Matildas letzter Walzer - Tamara McKinley - E-Book
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Matildas letzter Walzer E-Book

Tamara McKinley

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Beschreibung

Die Geschichte zweier Frauen, deren Schicksal sich auf wundersame Weise kreuzt

Nach dem tragischen Tod ihres Mannes reist Jenny zu der einsamen Schaffarm Churinga, die er ihr im Südosten Australiens hinterlassen hat. Dort findet sie ein Tagebuch, dessen Inhalt sie nicht mehr loslässt. Auf ergreifende Weise erzählt es vom Schicksal der einstigen Farmbesitzerin Matilda Thomas, von ihrem Kampf um die Farm und von ihrer großen Liebe. Noch weiß Jenny nicht, was sie mit Matilda verbindet. Aber sie fühlt, dass ein dunkles Geheimnis auf Churinga lastet - das auch ihr Leben verändern wird ...

"Tamara McKinley versteht es nicht nur, ein spannendes Familienepos in der Tradition der Dornenvögel zu erzählen - vor allem sind ihr herrliche Schilderungen von Land und Leuten gelungen." Bücherwelt, NDR

Weitere Australien-Romane von Tamara McKinley bei beHEARTBEAT: Der Duft des Jacaranda. Anemonen im Wind. Die Farm am Eukalyptushain.

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Zitat

PROLOG

EINS

ZWEI

DREI

VIER

FÜNF

SECHS

SIEBEN

ACHT

NEUN

ZEHN

ELF

ZWÖLF

DREIZEHN

VIERZEHN

FÜNFZEHN

SECHZEHN

SIEBZEHN

ACHTZEHN

NEUNZEHN

ZWANZIG

EINUNDZWANZIG

Weitere Titel der Autorin

Anemonen im Wind

Das Land am Feuerfluss

Das Lied des Regenpfeifers

Das Versprechen des Opals

Der Duft des Jacaranda

Der Himmel über Tasmanien

Der Zauber von Savannah Winds

Die Farm am Eukalyptushain

Insel der Traumpfade

Jene Tage voller Träume

Legenden der Traumzeit

Sehnsucht nach Skye

Träume jenseits des Meeres

Über dieses Buch

Die Geschichte zweier Frauen, deren Schicksal sich auf wundersame Weise kreuzt

Nach dem tragischen Tod ihres Mannes reist Jenny zu der einsamen Schaffarm Churinga, die er ihr im Südosten Australiens hinterlassen hat. Dort findet sie ein Tagebuch, dessen Inhalt sie nicht mehr loslässt. Auf ergreifende Weise erzählt es vom Schicksal der einstigen Farmbesitzerin Matilda Thomas, von ihrem Kampf um die Farm und von ihrer großen Liebe. Noch weiß Jenny nicht, was sie mit Matilda verbindet. Aber sie fühlt, dass ein dunkles Geheimnis auf Churinga lastet – das auch ihr Leben verändern wird …

Über die Autorin

Tamara McKinley wurde in Australien geboren und verbrachte ihre Kindheit im Outback des fünften Kontinents. Heute lebt sie an der Südküste Englands, aber die Sehnsucht treibt sie stets zurück in das weite, wilde Land, dessen Farben und Düfte sie in ihren Büchern heraufbeschwört. Mit ihren großen Australien-Romanen hat sie sich eine weltweite Fangemeinde erobert.

Homepage der Autorin: http://www.tamaramckinley.co.uk/.

Tamara McKinley

Matildas letzter Walzer

Aus dem australischen Englisch von Rainer Schmidt

beHEARTBEAT

Digitale Neuausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 1999 by Tamara McKinley

Titel der englischen Originalausgabe: »Matilda’s Last Waltz«

Originalverlag: Piatkus Books Ltd.

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2000/2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Covergestaltung: Tanja Østlyngen unter Verwendung von Motiven von © Nick Fox/shutterstock

E-Book-Erstellung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-7325-8040-8

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

WIDMUNG

Dieses Buch widme ich meinen Söhnen Brett und Wayne, die nun verstehen, warum ich Australien liebe. Und meiner Tochter Nina, die die Heldin in sich selbst suchte und fand – ich bin so stolz auf Dich!

Marcus danke ich für seine Hilfe am Computer, für sein konsequentes Training und für seine Gitarrenserenaden, und seiner Schwester für ihre Unterstützung.

Mit Liebe denke ich an Ollie, der mich zu ertragen hat, wenn ich schreibe.

Zu guter Letzt, aber keinesfalls weniger herzlich danke ich meinem Stiefvater Eric Ivory für seine Liebe, seinen Humor und seine Fähigkeit, Schlangen zu riechen. Er ist ein echter Tasmanier.

ZITAT

»And his ghost may be heard as you pass by that billabong,

you’ll come a-waltzing Matilda with me.«

Andrew Barton »The Banjo« Paterson, 1917

PROLOG

Churinga. Das Seufzen des warmen Windes in den Pfefferbäumen schien den Namen zu wispern. Churinga. Ein Ort der Magie, der heiligen Mysterien, aus Gestrüpp und Buschwerk geschnitten von ihren Großeltern. Er hatte manches Herz und manches Rückgrat gebrochen, aber bis jetzt war Matilda bereit gewesen, den Preis zu zahlen. Denn er war alles, was sie je gekannt, was sie sich je gewünscht hatte.

Es schnürte ihr die Kehle zu, als sie über den Familienfriedhof hinaus in die Wildnis schaute. Sie durfte nicht weinen. So tief der Schmerz, so hart der Verlust auch sein mochte, die Erinnerung an ihre starke, scheinbar unbezwingbare Mutter verbot es. Aber in all ihren dreizehn Jahren hatte es nichts gegeben, was diesem Empfinden der Verlassenheit vergleichbar gewesen wäre, diesem Gefühl, dass die Kindheit vorüber war, dass es ihr bestimmt war, einen einsamen Pfad durch diesen großen, schönen, träumenden Ort zu beschreiten, der ihre Heimat war.

Der Horizont flimmerte; das leuchtende Ockergelb der Erde zerfloss im unfassbaren Blau des gewaltigen Himmels, und ringsum hörte sie die Geräusche, die sie von Geburt an kannte. Denn dieses weite, leer wirkende Land war lebendig und hatte eine eigene Stimme, und darin fand sie Trost. Das Rumoren der Schafe in den Pferchen, das Gezänk der Galahs und der Gelbhaubenkakadus, das ferne Gackern des Kookaburra und das leise Klirren des Zaumzeugs waren ihr so vertraut wie der eigene Pulsschlag. Selbst jetzt, im dunkelsten Augenblick ihres Lebens, ließ der Zauber von Churinga sie nicht im Stich.

»Willst du ’n paar Worte sagen, Merv?«

Die Stimme des Schafscherers durchbrach die Stille auf dem Friedhof und riss sie zurück in die Gegenwart und Wirklichkeit. Sie schaute zu ihrem Vater auf und wünschte sich, dass er sprechen, dass er irgendeine Regung zeigen möge.

»Mach du das lieber. Ich und Gott, wir sprechen sozusagen nicht miteinander.«

Mervyn Thomas war ein Riese von einem Mann, ein Fremder, der fünf Jahre zuvor aus Gallipoli zurückgekommen war. Von dem, was er dort gesehen hatte, waren ihm Narben an Leib und Seele geblieben. Er sprach nie darüber, höchstens nachts, wenn seine Träume ihn verrieten oder wenn der Alkohol seine Zunge und seine Beherrschung lockerte. Jetzt stand er ernst in staubigem Schwarz und stützte sich schwer auf den Gehstock, den er sich behelfsmäßig aus einem Ast zurechtgeschnitzt hatte. Sein Gesicht lag im Schatten unter der tief herabgezogenen Krempe, aber Matilda wusste, dass seine Augen blutunterlaufen waren und dass das Zittern seiner Hände nicht von der Trauer kam, sondern davon, dass er wieder etwas zu trinken brauchte.

»Ich tu’s«, sagte sie leise in die verlegene Stille. Sie trat aus dem kleinen Kreis der Trauernden, das zerfledderte Gebetbuch fest in der Hand, und stellte sich vor den Haufen Erde, der nur zu bald den rauen Holzsarg ihrer Mutter bedecken würde. Zum Trauern war wenig Zeit gewesen. Am Ende war der Tod schnell gekommen, und wegen der Hitze war es unmöglich, auf Nachbarn und Freunde zu warten, die ein paar Hundert Meilen reisen mussten, um dabei zu sein.

Ihre Einsamkeit wuchs, als sie die Feindseligkeit ihres Vaters spürte. Um einen Augenblick Zeit zu gewinnen und ihren Mut zu sammeln, schaute sie in die Runde der vertrauten Gesichter, der Viehtreiber, Schafscherer und Hilfsarbeiter, die auf Churinga arbeiteten.

Die Aborigines drängten sich bei ihren Gunyahs, den Hütten, die sie am Bach gebaut hatten, und sahen neugierig aus der Ferne zu. Der Tod war für sie kein Grund zum Trauern, sondern nur die Rückkehr zu dem Staub, aus dem sie gekommen waren.

Schließlich wanderte ihr Blick zurück zu den schiefen Grabsteinen, in denen sich die Geschichte dieses winzigen Eckchens von New South Wales spiegelte. Sie drehte das Medaillon, das ihre Mutter ihr gegeben hatte, in den Fingern, und als sie ihren Mut wiedergefunden hatte, wandte sie sich den Trauernden zu.

»Mum kam nach Churinga, als sie erst ein paar Monate alt war. Da steckte sie in der Satteltasche vom Pferd meines Großvaters. Es war eine weite Reise aus der Alten Welt hierher, aber meine Großeltern hungerten nach Land und nach der Freiheit, es zu bebauen.« Matilda sah, dass die sonnenverbrannten Gesichter zustimmend nickten. Sie kannten die Geschichte; es war das Echo ihrer eigenen.

»Patrick O’Connor wäre stolz auf seine Mary gewesen. Sie hat dieses Land ebenso sehr geliebt wie er, und es ist ihr zu verdanken, dass Churinga heute das ist, was es ist.«

Mervyn Thomas trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und funkelte sie so streitsüchtig an, dass sie stockte. »Mach schon weiter«, knurrte er.

Matilda hob das Kinn. Mum verdiente einen anständigen Abschied, und sie war entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie ihn auch bekam.

»Als Dad in den Krieg ging, sagten manche, Mum werde es niemals schaffen, aber sie wussten nicht, wie hartnäckig die O’Connors sein können. Deshalb ist Churinga zu einer der besten Besitzungen in der ganzen Gegend geworden, und ich und Dad werden dafür sorgen, dass es auch so bleibt.«

Sie schaute zu Mervyn hinüber, aber statt einer Bestätigung starrte er sie nur finster grollend an. Es wunderte sie nicht. Sein Stolz hatte sich nie davon erholt, dass er seine Frau bei seiner Rückkehr aus dem Großen Krieg unabhängig und den Besitz in voller Blüte vorgefunden hatte. Schon bald danach hatte er Trost auf dem Grund der Flasche gefunden, und sie bezweifelte, dass der Tod seiner Frau daran etwas ändern würde.

Die Seiten des Gebetbuchs waren abgegriffen und spröde; Matilda musste die Tränen niederkämpfen, als sie die Worte las, die Father Ryan gelesen hätte, wenn sie Zeit gehabt hätten, ihn zu holen. Mum hatte so schwer gearbeitet. Hatte ihre Eltern und vier ihrer Kinder auf diesem kleinen Friedhof begraben, noch ehe sie fünfundzwanzig geworden war. Jetzt bekam die Erde sie zurück und konnte sie zu einem Teil des Träumens machen. Endlich hatte sie Ruhe.

In der nun folgenden Stille klappte Matilda das Buch zu und bückte sich, um eine Hand voll Erde aufzuheben. Sie rieselte zwischen ihren Fingern hindurch und prasselte leise auf die Holzkiste. »Schlaf gut, Mum«, flüsterte sie. »Ich achte für dich auf Churinga.«

Mervyn spürte die Hitze und die Wirkung des Whiskys in seinem Bauch, als sein Pferd auf Kurrajong zu stapfte. In seinem zerschossenen Bein pochte es, und seine Stiefel drückten, was seine Laune nicht gerade besserte. Mary war jetzt seit zwei Wochen unter der Erde, aber noch immer fühlte er überall ihre Anwesenheit und ihre Missbilligung.

Sogar in Matilda war sie zu spüren gewesen, und obwohl er ihr nach dieser abscheulichen Aufführung bei der Beerdigung seinen Gürtel zu schmecken gegeben hatte, beäugte sie ihn weiterhin mit der gleichen Verachtung wie ihre Mutter. Zwei Tage eisigen Schweigens waren verstrichen; dann hatte er Churinga polternd verlassen und war nach Wallaby Flats in den Pub geritten. Da konnte man in Frieden mit seinen Freunden trinken. Konnte plaudern und sich Mitgefühl und Whisky spendieren lassen und vielleicht auch ein bisschen mit der Kellnerin schmusen.

Nicht, dass sie ein großartiger Anblick gewesen wäre, wie er zugeben musste. Tatsächlich war sie eine ziemlich reife alte Schnepfe, aber er war nicht besonders wählerisch, wenn der Drang ihn überkam, und er brauchte sie dabei ja auch nicht anzuschauen.

Er beugte sich halsbrecherisch aus dem Sattel, um das letzte der vier Tore auf dem Besitz des Nachbarn zu schließen. Die Sonne brannte herab, der Whisky brodelte in seinem Leib, und sein eigener saurer Gestank wehte aus seinen Kleidern. Das Pferd tänzelte unruhig hin und her und quetschte sein schlimmes Bein an den Zaunpfahl; vor Schmerz schrie er auf, und fast hätte er nicht nur sein Frühstück, sondern dazu sein Gleichgewicht verloren.

»Steh still, du Bastard!«, knurrte er und riss am Zügel. Merv stützte sich auf den Sattelknauf und wischte sich mit dem Ärmel über den Mund, während er darauf wartete, dass der Schmerz nachließ. Nachdem er sich übergeben hatte, war sein Kopf ein bisschen klarer; er rückte seinen Hut gerade, gab Lady einen Schlag auf die Flanke und trieb sie voran. Das Gehöft lag am Horizont, und er hatte Geschäftliches zu besprechen.

Kurrajong stand stolz auf dem Kamm einer niedrigen Anhöhe, durch eine Gruppe von Teebäumen vor der Sonne geschützt; die Veranda lag kühl und einladend unter dem Wellblechdach. Es war eine stille Oase inmitten der lärmenden Betriebsamkeit einer Viehzuchtfarm. Pferde fraßen das fette Gras auf der Koppel vor dem Haus, die durch das Bohrloch bewässert wurde, das Ethan vor zwei Jahren angelegt hatte, und Mervyn hörte den Klang des Hammers aus der Schmiede. Nach dem Lärm zu urteilen, wurde im Scherschuppen immer noch gearbeitet, und die Schafe in den Pferchen machten ein großes Getöse, während sie von den Hunden auf die Rampen zugetrieben wurden.

Mervyn betrachtete dies alles, als er die lange Zufahrt zum Anbindepfosten hinaufritt, und was er sah, hob seine Stimmung nicht. Das Land von Churinga mochte gut sein, aber das Haus war ein Loch, verglichen mit diesem Anwesen. Der Himmel wusste, weshalb Mary und Matilda so große Stücke darauf hielten, aber das war ja typisch für diese verdammten O’Connors. Sie hielten sich für besser als alle anderen, weil sie von Pionieren abstammten, was in dieser Gegend fast als königliche Herkunft galt.

Na, dachte er grimmig, das werden wir schon noch sehen! Frauen sollten wissen, wo ihr Platz ist. Mir reicht es. Ich bin nicht ihr Eigentum.

Der Alkohol hatte seine Streitsucht angefacht. Er rutschte von seinem prunkvollen spanischen Sattel herunter, packte seinen roh geschnitzten Stock und stapfte in Schlangenlinien auf die Stufen der Veranda zu. Die Haustür öffnete sich, als er anklopfen wollte.

»Guten Tag, Merv. Wir haben dich erwartet.« Ethan Squires sah makellos wie immer aus; seine Moleskinhose leuchtete weiß über den schwarzen, polierten Reitstiefeln, und das offene Hemd hing frisch über breiten Schultern und einem flachen Bauch. Im dunklen Haar war kaum eine Spur von Grau, und die Hand, die er Mervyn reichte, war braun und schwielig, aber die Nägel waren sauber, und der Ring an einem der Finger funkelte feurig in der Morgensonne.

Mervyn fühlte sich im Vergleich dazu alt und fett, obwohl der Altersunterschied zwischen ihnen nur ein paar Monate betrug. Außerdem war ihm bewusst, dass er dringend ein Bad benötigte, und jetzt bereute er, dass er das Angebot nicht angenommen hatte, bevor er das Hotel verlassen hatte.

Aber nun war es zu spät für diese Reue; um sein Unbehagen zu verbergen, lachte er bellend auf und schüttelte Ethan allzu jovial die Hand. »Wie geht’s, mein Freund?«

»Beschäftigt wie immer, Merv. Du weißt ja, wie das ist.«

Mervyn wartete, bis Ethan sich gesetzt hatte, und tat es dann auch. Ethans Begrüßung hatte ihn verblüfft. Er hatte nicht die Absicht gehabt, diesen Besuch zu machen – wieso also hatte Ethan ihn erwartet?

Die beiden Männer schwiegen, während das junge Hausmädchen, eine Aborigine, etwas zu trinken servierte. Der Wind, der über die Veranda strich, war kühl, und jetzt, da Mervyn nicht mehr im Sattel saß, hatte sich auch sein Magen beruhigt. Er streckte das verletzte Bein von sich und legte den Stiefel auf das Verandageländer. Es hatte keinen Sinn, sich über Ethans Begrüßung den Kopf zu zerbrechen; der Mann sprach immer in Rätseln. Kam sich wahrscheinlich schlau dabei vor.

Das Bier glitt kalt durch seine Kehle, aber den bitteren Geschmack spülte es nicht herunter, den er empfand, wenn er daran dachte, was für ein Glückspilz Ethan war. Das Gemetzel von Gallipoli hatte er nicht erleben müssen; stattdessen hatte er in einem Offiziersquartier gesessen, meilenweit entfernt von den Kämpfen. Kein zerschmettertes Bein, keine Albträume, keine Erinnerung an Kameraden ohne Gesichter, ohne Arme und Beine, keine qualvollen Schreie, die ihn Tag und Nacht verfolgten.

Aber Ethan Squires hatte ja schon immer ein verzaubertes Leben geführt. Auf Kurrajong geboren und aufgewachsen, hatte er Abigail Harmer geheiratet, die nicht nur die hübscheste Witwe weit und breit, sondern auch eine der reichsten war. Sie hatte einen Sohn mitgebracht, Andrew, und sie hatte Ethan noch drei weitere Kinder geschenkt, bevor sie bei einem Reitunfall ums Leben kam. Drei lebende, gesunde Söhne. Mary hatte nur ein mickriges Mädchen zustande gebracht, die anderen hatte sie verloren.

Mervyn hatte einst davon geträumt, eine Frau wie Abigail für sich zu gewinnen, aber als Verwalter einer Viehfarm war er nicht gut genug. Geld ging noch immer zum Gelde, und als Patrick O’Connor mit seinem außergewöhnlichen Angebot zu ihm gekommen war, hatte er die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Woher hätte er wissen sollen, dass Mary reich an Land, aber arm an Bargeld war und dass Patricks Versprechungen allesamt leer gewesen waren?

»Mein Beileid wegen Mary.«

Mervyn sah sich aus seinen finsteren Gedanken gerissen. Es war, als könne Ethan Gedanken lesen.

»Aber ich denke, sie hatte wohl genug gelitten. Es ist nicht gut, so viel Schmerzen zu ertragen.« Ethan starrte in die Ferne, den Stumpen zwischen die gleichmäßigen weißen Zähne geklemmt.

Mervyn grunzte. Mary hatte sich lange Zeit gelassen mit dem Sterben, aber nicht ein einziges Mal hatte sie geklagt oder ihre stahlharte Entschlossenheit verloren. Vermutlich hätte er sie bewundern müssen, aber aus irgendeinem Grund hatte ihre Stärke ihn nur geschwächt. An ihrem Mut waren seine eigenen kraftlosen Versuche zerschellt, das Grauen des Krieges und den Schmerz in seinem Bein zu verdrängen. In dem Handel, den er mit Patrick abgeschlossen hatte, fühlte er sich betrogen, eingesperrt in eine Ehe ohne Liebe, in der ihm noch dazu der Respekt versagt blieb, den er doch so ersehnte. Kein Wunder, dass er da die meiste Zeit in Wallaby Flats verbrachte.

»Wie wird Matilda damit fertig, Mervyn?«

Ethans hellblaue Augen betrachteten ihn eine Zeit lang und schauten dann weg, aber Mervyn war nicht sicher, ob er nicht einen Schimmer von Verachtung in diesem flüchtigen Blick entdeckt hatte. Oder war es Einbildung? »Sie kommt zurecht. Ist wie ihre Ma, die Kleine.«

Ethan musste die Bitterkeit in seiner Antwort gespürt haben, denn er drehte sich um und sah Mervyn schärfer an. »Ich schätze, du hast den weiten Weg hierher nicht gemacht, um über Mary und Matilda zu plaudern.«

Das war typisch für Ethan. Verschwendete keine Zeit mit Belanglosigkeiten, wenn er einen anderen übertölpeln konnte. Mervyn hätte lieber ein oder zwei Stunden auf der Veranda gesessen, Bier getrunken und der Arbeit ringsum zugeschaut und dabei auf den richtigen Augenblick gewartet, um den Grund für seinen Besuch zu offenbaren. Er trank sein Glas leer und nahm den Fuß vom Geländer. Jetzt konnte er die Sache auch hinter sich bringen, nachdem Ethan die Initiative ergriffen hatte.

»Die Lage ist verfahren, Kumpel. Es ist nicht mehr wie früher auf Churinga, seit ich wieder zurück bin, und ich schätze, jetzt, wo Mary nicht mehr da ist, wird es Zeit, dass ich abhaue.«

Ethan kaute auf seiner Zigarre, und sein Blick folgte der Rauchwolke. Als er schließlich sprach, klang sein Tonfall nachdenklich. »Das Land ist das Einzige, wovon du was verstehst, Mervyn. Du bist ein alter Hund, der nicht mehr so leicht ein neues Kunststück lernt, und Churinga ist eine nette kleine Zuchtfarm, nach all der Arbeit, die Mary reingesteckt hat.«

Da war es wieder. Lobpreis für Mary. Zählte seine jahrelange Arbeit denn gar nichts? Mervyn ballte die Fäuste und bohrte sie in den Schoß. Er brauchte noch ein Bier, aber sein Glas war leer, und Ethan bot ihm keins mehr an.

»Nicht, wenn man’s mit Kurrajong vergleicht. Wir müssen einen neuen Brunnen graben, das Dach fällt bald ein, die Termiten fressen die Schlafbaracke, und die Dürre hat die meisten Lämmer krepieren lassen. Der Scheck für die Wolle wird die Kosten so gerade decken.«

Ethan drückte seine Zigarre aus, nahm sein Glas und trank es leer. »Und was willst du von mir, Mervyn?«

Ungeduld durchströmte ihn. Ethan wusste genau, was er wollte. Musste er noch Salz in die Wunde reiben und ihn zum Kriechen zwingen? »Ich will, dass du Churinga kaufst.« Sein Tonfall war bemüht gleichmütig. Es hatte keinen Sinn, Ethan merken zu lassen, wie verzweifelt er war.

»Ah.« Ethan lächelte. Es war ein spöttisches Lächeln voller Genugtuung; Mervyn wusste, dass der andere immer auf ihn herabgesehen hatte, und er hasste ihn dafür.

»Nun?«

»Das muss ich mir natürlich überlegen. Aber vielleicht könnten wir uns einigen.«

Mervyn beugte sich vor, erpicht auf das Ende der Verhandlung. »Das Land um Churinga hat dir immer gefallen, und da dein Besitz doch an meinen grenzt, hättest du die größte Viehzucht in ganz New South Wales.«

»Die hätte ich allerdings.« Ethan zog eine dunkle Braue hoch, und der Blick seiner blauen Augen war fest. »Aber hast du nicht eine winzige Kleinigkeit vergessen?«

Mervyn schluckte. »Was denn für ’ne Kleinigkeit?«, fragte er nervös und wich Ethans durchdringendem Blick aus, während er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr.

»Matilda natürlich. Du hast doch sicher nicht vergessen, dass deine Tochter leidenschaftlich an Churinga hängt.«

Erleichterung durchflutete ihn, und hastig fasste er sich wieder. Es war alles in Ordnung. Ethan wusste nichts von dem Testament. »Matilda ist noch zu jung, um sich in Männergeschäfte einzumischen. Sie wird tun, was ich sage.«

Ethan stand auf und lehnte sich an das verzierte Geländer. Die Sonne stand hinter ihm, sodass sein Gesichtsausdruck nicht zu erkennen war. »Da hast du Recht, Mervyn. Sie ist jung, aber sie hat ein Gespür für das Land, das so natürlich für sie ist wie das Atmen. Ich habe sie arbeiten sehen, habe gesehen, wie sie reitet, so schnell und so gut wie jeder Viehknecht, wenn sie beim Zusammentreiben der Meute folgt. Das Land zu verlieren würde ihr die Lebensgeister rauben.«

Mervyns Geduld war zu Ende. Er stand von seinem Stuhl auf und überragte Ethan mit seiner riesenhaften Gestalt. »Hör zu, Kumpel. Ich habe einen Besitz, auf den du seit Jahren ein Auge geworfen hast. Außerdem habe ich Schulden. Ob Matilda das Land liebt oder nicht, hat damit nichts zu tun. Ich verkaufe, und wenn du nicht kaufen willst, gibt es andere, die es mir mit dem größten Vergnügen abnehmen werden.«

»Wie gedenkst du das Land denn zu verkaufen, wenn es dir gar nicht gehört, Mervyn?«

Mervyn war der Wind aus den Segeln genommen. Er wusste es also doch. Der Mistkerl hatte es die ganze Zeit gewusst! »Das braucht ja niemand zu erfahren«, krächzte er. »Wir machen den Handel auf der Stelle perfekt, und ich bin weg. Ich werde niemandem was sagen.«

»Aber ich werde es wissen, Mervyn.« Seine Stimme klang eisig, und die Pause, die er eintreten ließ, war so lang, dass es Mervyn in den Fäusten juckte. »Mary war vor ein paar Monaten bei mir. Gleich nachdem der Arzt ihr gesagt hatte, dass sie nicht mehr viel Zeit hat. Sie befürchtete, du könntest versuchen, Churinga zu verkaufen und Matilda mittellos zurücklassen. Ich habe sie beraten, wie sie das Erbe des Mädchens am besten schützen könnte. Das Land wird treuhänderisch für Matilda verwaltet. Die Bank hat sämtliche Papiere, bis sie fünfundzwanzig wird. Du siehst, Mervyn, du kannst Churinga gar nicht verkaufen, um deine Spielschulden zu begleichen.«

Mervyn wollte sich der Magen umdrehen. Die Gerüchte hatte er wohl gehört, aber er hatte es nicht glauben wollen – bis jetzt.

»Das Gesetz besagt, dass die Habe einer Frau ihrem Mann gehört. Patrick hat mir alles versprochen, als ich sie heiratete, und ich habe das Recht zu verkaufen. Und überhaupt«, brauste er auf, »was hat meine Frau denn dich um Rat zu bitten?«

»Ich habe mich nur nachbarschaftlich verhalten und ihr die Dienste meines Anwalts zur Verfügung gestellt.« Ethans Gesicht war versteinert, als er Mervyns Hut aufhob und ihm reichte. »Vielleicht hätte ich Churinga gern, aber nicht so gern, dass ich das Wort breche, das ich einem geachteten Menschen gegeben habe. Und ich glaube, du wirst feststellen, dass es sich bei den meisten Siedlern hier in der Gegend nicht anders verhält. Guten Tag, Mervyn.«

Ethan schob die Hände in die Taschen und lehnte sich an den weiß gestrichenen Verandapfosten, während Mervyn die Stufen hinunter zu seinem Pferd hinkte und erbost am Zügel riss, um das Tier über den hart gebackenen Lehmplatz vor dem Kochhaus zu führen. Ethan fragte sich, ob dieser Jähzorn jemals über Mary oder – Gott behüte – über Matilda hereingebrochen war.

Er warf einen Blick zum Scherschuppen hinüber, bevor er wieder ins Haus ging. Der Sommer war fast vorüber, und der Scheck für die Wolle würde willkommen sein. Wenn der Regen ausblieb, musste teures Futter zugekauft werden, und nach dem Himmel zu urteilen, würde ihnen die Trockenheit noch ein Weilchen erhalten bleiben.

»Was hat Merv Thomas gewollt?«

Ethan sah seinen zwanzigjährigen Stiefsohn an und lächelte ohne Heiterkeit. »Was glaubst du wohl?«

Andrews Stiefel dröhnten auf dem gebohnerten Boden, als er ins Arbeitszimmer ging. »Matilda tut mir Leid. Wenn man sich vorstellt, dass sie mit diesem Bastard zusammenleben muss.«

Andrew ließ sich in einen Ledersessel fallen und warf ein Bein über die Armlehne. Ethan betrachtete ihn liebevoll. Er war fast einundzwanzig, aber seine kräftige, drahtige Gestalt und der dunkle, kastanienbraune Haarschopf ließen ihn jünger aussehen. Obwohl der Junge das Land verschmäht hatte, war Ethan so stolz auf ihn, als wäre er sein eigen Fleisch und Blut. Die englische Erziehung war jeden Penny wert gewesen. Jetzt zeigte er gute Leistungen an der Universität, und nach dem Examen würde er als Partner in eine angesehene Anwaltskanzlei in Melbourne eintreten.

»Vermutlich können wir nicht viel tun, oder, Dad?«

»Es geht uns nichts an, Junge.«

Andrews blaue Augen blickten nachdenklich. »Das hast du nicht gesagt, als Mary Thomas hier war.«

Ethan drehte seinen Stuhl zum Fenster. Mervyn ritt den Weg hinunter zum ersten Tor. Bis Churinga würde er mindestens einen Tag und eine Nacht unterwegs sein. »Das war etwas anderes«, sagte er leise.

Schweigen erfüllte das Zimmer, durchbrochen nur vom Ticken der Standuhr, die Abigail aus Melbourne mitgebracht hatte. Ethans Gedanken schweiften ab, als er auf sein Land hinausblickte. Ja, Mary war anders gewesen. So zäh und unbezwingbar diese kleine Frau gewesen war, gegen dieses schreckliche Etwas, das sie langsam von innen zerfressen hatte, war sie machtlos gewesen. Er sah sie so deutlich, als stünde sie wieder vor ihm.

Im Gegensatz zu Abigail mit ihrer kühlen, hellen Schönheit und erstaunlichen Größe war Mary eher klein und kantig gewesen, und die Flut ihrer roten Haare hatte sie unter einem unansehnlichen Filzhut gebändigt. Sommersprossen sprenkelten ihre Nase, und große blaue Augen mit dunklen Wimpern schauten ihn an, während sie mit dem schwarzen Wallach rang, der unter ihr tänzelte. Wütend war sie gewesen, als sie sich nach ihrer Rückkehr nach Churinga zum ersten Mal begegnet waren. Die Zäune waren umgestürzt, und ihre Herde hatte sich mit seiner vermischt.

Lächelnd erinnerte er sich an ihr irisches Temperament; an ihre blitzenden Augen und an die Art, wie sie den Kopf in den Nacken warf, als sie ihn anschrie. Fast eine Woche hatte es gedauert, die Herden auseinander zu sortieren, und in dieser Zeit hatten sie einen heiklen Waffenstillstand geschlossen, der noch nicht ganz zu einer Freundschaft geworden war.

»Was gibt’s zu lachen, Dad?«

Andrews Stimme vertrieb die Erinnerungen, und Ethan kehrte widerwillig in die Gegenwart zurück. »Ich glaube, um Matilda brauchen wir uns keine allzu großen Sorgen zu machen. Wenn sie auch nur ein bisschen Ähnlichkeit mit ihrer Mutter hat, muss man eher für Mervyn fürchten.«

»Du hattest Mary gern, nicht wahr? Wieso habt ihr nie …?«

»Sie war mit einem anderen Mann verheiratet!«, fuhr Ethan dazwischen.

Andrew stieß einen Pfiff aus. »Hui! Ich habe doch nicht etwa an einen wunden Punkt gerührt, oder?«

Seufzend erinnerte Ethan sich an die Zeit, da er seine Chance gehabt und verpasst hatte. »Unter anderen Umständen – wer weiß, was hätte werden können? Wenn Mervyn nicht verkrüppelt aus Gallipoli nach Hause gekommen wäre, dann…«

Er ließ den unvollendeten Satz in der Schwebe, und die Bilder und Geräusche des Krieges kamen ihm in den Sinn. Noch immer bereiteten sie ihm Albträume, auch noch nach sechs Jahren, und dabei war er einer von denen gewesen, die Glück gehabt hatten. Mervyn war fast zwei Jahre nach Kriegsende schließlich aus dem Lazarett entlassen worden, aber da war er ein anderer Mann als der, der 1916 so eifrig den Zug bestiegen hatte. Dahin waren das faule Lächeln und der sorglose Charme des jungen Mannes; an seine Stelle war ein hinkendes Wrack getreten, das nach langer Genesungszeit nur noch mit der Flasche Erleichterung fand.

Ein schlechter Tausch für seine Frau, dachte Ethan. Und ich trage die Schuld, Gott helfe mir. Er zügelte seine Gedanken. Solange Merv ans Bett gefesselt war, konnte sie zumindest ein Auge auf seine Trinkerei haben. Aber kaum war er wieder auf den Beinen und in der Lage, ein Pferd zu besteigen, da verschwand er wochenlang, und sie musste allein mit der Farm fertig werden. Sie war zäher gewesen, als er gedacht hatte, und auch wenn aus seinen Plänen nichts geworden war, nötigte ihm ihre Kraft Hochachtung ab.

»Ich habe sie bewundert, ja. Sie hat unter harten Bedingungen ihr Bestes getan. Nur selten hat sie um Hilfe gebeten, aber ich habe versucht, es ihr zu erleichtern, so gut ich konnte.« Er zündete sich einen Stumpen an und klappte das Wollkontobuch auf. Es gab Arbeit, und der halbe Tag war bereits vertan.

Andrew nahm das Bein von der Armlehne des Sessels und beugte sich vor. »Wenn Merv weiter solche Schulden macht, wird von Matildas Erbe nichts übrig bleiben. Wir könnten ihr in zwei Jahren jederzeit ein Angebot unterbreiten und das Land billig kaufen.«

Ethan lächelte breit, die Zigarre im Mund. »Ich gedenke es umsonst zu bekommen, mein Sohn. Warum für etwas bezahlen, wenn es nicht sein muss?«

Andrew legte den Kopf schräg, und ein Lächeln spielte in seinen Mundwinkeln. »Wie denn? Matildas Treuhandvermögen ist unantastbar, und sie wird es nicht einfach verschenken.«

Ethan tippte sich mit dem Zeigefinger an den Nasenflügel. »Ich habe meine Pläne. Aber sie erfordern Geduld, und ich möchte nicht, dass du dich verplapperst.«

Andrew wollte etwas erwidern, aber sein Vater fiel ihm ins Wort. »Überlass die Sache nur mir, und ich garantiere dir, dass Churinga in fünf Jahren uns gehört.«

Matilda war unruhig. Die Stille im Haus war zu tief, und sie wusste, dass ihr Vater bald zurückkehren würde. Er war nie länger als zwei Wochen am Stück verschwunden, und so lange war er inzwischen schon fort.

Es war glühend heiß, auch im Haus, und der rote Staub, den sie vom Boden gefegt hatte, senkte sich schon wieder herab. Ihr knöchellanges Kattunkleid klebte ihr am schweißfeuchten Rücken; sie band die grobleinene Schürze los und legte sie über einen Stuhl. Der Duft eines Kanincheneintopfs drang aus dem Ofen, und unter der Decke summten ein paar Fliegen. Das Fliegenpapier, das sie an die Kerosinlampe gehängt hatte, war schwarz von toten Tieren, obwohl Mutter vor zwei Jahren Fensterläden und Fliegentüren angebracht hatte.

Sie strich sich das Haar aus dem verschwitzten Gesicht und steckte es auf dem Kopf zu einer widerspenstigen Schnecke zusammen. Sie hasste ihr Haar. Es war zu üppig und ließ sich nicht bändigen. Und zu allem Überfluss war es auch nur eine blasse Imitation der irisch-roten Pracht ihrer Mutter.

Matilda stieß die Fliegentür auf und trat auf die Veranda hinaus. Die Hitze sprang sie an wie die heiße Woge vor einem Hochofen, loderte von der hart gestampften Erde der Feuerschneise im vorderen Hof zurück und flimmerte über dem Horizont. Die Pfefferbäume auf der Koppel vor dem Haus hingen herab, und die Trauerweiden am Bach sahen erschöpft aus; ihre Zweige baumelten kraftlos über dem Rinnsal aus grünem Schmadder, das noch übrig geblieben war. »Regen«, sagte sie leise, »wir brauchen Regen.«

Die drei Stufen, die zum Anbindepfosten und in den Hof hinunterführten, mussten repariert werden; sie nahm sich vor, es erledigen zu lassen. Das Haus könnte einen neuen Anstrich vertragen, und da, wo Dad das Dach ausgebessert hatte, begann es schon wieder auseinander zu brechen. Aber wenn sie sich mitten auf den Hof stellte und die Augen schloss, wusste sie, wie Churinga aussehen würde, wenn sie das Geld für die nötigen Reparaturen hätte.

Die Ausmaße des Gebäudes waren nicht eben groß, aber das eingeschossige Queensland-Haus war solide auf einem Ziegelsockel gebaut und an der Südseite von jungen Pfefferbäumen geschützt. Das Dach senkte sich bis über die Veranda herab, die das Haus an drei Seiten umgab und mit einem zierlichen verschnörkelten Eisengeflecht gesäumt war. Ein robuster Steinkamin ragte an der Nordseite empor, und die Fensterläden und Fliegentüren waren grün gestrichen.

Unterirdische Quellen hielten die Weiden rings um das Haus grün, und mehrere Pferde grasten dort zufrieden vor sich hin, ohne dass die Wolken von Fliegen, die ihre Köpfe umsummten, sie dabei zu stören schienen. Im Scherschuppen und in der Wollscheune war es still, denn die Saison war vorüber und die Wolle auf dem Weg zum Markt. Die Schafe würden auf den Weiden bleiben, die dem Wasser am nächsten waren, aber wenn die Trockenheit noch länger andauerte, würden sie noch mehr Tiere verlieren.

Als Matilda den Hof überquerte, stieß sie einen Pfiff aus, und unter dem Haus ertönte zur Antwort ein Bellen. Ein zotteliger Kopf erschien, gefolgt von einem zappelnden Körper und einem wedelnden Schwanz. »Komm her, Bluey. Hierher, mein Junge.«

Sie zerzauste ihm den Kopf und zog an den zerfransten Ohren. Der Queensland Blue war fast sieben Jahre alt und der beste Hütehund weit und breit. Ihr Vater ließ ihn nicht ins Haus. Er war ein Arbeitshund wie alle anderen, aber was Matilda anging, so hätte sie sich keinen besseren Freund wünschen können.

Bluey trottete neben ihr her, vorbei am Hühnerstall und Schweinekoben. Hinter dem Lagerschuppen türmte sich ein Holzstapel, und das klare, glockenhelle Klingen einer Axt verriet ihr, dass einer der schwarzen Arbeiter fest daran arbeitete, ihn noch zu vergrößern.

»Hallo, Schatz. Heiß, was?« Peg Riley wischte sich durch das puterrote Gesicht und grinste. »Was würde ich nicht für’n ausgiebiges Bad im Bach geben.«

Matilda lachte. »Ich hab nichts dagegen, Peg. Aber es ist nicht mehr viel Wasser drin, und das, was noch da ist, ist grün. Wieso fahrt ihr nicht hinauf zu dem Wasserloch unten am Berg? Da oben ist das Wasser kalt.«

Die Landfahrerin schüttelte den Kopf. »Schätze, darauf muss ich verzichten. Ich und Bert, wir müssen morgen in Windulla sein, und wenn er hier zu lange rumhängt, verliert er seinen ganzen Lohn beim Münzwerfen, das sie hinten in der Schlafbaracke spielen.«

Bert Riley arbeitete hart und reiste mit seinem Karren durch ganz Zentralaustralien, aber wenn es ums Glücksspiel ging, war er ein ewiger Verlierer. Matilda hatte Mitleid mit Peg. Jahr für Jahr kam sie nach Churinga, um im Kochhaus zu arbeiten, während Bert sich bei der Schafschur den Rücken verdarb. Aber nur ein Bruchteil dessen, was sie verdienten, begleitete sie zum nächsten Job.

»Hast du das Umherfahren nie satt, Peg? Ich kann mir nicht vorstellen, je von Churinga wegzugehen.«

Peggy verschränkte die Arme unter dem üppigen Busen und machte ein nachdenkliches Gesicht. »Es kann schon mal schwer sein, einen Ort zu verlassen, aber das vergisst man bald und freut sich auf den nächsten. ’türlich, wenn ich und Bert Kinder hätten, wär’s anders, aber wir haben keine, und so werden wir wohl weiter durch die Gegend fahren, bis einer von uns tot umfällt.«

Ihr Lachen perlte durch den üppigen Körper, dass es aussah, als tanzte sie unter dem Baumwollkleid. Sie musste Matildas besorgte Miene bemerkt haben, denn sie streckte beide Arme aus und erdrückte sie in einer zärtlichen Umarmung. »Sorg dich nicht um mich, Schatz. Gib auf dich selbst Acht, dann sehen wir dich nächstes Jahr wieder.« Sie trat einen Schritt zurück, und dann wandte sie sich zu ihrem Pferd und dem Wagen um und kletterte auf den Bock. Sie packte die Zügel und stieß einen mächtigen Ruf aus.

»Bert Riley, ich fahre los, und wenn du nicht in genau einer Sekunde hier bist, fahre ich ohne dich!«

Sie knallte zwischen den Ohren des Pferdes mit der Peitsche und rollte auf das erste Tor zu.

Bert kam mit dem eigentümlich breitbeinigen Gang aller Schafscherer aus der Schlafbaracke und eilte ihr nach. »Bis nächstes Jahr«, schrie er, während er auf den Karren kletterte.

Churinga kam Matilda plötzlich verlassen vor; sie schaute dem Karren nach, der in einer Staubwolke verschwand, und kraulte Blues Ohren, bis er ihr tröstend die Hand leckte. Als sie einen Blick in den Wollschuppen geworfen und den uralten Generator abgeschaltet hatte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem Kochhaus zu, das Peg makellos hinterlassen hatte. Dann ging sie in die Schlafbaracke. Der Termitenschaden war noch schlimmer geworden, aber daran war kaum etwas zu ändern; sie fegte rasch, reparierte eine Kleinigkeit an einem der Betten, und dann schloss sie die Tür hinter sich und trat hinaus in die Hitze.

Die Männer der Aborigines lungerten wie immer vor ihren Gunyahs herum, schlugen nach den Fliegen und plauderten träge miteinander, während ihre Frauen in dem schwarzen Topf über dem Feuer rührten. Sie gehörten zum Volk der Bitjarra, das ebenso ein Teil von Churinga war wie Matilda; aber Matilda wünschte doch, sie würden ihr Brot und ihren Tabak verdienen, statt hier herumzusitzen oder spazieren zu gehen.

Sie musterte Gabriel, ihren Anführer, einen halbwegs lesekundigen, listigen alten Mann, der von Missionaren großgezogen worden war; er saß mit gekreuzten Beinen vor dem Feuer und schnitzte an einem Stück Holz.

»Tag, Missus«, sagte er feierlich.

»Gabriel, es gibt Arbeit. Ich habe dir gesagt, ihr müsst euch um die Zäune an der Südweide kümmern.«

»Später, Missus, hm? Müssen erst ’n Happen essen.« Er grinste und zeigte dabei fünf gelbe Zähne, auf die er sehr stolz war.

Matilda betrachtete ihn kurz; sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm zu streiten. Er würde sie einfach ignorieren und den Auftrag erledigen, wenn es ihm passte. Sie kehrte zum Haus zurück und stieg die Stufen zur Veranda hinauf. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Hitze war ungeheuer. Sie würde sich zwei Stunden ausruhen und dann die Rechnungsbücher durchgehen. Während Mums Krankheit hatte sie die Zügel schleifen lassen.

Matilda wuchtete den großen Kupferkessel vom Herd und goss das Wasser in den Waschzuber. Dampf quoll in die stickige Hitze der Küche, und der Schweiß lief ihr in die Augen, als sie mit dem schweren Kessel kämpfte, aber das bemerkte sie kaum. In Gedanken war sie bei den Kontobüchern und den Zahlen, die sich ihr nicht fügen wollten, so oft sie es auch versuchte. Sie hatte in der Nacht zuvor wenig geschlafen, und nachdem sie den Vormittag im Sattel verbracht und Gabriels Arbeit an den Zäunen überprüft hatte, war sie jetzt müde bis auf die Knochen.

Die Kontobücher lagen aufgeklappt auf dem Tisch hinter ihr. Sie hatte gehofft, dass der Morgen ihr eine Lösung bringen werde, aber all ihre Mühe hatte ihr nur Kopfschmerzen eingebracht: Kopfschmerzen und die Erkenntnis, dass der Scheck für die Wolle nicht ausreichen würde, um alle Schulden zu bezahlen und sie bis zur nächsten Saison zu ernähren.

Ihr Zorn schwoll an, als sie Mervyns Moleskinhose mit einem Knüppel ins Wasser drückte. »Ich hätte seine Ausgaben im Auge behalten sollen, wie Mum es mir gesagt hat«, brummte sie. »Hätte das Geld ordentlich verstecken sollen.«

Seine Moleskinhose kreiselte in geisterhaften Wirbeln im Wasser, während sie sie niederstieß, und die Ungerechtigkeit des Ganzen ließ alles vor ihren Augen verschwimmen. Sie und Mum waren gut zurechtgekommen, hatten in den Kriegsjahren sogar einen kleinen Gewinn erwirtschaftet, aber Dads Rückkehr hatte alles verdorben. Sie packte die schwere Arbeitskleidung und begann sie mit einer Energie zu schrubben, in der sich ihr Zorn und ihre Frustration Luft machten.

Wie er heimgekehrt war, daran erinnerte sie sich, als wäre es gestern gewesen, und vermutlich hätte sie Mitleid mit ihm haben müssen, aber wie sollte sie, wenn er nichts getan hatte, womit er ihre Achtung oder ihr Mitleid verdient hätte? In den Jahren der Abwesenheit hatte er nur selten geschrieben, und aus dem Lazarett war lediglich eine kurze Notiz gekommen, in der seine Verwundung beschrieben wurde. Fast ein Jahr später war er auf einem Wagen nach Hause gebracht worden, und sie und Mutter hatten eigentlich nicht gewusst, was sie erwarten sollten. Sie hatte sich nur verschwommen an ihn erinnert, an einen großen Mann, der nach Lanolin und Tabak roch und dessen Bartstoppeln im Gesicht kratzten, als er sie zum Abschied küsste. Aber damals war sie erst fünf Jahre alt gewesen und mehr an der Blaskapelle interessiert, die so laut auf dem Bahnsteig spielte, als an den Männern in den stumpfbraunen Uniformen, die den Zug bestiegen. Vom Krieg hatte sie nichts verstanden und nicht gewusst, was er für sie und Mum bedeuten konnte.

Ihre Hände verharrten in dem, was sie taten, als sie an die zwei Jahre dachte, in denen er ans Bett gefesselt gewesen war; sie erinnerte sich an das abgearbeitete Gesicht ihrer Mutter, als sie hin und her hastete und dafür nichts als Beschimpfungen und einen harten Schlag erntete, wenn sein Verband zu straff war oder wenn er etwas zu trinken haben wollte. Seine Heimkehr hatte die Stimmung auf Churinga verändert. Vom Zauber zur Verzweiflung. Vom Licht zum Dunkel. Es war fast eine Erleichterung gewesen zu sehen, wie er auf sein Pferd stieg und nach Wallaby Flats ritt, und auch ihre Mutter war in den Tagen, die darauf folgten, nicht mehr so sehr auf der Hut gewesen.

Aber natürlich kam er zurück, und der Lauf ihres Lebens war für immer verändert.

Matilda stützte sich auf den Waschzuber und starrte aus dem Fenster auf den verlassenen Hof und zu den Schafpferchen hinüber. Die drei Treiber brachten die Herde nach Wilga, wo es noch Wasser und Gras gab. Gabriel und die anderen waren nirgends zu sehen, und sie vermutete, dass sie jetzt herumstreunten, nachdem die Schur vorbei war. Trotz der Sittiche, die sich um die Insekten in den Eukalyptusbäumen zankten, und obwohl die Grillen im Gras beständig zirpten, war es friedlich; sie wünschte sich, es möge immer so bleiben. Aber auch wenn die Tage ohne ein Lebenszeichen von Mervyn vergingen, wusste sie doch, dass es nicht so bleiben würde.

Als Matilda mit dem Waschen fertig war, schleppte sie den Korb hinter das Haus und hängte alles auf. Hier draußen im Schatten der Bäume war es kühler, und sie hatte einen klaren Blick über Weide und Friedhof. Der weiße Lattenzaun, der den Friedhof umgab, musste auch gestrichen werden, und wuchernde Kängurupfote und wilder Efeu hatten mehrere Grabsteine erobert. Violette Bougainvilleen rankten sich um einen Baumstamm, und darin wimmelte es von summenden Bienen und prachtvollen flatternden Schmetterlingen. Irgendwo in der Ferne ertönte der läutende Ruf eines Glockenvogels, und ein Waran starrte sie von einem umgestürzten Baumstamm an, auf dem er sich sonnte. Mit einem scharrenden Geräusch seiner tödlichen Klauen verschwand er dann im sonnengefleckten Unterholz.

Matilda ließ sich auf die oberste Verandastufe sinken, stützte die Ellenbogen auf die Knie und das Kinn in die Hände. Die Lider wurden ihr schwer, und der hypnotische Duft von heißer Erde und trockenem Gras schläferte sie ein.

Trotz der Hitze war es Mervyn kalt. Die Wut über die Demütigung durch Ethan Squires und die Doppelzüngigkeit seiner Frau brannte nicht mehr in seinen Eingeweiden, sondern hatte sich kalt und böse verfestigt, als er jetzt auf Churinga zu ritt.

Die Nacht hatte er, in eine Decke gerollt, unter den Sternen verbracht; der Sattel war sein Kopfkissen gewesen, und nur ein spärliches Feuer hatte ihm in der eisigen Finsternis im Busch ein wenig Wärme gespendet. Dort hatte er gelegen und zum Kreuz des Südens hinaufgestarrt und zum weiten Bogen der Milchstraße, die mit ihrem Mondlicht die Erde berührte, die rote Landschaft mit Reif überhauchte und das Gespenstergrau der riesigen Geistergummibäume noch verstärkte, und er hatte darin keine Schönheit gesehen. So hatte er sich seine Zukunft in den Jahren im Schützengraben nicht vorgestellt. Das war nicht die Art, wie man Helden behandelte, und er wollte verdammt sein, wenn er sich von dieser schmächtigen Göre um das bringen ließe, was Patrick ihm damals versprochen hatte.

Beim ersten Morgengrauen war er aufgestanden; er hatte sich Tee gekocht und den Rest von dem Hammelfleisch und dem harten Brot gegessen, das die Köchin von Kurrajong ihm mitgegeben hatte. Jetzt war es Spätnachmittag, und die Sonne schien ihm grell in die Augen, als sie auf den fernen Berg herniedersank, der Churinga seinen Namen gegeben hatte.

Er hustete Schleim herauf und spuckte auf die riefige Erde. Die Aborigines nannten diesen Ort verzaubert, ein schützendes Steinamulett mit der Macht der Traumzeit, ein Tjuringa. Na, dachte er säuerlich, für mich hat er keinen Zauber, heute nicht mehr. Und je eher ich ihn loswerde, desto besser.

Er gab seiner Stute die Sporen, als das erste verriegelte Tor in Sicht kam. Es war Zeit, dass er sein Recht geltend machte.

Die Farm kam in Sicht, als er das letzte Tor hinter sich schloss. Ein Rauchfähnchen stieg aus dem Kamin, und tiefe Schatten krochen über den Hof, als die Sonne hinter den Bäumen versank. Die Farm sah verlassen aus. Keine Axt erklang, keine Schafe oder Hunde wimmelten herum, keine schwarzen Gesichter spähten aus den Gunyahs. Die Schur musste vorbei sein, und die Wanderarbeiter und Scherer schienen zur nächsten Farm weitergezogen zu sein.

Er tat einen Seufzer der Erleichterung. Matilda musste genug Geld beiseite geschafft haben, um sie alle auszuzahlen. Er fragte sich, wo ihr neues Versteck sein mochte; er hatte gedacht, er hätte sie alle gefunden. Aber ab heute Abend kam es darauf nicht mehr an. Es wurde Zeit, dass Matilda lernte, wo ihr Platz war, und aufhörte, sich in Sachen einzumischen, die sie einen Dreck angingen. Er würde sie zwingen, es ihm zu verraten. Er würde ihr klar machen, dass er hier das Kommando hatte, und dann würde er einen Weg finden, ihr Churinga wegzunehmen.

Er hob den Sattel vom Pferd und führte es auf die Koppel. Dann warf er sich die Satteltaschen über die Schulter, polterte die Verandatreppe hinauf und riss krachend die Fliegentür auf. Kanincheneintopf köchelte auf dem Herd; der würzige Duft erfüllte das kleine Haus, dass ihm der Magen knurrte.

Die Stille war drückend. Da, wo das Licht der Kerosinlampe nicht hinreichte, waren die Schatten fast undurchdringlich. »Wo steckst du, Mädchen? Komm raus, und hilf mir mit den Taschen!«

Eine fast unmerkliche Bewegung der Schatten zog seinen Blick auf sich. Da stand sie, dort in der Tür zu ihrem Zimmer, und starrte ihn an. Ihre blauen Augen glitzerten im spärlichen Licht, und die Strahlen der sterbenden Nachmittagssonne, die durch die Ritzen der Blendläden drangen, ließen ihr Haar wie einen Heiligenschein leuchten. Sie sah aus wie eine Steinfigur: stumm und alles sehend in ihrer Verachtung für ihn.

Bang durchrieselte es ihn. Einen Augenblick lang glaubte er, Marys Geist sei ihm erschienen. Aber als das Mädchen ins Licht trat, war ihm klar, dass es Einbildung gewesen war. »Was schleichst du hier rum?« Laut klang seine Stimme durch die Stille, schroffer als beabsichtigt, während er sich noch bemühte, sich von seinem Schrecken zu erholen.

Matilda nahm ihm stumm die Satteltaschen ab und schleifte sie über den Küchenboden. Sie packte den Kattunsack Mehl und das Paket Zucker aus und legte beides in die Speisekammer. Kerzen und Streichhölzer wurden über dem Herd gestapelt, und die Teebüchse kam neben den rußgeschwärzten Wasserkessel.

Mervyn schlug seinen Schlapphut am Oberschenkel aus, bevor er ihn ungefähr in die Richtung der Kleiderhaken neben der Tür warf. Dann zog er den Stuhl vom Tisch zu sich heran und ließ ihn absichtlich über den Boden scharren, weil er sehen konnte, dass sie ihn gerade erst geschrubbt hatte.

Sie reagierte nicht. Als er sah, wie sie sich in der kleinen Küche bewegte, erinnerte er sich wieder an ihre Mutter. Mary war eine hübsche Frau gewesen, bevor die Krankheit sie überfallen hatte. Ein bisschen schmächtig für seinen Geschmack, aber was ihr an Größe und Breite fehlte, machte sie durch Tatkraft wett. Wäre sie nicht so verdammt hochnäsig gewesen, hätte sie eine gute Frau abgegeben – und Matilda hatte sämtliche Anlagen dazu, genauso zu werden. Vielleicht nicht ganz so energisch, aber ebenso selbstsicher. Diese verdammten O’Connors, dachte er. Die Arroganz lag ihnen im Blut.

»Hör auf, da rumzumurksen«, schnarrte er. »Ich will mein Abendessen.«

Er spürte ein genüssliches Kribbeln, als er sah, wie sie durcheinander geriet und fast den kostbaren Sack Salz fallen gelassen hätte, den sie so sorgfältig in eine alte Teedose hatte stopfen wollen. Er schlug mit der Faust auf den Tisch, um seinen Worten noch größere Wirkung zu verleihen, und lachte dann, als sie hastig zum Herd eilte, um das Stew mit der Kelle in eine abgesplitterte Schüssel zu löffeln, und dabei ein wenig auf den Boden verschüttete.

»Jetzt musst du wieder putzen, was?«, bemerkte er niederträchtig.

Matilda trug die Schüssel zum Tisch und stellte sie vor ihn hin. Ihr Kinn war hoch erhoben, und ihre Wangen waren gerötet, aber er sah wohl, dass das Selbstbewusstsein ihr nicht genug Kraft verlieh, um ihm in die Augen zu blicken.

Er packte ihr mageres Handgelenk, als er sah, wie Bluey sich durch die Küche schlich und das vergossene Essen aufleckte. »Was macht das verdammte Vieh hier drin? Ich habe dir verboten, es ins Haus zu lassen.«

Jetzt endlich schaute Matilda ihn doch an, aber die Angst in ihren Augen konnte sie nicht ganz verbergen. »Er muss mit dir reingekommen sein. Vorher war er nicht hier.« Ihre Stimme klang ruhig, aber ein leise bebender Unterton verriet, dass die Ruhe vorgetäuscht war.

Mervyn ließ sie nicht los, als er nach dem Hund trat. Er verfehlte ihn um eine Handbreit, und das Tier flüchtete zur Tür hinaus. »Bloß gut, dass du kein Hund bist, Matilda. Sonst bekämst du ebenfalls meinen Stiefel in den Arsch«, knurrte er und ließ sie los; er hatte das Spielchen satt, und der Duft des Kaninchens verlieh seinem Hunger zusätzliche Schärfe.

Er stieß den Löffel in den Eintopf und hob ihn zum Mund. Frisches Brot tunkte er in die Sauce. Er hatte schon eine Weile gegessen, als er merkte, dass sie sich nicht zu ihm an den Tisch gesetzt hatte.

»Ich habe keinen Hunger«, sagte sie leise. »Ich habe schon gegessen.«

Mervyn wischte den letzten Rest Sauce auf, lehnte sich dann zurück und klimperte mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche, während er seine Tochter musterte. Sie war schlank, aber nicht mehr so fohlenhaft ungelenk wie als kleines Mädchen, und wo Kinn und Wangen einst weich und rund gewesen waren, sah man jetzt die festen Konturen einer Erwachsenen. Die Sonne hatte ihre Haut dunkel werden und die Sommersprossen und das Blau der Augen hervortreten lassen; ihr langes, wildes Haar war halbwegs gezähmt oben auf dem Kopf zusammengebunden. Er sah, dass einzelne Strähnen sich gelöst hatten; sie umschmiegten ihr Gesicht und liebkosten ihren Hals.

Ein Schreck durchfuhr ihn bei diesem Anblick. Das war kein schwaches, fügsames Kind, das er einschüchtern und unterwerfen konnte, sondern eine Frau. Eine Frau mit der gleichen unversöhnlichen Persönlichkeit wie ihre Mutter. Er würde seine Taktik ändern müssen, und zwar schnell. Wenn sie erst einen Ehemann gefunden hätte, wäre Churinga für ihn auf ewig verloren.

»Wie alt bist du eigentlich genau?«, fragte er schließlich.

Matilda schaute ihm geradewegs und herausfordernd ins Gesicht. »Ich werde heute vierzehn.«

Mervyn ließ seinen Blick über sie wandern. »Fast eine Frau«, murmelte er beifällig.

»Erwachsen bin ich schon vor langer Zeit geworden«, erwiderte sie bitter und kam zum Tisch. »Die Hühner müssen gefüttert werden, und ich muss nach den Hunden sehen. Wenn du fertig bist, räume ich ab.«

Mervyn griff nach ihrer Hand, als sie die Schüssel nehmen wollte. »Warum trinken wir beide nicht ein Gläschen zur Feier deines Geburtstags? Es wird Zeit, dass wir uns besser kennen lernen. Besonders jetzt, wo deine Ma nicht mehr da ist.«

Matilda riss sich los und lief zur Tür. »Ich habe zu arbeiten.«

Die Fliegentür fiel hinter ihr zu, und er lauschte ihrem leichten Schritt, als sie über die Veranda und die Stufen hinunterlief. Tief in Gedanken versunken, griff er nach der Whiskyflasche in seiner Satteltasche.

Matilda schlug das Herz bis zum Hals, als sie mit dem Futtereimer den Hof überquerte. An ihrem Dad war eine Veränderung spürbar, die ihr viel mehr Angst einjagte als sein Jähzorn, und doch konnte sie diese Veränderung nicht in Worte fassen. Es war nichts Greifbares, aber es war gleichwohl vorhanden, und sie ahnte, dass diese neue Bedrohung weit gefährlicher war als alles, was er mit seinen Fäusten anstellen konnte.

Sie war bei den Hundezwingern angekommen und nestelte an dem Riegel am Gatter, doch sie bückte sich nicht wie sonst zu den Welpen, um sie zu streicheln. Das aufgeregte Kläffen in den Zwingern zerriss die Stille, die Churinga umgab, aber das tiefe Unbehagen, das sie ergriffen hatte, durchdrang es nicht.

Sie bewegte sich mechanisch, als sie den Futtereimer in die flachen Tröge leerte und dann den Auslauf harkte. Die Sonne war hinter dem Tjuringa Mountain verschwunden, nur noch ihr orangegelber Glanz erfüllte den Himmel. Die Nacht kam hier draußen schnell, und meistens war ihr die Stille, die sie brachte, willkommen. Heute Abend aber graute ihr davor, denn sie wurde das Gefühl nicht los, dass sich etwas verändert hatte, und zwar nicht zum Besseren.

Die Hühner gackerten, als sie das Futter ausstreute. Sie kontrollierte den Drahtzaun auf Löcher. Ein Dingo liebte nichts mehr als eine hübsche fette Henne, und sie hatten in letzter Zeit etliche verloren. Schlangen waren auch ein Problem, aber gegen die konnte sie nicht viel unternehmen.

Zögernd wandte sie sich wieder dem Haus zu; sie hielt den Eimer fest und bemühte sich, das bange Frösteln zu unterdrücken, während ihr Herz klopfte. Dad beobachtete sie von der Veranda aus. Sie sah die Glut seiner Zigarette.

»Was machst du da draußen? Wird Zeit, dass du ins Haus kommst.«

Matilda hörte, wie schwerzüngig er sprach, und wusste, dass er getrunken hatte. »Hoffentlich so viel, dass du bald einschläfst«, murmelte sie inbrünstig. Ihre Schritte stockten, und es überlief sie kalt, als sie die eigenen Worte vernahm. Sie war ein Echo ihrer Mutter.

Mervyn räkelte sich im Schaukelstuhl, die Beine quer über die Veranda gestreckt, die Whiskyflasche an der Brust; sie war fast leer. Als Matilda durch die Tür ins Haus gehen wollte, stieß er den Stiefel an den Rahmen und versperrte ihr den Weg. »Trink was mit mir.«

Ihr Pulsschlag raste, und ihre Kehle war wie zugeschnürt. »Nein danke, Dad«, brachte sie schließlich hervor.

»Das war keine Einladung«, knurrte er. »Verdammt, du wirst ausnahmsweise tun, was ich sage!« Der Stiefel stampfte dröhnend auf den Boden, und sein Arm umschlang ihre Taille.

Matilda verlor das Gleichgewicht und fiel ihm auf den Schoß. Sie wand sich und zappelte und trat mit den Absätzen gegen seine kräftigen Beine, um ihm zu entkommen. Aber sein Griff lockerte sich nicht.

»Sitz still«, schrie er. »Du verschüttest den verfluchten Schnaps!«

Matilda hörte auf, sich zu wehren, und erschlaffte. Sie würde jetzt auf den richtigen Augenblick warten und dann hoffentlich der Faust ausweichen können, die gewiss nach ihr schlagen würde, sobald sie sich losgerissen hätte.

»Das ist schon besser. Und jetzt trink was.«

Er zwängte ihr die Flasche zwischen die Lippen, und der Strom von stinkendem, bitterem Alkohol ließ Matilda würgen. Sie bekam keine Luft, aber wagte auch nicht auszuspucken. Endlich gelang es ihr, die Flasche wegzuschieben. »Bitte, Dad, zwing mich nicht dazu. Ich mag nicht.«

Seine Augen weiteten sich in gespielter Überraschung. »Aber du hast doch Geburtstag, Matilda. Zu deinem Geburtstag musst du was geschenkt bekommen.« Er kicherte, und seine Bartstoppeln scheuerten an ihrer Wange, als er den Mund an ihr Ohr drückte.

Sein Atem war faulig, und vom Gestank seiner schmutzigen Kleider wurde ihr übel. Die Luft wollte ihr nicht aus der Lunge weichen, und sein Arm umschlang sie wie ein Schraubstock. Ihr Magen rebellierte. Sie schluckte, schluckte noch einmal. Aber ihr Kopf füllte sich mit Gewitterwolken, und der Magen wollte sich umdrehen. Sie krallte sich in seinen Arm und versuchte verzweifelt, sich zu befreien. »Lass mich los. Ich muss gleich…«

In einem Schwall bespritzte der erbrochene Whisky sie beide. Mervyn schrie angeekelt auf und stieß sie von seinem Knie. Die Flasche zerklirrte auf dem Holzboden. Matilda fiel hart in die Scherben, aber sie spürte kaum Schmerz. Die Welt drehte sich wie verrückt, und die scharfe Brühe, die sich aus ihrem Mund ergoss, schien nicht enden zu wollen.

»Jetzt sieh bloß, was du gemacht hast, du dummes Luder. Ihr seid alle gleich, verdammt!«

Sein Stiefel traf ihre Hüfte, und sie kroch davon, tastete blindlings nach der Tür und dem rettenden Haus.

»Du bist genau wie deine Ma!«, brüllte er und stand schwankend über ihr. »Aber ihr verfluchten O’Connors wart ja immer zu gut für meinesgleichen!« Wieder trat er nach ihr, und sie flog krachend gegen die Wand. »Wird Zeit, dass du mal lernst, was Respekt heißt!«

Matilda kroch zur Tür und ließ ihn dabei nicht aus den Augen. Er kehrte zu seinem Stuhl zurück, eine neue Flasche in der Hand.

»Verpiss dich!«, knurrte er. »Ich kann dich nicht gebrauchen. Genau wie deine Ma!«

Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Taumelnd kam sie auf die Beine und schlich sich zur Tür.

Mervyn nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Er wischte sich mit dem Ärmel über den Mund und beäugte sie streitsüchtig. Dann kicherte er wieder. »Nicht mehr so etepetete, wie?«

Matilda schlüpfte ins Haus. Sie schloss die Tür hinter sich, lehnte sich eine Weile dagegen und atmete ein paar Mal tief und schaudernd aus. Der Schmerz in ihrer Hüfte war nichts im Vergleich zu dem in ihrem Bein, und als sie hinschaute, sah sie auch, warum das so war: Eine scharfkantige Glasscherbe saß tief in ihrem Schenkel.

Sie humpelte in die Speisekammer, holte den Medizinkasten herunter und versorgte die Wunde schnell. Das Antiseptikum brannte, und sie biss sich auf die Lippe, aber als das Glas entfernt war und ein sauberer Verband die zerfetzten Wundränder zusammendrückte, kam es ihr schon nicht mehr so schlimm vor.

Wachsam lauschte sie nach draußen, ob Mervyn nicht von seinem Stuhl aufstand, und hastig streifte sie ihr besudeltes Kleid ab und weichte es im Eimer ein, während sie sich wusch. Sie hörte nur das Knarren des Schaukelstuhls auf den Dielen der Veranda und sein unverständliches Gemurmel.

Humpelnd durchquerte sie die Küche zu dem Kämmerchen, in dem sie schlief. Sie klemmte einen Stuhl unter den Türknauf und ließ sich dann erschöpft ins Bett fallen, wo sie wachsam und mit weit geöffneten Augen liegen blieb. Die Geräusche der Nacht drangen durch die Fensterläden herein, der Buschduft von Eukalyptus und Akazie, von trockenem Gras und abgekühlter Erde wehte durch die Ritzen des Holzhauses.

Sie kämpfte gegen den Schlaf, aber es war ein langer Tag mit einem schockierenden Ende gewesen, und die Augen fielen ihr zu. Ihr letzter Gedanke vor dem Einschlafen galt ihrer Mutter.

Es war ein fremdes Geräusch, das sie jäh aus dem Schlaf riss.

Der Türknauf drehte sich. Er ratterte im Holz. Matilda richtete sich langsam auf, zog sich das dünne Laken bis unters Kinn und sah, wie der Stuhl sich hin und her bewegte.

Sie schrie auf, als etwas Schweres gegen die Tür prallte, dass das Holz splitterte und der Stuhl über den Boden geschleift wurde. Laut kreischten rostige Angeln, als die Tür gegen die Wand flog.

Mervyns mächtige Gestalt füllte den Rahmen. Das Licht einer Kerze tauchte seine starren Augen in tiefe Schatten.

Matilda rutschte in die hinterste Ecke ihres Bettes. Sie presste sich mit dem Rücken an die Wand und zog die Knie an die Brust. Wenn sie sich klein genug machte, würde sie vielleicht unsichtbar.

Mervyn kam ins Zimmer. Er hielt die Kerze hoch und schaute auf sie herab.

»Nicht.« Sie streckte eine Hand aus, um ihn abzuwehren. »Bitte, Dad. Nicht schlagen!«

»Aber ich will dir dein Geschenk geben, Matilda.« Auf unsicheren Beinen kam er auf sie zu und fummelte dabei an seinem Gürtel.

Sie dachte daran, wie er sie das letzte Mal geschlagen hatte, wie die Gürtelschnalle sich so tief ins Fleisch geschnitten hatte, dass sie danach tagelang Qualen gelitten hatte.

»Ich will nicht«, schluchzte sie. »Nicht mit dem Gürtel! Bitte nicht mit dem Gürtel!«

Die Kerze wurde vorsichtig auf dem Nachttisch abgestellt. Rülpsend zog Mervyn den Gürtel aus den Schlaufen der Hose. Es war, als habe sie gar nicht gesprochen. »Du kriegst es ja nicht mit dem Gürtel«, sagte er und bekam einen Schluckauf. »Diesmal nicht.«

Matildas Schluchzen brach jäh ab, und ihre Augen weiteten sich entsetzt, als er an seinen Hosenknöpfen nestelte. »Nein«, hauchte sie. »Nicht das.«

Die Moleskinhose fiel zu Boden, und er schleuderte sie mit dem Fuß beiseite. Sein Atem ging rau und stoßweise, und in seinen Augen glühte nicht nur der Whisky. »Du warst schon immer ein undankbares Luder«, grunzte er. »Na, ich werde dir eine Lektion in Manieren erteilen, und wenn ich fertig bin, wirst du es dir zweimal überlegen, ob du noch mal frech zu mir sein willst.«

Matilda rollte sich aus dem Bett, als er zu ihr hineinsprang. Aber er war zwischen ihr und der Tür, und das Fenster war wegen der Mücken fest verschlossen. Sie konnte nirgends hin, konnte niemanden zu Hilfe rufen, und als er sie packte, fing sie an zu schreien.

Doch ihre Schreie wurden vom Wellblechdach zurückgeworfen und verloren sich in der endlosen Stille von Nimmerland.

Dunkle Wolken wirbelten in ihrem Kopf herum, und Matilda fühlte sich, als schwebe sie in einem Kokon. Sie empfand keinen Schmerz, kein Grauen, nur endlose Dunkelheit lockte sie, zog sie in ihre Tiefen, versprach ihr Frieden.

Und dennoch, irgendwo in dieser Dunkelheit hörte man die Geräusche einer anderen Welt. Hähnekrähen und morgendlichen Vogelgesang. Die Dunkelheit verblasste grau, und die ersten Sonnenstrahlen vertrieben sie vollends in die entlegenen Bereiche ihrer Sinne. Matilda versuchte, die Wolken zurückzurufen. Sie wollte sich nicht aus dieser schützenden Umhüllung reißen und in die kalte Wirklichkeit schleudern lassen.