Zweistimmig - Werner Graf - E-Book

Zweistimmig E-Book

Werner Graf

4,7

Beschreibung

„Ein jeglich Reich, so es mit sich selbst uneins wird, das wird wüst; und ein Haus fällt über das andere.“ (Lukas 11, 17) Alena Frei lebt im Waldviertel. Nichts trübt die dörfliche Idylle, bis eines Tages ihre demenzkranke Großmutter verschwindet. Was auf den ersten Blick wie ein tragischer Einschnitt in ihr Leben wirkt, entpuppt sich als Ereignis mit weitreichenden Konsequenzen. Ein streng gehütetes Familiengeheimnis bringt Unruhe in das Leben der jungen Frau. Auf der Suche nach ihren Wurzeln entdeckt Alena neue Seiten an sich selbst. Und die Stimmen in ihrem Kopf sind bei der Aufklärung dieser Geheimnisse nicht gerade hilfreich …

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Seitenzahl: 246

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Zweistimmig

Claudia Kolla

Werner Graf

Die Rechte an dem in Auszügen präsentierten Song „Hell Or High Water“ liegen bei AC/DC (GEMA).

Zitate aus der Heiligen Schrift stammen aus gemeinfreien Übersetzungen, nachzulesen unter: www.bibliaonline.com.br

Die Deutsche Bibliothek und die Österreichische Nationalbibliothek verzeichnen diese Publikation in der jeweiligen Nationalbibliografie. Bibliografische Daten:

http://dnb.ddp.de

http://www.onb.ac.at

© 2013 Verlag ohneohren, Ingrid Pointecker, Wien

1. Auflage

AutorInnen: Claudia Kolla, Werner Graf

www.wortkreis.com

Covergestaltung: Ingrid Pointecker

Coverfoto: Fotolia - Andreiuc88

Sonstige Grafiken: Openclipart - zeimusu

Lektorat, Korrektorat: Ingrid Pointecker

www.ohneohren.com

ISBN: 978-3-9503670-0-3

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und/oder des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Für Tante Gerti und alle, die schon immer an mich geglaubt haben.

Claudia

Für meinen Vater, der mich zum Schreiben ermutigte.

Für meine Mutter, die so gut zu meinen ersten literarischen Gehversuchen geschlafen hat.

Prolog

Rastlos bellte Ares die Weißkiefern an. Seit Wochen schlief Hulda kaum noch eine Nacht durch. Manchmal jagte sie mit einer Nudelrolle bewaffnet nach draußen und fand nichts als einen zitternden Schäferhund. Sie hatte keine Ahnung, was mit dem Tier nicht stimmte. Seit Kurzem unternahm er diese langen Ausflüge in den angrenzenden Wald. Der alte Holzzaun und das knarrende Gatter konnten ihn nicht daran hindern. Oft blieb er den ganzen Nachmittag über verschwunden. Doch in den Nächten war es immer am schlimmsten.

Hulda döste wieder ein. Langsam gewöhnte sie sich an den Lärm. In dieser Nacht würde sie bestimmt nicht nach ihrem Hund sehen.

Das wütende Bellen wandelte sich schlagartig in ein ängstliches Jaulen.

„Heulst du jetzt auch noch den Vollmond an?“, rief sie. Ares verstummte. Hulda hustete. Ihr trockener Hals schmerzte von dem Geschrei. „Guter Hund“, krächzte sie. „Du bist ja kein Werwolf.“ Für einen kurzen Moment hatte sie ihren nächtlichen Frieden wieder. Doch kaum drehte sie sich zur Seite, tanzten schemenhafte Bilder vor ihrem geistigen Auge. Ihre Fantasie formte daraus stierende Fratzen, die klagend dahinschmolzen, nur um sich wieder neu zusammenzusetzen. Hulda wälzte sich auf den Rücken und starrte die Decke an.

Seit Jahrzehnten fühlte sie sich in ihrem Haus wohl und Nächte wie diese waren eigentlich keine Seltenheit mehr. Doch etwas war anders als sonst. Die Stille vor dem Fenster lastete wie ein Gewicht auf ihr, kalt und schwer. Der fallende Schnee prasselte gegen die Scheibe und schmolz zu kleinen Tröpfchen. Der Drang aufzustehen kroch ihre Waden hoch. Ihr widerstrebte es, das warme Bett zu verlassen, doch sie konnte nicht dagegen ankämpfen. Es war wie ein Zwang, sich strecken zu müssen. Mit einem Ruck riss Hulda die Decke zur Seite und schlüpfte in ihre Hausschuhe. Sie tapste zum Fenster und ließ ihren Blick über den Garten schweifen.

Als sie sich an die Scheibe lehnte, erschien Ares' gefletschtes Maul direkt vor ihrem Gesicht. Huldas Herz setzte einen Schlag lang aus. Sie taumelte zurück und geriet ins Wanken. Die Dielen ächzten unter der Last, als sie fiel.

So schnell, wie der Hund erschienen war, stürmte er in Richtung Vorgarten davon. Was war nur mit diesem Vieh los? Auf das Nachtkästchen gestützt rappelte sich Hulda auf und verließ das Schlafzimmer.

Das Klappern ihrer Hausschuhe erfüllte den Gang. Vor der Küche hielt sie inne. Im blassen Mondlicht warfen die hängenden Pfannen bedrohliche Schatten. In ihrer Vorstellung glich der offene Herd einem klaffenden Maul. Ein nie gefühltes Grausen überkam sie und trieb sie an ihrem Wintermantel vorbei hinaus in die Kälte. Erst als sie den Zaun fest umklammerte, wagte sie einen Blick zurück zum Eingang. Gähnende Finsternis starrte sie an.

„Das ist nur deine Fantasie“, sagte Hulda laut. „Das sind nur Halluzinationen. Der Arzt hat gesagt, mit der Demenz …“ Die Wucht der zuschlagenden Tür riss den frischen Schnee vom Dach. Krachend stürzte die Lawine zu Boden und türmte sich zu einem unüberwindbaren Hindernis auf.

„Lass mich in Ruhe!“ Hulda stürmte davon. Der Schnee knirschte unter den Sohlen ihrer Pantoffeln. Hinter der Hausecke verharrte sie und lauschte.

Seit Monaten spürte sie seine Anwesenheit, ungefähr seit der Zeit, als die Demenz eingesetzt hatte. Begonnen hatte es mit Stimmen, nicht mehr als ein Flüstern und Tagträumen, nicht länger als ein Wimpernschlag. Kleinigkeiten, die man einfach verdrängen oder als Einbildung abtun konnte. Vermutlich hatte sie es bis heute nicht wahrhaben wollen, selbst wenn alle Ärzte der Welt es ihr gesagt hätten. Erst als ihre Enkelin Alena sie mit einer Ernsthaftigkeit ansah, die sie von ihr nicht kannte, hatte sie es akzeptiert. Danach war es so offensichtlich geworden wie das Hörgerät in ihrem linken Ohr. Sie wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er …

Hulda zuckte zusammen, als sie der freche Blick eines Gartenzwerges traf. Ihr Mann hatte eine Schwäche für sie gehabt. Dutzende von ihnen zierten den schmalen Weg von der Haustür in den Hintergarten. Seit er gestorben war, kümmerte sie sich nicht mehr besonders um sie. Hulda verabscheute sie regelrecht. Auf sie machten die lustigen Gesellen mit ihren Zipfelmützen überhaupt keinen fröhlichen Eindruck. Die meisten waren mittlerweile umgefallen oder der Schäferhund hatte sie beim Spielen quer über den Garten verstreut. Heute Nacht jedoch standen sie wie aufgefädelt am Wegesrand. Der Kleinste ganz vorne, der Größte als Schlusslicht. Ganz so, wie es ihr Mann gemocht hatte. „Blödsinn“, dachte Hulda. „Du wirst alt. Das ist deine Demenz.“

Hämisch grinsten die Zwerge geradeaus. „Wo ist denn dein lieber Ares?“, schienen sie zu fragen. „Der Wald hat ihn sich geholt!“, folgte die Antwort.

Eine besonders schlüpfrige Böe holte Hulda in die Wirklichkeit zurück. Sie schüttelte sich und rieb sich die Augen. Ein Zwerg schien mit seiner Pfeife zum hinteren Ende des Gartens zu weisen. Dorthin, wo sich das Gatter zum Wald befand. Obwohl es wahrscheinlich nur Einbildung war, folgte sie seinem Fingerzeig.

„Ihr landet gleich morgen früh auf dem Müll“, zischte sie den Zwergen im Vorbeigehen zu.

Ares musste wie ein Tollwütiger durch den Garten gejagt sein. Das Durcheinander seiner Spuren im Schnee war im hellen Mondschein deutlich zu erkennen. Am Ende führten sie geradewegs zum Wald und verloren sich im Gestrüpp. Das Gatter stand weit offen.

„Wie kann das sein?“, hauchte Hulda. Ihr Atem bildete weiße Dampfwolken.

Jeden Abend schloss sie unter großen Mühen das Gartentor. So dement konnte sie gar nicht werden, um das zu vergessen. Von Ares fehlte weiterhin jede Spur.

Ein dunkles Wolkenband schob sich vor den Mond und hüllte die aufragenden Weißkiefern in ein schwarzes Kleid.

Kleine Kinder und alte Frauen gehören ins Bett. Komisch, dass ihr diese alte Weisheit gerade jetzt einfiel. Bei aller Liebe zu Ares war Hulda nichts lieber, als sie zu befolgen, denn in den dünnen Hausschuhen war bereits jedes Gefühl aus ihren Zehen entwichen. Sie wandte sich ab und erstarrte augenblicklich wieder. Auf dem Dachboden brannte Licht. Die Silhouette einer gebückten Person war am Fenster sichtbar, gestützt auf einen Gehstock. Sie konnte sein Gesicht nicht sehen, doch er starrte sie an. Sie spürte es. Sein Blick bohrte sich in ihren Kopf, durchdrang ihren Körper und entblößte ihre Seele.

Nein, sie konnte nicht zurück. Ihr Haus schien sie förmlich abzustoßen. Eilig floh sie in das dämmrige Reich der Bäume. Die langen Nadeln flüsterten im Wind und kratzten ihre alte Haut, als schienen sie hinterrücks nach ihr greifen zu wollen. Doch Hulda kümmerte es nicht. Sie spürte nichts mehr.

Die Spur endete am Teich inmitten einer kreisrunden Lichtung.

„Ares?“

Grabesstille. Die ganze Welt schien zu schlafen. Hulda hatte sich seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr so einsam gefühlt. „Was mache ich hier eigentlich?“

Der Mond kroch wieder hervor. Spöttisch schwebte er wie ein riesiges Monokel über ihr. Hulda erkannte nun die Abdrücke im Schnee, der wie feiner Staubzucker das Eis bedeckte. Verzweifelt folgten ihre Augen der Fährte zum Wasserloch in der Teichmitte. Ares!

Panisch preschte sie vor, verlor den Halt und stürzte. Ihre Knochen knackten unter der Wucht des Aufpralls. Schmerz durchzuckte ihren Rücken. Dann spürte sie ihre Beine nicht mehr. Heftiger Schneefall und beißender Wind setzten ein und raubten ihr die Orientierung. Böe um Böe schob sich Hulda weiter auf das Plätschern zu. Sie versuchte aufzustehen, doch ihre Beine waren wie Wachs. Ihre Schreie schluckte der Wind.

Aus dem Wasser heraus starrte sie der Mond einem tränennassen Auge gleich an. Regungslos ließ Hulda es geschehen. Widerstand war zwecklos. Er hatte sich in ihrem Körper eingenistet, verseuchte ihren Verstand. Wie hatte das alles nur geschehen können?

Als das Wasser sie eisig umklammerte, floh das Dunkel aus ihrem geplagten Körper und ihr Verstand wurde klar. Brennend wie heißer Teer füllten sich ihre Lungen und in den letzten Augenblicken fand sie die Antwort auf ihre Fragen.

Kapitel 1

Wie viel Zeug kann ein Mensch eigentlich haben?, fragte sich Alena, während sie ihre Sachen packte.

Zwei Jahre lang hatten Alexander und sie zusammengewohnt. Seit ein paar Tagen wusste sie, dass sie ausziehen musste. Eigentlich hatten sie einvernehmlich Schluss gemacht und doch schien es Alena so, als hätte Alex sie dazu gedrängt. Sie hatte sich dafür entschieden, zu ihrer demenzkranken Oma zu ziehen. Alex hatte sich schon immer dagegen gewehrt, in die „Einöde“, wie er es nannte, zu übersiedeln. Es war hart, die Beziehung und das gemeinsame Leben hinter sich zu lassen aber auf eine andere Art war es ganz einfach. Die unumgängliche Floskel „Wir können ja Freunde bleiben.“ hatte er ihr natürlich auch um die Ohren geschmissen. Als Alena daran dachte, entfuhr ihr ein trockenes Lachen. Sie wusste, dass das niemals klappen würde. Sie hielt ein Bild aus glücklichen Zeiten in den Händen. Sie lächelte, als sie das Bild ansah. Sie waren ein hübsches Paar gewesen. Er, groß, kräftig gebaut, dunkle Haare, stechend blaue Augen, braun gebrannt und immer einen Dreitagebart tragend und sie, zierlich, rothaarig mit braunen Augen und heller Haut.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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