Merlin - Karl Immermann - E-Book

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Karl Immermann

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Beschreibung

Ein Drama in drei Akten um die Person des mythischen Magiers. Karl Leberecht Immermann (* 24. April 1796 in Magdeburg; † 25. August 1840 in Düsseldorf) war ein deutscher Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker.

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Merlin

Karl Immermann

Inhalt:

Karl Immermann – Biografie und Bibliografie

Merlin

Zueignung

Vorspiel

Der Gral

Castel Merveil

Merlin der Dulder

Nachspiel

Merlin, K. Immermann

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849628543

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Karl Immermann – Biografie und Bibliografie

Dichter und Dramaturg, geb. 24. April 1796 in Magdeburg, gest. 25. Aug. 1840 in Düsseldorf, besuchte bis 1813 das Gymnasium seiner Vaterstadt und bezog, um Rechtswissenschaft zu studieren, im Frühling des großen deutschen Erhebungsjahrs die Universität Halle. Durch Napoleons Wiederkunft von Elba 1815 zu den Waffen gerufen, nahm er an den Schlachten von Ligny und Waterloo teil, zog mit Blüchers Heer in Paris ein und wurde als Offizier entlassen. Die Selbständigkeit seines Charakters betätigte er 1817, als die Burschenschafter zu Halle einen armen Studenten, der nicht zu ihnen halten wollte, brutal mißhandelten. I. wandte sich in einer Immediateingabe an den König und schrieb die (beim Wartburgfest mit verbrannte) Schrift »Über die Streitigkeiten der Studierenden zu Halle« (Leipz. 1817). Im I. 1817 trat er in den preußischen Staatsdienst, arbeitete bis 1819 als Referendar in Aschersleben und wurde darauf als Auditeur nach Münster versetzt. Hier lernte er die Gräfin Elisa v. Ahlefeldt, die Gattin des Freischarenführers v. Lützow, kennen und blieb in langjährigen Beziehungen zu ihr, nachdem sie sich von ihrem Gatten hatte scheiden lassen. I. trat während der Münsterschen Zeit zuerst mit dem Lustspiel »Die Prinzen von Syrakus« (Hamm 1821) hervor, dem eine Sammlung »Gedichte« (das. 1822) und die Trauerspiele: »Petrarca« (1822), »König Periander und sein Haus« (Elberf. 1823) u. a. folgten, Werke, in denen er durchaus die Wege der Romantiker wandelte. 1824 als Kriminalrichter an das Oberlandesgericht seiner Vaterstadt berufen, wohin ihm die Gräfin folgte, übersetzte er daselbst Walter Scotts »Ivanhoe« (1826), schrieb die ästhetische Abhandlung »Über den rasenden Ajax des Sophokles« (Magdeb. 1826) und veröffentlichte neue Dramen, wie das Lustspiel »Das Auge der Liebe« (Hamm 1824), die seltsame Tragödie »Cardenio und Celinde« (Berl. 1826), die das Interesse literarischer Kreise auf ihn lenkten. Als er 1827 als Landgerichtsrat nach Düsseldorf versetzt ward, folgte ihm die Gräfin auch dahin nach. Düsseldorf hatte eben damals den künstlerischen Aufschwung genommen; I. und andre brachten das literarische Element in die Kunstkreise. Allseitig angeregt, schuf er die ersten selbständigen Werke. Bald nacheinander entstanden die Tragödien: »Das Trauerspiel in Tirol« (Hamb. 1827) und »Kaiser Friedrich II« (das. 1828; vgl. Deetjen, Immermanns ›Kaiser Friedrich II.‹ Berl. 1901), das komische Heldengedicht »Tulifäntchen« (Hamb. 1827; neue Ausg., Berl. 1862), die Lustspiele: »Die Verkleidungen« (Hamb. 1828) und »Die Schule der Frommen« (Stuttg. 1829), das phantastische und tiefsinnige Mysterium »Merlin« (Düsseld. 1831; vgl. Kurt Jahn, Immermanns ›Merlin‹, Berl. 1899; Zielinski, Die Tragödie des Glaubens. Betrachtungen zu Immermanns ›Merlin›, Leipz. 1901) und die Trilogie ›Alexis‹ (Düsseld. 1832; vgl. Leffson, Immermanns ›Alexis‹, Gotha 1904). Auch »Der im Irrgarten der Metrik umhertaumelnde Kavalier«, eine gegen Graf Platen gerichtete »literarische Tragödie« (Hamb. 1829), die »Miszellen« (Stuttg. 1830), eine neue Folge von »Gedichten« (das. 1830) u. a. fallen in jene Zeit. Mit dem Roman »Die Epigonen« (Düsseld. 1836; 2. Aufl., Berl. 1856), den er 1835 vollendete, betrat I. das Gebiet der erzählenden Prosadichtung, wofür sich seine Begabung am meisten eignete. Bedeutenden Gehalt und Schwung erhielt sein Leben durch die Leitung des Düsseldorfer Theaters zwischen 1835 und 1838. Aus zufälligen Anfängen war der Gedanke, eine Musterbühne zu errichten, emporgewachsen; I. nahm Urlaub von seinem Amt, um sich der Leitung des Theaters ausschließlich zu widmen, und erreichte mit verhältnismäßig geringen Kräften Ungewöhnliches in Repertoire und Ensemble. Nicht an den Prinzipien, sondern am Mangel einer ausgiebigen materiellen Unterstützung scheiterte diese Reformbühne, und es war ein Fehler, daß keins der größern Theater Immermanns dramaturgisches Talent in Dienst nahm. Der Untergang seiner Lieblingsschöpfung verstimmte ihn tief, beugte aber seinen freudigen Schaffensmut nicht. Er begann den humoristisch-idyllischen Roman »Münchhausen, eine Geschichte in Arabesken« (Düsseld. 1839, 4 Tle.; 3. Aufl., Berl. 1854), der im Grund aus zwei locker verknüpften Romanen bestand und sich durch Gestaltenreichtum, Fülle realen und poetischen Lebens im idyllischen Teil (»Der Oberhof«, wovon zahlreiche Sonderausgaben erschienen), durch eine Reihe satirischer Meisterzüge in der humoristisch-satirischen Zeitdarstellung auszeichnete (vgl. die Programme von F. Bauer, Sternescher Humor in Immermanns;Münchhausen', Wien 1897, und W. Volkmann, Beiträge zur Erläuterung von Immermanns. Münchhausen', Bresl. 1897). Im Herbst 1839 vermählte sich I. mit Marianne, einer Enkelin des Kanzlers Niemeyer in Halle (gest. 17. Febr. 1886 in Hamburg). Im Glück seiner jungen Ehe, im Vollgefühl der mit seinem letzten Werk endlich errungenen allgemeinen Anerkennung schritt I. zur Neugestaltung des Liebesepos »Tristan und Isolde« (Hamb. 1842; 2. Aufl., Berl. 1854) und schrieb gleichzeitig an seinen »Memorabilien« (Hamb. 1840–43, 3 Tle.); aber die Vollendung beider Werke war ihm nicht vergönnt, ein tückisches Nervenfieber raffte den Dichter mitten aus seinem Schaffen hinweg. I. gehörte zu jenen spröden Talenten, die erst mit den Jahren voll erglühen und in Fluß kommen. Mit seinen »Epigonen« und dem »Münchhausen« hat er der poetischen Darstellung modernen Lebens Bahn gebrochen und seine Stellung in der Geschichte der deutschen Dichtung gesichert. Eine Gesamtausgabe seiner Schriften, in sorgfältiger Auswahl, erschien in 14 Bänden (Düsseld. u. Hamb. 1835–43), eine neuere, herausgegeben von Boxberger, in 20 Bänden (Berl. 1883), eine Auswahl besorgte Muncker für Cottas »Bibliothek der Weltliteratur« (Stuttg. 1898, 6 Bde). Aus seinem Nachlaß veröffentlichte G. zu Putlitz seine »Theaterbriefe« (Berl. 1851). Vgl. Freiligrath, Karl I. Blätter der Erinnerung an ihn (Stuttg. 1842); D. F. Strauß, Kleine Schriften (Leipz. 1866); »Karl I., sein Leben und seine Werke« (von der Witwe Immermanns; hrsg. von G. zu Putlitz, Berl. 1870, 2 Bde.); Müller (von Königswinter), Erzählungen eines rheinischen Chronisten, Bd. 1: »Karl I. und sein Kreis« (Leipz. 1860); Fellner, Geschichte einer deutschen Musterbühne. K. Immermanns Leitung des Stadttheaters zu Düssel dorf (Stuttg. 1888); »Karl I. Eine Gedächtnisschrift zum 100. Geburtstag des Dichters« (Hamb. 1896; mit Beiträgen von R. Fellner, I. Geffcken, O. H. Geffcken, R. M. Meyer und F. Schulteß); Deetjen, Immermanns Jugenddramen (Leipz. 1904).

Merlin

Eine Mythe

Zueignung

Ich saß, vom Fels bedachet,

Vertieft in alte Rollen,

Aus denen an mich lachet'

Ein ganzer Himmel alles Rätselvollen.

Ich mußte oft sie auf die Seite legen,

Weil gegen Wunsch und Wollen

Ich lesen nicht gekonnt vor Herzensschlägen.

Da rauscht' es in den Sträuchern,

Und Flöten, Cymbeln klungen,

Arabisch Balsamräuchern

Ist vom Gestäud' zu meinem Platz gedrungen.

Gleich sprangen aus dem Busch mit keckem Tritte

Drei muntre kleine Jungen,

Schwarz, weiß die ersten zwei und braun der dritte.

Sie schlugen an die Becken,

Und einer spielte Flöte.

Es folgt' auf schlanker Schecken

Ein Mägdlein, lustig wie die Morgenröte.

Bunt Florgewand und Schmelz und Schleif' am Mieder,

Band, Quast' und Pausch erhöhte

Den Schmeichelreiz der leichtgeschwungnen Glieder.

In ihren Armen schwebte

Ein Horn, gewunden gülden,

Aus dessen Wölbung strebte

Ein üpp'ger Strauß von seltsamen Gebilden.

Es staken Königskronen, Bettelstäbe

Bei Häuptern, milden, wilden,

Bei Totenbein, bekränzt von Ros' und Rebe.

Die Jungen tanzen näher,

Das Mägdlein lenkt die Schecke,

Bis, mir verstohlnem Späher

Grad' gegenüber, an des Felsens Ecke,

Der Märchenzug ist vorgerücket gaukelnd.

Dort hemmt sie. Auf der Decke

Zurückgelehnet, ruht sie üppigschaukelnd.

Die Knaben springen weiter,

Um mich ganz unbekümmert.

Aus ihren Augen heiter

Ein flüchtig Lächeln zu mir nieder schimmert,

Und in das Horn die weißen Finger senkend,

Um die manch Ringlein flimmert,

Wirft sie die Ros' herunter, mich beschenkend.

Ich bück' mich nach der Rose,

Erhebe solche Gabe,

Blick' auf: Da fleucht die Lose

Fern schon auf ihrem Roß im schnellsten Trabe,

Unendlich Goldgelock weht nach in Lüften,

Kaum daß ich dieses habe

Gesehn, verschwebt sie zwischen Felsenklüften.

Sonst, wenn ein Gott gekommen

In unsre arme Nähe,

Nachfühlen wir, beklommen,

Die eigne Niedrigkeit und seine Höhe.

Doch dieser holden Reiterin Begegnen

Ließ mir das süße Wehe,

Womit uns goldne Liebesstunden segnen.

Ich sprach zu mir: »Du schautest

Die Törin, die unsterbliche,

Der du manch Denkmal bautest,

Obgleich sie liebt nur das Verderbliche;

Welch' überstand den Sturz von Rom und Babel,

Die schöne Last, die erbliche

Der irdischen Geschlechter all: die Fabel.«

Seit diesem guten Tage

Hegt' ich ein gründlich Hoffen,

Doch ohne Schmerz und Klage;

Die Fabel werde einst von mir betroffen

Zu andrer Zeit in noch viel rein'rem Lichte;

Und manche düstre Frage

War mir gelöst, und alles ward Geschichte.

Die liebe Rose blühte

Frisch fort in meinen Händen.

Als einst der Abend glühte,

Trug ich sie, sachte wandelnd, in den Händen.

Da nahm der Wind, vorbrechend aus den Hügeln,

Sie scherzend meinen Händen,

Und trieb sie vor mir her auf seinen Flügeln.

Der Schwebenden nacheilt' ich,

Die Füße rüstig regend,

Doch nimmerdar ereilt' ich

Den Flüchtling, wirbelhaft sich fortbewegend.

Schon hatte Dämmrung abgelöst die Helle,

Ich war in fremder Gegend,

Da sank die Ros' auf eine breite Schwelle.

Die Schwelle, sanftgebreitet,

Lag unter hoher Pforte,

Die in ein Innres leitet',

Aus dem ein Glanz fiel nach dem äußern Orte.

Ich ahnt' in diesem Bau, begrünt von Moose,

Uralter Schöpfung Worte,

Und schritt gleichgültig über meine Rose.

Ich trat in Kirchenhallen

Vom allergrößten Stile.

Auf solche Formen fallen

Könnt' einer nicht! Sie fanden, bauten viele.

Den einzelnen umfahn der Willkür Netze,

Doch zu notwend'gem Ziele

Verschlangen hier im Stein sich die Gesetze.

Indes blieb ich nicht haften

Am Stein zu dessen Preise,

Denn meine Sinne rafften

Sich in des herrlichsten Gesichtes Kreise.

Ich sah die Fabel, fröhlich und vermessen,

Allein in welcher Weise!

In wessen Hut! In Pfleg' und Lehre wessen!

Ein ew'ges Weib saß thronend

In kühngewölbter Blende;

Das Licht, im Räume wohnend,

Schuf einzig ihrer Augen milde Spende!

Kelch, Anker, Kreuz war nahebei zu schauen,

Ein Buch, das sonder Ende,

Lag auf dem zücht'gen Knie der heil'gen Frauen.

Und wie ein Kind sich schmieget

Der Mutter an, der süßen,

Ihr Kleid sittsam gefüget,

Stand bei ihr Fabel auf bescheidnen Füßen.

Diese, damit sie bis zum Knie ihr reichte,

Hat sich erheben müssen,

Und dennoch saß die Ernste, stand die Leichte.

Liebmütterlich verkehrte

Das große Himmelswesen,

In ihrem Buche lehrte

Die Ewige mein zeitlich Mägdlein lesen.

Sie wies ihr Wort für Wort und Zeil' auf Zeile,

Und wenn zu rasch gewesen

Der muntre Zögling, sprach die Mutter. »Weile!«

Schien er zerstreut im Sinne,

Als ob sein Fleiß ermatte,

Faßt' ihn gelind am Kinne

Die Lehrerin und wandt' ihn zu dem Blatte.

Und wenn er stammelte das Falsche, Nicht'ge,

Und sich versprochen hatte,

Dann sagte sie klar, deutlich, fest das Richt'ge.

Am Segen der Lehrstunde

Teilnahmen drei Genossen,

Stehnd in der Blende Grunde:

Drei Männer, vom Prophetenkleid umflossen.

Zwei ältre schrieben nach in Büchern; jeder

Trug ein verschiedne Kunde,

Dem jüngsten war entsunken Blatt und Feder.

Gemurr in meiner Sprache

Verriet des ersten Namen.

Wolfram vom Eschenbache,

Der gottverworrne Mund von deutschem Samen!

Rund um den Hals trug er viel myst'sche Zeichen,

Und seine Blätter nahmen

Der Fabel Schwatzen auf in bunten Laichen.

Den Zweiten ich erkannte

An seiner Unterlippe.

Er war der große Dante,

Gedanken-aufgezehrt, fast ein Gerippe.

Vorsichtig horcht' er: Sprach die Fabel Lüge,

So zuckt' er mit der Lippe,

Sah zornig aus und schrieb der andern Rüge.

Doch o mein teurer Dritter,

Novalis! Frommverwundert

Fragt' ich mich oft: »Wie schritt er,

Der Fremdling, in dies nüchterne Jahrhundert?«

DerJüngling seine Seligkeit nicht trübte,

Hat nicht gehorcht, gesondert,

Er schaute, lächelte, genoß und liebte.

Und auf die mächt'ge Gruppe,

In Händen Lilienstengel,

Sahn von der Blende Kuppe

Aus Wolken still herab zwei Frauen-Engel,

Die zwei der drei sonst hoben über Mühe

Hinaus und über Mängel,

Die Engel: Beatrice und Sophie.

Und als ich um mich blickte,

Weil, meinem Sinn zu helle,

Der Lichtstrom mich erdrückte,

Von dem das Aug' der Lehrerin die Quelle,

Bemerkt' ich, daß ich nicht allein vorhanden,

Nein, daß zu dieser Stelle

Noch andre Füße offnen Zugang fanden.

Dulehnt'st am nächsten Pfeiler,

Gleich mir ehrfurchtbezwungen!

Anbetender Verweiler,

Wo wir dem Wesen sahn den Schein entsprungen.

Durch eine andre Tür warst du gekommen,

Von andrem Wunsch durchdrungen,

EinTempel aber hatt' uns aufgenommen.

Was ferner dort geschehen,

Das bleibt wohl unser Eigen,

Wenn der Verwandlung Wehen

Auch sonst des Tags Geburten an uns zeigen.

Vorspiel

Hohe Klippen und Landschaft. In der ferne Gehöfte.

Satan und Luzifer auf den Klippen.

LUZIFER.

Warum, du Fürst im finstern Land,

Hast du dich einsamlich verbannt

Von unsrem wilden, bunten Fest,

In dieses kahle Felsennest?

Du hängst, gleich einer dunkeln Wolke

Von Klippen in das platte Land;

Komm, Herr, zurück zu deinem Volke,

Das bittend mich zu dir gesandt!

SATAN.

Bin ich der Fürst, hab' ich zu sorgen

Für unsres Reiches Dau'rbarkeit;

Das Volk denkt nur an heut' und morgen,

Der Herrscher denkt der ganzen Zeit.

LUZIFER.

Wir sahn's, dich faßt' ein grimmig Leid,

Als bei des Sternes Helligkeit

Die Könige vom frühen Osten

Gekniet an jener Krippe Pfosten.

Der Stern, der Hüttendampf, die Lichter,

Gekrönte Stirnen, Schäfergesichter,

Die schöne Mutter, blau und rot,

Das Gold, das Stroh, der Glanz, die Not!

Es gab ein wunderlich Gemeng',

Die Farbe kam fast ins Gedräng',

Man merkt', hier war etwas geschehn,

Was alle Tage nicht zu sehn.

Wir Kleinen schauten lachend zu,

Die Brust zerschlugest, Großer, du,

Und stießest einen Seufzer aus,

Der unsren Scherz verkehrt' in Graus.

Seitdem nun wandelst du durch Wüsten,

Hockst unterm Samum beim Getier,

Wenn wir dich, deine Knechte, grüßten,

Tritt in das Aug' die Träne dir,

Vor der wir, gleich verzagten Zwergen,

Uns in den Eulenflügeln bergen.

SATAN.

Wenn Satan weint, so hat er Grund.

LUZIFER.

Tu' auf, o König, deinen Mund!

Dein Feuer ist es, was uns nährt,

Wir sind schon bleich und halbverzehrt.

Auf! Bleibe nicht in dir verschlossen,

Hast du nicht tausend Streitgenossen?

SATAN.

Es bringen Millionen Milben

Nicht einen Kieselstein vom Ort;

Und aller Sprachen alle Silben

Sind noch kein einzig zeugend Wort. –

Was ein Tyrann in Güte sagt,

Das widerruft er, wenn es behagt;

Trotz dem Tyrannen, der nicht hält,

Was er in seinem Zorn gesprochen!

Er übergab mir diese Welt,

Sie steht; er hat den Eid gebrochen.

LUZIFER.

Bracht' eine Jungfrau in die Wochen.

Seltsame Reise eines Gotts!

Wir hielten's wert nur unsres Spotts,

Für eines Greisen Grillenspiel.

Was ist darum zu sorgen viel?

Was kümmert uns der Torenschwank?

Kirchengesang in der Ferne.

SATAN.

Die Antwort gibt dir dieser Sang.

Schließt, Felsen, euer steinern Tor,

Schnee, spreite dich als Decke vor,