.2 Auseinandersetzung mit Grüner Pädagogik
4.3 Bewertung vernetzter Unterrichtsbausteine
4.4 Förderung durch transformatives Lernen
4.5 Nutzung digitaler Medien
5. Diskussion und Schlussfolgerungen
Literatur
Andrea Skutan und Martin Scheuch
„Ameisen sind die kleinen Müllmänner der Wiese!“ – Schülervorstellungen zum Thema Wiese
1. Einleitung
2. Methoden
2.1 Schülerzeichnungen
2.2 Leitfadengestützte Gruppeninterviews
2.3 Qualitative Datenauswertung
3. Ergebnisse
3.1 Ergebnisse aus den Zeichnungen
3.2 Ergebnisse aus den Interviews
3.3 Beantwortung der Forschungsfragen
4. Diskussion und Schlussfolgerungen
Literatur
Tina Dittenberger, Carina Linauer, Lara Paschold und Nicole Penke
Selbstbestimmung und erlebte Wertschätzung – Eine explorative Studie zum Alltag von Frauen in der Landwirtschaft mit Empfehlungen für Bildungs- und Beratungsangebote
1. Einleitung
1.1 Forschungsziel und Forschungsfragen
1.2 Selbstwert und Wertschätzung
1.3 Selbstbestimmung im Handeln
2. Methode
3. Ergebnisse
3.1 Einfluss der generellen Aufteilung der Aufgaben beziehungsweise Verantwortungsbereiche im landwirtschaftlichen Familienbetrieb auf das selbstbestimmte Handeln und die erlebte Wertschätzung von Frauen in der Landwirtschaft
3.1.1 Kontext: Selbstbestimmtes Handeln
3.1.2 Kontext: Wertschätzung
3.2 Von Frauen in der Landwirtschaft als bedeutsam erachtete Beratungs- und Bildungsangebote
3.2.1 Kontext: Selbstbestimmtes Handeln
3.2.2 Kontext: Wertschätzung
3.3 Erwartungen an die zukünftige Gestaltung von Bildungs- und Beratungsangeboten für Frauen in der Landwirtschaft
4. Zusammenfassung und Ausblick
Literatur
Leopold Kirner, Johannes Mayr und Monika Winzheim
Strategien und Risiken von Landwirtinnen und Landwirten und deren Implikationen für die Stabilität land- und forstwirtschaftlicher Betriebe
1. Einleitung
2. Theoretischer Rahmen
3. Methoden und Stichprobenbeschreibung
3.1 Grundgesamtheit, Stichprobenplan und Telefoninterviews
3.2 Betriebe in der Stichprobe nach ausgewählten Merkmalen
4. Ergebnisse
4.1 Strategische Ausrichtung der Landwirtinnen und Landwirte
4.1.1 Beabsichtigte Einkommensentwicklung in der Zukunft
4.1.2 Strategien zur Absicherung des Betriebs
4.2 Längerfristige Änderungen in der Betriebsorganisation aufgrund der Corona-Pandemie
4.3 Stabilität und Risiken
4.3.1 Einschätzungen zur Stabilität der Betriebe
4.3.2 Einschätzungen zu Risiken in der Betriebsführung
4.4 Ansätze zur Stärkung der Stabilität der Betriebe
4.4.1 Ansätze in der eigenen Unternehmensführung
4.4.2 Ansätze des Staates bzw. der öffentlichen Hand
5. Diskussion und Schlussfolgerungen
Literatur
Michael Prodinger und Andrea Payrhuber
Bildungsmarketing als Motor für die Motivation in der Erwachsenenbildung
1. Einleitung
2. Erwachsenenbildung: Motivation und Erwartungen
2.1 Motivation zu lebenslangem Lernen
2.2 Bildungsmotivation in der Land- und Forstwirtschaft
3. Bildungsmarketing
4. Forschungsfragen
5. Methodik
6. Ergebnisse
6.1 Beschreibung der Stichprobe
6.2 Weiterbildungsmotivation und Anreize
6.3 Unterschiede in den Studiengängen
7. Beantwortung der Forschungsfragen und Diskussion
8. Schlussfolgerungen
Literatur
Andrea Payrhuber und Michael Prodinger
Direktvermarktung – Einschätzungen und Erwartungen zukünftiger landwirtschaftlicher Lehrer*innen und Berater*innen
1. Direktvermarktung in Österreich
2. Kompetenzen und Strategien
2.1 fachliche Qualifikation
2.2 Unternehmertum
2.2.1 Markenidentität und Markenimage
2.2.2 Markenerlebnisse
2.3 Werthaltung
2.4 Konsument*innen
2.4.1 Konsument*innenverhalten
2.4.2 Kundenintegration
3. Befragung
3.1 Erkenntnisinteresse
3.2 Forschungsfragen
3.3 Methode und Stichprobe
4. Ergebnisse
4.1 Beschreibung der Stichprobe
4.2 Einstellung zur Direktvermarktung
4.3 Einschätzung der benötigten Kompetenzen und Erfolgsfaktoren
4.4 Beantwortung der Forschungsfragen
5. Diskussion und Schlussfolgerungen
Literatur
Liste der Gutachterinnen und Gutachter

Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik

Leopold Kirner, Bernhard Stürmer und Elisabeth Hainfellner (Hrsg.)

Von grünen Lernorten bis zur Direktvermarktung: aktuelle Beiträge zur Agrar- und Umweltpädagogik

Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung

Band 4

Vorwort

Die Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung erscheint bereits zum vierten Mal. Ziel der Zeitschrift ist es, die Vielfalt an Themen der Hochschule im Bereich der grundlagenorientierten, angewandten und berufsfeldbezogenen Bildungsforschung in einem wissenschaftlichen Format abzubilden und zu diskutieren. Die Publikationsreihe veröffentlicht somit Forschungsergebnisse der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik für die Scientific Community und liefert dadurch einen Beitrag für die Umsetzung in der forschungsgeleiteten Lehre.

Für den vorliegenden Band 4 wurden sieben Beiträge eingereicht. Alle Beiträge durchliefen ein double blind peer-review, wobei ein Beitrag aufgrund der Gutachten zurückgezogen wurde. Eine Liste der am Begutachtungsverfahren beteiligten Personen findet sich am Ende der Zeitschrift. Einen weiteren Beitrag steuerte die Universität Rostock in Form eines invited papers bei.

Als HerausgeberInnen der Publikationsreihe freuen wir uns, in der vorliegenden Ausgabe der Zeitschrift sieben Beiträge präsentieren zu können. Sie verweisen auf unterschiedliche methodische Zugänge und belegen die große Vielfalt an Forschungsthemen an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Den Beginn der Zeitschrift markiert das invited paper aus Rostock, alle weiteren Beiträge sind nach dem Einreichdatum gereiht.

Wir bedanken uns herzlich bei allen Autorinnen und Autoren für die eingereichten Beiträge. Ebenso bedanken wir uns herzlich bei den Gutachterinnen und Gutachtern für ihre fachliche und methodische Expertise im Rahmen der Reviews.

Leopold Kirner, Bernhard Stürmer und Elisabeth Hainfellner

Wien, im April 2022

Das Herausgeber-Team

HS-Prof. Priv.-Doz. Dr. Leopold Kirner leitet das Institut für Unternehmensführung, Forschung und Innovation an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Er forscht und lehrt hier zu ökonomischen Aspekten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft und koordiniert die hausinterne Forschung.

HS-Prof. Dr. Bernhard Stürmer, MBA lehrt und forscht an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik im Bereich Agrar- und Umweltökonomie. Zudem ist er Geschäftsführer beim Kompost und Biogas Verband Österreich.

Dipl.-Ing.inElisabeth Hainfellner, CMC ist Vizerektorin an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik und zuständig für die Bereiche Forschung und Entwicklung, Umweltpädagogik sowie Fort- und Weiterbildung. Sie lehrt in den Bereichen Partizipation und Regionalentwicklung.

Torsten Kreher und Carolin Retzlaff-Fürst

Grün tut gut Auswirkung des Lernens und praktischen Arbeitens an „grünen“ Lernorten auf das Wohlbefinden von Pädagog*innen, Studierenden und Schüler*innen

Zusammenfassung

Nach Auffassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Gesundheit ein Menschenrecht (WHO, 1997, 1). In dem gesundheitspolitischen Rahmenkonzept „Gesundheit für alle“ für die Europäische Region der WHO ist Schule ein wesentlicher Partner, um das Ziel, die Förderung und den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung während des gesamten Lebens, zu erreichen (WHO, 1999, 4). Schule kann dabei als Januskopf gesehen werden. In Schule werden einerseits Themen wie gesunde Ernährung und Lebensweise, Sucht und Genuss sowie Bewegung und Körperwahrnehmung vermittelt, andererseits werden Maßnahmen zur Anwendung bekannter Konzepte häufig nur punktuell umgesetzt. „Stress“ beispielsweise ist theoretischer Unterrichtsgegenstand und wird praktisch von Schüler*innen und Lehrkräften individuell erlebt. Der Beitrag bietet hier eine Lösungsmöglichkeit zwischen „Theorie und Praxis“ an.

Im Rahmen unterschiedlicher Settings wurden verschiedene In- bzw. „grüne“ Outdoor-Lernorte bzgl. ihres stressreduzierenden Effektes untersucht und diesbezügliche Messtechniken eruiert. Es kann gezeigt werden, dass der Lernort durchaus einen Einfluss auf das individuelle Stresserleben und -verarbeiten hat.

Schlagworte: Gesundheitsbildung als schulische Aufgabe, schulnaher Lernort, empirische Forschung

Abstract

According to the World Health Organization (WHO), health is a human right (WHO, 1997, 1). In the health policy framework “Health for All” for the WHO European Region, school is an essential partner to achieve the goal (WHO, 1999, 4). School can be seen as a Janus face. While topics such as healthy eating and lifestyles, addiction and pleasure, and exercise and body image are taught in school, measures to apply known concepts are often implemented only selectively. The topic of “stress”, for example, is experienced by students and teachers alike. This article offers a solution between “theory and practice”.

In the context of different settings, various indoor and outdoor learning locations were examined with regard to their stress-reducing effect. At the same time, relevant measuring techniques were investigated. It can be shown that the learning location does have an influence on the individual stress experience and processing.

Keywords: Health education as a school task, learning location near school, empirical research

1. Einleitung

Unsere Gesellschaft, und somit auch die Institution Schule, unterliegt einer zunehmenden Technisierung und digitalen Transformation. Digitale Infrastrukturen und deren Anwendungen nutzen wir täglich bzw. profitieren im Alltag von der technischen Entwicklung. Dennoch kann die Technisierung, Urbanisierung und der dauerhafte Aufenthalt in naturfernen Umgebungen zu einem erhöhten Stresserleben auf ganz unterschiedlichen Ebenen führen. Dauerhaft anhaltendes Stresserleben gilt dabei als ein wesentlicher Risikofaktor für psychische Störungen (Raufelder, 2014, 212). Bereits die subjektive Wahrnehmung der Steigerung des Stresserlebens ist ein möglicher Risikofaktor für unsere Gesundheit (Lüdke, 2019, 10). Lehrkräfte und Schüler*innen sind dabei gleichermaßen betroffen. Bereits ein Viertel der Schüler*innen empfindet regelmäßig, oft oder sehr oft Stress. Hierbei sind Alters- und Geschlechtsunterschiede zu erkennen (RKI, 2020, 2). Dies ist nicht ungewöhnlich, schließlich steigt „im Zuge der Adoleszenz […] das Risiko eines erhöhten Stresserlebens. Jungen und Mädchen müssen […] mit vielfachen internalen und externalen individuellen Veränderungen zurechtkommen […], wozu auch wachsende schulische Anforderungen zählen“ (Raufelder, 2014, 211 f.). Kritisch wird es, wenn diese wachsenden Anforderungen den Grad der individuellen Bewältigungsleistung der Kinder und Jugendlichen übersteigen und sich daraus psychische Auffälligkeiten entwickeln. Dies gilt auch für Lehrkräfte und wird mit Blick auf die gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen bzgl. der Stärkung der Ganztagsschulangebotes aller Voraussicht nach nicht weniger werden. Schule und Unterricht nehmen somit im Rahmen der Gesundheitsbildung eine doppelte Rolle ein. Sie können als Stressoren das Problem sein, als Räume der Prävention aber zugleich auch ein Lösungsangebot darstellen.

Gesundheitsbildung und Gesundheitsförderung aller an der Institution Schule beteiligten Personen ist als eine gesamtschulische Aufgabe zu sehen, die das schulische Leitbild prägen sollte (Gropengießer, 2018, 149; KMK, 2012, 3) und die nicht ausschließlich in der Verantwortung des Biologieunterrichts liegen kann. Der Biologieunterricht nimmt im Rahmen der Gesundheitsbildung für die Vermittlung biologischer Fachkenntnisse eine führende Rolle ein. So lassen sich in den Bildungsstandards Biologie für den Mittleren Schulabschluss (KMK, 2004) diverse Standards in den Kompetenzbereichen Fachwissen, Erkenntnisgewinnung und Bewertung finden, die für die Gesundheitsbildung genutzt werden können. In abstrakterer Form trifft dies auch auf die Bildungsstandards Biologie für die Allgemeine Hochschulreife (KMK, 2020) zu. Andere Gestaltungselemente eines gesunden Schulklimas (z. B. Konfliktmanagement, zeitliche Gliederung des Tages) können nicht allein durch den Biologieunterricht geleistet werden, sondern sind Aufgabe der gesamten Schule.

Der Biologieunterricht als Fachunterricht hat u. a. die Aufgabe, Naturbegegnungen und Naturerfahrungen zu ermöglichen, um somit ganzheitliches Lernen zu fördern. Die positive Wirkung von Naturbegegnungen auf Gesundheit und Wohlbefinden ist empirisch gut belegt (Retzlaff-Fürst & Pollin, 2022). Hierbei übt, der psychoevolutionären Theorie nach (Ulrich 1984, 1999), Naturbegegnung einen stressreduzierenden Effekt aus (Pollin & Retzlaff-Fürst, 2021; Retzlaff-Fürst & Pollin, 2022; Wilde et al., 2019, 258).

2. Theoretische Fundierung

2.1 Der menschliche Körper als Ort der Beanspruchung

Bereits 1989 wurde mit der UN-Kinderrechtskonvention dem Kind ein Recht auf Gesundheit zugesprochen (BMFSFJ, n.d, 3). In der „Jakarta Erklärung zur Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert“ fordert die Weltgesundheitsorganisation Gesundheit als ein grundlegendes Menschenrecht ein (WHO, 1997, 1). Gesundheit definiert sie dabei als „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“ (WHO, 1946). Mit Blick auf die Prämisse der „Vollständigkeit“ in der Definition muss dieser Zustand als ein Ideal betrachtet werden, der nicht zu erreichen ist. Die psychischen und sozialen Komponenten finden sich auch in aktuelleren Definitionen wieder. Beispielsweise bezeichnet Hurrelmann Gesundheit als „den Zustand des Wohlbefindens einer Person, der gegeben ist, wenn diese Person sich psychisch und sozial im Einklang mit den eigenen Möglichkeiten und Zielvorstellungen und den jeweils gegebenen äußeren Lebensbedingungen befindet.“ (2010, 146).

Gesundheit bzw. Wohlbefinden ist also ein multidimensionales Konstrukt, das durch vielfältige Faktoren beeinflusst wird, deren Vorstellungen dazu einer sozialen Konstruktion unterliegen und es somit schwer ist, es in seiner Komplexität allumfassend und allgemeingültig zu definieren (Prümel-Philippsen & Grossmann, 2021, 37). In diesem Beitrag steht das körperliche Wohlbefinden im Mittelpunkt. Der Blutdruck bzw. Puls werden dabei als biophysiologische Parameter genutzt, um den Grad des „Wohlbefindens“ messbar zu machen und zu beschreiben.

Stress, in seiner ursprünglichen englischsprachigen Bedeutung als „Belastung“ bezeichnet, wird ganz allgemein als die Reaktion des Körpers auf einen Reiz betrachtet (Rensing et al, 2013, 4). Es handelt sich also um eine Anpassungsreaktion des Körpers, die Diskrepanz zwischen Anforderung an die aktuelle Situation und der momentanen Fähigkeit diese zu bewältigen, auszugleichen. Als Reaktion auf einen Reiz werden neuronale Signale vom vegetativen Nervensystem entsendet. Das vegetative Nervensystem des Menschen übernimmt die Funktion der Steuerung der inneren Organe. Es besteht aus den beiden Subsystemen Sympathicus und Parasympathicus und ist in der Lage, Regelgrößen zu variieren. Die neurovegetative Steuerung der inneren Organe erfolgt überwiegend dual innerviert. D. h., dass sowohl sympathische als auch parasympathische Nervenstränge anliegen. Im Regelfall wirken sie antagonistisch. Als Reizreaktion auf einen Stressor entsendet das vegetative Nervensystem über die sympathischen Nervenstränge neuronale Signale ins Nebennierenmark. Es erfolgt die erhöhte Ausschüttung der Hormone Adrenalin und Cortisol in die Blutbahn. Bedingt durch das komplexe Zusammenwirken von sympathischen Nervenfasern an den Schrittmacherzellen des Herzens, sowie des gesteigerten Adrenalinausstoßes und des damit verbundenen frühzeitigeren Erreichens des Aktionspotenziales durch Calciumausschüttung während der Depolarisation, erfolgt die Erhöhung der Herzfrequenz (Müller et al., 2019, 255 ff). Die Beschleunigung der Herzfrequenz und eine damit einhergehende Steigerung des Blutdrucks ist eine kurzfristige Auswirkung von Stress als Anpassungsreaktion durch den menschlichen Organismus (Brinkmann, 2021, 201). Um eine situationsinadäquate Stressreaktion zu vermeiden, wirken parasympathische Nervenstränge antagonistisch. Der Nervus vagus ist dabei in der Lage, nach Ende einer Stresssituation die Herzfrequenz wieder zu reduzieren (Müller et al., 2019, 285).

„Für die Stressforschung sind vor allem die kardiovaskulären Stressindikatoren wie Herzfrequenz [und] Blutdruck […] wegen ihrer relativ guten Messbarkeit von Interesse“ (Kasten & Fuchs, 2018, 185). Die Herzfrequenz kann präzise mittels Elektrokardiografie gemessen werden. Das Messverfahren setzt jedoch eine gewisse Expertise und Erfahrung voraus. Seine Anwendung ist daher für den Laien unbrauchbar. Alternative Messmethoden stellen die nicht invasive Messung des Blutdrucks mittels Manschette oder die optische Messung des Pulses mittels „Pulsuhr“ dar. Herzfrequenz, Blutdruck und Puls sind fachwissenschaftlich jedoch nicht als Synonyme zu verwenden, wie nachfolgende Definitionen zeigen:

• Herzfrequenz: gibt die Anzahl der ventrikulären Kontraktionen pro Minute an (Kasten & Fuchs, 2018, 185).

• Blutdruck (Gefäßdruck): gibt die Kraft (Druck) des Blutes auf die Gefäßwand an (Kasten & Fuchs, 2018, 185).

• Puls: ist die mechanische Ausdehnung der Druckwelle durch Kontraktion des Herzens von der Aorta in die Blutgefäße (Hildebrandt et al., 2021, 260).

Bedingt durch den Bau der Blutgefäße, ihre Lage zum Herzen und das Alter der Person, sind Herzfrequenz, Blutdruck und Puls einer Person vom Wert her nicht identisch. Aufgrund der strömenden Blutsäule durch die Blutgefäße können Blutdruck und Puls jedoch als Indikator für die Herzfrequenz gelten, denn, anhand des am „Handgelenks fühlbaren Puls[es] bestimmt der Arzt beim Menschen während der körperlichen Untersuchung die Herzfrequenz. Sie wird auch als Indikator […] bei der Messung des systolischen Blutdrucks genutzt“ (Hildebrandt et al., 2021, 260). Als solche können sie als gute biophysiologische Indikatoren für Belastung (gesteigerte Aktivität des Sympathicus) bzw. Entspannung (gesteigerte Aktivität des Parasympathicus) dienen.

2.2. Der Garten als Ort der Entspannung

In der Einleitung wurde bereits auf die psychoevolutionäre Theorie (Ulrich 1984, 1999) verwiesen. Sie wird häufig mit „Annahmen in Verbindung gebracht, wonach eine Präferierung von naturnahen Umwelten und vor allem entsprechende Wirkungen von Natur auf die seelische und körperliche Befindlichkeit […] zusammenhänge“ (Gebhard & Menzel, 2013, 271). Die Wirkung von Naturbegegnung und Naturerfahrung auf das physische, psychische und soziale Wohlbefinden ist schon länger Gegenstand zahlreicher Forschungsbemühungen. Stellvertretend für diesen Umfang an empirischen Daten sei hier auf die Beiträge Gebhard & Menzel, 2013; Münderlein, 2021 und Retzlaff-Fürst & Pollin, 2022 verwiesen. Übereinstimmend kommen die Beiträge bzgl. des physischen Wohlbefindens zum Ergebnis, dass Naturbegegnung eine „stressreduzierende Wirkung“ (Wilde et al., 2019, 258) hat und u. a. durch „eine Verbesserung der kardiovaskulären Körperfunktionen […] wie z. B. einer Senkung des Blutdrucks“ (Münderlein, 2021, 123) „eine Erholung von […] Stress“ (Gebhard & Menzel, 2013, 271) möglich ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass mittlerweile auch bei Planungsmaßnahmen für städtische Raumbebauungen der sie umgebende Naturraum mitgedacht und -betrachtet wird (Münderlein, 2021, 117 f.). Diese Forderungen können so auch einen Anspruch auf Gültigkeit für Schulgebäude und -gelände geltend machen. So findet sich bspw. in den „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland“ die Empfehlung, dass Schulen mit „vielfältigen Bewegungsräumen und Sportmöglichkeiten, ausreichend Pflege- und Betreuungsangeboten sowie attraktiven Erholungs- und Rückzugsbereichen […] die räumlichen Voraussetzungen für einen gesunden Schulalltag bieten [sollen]“ (MSJuG et al., 2017, 16). Das Schulgelände und/oder ein Schulgarten können eine Vielzahl dieser „Handlungsräume“ umfassen (Retzlaff-Fürst, 2016, 421) und ist mitunter Gegenstand gültiger bildungspolitischer Rahmendokumente für die Unterrichtsgestaltung. So können bspw. laut Rahmenplan Gesundheitserziehung Mecklenburg-Vorpommern im Themenbereich „Schule als gesunder Lebensraum“ die Themen „Schule als gesunder Lebens- und Lernort“ oder „Schulgestaltung, z. B. Schulgebäude, Schulhof“ angesprochen werden. Kombinationen mit anderen Themen des Rahmenplanes wie bspw. „Stressbewältigung“ oder „Konfliktmanagement“ sind dabei durchaus denkbar (MBWK, 2004, 7 f.)

3. Forschungsfrage und methodisches Design

In der Einleitung wurde die Aufgabe und Verantwortung der Schule und des Biologieunterrichts für die Gesundheitsbildung als Leitbild von Schule und als Fachprofil des Biologieunterrichts skizziert. Mit der theoretischen Rahmung wurden Stress und seine Auswirkung auf den menschlichen Körper aus biophysiologischer Sicht, Möglichkeiten der Stressmessung sowie die Potenziale von Gärten mit den gesundheitsförderlichen Effekten dargestellt. Daraus ergeben sich die folgenden Forschungsfragen:

1. Welche Auswirkungen hat das praktische Arbeiten an „grünen“ Lernorten während eines Bildungsangebots auf den stressinduzierten Blutdruck?

2. Mit welchen technischen Mitteln kann die Auswirkung auf den stressinduzierten Blutdruck forschungsökonomisch erhoben werden?

Zur Beantwortung der Forschungsfragen werden Datensätze aus je drei einzelnen Studien zugrunde gelegt. Das „praktische Arbeiten“ umfasst sowohl naturwissenschaftlich-biologisches Arbeiten (Beobachten, Untersuchen, Experimentieren), Gartenarbeiten (Aussaat, Unkraut jäten, harken) sowie leichte Übungen im Wald (Beobachten, Sammeln, einfache Bewegungsübungen). Die Studien werden im Folgenden in ihren wesentlichen Zügen kurz dargestellt.

4. Ergebnisse

Der biophysiologische Indikator für Stress (Blutdruck bzw. Puls) wurde für die Teilnehmenden der einzelnen Veranstaltungen jeweils separat über die verschiedenen Messzeitpunkt erhoben. Zur besseren grafischen Darstellung wurde daher der Durchschnitt des jeweiligen biophysiologischen Indikators pro Messzeitpunkt ermittelt.

Abbildung 1 zeigt den durchschnittlichen systolischen Blutdruck in Abhängigkeit des Messzeitpunkts der Teilnehmenden für die beiden Veranstaltungen „Uni-Lehre“ und „Waldtherapie“. Der Messzeitpunkt stellt dabei auch den zeitlichen Fortgang der jeweiligen Veranstaltung dar. Die Darstellung erfolgt für die beiden Veranstaltungen „Uni-Lehre“ und „Waldtherapie“ getrennt. Die Trendlinie je einzelner Veranstaltung zeigt einen negativen Anstieg. Das bedeutet, dass der durchschnittliche systolische Blutdruck der Teilnehmenden trotz Aktivierungen (diese entsprechen Stressoren) über den zeitlichen Verlauf der jeweiligen Veranstaltung abnimmt.

Abbildung 1: Durchschnittlicher systolischer Blutdruck der Teilnehmenden in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs der Veranstaltung (eigene Darstellung).

Abbildungen 2 und 3 zeigen den durchschnittlichen Puls in Abhängigkeit des Messzeitpunkts der Teilnehmenden für die Veranstaltung „Zertifikatskurs“. Der Messzeitpunkt stellt dabei auch den zeitlichen Fortgang der jeweiligen Veranstaltung dar. Die Darstellung erfolgt getrennt nach den beiden Veranstaltungsorten. „Die Stressreaktion ist eine Disposition, d. h. eine individuelle Bereitschaft in spezifischer Weise auf Stress zu ‚antworten‘“ (Brinkmann, 2021, 200). Um diesem gerecht zu werden, erfolgen, u. a. aufgrund der höheren Datenmenge und der verschiedenen Orte, für die Erhebung „Zertifikatskurs“ statistische Berechnungen zur Berücksichtigung der individuellen Reaktionsbereitschaft der Teilnehmenden.

Abbildung 2 stellt die Daten für die beiden Veranstaltungen dar, die im Innenraum durchgeführt wurden. In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass die Trendlinie je einzelner Veranstaltung einen negativen Anstieg aufweist. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Puls der Teilnehmenden trotz Aktivierungen (diese entsprechen Stressoren) über den zeitlichen Verlauf der beiden Veranstaltung abnimmt.

Abbildung 2: Durchschnittlicher Puls der Teilnehmenden des Zertifikatskurses in den Veranstaltungen im geschlossenen Raum in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs der Veranstaltung (eigene Darstellung).

Abbildung 3 zeigt die Daten, die bei den drei Veranstaltungen im Hochschulgarten erhoben wurden. Die Trendlinie für die beiden Veranstaltungen Gartentermin 1 und Gartentermin 3 weisen einen negativen Anstieg auf, hier sinkt der durchschnittliche Puls der Teilnehmenden trotz Aktivierungen über den zeitlichen Verlauf der beiden Veranstaltungen. Für die Veranstaltung Gartentermin 2 zeigt die Trendlinie einen positiven Anstieg. Der durchschnittliche Puls der Teilnehmenden steigt mit der Aktivierung und im zunehmenden zeitlichen Verlauf der Veranstaltung.