Bruckmanns Reiseführer Prag: Zeit für das Beste - Gunnar Habitz - E-Book

Bruckmanns Reiseführer Prag: Zeit für das Beste E-Book

Gunnar Habitz

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Beschreibung

Handverlesene Autoren-Tipps und Empfehlungen für eine individuelle Reiseplanung, über 400 inspirierende Fotos sorgen nicht nur für eine stressfreie Planung, sondern auch für einen entspannten Urlaub in Prag. Prag, die Goldene Stadt ist eine der schönsten Metropolen Europas: traditionsbewusst, voller Geschichten, hip und echte osteuropäische Avantgarde. Wer das echte Prag sucht, mit dem spaziert dieser Stadtführer zu Fuß durch die Stadt. Entdecken Sie Altstädter Ring, Josephstadt, angesagte Kneipen und gute Restaurants. So erleben Sie neben den Highlights auch jede Menge Geheimtipps, die Ihren Urlaub unvergesslich machen. Und es bleibt dabei immer Zeit für authentische Restaurants oder Hotels und die besten Shopping-Hotspots.

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Fassade des Rathauses

HIGHLIGHTS | GEHEIMTIPPS | WOHLFÜHLADRESSEN

»Ich bin froh, wieder einmal hier zu sein,in dieser Stadt, deren architektonischer Zauber fasteinzigartig unter allen Städten der Welt ist.«

Thomas Mann

Die Stadt der hundert Türme mit den Kirchen des Hl. Franziskus (links) und des Hl. Salvator (rechts)

INHALT

Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen

Willkommen in Prag

BURGVIERTEL

  1Kloster Strahov

  2Loreto

  3Neue Welt

  4Hradschiner Platz

  5Prager Burg

  6St.-Veits-Dom

  7Köngspalast

  8Georgsplatz

  9Goldenes Gässchen

10Burggärten

KLEINSEITE

11Karlsbrücke

12Kampa-Insel

13Malteserplatz

14Kleinseitner Ring

15Palais Waldstein

16Nerudagasse

17Deutsche Botschaft

18Laurenziberg

ALTSTADT

19Platz der Republik

20Krönungsweg

21Ständetheater

22Altstädter Ring

23Lange Straße

24Pariser Straße

25Altneusynagoge

26Maiselsynagoge

27Alter Jüdischer Friedhof

28Rudolfinum

29Klementinum

30Bethlehemsplatz

NEUSTADT

31Nationalmuseum

32Wenzelsplatz

33Am Graben

34Nationalstraße

35Nationaltheater

36Karlsplatz

37Albertov

38Vyšehrad

39Museum der Hauptstadt Prag

RUND UM DAS ZENTRUM

40Troja und Baumgarten

41Holešovice

42Karlín

43Žižkov

44Vinohrady

45Friedhöfe Olšany

46Smíchov

AUSFLÜGE

47Burg Karlstein

48Nelahozeves

49Mělník

50Kutná Hora

REISEINFOS

Prag von A bis Z

Kalender

Register

Impressum

MEHR WISSEN

Literatur Das belesene Prag

Architektur Tausend Jahre erbaute Vielfalt

Film Hollywood in Prag

Kulinarisch So isst Prag

MEHR ERLEBEN

Ein Wochenende in Prag

Günstig durch Prag

Prag für Kinder und Familien

Auf der Prager Burg

Innenhof im Hotel »U zlatého jelena«

Ungeschminkte Hausfassaden im Viertel Žižkov

Die romantische Altstadtgasse Boršov bei Nacht

Hausschmuck im Prager Zentrum

Am Abend ist ein Bummel über die Karlsbrücke beonders schön.

DAS SOLLTEN SIE SICH NICHT ENTGEHEN LASSEN

Seiteneingang zur Prager Burg

Abends durch die Prager Burg schlendern (S. 46)

Die größte bewohnte Burganlage der Welt zieht täglich die Menschenmassen an, die sich lange anstellen, um einen Blick in den St.-Veits-Dom und den Königspalast zu werfen. Besonders eindrucksvoll wirkt der Besuch am Abend, wenn der Geist der Anlage spürbar ist und man sich vorstellen kann, wie die Herrscher und ihr Gefolge durch die tausend Jahre alten Gemäuser wandelten (www.hrad.cz).

Die dritte Bank im Garten (S. 98)

Den Garten des Wallenstein-Palasts im grünen Stadtviertel Kleinseite durchwandern viele Besucher auf dem Rückweg von der Prager Burg. Dabei verpassen sie den Blick von der dritten Parkbank gleich hinter dem Eingang an der Metrostation Malostranská. Beim Klang der stolzen Pfauen neben einem großen Teich wähnt man sich weit weg vom Zentrum einer Großstadt und sieht von diesem Platz aus sogar den St.-Veits-Dom auf der Prager Burg.

Weite Aussicht auf den Hügel der Verliebten (S. 32)

Prag wurde wie Rom auf sieben Hügeln erbaut, die auf beiden Seiten der Moldau aufragen. Der Blick von der Aussichtsplattform vor dem Strahov-Kloster reicht über die Burg und das Viertel Kleinseite bis zum Laurenziberg, den Hügel der Prager Romantiker. Es bringt Glück, sich dort am 1. Mai unter einer Dichterstatue zu küssen. Wer nicht sicher ist, ob es wirklich funktioniert, kann auch an anderen Tagen zu zweit auf den Laurenziberg klettern.

Die Perle des Jugenstils (S. 120)

Ein wahres Juwel zwischen den wohl erhaltenen Gebäuden ist das Gemeindehaus am Platz der Republik, erbaut 1911 im feinsten Jugendstil. Hier sollte man unbedingt im Kaffeehaus oder in einem der Restaurants einkehren. Ein Geheimtipp ist die amerikanische Bar im Untergeschoss. Oder doch gleich ein klassisches Konzert im opulenten Smetana-Saal besuchen, wo jährlich im Mai das Musikfestival »Prager Frühling« stattfindet (www.obecni-dum.cz).

Flügel vom Gemeindehaus

Hohe Decken, viel Platz und Gemütlichkeit in den Prager Kaffeehäusern

Lebendige Kaffeehauskultur wie anno dazumal (S. 126)

Das Zeitalter vom »coffee to go« kann der guten alten Kaffeehauskultur nicht wirklich konkurrieren. Wie Wien und Budapest verfügt Prag über eine Vielzahl klassischer Cafés mit geschmackvoller Einrichtung, vornehmem Service und passablem Kaffee. Ein Paradebeispiel ist das »Grand Café Orient« im kubistischen Haus Zur schwarzen Mutter Gottes: Hier wird noch bedient wie zu Kafkas Zeiten und man kann sich richtig Zeit lassen (www.grandcafeorient.cz).

Jeder Tscheche ein Musikant (S. 200)

Alle Generationen lieben das Musiktheater in Tschechien. Schon in Jugendjahren ziehen die Eltern ihre Kinder an die großen Bühnen wie das Nationaltheater, das einst durch Spenden wiederaufgebaut wurde, die Staatsoper oder das Ständetheater, in dem Mozart einst seinen Don Giovanni uraufgeführt hatte (www.narodni-divadlo.cz). Zusätzlich unbedingt ausprobieren: das Schwarze Theater, eine nonverbale Mischung aus Pantomime, Musik und häufig auch Satire.

Der kürzeste Umzug der Stadt (S. 134)

Nur 37 Sekunden dauert der Umzug der Apostel an der Astronomischen Uhr am Altstädter Rathaus zur vollen Stunde und doch staunen Hunderte Passanten immer wieder aufs Neue. Den besten Blick erlaubt das »Grand Café Praha« genau gegenüber in der ersten Etage, am besten schon vorher zum Kaffee hier einkehren. Von einem Tisch am Fenster kann man den faszinierenden Stilmix der Bürgerhäuser am Altstädter Ring in aller Ruhe betrachten (www.staromestskaradnicepraha.cz).

Exotische Stimmung in der Spanischen Synagoge (S. 152)

Das berühmteste Gebäude im jüdischen Viertel Josefov ist zweifelsohne die Altneusynagoge, die älteste aktiv genutzte Synagoge in Mitteleuropa. Hier wirkte einst der berühmte Rabbi Löw, der die Lehmfigur Golem erfunden haben soll. Spannend ist auch ein Besuch der Spanischen Synagoge zwischen Josefov und der Altstadt mit sehenswerter Ausstellung und einer hier unerwarteten maurischen Einrichtung (www.jewishmuseum.cz).

Es gibt noch eine weitere Burg in Prag (S. 212)

Die Prager Burg ist am Wochenende einfach zu voll. Da lohnt sich alternativ der Besuch der sagenumwobenen alten Festungsanlage Vyšehrad südlich der Neustadt. Vom einstigen Sitz der Přemysliden-Dynastie reicht die Aussicht über die Moldau bis hin zum St.-Veits-Dom. Mit diesem Blick prägte Fürstin Libussa einst ihre Vision, die Burg und Stadt Prag zu gründen, deren Ruhm weltweit reichen sollte (www.praha-vysehrad.cz).

Leckere Suppen als Grundlage (S. 217)

Es gibt einen einfachen Grund, warum in Prag die Portionen kleiner sind als im deutschen Sprachraum: Der Tscheche beginnt die Mahlzeit mit einer wohlschmeckenden Suppe. Unbedingt probieren: die kulajda genannte Mischung von Ei, Kartoffeln, Pilzen und Dill – am besten im »Café Imperial« (www.cafeimperial.cz). Nach dem Hauptgericht kommt die schwere Auswahl der Mehlspeisen: lieber Palatschinken oder doch Obstknödel?

Skulpturen auf dem Areal des frühmittelalterlichen Burgwalls Vyšehrad

WILLKOMMEN INPrag

Gern schmückt sich die tschechische Hauptstadt mit wohlklingenden Attributen: von der »Goldenen Stadt« über »Mutter der Städte« bis zur »Hunderttürmigen«. Und längst hat sich Prag auf der Schwelle zwischen West und Ost als eine der schönsten Metropolen Mitteleuropas positioniert.

Die Goldene Stadt wirkt in ihrem Kern wie ein größeres Dorf. Das fußläufige Zentrum umfasst die vier historischen Stadtteile Burgviertel, Kleinseite, Altstadt und Neustadt – mit diesem Umfang gilt die Millionenmetropole vermutlich als kleinste Großstadt der Welt. Die Spuren ihrer tausendjährigen Geschichte sind der Architektur und den zahlreichen kulturellen Einrichtungen abzulesen. Doch Prag ist nicht nur ein historisches Freilichtmuseum, sondern hat sich in den vergangenen bald drei Jahrzehnten immer wieder neu erfunden und dabei längst eine eigene Rolle in der Mitte Europas eingenommen. Den Besuchern präsentiert es sich einerseits als pulsierende Metropole mit einer regen Gastronomie- und Ausgehszene, andererseits verträumt und melancholisch mit romantischen Gassen und versteckten Winkeln.

Die Gasse Melantrichova führt zum Altstädter Ring.

Allerdings wohnen immer wenige Prager direkt im historischen Zentrum, wo Hotelzimmer vermutlich die Überhand gewonnen haben. Die meisten Jobs gibt es in den großen Konzernen außerhalb, etwa in den südlich gelegenen Bürogebieten rund um die Metrostationen Pankrác, Budějovická oder Chodov. Kreative Berufe haben sich nach der Jahrhundertflut in Karlín oder in Žižkov angesiedelt, dem berüchtigten Kneipenviertel. Die Mitarbeiter von Verwaltungen wohnten traditionell in Vinohrady, den Weinbergen östlich vom Wenzelsplatz. Außerhalb der älteren Viertel rund um das Zentrum entstanden zahlreiche Plattenbausiedlungen und nach wie vor wird fleißig am Stadtrand gebaut.

Doch egal wo er wohnt und arbeitet, den Prager zieht es ins Zentrum seiner Stadt und an die Moldau. Prag ist immer in Bewegung, kein Jahr gleicht dem anderen, ständig ist etwas Neues zu entdecken. Oft tauschen sich die Einheimischen bei einer guten Tasse Kaffee in einem der zahlreichen Cafés alter Prägung aus, man nimmt sich Zeit füreinander und trotzt dem hektischen Alltag. Am Wochenende zeigt sich Prag wiederum völlig anders als unter der Woche, vorzugsweise in der warmen Jahreszeit überlassen dann die Einwohner ihre Stadt den Touristen und fahren gemütlich ins eigene Reich aufs Land ins chata genannte Wochenendhaus. Statistisch gesehen besitzt fast jede zweite Familie solch eine chata weit außerhalb der Stadt.

Brückenpanorama über der Moldau

Fensterstürze in der Mitte Europas

Die geografische Mitte Europas liegt etwas östlich von Prag in der Nähe von Kutná Hora (Kuttenberg), daher verstand sich Böhmen immer schon als Schwelle zwischen West und Ost. So ist es kein Wunder, dass nach den Kelten und Slawen noch weitere Völker die zentrale Lage schätzten und im Laufe der Jahrhunderte dort einfielen. Die böhmische Dynastie der Přemysliden bekleidete bis zum 14. Jahrhundert den Thron, bis eine Heirat von Elisabeth, Tochter von Wenzel II., und Johann von Luxemburg diese Epoche beendete. Deren Sohn Karl IV. machte Prag als böhmischer König und römischer Kaiser zur Hauptstadt des Reiches und sorgte für einen Aufschwung, der in zahlreichen weltlichen und kirchlichen Bauten bis heute dokumentiert ist.

Theologischer Saal der Strahov-Bibliothek

Vor allem prägten Glaubenskriege die Geschichte von Böhmen und Mähren. In Prag predigte Jan Hus (ca. 1370–1415) als Erster auf Tschechisch und forderte lange vor Martin Luther (1483–1546) weitreichende Kirchenreformen. Trotz königlichen Geleits wurde er 1415 in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Vier Jahre später zog der Erste Prager Fenstersturz die Hussitenkriege nach sich. Nachdem der eher künstlerisch und wissenschaftlich interessierte Habsburger Kaiser Rudolf II. (1552–1612) anno 1609 die Religionsfreiheit unterschrieben und sein Nachfolger sie wiederum aufgehoben hatte, löste der Zweite Prager Fenstersturz 1618 den Dreißigjährigen Krieg aus, der ganz Europa in Schutt und Asche legte.

Böhmen blieb bis 1918 ein leider nur wenig beachteter Teil der Habsburger Monarchie, hatte sich nach dem Revolutionsjahr 1848 jedoch auf seine nationalen Werte besonnen und war zur führenden Industriezone des Reiches avanciert. Nach dem Ersten Weltkrieg führte die sogenannte Erste Republik der Tschechoslowakei zu einer aufkeimenden Hoffnung. Nur 20 Jahre später beschnitt das Münchner Abkommen den Vielvölkerstaat zunächst um die Sudetengebiete, bis der Rest ein halbes Jahr später als »Protektorat Böhmen und Mähren« von Deutschland eingenommen wurde.

Nach dem Dritten Prager Fenstersturz 1948 lähmte der Kommunismus gut 40 Jahre lang die weitere Entwicklung des Landes. Den zwischenzeitlichen Versuch, dem Sozialismus mit dem Begriff »Prager Frühling« ein menschliches Antlitz zu geben, beendeten die einmarschierenden Truppen des Warschauer Pakts im August 1968. Erst die »Samtene Revolution« von 1989 brachte wieder Freiheit und Demokratie, 1993 jedoch auch die Länderteilung in Tschechische und Slowakische Republik. Die sogenannte Kuponprivatisierung sorgte bei aller Kritik für eine stabile Grundlage, sodass internationale Firmen bereits vor dem EU-Beitritt 2004 in Prag ihren Osteuropa-Sitz aufbauen konnten.

Die Politik der jungen Demokratie kam allerdings ins Straucheln – die Korruption ist längst noch nicht vollständig überwunden. Zweimal setzte der Präsident eine Übergangsregierung von Fachleuten ein, da sich die Parteienlandschaft zwischen der bürgerlichen ODS und der sozialdemokratischen ČSSD nicht einigen konnte. Ein noch immer wichtiges Zünglein an der politischen Waage spielen die Kommunisten, insbesondere in den ländlichen Gegenden. Seit 2013 wählen die Bürger ihren Präsidenten in einer Direktwahl.

Faszinierende Kultur

Die wechselhafte Geschichte hinterließ reichhaltige kulturelle Spuren. Schon Kaiser und Mäzen Rudolf II. sammelte Kunstgegenstände und Gemälde, die heute in der Nationalgalerie ausgestellt sind. Sie verteilt sich auf mehrere Paläste, einige davon am Hradschiner Platz. Die Sammlungen zeigen einheimische und europäische Künstler wie Cranach d. Ä., Holbein d. Ä., Rembrandt, Rubens, Tintoretto und viele mehr. Bekanntestes Gemälde ist das Rosenkranzfest von Albrecht Dürer im Palais Sternberg. Neben den Kunstgalerien sind auch die anderen Museen Prags einen Besuch wert. Das Nationalmuseum am oberen Ende des Wenzelsplatzes ist wegen eines groß angelegten Umbaus voraussichtlich bis 2018 geschlossen – das Nachbargebäude zeigt nur einen Teil der Sammlungen. Sehenswert sind darüber hinaus das Städtische Museum mit dem sogenannten Langweil-Modell, das Kunstgewerbemuseum, das Nationale Technikmuseum und das Museum der Musik, um nur einige zu nennen. Die Prager Burg widmet sich ebenfalls der Kultur mit zahlreichen Ausstellungen in den Adelspalästen und der Burggalerie.

Statuen in der Kirche der Geburt Christi im Loreto

Monolith im Zweiten Burghof

Prag ist Musik

Ein tschechisches Sprichwort besagt: »Jeder Tscheche ist ein Musikant.« Dieses Verständnis drückte sich spätestens 1881 im Bau des Nationaltheaters aus, der »Goldenen Kuppel über der Moldau«. Prag verfügt über drei Opernhäuser von internationalem Rang, außer dem Nationaltheater begeistern auch die Aufführungen in der etwa gleich alten Staatsoper und im Ständetheater, in dem Mozart 1787 seinen Don Giovanni uraufführte. Oper und Ballett bringen viele Einheimische regelmäßig ins Theater, übrigens mehr als in den Städten der Nachbarländer – allenfalls mit Ausnahme von Wien.

Auch die Vielzahl experimentierfreudiger Theater und kleiner Schauspielhäuser belebt die Kulturszene. Inzwischen begeistern sich die Tschechen zudem für Musicals, der Boom begann 1992 mit einem Gastspiel von Les Misérables. Die besten Produktionen werden im Musiktheater Karlín aufgeführt. Hinzu kommen zahlreiche klassische Konzerte in Kirchen, Palästen oder in den Musiksälen von Gemeindehaus und Rudolfinum: Die hoch qualifizierte Ausbildung tschechischer Musiker und renommierte Festivals wie der »Prager Frühling« ziehen auch internationale Künstler von Rang und Namen in die Musikmetropole. Das gilt ebenso für die Stars aus Pop und Rock.

Trendiges Nachtleben

Seit der Öffnung der Grenzen erfindet sich das Prager Nachtleben regelmäßig neu. Schnell schießen Music Clubs und Kneipen aus dem Boden, noch immer wechseln Eigentümer und Konzepte in kurzer Zeit. Was gestern hip war, kann heute schon überholt sein. Zu Beginn eines gelungenen Abends stillt man zuerst in den typischen Bierstuben seinen Hunger, danach geht es in die Bars nördlich des Altstädter Rings oder im berüchtigten Szeneviertel Žižkov. Der Wenzelsplatz zeigt spätabends sein erotisches Gesicht, wenn Diskotheken und Nachtclubs bis in die frühen Morgenstunden die Nachtschwärmer aufnehmen. Beliebt ist die Kombination aus Restaurant und Music Club mit Livekonzerten, nicht selten in aufwendigem Design und mit edlen Materialien.

Prager Metrostation Muzeum

Knödel, Gerstensaft und Bohnen

Die Gastronomie hat sich in Prag ganz schön gemausert. Vorbei die Zeiten, als die schwere böhmische Küche mit ihren stopfenden Semmelknödeln den Speiseplan der Restaurants dominierte. Längst hat sich in Prag eine vielfältige Gastro-Szene etabliert, die ein breites Spektrum von Pizzeria bis zu französischer Haute Cuisine abdeckt. Dabei ist besonders im Zentrum eine deutliche Wandlung zu besserem Service auszumachen: Statt dem unfreundlichen Abkassieren nicht wiederkehrender Touristenmassen fokussieren viele Betriebe nun auf Einheimische, die dank gleichmäßig hoher Qualität und einer großen Auswahl diverse gastronomische Trends ausprobieren können.

Das Prague Funfair Orchestra in der Altstadt

Gemütliche Cafés und Kneipen in alten Gewölben gibt es viele in Prag.

Eines ist allerdings geblieben: Man geht nach wie vor gern in eine der unzähligen Bierstuben, um mit Freunden die Sorgen des Alltags bei einem frisch Gezapften herunterzuspülen. Dabei werden kleine Speisen gereicht wie ein Ertrunkener (eine in einem großen Essigglas untergegangene Wurst) oder der eingelegte Hermelinkäse. Natürlich gibt es auch Gulasch mit Knödeln und andere Klassiker, die man zum Bier verdrückt. Mit gut 160 Litern pro Person und Jahr verfügt Tschechien über den höchsten Bierkonsum der Welt – das schließt allerdings den Export mit ein.

Ebenso wichtig wie die Bierstube ist vielen Pragern das Café, eine Vorliebe noch aus den Zeiten der Habsburger Monarchie. Auch in Prag waren die Wohnungen eher klein und ungemütlich, so spielte sich ein Teil des Gesellschaftslebens in den prächtig gestalteten Kaffeehäusern ab, die neben gutem Kaffee auch mit einer Vielzahl internationaler Zeitungen und gar Billardräumen den Zeitvertreib sicherstellten. Billardtische haben nur noch das »Louvre« und »Imperial«, dafür gesellen sich zu altehrwürdigen Kaffeehäusern wie dem »Orient«, »Savoy«, »Slavia« und Co. nunmehr frische Café-Konzepte mit exzellenten Sorten, aufgebrüht durch ausgebildete Barista und serviert in modern gestyltem Interieur – WiFi-Zugang inbegriffen.

Shopping

Eigentlich gilt Prag im Gegensatz zu London und Mailand nicht als ausgesprochene Shoppingmetropole, auch wenn die Einkaufszentren, allen voran das Palladium am Platz der Republik, längst internationales Niveau erreicht haben. Neben den üblichen Modeketten frequentieren Kunden gern Geschäfte für Schmuck, Handwerk und böhmisches Kristallglas. Die Läden im Zentrum locken mit preiswerten Angeboten. Manche Künstler verkaufen ihre Werke auch im Freien wie etwa auf der Karlsbrücke. Wirklich wertvolle Kunstwerke sind so zwar nicht zu ergattern, aber wer den Einkaufsempfehlungen dieses Buchs folgt, ist vor Nepp einigermaßen sicher.

Gulasch mit Knödeln und dunklem Bier

Modernes böhmisches Kristallglas der Markte Artěl in allen möglichen Formen

Blick über die Neustadt bis zum Nationalmuseum

Das Mütterchen hat Krallen

In den Neunzigern des letzten Jahrhunderts stand Prag als Szenemetropole hoch im Kurs. Der Mix aus günstigen Preisen, sehenswertem Zentrum und einem Hauch von Abenteuer zog Neugierige aus aller Welt an. Die Stadt wurde für Jugendliche zu einem beliebten Ziel von Abschlussfahrten und schätzungsweise 40 000 Amerikaner kamen hierher, um Englisch zu unterrichten – ein großer Teil blieb bis heute. Das Tempo, in dem Restaurants und Clubs neu eröffnen, hat zwar nachgelassen, aber Prag ändert sich noch immer von Jahr zu Jahr. Wer in den Neunzigern bereits hier war oder im Jahr 2000, als Prag den Titel »Kulturhauptstadt Europas« trug, der sollte unbedingt wiederkommen. Das Preisniveau ist zwar angestiegen, doch noch immer vergleichsweise attraktiv. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte wurden viele Gebäude und ganze Straßenzüge restauriert. Und mit ihrer gelungenen Mischung aus Kultur und Erlebnis punktet die Goldene Stadt wie kaum eine andere in Europa.

Eine Ballonfahrt auf der Kleinseite

In dem Sinne herzlich willkommen in einer zauberhaften Metropole, die ihre Besucher schnell und immer wieder in ihren Bann zieht. Kafka notierte damals völlig zu Recht in sein Tagebuch: »Prag lässt nicht los. Dieses Mütterchen hat Krallen.«

Geschichte im Überblick

9. Jh.Die ersten Herrscher der Přemysliden-Dynastie errichten die Prager Burg.

10. Jh.Zur Regentschaft von Fürst Wenzel entsteht die St.-Veits-Rotunde. Prag wird Standort eines eigenen Bistums.

11.–13. Jh.In der Altstadt und auf der Kleinseite siedeln sich deutsche und jüdische Kaufleute an. Das Kloster Strahov entsteht.

1344–1378Der böhmische König und römische Kaiser Karl IV. führt Prag als Reichshauptstadt zur ersten Blüte: Er gründet die Karlsuniversität, legt die Neustadt an und lässt die Karlsbrücke erbauen.

1378–1419Böhmen erlebt unter Wenzel IV. soziale und religiöse Spannungen. Rektor Jan Hus predigt als Erster auf Tschechisch und fordert die Kirche zu Reformen auf.

1415–31Jan Hus wird während des Konzils in Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Vier Jahre später beginnen die Hussitenkriege mit dem Ersten Prager Fenstersturz unter Heerführer Jan Žižka.

1458–1526Nach Hussitenkönig Georg von Poděbrady besteigen die Jagiellonen den böhmischen Thron. 1485 kommt es zum vorübergehenden Religionsfrieden.

1526–75Mit Ferdinand I. beginnt eine fast 400-jährige Herrschaft der Habsburger in Böhmen. Um die Hussiten zu unterdrücken, lässt er Jesuiten ansiedeln. 1541 vernichtet ein Feuer große Teile von Burgviertel und Kleinseite.

1575–1611Rudolf II. führt Prag zu einer erneuten Blüte als Hauptstadt des Kaiserreichs; Kunst und Wissenschaft florieren am Hof.

1618–48Der Zweite Prager Fenstersturz läutet den Dreißigjährigen Krieg ein. Nach der Schlacht am Weißen Berg in Prag 1620 werden im Folgejahr 27 hussitische Adlige öffentlich hingerichtet, der Katholizismus wird durch Gewalt zur einzigen Religion.

1741–42Fremde Heere durchziehen Prag. Franzosen, Preußen und Bayern kämpfen im Österreichischen Erbfolgekrieg.

1781–84Maria Theresias Sohn Joseph II. verfügt das Toleranzpatent mit der Zusicherung der Glaubensfreiheit, löst die Klöster auf und öffnet das jüdische Ghetto.

1845–48Prag wird per Eisenbahn mit Olmütz in Mähren verbunden. Die nationale Wiederbesinnung im europäischen Revolutionsjahr führt zu Spannungen zwischen tschechischen und deutschsprachigen Bewohnern.

1881–1893Das Nationaltheater drückt den Wunsch nach einer tschechischen Bühne aus. Das jüdische Viertel wird abgerissen, lediglich Synagogen, Rathaus und Friedhof bleiben stehen.

1900–1914Rege Bautätigkeit im industriellen Böhmen, Arbeiter ziehen in die Vororte Karlín, Žižkov und Smíchov, Verwaltungsmitarbeiter nach Vinohrady. Das Gemeindehaus markiert 1911 den Gipfel des Jugendstils.

1918Nach dem Ersten Weltkrieg entsteht die Tschechoslowakei, ein demokratischer Vielvölkerstaat von Tschechen, Slowaken und Karpatenukrainern. Erster Präsident wird Tomáš Garrigue Masaryk.

1922Eingemeindung von 40 Vorstädten in eine Verwaltungseinheit. Die »Erste Republik« führt zu einem Aufstieg.

1938–39Die Weltmächte unterschreiben das Münchner Abkommen, in der Folge werden die sudetendeutschen Gebiete ohne Involvierung der tschechoslowakischen Regierung dem nationalsozialistischen Deutschland eingegliedert. Im März 1939 wird die »Rest-Tschechei« als »Protektorat Böhmen und Mähren« angegliedert.

1942Das Attentat auf den Reichsprotektor Reinhard Heydrich führt zu brutalen Repressionen und zur Vernichtung des Dorfs Lidice.

1945Prager Aufstand am 5. Mai, noch am 9. Mai vernichten die Nationalsozialisten Teile des Altstädter Rathauses. Prag wird durch die Rote Armee befreit, Westböhmen durch die Amerikaner.

1948Die Kommunistische Partei kommt durch den Februar-Putsch an die Macht, die Phase der Totalität beginnt.

1968Unter Alexander Dubček beginnt der Versuch, einen »Kommunismus mit menschlichem Antlitz« einzurichten. Die politische Reformbewegung »Prager Frühling« wird durch Truppen des Warschauer Pakts gewaltsam zerschlagen.

1969Student Jan Palach verbrennt sich als lebendige Fackel als Folge der Niederschlagung der aufkeimenden Hoffnung.

1974Bau der ersten Metro-Linie und der Magistrale.

1989Die »Samtene Revolution« beendet die kommunistische Herrschaft, Václav Havel wird neuer Präsident der Tschechoslowakischen Föderativen Republik (ČSFR).

1993Tschechen und Slowaken gehen getrennte Wege, Václav Havel wird Präsident der Tschechischen Republik.

2002Eine Jahrhundertflut zerstört Teile des historischen Zentrums und der Metro.

2004Tschechien tritt der Europäischen Union bei, vier Jahre später auch dem Schengenraum.

2011Václav Havel stirbt im Dezember.

2013Miloš Zeman wird neuer Präsident in der ersten Direktwahl. Im Mai erneute Flut in Prag.

2015/16Tschechien ehrt zunächst Jan Hus am 600. Todestag und dann Karl IV. am 700. Geburtstag.

EIN WOCHENENDE IN PRAG

Wer nur ein Wochenende Zeit für Prag hat, sollte sich die wichtigsten Punkte heraussuchen, um die Stadt der hundert Türme in sich aufnehmen zu können und zwischen den Besichtigungen auch Muße zum Durchatmen zu haben – im Kaffeehaus oder in einer Bierstube. Angenehm dabei, dass die Geschäfte auch sonntags geöffnet sind. Nur die Synagogen im jüdischen Viertel und der Alte Jüdische Friedhof sind am Samstag geschlossen.

FREITAG

15 UHR START AM PLATZ DER REPUBLIK

Am Anfang gilt es, sich einen Überblick über die überwiegend fußläufige Stadt zu verschaffen. Dabei kreuzen wir den in keinem Stadtplan direkt eingezeichneten Krönungsweg, auf dem die Könige einst von ihrem alten Palast am heutigen Platz der Republik durch die Altstadt über die Karlsbrücke zur Prager Burg gingen. Am Beginn dieses Weges steht das Gemeindehaus im prächtigen Jugendstil, hier kann man seinen Prag-Besuch im Kaffeehaus oder unten in der Bierstube zünftig beginnen. In der Celetná (»Zeltnergasse«) weichen wir vom Weg ab und gehen vom Ovocný trh (»Obstplatz«) zum Ständetheater, in dem Mozart einst seinen Don Giovanni uraufgeführt hat. Die Železná (»Eisengasse«) bringt uns weiter zum Altstädter Ring, der von hier aus noch eindrucksvoller wirkt als von der Zeltnergasse. Da die Geschäfte noch geöffnet haben, schlendern wir durch die Pařížská (Pariser Straße), einen Boulevard mit Luxusgeschäften in Jugendstilhäusern mit kunstvoll gestalteten Giebeln und hohen Decken.

19 UHR ENTSPANNT ZUR MOLDAU SCHLENDERN

Das Gassengewirr der Altstadt bietet eine ganze Palette immer neuer Eindrücke. Das »Rudolfinum« genannte Haus der Künstler an der Moldau ist, am Abend angestrahlt, ein Hingucker. Am Ufer haben sich einige Restaurants niedergelassen, wie wäre es mit einem Dinner bei »Grosseto Marina« auf einem fest vertäuten Schiff mit Blick auf die Prager Burg? Wer noch nicht hungrig ist, läuft schon jetzt über die Karlsbrücke und findet in den romantischen Gassen der Kleinseite ebenfalls geeignete Lokale zum Einkehren. Unbedingt sollte man die böhmische Küche probieren, statt die nächste Pizzeria aufzusuchen.

SAMSTAG

9.30 UHR AUF DEN VYŠEHRAD

Wenn die meisten Touristen morgens die Prager Burg bevölkern, empfiehlt sich ein vergleichsweise ruhiger Ausflug auf den Vyšehrad, die zweite Burg der Stadt. Erreichbar einfach über die gleichnamige Metrostation bis zur Anlage mit herrlicher Aussicht über die Moldau und zum Hradschin. Ein Besuch auf dem Ehrenfriedhof gehört dazu. Viele Prager verbringen hier übrigens ihren Sonntagsspaziergang, dann ist es entsprechend voller.

12.30 UHR PAUSE IN DEN GÄRTEN DER KLEINSEITE

Über die Most legií (»Brücke der Legionen«) geht es auf die Kleinseite, den Weg flankieren zahlreiche Restaurants und Cafés wie das berühmte »Slavia« mit schöner Aussicht auf die Kleinseite. Ein Spaziergang durch dieses romantische Viertel sollte unbedingt auch entlang des Malteserplatzes zur John-Lennon-Mauer und der Kampa-Halbinsel führen. Vom Kleinseitner Ring aus empfiehlt sich eine Ruhepause in einem der zahlreichen Gärten wie im Vrtbova zahrada.

15 UHR ENDLICH ZUR PRAGER BURG

Am frühen Nachmittag ist der größte Ansturm auf die Prager Burg vorbei, einige der Gebäude wie der St.-Veits-Dom und der Alte Königspalast haben noch geöffnet. Das Goldene Gässchen befindet sich ganz hinten im Burgareal, von dort aus lohnt sich von April bis Oktober ein Spaziergang durch die Wallgärten direkt vor der Burganlage mit einem weiten Blick auf die Moldau. Wer noch mehr Zeit auf der Burg benötigt, kann am Sonntagnachmittag einen zweiten Besuch einplanen. Durch die Nerudova geht es am frühen Abend weiter zur Karlsbrücke mit ihren Schaustellern.

18 UHR INS GETÜMMEL DER ALTSTADT

Das Angebot für einen gelungenen Abend in Prag ist riesig. Wie wäre es mit einem klassischen Konzert in einer der vielen Kirchen, dem Besuch eines Musicals oder des Schwarzlichttheaters? Die Atmosphäre am Altstädter Ring ist auch abends einmalig. Besonders in den Nebengassen dieses magischen Platzes sind gute Restaurants zu finden wie »Kalina«, »Lokál« oder »Mincovna«. Für den späteren Abend kann man gleich hierbleiben, denn rund um die Dlouhá hat sich eine rege Ausgehszene etabliert. Wer sich in die Wohngebiete begeben möchte und alternative Kneipen sucht, sollte die Viertel Žižkov, Holešovice oder Smíchov aufsuchen.

SONNTAG

9.30 UHR DURCH DAS JÜDISCHE VIERTEL

Am Samstag sind die Synagogen und der Alte Jüdische Friedhof wegen des Sabbats geschlossen, also widmen wir uns am Sonntag diesem interessanten Gebiet inmitten der Altstadt. Ein Kombiticket enthält auch die Altneusynagoge, die nicht vom jüdischen Museum verwaltet wird. Als ideale Reihenfolge beginnt man in der Maiselsynagoge, geht zum Friedhof, zur Altneusynagoge und schließt den Rundgang in der Spanischen Synagoge ab.

13 UHR GUT SPEISEN IN DER NEUSTADT

Die Achse von der Nationalstraße bis zur Straße Am Graben trennt die Altstadt von der Neustadt mit dem berühmten Wenzelsplatz. Hier bieten sich nach der Besichtigung zahlreiche Möglichkeiten zum Einkehren.

15 UHR DIE LETZTEN EINKÄUFE VOR DER ABREISE

Zum Schluss lohnt sich ein kleiner Einkaufsbummel in den Geschäften am Wenzelsplatz, die auch am Sonntag geöffnet haben. Unbedingt durch die Passagen bummeln und das überraschend reichhaltig geschmückte Interieur der Hauptpost bewundern. Danach ein letzter Kaffee in einem der Kaffeehäuser entlang der Národní (Nationalstraße), um Prag noch einmal auf sich wirken zu lassen und all die Eindrücke zu verarbeiten.

BURGVIERTEL

  1 Kloster Strahov

  2 Loreto

  3 Neue Welt

  4 Hradschiner Platz

  5 Prager Burg

  6 St.-Veits-Dom

  7 Köngspalast

  8 Georgsplatz

  9 Goldenes Gässchen

10 Burggärten

Moldaupanorama mit Prager Burg und Karlsbrücke bei Nacht

1 Kloster Strahov

Bibliothek von Weltruf

Hoch oben am Burgberg thront das größte Kloster des Landes, einer der wichtigsten Anziehungspunkte auf der linken Moldauseite. Die beiden beeindruckenden Bibliothekssäle gehören zu den wertvollsten in Europa. Von der Aussichtsterrasse des Prämonstratenserklosters überblickt man die Prager Burg, den Laurenziberg und die Kleinseite. Ein idealer Start für die Besichtigung des Burgviertels.

Eingang ins Klosterareal

König Vladislav II. und der Olmützer Bischof gründeten 1140 das älteste Prämonstratenserkloster in Böhmen. Rasch entwickelte sich das Areal in ähnlichem Ausmaß wie die Prager Burg. Während einer wechselhaften Geschichte kamen 1627 die Gebeine des Hl. Norbert ins Kloster Strahov, er war der Begründer des Prämonstratenserordens. Seit 1993 fungiert Strahov wieder als Kloster.

Der Philosophische Saal

Die Maria-Himmelfahrts-Kirche basiert auf einer romanischen Basilika aus der Anfangszeit des Klosters, das heutige Erscheinungsbild entspricht dem Barockumbau im 18. Jahrhundert. Architekt Anselmo Lurago ergänzte nach dem Dreißigjährigen Krieg auf der linken Seite die Kapelle des Hl. Norbert mit den Reliquien des Ordensgründers. Heute nutzen viele junge Paare die Kirche für Hochzeiten.

Bibliothek

Rechts neben der Kirche geht es in den Bibliothekskomplex. Wer hier fotografieren möchte, erwirbt an der Kasse eine separate Fotoerlaubnis. Im Besichtigungsgang befindet sich ein Kuriositätenkabinett mit merkwürdigen naturwissenschaftlichen Exponaten wie eine 68-bändige Sammlung über verschiedene Holzarten, aus denen die Bücher jeweils gebunden sind. Das älteste ausgestellte Buch ist ein Evangeliar aus Trier aus dem 9. Jahrhundert. Gemeinsam mit den beiden Sälen und weiteren Lagerräumen beinhaltet Strahov etwa 200 000 Bücher und Handschriften.

Philosophischer Saal

Zunächst fällt der Blick über ein gespanntes Seil in den prachtvollen Philosophischen Saal aus dem Jahr 1790, ein klassizistischer Raum mit herrlichem Parkett und zweistöckigen Bücherregalen aus Nussbaumholz. Diese fanden nach der Auflösung des Klosters Louka bei Znojmo anno 1794 ihren Weg nach Prag, jedoch musste das dafür vorgesehene ehemalige Getreidehaus für die Zwecke der Bibliothek erhöht werden. Die Regale des 32 Meter langen und 14 Meter hohen Saals umfassen etwa 42 000 Bände. Das sehenswerte Deckengemälde Geistige Entwicklung der Menschheit von Anton Maulbertsch zeigt am Rande biblische Figuren wie Adam, Eva und Noah, griechische Philosophen wie Dionysos und Diogenes, böhmische Heilige wie Ludmila und Wenzel sowie die göttliche Vorsehung in der Mitte des Freskos.

Einfach gut!

DIE MIRO-GALERIE

Gleich am Anfang des Strahov-Areals steht die kleine Kirche des Hl. Rochus (1616) mit auffallend engen Fenstern. Rudolf II. ließ das Gotteshaus nach Abwendung der Pest erbauen. Heute dient die Kirche als Ausstellungssaal der 1987 in Berlin gegründeten Miro Gallery. Hinter dem Namen verbirgt sich übrigens nicht etwa der spanische Maler Joan Miró. Sänger Karel Gott besorgte dem Galeriegründer Miro Smolák den notwendigen Kredit für den geeigneten Raum. Seit 1994 waren in der Rochuskirche in mehrmonatigen Ausstellungen Werke von Chagall, Dalí, Picasso, Andy Warhol und eben Joan Miró zu sehen. Auch Karel Gott, der sich neben seiner Musik der naiven Kunst widmet, stellte hier seine Bilder aus. Vor allem einheimische Künstler erhalten somit eine Möglichkeit, international auf sich aufmerksam zu machen.

Galerie Miro. Tgl. 10–17 Uhr, Strahovské nádvoří 1, Praha 1 (Hradčany), Tel. 233 354 066, www.galeriemiro.cz

Theologischer Saal

Am Ende des Ganges liegt der niedrigere Theologische Saal von 1679, die ursprüngliche Klosterbibliothek mit gut 18 000 Werken. Die Mitte des Barocksaals bilden alte Globen aus Holland sowie ein drehbares Kompilationslesepult, das sich zwei Mönche nacheinander teilen konnten, ohne dass ihre Bücher zugeschlagen sein müssten oder herunterfallen würden. Die stuckverzierten Fresken thematisieren Weisheit, Wissen und Bildung mit Symbolen der geistlichen und weltlichen Macht. Zwei kleine Gitterschränke bewahren verbotene Literatur auf, etwa von Jan Hus.

Die toll dekorierte Maria-Himmelfahrts-Kirche

Klosterareal

Weitere Objekte säumen den Strahover Klosterhof. Die Strahov-Galerie im oberen Kreuzgang des Paradieshofs zeigt seit dem frühen 19. Jahrhundert eine Sammlung mitteleuropäischer Kunst. Seit der Wiederinstandsetzung des Klosters 1993 werden etwa 100 wertvolle Gemälde und Plastiken ausgestellt. Das Museum der tschechischen Literatur bzw. die Gedenkstätte für nationales Schrifttum kümmert sich um die Nachlässe einheimischer Schriftsteller. Wie viele andere Klöster verfügte Strahov über eine eigene Brauerei, in der bis Anfang des 20. Jahrhunderts eigenes Bier gebraut wurde.

Aussicht vom Restaurant »Bellavista«

Aussichtsplattform

An der breiten weißen Front des Klosters zum Laurenziberg hin bietet die Aussichtsterrasse einen eindrucksvollen Blick auf die Stadt. Sogar das Burggelände wirkt von hier aus niedriger. Der Blick reicht vom Außenministerium über den St.-Veits-Dom über die Kleinseite, die Karlsbrücke und bis in die Altstadt, begrenzt vom Laurenziberg mit dem Eiffelturm. Besonders bei einem Abendspaziergang ein sehr romantisches Fleckchen.

Infos und Adressen

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Strahovský klášter. Kloster Strahov. Tgl. 9–12 und 13–17 Uhr, Strahovské nádvoří 1, Praha 1 (Hradčany), Tel. 233 107 718, www.strahovskyklaster.cz

ESSEN UND TRINKEN

Bellavista. Vornehmes Aussichtsrestaurant mit sehr guten Gerichten in gehobener Preisklasse oberhalb der regulären Besucherterrasse. Tgl. 11–24 Uhr, Strahovské nádvoří 1, Praha 1 (Hradčany), Tel. 220 517 274, www.bella-vista.cz

Klášterní pivovar. In der wiedereröffneten historischen Klosterbrauerei entstehen jährlich ca. 1000 hl vom Qualitätsbier St. Norbert aus Naturrohstoffen, die Gasträume bieten Platz für ca. 350 Personen. Tgl. 10–22 Uhr, Strahovské nádvoří 10, Praha 1 (Hradčany), Tel. 233 353 155, www.klasterni-pivovar.cz

Peklo. Kellerrestaurant im Steingewölbe mit mittelalterlicher Atmosphäre und ungewöhnlichem Namen: »Hölle« ist sicherlich unüblich für ein Klosterareal. Tgl. 11–23 Uhr, Strahovské nádvoří 1, Praha 1 (Hradčany), Tel. 220 516 652, www.restaurantpeklo.com

ÜBERNACHTEN

Lindner Hotel Prague Castle. Näher am Strahov geht nicht: gut geführtes Hotel im einstigen Nebengebäude des Klosterareals. Strahovská 20, Praha 1 (Hradčany), Tel. 226 080 000, www.lindnerhotels.cz

Historische Fassade vom »Hotel Savoy«

Savoy. Vornehmes Hotel hinter einer Fassade von 1882 mit großen Zimmern und gemütlicher Bibliothek mit Kamin. Keplerova 6, Praha 1 (Hradčany), Tel. 224 302 430, www.hotelsavoyprague.com

Straßenbahn Pohořelec

Blick von der Aussichtsplattform auf die Prager Burg, den Laurenziberg und die Kleinseite

2 Loreto

Wallfahrtsstätte mit Diamanten

Zwischen dem Kloster Strahov und der Prager Burg liegt der Wallfahrtsort Loreto. In der Mitte der Anlage steht eine Kopie der Gebetshütte Casa Santa aus dem italienischen Ort Loreto, ergänzt um eine quadratische Barockanlage mit Wandelgängen. Das größte Heiligtum der Schatzkammer ist eine Monstranz mit 6222 Diamanten. Schräg gegenüber befindet sich das Außenministerium im breitesten Palast der Stadt.

Haupteingang zum Loreto-Wallfahrtsort: Das größte Heiligtum der Schatzkammer ist eine Monstranz mit 6222 Diamanten.

Der lange Platz Pohořelec (»Brandstätte«) unterhalb des Klosters Strahov erinnert an eine Feuersbrunst im Mittelalter. Entlang kleiner Souvenirgeschäfte führt der Weg zu einer Aussichtsplattform zwischen dem Palais Czernin und dem Loreto. Seit 2005 steht hier eine Bronzestatue von Edvard Beneš (1884–1948), dem zweiten Präsidenten der Tschechoslowakei, bis heute bekannt durch die von ihm erlassenen Dekrete nach dem Zweiten Weltkrieg.

Loreto

Einer italienischen Legende zufolge transportierten Engel das Häuschen der Jungfrau Maria von Nazareth im 13. Jahrhundert an den italienischen Ort Loreto. Gemäß der jüngeren Forschung waren es jedoch katholische Pilger, die Angriffe der Sarazenen von dem Haus in Nazareth abwenden wollten und daher die Wände abtransportieren ließen. In Böhmen entstanden die ersten Nachbildungen der Santa Casa in Olmütz und anderen Orten, wodurch Katharina Benigna Gräfin von Lobkowicz während der Rekatholisierung die Inspiration zu einer Santa Casa in Prag erhielt. Diese wohl bekannteste der damals 50 Loretokapellen im Land entstand zunächst im Jahr 1626, danach wurden die Fassadengemälde durch die heute sichtbaren Stuckreliefs mit Szenen aus dem Leben der Jungfrau Maria ersetzt.

Tolle Aussicht auf die Kleinseite

Später umfasste ein Kreuzgang mit sieben Kapellen die einem Reliquienschrein ähnliche Santa Casa, die als Wallfahrtsort inzwischen viele Pilger anzog. Hinter der heiligen Hütte erbauten die Barockbaumeister Christoph Dientzenhofer und sein Sohn Kilian Ignaz 1722 die Kirche der Geburt Christi. Im Anschluss erhöhte Kilian Ignaz den quadratischen Kreuzgang mit seinen sieben Kapellen und zwei Brunnen. Später fügte er die Ausschmückung der Frontseite zum Loretoplatz hinzu.

Der Prager Adel sammelte allerlei Schätze für das Loreto, dabei handelte es sich sowohl um Darstellungen der Jungfrau Maria als auch um Schmuckgegenstände. Der berühmteste Schatz ist die 1699 gefertigte Monstranz Prager Sonne mit 6222 Diamanten. Ludmila Gräfin von Kolowrat erhielt von ihrem Bräutigam 6250 Diamanten geschenkt und bestimmte, dass nach ihrem Tod daraus eine Monstranz für das Loreto entstehen sollte. Die verbliebenen 278 Diamanten kostete die Arbeit des zwölf Kilogramm schweren Kunstwerks. Die Schatzkammer im Obergeschoss kann besichtigt werden. Beliebt ist auch das Glockenspiel im Turm, das seit 1695 bis heute stündlich erklingt.

Geheimtipp

VERSTECKT MIT AUSSICHT

Während der touristischen Hochsaison verläuft ein typischer Weg vieler Reisegruppen vom Kloster Strahov mit Blick auf Loreto zur Prager Burg. Den meisten fällt gar nicht auf, dass ein schmaler Durchgang auf die Parallelstraße Úvoz führt, die Verlängerung der Nerudagasse. Nur ein kleines Schild mit der Aufschrift »hOST« könnte erahnen lassen, dass im Durchgang eine Perle der Prager Gastronomie zu finden ist. Bewusst ist das »h« im Namen gestaltet wie ein Stuhl mit der Botschaft: Hier trete ich ein und setze mich gerne nieder. Praktisch von allen 34 Plätze des durchgestylten Restaurants schaut man durch eine breite Fensterfront auf den Laurenziberg. Dazu gibt es modern interpretierte böhmische und internationale Gerichte mit leckeren Beilagen.

hOST. Mo–Sa 11.30–22 Uhr, So 11.30–21 Uhr, Loretánská 15, Praha 1 (Hradčany), Tel. 728 695 793, www.hostrestaurant.cz

Diamantenmonstranz Prager Sonne

Palais Czernin

Gegenüber dem Loreto-Heiligtum thront der breiteste Palast der Stadt. Der einstige kaiserliche Botschafter in Venedig, Graf Humprecht Johann Czernin aus Chudenice, ließ eine repräsentative Residenz im Stil des italienischen Barocks erbauen. Fertiggestellt anno 1723, musste der 150 Meter breite Palast in den folgenden 40 Jahren zwei Angriffe durch französische und preußische Soldaten hinnehmen. Als die Czernins nach Wien zogen, kaufte der Staat den monumentalen Palast und richtete eine Kaserne ein. Seit 1923 befindet sich im Palais Czernin das Außenministerium.

Wandelgang im Loreto-Areal

Im Februar 1948 geschah hier der dritte, nicht offiziell gezählte Prager Fenstersturz, als der letzte nicht-kommunistische Minister Jan Masaryk, Sohn des einstigen Präsidenten, unter bisher ungeklärten Umständen aus seinem Fenster stürzte. Sein Arbeitszimmer ist bis heute erhalten, jedoch ist der Palast für die Öffentlichkeit leider nicht zugänglich.

Die Hofastronomen Tycho de Brahe und Johannes Kepler

Johannes Kepler und Tycho de Brahe

An der Straßenbahnhaltestelle Pohořelec stehen die Statuen der beiden bedeutenden Astronomen, die in Prag wirkten. Der Däne Tycho de Brahe (1546–1601) kam 1599 auf Einladung von Rudolf II. nach Prag. Sein Tod nur zwei Jahre später gibt noch immer Rätsel auf, vermutlich starb er an einer Blaseninfektion und nicht an einer Quecksilbervergiftung, wie lange vermutet wurde.

Infos und Adressen

SEHENSWÜRDIGKEITEN

Černínský palác. Im Czernin-Palais siedelt heute das Außenministerium (nicht öffentlich zugänglich). Loretánské náměstí 5, Praha 1 (Hradčany).

Loreta. Der Wallfahrtsort wird auf Deutsch »Loreto« genannt. April–Okt. tgl. 9–17 Uhr, Nov.–März 9.30–16 Uhr, Loretánské náměstí 7, Praha 1 (Hradčany), Tel. 220 516 740, www.loreta.cz

ESSEN UND TRINKEN

U zavěšenýho kafe. Das kleine Café »Zum hängenden Kaffee« zeigt eine soziale Ader: Wer gut bei Kasse ist, zahlt für einen Kaffee mehr, damit später ein Bedürftiger diesen »hängenden« Kaffee genießen kann. Tgl. 11–24 Uhr, Loretánská 13, Praha 1 (Hradčany), Tel. 733 473 900, www.pokracuje.com

ÜBERNACHTEN

Domus Henrici. Kleines Designhotel zwischen Loretoplatz und Prager Burg mit eigener Terrasse, der Blick reicht über Laurenziberg und Kleinseite. Loretánská 11, Praha 1 (Hradčany), Tel. 220 511 369, www.domus-henrici.cz

Loreta. Neu eingerichtetes Hotel in historischem Haus von 1348, dem einstigen Reithaus von Czernin. Romantisches Restaurant im Gewölbekeller. Loretánské náměstí 8, Praha 1 (Hradčany), Tel. 233 310 510, www.hotelloreta.cz

Questenberk. Das schmucke Boutiquehotel befindet sich in einem umgebauten Spital aus dem 17. Jh. mit barockisierter Fassade. Einige Zimmer blicken auf den Laurenziberg und das Kloster Strahov. Úvoz 15, Praha 1 (Hradčany), Tel. 220 407 600, www.questenberk.cz

EINKAUFEN

Galerie Mňau. Winziger Laden an der Stirn des Platzes mit allerlei Mitbringseln wie Katzen und andere Tiere. Tgl. 10–18 Uhr, Pohořelec 26, Praha 1 (Hradčany), Tel. 605 255 946, www.radkaurbanova.cz

Straßenbahn Pohořelec

Stilvolles Boutiquehotel »Domus Henrici« zwischen Loreto und Prager Burg