100 Dinge, die Läufer wissen müssen - Dr. Matthias Marquardt - E-Book

100 Dinge, die Läufer wissen müssen E-Book

Dr. Matthias Marquardt

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Beschreibung

Läuferweisheiten auf dem Prüfstand Ob Hobbyathlet oder Profiläufer – alle, die gern die Laufschuhe schnüren, können sich vor Ratschlägen kaum noch retten. »Viel Training hilft viel«, »Das Runner's High ist Mumpitz«, »Krafttraining ist nur etwas für Pumper« – was davon ist wahr, was gehört ins Reich der Mythen? Deutschland bekanntester Laufarzt, Dr. Matthias Marquardt, bringt Licht ins Dunkel. 100 Dinge, die Läufer wissen müssen, hat er zusammengetragen. U. a. • Alles zum Lauftraining: Trainingsrhythmus, Laufen mit GPS-Uhr • Die richtige Lauftechnik: Techniktraining, Fußstellung, passende Armarbeit • Individuelle Trainingsplanung: Helfen schnelle Läufe? Wie trainieren die Profis? • Die passenden Laufschuhe, die korrekte Ernährung, Tipps zum Marathon-Training, Einblicke in die Laufmedizin Der Lauf-Faktencheck von Dr. Matthias Marquardt Fundiert, wissenschaftlich belegt und mit einer erfrischenden Portion Humor lichtet er den dichten Wald voller Lauflügen und Halbwahrheiten. Vom richtigen Training über Ausrüstung, Ernährung bis hin zu medizinischen Aspekten: Dr. Marquardts Faktencheck hilft Ihnen dabei, alles richtig zu machen – ob auf der Feierabendrunde oder der Marathondistanz.

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DR. MATTHIASMARQUARDT

100

DINGE

DIE LÄUFER

WISSEN MÜSSEN

DER FAKTENCHECKVON DEUTSCHLANDSBEKANNTESTEMLAUFARZT UNDBESTSELLERAUTOR DER»LAUFBIBEL«

INHALT

»ECHTE« LÄUFER

1Läufer sind weder Asketen noch Gesundheitsapostel

2Läufer sind keine Extremsportler

3Vielläufer sind nicht die besseren Liebhaber

4Läufer sind auch mal trainingsfaul

5Läufer sind keine »einsamen Wölfe«

6Das Runner’s High gibt’s gar nicht

7Trainierte Läufer schwitzen mehr

8Laufen hält geistig fit

9Kein Läufer altert in Würde

10Beim Laufen grüßt(e) man sich

11Wetter-Apps sind Trainingsverhinderer

LAUFTRAINING

12Besser unregelmäßig trainieren als gar nicht

13Wann man läuft, spielt keine Rolle

14Seitenstiche kommen nicht durch falsches Atmen

15Laufen senkt nicht sofort das Gewicht

16Muskelkater kann man nicht wegtrainieren

17Schon wenig Training schützt vor Volkskrankheiten

18Der Fettstoffwechsel wird auch beim schnellen Laufen trainiert

19Auch richtige Läufer machen Gehpausen

20Trainingspläne aus dem Internet sind oft gefährlich

21Der Trainingspuls lässt sich nicht berechnen

22Streaken ist Mist!

23Auch Läufer betreiben Voodoo

24Nur wer langsam läuft, kann auch schnell laufen

25Die GPS-Uhr führt zu mehr Trainingshärte

LAUFTECHNIK

26Laufen schadet den Gelenken nicht

27Die Landung erzeugt keine gefährlichen Stoßkräfte

28Große Läufer sind nicht schneller als kleine

29Laufen ist kein schnelleres Gehen

30Techniktraining ist keine Zeitverschwendung

31Der Fuß muss flach aufgesetzt werden

32Viele kleine Schritte sind besser als wenige große

33Der Kniehub ist nur für geübte Läufer sinnvoll

34Eine gute Armarbeit ist wichtig

35Richtig laufen lernen kann man in jedem Alter

36Selftracking ist kein Ersatz für das In-sich-Hineinhören

TRAININGSPLANUNG

37Viel Training hilft nicht immer viel

38Sehnen, Bänder und Gelenke brauchen Monate für ihre Anpassung

39Dehnen hilft nicht jedem Läufer

40Auch Läufer brauchen Krafttraining

41Ein Koordinationstraining optimiert den Bewegungsablauf

42Auch andere Sportarten machen Läufer schnell

43Schnelle Läufe und Sprints machen auch Marathonis schneller

44Trimm-dich-Pfade haben einen Platz im modernen Trainingsplan

45Freizeitsportler müssen ihr Training nicht mit GPS überwachen

46Schnelles Laufen verursacht keine Verletzungen

47Laufbandtraining führt zu unnatürlichen Bewegungsabläufen

48Profis trainieren nach der Stoppuhr, nicht nach dem Pulsmesser

49High-Intensity-Intervalle sind keine Zaubermittel

LAUFSCHUHE

50Laufschuhe schützen nicht vor Laufverletzungen

51Den optimalen Laufschuh gibt es nicht

52Sensomotorische Einlagen aktivieren den Fuß

53Passformprobleme kann man wegschnüren

54Minimalistische Schuhe machen nicht jeden gesund

55Schuhweiten sind oft geschummelt

56Marathonläufer sind nicht die besten Schuhberater

57Laufschuhe müssen nach Fußtyp und Beinachse ausgewählt werden

58Es gibt zahlreiche Supinierer, die passende Schuhe brauchen

59Laufschuhe können auch länger als 800 Kilometer halten

60250 Euro für einen Wunderschuh? Leider geil!

ERNÄHRUNG

61Cola ist nicht die größte Zuckerbombe

62Gummibärchen helfen kaputten Gelenken nicht

63Vegetarisch essen ist nicht gesünder

64Vegan geht nicht ohne Tabletten – eine andere Ernährung aber auch nicht

65Freie Radikale schädigen Läufer nicht

66Low Carb macht Sie schlapp im Wettkampf

67Nahrungsergänzungsmittel machen nicht schneller

68Tabletten aus dem Supermarkt taugen nichts

69Energieriegel im Training sind Quatsch

70Magnesiummangel ist selten schuld an Krämpfen

71Zu viel Wasser ist gefährlich

72Gute Smoothies brauchen 3 PS

MARATHON

73Sie brauchen keinen 35-Kilometer-Lauf vor dem Marathon

74Askese ist nicht leistungsfördernd

75Warmlaufen ist effektiver als Dehnen

76Schmerztabletten vor dem Start sind gefährlich

77Die zweite Hälfte sollte schneller sein als die erste

78Nicht jeder kann unter drei Stunden laufen

79Der Mann mit dem Hammer muss nicht sein

80Ohne Nahrung keine Leistung

81Illegale Substanzen führen nicht jeden an die Spitze

82Zwei Wochen nach dem Marathon brauchen Sie immer noch Pause

83Die Psyche entscheidet: auf Sieg programmiert

84Die Leistungsdiagnostik bestimmt die Ziele mit

85Ultrarennen sind keine Pflicht

LAUFMEDIZIN

86Erkältungen darf man nicht »wegtrainieren«

87Läufer sind nicht seltener erkältet

88Laufverletzungen untersucht man durch Bewegungsanalysen

89Tabletten sind keine Lösung für Laufverletzungen

90Knieschmerzen lassen sich nicht mit Bandagen heilen

91Knieschmerzen sind ein Lauftechnikproblem

92Exzentrisches Wadentraining hilft der Achillessehne

93Unterschiedliche Beinlängen müssen nicht ausgeglichen werden

94Gedämpfte Schuhe helfen nicht bei Rückenschmerzen

95Spreizfußbeschwerden sind behandelbar

96Laufen auf Asphalt schadet nicht

97Besser die Finger von Schmerzmitteln lassen

98Einem Burn-out kann man nicht davonlaufen

99Die Wade ist ein zuverlässiger Stressindikator

100 Johanniskraut ist gut für die (Läufer-)Psyche

REGISTER

»ECHTE« LÄUFER

LAUF-FACTS 1 BIS 11

1LÄUFER SIND WEDER ASKETEN NOCH GESUNDHEITSAPOSTEL

2LÄUFER SIND KEINE EXTREMSPORTLER

3VIELLÄUFER SIND NICHT DIE BESSEREN LIEBHABER

4LÄUFER SIND AUCH MAL TRAININGSFAUL

5LÄUFER SIND KEINE »EINSAMEN WÖLFE«

6DAS RUNNER’S HIGH GIBT’S GAR NICHT

7TRAINIERTE LÄUFER SCHWITZEN MEHR

8LAUFEN HÄLT GEISTIG FIT

9KEIN LÄUFER ALTERT IN WÜRDE

10BEIM LAUFEN GRÜSST(E) MAN SICH

11WETTER-APPS SIND TRAININGSVERHINDERER

FACT 1

LÄUFER SIND WEDER ASKETEN NOCH GESUNDHEITSAPOSTEL

Es gibt Mitmenschen, die verstehen unter einem Läufer auch im 21. Jahrhundert einen ausgemergelten Asketen, der freudestrahlend um 5 Uhr morgens aufsteht, täglich mindestens 20 Laufkilometer in 1:35 Stunden bei Regen im Dunkeln absolviert, um danach ein Glas Wasser und exakt 75 Gramm abgewogenes Bircher-Müsli zu frühstücken. Es versteht sich, dass dieses Mahl – je nach aktuellem Gewicht – natürlich auch bescheidener ausfallen kann. Die Haut dieses Läufers ist so ausgemergelt, dass die Falten tiefer sind als das Profil einer Laufschuhsohle, und den Genuss von Tiramisu oder Rotwein hält er für eine Charakterschwäche.

Ein Läufer also, der seine Wochenenden regelmäßig mit Volksläufen verbringt, die er danach auswählt, dass in der eigenen Altersklasse möglichst weniger als drei Konkurrenten am Start sind, sodass er am Ende auch aufs Siegertreppchen kommt. Ein Läufer, der seinem eigenen Gesundheitswahn mit einer Batterie an Nahrungsergänzungsmitteln auf dem Küchentisch huldigt, die größer ist als die im Reformhaus mit den schrumpeligsten Äpfeln der Stadt. Natürlich ist dieser Läufer auch von einem gewissen Missionierungswahn erfüllt: Ausführliche Erläuterungen über die Vorzüge einer gesunden Lebensweise mit fettarmen Soßen, mineralstoffhaltigem Wasser aus dem Bioladen und natürlich Reiswaffeln, die er als einen spitzenmäßigen Ersatz für Gummibärchen und Schokolade ansieht, gehören wie selbstverständlich zu seinem Repertoire. Süßigkeiten vermisst doch ohnehin niemand ernstlich. Oder etwa doch?

Läufer wie dieser könnten schuld daran sein, dass Sie sich plötzlich abenteuerlichen Mutmaßungen ausgesetzt sehen, wenn Arbeitskollegen erfahren, dass Sie auch laufen. Wenn Sie früher in der Mittagspause einen Salat gegessen haben, dann haben Sie eben einen Salat gegessen. Wenn Sie in den zweiten Stock lieber die Treppe statt den Aufzug genommen haben, so fand man das zwar ungewöhnlich, aber nicht der Rede wert. Sind Sie aber Läufer und Sie essen einen Salat, so wird Ihnen sofort der missionarische Eifer eines »Homo asceticus« angedichtet. Mitmenschen fangen an, sich für die Currywurst auf ihrem Teller zu rechtfertigen. Natürlich liegt das nicht an Ihnen, nicht am Laufsport und eigentlich auch nicht wirklich an dem ein wenig bedauernswerten Marathonasketen, den wir eben kennengelernt haben, sondern am schlechten Gewissen des Currywurstfreundes. Aber Menschen brauchen ihre Stereotype. Diese geben Halt, wenn man aufgrund von steigendem Bauchumfang nach exzessivem Currywurstgenuss das Gleichgewicht verliert.

Laufen kann jedermann. Sie müssen kein Leistungssportler sein. Hauptsache, Sie schnüren Ihre Laufschuhe und sind aktiv!

Vielleicht ist diese Gegenüberstellung von Asketen und Fettleibigen in unserer modernen Gesellschaft beliebt, aber ein Blick auf die Läufer in den Stadtparks, im Englischen Garten und an der Alster lehrt etwas ganz anderes. Da laufen sie alle: derjenige, der (noch) einige Kilogramm zu viel mit sich herumträgt. Der Familienvater, der die berühmte Stammtischwette verloren hat und nun für seinen ersten Marathon trainiert. Die drei Frauen aus dem Fitnessstudio, die bei Sonne auch gern mal draußen sind. Sie alle laufen. Hin und wieder überholt sie dabei sicherlich ein Asket mit doppelt so hohem Tempo, aber der ist eben nur einer von vielen.

Selbst wenn ich an die Leistungssportler in meinem Umfeld denke, dann sind zeitweilige Fast-Food-Freunde erstens in der Überzahl und zweitens nicht die Langsameren. Schließlich muss ich mich sogar in der Umgebung von Ironman- Siegern und Rekordhaltern regelmäßig gegen den Besuch der Restaurants mit der weit sichtbaren Leuchtreklame aus großen goldenen Bögen wehren.

FACT 2

LÄUFER SIND KEINE EXTREMSPORTLER

»Ach ja, Sport müsste ich eigentlich auch mal wieder machen«, stöhnt so mancher Kollege. Entgegnet man dann ein knappes »Geh doch mal wieder laufen«, so lässt der Protest meist nicht lange auf sich warten: »Das ist mir viel zu extrem. So lange Strecken, und die Gelenkbelastung!« Man fragt sich, warum viele beim Laufen sofort an Marathonrennen auf Asphalt, stundenlange Trainingsläufe und das Ausloten der menschlichen Leistungsfähigkeit denken. Anscheinend ist es leichter, sich als gesunden Menschen mit mehrheitsfähigen Neigungen darzustellen, der klug genug ist, vermeintlichem Extremsport aus dem Weg zu gehen, denn als Faulpelz.

Andere wenden das gleiche Prinzip an, nur verändern sie die Maßstäbe an anderer Stelle: Sie nehmen den Laufsport nicht als Aneinanderreihung von Ultramarathonläufen mit härtestem Training wahr, sondern fassen schon ein moderates Trainingspensum von vielleicht drei kurzen Dauerläufen in der Woche als unzumutbare Belastung für die menschliche Physis auf. Diese Menschen passen sich und ihre Auffassungen einfach ihrem eigenen Lebensstil an: Wenn das zweite Stockwerk nur noch mit Mühe ohne Fahrstuhl erreicht werden kann, dann mutet ein Fünf-Kilometer-Lauf natürlich wie Extremsport an.

Ist Laufen nun ein Extremsport? Das kommt darauf an: Ziel eines Extremsportlers ist es, seine persönliche physische oder psychische Leistungsgrenze zu erreichen. Das kann natürlich auch der Läufer tun. Einige benötigen dafür einen Halbmarathon, andere ein 240-Kilometer-Rennen durch die Wüste. Ein übliches Lauftraining aber, das mit Distanzen von fünf bis zehn Kilometern durchgeführt wird, ist sicherlich kein Extremsport, sondern spiegelt das übliche Bewegungsausmaß des Menschen wider. Man geht ja bekanntermaßen davon aus, dass sich unsere Vorfahren in ihrer Entwicklungsgeschichte täglich mehr als zehn Kilometer per pedes fortbewegt haben. Lassen Sie sich also nicht zum (extremen) Außenseiter machen – was Sie tun, ist völlig normal.

FACT 3

VIELLÄUFER SIND NICHT DIE BESSEREN LIEBHABER

Es ist und bleibt ein herrliches Thema für Umfragen und für Schlagzeilen: Sex. Oder noch besser die Frequenz, mit der man diesem nachgeht. Dreimal pro Woche? Oder doch besser dreimal am Tag? So oder so ähnlich machen es ja die anderen. Zumindest steht das in den bunten Fitness- und Sportmagazinen. Und Sie? Oha, zu viel gearbeitet? Zu viel Kummer und Sorgen? Womöglich einfach keine Lust gehabt? Tja, selbst schuld. Wären Sie sportlicher und würden Sie laufen, wäre das alles kein Problem mit den dreimal pro Tag oder Woche – je nachdem, was Sie gerade gelesen haben.

Bevor wir uns mit der Realität der Koitalfrequenz des Läufers befassen, möchte ich Sie bitten, sich vor Ihrem geistigen Auge einen übergewichtigen, nicht sonderlich attraktiven Mann mit viel Stress, wenig Geld und einer mäßig intakten Beziehung vorzustellen, der von einer jungen, attraktiven Person gefragt wird, wie viel Sex er in der Woche habe. Also nicht heute, so durchschnittlich, in etwa, Sie verstehen …? Vermutlich antwortet er im Sinne der sozialen Erwünschtheit. Sozial erwünscht ist: gut aussehend, erfolgreich, glücklich, reich und sexuell über alle Maßen befriedigt. Koitus? Dreimal pro Tag oder Woche. Auf jeden Fall mindestens dreimal.

Sie haben nicht oft Sex? Nicht schlimm, dafür laufen Sie ja jetzt. Ich glaube, dass etwas Stressabbau, frische Luft, ein wenig Entspannung und bessere Fitness helfen, um die wöchentliche Frequenz im Bereich der körperlichen Intimität dem gesellschaftlichen Idealbild anzunähern.

Aber was ist nun mit dem erfahrenen Läufer? Demjenigen, der täglich trainiert und austrainiert ist? Schafft er mehr als die herbeigeschriebenen dreimal pro Woche? Liebe Männer, liebe Frauen, die Wahrheit ist hart, aber wer neben seinem Bürojob und viel Stress abends noch ein Marathontraining absolviert und davon müde heimkommt, der ist meistens schlicht und ergreifend erschöpft. Dass sein sexuelles Durchhaltevermögen das des Untrainierten übersteigt, ist wahrscheinlich richtig, aber dafür müsste er erst mal damit anfangen. Und nach dem 25-Kilometer-Lauf, der Dusche und dem Teller Nudeln ist das eher unwahrscheinlich. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber ich war mit zu vielen Sportlern im Trainingslager, um den Statistiken der bunten Magazine zu trauen.

Sie sind auf Partnersuche? Dann sind Sie, was den oben diskutierten Aspekt angeht, als Freizeitsportler ohne leistungssportliche Bestzeitambitionen wohl die beste Partie.

FACT 4

LÄUFER SIND AUCH MAL TRAININGSFAUL

Sie haben einen Kollegen im Büro, der bei jedem Wetter läuft? Ihr Bekannter ist Marathonläufer, der auch im Winter morgens im Dunkeln, wenn es bitterkalt ist, trainiert? Und er behauptet, dass er immer Lust habe zu laufen? Ich verstehe, dass Sie da ins Grübeln kommen. Vielleicht geht es Ihnen ja eher so: Samstagmorgen, Januar, Schneeregen. Sie haben am Abend zuvor beschlossen, frühmorgens laufen zu gehen. Der Wecker klingelt. Im Bett ist es warm. Jetzt aufstehen? Nicht doch! Jetzt laufen? Niemals! Zu Ihrer Beruhigung: Sie sind völlig normal. Kein Mensch liebt es, im Winter schon morgens früh um 6:30 Uhr durch ein Wohngebiet zu traben.

Der hoch motivierte Kollege ist lediglich einen Schritt weiter als Sie und schummelt ein bisschen. Er freut sich nach dem Training über seine vollbrachte Leistung. Er ist stolz, seinen inneren Schweinehund überwunden und seine Fitness verbessert zu haben, abgehärtet und frisch in den Tag zu starten, während Sie vielleicht noch müde am Schreibtisch sitzen. Ihr Kollege verkauft also die Freude nach dem Training als Vorfreude auf das Training. Als Ihr Kollege noch im Bett lag, hat er sich nämlich auch nicht darauf gefreut, bei Schneeregen im Dunkeln zu laufen. Er hat nur gelernt, dass er sich danach besser fühlt. Aber die Wahrheit, also die Müdigkeit und Lustlosigkeit am Morgen, die notwendige Disziplin, die Zweifel, all das verkauft sich natürlich im Büro nicht halb so gut wie: »Also ich laufe bei jedem Wetter, das macht mir gar nichts aus!«

Wie sehr dieser Irrglaube bei Nichtläufern verbreitet ist, habe ich während eines Urlaubs erlebt, den ich zusammen mit Sportlern und Nichtsportlern verbrachte. Wir saßen in einem Ferienhaus in Dänemark. Drinnen herrschten lebensbejahende Bedingungen: loderndes Kaminfeuer, ein weiches Sofa, dazu Tee und gute Lektüre. Draußen war es eher lebensfeindlich: Dunkelheit, Kälte unter dem Gefrierpunkt, Schneeregen, Wind. Einen Hund hätte man ungern vor die Tür gesetzt, aber drei Sportler beschlossen, laufen zu gehen. Sie zogen sich um und gingen zur Tür. Eine der Nichtsportlerinnen, die nicht im Traum daran dachten, jetzt rauszugehen, fragte: »Habt ihr eigentlich immer Lust zu laufen?« Wir sagten einhellig: »Nein! Jetzt zum Beispiel gerade nicht.« Und gingen raus, um zu trainieren …

FACT 5

LÄUFER SIND KEINE »EINSAMEN WÖLFE«

Oh ja, das Einsamer-Wolf-Image pflegen Läufer gern, besonders die Marathonis. Ich allein gegen die Naturgefahren beim Lauf im Stadtpark! Ich als einsamer Kämpfer bei der 20-Kilometer-Trainingsrunde! Ich als wagemutiger, tapferer Einzelkämpfer beim Stadtmarathon – mit 30.000 anderen Gestarteten. Nichts geht über ein Image, und ein Image will gepflegt werden.

Natürlich gibt es diese Menschen. Einzelgänger gibt es in jedem Bereich. Wahrscheinlich sind mehr Einzelgänger im Laufsport anzutreffen als in Teamsportarten wie Fußball oder Volleyball. Und selbstverständlich ist man als Marathonläufer in den entscheidenden Situationen allein, aber wir wollen es mit der Imagepflege vor den Kollegen im Büro auch nicht übertreiben.

Es ist absolut normal, wenn Sie lieber mit Kollegen zusammen laufen, wenn Sie jemanden brauchen, der Sie mal mitzieht, wenn Sie müde sind. Hey, der Mensch ist ein soziales Wesen, schon mal gehört? Ganz abgesehen davon, muss ich als Laufarzt feststellen, dass diejenigen, die in Gruppen trainieren, stets viel leichter für ein differenziertes, modernes Fitness- und Lauftraining mit Kraft- und Koordinationsübungen zu begeistern sind als die einsamen Wölfe.

Dauerläufe machen eben viel mehr Spaß, wenn man dabei über den letzten Urlaub reden kann. Auch Koordinationsübungen werden viel spannender, wenn man dabei nicht ins Meditieren gegen die Langeweile verfallen muss, sondern sich mit einem Laufpartner über die Ereignisse des Tages oder die neuen Laufschuhe austauschen kann. Dann hat man zwar kein Image als einsamer Wolf, aber umso mehr Spaß!

Sie laufen gern allein? Warum auch nicht? Aber probieren Sie es doch mal mit Freunden oder in einer Laufgruppe. Gemeinsam macht es noch mehr Spaß!

FACT 6

DAS RUNNER’S HIGH GIBT’S GAR NICHT

Es muss schon frustrierend sein: Da laufen einige Einsteiger immer schneller und immer länger, weil sie irgendwo gelesen haben, dass ein schmerzfreier Zustand mit allergrößtem Glücksgefühl auf sie wartet – das berühmte Runner’s High.

Wissenschaftler haben zwar unlängst bewiesen, dass Laufen zur Freisetzung von Endorphinen führt und dass Glücksgefühle durch das Laufen auch bei der Therapie von Depressionen nützlich sind. Das ist zweifelsohne richtig, aber es handelt sich hierbei um kleinere Veränderungen und nicht um ein Rauschgefühl, wie es der Konsum von Drogen erzeugen kann. Was Sportler in der Tat kennen, ist das euphorisierende Gefühl, dass es im zügigen Training scheinbar mühelos vorangeht. Glücklich und beschwingt kommen sie dann vom Training zurück. Wer das als Runner’s High bezeichnet, wird ein solches Hochgefühl sicherlich ab und an einmal empfinden.

Auf einen wahrhaftigen Rausch, der dazu führt, dass Sie mühelos stärkste Trainings- und Wettkampfstrapazen überstehen, werden Sie aber wohl vergeblich warten. Ich kenne zahllose ambitionierte Sportler, die regelmäßig sehr viel und sehr intensiv trainieren, aber mir hat noch keiner, wirklich keiner, von einem Runner’s High berichtet, das ihn von der Anstrengung befreit hätte. Der Körper ist bestimmt in der Lage, durch Endorphinausschüttung Extrembelastungen erträglicher zu machen, aber deshalb wird niemand scheinbar mühelos durch ein Rennen fliegen und von allen Anstrengungen erlöst sein. Auch Profis nicht. Wenn Sie mit ehrlichen Weltklassesportlern sprechen, dann lernen Sie, dass diese einen harten Job machen und Strapazen auf sich nehmen, die Sie als Freizeitsportler mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf sich nehmen möchten.

Kai Hundertmarck, ein ehemaliger Tourde-France-Fahrer, der als Höhepunkt seiner Karriere den »Henninger-Turm«, ein Prestigeradrennen in Frankfurt, gewann, schilderte mir bei einer Radausfahrt auf ebenjener Strecke im Taunus einmal die letzten Kilometer dieses Rennens, das zum Rennen seines Lebens wurde. Nach mehreren Stunden harten Renntempos näherte sich die Spitzengruppe dem Ziel. Er sah die Möglichkeit, das Rennen zu gewinnen. Er musste dafür ausreißen und mehrere Kilometer über seiner Leistungsgrenze fahren. Was das bedeutet? Der Puls rast, die Lunge brennt, man schäumt, es ist so viel Milchsäure in den Beinen, dass man es kaum ertragen kann. Das erzählte er mir ohne Pathos, ohne Presse im Genick, die eine reißerische Schlagzeile suchte. Er sagte an diesem Tag im Taunus zu mir: »Die Schmerzen in dieser halben Stunde vor dem Ziel waren schrecklich. Es war nicht auszuhalten. Das Hochgefühl, das kam nach dem Sieg!«

Auf den Rausch des viel zitierten Runner’s High warten die meisten Läufer vergeblich. Glücklich macht das Laufen aber allemal, da es zur Freisetzung von Endorphinen führt.

Und die Moral von der Geschichte: Sich zu quälen und auf ein Runner’s High zu warten lohnt sich nicht. Seine Trainingsrunden zu genießen, wenn es einmal richtig gut läuft, das lohnt sich hingegen sehr! Man sollte eben vom Leben nicht zu viel erwarten. Dann kommt das Glück von allein.

FACT 7

TRAINIERTE LÄUFER SCHWITZEN MEHR

Der Kollege läuft, also ist er fit, und deshalb schwitzt er auch weniger. So stellen sich das viele Nichtläufer vor – und auch einige Läufer. Wenn man den drahtigen laufenden Kollegen mit der etwas beleibten Dame aus der anderen Abteilung vergleicht, die bei der letzten Reparatur des Aufzugs nur schnaubend und prustend die Treppe hochkam, dann gewinnt man schon den Eindruck, dass ein fitter Läufer nicht so viel und schnell schwitzt, das ist klar.

Das liegt zweifelsohne daran, dass der Läufer beim Steigen einiger Stockwerke im Treppenhaus kaum in Bereiche kommen wird, die ihn wirklich anstrengen. Die übergewichtige Kollegin, die sich viel weniger bewegt, ist natürlich schwer gefordert, wenn sie Treppen steigen muss. Vergleicht man die beiden ungleichen Kollegen aber bei längerer Belastungsdauer auf einem Niveau, das beide als gleichermaßen anstrengend empfinden, so wird man feststellen, dass der trainierte Läufer mehr schwitzt! Sein Körper passt sich nämlich beim Training an die vermehrt notwendige Kühlleistung an und hat leistungsfähigere Schweißdrüsen. So kann der Läufer über zwei Liter in der Stunde schwitzen, wenn er sich belastet, der Untrainierte produziert meist weniger als einen Liter Schweiß pro Stunde. Richtig heißt es also: Läufer kommen nicht so schnell ins Schwitzen, aber wenn sie einmal auf Touren sind, dann schwitzen sie ungleich mehr!

Was für alle Sportler gilt, gilt selbstverständlich auch für Läufer: Wer gut trainiert ist, der schwitzt auch stärker, da die Schweißdrüsen leistungsfähiger sind, um den Körper besser kühlen zu können.

FACT 8

LAUFEN HÄLT GEISTIG FIT

Vielleicht hat Ihr Kollege aus dem anderen Büro ja doch recht. »Marathonlaufen macht dumm«, hat der gesagt. Die fortwährenden Erschütterungen fürs Gehirn, die monotone Bewegung und dann auch noch der Sauerstoffmangel – da sinke langfristig der Intelligenzquotient. Und er habe auch schon mal eine Studie gelesen, die das beweise.

Ob er nun selbst der Hellste ist, das sei mal dahingestellt, dachten Sie, aber dass permanenter Sauerstoffmangel nicht gut fürs Gehirn sein kann, liegt ja auf der Hand. Das sagen die ja auch im Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein. Sieben Minuten ohne Sauerstoff – und das Gehirn ist tot. Oder schon nach fünf? Auf jeden Fall bleibt da nicht viel Zeit. Und wenn man dann immer wieder läuft und so schnell atmet, dann fehlt ja eben auch die Luft …

Und überhaupt, dieser Marathonläufer aus der Nachbarschaft, der ist ja auch nicht wirklich so richtig beweglich. Also weder körperlich noch geistig. Sein Laufstil sieht aus, als hätte er schon dreimal die Erde im immer gleichen Schlappschritt umrundet (seine Schuhe und Turnhosen übrigens auch), und die Unterhaltungen drehen sich entweder um das Rennen vor einer Woche oder das Rennen in einer Woche. Liegt das am Sauerstoffmangel? Oder am ewigen Trott? Hat ihn das alles etwas einrosten lassen?

Keine Angst, Ihnen wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht so ergehen. Das wäre auch schwer vorstellbar, denn das Gehirn wird ja nicht mit dem Blut versorgt, aus dem sich die Muskeln schon den Sauerstoff genommen haben, sondern mit dem Blut, das in der Lunge gerade frisch mit Sauerstoff angereichert wurde. Es ist also immer genug Sauerstoff für Ihr Hirn dabei. Und auch für das Ihres Nachbarn.

Auch wenn sich die Wissenschaftler mal wieder streiten, ob es unter sehr intensiver Belastung zu kleinen Änderungen der Hirndurchblutung kommen kann, so ist dies eher ein Nebenkriegsschauplatz. Denn mittlerweile gilt es als gesichert, dass – neben den typischen Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Herzinfarkt – auch Demenzerkrankungen durch das Laufen hinausgezögert oder sogar verhindert werden können. Die geistige Fitness steigt also gerade dann, wenn Sie Ihren Körper regelmäßig auf Touren bringen.

Ich kann Sie also vollends beruhigen: Bei Ihrem Nachbarn handelt es sich lediglich um einen bedauernswerten Fall von sozialer Isolation. Laufen lohnt sich, auch für die geistige Fitness!

FACT 9

KEIN LÄUFER ALTERT IN WÜRDE

Sportler mittleren Alters suchen auf meine Frage nach ihrem Wettkampfziel mitunter nach Worten. Manchmal springe ich dann ein und sage mit einem Augenzwinkern: »Sie wollen das Rennen in Würde absolvieren?« Dann erhalte ich als Antwort ein warmes Lächeln.

Diese Sportler, meist Quereinsteiger, sind hervorragend zu betreuen. Sie arbeiten gut mit und sind verständig. Es ist wie Sportmedizin-Bullerbü. Nur: Bullerbü gibt es eigentlich gar nicht. Die Realität sieht anders aus: Sprechzimmer zwei, 48 Jahre, Jogginganzug mit Beflockung des Triathlonvereins, Sportabzeichen-Anstecknadel in Gold. Ich komme rein und weiß: Hier kommst du mit »den Wettkampf in Würde absolvieren« nicht weit. Auf meinem Schreibtisch liegt auffordernd ein Aktenordner mit Trainingsplänen von anno tuck.

Es sind diese ehemaligen Leistungssportler, die manchen Weißkittel wirklich zur Weißglut bringen können: »Ihre Achillessehne schmerzt seit drei Jahren, und Sie rennen immer noch den gleichen Umfang?« »Ich bin die zehn Kilometer früher in 30:48 Minuten gelaufen. Da sind 90 Kilometer in der Woche Erholung.« »Aber Sie sind jetzt 50, nicht mehr 23.« »Deshalb laufe ich GA 1 ja auch in 4:15 und nicht in 4:00 Minuten pro Kilometer.«

Diese Sportler bekommen das Leistungsvermögen von vor zehn, 20 oder 30 Jahren einfach nicht aus dem Kopf. Es könnte so einfach sein. Abdanken, sich über seine bescheidenen Erfolge freuen, und mit 40, 50 oder 60 meldet man sich beim Halbmarathon an und läuft einfach mit. Einfach nur so. In Würde alt werden. So hatte ich mir das immer gedacht. Ich bin sogar mit gutem Beispiel vorangegangen. Zu meinem 40. Geburtstag ließ ich mir ein Altherrenrennrad anpassen. Ansage an die Bikefitterin: »Mach, was du willst. Es ist egal, wie das Rad aussieht, ich will nur schmerzfrei sitzen.« Es lebe die Vernunft. Sollen doch die 20-Jährigen mit einer Sattelüberhöhung von 20 Zentimetern vorbeibrettern und Nackenschmerzen haben. Ich fahre jetzt schmerzfrei. Mit dem cw-Wert eines Lkw.

Es hatte alles funktioniert mit dem »Würdevoll«, bis ich diesen Startplatz für den Berlin-Marathon bekam. Seitdem: vier Paar Schuhe gekauft, neues Eiweißpulver gegoogelt, Leinsaat in der Praxis deponiert (Omega-3-Fettsäuren!), Stoßwellengerät gewartet, Trainingspläne geschrieben, Ehekrach riskiert (Frau hochschwanger, und ich wedele freudig mit dem Startplatz), morgens nüchtern den ersten 20er gerannt.

Jetzt verstehe ich diese Ehemaligen besser. Die sind einfach nur normal! Ich plane gerade die Intervall-Trainingseinheiten. Ich werde mich vernünftigerweise an meinen Zeiten von früher orientieren. Der Rest fühlt sich schließlich auch an wie vor 20 Jahren, wenn man die ersten Schritte ins Badezimmer am Morgen einmal ausklammert. Seien Sie vernünftig, planen Sie für das Unmögliche.

MEIN PERSÖNLICHER TIPP

Mal ehrlich: Man weiß nie, was genug ist, bevor man nicht weiß, was zu viel ist.

Wer seine Bestzeiten aus jungen Jahren genau kennt, orientiert sich meist auch dann noch daran, wenn er mittlerweile ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat. Das fortgeschrittene Alter wird gern mal ignoriert.

FACT 10

BEIM LAUFEN GRÜSST(E) MAN SICH

Motorradfahrer legen viel Wert darauf, zum Gruß lässig die Hand vom Lenker zu nehmen. Nicht für jeden natürlich. Nur ihresgleichen wird gegrüßt. Das fördert den Gruppenzusammenhalt gegen die böse Macht der Autofahrer und andere Verständnislose.

Bei Ausdauersportlern gab es eigentlich immer einen ähnlichen Brauch. Rennradfahrer grüßten Rennradfahrer und Läufer ihresgleichen. Heute kochen die Gemüter hoch, wenn Ausdauersportler sich nach dem zweiten Bier in trauter Runde über den Verfall der Sitten austauschen, den man – logisch – vor allem an ignoranten Nichtgrüßern erkennen könne. Da wird kopfschüttelnd fehlender Korpsgeist bemängelt. Ich stelle allerdings – Asche auf mein Haupt – auch bei mir einen nachlassenden Drang fest, die vielen mir unbekannten Sportler zu grüßen. Ich traue mich allerdings nicht, das in derartigen Runden zu sagen, würde ich mich doch damit selbst unsportlichen Verhaltens anklagen.

Früher war bei mir auch alles besser. Beim Lauf durch die Lüneburger Heide traf man nur selten einen anderen Läufer. Man war im Wald so allein, dass man überschwänglich jeden Walker und sogar Fußgänger grüßte. Was – wesentlicher Aspekt – auch daran lag, dass man die meisten wenigstens flüchtig kannte.

Heute laufe ich an einem der Hotspots meiner Stadt. Alles ist voller Läufer – ein Großteil mit Ohrstöpseln der Außenwelt entrückt. Kennen tue ich kaum einen davon. Und wir grüßen uns … nicht. Ich vermisse das in solchen Momenten auch kaum. In einem Meer von mir unbekannten Menschen wild um mich zu grüßen fühlt sich komisch an. Nach zwei Gläsern Rotwein würde ich ein derart enthemmtes Verhalten möglicherweise hinkriegen. Schließlich war mein Großvater Rheinländer, auch das hilft bei der Kontaktaufnahme. Aber Rotwein und Laufen geht einfach nicht.

Gibt es sozialen Kontakt unter Sportlern also künftig nur noch bei Strava und Facebook? Interessanterweise ändert sich mein Grüßverhalten ad hoc, sobald ich – entgegen meinen Gewohnheiten – frühmorgens laufe. Treffe ich da im Morgennebel einen anderen einsamen Sportler, so grüßen wir uns ganz selbstverständlich. Auch bei Regen, wenn nur wenige Läufer unterwegs sind. Mit diesem verschwörerischen Grinsen, heute mal wieder besonders diszipliniert und hart zu sein.

Braucht es dieses verbindende Element auch für Sie, oder grüßen Sie – in sportlicher Manier – alle und jeden? Ich werde in jedem Fall verschwörerisch zurücklächeln, wenn wir uns bei Eisregen im Dunkeln treffen …

FACT 11

WETTER-APPS SIND TRAININGSVERHINDERER

Wir leben in fantastischen Zeiten. Könnte man meinen. Alles ist planbar. Allen voran unser geliebtes Training. Für jeden Straßenbelag gibt’s die richtige Schuhsohle. Für jede Jahreszeit die richtige Funktionsfaser. Dazu passt die Sportuhr, die alles weiß, misst und kann.

Stehen alle Zeichen auf Grün, bleibt aber noch die letzte Instanz. Und die war, ist und bleibt das Wetter. Denn: Es könnte Regen geben! Früher blickte man in den Himmel. Ganz Gewiefte vom Land oder die, deren Uropa mal Bauer war, sahen schon am Abend vorher nach oben. Das Ergebnis war – wenn es nicht gerade Hunde und Katzen regnete – meist wie folgt: Auf geht’s, passt schon!

Mitunter gewinne ich den Eindruck, dass Wetter-Apps wahre Trainingsverhinderungs-Apps sind. Nur: Die Regenwahrscheinlichkeit sagt eben gar nichts über die Menge aus! Die Fachleute geben uns deshalb Hinweise in Millimetern. Das ist nicht die Länge der Regenfäden, sondern die Höhe, mit der der Niederschlag auf einem Quadratmeter zu Buche schlägt. Bei einem Millimeter ist das ein Liter. Wenn also die Regenwahrscheinlichkeit 90 Prozent beträgt und die Menge 0,3 Millimeter, dann bekommen Sie mit ziemlicher Sicherheit einen Minischauer ab.

Übrigens reden wir hier von Regen, nicht von Salzsäure, die da vom Himmel fällt. Und eines sei noch bemerkt: Unsere Heldengeschichten von früher, sind die nicht fast immer bei widrigen Bedingungen entstanden? Lassen Sie sich von einer Wetter-App nicht automatisch vom Laufen abhalten!

LAUFTRAINING

LAUF-FACTS 12 BIS 25

12BESSER UNREGELMÄSSIG TRAINIEREN ALS GAR NICHT

13WANN MAN LÄUFT, SPIELT KEINE ROLLE

14SEITENSTICHE KOMMEN NICHT DURCH FALSCHES ATMEN

15LAUFEN SENKT NICHT SOFORT DAS GEWICHT

16MUSKELKATER KANN MAN NICHT WEGTRAINIEREN

17SCHON WENIG TRAINING SCHÜTZT VOR VOLKSKRANKHEITEN

18DER FETTSTOFFWECHSEL WIRD AUCH BEIM SCHNELLEN LAUFEN TRAINIERT

19AUCH RICHTIGE LÄUFER MACHEN GEHPAUSEN

20TRAININGSPLÄNE AUS DEM INTERNET SIND OFT GEFÄHRLICH

21DER TRAININGSPULS LÄSST SICH NICHT BERECHNEN

22STREAKEN IST MIST!

23AUCH LÄUFER BETREIBEN VOODOO

24NUR WER LANGSAM LÄUFT, KANN AUCH SCHNELL LAUFEN

25DIE GPS-UHR FÜHRT ZU MEHR TRAININGSHÄRTE

FACT 12

BESSER UNREGELMÄSSIG TRAINIEREN ALS GAR NICHT

»Also wenn du nicht wenigstens dreimal pro Woche läufst, dann hat das gar keinen Sinn.« Sätze wie diesen hören Laufaspiranten oft von »erfahrenen« Läufern. So entwickeln Anfänger das hehre Ziel, auch bestimmt regelmäßig zu trainieren, jetzt, da sie doch ihr Leben ändern und mit dem Laufen beginnen. Das geht dann zwei Wochen lang gut, und dann passiert das Unvermeidbare: Ein dringendes Projekt auf der Arbeit verlangt ihren vollen Einsatz, und sie kommen nicht rechtzeitig nach Hause. Was auch immer passiert, eines ist gewiss: Das Leben wird dafür sorgen, dass Ihr Training auch einmal ausfällt. Eigentlich ist das kein Problem, es sei denn, Binsenweisheiten wie »Du musst dreimal pro Woche trainieren, sonst bringt es nichts« werden überbewertet.

Das hat nämlich zur Folge, dass die mühsam aufgebaute Disziplin aufgrund der unvermeidbaren Planänderung plötzlich sinnlos erscheint – als willkommener Grund, das Training erst einmal ganz bleiben zu lassen. Sie kennen das Prinzip von den Bekannten, die es mit Diäten versucht haben. Es geht ein paar Wochen gut. Die Schokolade, Gummibärchen und die Currywurst bleiben unangetastet. Bis irgendwann in einem schwachen Moment doch zugegriffen wird. Die Psychologen nennen das einen Dammbruch. Ab diesem Moment ist alles egal, und es wird hemmungslos zugegriffen oder, übertragen auf den Dammbruch bei der Trainingsdisziplin, einfach gar nicht mehr trainiert.

Genauso überflüssig wie Diäten sind diese vermeintlichen Grenzwerte für die Trainingsdosis. Nein, ich möchte mich nicht auf die Seite derer schlagen, die das Mindestmaß an notwendiger Bewegung am liebsten auf zehn Minuten Spaziergang am Tag reduzieren würden. Etwas mehr darf es schon sein. Sportärzteverbände empfehlen 2.000 zusätzlich verbrauchte Kilokalorien pro Woche, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirkungsvoll zu reduzieren. Sollten diese einmal nicht erreicht werden, dann ist es immer noch besser, zweimal in der Woche wenigstens eine halbe Stunde aktiv gewesen zu sein, als gar nichts zu machen.

Für den Freizeitsportler ist also jede Minute Bewegung kostbar. Wer will denn ernsthaft behaupten, dass es nichts bringt, sich nach einem langen Tag am Schreibtisch zu bewegen, Verspannungen zu lösen, frische Luft zu tanken und seinen Stress abzubauen! Lassen Sie sich nicht entmutigen. Trainieren Sie einfach wieder mehr, wenn Ihr Wochenrhythmus es Ihnen erlaubt.

FACT 13

WANN MAN LÄUFT, SPIELT KEINE ROLLE

Tja, wann laufe ich nur? Diese Frage scheint besonders diejenigen umzutreiben, die eigentlich sowieso kaum zum Laufen kommen, weil sie a) so viel Stress haben oder b) ihren inneren Schweinehund einfach nicht überwinden können. Selbstverständlich würden sie gern laufen, das sei ja auch gesund, aber in ihrer speziellen Situation gehe das eben einfach nicht, das müsse man doch verstehen.