Älter werden - Rolf W. Meyer - E-Book

Älter werden E-Book

Rolf W. Meyer

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Beschreibung

Schon immer träumten die Menschen von der Lebensverlängerung oder sogar vom ewigen Leben. Aber dieser Herzenswunsch wird sich kaum jemals erfüllen lassen. Im Gegenteil: Die Menschen müssen damit leben, dass der Alterungsprozess in ihren Körpern, der einem natürlichen Abbauvorgang entspricht, sich nicht verhindern lässt. In diesem Buch wird nicht nur Wissenswertes zum Thema "Altern" vermittelt, wie beispielsweise in Form von historischen Aspekten sowie in Form von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Fragen: "Warum altern wir eigentlich?" und "Auf welchen Ebenen verläuft der Alterungsprozess?", es wird auch an Hand ausgewählter Biografien dargestellt, dass das "Älterwerden" im Alltag zu einem besonderen Erlebnis werden kann. Woran sich zeigt, dass man "älter geworden ist", wird anhand von spezifischen Merkmalen dargestellt. Eine Tatsache aber muss von allen akzeptiert werden: Wir können nicht ewig jung bleiben.

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Rolf W. Meyer

Älter werden

oder

Warum wir nicht ewig jung bleiben können

Rolf W. Meyer

Älter werden oder Warum wir nicht ewig jung bleiben können

Copyright: © 2021 Rolf W. Meyer

Umschlagfoto: Wavebreakmedia (Depositphotos)

Umschlag & Satz: Erik Kinting | www.buchlektorat.net

Konvertierung: sabine abels | e-book-erstellung.de

Alle Personen und Geschichten sind real, sie werden aber teilweise verfremdet dargestellt. Eventuelle Ähnlichkeiten und Übereinstim-mungen mit den Namen von lebenden Personen sind nicht beab-sichtigt und daher rein zufällig.

Druck: epubli, ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Für meine Frau Ingrid zum 50. Hochzeitstag.

„Unser tägliches Leben, egal wie alt wir sind, unterliegt einer ständigen Regulierung und wird immer wieder bestimmt von Ordnungsprinzipien.“

Rolf W. Meyer

Vorwort

Es ist immer wieder zu beobachten, dass vor allem in den westlichen, modernen Gesellschaften in der Regel eine hohe Affirmation für das Jugendliche besteht. Schon seit einem längeren Zeitraum erlebt man soziale Entwicklungstendenzen, die das Älterwerden, was ja ein natürlicher Vorgang ist, völlig ausblenden. Jugendlichkeit (Juvenilität) hingegen verbindet man mit Dynamik, hoher Flexibilität, Zielstrebigkeit, Ausdauer, Belastbarkeit, Lebensfreude und positivem Denken („Ich kann in meinem Leben alles erreichen!“). Das spiegelt sich in zahlreichen Ratgebern („Wie überwinde ich die Alltagshürden?“), in der Werbung und in den Anforderungsprofilen für zahlreiche Berufsbereiche wider.

Die Werbung manipuliert in unterschiedlichem Stil, etwa in Form eines Flyers oder in Form von Plakaten, mit Hilfe von Werbefilmen, die zu den besten Sendezeiten im Fernsehen gesendet werden, oder mit Hilfe der akustischen Werbung, die geschickt zwischen die Hörsendungen platziert wird, gnadenlos die Psyche potentieller Kundinnen und Kunden.

Welche Techniken wendet man in der Werbung an?

AIWHB (Aufmerksamkeit, Interesse, Wunsch, Handlung, Befriedigung)

AVBS (Abbildung, Versprechen, Beweisen, Stoß versetzen)

EV (Einzigartigkeit, Verkaufsargument)

Wie kommen bei Menschen Kaufentscheidungen zustande? Zu etwa 70 bis 90 Prozent werden die Kaufentscheidungen der Menschen von deren Unterbewusstsein getroffen und dann die Impulse dem Bewusstsein der Menschen nur noch zur Bestätigung weitergeleitet. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen emotional auf der Grundlage ihrer Lebenserfahrungen handeln. Dies wirkt sich auf das Konsumverhalten aus und somit auch auf die Kaufentscheidungen.

Die hohe Wertschätzung gegenüber der Jugendlichkeit kann leicht in einen regelrechten Jugendlichkeitswahn transformiert werden. Die auf Konsumenten ausgerichtete Wirtschaft freut das. Denn es verspricht hohe finanzielle Gewinne. Somit wird alles darangesetzt, um das Bedürfnis der Menschen nach ewiger Jugendlichkeit aufrechtzuhalten. Die Verhaltensmuster, die so manche auf natürlichem Weg älter gewordenen Artgenossinnen und Artgenossen demonstrieren, um damit ihre „Jugendlichkeit“ auszustrahlen, sind einfach nur peinlich. Warum wird nicht akzeptiert, dass ein alter Körper nicht mehr das leisten kann, was für einen jungen Körper möglich ist?

Die Vorstellung, dass sich der Alterungsprozess im menschlichen Körper durch gezieltes Sporttraining verhindern beziehungsweise verlangsamen lässt, ist trügerisch. Die vermehrte Einrichtung von „Fitness Centers“ und die Bereitstellung von „Coachs“ kommt diesem Wunschdenken von Menschen entgegen, die in der zivilisatorischen Zwangsjacke stecken. Die Möglichkeit, dass durch das Computer entwickelte und gesteuerte Trainingsprogramm der älter gewordene Körper in eine physiologische Falle gerät und dadurch seine alterseingeschränkte Leistungsfähigkeit weit überfordert wird, verdrängen die in die Jahre gekommenen sportaktiven Mitmenschen von vornherein.

Der Wunsch von Menschen, ewig jung bleiben zu können, wird sich nur schwer erfüllen lassen. Selbst, wenn es in der Zukunft gelingen wird, gentechnologisch den jugendlichen (juvenilen) Körper für einen überproportional großen Zeitraum zu entwickeln, würden sich das nur die wirtschaftlich stärkeren Gesellschaften für eine bestimmte Zeit leisten können. Und das käme allein nur einem kleinen Teil der Weltbevölkerung zugute. Durch die Möglichkeit, Menschen dauerhaft zu verjüngen, würden sich allerdings auch große soziale Probleme ergeben. Eine Gesellschaft, deren Mitglieder nach herkömmlichen biologischen Mustern zwar als alt gelten, aber auf der Grundlage eines gentechnologischen Programms auf unbestimmte Zeit jung gehalten werden können, wäre hoffnungslos überfordert. Es müssten in einem so großen Umfang die gesetzlich zugesprochenen Altersversorgungen in Form von Renten und Pensionen ausgezahlt werden, was eine Gesellschaft, volkswirtschaftlich betrachtet, nicht zu leisten vermag. Hinzukommt, dass der Anteil an Arbeitnehmern in einer derartigen „verjüngten“ Gesellschaft sehr gering wäre und kaum den erforderlichen wirtschaftlichen Gewinnzuwachs erarbeiten könnte. Aus kulturevolutiver Sicht würde solch eine Entwicklung die angesprochene Gesellschaft in eine Sackgasse führen und sie damit eliminieren.

2014 traf ich in der Ortschaft Hyde Park City im US-Bundesstaat New York, wo sich die Privathäuser der historischen Persönlichkeiten Franklin D. Roosevelt (182 – 1945), 32. Präsident der USA (1933 – 1945) und seiner Frau Anna Eleanor (1884 – 1962) befinden, die 92jährige Doris Mack. Sie hatte seinerzeit bei der amerikanischen Präsidentengattin Eleanor Roosevelt als Köchin gearbeitet. Sie berichtete mir aus ihrem eigenen langen und ereignisreichen Leben. Als ich ihr mein damaliges Alter von 72 Jahren anvertraute, sagte sie nur: „Rolf, you are still a baby.“ Seitdem war mir bewusst, dass ich noch einen langen Entwicklungsprozess zu durchlaufen hatte.

Allerdings: Irgendwann im individuellen Leben machen sich die Gene der Vorfahren im eigenen Körper bemerkbar. Im Falle des mittlerweile 79jährigen Autor dieses Buches, der sich im Herbst 2020 einem lebensbedrohlichen Kreislaufkollaps ausgesetzt sah, äußerten die behandelnden Ärzte ihm gegenüber: „Bedenken Sie Ihr Alter und Ihre genetische Disposition bezüglich des Bluthochdrucks. Unter anderem sind in Ihrem Alter die Gefäßwandungen nicht mehr so flexibel. Sie müssen nun lernen, umzudenken. Sie können als älterer Mensch nicht mehr das leisten, was Sie in jungen Jahren geschafft haben. Wichtig ist, dass Sie nun regelmäßig selbst den Blutdruck messen und die verschriebenen Medikamente auch regelmäßig einnehmen. Bewegen Sie sich weiterhin, aber übertreiben Sie es nicht mit sportlichen Übungen. Wichtig ist auch, dass Sie Ihren Tagesablauf strukturieren und vor allem weiterhin geistig aktiv bleiben.“

Dem betroffenen Patienten wurde nun klar, dass für ihn im Hinblick auf seine Restlaufzeit auf dem Planeten Erde Medikamente unverzichtbar sein werden.

Sie, verehrte Leserinnen und verehrte Leser, werden sicherlich dafür Verständnis haben, dass es für den Buchautor Rolf W. Meyer ein großes Bedürfnis war, sich mit der Thematik „Älter werden“ näher zu beschäftigen und seine Erkenntnisse an Sie weiterzugeben.

Eine Tatsache aber muss von allen akzeptiert werden: Wir können nicht ewig jung bleiben.

Rolf W. Meyer, Ratingen, im Jahr 2021

A. Wissenswertes zum Thema Altern

Historisches

Schon immer träumten die Menschen vom Erhalt der Jugend, von der Lebensverlängerung oder sogar von dem ewigen Leben. Diese uralten Menschheitsträume finden sich in einer Vielzahl von mythischen und religiösen Überlieferungen wieder. [1]

Bei den Überlieferungen geht es beispielsweise um den Jungbrunnen als Quelle der Ewigen Jugend oder des Ewigen Lebens. Der Begriff „Jungbrunnen“ leitete sich vom mittelhochdeutsch brun (ne) ab, was so viel bedeutete wie Quelle, Brunnen. Er stand also für die Vorstellung eines „Lebensbrunnen“. Ein Kraut, das Ewiges Leben spendet, wurde vom Gilgamesch, der in der sumerischen Königsliste als ein früher König von Uruk genannt wird, im gleichnamigen Epos um 300 vor Christi Geburt gesucht. Die goldenen Äpfel der Hesperiden (es sind Nymphen, die hellsingenden Töchter, der griechischen Mythologie) ermöglichten den Göttern der griechischen Mythologie die Ewige Jugend. Tithonos (er ist in der griechischen Mythologie ein Sohn des trojanischen Königs Laomedon) wurde zwar auf Bitten von Eos, der griechischen Göttin der Morgenröte, das Ewige Leben durch Zeus, der der oberste olympische Gott der griechischen Mythologie ist, bewilligt, jedoch vergaß Eos für ihn auch um die Ewige Jugend zu bitten. Das hatte zur Folge, dass Tithonos alterte und bis zu einer Zikade (eine Vertreterin der Schnabelkerfe) schrumpfte. Dieses Thema hat später der irische Schriftsteller und Satiriker der frühen Aufklärung, Jonathan Swift (1667 – 1745), in seinem Werk „Gullivers Reisen“ mit den Struldbrugs („die Unsterblichen“) aufgegriffen und umgewandelt. [2]

Im Ersten Buch Mose im Alten Testament wird von dem „Baum des Lebens“ berichtet, zu dessen Früchten das erste Menschenpaar und somit die Stammeltern aller Menschen, Adam (hebr. „Mensch“) und Eva (hebr. „Leben“), nach der Vertreibung aus dem Paradies (sie hatten verbotenerweise von den Früchten des „Baumes der Erkenntnis“ gegessen, was als ein Hinweis auf die Verführbarkeit des Menschen angesehen werden kann) keinen Zugang mehr hatten. Dies wird als ein früher religiöser Erklärungsansatz für die Sterblichkeit des Menschen gedeutet. In der Genesis („Schöpfung“, 1. Buch Mose, das erste Buch des jüdischen Tanach und der christlichen Bibel) findet sich auch ein Hinweis auf die maximale Lebensspanne des Menschen: „Da sprach der Herr: Mein Geist soll nicht für immer im Menschen bleiben, weil er auch Fleisch ist; daher soll seine Lebenszeit 120 Jahre betragen.“

Im Papyrus Edwin Smith (er ist ein altägyptischer medizinischer Text, der auf Papyrus geschrieben wurde) werden Rezepturen gegen die Altersflecken und Falten der Haut beschrieben. Bei Hippokrates von Kos (460 – 370 v. Chr., er war ein griechischer Arzt und Lehrer), Aristoteles (384 – 322 v. Chr., er war ein griechischer Universalgelehrter) und Galenos (geb. zwischen 128 und 131, gest. zwischen 199 und 216, er war ein griechischer Arzt und Anatom) finden sich Vorbeugungsmaßnahmen gegen das Altern in Form von Diät und Mäßigung. Aristoteles (384 – 322 v. Chr., er war ein griechischer Universalgelehrter) empfahl durch bestimmte Verhaltensweisen „das Aufzehren der inneren Wärme“ (die für ihn das Leben abbildet) „zu verhindern oder zumindest zu verzögern.“ Der griechische Arzt Galenos begründete die Gerokomie, die sich mit der medizinischen Behandlung der alten Menschen beschäftigt, und setzte sich dadurch für Alten- und Pflegeheime im römischen Konstantinopel ein. [3]

Bis in die Neuzeit hinein waren die Auffassungen darüber, ob es sich beim Altern um eine Krankheit handelt, sehr unterschiedlich. Für Aristoteles stellte das Altern eine natürliche Krankheit dar und Seneca (1 – 65 n. Chr., er war ein römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker und Stoiker) sah in dem Alterungsprozess sogar eine unheilbare Krankheit.

Nebenbei bemerkt: Als Stoa bezeichnet man eines der wirkungsmächtigsten philosophischen Lehrgebäude in der abendländischen Geschichte.

Terenz (geb. zwischen 195 und 184 v. Chr., gest. 159 oder 158 v. Chr., er war einer der berühmtesten Komödiendichter der römischen Antike) meinte „Senectus ipsa morbus est“ (deutsch: „Das Alter selbst ist eine Krankheit.“). [4] Galenus (geb. zwischen 128 und 131, gest. zwischen 199 und 216, er war ein in Rom tätiger griechischer Arzt und Anatom) sah in dem Altern keine Krankheit, da er Krankheit als „wider der Natur“ betrachtete. Paracelsus (geb. 1493 oder 1494, gest. 1541, er war ein Schweizer Arzt, Naturphilosoph, Alchemist, Laientheologe und Sozialethiker) betrachtete im 16. Jahrhundert den Prozess des Alterns als eine Selbstvergiftung. Ignatz Leo Nascher (1863 – 1944, er war ein US-amerikanischer Mediziner) begründete die moderne Geriatrie („Altersmedizin“) und betonte stets, dass „Altern keine Krankheit ist“. [5]

Bis in die Renaissance hinein (es war die europäische Kulturepoche in der Zeit des Umbruches vom Mittelalter zur Neuzeit im 15. Und 16. Jahrhundert) versuchte man mit Sunamitismus (eine früher populäre „Therapieform“ gegen männliche Altersschwäche und nachlassende Potenz) die männliche Altersschwäche zu therapieren. Dabei ging man von folgender Therapiestrategie aus: Die körperlichen „Ausdünstungen“ einer Jungfrau, die zu dem zu therapierenden Greis in das Bett gelegt wurde, ohne dass aber dabei Geschlechtsverkehr stattfand, sollten verjüngend wirken. Diese Therapieform geht zurück auf das Alte Testament. [6]

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begründete der deutsche Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762 – 1836) die Makrobiotik. Hufeland war nicht nur als Arzt und königlicher Leibarzt tätig, sondern auch als Sozialhygieniker und „Volkserzieher“. Sein 1796 erschienenes Buch „ Makrobiotik oder Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern“ wurde ein Welterfolg. [7]

Bis in das 20. Jahrhundert hinein vertraten einige Ärzte die Auffassung, dass das Altern vor allem durch eine „Rückbildung der Geschlechtsdrüsen“ verursacht wird. Dies führte in einigen Fällen zu ungewöhnlichen „Therapieansätzen“. So injizierte man beispielsweise den Probanden Hodenextrakte verschiedener Spezies. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts arbeitete Charles-Édouard Brown-Séquard (1817 – 1894, er war ein britisch-französischer Physiologe und Neurologe) mit subkutanen Injektionen von Hoden-Extrakten von Meerschweinchen und Hunden (das sogenannte Brown-Séquard-Elexier), mit dem er auch sich selbst „verjüngt“ hatte. [8]

Einen ähnlichen Behandlungsweg verfolgte der Schweizer Arzt Paul Niehans (1882 – 1971), der 1931 mit Zellsuspensionen von Schaf-Feten die sogenannte „Zellulartherapie“ („Frischzellentherapie“) erfand. [9] Das Verfahren konnte sich bis in die 1980er Jahre in einem gewissen Rahmen verbreiten. Vor allem durch die Behandlung von zahlreichen Prominenten, wie etwa Konrad Adenauer (1876 – 1967, er war von 1949 bis 1963 der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland), Pius XII. (1876 -1958, er war vom 2. März 1939 bis zu seinem Tode Papst in Rom) und Hirohito 1901 – 1989, er war der 124. Tenno („Kaiser“ Japans), fand diese Methode in der Boulevardpresse Beachtung. Jedoch: Für die Wirksamkeit der Frischzellentherapie liegt bis heute kein wissenschaftlicher Nachweis vor.

Wie alt werden wir heute?

Die Lebenserwartung der Menschen lag über Jahrhunderte hinweg konstant bei 30 bis 40 Jahren. Als Otto von Bismarck in seiner Funktion als damaliger Reichskanzler des Deutschen Reiches im Jahr 1889 die Rentenversicherung einführte, wobei die Pensionsgrenze bei 70 Lebensjahren lag, wurden die meisten Deutschen keine 65 Jahre alt. Interessant ist, dass seitdem die durchschnittliche Lebenserwartung kontinuierlich anstieg. In den letzten 120 Jahren hat sich die Lebenserwartung für Frauen wie für Männer verdoppelt. In Deutschland liegt sie heute im 21. Jahrhundert für neugeborene Jungen bei über 78 Jahren, für neugeborene Mädchen bei über 83 Jahren. Erwähnenswert ist, dass 65 Jahre alte Männer, die in Deutschland leben, gegenwärtig mit einer noch verbleibenden Lebenserwartung von knapp 18 Jahren rechnen können. Für 65 Jahre alte Frauen besteht eine verbleibende Lebenserwartung von 21 Jahren. [10]

Nebenbei bemerkt: Gerade im Zeitraum seit der Jahrtausendwende ist die Anzahl der Hundertjährigen enorm gewachsen. Im Jahr 2000 gab es weltweit etwa 150.000 Hundertjährige. Heute (Stand 2019) leben auf der Erde vermutlich über 500.000 Menschen, die 100 Jahre oder älter sein sollen. Sie leben häufig in Ländern mit hohem Einkommen. Dabei sind es vor allem Frauen, die so alt werden können.

Übrigens hält eine Frau auch den Altersrekord. Es handelt sich um die Französin Jeanne Louise Calment aus Arles in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur. Als sie am 4. August 1997 verstarb, war sie 122 Jahre und 164 Tage alt geworden. Interessant ist, dass sich zwar die mittlere Lebenserwartung im letzten Jahrhundert (dem 20. Jahrhundert) geändert hat, nicht aber die maximale Lebenserwartung. Das maximal erreichbare Lebensalter ist tatsächlich in diesem Zeitraum nahezu konstant bei etwa 120 Jahren geblieben. Die Aussage in der Genesis im Hinblick auf die „maximale Lebensspanne des Menschen“ hat sich bestätigt.

Warum altern wir eigentlich?

Die Frage, warum wir Menschen sterben müssen, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst und gleichbedeutend mit der menschlichen Frage: „warum altern wir?“ Die Vergänglichkeit der Natur, die Menschen immer wieder beobachten und selbst erleben können, sowie die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod haben die Menschheit in Form der Artenvertretung Homo sapiens, deren Entwicklungsgeschichte nach gegenwärtiger Erkenntnis vor 2,5 Millionen Jahren in Afrika begann, schon immer emotional tief bewegt und zum Nachdenken angeregt. Für viele Menschen sind daher die unterschiedlichsten Religionen für sie „Zufluchtsmöglichkeiten“, um Antworten auf ihre Fragen zu finden.

Die Frage „Warum altern wir?“ hat durchaus ihre Berechtigung, was sich durch ein kleines Gedankenspiel belegen lässt. Viele Körperzellen (Somazellen) können sich teilen und machen es dadurch möglich, dass sich die Organe und Gewebe des Körpers ständig erneuern. Wir können es beispielsweise beim Verheilen einer Wunde in der Haut beobachten. Jedoch ist diese Fähigkeit zur Regeneration für den menschlichen Körper nicht unbegrenzt möglich. Aus dieser Tatsache kann sich auch die Frage ergeben: „Warum bleiben wir nicht ewig jung?“ [11]

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns mit verschiedenen wissenschaftlichen Auffassungen beschäftigen. In einer gedanklichen Betrachtungsweise versuchen Wissenschaftler zu erklären, was Menschen altern lässt und es damit zu den bekannten Alterserscheinungen kommt. Ihrer Meinung nach spielen beim Alterungsprozess mehrere Faktoren eine Rolle.

Die Grundgedanken ihrer Hypothese sind: Im Laufe der Zeit häufen sich in den Zellen immer mehr Schäden in deren Erbgut an. Auslöser kann zum Beispiel die Bildung so genannter freier Radikale sein, die beim normalen Stoffwechsel entstehen. Diese freien Radikale sind in der Lage, Zellbestandteile zu zerstören und tragen somit dazu bei, dass die Zellen nicht mehr optimal arbeiten können. Andererseits wird das Erbgut, das in jeder einzelnen Zelle in Form der DNA vorliegt, bei jeder Zellteilung verkürzt. Um einer solchen Verkürzung entgegenzuwirken, besitzt das Erbgut spezielle Schutzkappen, die Telomere genannt werden. Ein Enzym, die Telomerase, dessen Entdeckung im Jahr 2009 mit dem Nobelpreis gewürdigt wurde, ermöglicht die ständige Erneuerung dieser Schutzkappen, allerdings nur in bestimmten Zellen. Dadurch geht in den anderen Körperzellen mit der Zeit immer mehr Erbinformation verloren, so dass die betroffenen Zellen sich nicht mehr erneuern können und absterben.

Nebenbei bemerkt: Das Enzym Telomerase wurde 1985 von den beiden Forscherinnen Elizabeth Blackburn und Carol Greider in dem Wimpertierchen Tetrahymena entdeckt. Die beiden Wissenschaftlerinnen wurden dafür 2009, zusammen mit Jack W. Szostak, mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.

Interessant ist es auch, der Frage nachzugehen: „Gibt es einen biologischen Grund für das Altern?“. Diese Frage sollte vorrangig unter evolutionsbiologischen Gesichtspunkten beantwortet werden. Warum hat sich in der Evolution (das ist die stammesgeschichtliche Entwicklung der Lebewesen von niederen zu höheren Formen) nicht die Strategie durchsetzen können, dass alle Lebewesen so lange leben und Nachkommen produzieren, bis sie durch Krankheit, Unfälle oder Naturkatastrophen aussterben oder als Teil einer Nahrungskette gefressen werden? Diese Strategie hat sich offensichtlich nicht bewährt und sich daher die Entwicklungstendenz durchsetzen konnte, dass höher entwickelte Lebewesen langsam altern und dann sterben. Das hat den Vorteil, dass die älteren Generationen zu einem bestimmten Zeitpunkt für die jüngeren Generationen „Platz machen“. Dadurch wird einer Überbevölkerung vorgebeugt.

In der Regel sind die Mitglieder der neuen Generationen aufgrund von vorteilhaften Mutationen anpassungsfähiger und können somit auf neue Umweltbedingungen besser reagieren und damit auch ihre Gene besser verbreiten.

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen den Schluss zu, das Altern ein regulierter Prozess ist, der durch metabolische (im Stoffwechselprozess entstandene) und genetische Vorgänge beeinflusst wird. Das bedeutet einerseits, dass der menschliche Körper für den Alterungsvorgang programmiert ist und sich daher der natürliche Tod nicht beliebig hinauszögern lässt.

Andererseits vermutet man auch, dass es im Körpersystem des Menschen „Regelknöpfe“ und „Schalter“ gibt, die das Individuum von außen (exogen) betätigen kann, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. Als einer dieser „Schalter“ erweist sich offenbar die Kalorienzufuhr. Eine Reihe von Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit Versuchstieren haben belegt: „Weniger Kalorien bedeutet langsameres Altern“.

Was versteht man unter dem Begriff „Alter“?

Nicht nur vom Verlauf des Alterungsprozesses, sondern auch von gesellschaftlichen Konventionen hängt es ab, ob ein Mensch als alt eingestuft wird. Haben Menschen das Rentenalter erreicht, werden sie als „alt“ bezeichnet. Allerdings sind die 65-Jährigen in der deutschen Gesellschaft eine sehr ungleichartige (heterogene) Gruppe. Die meisten Menschen dieser Altersgruppe sind wesentlich gesünder und vor allem selbständiger als ältere Menschen in der Vergangenheit. Die Relativität von Altersgrenzen ist nach Ansicht von Gerontologen (Alters- oder Alternswissenschaftler) der Grund dafür, dass man die Frage, ab wann jemand alt ist, eigentlich nicht beantworten kann. Gerontologen unterscheiden deshalb zwischen „Alter“ und „altern“. Ihrer Meinung nach ist „Altern“ ein „mehr oder weniger kontinuierlicher und letztlich irreversibler Prozess, der am Ende zum Tod führt“. [12]

Wodurch wird der Prozess des Alterns bestimmt? Es hängt ab von der biologischen Ausstattung des Menschen, wobei genetische Faktoren eine Schlüsselfunktion spielen. Eine weitere Rolle spielen die Lebensführung der alternden Person und äußere Einflüsse.

Der Alterungsprozess verläuft auf drei Ebenen

Die meisten Wissenschaftler unterscheiden bei der Analyse und Beschreibung von Alterungsprozessen eine biologische, eine soziale und eine psychologische Ebene. [13]

Die biologische Ebene eines Alterungsprozesses ist „durch eine zunehmende Verringerung der Anpassungs- und Wiederherstellungsfähigkeit gekennzeichnet“. In Verbindung damit nimmt auch die Leistungsfähigkeit immer weiter ab (Eine Tatsache, die viele Mitmenschen ignorieren und nicht wahrhaben wollen.). Die Anfälligkeit für Erkrankungen nimmt für alternde Menschen in der Regel zu. Der Grund: Es tritt vermehrt eine Vielzahl von molekularen und zellulären Schäden in deren Körpern auf, die sich mit der vorhandenen genetischen Ausstattung nicht mehr reparieren lassen.

Veränderungen auf der sozialen Ebene sind vielfältig, was sich in den Veränderungen der gesellschaftlichen Stellung und in Veränderungen durch den Verlust enger Beziehungen sowie sozialer Rollen widerspiegelt. Allerdings: Das altersbedingte Ausscheiden aus dem Beruf kann auch positiv gesehen werden. Eine gute Gesundheit und ausreichende materielle Ressourcen ermöglichen es so manchem Mitmenschen, den Rollenwechsel vom Berufstätigen zum Rentner als eine „späte Freiheit“ aufzufassen. Die Erfahrung zeigt, dass ältere Mitmenschen in der Regel ihre Lebensziele und ihre Alltagsaktivitäten diesen Veränderungen anpassen. Die Verrentung macht es möglich, dass sich die Betroffenen auf das konzentrieren, was ihnen als besonders wichtig erscheint.

Für den Psychologen Andreas Kruse (*1955, ein deutscher Psychologe, Gerontologe und Demograph) treten auf der psychologischen Ebene Verluste vor allem in den Bereichen auf, „die an die Umstellungsfähigkeit von Nervenzellverbänden gebunden sind, wie zum Beispiel das Kurzzeitgedächtnis oder die hohe Geschwindigkeit im Denken“. Jedoch wird das Altern von älteren und alten Mitmenschen häufig nicht als ein Abbauprozess erlebt, sondern als „Phase der Anpassung oder sogar des Wachstums und der Reifung“.

Das Gehirn bildet eine Ausnahme

Das ist ermutigend: Im Alter gibt es auch durchaus gegenläufige Prozesse, wie das Beispiel Gehirn zeigt. Obwohl dieses Organ im Alter an Masse verliert, die Zahl der Hirnzellen abnimmt, ihre Schutzschicht dünner wird und die Nervenverbindungen schlechter funktionieren, was sich auf die Aufmerksamkeit und die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit auswirken kann, so bedeutet das nicht, dass seine intellektuelle Leistungsfähigkeit insgesamt abnimmt. Die sogenannte „kristalline Intelligenz“ (damit ist gemeint: verbales Ausdrucksvermögen, soziale Kompetenz, Fachwissen) ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erst im Alter von 60 Jahren voll ausgeprägt „und kann danach noch lange erhalten bleiben“. [14]

Psychologen sprechen in diesem Fall von Plastizität. Dazu der Psychologe Andreas Kruse: „Sie bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, Neues zu lernen und neue Funktionen (einschließlich der zugrunde liegenden neuronalen Netzwerke) auszubilden“. Für Jule Specht (*1986, deutsche Psychologin und Professorin der Berliner Humboldt-Universität) ist Alter eine „besonders veränderungssensible Lebensphase“. „In einer Studie haben wir gezeigt, dass sich etwa jeder Fünfte nach dem 60. Geburtstag noch einmal stark verändert.“

Es gibt verschiedene Formen des Alterns

Der Alterungsprozess erweist sich als ein fortschreitender, irreversibler biologischer Ablauf der meisten mehrzelligen tierlichen Organismen, der stufenweise zum Verlust der gesunden Körper- und Organfunktionen und schließlich zum biologischen Tod führt. Hervorzuheben ist, dass Altern der bei weitem wichtigste Risikofaktor für verschiedene Krankheiten wie Krebs, koronare Herzkrankheit, Alzheimer-Krankheit, Parkinson-Krankheit und chronisches Nierenversagen ist. Daher wird die maximale Lebenszeit, die ein tierliches Individuum erreichen kann, durch das Altern entscheidend beschränkt. [15]

Als physiologischer Vorgang ist Altern ein elementarer Bestandteil des Lebens aller höher entwickelten Organismen. Für die Forschung ist es eines der am wenigsten verstandenen biologischen Phänomene. [16] Im Allgemeinen akzeptiert man die Annahme, dass eine Vielzahl verschiedener hochkomplexer, vielfach noch ungeklärter Mechanismen (Stand 2021) für das Altern verantwortlich ist. Diese vermuteten Mechanismen beeinflussen und begrenzen die Lebensdauer biologischer Systeme wie Zellen, den daraus aufgebauten Organen, Geweben und Organismen.

Nebenbei bemerkt: Das biologische Alter eines menschlichen Organismus wird durch dessen Vitalität („natürliche Lebendigkeit“) charakterisiert. Nach der Geburt steigt dieser Wert in der Entwicklungsphase auf ein Maximum an. In der Seneszenz (Phase der Altersschwäche) fällt er kontinuierlich ab und erreicht mit dem Tod den Wert Null.

Beispiele für verschiedene Alternsverläufe: [17]

(1) Altern bei vorzeitiger Vergreisung (Progerie)

(2) Beschleunigtes Altern durch Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Tabakrauchen, übermäßiger Genuss von Alkohol, u. ä.

(3) Eine schnelle Funktionsbeeinträchtigung mit einer langen Phase der Behinderung und Pflegeabhängigkeit, wie sie im Fall von Demenz (erworbene Minderung geistiger Fähigkeiten) typisch ist.

(4) „Normales“ Altern mit nur geringen Beeinträchtigungen auch im hohen Alter

(5) Ein idealtypischer Alternsverlauf

Für „das Altern“ gibt es keine verbindliche Definition

Für den Begriff „Altern“ gibt es keine allgemein akzeptierte wissenschaftliche Definition. [18] Eine weiter gefasste neuere Definition sieht „jede im Laufe des Lebens eines Organismus stattfindende zeitgebundene Veränderung“ als Altern an. Dies kann sich sowohl auf die als „positiv“ bewerteten Reifungsprozesse in der Kindheit als auch auf die negativ angesehenen degenerativen Erscheinungen bei alten Erwachsenen beziehen. [19]

Unmittelbar nach der Vereinigung von Spermium und Eizelle beginnt bei höheren Organismen der Prozess des Alterns. Es gibt Gerontologen, die das Altern nur „über die negativen zeitlichen Veränderungen eines Organismus, beispielsweise den Funktionsverlust von Organen oder die Vergreisung (Seneszenz) nach dem Erwachsenwerden (Adoleszenz)“ definieren. Der deutsche Internist, Pathophysiologe und Begründer der Gerontologie, Max Bürger (1885 – 1966), definierte 1960 das Altern als „eine irreversible zeitabhängige Veränderung von Strukturen und Funktionen lebender Systeme“. [20] Max Bürger bezeichnete die Gesamtheit der körperlichen und geistigen Veränderungen von der Keimzelle bis zum Tod als Biomorphose.

„Die Vorgänge beim Altern unterliegen subjektiven, biologischen, biographischen, sozialen und kulturellen Bewertungen. Das Altern selbst ist ein Phänomen mit sowohl biologischen als auch psychischen und gesellschaftlichen Aspekten. [21] Im Allgemeinen Sprachgebrauch wird Altern weitgehend mit negativen Veränderungen, mit Verfall, Verschlechterung und Degeneration der sensorischen und körperlichen Fähigkeiten assoziiert.“

Das Altwerden äußert sich in zwei Formen

Man unterscheidet beim Altwerden zwischen zwei Formen, nämlich dem primären und dem sekundären Alter.