Winterträume am Kamin - Mary Kay Andrews - E-Book
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Winterträume am Kamin E-Book

Mary Kay Andrews

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Beschreibung

Winter ist die Zeit für Wunder: Ein Wohlfühlroman zum Träumen von Bestseller-Autorin Mary Kay Andrews Ivy Perkins braucht dringend einen Neuanfang. Doch als sie ihre neuerworbene Four Roses Farm zum ersten Mal in Augenschein nimmt, fällt sie aus allen Wolken. Was auf den Fotos noch so idyllisch gewirkt hat, sieht jetzt stark heruntergekommen aus. Nur der Kamin lässt sie träumen. Und vielleicht auch ihr gutaussehender Nachbar Ezra, der Ivy hilft, das Haus fit für den Winter zu machen. Dann findet Ivy auf dem Dachboden ein altes Weihnachtsmannkostüm und in der Tasche den jahrzehntealten Brief eines kleinen Mädchens. Es wünscht sich sehnlich, dass sein Vater zurückkommen möge. Tief berührt macht sich Ivy auf die Suche nach der Absenderin.  Wenn sie das Mädchen finden kann, werden vielleicht ja auch Ivys eigene Weihnachtswünsche wahr... Noch mehr glückliche Lesestunden mit Mary Kay Andrews: ›Die Sommerfrauen‹, ›Sommerprickeln‹, ›Weihnachtsglitzern‹, ›Sommer im Herzen‹, ›Winterfunkeln‹, ›Liebe kann alles‹, ›Ein Ja im Sommer‹, ›Mit Liebe gewürzt‹, ›Kein Sommer ohne Liebe‹, ›Auf Liebe gebaut‹, ›Zurück auf Liebe‹,  ›Sommernachtsträume‹, ›Zweimal Herzschlag, einmal Liebe‹, ›Liebe und andere Notlügen‹, ›Der geheime Schwimmclub‹, ›Sommerglück zum Frühstück‹, ›Winterträume am Kamin‹ 

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Seitenzahl: 243

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Mary Kay Andrews

Winterträume am Kamin

Roman

 

Aus dem amerikanischen Englischvon Andrea Fischer

 

 

 

Über dieses Buch

 

 

Ivy Perkins ist frisch geschieden und braucht dringend einen Neustart. Doch die Four Roses Farm, die Ivy unbesehen gekauft hat, stellt sich als baufälliger heraus, als zunächst angenommen. Zum Glück ist da Ivys Nachbar Ezra, der ihr hilft, das Haus winterfest zu machen. Dann findet Ivy auf dem Dachboden ein altes Weihnachtsmannkostüm. Und in dessen Tasche einen jahrzehntealten Brief der kleinen Carlette, die sich nichts sehnlicher wünscht, als dass ihr Vater nach Hause kommen möge. Weihnachtsmuffel Ivy ist wild entschlossen herauszufinden, was aus Carlette und ihrem Vater geworden ist. Und vielleicht hält dieses Fest ja noch die ein oder andere Überraschung für Ivy bereit...

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Mary Kay Andrews wuchs in Florida, USA, auf und lebt mit ihrer Familie in Atlanta. Im Sommer zieht es sie zu ihrem liebevoll restaurierten Ferienhaus auf Tybee Island, einer wunderschönen Insel vor der Küste Georgias. Seit ihrem Bestseller ›Die Sommerfrauen‹ gilt sie als Garantin für die perfekte Urlaubslektüre.

 

Weitere Titel der Autorin

 

›Die Sommerfrauen‹, ›Sommerprickeln‹, ›Weihnachtsglitzern‹, ›Sommer im Herzen‹, ›Winterfunkeln‹, ›Liebe kann alles‹, ›Ein Ja im Sommer‹, ›Mit Liebe gewürzt‹, ›Kein Sommer ohne Liebe‹, ›Auf Liebe gebaut‹, ›Zurück auf Liebe‹,  ›Sommernachtsträume‹, ›Zweimal Herzschlag, einmal Liebe‹, ›Liebe und andere Notlügen‹, ›Der geheime Schwimmclub‹, ›Sommerglück zum Frühstück‹, ›Winterträume am Kamin‹

 

Andrea Fischer hat Literaturübersetzen studiert und überträgt seit über zwanzig Jahren Bücher aus dem britischen und amerikanischen Englisch ins Deutsche, unter anderem die von Lori Nelson Spielman, Michael Chabon und Mary Kay Andrews. Sie lebt und arbeitet im nördlichen Münsterland.

Für Patti Callahan Henry, alias Peach,

die sich mit auf die Reise gemacht hat

1

Da ist sie!« Ivy Perkins wies auf ein verwittertes Schild an einem verbeulten Briefkasten, der unter einem ausladenden nackten Busch kaum zu sehen war. »Die Four Roses Farm! Siehst du, Punkin?«

Vorsichtig trat Ivy auf die Bremse ihres Volvos, schließlich war die Straße stellenweise vereist.

Punkin hob kaum die Schnauze vom Beifahrersitz. Seit sie die Stadt Charlotte hinter sich gelassen hatten und der gleichmäßige Regen in Schneeregen übergegangen war, döste der Hund vor sich hin, eingelullt vom immer gleichen Rhythmus der Scheibenwischer und der fröhlichen Weihnachtsmusik im Radio.

Die Zufahrt zum Bauernhaus war voller Schlaglöcher. Während Ivy den Wagen langsam über den schmalen Weg steuerte, erweiterte sie im Kopf die Liste der Renovierungsarbeiten, die sie seit ihrem frühmorgendlichen Aufbruch in Atlanta zusammenstellte, um den Punkt »Zufahrt ausbessern«.

Dann kam das Haus in Sicht. Ivys Herz schlug schneller. Da war die Veranda, von der sie schon geträumt hatte! Da standen tatsächlich Schaukelstühle drauf! Vier schmale Backsteinschornsteine zierten die Ecken des einstöckigen Holzhauses, also hatte es wirklich vier Kamine. Seit Ivy das Haus auf der Immobilienseite im Internet ins Auge gesprungen war, hatte sie sich vorgestellt, wie sie im Wohnzimmer vor einem gemütlich knisternden Feuer sitzen und heißen Apfelwein trinken würde. Nun ja, tatsächlich hätte sie wohl eher einen guten Cabernet in der Hand. Punkins Körbchen stände neben dem Kamin. Ivy hätte endlich Zeit, klassische Musik zu hören. Und stricken zu lernen. Oder häkeln. Vielleicht sogar beides.

Beim Näherkommen fiel ihr auf, dass die Veranda in der Mitte ein wenig durchzuhängen schien – nein, sie war tatsächlich abgesackt. Das war auf den Fotos im Internet nicht zu sehen gewesen. Und der Außenanstrich sollte weiß sein? Vielleicht lag es ja am Licht, aber die Farbe war am ehesten mit geronnener Buttermilch zu vergleichen. Dabei hatte Ivy wohlweislich darauf geachtet, ihre Suchanfragen mit den Wörtern »Bauernhaus«, »alt« und »weiß« zu kombinieren.

Sie setzte den Punkt »Anstrich« auf ihre Liste.

Der holprige Weg riss Punkin aus seinem Nickerchen. Wachsam setzte er sich auf, seine Rute schlug auf das Lederpolster.

Ivy schielte zu ihm hinüber. »Was meinst du, Punkin? Richtig reinweiß ist es nicht, aber alt ist es auf jeden Fall, und da wir fast einen Hektar Land dabeihaben, ist es doch eine richtige Farm, oder?«

Seine Rute klatschte auf den Sitz. Das verstand Ivy als Zustimmung.

Seit ihrer Scheidung hatte sie sich angewöhnt, laut mit dem English-Setter-Mix zu sprechen, den sie aus dem Tierheim geholt hatte. Jedoch sagte sie nicht nur hin und wieder mal: »Willst du ein Leckerchen?« oder »Braver Kerl!«, wenn Punkin beim Gassigehen sein Häufchen gemacht hatte. Nein, Ivy führte umfangreiche, tiefgründige Unterhaltungen mit dem Tier. Sicher, er war ein besonders intelligenter, blitzgescheiter Hund, aber trotzdem …

Die Zufahrt endete abrupt vor einem kleinen roten Holzschuppen, dessen Farbe abblätterte. »Schau mal, Punkin!«, rief Ivy. »Das ist sie! Unsere Scheune! Die gehört uns ganz allein!«

Vor der Scheune parkte ein schwarzer Jeep, an dessen Motorhaube ein schlaksiger Typ in Jeans, Stiefeln und karierter Holzfällerjacke lehnte. »Aber wer ist das?«

Punkin stieß ein tiefes Knurren aus.

Ivy hielt vor dem Jeep und stieg aus.

»Hallo!«, grüßte sie und beäugte den Mann misstrauisch.

Unter seiner Baseballkappe lugte volles karamellbraunes Haar hervor. Auf seinen Wangen lag ein Bartschatten. Ivys Eintreffen schien ihn nicht im Geringsten aus der Ruhe zu bringen. »Hi«, gab er lässig zurück, machte aber keine Anstalten, sich zu bewegen.

»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Ivy.

»Kommt drauf an.« Er betrachtete ihren Volvo, der bis unters Dach mit ihren Habseligkeiten vollgestopft war. Punkin stand auf dem Beifahrersitz und kratzte am Fenster.

»Worauf denn?«, fragte Ivy ungeduldig. Sie würde sich von diesem Eindringling nicht einschüchtern lassen.

Der Mann hielt ihr einen Schlüsselring hin. »Ob Sie Ivy Perkins sind oder nicht. Wenn ja, möchten Sie vielleicht die Schlüssel für Ihr neues Zuhause haben.«

»Oh.« Ivy sah sich um. Das Grundstück wirkte deutlich ungepflegter als auf den Fotos im Internet. »Ich dachte eigentlich, ich würde hier den Makler treffen.«

»Tun Sie doch.«

»Moment mal! Sie sind Ezra Wheeler?«

»Allerdings.«

Ivy hatte sich mit dem Makler nur über E-Mails und Textnachrichten ausgetauscht. Sie hatte sich einen freundlichen, weißhaarigen älteren Herrn mit Weste und Fliege vorgestellt. Nicht so einen jungen Kerl wie den hier …

»Sie haben mit einem alten Knacker gerechnet, nicht? Heutzutage gibt es keinen unter siebzig, der noch Ezra heißt. Was soll ich sagen? Meine Mutter hat vielleicht gehofft, aus mir würde mal ein Dichter.«

»Egal«, sagte Ivy. »Das ist also die Four Roses Farm.«

»Jep.«

»Was ist mit den ganzen Stockrosen passiert? Und den blauen Hortensien? Wo ist der Rosenbaum mit den kleinen rosa Blüten, der am Verandageländer hochwuchs?«

»Hä?«

»Die waren auf den Bildern im Immobilienportal. Auf den Fotos sah das Grundstück so grün und üppig aus.« Ivy wies auf den braunen Rasen im Vorgarten und die nackten Büsche. »Ich sehe nicht einen einzigen Rosenbaum, ganz zu schweigen von vieren.«

Ezra Wheeler verdrehte die Augen. »Die Bilder wurden im Sommer gemacht. Da haben wir das Haus in unser Portfolio aufgenommen. Jetzt ist Winter. Win-ter!«

Die herablassende Art des Maklers gefiel Ivy nicht. Als würde er einem Kleinkind die Jahreszeiten erklären.

»Außerdem ist ›Four Roses‹ eine Anspielung auf die Eigentümer – also, die ehemaligen Eigentümer – Bob und Betty Rae Rose mit ihren beiden Töchtern Sandi und Emily. Verstehen Sie? Die vier Roses.«

»Ich dachte, der Verkäufer heißt James Heywood«, warf Ivy ein.

»Heißt er auch«, sagte Ezra. »James Heywood war mit Sandi Rose Heywood verheiratet, die schon verstorben ist. Sie hatte das Haus von ihren Eltern Bob und Betty Rae geerbt. Ich schätze, was Sie da am Verandageländer gesehen haben, waren tatsächlich Rosen, aber da wir jetzt Dezember haben, würde ich mal sagen, die sind im Winterschlaf oder wie sich das nennt. Keine Ahnung, ich bin kein Gärtner. Okay? Alles in Ordnung?« Sein kurzer Blick auf die Uhr verriet, dass er es eilig hatte, mit dieser anstrengenden Kundin zum Ende zu kommen.

»Gut«, sagte Ivy und streckte die Hand nach den Schlüsseln aus.

»Ist besser, wenn ich Ihnen die Haustür aufschließe«, sagte der Makler. »Das Schloss ist so alt wie das Haus, das ist ein bisschen kompliziert.«

»Danke, aber ich bin sicher, dass ich es schon irgendwie schaffe, das Schloss zu öffnen«, erwiderte Ivy unterkühlt.

»Wie Sie möchten.« Wheeler zuckte mit den Schultern. »Ach, und Glückwunsch zum Hauskauf. Auf der Arbeitsfläche in der Küche wartet ein kleines Willkommensgeschenk auf Sie.«

 

Kaum öffnete Ivy die Beifahrertür des Volvos, schoss Punkin wie von der Tarantel gestochen heraus. Er flitzte zu einem Busch an der Veranda und taufte ihn, dann kehrte er zu Ivy zurück, die einen Koffer die Treppe hinaufschleppte.

Sofort fiel ihr auf der Veranda auf, dass die Bodenbretter bei jedem Schritt leicht schwangen. Gab es Probleme mit dem Fundament? Ivy seufzte und bereute zum ersten Mal, dass sie sich das einhundertsechs Jahre alte Bauernhaus nicht persönlich angesehen hatte, bevor sie ihr Angebot abgab.

An dem Ring, den Ezra Wheeler ihr gegeben hatte, waren sechs Schlüssel, keiner davon beschriftet. Ivy probierte vier aus, bis es ihr endlich gelang, einen altmodisch wirkenden schwarzen Bartschlüssel in das Schloss der Haustür zu schieben. Mit links hielt sie den eierförmigen Türknauf fest, mit rechts konnte sie den Schlüssel um eine Vierteldrehung bewegen. Sie betätigte den Knauf, doch die Tür rührte sich nicht. Ivy drückte mit der Schulter dagegen, blassblaue Lackflocken rieselten auf ihre Jeans. Ergebnislos.

Sie versuchte, am Schloss zu ruckeln, und rüttelte an der Tür. Sie ging einmal ums Haus herum, steckte die Schlüssel in vier weitere Außentüren, ohne Erfolg. Hinten spähte sie durch ein Fenster in die Küche, aber das Glas war wellig und starrte vor Schmutz, so dass Ivy nur undeutlich die Spüle und einen kleinen Holztisch mit Stühlen erkennen konnte.

»Komm, Punkin!«, sagte sie und kehrte zur Haustür zurück, wo sie ihr Handy aus der Jackentasche holte.

»Da müssen wir wohl den Makler anrufen und unsere Niederlage eingestehen.«

 

Fünf Minuten später kam der Jeep wieder über die Zufahrt gerumpelt.

»Das ging aber schnell«, bemerkte Ivy, als der Makler auf die Veranda hochstieg.

»Ich habe unten an der Kreuzung gewartet.« Er lächelte verlegen. »Ich habe wirklich versucht, Sie zu warnen. Das Schloss ist echt höllisch schwer aufzukriegen.«

Er umfasste den Türknauf fest, führte den Schlüssel in die Öffnung, ruckelte leicht und drehte ihn nach links. Als die Zuhaltungen klickten, drückte er mit der Schulter gegen die Tür und stemmte sie auf.

»Man dreht ihn nach links?« Ivy konnte es nicht fassen. »Das hätten Sie mir ruhig verraten können!«

»Hätten Sie mir denn geglaubt?« Ezra nahm Ivys Koffer und machte ihr ein Zeichen, voranzugehen.

Sie blieb stehen. Auf diesen Moment fieberte sie nun seit neun Monaten hin. Das Datum, an dem sie ihr Traumhaus in Besitz nehmen würde, hatte sie mit Absicht gewählt. Alles war vorausgeplant. Auf den Tag vor neun Monaten war sie rechtskräftig von Kyle geschieden worden.

Ivy hatte den Entschluss gefasst, in einer neuen Stadt, in einem neuen Bundesstaat, ein neues Leben zu beginnen, aber das Haus sollte alt sein.

Sie überlegte, ob sie es tatsächlich in Begleitung dieses Fremden betreten wollte, auch wenn er nett war und nur helfen wollte.

Fragend sah Ezra sich zu ihr um. »Kommen Sie nicht mit rein? Ich dachte, ich zeige Ihnen das Haus.«

Ivy holte tief Luft und trat über die Schwelle, dicht gefolgt von Punkin.

 

Sie schaute sich im Wohnzimmer um. Die alten Kieferböden waren verkratzt, doch Ivy fand sie wunderschön. Der Kamin mit dem Eichensims und den gesprenkelten Fliesen drumherum sah genauso aus wie auf den Fotos im Internet.

Sie zog ein verstaubtes Laken von einem klobigen karierten Sofa, das eine Requisite von »Drei Mädchen und drei Jungen« hätte sein können.

»Was soll das?«, fragte Ivy und wies auf den ebenfalls karierten Liegesessel. »Im Vertrag stand nicht, dass das Haus bei der Übergabe möbliert ist.«

»Ach, ja, das …« Ezra wirkte verlegen. »James’ Kinder wollten nur wenige Möbelstücke von ihrem Großvater behalten, deshalb beschlossen sie in letzter Minute, alles dem Käufer zu überlassen.«

»Sie meinen, die Leute haben beschlossen, mir den ganzen Mist vor die Füße zu kippen«, sagte Ivy heftiger als beabsichtigt.

Ezra zog den Kopf ein.

»Schon gut«, sagte sie schnell. »Ich bin heute Morgen um vier Uhr aufgestanden, es war ein wirklich langer Tag. Ich sage das nur, weil am Montag der Umzugswagen mit meinen ganzen Sachen kommt.«

»Verstanden«, erwiderte Ezra. »Ich habe James schon vorgewarnt, dass Sie wahrscheinlich nichts von all dem haben möchten. Ich kann dafür sorgen, dass in den nächsten Tagen ein paar Jungs mit einem Lkw kommen und alles abholen. Wenn Sie einverstanden sind, werden die Sachen gespendet.«

Ivy ging in die Küche. Die Schränke waren in die Jahre gekommen, aber brauchbar. Herd und Kühlschrank wirkten noch gar nicht so alt. Dennoch müsste das alles raus. Das stand fest.

»Es funktioniert noch alles«, beeilte sich Ezra zu versichern. »Den Strom habe ich auf Ihren Namen umgemeldet, wie Sie mich gebeten haben, und das Wasser ist auch schon angeschlossen.«

»Danke sehr«, sagte Ivy. In Gedanken war sie wieder bei ihrer Renovierungsliste.

Ezra folgte ihr in den Flur hinter dem Wohnzimmer. »Das große Schlafzimmer ist da hinten«, bemerkte er.

Sie nickte und drückte die Tür auf. Der Raum war größer, als sie erwartet hatte. Die Möbel waren hässlich, aber noch zu gebrauchen.

»Okay«, sagte Ivy leise. »Okay.«

»Wo wollen Sie denn heute schlafen, wenn Ihre Sachen noch nicht hier sind?«, fragte der Makler.

»Ich habe einen Schlafsack im Auto«, erwiderte Ivy. Sie setzte sich auf die Bettkante, die Federn quietschten laut. »Aber ich denke, die Matratze genügt, bis mein Bett hier ist.«

»Schön.« Ezra klang erleichtert. »Soll ich Ihnen beim Ausladen helfen?«

Im ersten Moment wollte Ivy ablehnen. Doch sie war müde, das Auto war bis oben hin vollgepackt, und sie hatte noch viel zu tun, bevor die Möbel kamen.

»Das wäre nett«, sagte sie.

 

Ezra Wheeler bückte sich und spähte in den Kofferraum des Volvos. Ivy ertappte sich dabei, dass sie ihn ungewollt musterte. Knackiger Hintern. Ezra hob einen großen Pappkarton heraus, in dessen Seite mehrere Luftlöcher geschnitten waren. Von innen drang leises Piepsen nach draußen.

»Was ist denn das …?«

Piep, piep, piepiepiep …

Ivy nahm ihm die Kiste ab. »Das sind die Mädels.« Sie klappte den Deckel hoch, und vier flauschige Küken wuselten durch das Stroh, das Ivy in die provisorische Transportbox gelegt hatte.

»Hühner? Sie haben Hühner mitgebracht? Aus Atlanta?«

»Ja.« Irgendwie war ihr das jetzt peinlich. »Hab ich. Fürs Erste bleiben sie im Haus, da ist es warm, aber dann baue ich ihnen einen Stall drüben in der Scheune.«

Ezra trug noch zwei Ladungen herein, während Ivy die Kiste mit den Küken in eine Ecke der Küche stellte, momentan der wärmste Ort im spürbar kalten Haus.

»Ich glaube, das ist alles«, sagte er, schwer beladen mit einer Menge Kleidern, die auf Bügeln hingen.

»Die Klamotten kommen am besten direkt ins Schlafzimmer«, sagte Ivy und ging Ezra durch den Flur voran.

Sie zog die Tür des Wandschranks auf und machte einen Schritt zurück, als sie sah, dass er voller Sachen war, dicht an dicht gepackt: Kleider, Röcke, Hemden, Hosen.

»Verdammt«, murmelte sie, nahm eine Handvoll Bügel mit Kleidungsstücken heraus und warf sie auf den Boden. Ezra tat es ihr nach, und fünf Minuten später war der Schrank geleert.

Ivy stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um. Wie alle Räume im Haus waren das Schlafzimmer und der Wandschrank drei Meter hoch. Über der Kleiderstange befanden sich zwei Regale. Im oberen Fach entdeckte sie einen Karton. Ivy reckte sich auf die Zehenspitzen, konnte ihn aber nicht erreichen.

»Soll ich den runterholen?« Ezra zog den Karton einfach aus dem Fach und reichte ihn Ivy.

Er war in altes Weihnachtspapier gewickelt, das ein Muster aus tanzenden Elfen, Zuckerstangen und Tannenbäumen hatte. Darum geschlungen war ein rotes Satinband.

Ivy stellte den Karton aufs Bett, löste das Band und öffnete ihn. Als sie mehrere Lagen vergilbten Seidenpapiers zur Seite schlug, kam eine zusammengelegte rote Samtjacke mit einem weißen Pelzkragen zum Vorschein.

Ivy nahm die Jacke aus dem Karton und legte sie auf die Tagesdecke aus Chenille. Als Nächstes fand sie eine Hose aus demselben Stoff, an den Umschlägen mit weißem Pelz besetzt. Auf dem Boden des Kartons lagen zwei schwarze Stiefel aus weichem Leder mit großen Messingschnallen.

»Ein Weihnachtsmannkostüm«, flüsterte sie. Doch es war nicht einfach ein Kostüm. Es war ein wunderschön gearbeitetes, edles Kleidungsstück – deutlich aufwendiger als die ziemlich schlichten Sachen, die sie bis jetzt im Haus gesehen hatte.

Ivy strich über den Stoff; es war echter Samt, dazu der echte weiße Pelzbesatz. Das Oberteil war mit Satin gefüttert und wurde mit einer verdeckten Knopfleiste geschlossen. Ein Gürtel aus glänzendem, wenn auch leicht rissigen schwarzen Lackleder trug eine große Messingschnalle. Ivy hob die Stiefel an und entdeckte darunter eine Mütze aus passendem rotem Samt, ebenfalls innen mit Satin gefüttert, mit Pelz besetzt und mit einem weißen Puschel verziert.

»Oooh«, staunte sie leise.

»Ich fasse es nicht«, sagte Ezra. »Das muss das alte Weihnachtsmannkostüm von Big Bob sein.«

Ivy sah ihn fragend an.

»Der ehemalige Besitzer. Nach allem, was ich von den Leuten gehört habe, war Bob Rose hier in der Gegend schlichtweg der Weihnachtsmann.« Ezra ging zum Schrank und tastete mit der Hand die Fächer ab. »Hm. Sieht aus, als wäre es nicht hier.«

»Was? Das Rentier? Der Schlitten?«

»Das Kostüm von Mrs. Rose. Meine Chefin hat mir erzählt, dass Betty Rae Rose ebenfalls ein rotes Kostüm hatte, passend zu dem ihres Mannes.« Der Makler zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hat es doch eins der Enkelkinder mitgenommen.«

»Schade, dass sie nicht auch den Rest des Mülls entsorgt haben«, sagte Ivy mit Blick auf den Berg von Kleidung in der Ecke des Schlafzimmers, in dem sich Punkin bereits ein Nest gebaut hatte.

»Alles, was Sie nicht wollen, lasse ich von meinen Leuten abholen«, versprach Ezra und sah wieder auf die Uhr. »Sorry, ich muss jetzt los.«

»Wichtiges Date?« Er trug keinen Ehering. Zu Ivys eigenem Missfallen hatte sie sich schon gefragt, ob er wohl verheiratet sei.

»Kundentermin wegen eines potenziellen Objekts«, erwiderte er. »Scheidungsfall. Wenn’s Scheidungen nicht schon längst gäbe, müsste man sie erfinden.« An der Haustür blieb er stehen. »Willkommen zu Hause übrigens.«

2

Als sich die Dunkelheit auf die Four Roses Farm legte, wurde es in dem kleinen Bauernhaus noch einmal kühler. Ivy unterbrach das Auspacken und zog einen dicken Pulli über, dann wickelte sie sich einen Strickschal um und zog zwei Paar Socken an. Sie suchte überall im Haus nach dem Thermostat für die Heizung, konnte es aber nicht finden.

Schnell lief sie auf die seitliche Veranda und schleppte einen Arm voll Holzscheite herein, die sie in den Kamin im Wohnzimmer stapelte. Dazu legte sie eine Handvoll vertrockneter Kiefernzapfen, die sie aus einem verstaubten Gesteck auf dem Kaminsims zupfte, außerdem zerknüllte Zeitungsseiten aus dem Jahr 1998, mit denen die Regale im Vorratsschrank ausgelegt gewesen waren.

»Hier funktioniert wirklich gar nichts«, verkündete sie Punkin, der sich neben dem Kamin rekelte und die Aktivitäten seines Frauchens gelassen verfolgte. Als die kleine Flamme größer wurde, flackerte und schließlich loderte, vollführte Ivy einen kleinen Freudentanz. »So, und jetzt gibt es was zu essen.«

Der Setter stellte die Ohren auf und folgte ihr in die Küche, wo Ivy die große Geschenktüte auf der Arbeitsfläche entdeckte. Sie zog eine sehr gute Flasche Rotwein und eine runde Keksdose mit fröhlichem Weihnachtsmuster heraus. Auf dem handbeschriebenen Anhänger am Deckel stand: »MAMA WHEELERS CHOCOLATE-CHIPS-HAFERKEKSE, AUF KEINEN FALL KALORIENARM, NICHT GLUTENFREI«.

»Die Geste zählt, oder?«, sagte Ivy zu Punkin und schob die Keksdose zur Seite. Seitlich an der Geschenktüte war ein kleines Heftchen befestigt: Checkliste für neue Hausbesitzer – von Ezra Wheeler, Carolina Countryside Immobilien.

Überzeugt, sich bereits um alles Bürokratische gekümmert zu haben, das zu einem Umzug gehörte, überflog Ivy die Punkte. Ihr Vater war Ingenieur gewesen und hatte ihr den Blick fürs Detail anerzogen. Ivy hatte schon sämtliche Formulare für die Adressänderung ausgefüllt, ein neues Autokennzeichen für North Carolina beantragt und zur Vorbereitung auf die Neuausstellung ihres Führerscheins im neuen Bundesstaat sogar ein Kfz-Handbuch bestellt.

Einige Punkte auf der Liste trafen auf Ivy nicht zu – zum Beispiel, etwaige Kinder in der Schule anzumelden. Aber unten auf dem Zettel standen tatsächlich ein paar Dinge, an die sie nicht gedacht hatte: sich ins Wählerregister eintragen zu lassen, den Schuldnerschutz und die Steuerbegünstigung für das Eigenheim zu beantragen sowie Haustiere anzumelden und sich die Tollwutimpfung bescheinigen zu lassen.

»Papierkram«, brummte sie und seufzte. »Immer dieser Papierkram.«

Punkin starrte zu ihr hoch und schlug mit der Rute auf den Boden.

»Ach, egal. Komm, wir gucken nach den Mädels!«

Die Küken drückten sich in einen Berg Stroh in der Ecke ihres Pappkartons. Es war kalt in der Küche, kälter noch als im restlichen Haus, deshalb trug Ivy den Karton ins Wohnzimmer und stellte ihn auf einen Tisch neben dem Kamin. Punkin drückte mit der Schnauze gegen die Pappe und schnüffelte schwanzwedelnd.

»Ich weiß, dass du eigentlich zur Vogeljagd gezüchtet wurdest«, mahnte Ivy, »aber die Küken gehören jetzt zur Familie, also lass sie in Ruhe.«

Zum Abendessen gab es proteinreiche Leckerlis für Punkin und Cracker mit Käse für Ivy, die sie mit dem hervorragenden Cabernet von Ezra Wheeler hinunterspülte. Sie wusch ihren Teller und das Marmeladenglas ab, das sie als Weinglas benutzt hatte, und nahm sich vor, den Makler am nächsten Morgen anzurufen, um sich bei ihm für das Willkommensgeschenk zu bedanken – und um sich nach der Heizungsanlage in ihrem neuen Heim zu erkundigen.

Den Rest des Abends schrubbte sie den Küchenboden und putzte die Arbeitsflächen und Schränke, dann packte sie die Kartons mit Küchenzubehör aus, die sie im Auto mitgenommen hatte.

Als sie irgendwann hochschaute, war es nach neun Uhr. »Komm, Punkin!«, sagte sie. »Wir gehen ins Bett!«

Im Schlafzimmer war es sogar noch kälter als in der Küche, und der Grund dafür war, wie sie bald entdeckte, eine fehlende kleine Scheibe im Fenster gegenüber vom Bett. Ivy riss ein Stück Pappe von einem Karton und klebte es vor das Loch. Dabei fiel ihr auf, dass alle Scheiben locker saßen und wackelten. Wahrscheinlich waren alle Fenster im Haus in diesem Zustand. Ivy setzte »neue Fenster« auf die wachsende Liste von Renovierungsarbeiten, die sie auf der Fahrt zur Four Roses Farm im Kopf angefangen hatte zu erstellen.

Punkin hatte es sich am Fußende ihres Betts gemütlich gemacht, wo immer noch das rote Weihnachtsmannkostüm lag. Bestimmt hatte die Familie von Santa Bob dieses sentimentale Erbstück vergessen, dachte Ivy. Sie scheuchte Punkin vom Bett in sein fleecegefüttertes Körbchen und packte Mütze, Stiefel und Kostüm wieder in den Karton. Als sie das Oberteil glättete und zusammenlegte, ertastete sie etwas in einer der verdeckten Taschen.

Sie faltete ein zerknicktes Blatt aus einem blau linierten Schulheft auseinander.

Lieber Weihnachtsmann!

Ich bin dieses Jahr sehr brav gewesen. Aber ich bin traurig, weil meine Mama traurig ist. Wenn du meinen Papa aus dem Krieg zurückholen könntest, würde meine Mama wieder lachen. Dann wären wir glücklich. Und ich wünsche mir einen kleinen Hund, aber wenn ich nur eine Sache bekomme, ist das auch gut. Bitte, lieber Weihnachtsmann, bring meinen Papa nach Hause. Er heißt Everett und hat rote Haare, genau wie ich.

Deine Carlette

Ivy stiegen Tränen in den Augen. Mit dem Finger fuhr sie über die kindliche Schrift auf dem Zettel. Sie legte die Kostümjacke in den Karton und stellte ihn auf die Kommode. Für einen Pyjama war es zu kalt, deshalb breitete sie ihren Schlafsack auf der Tagesdecke aus, legte eine bunte Patchworkdecke darüber, die sie im Wäscheschrank im Flur gefunden hatte, und schlüpfte voll bekleidet darunter. Kaum hatte sie die Lampe auf dem Nachttisch ausgeschaltet, sprang Punkin ins Bett.

»Okay«, sagte Ivy und streichelte das seidige Fell hinter seinen Ohren. »Aber nur heute. Morgen schläfst du in deinem Körbchen, verstanden?« Der Hund leckte Ivys Hals und kuschelte sich an sie.

Innerhalb weniger Minuten schnarchte Punkin leise, doch Ivys Kopf kam vor Sorge um die ständig wachsende Projektliste nicht zur Ruhe, so müde sie auch war.

Sie hatte sich auf den Teil der Renovierungsarbeiten gefreut, die sie in Gedanken als »sexy« bezeichnet hatte: den Einbau einer neuen Küche, die Modernisierung der Bäder, das Anlegen eines richtigen Gartens. Allerdings hatte sie die banalen Sachen nicht auf dem Plan gehabt, von denen nie die Rede gewesen war, die aber trotzdem unverzüglich erledigt werden mussten und ihr Budget wahrscheinlich sprengen würden: die durchhängende Veranda, die Schlaglöcher in der Zufahrt, die zugigen Fenster.

Im Kopf ging Ivy durch, wie viele Fenster es im Haus gab. Allein ihr Schlafzimmer hatte vier Doppelfenster. Zwei oder drei im anderen? Und die zahlreichen Fenster im Wohnzimmer, die auf die Veranda gingen? Wenn Ivy über die steigenden Renovierungskosten und ihr schrumpfendes Bankkonto weiter nachdachte, würde sie niemals einschlafen.

Sie gähnte und drehte sich um. Im schwach beleuchteten Raum erkannte sie das Weihnachtsmannkostüm. Sie dachte über den Brief nach, den sie in der Jackentasche entdeckt hatte. Wer waren Carlette und ihr Vater? Ob es Santa Claus wohl gelungen war, jenen Everett sicher zurückzubringen?

Ivys Gedanken schweiften in ihre eigene Kindheit, als sie den Weihnachtsmann im Einkaufszentrum mit ihrer Großmutter besucht und ihm einen ähnlich unerfüllbaren Wunsch zugesteckt hatte. Irgendwo in ihren Kisten, die das Umzugsunternehmen am Montag bringen würde, war ein Foto, das diese Begegnung dokumentierte. Die kleine Ivy Perkins, sechsjährig, mit der furchtbaren Ponyfrisur, die ihre Großmutter ihr unbedingt hatte schneiden wollen, in einem kratzigen grünweißen gesmokten Kleid mit clownartigen Puffärmeln.

Auf dem Bild schaute Ivy mit traurigem Blick zum Weihnachtsmann auf, einem nervösen Mann mit Mundgeruch, der über ihren einzigen Wunsch etwas gezwungen gelacht hatte. »Schauen wir mal«, hatte er gesagt und Ivy in die wartenden Arme einer hilfreichen Elfe geschoben, die ihr eine kaputte Zuckerstange und ein Malbuch geschenkt hatte.

Nachdem die Großmutter 5,99 Dollar für das Foto berappt hatte, hatten sie im kleinen Gastrobereich der Mall gegessen. Ivy durfte das exotischste Gericht bestellen, das sie kannte, Hühnchen Kung Pao, dazu gab es Frühlingsrollen von einem Warmhaltetisch. Ihre Großmutter gönnte sich einen Kaffee und ein Stück Pie.

»Was hast du dir von Santa zu Weihnachten gewünscht?«, wollte sie wissen.

»Das ist ein Geheimnis«, flüsterte Ivy und stocherte in der sirupartigen Soße herum.

Ihre Großmutter lächelte und tätschelte ihre Hand. »Na, du warst ja so ein braves Mädchen, da wird Santa sich bestimmt anstrengen und deinen Wunsch erfüllen, was auch immer es ist.«

Auf dem Heimweg wurde Ivy im Auto furchtbar übel, anschließend wanderte das verhasste grün-weiße Kleid in den Müll.

Als ihr Vater am Weihnachtsmorgen aufwachte und seine Tochter zum Weihnachtsbaum nach unten begleitete, fand Ivy dort eine American-Girl-Puppe mit einem Koffer voller Kleidung. Während sie ihre Geschenke auspackte, schielte sie immer wieder zur Haustür hinüber, hoffte und betete abwechselnd zum Weihnachtsmann und zum Jesuskind in der Porzellankrippe ihrer Großmutter, dass ihr einziger Wunsch in Erfüllung ginge.

Als schließlich gegessen wurde, hatte Ivy es verstanden. Der Tisch war mit einer guten Damastdecke, Stoffservietten und den Tellern mit den kleinen blauen Blümchen und dem Goldrand gedeckt, die nur zu Weihnachten benutzt wurden. In den silbernen Leuchtern steckten Kerzen. Doch auf dem Tisch standen nur drei Gedecke.

»Wann kommt Mama nach Hause?«

Ihr Vater wechselte einen besorgten Blick mit ihrer Großmutter.

»Sobald es ihr besser geht«, antwortete ihre Großmutter.

Danach verlor Ivy den Glauben an den Weihnachtsmann.

3

Am nächsten Morgen meldete sich Ivy als Erstes bei Ezra Wheeler. »Hier ist keine Heizung«, verkündete sie. »Im Vertrag stand, das Haus hätte eine Zentralheizung.«

»Ihnen auch einen guten Morgen«, erwiderte der Makler. »Die Heizung müsste einwandfrei funktionieren. Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass das Haus monatelang leer stand.«

»Ich habe noch nicht mal ein Thermostat gefunden«, klagte Ivy. Sie stand in der Küche und hatte zugegebenermaßen schlechte Laune, weil ihre Kaffeemaschine erst mit ihren übrigen Sachen angeliefert werden würde.

»Das ist am Ende des Flurs.«

»Aha«, sagte sie kleinlaut. Es war Ivy nicht gelungen, den Brief an den Weihnachtsmann aus ihrem Kopf zu verbannen. »Danke. Sie haben nicht zufällig die Telefonnummer des Verkäufers, oder? Ich hätte ein paar Fragen an ihn.«

»James will heute zurückfahren, aber er hat gefragt, ob er heute Vormittag vorbeikommen könnte, um ein Fotoalbum der Familie abzuholen«, bemerkte Ezra Wheeler.

»Das wäre gut.«

»Außerdem kann ich morgen mit einem Laster kommen und die Möbel abholen, die Sie spenden wollen.«

»Super. Danke. Und danke auch für den Wein und die Kekse.«

 

James Heywood holte das Album aus dem Regal im hinteren Schlafzimmer und zeigte Ivy dann, wo sich das Thermostat befand.

»Meine Schwiegereltern waren sehr sparsam«, erklärte er. »Sie haben die Zentralheizung erst in den Achtzigerjahren einbauen lassen.«

Ivy war dankbar für den Strom warmer Luft, der nun aus den Heizöffnungen im Boden kam.

»Hat Ezra Wheeler Ihnen zufällig erzählt, dass ich ein Weihnachtsmannkostüm gefunden habe?«, fragte sie.

»Ah, ja! Das hatte ich ganz vergessen. Das dürfen Sie gerne spenden, zusammen mit den anderen alten Sachen und Klamotten.«

»Wollen Sie es nicht haben? Ich dachte, es sei vielleicht ein Familienerbstück.«

»Ich bin nicht so sentimental. Das Kostüm gehörte meinem Schwiegervater Bob. Im Ort wurde er von allen nur Big Bob genannt. Er und seine Frau Betty Rae traten überall in den Bergen von North Carolina als Weihnachtsmann und Weihnachtsfrau auf: im Kaufhaus Atkins, bevor es zumachte, beim Veteranenverband, im Gebäude des Elks Clubs oder im Kinderheim.«

Ivy reichte James Heywood den Zettel. »Den habe ich in der Jackentasche des Weihnachtsmannkostüms gefunden. Ich habe mich gefragt, wer Carlette wohl war. Und was aus ihrem Vater geworden ist.«

Als James Heywood den Brief an Santa Claus las, wurden