21 Meilen vom Südpol - Ernest H. Shackleton - E-Book

21 Meilen vom Südpol E-Book

Ernest H. Shackleton

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Beschreibung

Ernest Shakletons legendäre Nimrod-Exepedition verbrachte den Winter 1908 im Mc-Murdo-Sund, 32 Kilometer nördlich der Discovery-Winterquartiere. Im Herbst bestieg eine Truppe den Mount Erebus und nahm Vermessungen seiner verschiedenen Krater vor. Im antarktischen Früh­ling und Sommer 1908 bis 1909 verließen drei Schlittenexpeditionen die Winterquartiere. Die erste drang nach Süden vor und erreichte die südlichste Breite, welche jemals Menschenfuß be­treten hat; die zweite erreichte zum ersten Male den magnetischen Pol, und eine dritte nahm die Vermessungen der westlich vom Mc-Murdo-Sund gelegenen Höhenzüge vor.

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Vorwort

Die wissenschaftlichen Resultate der Expedition können nicht in ausführlicher Weise in diesem Buche erörtert werden. Die Sachverständigen unter den Mitgliedern der Expedition haben zu den Artikeln in einem besonderen Bande Beiträge geliefert, welche alles, was auf dem Gebiete der Geologie, Biologie, Magnetismus, Meteorologie, Physik usw. erreicht wurde, kurz zusammenfassen. Ich möchte hier nur kurz die wichtigsten Punkte unserer geographischen Arbeit hervorheben.

Wir verbrachten den Winter 1908 im Mc-Murdo-Sund, 32 Kilometer nördlich von den Discovery-Winterquartieren. Im Herbst bestieg eine Truppe den Mount Erebus und nahm Vermessungen seiner verschiedenen Krater vor. Im Frühling und Sommer 1908 bis 1909 verließen drei Schlittenexpeditionen die Winterquartiere. Die erste drang nach Süden vor und erreichte die südlichste Breite, welche jemals Menschenfuß betreten hat; die zweite erreichte zum ersten Male den magnetischen Pol und eine dritte nahm die Vermessungen der westlich vom Mc-Murdo-Sund gelegenen Höhenzüge vor.

Die Südexpedition hißte die englische Nationalflagge auf 88° 23’ südlicher Breite, innerhalb 100 geographischer Meilen vom Südpol. Diese aus vier Leuten bestehende Truppe stellte ferner fest, daß sich eine große Bergkette von der 82. Parallele aus im Süden vom Mc-Murdo-Sund in südöstlicher Richtung bis zum 86. Breitengrad erstreckt und daß zwischen ihren Höhen einer der größten Gletscher der Welt hinabsteigt und zu einem Binnenlandplateau führt, dessen Höhe auf 88° südlicher Breite über 3350 Meter über dem Wasserspiegel beträgt. Dieses Plateau erstreckt sich vermutlich über den gesamten geographischen Südpol hinaus in einer erwiesenen Gesamtausdehnung vom Cape Adare bis in die unmittelbare Nähe des Südpols. Die Vermessung der neuentdeckten südlichen Höhenzüge und des großen Gletschers sind auf der Generalkarte angegeben und derart genau, wie bei den groben Methoden, die notwendigerweise bei diesen Arbeiten angewendet werden müssen, nur erwartet werden kann.

Das Mysterium des Großen Eisbarrier ist nicht gelüftet worden, und es möchte scheinen, daß die Frage seiner Formation und Ausdehnung erst dann endgültig zu lösen ist, wenn eine Forschungsexpedition die Verlaufslinie der um seinen südlichen Rand gelegenen Berge festlegt. Doch ziemliche Klarheit ist über die Konstruktion des Barriers geschaffen worden, denn wir konnten durch Beobachtungen und Vermessungen zu der provisorischen Schlußfolgerung kommen, daß er hauptsächlich aus Schnee besteht. Das Verschwinden der Ballonbucht infolge Abbruch eines Teils des Großen Eisbarriers beweist, daß der Barrier seinen Rücktritt vom Meere noch nicht beendet hat, welcher Vorgang auf verschiedenen, der Reise Sir James Ross’ im Jahre 1842 folgenden Expeditionen beobachtet wurde. Ohne Zweifel scheint auf dem 163. Meridian ein hohes, schneebedecktes Land zu liegen; wir haben in diesen Regionen gänzlich mit Schnee bedeckte Abhänge und Berggipfel bis zu einer Höhe von 250 Metern aufsteigen sehen, doch keine nackten Felsen bemerkt und hatten auch keine Gelegenheit, in der Nähe des 163. Meridians Tiefenmessungen vorzunehmen. Wir konnten deswegen zu keinem endgültigen Resultate, dieses vermutliche Plateau betreffend, kommen.

Die Reise der Nordexpedition führte zur Erreichung des magnetischen Südpols, dessen Lage durch Beobachtung an Ort und Stelle und in der Nachbarschaft auf 72° 25’ südlicher Breite und 155° 16’ östlicher Länge bestimmt wurde. Der erste Teil dieser Reise wurde an der Küstenlinie von Viktorialand entlang zurückgelegt, und viele neue Gipfel, Gletscher und Eiszungen wurden neben einigen kleinen Inseln entdeckt. Der gesamte abgeschrittene Teil der Küste wurde trigonometrisch vermessen und die bestehenden Karten in verschiedenen Punkten richtiggestellt.

Die Vermessung der westlichen Höhenzüge durch die Westexpedition brachte neue Informationen über topographische Details dieses Teils von Viktorialand ein und warf neues Licht auf die Geologie dieser Regionen.

Die Entdeckung einer zirka 75 Kilometer langen, sich erst vom Cape North in südwestlicher und dann in westlicher Richtung erstreckenden Küstenlinie war ein weiteres wichtiges Stück geographischer Arbeit.

Auf der Heimreise der »Nimrod« vorgenommene Forschungen bestärkten die vorherrschende Ansicht, daß die Emerald-Inseln, Nimrod-Inseln und Dougherty-Inseln nicht existieren, doch möchte ich nicht raten, ihre Namen von den bestehenden Karten ohne eine weitere Untersuchung zu entfernen. Es ist immerhin eine, wenn auch nur entfernte Möglichkeit vorhanden, daß sie in der Nähe ihrer kartographierten Positionen liegen, und es ist wohl sicherer, ihre Vermerke auf den Karten zu belassen, bis ihre Nichtexistenz absolut bewiesen ist.

Ich möchte nun meinen wärmsten Dank den freigebigen Persönlichkeiten gegenüber zum Ausdruck bringen, welche die Expedition in ihren frühesten Tagen unterstützt haben. Fräulein Dawson Lambton und Fräulein E. Dawson Lambton ermöglichten die ersten Schritte zur Etablierung der Expedition und halfen in jeder Weise, soweit es in ihren Kräften stand. Die Herren William Beardmore (Parkhead, Glasgow), G. A. McLean Buckley (Neuseeland), Campbell McKellar (London), Sydney Lysaght (Somerset), A. M. Fry (Bristol), Oberst Alexander Davis (London), William Bell (Pendell Court, Surrey), H. H. Bartlett (London) und andere Freunde haben in freigebiger Weise zu den Kosten der Expedition beigetragen. Ich möchte auch meinen Dank jenen Persönlichkeiten zum Ausdruck bringen, welche einen großen Teil der erforderlichen Ausgaben garantiert haben, und ferner auch der Reichsregierung für die Bewilligung von 20.000 Pfund Sterling, welche Summe mir ermöglicht, diese Garantien abzulösen. Sir James Mills, erster Direktor der Union-Dampfschiffahrtsgesellschaft von Neuseeland, erwies mir sehr schätzenswerten Beistand. Die Liebenswürdigkeit und Freigebigkeit der Regierungen und des Volkes von Australien und Neuseeland werden eine meiner angenehmsten Erinnerungen an diese Expedition bleiben.

Auch schulde ich meinen Dank jenen Firmen, welche uns mit Schenkungen verschiedener Vorräte bedacht haben, und jenen Fabrikanten, welche so bereitwillig bei der Besorgung der besten und gesündesten Lebensmittel halfen.

Zur Herausgabe dieses Werkes übergehend, bin ich zunächst Dr. Hugh Robert Mill für die historische Einleitung verpflichtet; ferner Herrn Edward Saunders, Neuseeland, meinen Dank, der nicht nur mein Sekretär bei der Niederschrift dieses Buches war, sondern auch den größten Teil der damit verbundenen Arbeitslast übernahm, mir seinen literarischen Rat angedeihen ließ und mir auch schätzenswerte Hilfsdienste allgemeiner Art erwiesen hat, und schließlich meinem Verleger, Herrn William Heinemann, London, für seinen Beistand und die vielen Liebenswürdigkeiten.

Ich habe ferner denjenigen Mitgliedern der Expedition zu danken, welche die wissenschaftlichen Kapitel in diesem Werke bearbeitet haben, ganz besonders Professor T. W. Edgeworth David, der die Geschichte und Erlebnisse der Nordexpedition beschrieben hat, und George Marston, der Künstler der Expedition, dessen Arbeit in diesem Buche durch verschiedene bunte Zeichnungen, Skizzen und Diagramme vertreten ist.

Ich habe auf die Tagebücher verschiedener Mitglieder der Expedition zurückgreifen müssen, um solche Ereignisse und Erlebnisse zu schildern, die sich während meiner Abwesenheit von den Winterquartieren abspielten. Die in diesem Buche wiedergegebenen photographischen Aufnahmen sind eine Auswahl von Tausenden von Bildern, die Brocklehurst, David, Davis, Day, Dunlop, Harbord, Joyce, Mackintosh, Marshall, Mawson, Murray und Wild oft nur unter außerordentlich schwierigen Verhältnissen erzielen konnten.

Für die Führung der Geschäfte der Expedition während meiner Abwesenheit im Antarktik möchte ich besonders der Arbeit meines Schwagers Herbert Dorman (London), sowie des Herrn J. J. Kinsey, Christchurch, Neuseeland, gedenken sowie auch des Herrn Alfred Reid, Geschäftsführer der Expedition, dessen Tätigkeit von Anfang bis Ende unermüdlich und ersprießlich war.

Und schließlich schulde ich den Mitgliedern der Expedition, deren Arbeit und Enthusiasmus der in diesen Blättern geschilderte Erfolg der Expedition zuzuschreiben ist, einen Dank, den ich kaum in Worten Ausdruck zu geben vermag. Ich bin mir wohl bewußt, daß ohne ihre treuen Dienste und ohne ihr loyales Zusammenarbeiten unter außerordentlich schwierigen Verhältnissen, ein Erfolg auf irgendeinem Zweige unserer Tätigkeit unmöglich gewesen wäre.

London, im Oktober 1909

Ernest H. Shackleton

Inhaltsverzeichnis

Beschluß und Vorbereitung der Expedition

Die Teilnehmer an der Expedition

Der erste Akt

Von Lyttelton zum südlichen Polarkreis

Versuchter Durchbruch zum King Edward VII-Land

Auswahl eines geeigneten Platzes für die Winterquartiere

Landung des Proviants und der Ausrüstung

Ein Schneesturm. Die Abreise der »Nimrod«

Umgebung der Winterquartiere. Die fertige Hütte

Die ersten Tage in den Winterquartieren

Schlittenausrüstung, Ponys und Hunde

Die Eroberung des Mount Erebus

Das Resultat der Erebus-Expedition

Leben und Treiben in den Winterquartieren

Die Polarnacht

Schlittenreisen im Frühling

Reise zur Errichtung eines Depots im Süden

Vorbereitung der Süd-Expedition

Die ersten Tage auf dem Marsche südwärts

Guter Fortschritt. Neues Land in Sicht

Über die bisherige Forschungsgrenze hinaus

Auf dem großen Gletscher

Auf das Plateau zum fernsten Süden hinauf

Der Rückmarsch

Der letzte Akt

Einige Erläuterungen zur Südexpedition

Sommer in den Winterquartieren

Rückkehr der »Nimrod«

Die Bluff-Depot-Expedition

Die West-Expedition

Alle Mann an Bord. Die Rückkehr nach Neuseeland

Bericht über den Gesundheitszustand der Expedition von Dr. Eric Marshall

Marschdistanzen der Südexpedition

Proviantkonsum in den Winterquartieren

Die Heimreise der »Nimrod« und ihre Suche nach zweifelhaften Inseln

Kostenschätzung der Britisch-Antarktischen Expedition 1907 bis August 1909

Die Mitglieder der Expedition: Shackleton, Adams, Wild, Marshall, Joyce, Brocklehurst, Day, Priestley, Marston, David, Mawson, 15 Mackay, Murray, Armytage, Roberts, Mackintosh

Dressur der Ponys auf Quail Island, Port Lyttelton

Kapitel I

Beschluß und Vorbereitung der Expedition

Aus Gründen mancher Art fühlen sich Bewohner der zivilisierten Welt zu den noch immer gewaltigen Lücken im Universum hingezogen. Hier ist der Drang nach Abenteuern, dort wiederum kühner und ehrlicher Wissensdurst die treibende Kraft während so mancher Forscher den Sirenengesängen, die aus dem Märchenlande der unerschlossenen Erdwinkel in die Gefilde der Kultur hinübertönen, nicht zu widerstehen vermögen. In meinem Falle hatte eine Zusammenwirkung dieser treibenden Faktoren zu dem Entschlusse geführt, mein Schicksal in die Hände des antarktischen Eislandes zu legen. Als Invalide kehrte ich vor dem eigentlichen Abschlusse der Discovery-Expedition in die Heimat zurück, doch vom Wunsche beseelt, später einmal mehr von jenem gewaltigen Kontinente zu sehen, der zwischen den antarktischen Schnee- und Gletschermassen liegt. Die eisstarren Polarländer ergreifen das Herz eines jeden, der eine Zeit in jenen Zonen verbracht hat. – Das kann die Menschheit, welche niemals über die Grenze der Zivilisation hinausgekommen ist, unmöglich nachfühlen. Ich besaß die feste Überzeugung, daß eine auf meinen Ansichten über die Polarforschung aufgebaute Expedition schon allein mit den Ergebnissen der rein wissenschaftlichen Arbeiten die Mittel zu ihrer Ausrüstung heiligen würde. Die Discovery-Expedition hatte einen großen Schatz neuer Informationen mit nach Hause gebracht und diesen ja schon teilweise selbst zu hochbedeutenden wissenschaftlichen Leistungen benutzen können. Deswegen vertrat ich die Ansicht, daß eine zweite Expedition diese Arbeit noch weiter durchführen könnte. Die Discovery-Expedition hatte genauere Kenntnisse über die große Bergkette in nördlicher und südlicher Richtung bis zum 82° 17’ Grad südlicher Breite gewonnen, doch noch immer war unbekannt, ob sich diese Höhenzüge beträchtlich weiter über diese Forschungsgrenze nach Südosten oder Osten erstreckten und daher als die südliche Grenze des großen Eislandes (Barrier) festgestellt werden können. Die nur flüchtigen Blicke auf King Edward VII-Land von Bord der »Discovery« hatten nicht ermöglicht, irgendetwas Endgültiges über die Natur und Ausdehnung dieses Gebietes sagen zu können, und damit war auch das Mysterium des großen Barrier eine ungelöste Frage geblieben. Es war daher für die wissenschaftliche Welt von Bedeutung, daß Näheres über jene Eisverhältnisse feststellt wird, welche den großen Barrier speisen. Ferner trachtete ich nach einer Erforschung des Gebietes jenseits des 82° 17’ Breitengrades sowie nach einer Feststellung, ob sich der antarktische Kontinent zu einem ähnlichen Plateau erhebt, wie Kapitän Scott auf der anderen Seite der westlichen Höhenzüge entdeckt hatte. Auch auf dem Gebiete der Meteorologie harrten noch viele Dinge einer genaueren Erörterung; diese Forschungen waren von besonderer Wichtigkeit für Australien und Neuseeland, da diese Länder von atmosphärischen Konditionen, deren Quelle im Antarktik liegt, beeinflußt werden. Die antarktische Zoologie bietet, obwohl die Zahl ihrer Spezies sehr begrenzt ist, sehr interessante Forschungsobjekte, und ich wollte mich auch neben allgemeinen geologischen Studien mit der Mineralogie jenes Weltteiles beschäftigen. Die aurora australis,1 atmosphärische Elektrizität, Bewegungen von Ebbe und Flut, Hydrographie,2 Luftströmungen, Eisbildungen und -bewegungen, Biologie und Zoologie boten ein unbegrenztes Forschungsgebiet, das allein schon, ganz abseits vom Wunsche einer Erreichung des Südpols, die Entsendung einer Expedition rechtfertigte.

Die Hauptschwierigkeit, welche sich dem Forscher bei Ausarbeitung seines Programmes fortwährend in den Weg legt, ist die finanzielle Frage, die in meinem speziellen Falle erst nach größten Anstrengungen ein Zusammengehen des individuellen mit dem materiellen Faktor gestattete. Ausrüstung und Inbetriebsetzung einer antarktischen Expedition verlangen viele tausend Pfund Sterling ohne Aussichten einer schnellen Amortisation, doch mit einer gleichzeitig obwaltenden Wahrscheinlichkeit eines Verlustes des gesamten Kapitals. Ich baute mein Programm, soweit der Ankauf des Schiffes und Anwerbung des Stabes in Frage kam, auf einem denkbar ökonomischen Fundamente auf, doch versuchte ich ein ganzes Jahr lang vergeblich, ausreichende finanzielle Unterstützung zu finden. Ich verschaffte mir Einführungen zu reichen Leuten, denen ich mit dem Aufgebot aller meiner wohlberechtigten Befähigung die Bedeutung meines Vorhabens darlegte, doch Kapital war nicht erhältlich, und so schien es, daß ein Fallissement meines Projektes unvermeidlich würde werden würde. Ich verlor aber nicht den Mut und konnte endlich gegen Ende 1906 das Versprechen einer Unterstützung von seiten zweier persönlicher Freunde erhalten. Mit frischer Energie setzte ich mich abermals an die Arbeit und war schon am 12. Februar 1907 mit Hilfe der mir inzwischen zugesicherten weiteren Gelder in der Lage, das Programm meiner Südpolexpedition der Öffentlichkeit zu übergeben. Da aber verschiedene mir gegebene finanzielle Versprechungen nicht innegehalten werden konnten, hatte ich bis unmittelbar vor unserer Abreise von England mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Erst als ich in Neuseeland anlangte und die neuseeländische und australische Regierung mir mit bereitwilliger Freigebigkeit finanzielle Hilfe gewährten, besserte sich meine finanzielle Lage in befriedigender Weise.

In der März 1907-Ausgabe des Geographical Journal skizzierte ich den Plan und die Details meiner beabsichtigten Expedition, mußte aber an diesen später, der Not gehorchend, verschiedene Änderungen vornehmen. Meine Absicht war, mit der Expedition im Frühjahr 1908 von Neuseeland zu Winterquartieren auf dem antarktischen Kontinente aufzubrechen, das Schiff dort Mannschaft und Vorräte landen zu lassen und es dann zurückzuschicken. Konnte ich vermeiden, das Schiff in der Südsee einfrieren zu lassen, so war die Versorgung einer Hilfsexpedition überflüssig, weil dasselbe Schiff im folgenden Sommer zurückkehren und uns heimwärts bringen könnte. So kündigte ich in meinem Entwurfe an: »Eine aus 9-12 Köpfen bestehende Landungstruppe wird mit einer genügenden Verproviantierung überwintern, um im nächsten Frühling drei separate Expeditionen nach den verschiedenen Zonen der Antarktik entsenden zu können. Die erste wird sich nach Osten über den Barrier in der Richtung auf das neuentdeckte King Edward VII-Land genannte Gebiet begeben, dort, falls die Küstenlinie südwärts laufen sollte, an dieser entlang marschieren oder das Land nach Norden erforschen, sofern sich die Küste nach dieser Richtung erstreckt. Eine zweite Expedition wird die von der Discovery-Schlittentruppe festgelegte Marschroute nach Süden wieder aufnehmen und auf dieser so weit als möglich nach Süden vordringen; sie hat sich 24-32 Kilometer von den Gemarkungen fernzuhalten, um den Eisstörungen an den Verbindungsstellen zwischen dem Barriergletscher und Festlande aus dem Wege zu gehen. Die dritte Expedition wird wohl ihren Weg westwärts über die westlichen Höhenzüge hinweg nehmen, dann aber ihren Kurs wechseln, um in der Richtung auf den magnetischen Pol zu marschieren. Die hauptsächlichen Änderungen in der Ausrüstung bestehen erstens in der Benutzung von sibirischen Ponys auf den Ost- und Südexpeditionen und zweitens in einem besonders konstruierten Automobil zur Mithilfe auf der Südexpedition … Ich beabsichtige nicht, den wissenschaftlichen Zweck dieser Expeditionen lediglich einer Jagd nach neuen Rekorden zu opfern, obwohl ich durchaus keinen Hehl daraus mache, daß eines meiner Hauptziele die Erreichung des geographischen Südpols ist. Ich werde aber unter keinen Umständen eine Fortführung der biologischen, meteorologischen und magnetischen Arbeiten der Discovery-Expedition vernachlässigen.« Ich fügte diesem Programme noch hinzu, daß ich versuchen werde, an der Küste von Wilkes-Land entlangzusegeln, um endgültige Informationen über den Verlauf dieser Küstenlinie gewinnen zu können.

Das Ziel war für eine solch kleine Expedition zweifellos etwas hoch gesteckt, doch ich hatte Vertrauen zu meinem Programm und glaube behaupten zu dürfen, daß sich in bestimmtem Umfange mein Entwurf als zutreffend erwiesen hat. Ehe wir England verließen, beschloß ich, wenn möglich, King Edward VII-Land als den Ausgangspunkt unserer Forschungsreisen zu bestimmen und nicht die »Discovery«-Winterquartiere im McMurdo-Sund, um mich von Anfang an mit unerforschten Regionen beschäftigen zu können. In den späteren Ausführungen wird es sich aber zeigen, welche zwingenden Gründe meine Pläne im allgemeinen und die Absicht einer Landung auf King Eward VII-Land im besonderen umwarfen. Diese Reise zum King Edward VII-Land über den Barrier wurde infolge des unerwarteten Verlustes der meisten unserer Ponys während des Winters nicht unternommen. Alle meine sorgfältigst ausgearbeiteten Pläne sind das Resultat meiner auf der Discovery-Expedition und bei den Ausrüstungen der Discovery-Hilfsschiffe »Terra Nova« und »Morning« und der zur Suche nach der schwedischen Südpolexpedition ausgesandten argentinischen Expedition gesammelten Erfahrungen. Von Anfang an beschloß ich, mich nicht mit einer Beratungskommission abzugeben, da die Expedition ausschließlich mein persönliches Unternehmen war und ich deswegen auch persönlich alle Arrangements leiten und überwachen wollte.

Als ich hörte, daß verschiedene Versprechungen finanzieller Unterstützung nicht eingehalten wurden und erfuhr, daß die Royal Geographical Society trotz ihrer Sympathie mit meinem Unternehmen mir keine finanzielle Hilfe erweisen konnte, wandte ich mich an einige Leute mit dem Vorschlage, einen im Jahre 1910 nach meiner Rückkehr zu amortisierenden Bankvorschuß zu garantieren. Auf diesem Wege sicherte ich mir schließlich ein Kapital von 20.000 Pfund Sterling, das zum größten Teile bei Ausrüstung der Expedition Anwendung fand. Ich kann nicht warm genug meinen Dank für das in mich und meine Pläne gesetztes Vertrauen jenen Herrschaften gegenüber zum Ausdruck bringen, welche diese Garantien gegeben haben, da eine Rückzahlung des Bankvorschusses nur aus dem Erlöse meiner Vorlesungen und der Publikation dieses Buches nach Beendigung aller mit der Expedition verbundenen Arbeiten möglich war. Nach Erledigung dieser Präliminarien begann ich sofort mit dem Einkauf des Proviants und der Ausrüstung, mit Verhandlungen wegen Ankaufs eines Schiffes und mit der Etablierung der Expedition, soweit die beschränkte Zahl der Teilnehmer in Betracht kam.

Die Ausrüstung einer Polarexpedition verlangt nicht nur Erfahrung, sondern auch die größte Sorgfalt im kleinsten Detail, weil, wenn erst einmal die Expedition das letzte Fleckchen Zivilisation hinter sich gelassen hat, ihr jede Gelegenheit genommen ist, Versäumtes oder Vergessenes wieder gutzumachen. Es ist durchaus zutreffend, daß der gebildete Handwerker, der imstande ist, seinen Erfindungsgeist mit den wenigen verfügbaren Materialien ohne langes Besinnen zu betätigen, den besten Forscher abgibt, denn sogenannte Notbehelfsutensilien gestalten das Arbeiten nur schwieriger und unter den gänzlich anderen Verhältnissen auch gefährlicher. Das Ziel eines jeden, der eine derartige Expedition organisiert, muß daher die Vorsorgung für jeden Möglichkeitsfall mit Hilfe der einfachsten, um nicht zu sagen primitivsten Mittel sein, und ich schätze mich glücklich, in dieser Hinsicht die Mitwirkung des Mr. Alfred Reid gewonnen zu haben, der schätzenswerte Erfahrungen in Verbindung mit früheren Polarunternehmungen gesammelt hatte. Ich ernannte Mr. Reid zum Geschäftsführer der Expedition und fand in ihm bald einen unentbehrlichen Assistenten. Ich war froh, in meiner Arbeit nicht durch Beratungskommissionen gestört zu werden. Ich behielt die Kontrolle über alle Arrangements in meinen eigenen Händen und vermied dadurch alle Verzögerungen, die unvermeidlich sind, sofern eine Gruppe von Leuten über jedes Detail erst zu beraten und zu entscheiden hat.

Zunächst mußten wir uns nun ein Geschäftslokal besorgen und wählten zu diesem Zwecke ein möbliertes Zimmer in Regent Street Nr. 9, London W. E., als Hauptquartier der Expedition. Das Personal bestand anfangs nur aus Mr. Reid, einem Laufjungen und mir, denn auf derselben Etage befand sich ein Schreibmaschinenbureau, mit Hilfe dessen ich die täglich rapid anwachsende Korrespondenz mit derselben Schnelligkeit erledigen konnte, wie unter Anstellung eines Stenographen und Maschinenschreibers. Ich hatte mir schon Kostenanschläge für Verproviantierung und Ausrüstung der Expedition besorgt, ehe ich irgendwelche öffentliche Ankündigungen über meine Expedition machte und dadurch jede Verzögerung nach Aufnahme unserer aktiven Vorbereitungsarbeiten vermieden. Ich hatte keine Ursache, zu öffentlichen Angeboten von Waren und Utensilien aufzufordern, da es unerläßlich war, daß wir die beste Qualität von allen Lebensmitteln und Ausrüstungen erwerben mußten; deswegen wählte ich nach Beratungen mit Mr. Reid diejenigen Firmen aus, an die wir uns wegen Offerten wenden wollten. Diese wurden dann persönlich mit den Inhabern der einzelnen Firmen besprochen, die uns fast in jedem einzelnen Falle Vorzugspreise einräumten und ihre bereitwillige Mithilfe bei Herstellung und Verpackung zusicherten.

Bei Auswahl der Lebensmittel für eine Polarexpedition müssen verschiedene höchst wichtige Punkte ins Auge gefaßt werden. Vor allen Dingen muß die Nahrung gesund und leicht verdaulich sein, doch gleichzeitig den höchst möglichen Gehalt an Nährstoffen besitzen. Einstmals wurde der fürchterliche Skorbut als das unvermeidliche Resultat eines langen Aufenthaltes in den Eiszonen betrachtet, und selbst noch die Mitglieder der Discovery-Expedition litten während ihrer Tätigkeit im Antarktik in den Jahren 1902/04 an dieser Krankheit, die meistens durch den Genuß konservierter, doch nicht mehr genießbarer Nahrung hervorgerufen wird. Heute ist man aber darüber im klaren, daß sich Skorbut durch peinlichste Aufmerksamkeit bei der Vorbereitung und durch Auswahl der Lebensmittel auf wissenschaftlichen Prinzipien vermeiden läßt. Ich darf wohl bei dieser Gelegenheit gleich einfügen, daß wir in dieser Hinsicht erfolgreich zu Werke gegangen waren, denn während des ganzen Verlaufes der Expedition war nicht ein einziger Krankheitsfall zu verzeichnen, der direkt oder indirekt auf den mitgenommenen Proviant zurückgeführt werden konnte. Von leichten Erkältungen abgesehen, deren Keim sich verschiedene Teilnehmer aus den in Ballen gebundenen Bettdecken holten, war kein einziger Fall organischer Erkrankungen während unseres Aufenthaltes in den Winterquartieren zu verzeichnen.

Zweitens müssen die für den Gebrauch auf Schlittenexpeditionen bestimmten Nahrungsmittel so leicht als möglich sein, und zwar in Erwägung des Umstandes, daß eine denkbar zusammengepreßte Verpackung die Verwandlung des Nahrungsmittels in Körpersubstanzen schwieriger, d. h. also weniger gesund gestaltet. Extrakte mögen als geeignet unter normalen Witterungsverhältnissen erscheinen, sind aber in den Polarregionen nicht von besonderem Nutzen, weil sich die Körperwärme nur durch große Mengen fettiger und mehlhaltiger Nahrungsmittel erhalten läßt. Ferner ist darauf zu achten, daß der Schlittenproviant sich nicht lange in der Küche aufhalten darf; er muß schon genießbar sein, wenn er nur bis zum Siedepunkte aufgekocht wird, denn das Quantum von Feuerung ist denkbar beschränkt. Schließlich müssen die Lebensmittel im Notfalle auch roh genossen werden können, falls die Feuerungsmaterialien ausgehen oder verloren werden sollten.

Für die Auswahl der Lebensmittel zur Verproviantierung der Winterquartiere ist natürlich größerer Spielraum vorhanden, denn das Schiff dürfte in der Nähe dieser löschen können; deswegen ist die Gewichtsfrage nicht von besonderer Bedeutung. Andererseits wollte ich aber auch einen möglichen Wechsel in der Ernährung während der Winternacht herbeiführen. Die lange Finsternis wirkt deprimierend auf alle, denen diese Zustände ungewohnt sind, und war daher in allen solchen Dingen ein Wechsel geboten, welcher die Eintönigkeit solcher Lebensweise abzuhelfen versprach. Ein Wechsel in der Ernährung ist fernerhin auch gesund, besonders zu einer Zeit, wenn sich die Leute nicht viel auslaufen, ja bei schlechtem Wetter sogar tagelang die Hütte nicht verlassen können.

Alle diese Punkte wurden in Erwägung gezogen, und ich veröffentliche auf folgender Liste die wichtigsten Details unserer Verproviantierung. Ich ließ meine Berechnungen auf die Erfordernisse von 12 Mann für zwei Jahre beruhen, doch erfuhren diese später einen Zuwachs, als ich in Neuseeland meinen Stab vergrößerte. Verschiedene wichtige Proviantartikel wurden der Expedition von Fabrikanten als Geschenk überwiesen, andere, wie Biskuits und Pemmikan, nach meinen besonderen Angaben präpariert. Die Verpackungsfrage bot einige Schwierigkeiten; ich beschloß, für die Proviantkisten und, soweit dies möglich ist, auch für die Emballage der Ausrüstung »Venesta«-Holzkisten zu verwenden. Diese Kisten wurden aus drei übereinanderliegenden, aus Birken- oder anderem harten Holze hergestellten und mit einem wasserdichten Materiale verbundenen Brettern angefertigt. Sie sind leicht, wetterfest und stark und eignen sich deswegen vorzüglich für unseren Zweck. Die von mir in Auftrag gegebenen 2500 Kisten waren ungefähr 2 ½ Fuß lang und 1 ¼ Fuß breit. Die Gewichtsersparnis gegen die gewöhnlichen Packkisten stellte sich auf zirka 4 Pfund pro Kiste. Trotzdem diese bei der Löschung am Cape Royds eine denkbar rohe Behandlung erfuhren, fanden keinerlei derartige Brüche statt, daß der Inhalt beschädigt wurde.

Zweijährige Verproviantierung der Landungstruppe

3048

Kilogr.

Colmans Weizenmehl.

2721 ½

"

verschiedene Arten Büchsenfleisch.

272

1

/8

"

Ochsen- und Kälberzungen.

362

7

/

8

"

gebratene und gekochte Hühner, gebratene Pute, mit »Curry« (indischer Pfeffer) zubereitete Hühner, Huhn- und Schinkenpasteten.

453 ½

"

York-Schinken.

635

"

Wiltshire-Speck.

635

"

dänische Butter.

453 ½

"

Milch.

453 ½

"

»Glaro«-Milchpulver.

771

1

/

8

"

Talg, Fleischfett und Knochenmark.

453 ½

"

Farinazucker.

317 ½

"

Demerera (brauner) Zucker.

226 ¾

"

körniger Zucker.

118

"

Stückenzucker.

1179

3

/

8

"

verschiedene präparierte, in Büchsen verpackte Fische wie: Schellfisch, Hering, Pilchard, Lachs, Sardine, Makrele, Hummer, Brätling und Rotbarbe.

226 ¾

"

Rowntrees-Kakao.

158 ¾

"

Lipton-Tee.

453 ½

"

Käse, besonders Cheddah (Somersetshire).

31 ¾

"

Kaffee.

861 ¾

"

assortierte Marmeladen und eingemachte Früchte.

152

3

/

8

"

Sirup.

1633

"

Getreidearten, wie gemahlenes und grobes Hafermehl, Reis, Graupe, Tapioka, Sago, Weizengries, kleine Erbsen, grüne Bohnen, große englische Erbsen, gespaltene Erbsen, Linsen und trockene Bohnen.

1452 ¼

"

verschiedene Suppen in Büchsen.

299

3

/

8

"

assortierte Früchte: Aprikosen, Birnen und Stükkenananas.

1150

Flaschen

mit Obst.

453 ½

Kilogr.

getrocknete Früchte: Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen, Rosinen, Korinthen, Johannisbeeren, Äpfel.

226 ¾

"

Salz.

36 ¼

"

Mixed Pickles, Gewürze, Chutney, Saucen usw.

54 ½

"

Plum Puddings.

1270

"

assortierte getrocknete Gemüse (die einem Gewichte von 13.608 Kilogramm frischem Gemüse gleichkommen): Kartoffeln, Kohl Mohrrüben, Zwiebel, Rosenkohl, Blumenkohl, Sellerie, Spinat, Krauskohl, Pastinak, Petersilie, Minze, Rhabarber, Pilze, rote Rüben, Artischocken.

453 ½

"

Pemmikan (feinstes getrocknetes Fleisch mit 60% Fettzusatz). (Das beste Pemmikan wurde von I. D. Beauvais, Kopenhagen, geliefert.)

1016

"

Biskuits mit 25% Plasmonzusatz.

12

Dutzend

Büchsen mit Fleischplasmon.

6

"

Plasmonpulver.

6

"

Plasmonkakao.

203 ¼

Kilogr.

Biskuits.

203 ¼

"

»Garibaldi«-Biskuits.

101

5

/

8

"

Ingwer-Biskuits.

68

"

Eipulver.

9

1

/

8

"

Albumen.

90 ¾

"

»Oxo«, »Lemco« und andere Fleischextrakte.

Die folgenden Firmen schenkten uns Nahrungsmittel in durchaus zufriedenstellender Qualität:

I. & J. Colman, Ltd., Norwich:

9

Tonnen

Weizenmehl.

½

"

Backpulver.

½

"

grobgemahlenes Weizenmehl.

50 ¾

Kilogr.

bester reiner Senf.

1 ¾

Gros

Gläser gemischter Senf.

Rowntree & Co., Ltd., York:

771

1

/

8

Kilogr.

bester Kakao (mit 28% Fettgehalt).

136 "

Queens-Schokolade.

Alfred Bird & Sons, Ltd., Birmingham:

120

Dutzend

Büchsen Eiercreme, Backpulver, Eier, Gelee und weiße Gallerte in Pulverform.

Liebigs Extract of Meat Co., Ltd., London:

»Oxo«, »Lemco« und Fray-Bentos Ochsenzungen.

Evans, Sons, Lecher & Webb, Ltd., London:

27 Kisten Montserrat-Zitronensaft.

Lipton, Ltd.:

158 ¾ Kilogramm Ceylon-Tee.

Nach Ankunft in Neuseeland erhielt unser Proviant noch einige Ergänzungen. Die Firma Nathan & Co., Wellington, schenkte uns 68 Kisten ihrer »Glaxo«-Trockenmilch, ein genau dieselben Substanzen wie frische Milch enthaltendes Trockenpräparat. Derselben Firma verdanken wir auch ein Quantum von 95 Kilogramm Neuseelandbutter und zwei Kisten Neuseelandkäse. Einige Farmer bedachten uns in freigebiger Weise mit 32 Schafen, die im Antarktik getötet und für den Wintervorrat eingefroren wurden. Eine Anzahl kleinerer Geschenke wurde uns noch gemacht, ehe die »Nimrod« Lyttelton verließ.

Ich traf Vorkehrungen, daß die »Nimrod« auf ihrer zweiten Fahrt zum Antarktik einen Jahresproviant für 38 Mann mitnehmen konnte. Dies war eine Vorsichtsmaßregel für den Fall, daß die »Nimrod« vom Eise gefangen und dadurch gezwungen werden sollte, einen Winter im Antarktik zu verbringen.

Die folgende Tabelle läßt die Mengen dieser zweiten Proviantladung ersehen:

1723 ¾

Kilogr.

assortiertes neuseeländisches Büchsenfleisch.

589 ¾

"

neuseeländische Butter.

45

3

/

8

"

Tee.

22

5

/

8

"

Kaffee.

453 ½

"

Rowntrees-Kakao.

60 Dutzend

Obst in Flaschen.

16 Dutzend

Töpfe mit eingemachten Früchten.

99 ¾

Kilogr.

assortierte Fische in Büchsen.

244

7

/

8

"

Sardinen.

127

"

neuseeländischer Käse.

654 ¼

"

neuseeländische, in Salz verpackte Eier.

136

"

getrocknete Feigen.

5080 ¼

"

Colmans Weizenmehl.

254

"

Colmans Weizenmehl, grob gemahlen.

12 ¾

"

Colmans reiner Senf.

1 Gros

Gläser gemischter Senf.

362

7

/

8

Kilogr.

assortiertes Fleisch.

725 ¾

"

York-Schinken.

1179

3

/

8

"

Speck.

254

"

Fleischfett.

725 ¾

"

Milch.

1315 ½

"

Zucker.

1270

"

assortierte Fische in Büchsen.

450 Büchsen

gebackene Bohnen mit Tomatensauce.

1360 ¾

Kilogr.

assortierte Marmeladen und eingemachte Früchte.

245

"

Sirup.

2620 ¾

"

Getreide: Hafermehl, Hafergrütze, Reis, Graupe, Sago, Tapioka, Weizengries, Kartoffelmehl, grüne Bohnen, große englische Erbsen, gespaltene Erbsen, Linsen, trockene Bohnen.

476 ¼

"

assortierte Suppen in Büchsen.

476 ¼

"

Birnen, Aprikosen und Stückenananas in Sirup.

680

3

/

8

"

getrocknete Früchte.

80 Dutzend

Gläser Mixed Pickles, Saucen usw.

108

7

/

8

Kilogr.

Plum-Puddings.

1678 ¼

"

assortierte getrocknete Gemüse (gleich einem Frisch gewicht von 13.608 Kilogramm).

Nachdem die meisten hauptsächlichen Bestellungen für den Proviant gemacht worden waren, begab ich mich mit Mr. Reid nach Norwegen, um die Schlitten, Pelzstiefel, Handschuhe, Schlafsäcke, Skis und andere Ausrüstungsgegenstände dieser Art anzukaufen. Auf der Reise von Hull nach Christiania machte ich die Bekanntschaft des Kapitäns Pepper, des ältesten Kapitäns der Wilson-Linie. Er bekundete lebhaftes Interesse an der Expedition und erwies mir in den folgenden Monaten sehr große Hilfsdienste, da er es übernahm, die Fabrikation der Schlitten zu überwachen. Er kam alle vierzehn Tage nach Christiania und sah mit der Gründlichkeit und Sorgfalt, die nur dem Seefahrer eigen ist, nach den wichtigsten Details der Herstellung. Wir erreichten Christiania am 22. April, hörten aber, daß Mr. E. S. Christiansen, der die auf der Discovery-Expedition benutzten Schlitten gebaut hatte, in den Vereinigten Staaten war. Dies war begreiflicherweise eine große Enttäuschung für uns, doch setzten wir uns mit Scott-Hansen, erstem Leutnant der »Fram« auf Nansens berühmter Expedition, in Verbindung und folgten seinem Rate, die Herstellung der Schlitten in die Hände der Firma L. H. Hagen & Co. zu legen. Die Schlitten sollten den Nansen-Typ erhalten, aus besonderem Holze und nur von durchaus zuverlässigen und gewandten Arbeitern hergestellt werden. Ich bestellte zehn 12 Fuß-, achtzehn 11 Fuß- und zwei 7 Fuß-Schlitten. Die größten wollte ich mit den Ponys im Gespanne benutzen. Die 11 Fuß-Schlitten konnten durch Pferde- und Menschenkraft gezogen werden, und die kleinste Nummer konnte für die Arbeit in der Nähe der Winterquartiere und für jene kurzen Reisen dienen, welche die Wissenschaftler der Expedition wohl zu unternehmen hatten. Die für die Schlitten benutzten Hölzer bestanden aus abgelagerter Esche oder amerikanischem Hickory;3 neben Kapitän Pepper überwachten Kapitän Isaacsen und Leutnant Scott-Hansen, beide erfahrene Nordpolforscher, die Herstellungsarbeiten in meinem Auftrage.

Ihr Interesse war von besonderem Werte für mich, denn ihrem Rate verdankte ich viele Kleinigkeiten in der Anfertigung; der Laie kann kaum verstehen, wie sehr jedes Detail zur Haltbarkeit und Ergiebigkeit der Schlitten beiträgt. Ich hatte mir die endgültige Ansicht gebildet, daß ein 11 Fuß-Schlitten die im allgemeinen besten Dienste leistet, wenn die Passage über grobes und holperiges Eisgelände führt. Die Firma Hagen & Co. erledigte sich ihrer Aufgabe in durchaus zufriedenstellender Weise; die Qualität der Schlitten ließ nichts zu wünschen übrig.

Nachdem dies erledigt, mußten wir die Pelzartikel ankaufen und begaben uns zu diesem Zwecke nach Drammen, wo wir die erforderlichen Arrangements mit der Firma W. E. Möller trafen. Wir suchten die Felle für die Schlafsäcke selbst aus, und zwar solche junger Rentiere mit kurzem, dickem Pelzhaar, das bei nasser Witterung lange nicht so leicht ausfällt wie das Haar des alten Rentieres. Diese Bestellung war nicht besonders groß, weil ich nach meiner Erfahrung auf der Discovery-Expedition beschlossen hatte, Pelzwerk nur für Hände, Füße und Schlafsäcke zu wählen, während ich mich sonst ganz und gar auf die wollenen, außen mit windsicherem Material bedeckten Kleidungsstücke verließ. Ich bestellte drei große Schlafsäcke und zwölf einschläfrige Bettsäcke. Jeder Sack wurde innen mit Rentierfell gefüttert und mit besonders starken Ledersäumungen versehen. Die Klappen an den Nähten waren ungefähr acht Zoll breit; das Kopfstück wurde am äußersten Ende des Sackes aufgesetzt. Der Schlafsack wurde mit drei 8 Zoll voneinander entfernt angebrachten hölzernen Bolzen geschlossen. Die einschläfrigen Bettsäcke wogen ungefähr 4 ½ Kilogramm, waren aber natürlich im nassen Zustande beträchtlich schwerer.

Von Fußbekleidungen bestellte ich 80 Paar gewöhnliche Finneskos, aus Rentierpelz angefertigte Schuhe, 12 Paar besondere Finneskos und 60 Paar Schneeschuhe von verschiedener Größe. Der gewöhnliche Finnesko wird aus der Kopfhaut eines alten Hirsches hergestellt und innen mit Pelz gefüttert; er hat die Form eines gewöhnlichen Stiefels ohne Senkel. Er muß reichlich groß sein, um nicht nur genug Raum dem Fuße, sondern auch etlichen Paar Strümpfen und einer Portion Sennegras zu gewähren; in diesen Stiefeln läßt es sich dann außerordentlich bequem marschieren, und die Füße bleiben warm. Die besonderen Finneskos werden aus der Beinhaut des alten Hirsches hergestellt, die aber nicht leicht erhältlich ist, weil die Eingeborenen aus sehr vernünftigen Gründen das beste Material für sich selbst behalten. Ich sandte eine Persönlichkeit zu dem besonderen Zwecke nach Lappland, um Finneskos bester Qualität anzukaufen, doch konnten nicht mehr als zwölf Paar erstanden werden. Die Schneeschuhe werden aus weichem Leder angefertigt, deren Schaft bis unter die Sohlenleder reicht und oben mit einem stärkeren Lederstück beschlagen wird. Sie werden so hergestellt, daß sie sich zusammen mit den Skis benutzen lassen und auch als Sommerbekleidung dienen können. Der Fuß hat in diesen Schuhen bequem Raum; Feuchtigkeit kann nicht durchdringen. Die Hacken sind sehr niedrig, damit der Fuß fest auf dem Ski ruhen kann. Zu Reparaturzwecken kaufte ich noch fünf präparierte Rentierfelle und Ausbesserungsutensilien, wie Sehnen, Nadeln und mit Wachs bestrichenes Garn.

Ich erwähnte bereits, daß Sennegras zum Ausstopfen der Finneskos benutzt wird. Dies ist ein Gras mit langer Fiber, welches die besondere Eigenschaft besitzt, Nässe durch Aufsaugung zu beseitigen. Ich kaufte 50 Kilogramm für unseren Gebrauch. Das Gras wird in straff zusammengezogenen Büscheln verkauft; ehe der Finnesko benutzt wird, zieht man etwas Gras aus dem Büschel heraus und legt zunächst eine dünne Schicht auf die Sohle. Dann wird der Stiefel angezogen und etwas Gras rund um die Hacken herum gestopft. Dieses zieht dann die Feuchtigkeit der Füße an und verhindert dadurch, daß der Strumpf an der Sohle des Schuhes festfriert. Nachts wird das Gras herausgenommen, ausgeschüttelt und dann zum Frieren ausgebreitet. Die Feuchtigkeit bildet kleine Eiskrusten auf dem Gras, die sich am nächsten Morgen leicht entfernen lassen, ehe es wieder benutzt wird. Das Gras wird deswegen zwar nur allmählich beim Marsche aufgebraucht, doch ist es dringend notwendig, einen ziemlich großen Vorrat mitzunehmen; es ist sehr leicht und in seiner Verpackung nicht sehr voluminös.

Ferner bestellte ich bei Möller 60 Paar aus Wolfs- und Hundeleder hergestellte Fausthandschuhe, die mit Pelzwerk gefüttert und genug lang zur Wärmung des Pulses waren. Die Handschuhe hatten eine Abteilung für die vier Finger und eine zweite für den Daumen und wurden über wollene Handschuhe getragen. Sie ließen sich leicht abnehmen, wenn man die Finger benutzen mußte, und waren an einem um den Hals hängenden Docht befestigt, damit sie auf dem Marsche nicht verloren gingen. Sonst bestellte ich in Norwegen nur noch 12 Paar Skis, die ebenfalls von der Firma Hagen & Co. geliefert wurden. Sie hatten absolut keinen Zweck für die Schlittenreisen, waren jedoch in der Nähe der Winterquartiere von Nutzen. Ich bedingte mir aus, daß alle Artikel bis 15. Juni in London abzuliefern waren, da die »Nimrod« England am 30. Juni verlassen sollte.

Zu jener Zeit hatte ich mich noch nicht endgültig zum Ankauf der »Nimrod« entschließen können; ich arrangierte aber, daß das Schiff vorläufig unter Anstellung an mich blieb. Vor meiner Reise nach Norwegen fuhr ich zunächst nach Sandyfort, um zu versuchen, mit Mr. C. Christiansen, Eigner der »Bjorn«, zu einer Einigung wegen Ankaufs dieses Schiffes zu kommen. Dies war besonders für Polarreisen gebaut und hätte zu meinen Zwecken in vollendeter Weise gepaßt. Die »Bjorn« war ein neues Schiff mit einer Tragkraft von 700 Tonnen, mit starken Tripel-Expansionsmaschinen ausgestattet und auch in jeder anderen Beziehung der vierzigjährigen »Nimrod« überlegen; leider gestatteten aber meine Mittel den Ankauf nicht.

Schließlich gab ich einigen Konservenhäusern in Norwegen Auftrag zur Lieferung von besonders präparierten Nahrungsmitteln wie Fischknödel, gebratenes Rentierfleisch und gebratenen Ptarmigan,4 die während der langen Winternacht begehrte Delikatessen wurden.

Nach meiner Rückkehr aus Norwegen kaufte ich die »Nimrod«, die zu dieser Zeit für eine Robbenjagd in Neufundland gechartert war und in kurzer Zeit zurückerwartet wurde. Das Schiff war klein und alt und konnte nur mit einer höchsten Geschwindigkeit von kaum mehr als sechs Knoten dampfen, war aber stark genug gebaut, um gröbsten Behandlungen durch Eisdrängen u. dgl. standhalten zu können. Sie hatte in der Tat zahlreiche derartige Erfahrungen in ihrer wechselreichen Karriere aufzuweisen. Die »Nimrod« kehrte aber nicht so schnell, wie ich erwartete, nach Neufundland zurück; schließlich angelangt, zeigte es sich, daß sie verschiedene Eisbeschädigungen auf der Reise erhalten hatte, besonders am Bollwerk. Sie wurde in meinem Auftrage besichtigt und für seetüchtig befunden; nach einer ziemlich schnellen Passage kam sie am 15. Juni auf der Themse an. Ich muß gestehen, daß ich bei näherer Untersuchung des Schiffes sehr enttäuscht war und Bedenken fühlte, seinem Bulk die Hoffnung und Bestrebung vierer Jahre anzuvertrauen. Sie befand sich geradezu in einem Zustande des Verfalls und roch in allen Ecken und Winkeln nach Robbenfett; eine Inspektion des Decks ergab, daß sie von Grund auf kalfatert und ihre Maste erneuert werden mußten. Sie besaß nur das Takelwerk eines Schoners, und ihre Maste waren morsch; ich mußte für den Fall eines Zusammenbruchs der Maschinerie oder Erschöpfung der Kohlenvorräte auf ihre Segelfähigkeit besonderes Gewicht legen. Nur noch wenige Wochen trennten uns vom Termine unserer Abreise, und es war klar, daß ihre Reparatur in denkbarer Weise beschleunigt werden mußte, um sie beizeiten wieder instand zu setzen. Zu jener Zeit konnte ich mir noch nicht der guten Eigenschaften der »Nimrod« bewußt sein, und zu solchen verhalfen mir am allerwenigsten die ersten Inspizierungen des Schiffes.

Sofort überließ ich die »Nimrod« der berühmten alten Firma R. & H. Green in Blackwall, die so viele von Englands »hölzernen Schutzwällen« gebaut und auch die Ausrüstung und Reparaturen für verschiedene andere Polar-Expeditionen übernommen hatte. Die »Nimrod« wurde zur Vornahme des Kalfaterns sofort gedockt, und ihr Aussehen besserte sich nun tagtäglich. Die Wunden ihrer früheren Konflikte mit den Eisschollen wurden geheilt und Masten und Takellage für eine neue, wohl noch stürmischere Kampagne vorbereitet. Selbst der widerliche Robbenfettgeruch verschwand nach einer gründlichen Säuberung des Decks und der Kielräume, und ich begann zu fühlen, daß die »Nimrod« schließlich doch nicht der Expedition zur Schande gereichen würde. Nach und nach verspürte ich sogar einen gewissen Stolz über das feste, tatendurstige, alte Schiff.

Inzwischen hatten Mr. Reid und ich die Verproviantierung der Expedition beendet, und ich begann, mich mit Leuten in Verbindung zu setzen, aus denen ich einen Stab für die Expedition zu bilden beabsichtigte. Als ich die ersten öffentlichen Ankündigungen machte, hob ich ausdrücklich hervor, daß die »Nimrod« während des Winters nicht im Antarktik bleiben würde. Sie hätte eine Landungsgruppe mit Proviant und Ausrüstung abzusetzen und dann nach Neuseeland zurückzukehren, wo sie den Zeitpunkt einer Rückkehr zu den Winterquartieren für unsere Heimführung abwarten sollte. Es war aus diesem Grunde sehr notwendig, daß wir eine zuverlässige Hütte zu unserer Überwinterung bis zum Beginn der Schlitten-Expedition bauten mußten. Sie hatte nicht nur eine Wohn-, sondern auch Zufluchtsstätte vor den wütenden antarktischen Winden und der intensiven Kälte während der Wintermonate zu sein. Damals dachte ich, daß die Hütte nur 12 Mann Raum gewähren sollte; obwohl sich unser Stab später auf 15 Mann vergrößerte, hielt ich an meinem ursprünglichen Plane einer Größe von 33 x 19 Fuß und einer Höhe bis zur Dachrinne von 8 Fuß fest. Es war dies kein großer Raum, besonders nicht, weil wir viele Nahrungs- und wissenschaftliche Artikel ebenfalls in unserem Heime unterzubringen hatten, doch ein kleines Haus braucht nicht viel Feuerung. Die Hütte wurde nach meinen besonderen Angaben von der Firma Humphreys, Ltd. in Knightsbridge konstruiert, probeweise aufgestellt und nach Besichtigung in Teilen an Bord der »Nimrod« gebracht.

Wände, Dach und Boden waren aus dickem Tannenholz bester Qualität hergestellt und die einzelnen Teile alle eingezapft und mit Pinnen versehen worden, um das Aufstellen der Hütte im Antarktik zu erleichtern. Die Wände wurden durch eiserne, an den Hauptpfosten und horizontalen Wänden mit Bolzen befestigte Klammern gestützt und die Hauptbestandteile des Daches mit eisernen Bändern versehen. Die Hütte wurde im Inneren mit Bretterwänden ausgezimmert und die Außenwände und das Dach zuerst mit starker Dachpappe, dann mit ineinandergefügter Bretterlage und schließlich mit einer zweiten Lage Dachpappe bedeckt. Neben diesen Schutzmitteln gegen die extreme Kälte wurde der vier Zoll weite Zwischenraum zwischen der inneren Bretterwand und ersten äußeren Filzlage mit körnigem Kork angefüllt, welcher die Wand vollständig von atmosphärischen Einflüssen isolierte. Die Hütte ruhte auf hölzernen Grundpfählen, die in den Boden oder das Eis gesenkt wurden; oben am Dache waren Ringe befestigt, damit Seile zum weiteren Schutz gegen Sturm angebracht werden konnten. Die Hütte hatte zwei Türen, die durch eine Vorhalle verbunden waren, so daß Ein- und Ausgang ohne Zutritt von Zug oder kalter Luft möglich war; sie besaß ferner Doppelfenster, damit die Wärme nicht entweichen konnte. Auf dem Dache befanden sich zwei Dachlukenventilatoren, die vom Inneren aus eingestellt werden konnten. Mobiliar, mit Ausnahme einiger Stühle, wurde nicht mitgenommen, denn ich beabsichtigte, die Pritschen, Bettgestelle und andere Gegenstände aus den Packkisten herstellen zu lassen. Unser Heim wurde durch Azetylengas erleuchtet; wir nahmen Generator, die notwendigen Röhren und einen Karbidvorrat mit.

Der von uns in der Hütte benutzte Kochofen, ein Fabrikat der Firma Smith & Wellstead, Ltd., London, war 4 x 2 Fuß breit und 4 Zoll hoch; die für die Feuerung gebrauchte Anthrazitkohle brannte ununterbrochen Tag und Nacht und erhitzte die Ofenplatten in einem solchen Grade, daß genug Hitze zur Erwärmung der ganzen Hütte ausströmte. Der Herd hatte zwei Ofenlöcher und einen Rauchfang aus galvanisierten Stahlröhren, der mit einer drehbaren Schornsteinklappe versehen war. Der Ofen stand auf Füßen und diente nicht nur zum Heizen der Hütte, sondern auch zum Kochen. Wir nahmen außerdem einen kleinen tragbaren Ofen mit, mit einem Warmwassererzeuger, der mit einer 15 Gallonen Wasser fassenden Zisterne in Verbindung stand. Dieser Ofen wurde aber als durchaus entbehrlich nicht benutzt.

Für den Gebrauch auf den Schlittenreisen nahm ich sechs aus Aluminium angefertigte »Nansen«-Kocher mit; an der Konstruktion dieser hatte sich seit Nansens berühmter Reise in den Jahren 1893/1896 nur wenig geändert. Die sechs Schlittenzelte waren aus leichtem »Willesden«-Drillich hergestellt, mit einer aus Burberrymaterial verfertigten Eingangsröhre. Sie waren von grüner Farbe, welche den durch die Schneefelder überanstrengten Augen eine angenehme Ruhe gewährt, und wogen zusammen mit fünf Pfosten und Flurdecke je 12 ½ Kilo.

Jedes Mitglied der Expedition erhielt zwei Winteranzüge aus schwerem, blauem Lotsentuch, welches mit Jägerwolle gefüttert war. Der Anzug bestand aus einem doppelreihigen Jackett, Weste und Hose und wog komplett 6 ½ Pfund. An Unterwäsche wurden folgende Artikel von der Dr. Jaeger Sanitary Woolen Company gekauft:

48 doppelreihige Westen.

48 doppelreihige Hosen.

24 Pyjamas.

96 doppelreihige Hemden.

24 Leibbinden.

12 Cardigans.

12 gefütterte Pantoffel.

48 mit Zanella gefütterte Reisemützen.

48 Filzhandschuhe.

144 Paar Strümpfe.

144 Paar Socken.

48 Sweaters.

144 Paar Socken mit schafwollenen Einlegesohlen.

48 Paar Fausthandschuhe.

48 Paar Handschuhe.

48 Paar Faustüberhandschuhe.

12 Paar Buxton schafwollene Schuhe.

12 Unterwesten mit Ärmel.

Eine windsichere Außenbekleidung ist in Polarregionen zwingend notwendig; ich kaufte 24 aus Burberrymaterial angefertigte Garnituren, die aus einer kurzen Bluse, Überzugshosen und einer Kapuze bestanden. Zum Gebrauch in den Winterquartieren nahmen wir vier Dutzend Bettdecken aus Kamelhaar und 16 mit Kamelhaar gefütterte dreischläfrige Bettsäcke mit.

Ein tafelförmiger, typisch-antarktischer Eisberg

Schlepper »Koonya« in schwerer See, von der »Nimrod gesehen. Die hohe Welle kam über Bord der »Nimrod« und richtete bedeutenden Schaden an.

Zum Transport der Schlitten wollte ich Ponys, Hunde und ein Automobil verwenden, doch ruhten meine Hoffnungen für die langen Reisen hauptsächlich auf den Pferden. Hunde hatten auf der Barrieroberfläche nicht befriedigt; von meinen Exemplaren erwartete ich weniger, als sie tatsächlich später vollbrachten. Der Gebrauch eines Kraftwagens war ein Experiment, welches meine früheren Erfahrungen auf dem Barrier rechtfertigte, doch wußte ich von vornherein, daß bei einer Ungewißheit und dem fortwährenden Wechsel in der Bodenbeschaffenheit dieser Versuch besonders optimistische Erwartungen nicht gestattete. Unser volles Vertrauen besaß aber der bereits in Nordchina und der Mandschurei erprobte Ponyschlag. Ich hatte die Rasse schon in Shanghai gesehen und von ihren guten Leistungen auf der Jackson-Harmsworth-Expedition gehört. Sie waren daran gewöhnt, schwere Ladungen bei sehr strengen klimatischen Verhältnissen zu schleppen; sie sind hart, mutig und tretsicher. Ich erhielt ferner Informationen, daß sie mit Erfolg für sehr grobe Arbeit während des russisch-japanischen Krieges Anwendung gefunden hatten und hörte noch weitere Einzelheiten über ihre Fähigkeiten von einem in Sibirien lebenden Freunde.

Ich setzte mich deswegen mit dem Londoner Geschäftsführer der Hongkong- & Shanghai-Bank (Mr. E. S. Addis) in Verbindung, dem ich die Dienste einer hervorragenden Veterinärfirma in Shanghai verdankte. Eine berufene Persönlichkeit reiste in meinem Auftrage nach Tientsin und suchte aus einem Haufen von 2000 Ponys, die aus den nördlichen Regionen auf den Pferdemarkt gebracht wurden, fünfzehn dieser kleinen Tiere für meine Expedition aus. Die ausgewählten Exemplare waren zwischen 12 und 17 Jahre alt und hatten den größten Teil ihres Lebens im Inneren der Mandschurei zugebracht. Sie waren fast alle noch nicht eingefahren, ungefähr 14 Hand hoch und von verschiedener Färbung. Sie waren ohne Ausnahme in starker und gesunder Verfassung, zu dummen Streichen und Bösartigkeit aufgelegt, doch für jede Art harter Arbeit auf den Schneefeldern geeignet. Die 15 Ponys wurden von Tientsin an die Küste gebracht und direkt nach Australien verschifft. Die tropischen Temperaturen auf der Passage konnten ihnen nichts anhaben; sie erreichten Sydney im Oktober 1908, wo sie Mr. Reid im Empfang nahm und sofort nach Neuseeland weiter verschiffte. Die dortige Kolonialregierung kam uns in liebenswürdiger Weise entgegen, indem sie die Quarantänebestimmungen aufhob, die unsere Ponys viele Wochen lang der tropischen Sommerhitze ausgesetzt hätten haben würden. 35 Tage nach ihrer Abreise von China wurden die Pferde auf Quail Island im Lyttelton-Hafen gelandet, wo sie frei herumlaufen und nach Leibeslust fressen konnten.

Das Automobil nahm ich mit, weil ich nach meiner vorigen Erfahrung glaubte, daß wir auf dem großen Barrier harter Oberfläche begegnen werden, von welcher auf jeden Fall der erste Teil auf unserer Reise gen Süden unter der Mithilfe des Kraftwagens überwunden werden konnte. Auf einer passablen Oberfläche sollte das Auto eine schwere Ladung mit ziemlicher Geschwindigkeit vorwärts bringen können. Ich suchte mir einen 12-15 HP New Arrol-Johnson-Wagen aus, der mit einer vierzylindrigen Maschine mit Luftkühlvorrichtung und einer Simms-Bosch magnetischen Zündung ausgestattet war. Wasser konnte zur Kühlung nicht benutzt werden, denn es würde selbstverständlich einfrieren. Um den Vergaser wurde eine Stahljacke angebracht, unter welche die aus einem Zylinder ausweichenden Gase geleitet wurden, um deren Hitze zur Erwärmung des Vergasers vor ihrem Kontakt mit der kalten Luft benutzen zu können. Die von den anderen drei Zylindern ausströmenden Gase wurden zu einem Schalldämpfer geführt, der gleichzeitig als Fuß-wärmer diente. Das Chassis war von normaler Bauart, doch hatten die Fabrikanten besondere Sorgfalt auf höchste Stärke des Metalls und der Verbindungen gelegt, da der Wagen bei strenger Witterung beträchtliche Strapazen auszuhalten haben würde. Ich bestellte auch einen großen Vorrat an Ersatzteilen. Ein besonders frostsicheres Öl wurde von der Firma Price & Co. geliefert. Benzin wurde in der gewöhnlichen Form mitgenommen. Ich besorgte mir Räder von verschiedener besonderer Bauart, neben den gewöhnlichen Rädern mit Gummireifen, und hatte nach meinen persönlichen Angaben hölzerne Kufen herstellen lassen, um diese bei weichem Schnee unter den Vorderrädern so anzubringen, dass letztere auf einer Aufklotzung auf den Kufen ruhten. In seiner ursprünglichen Form hatte das Automobil zwei Lafettensitze und auf dem Hinterteile eine Mulde zur Aufnahme verschiedener Vorräte. Der Wagen wurde in einen großen Verschlag gepackt und mitschiffs der »Nimrod« verstaut, in welcher Lage er die Reise bis zum Antarktik ohne Schaden zurücklegte.

In die Hunde setzte ich wenig Vertrauen, hielt es aber für angebracht, einige Exemplare mitzunehmen. Ich kannte einen Züchter auf der Stewart-Insel, Neuseeland, dessen Hunde von der sibirischen Spezies abstammten, die auf der Newnes-Borchgrevink-Expedition benutzt worden war. Ich kabelte ihm, bis 40 Exemplare für uns zu liefern. Er konnte uns aber nur neun Hunde zur Verfügung stellen, doch erwies sich diese Meute für unsere Expedition groß genug, da die Ankunft von Jungen ihre Zahl während unseres Aufenthaltes im Süden auf 22 Stück brachte.

Die wissenschaftliche Ausrüstung der Expedition erheischte beträchtliche Kapitalaufwendungen, und ich fühlte leider sehr meine prekäre Situation in dieser Hinsicht. Ich wandte mich an die Royal Society, um die Eschen-Hagen magnetischen Instrumente, welche auf der Discovery-Expedition benutzt worden waren, geliehen zu erhalten, doch war die Gesellschaft dazu außerstande, da man schon einem früheren Antrage zur Vornahme magnetischer Arbeiten in Surrey stattgegeben hatte. Die Royal Geographical Society lieh uns drei Chronometeruhren, die sie liebenswürdigerweise erst reparieren und prüfen ließ. Ich kaufte eine Chronometeruhr, und drei Meister der Kürschnergilde liehen mir das fünfte dieser Instrumenten, welches sich als das genaueste von allen erwies und deswegen von mir auf meiner Reise in die Richtung auf den Südpol mitgenommen wurde.

Dagegen konnte die Royal Society meine Bitte um leihweise Überlassung von einigen Instrumenten und Karten bei der Admiralität befürworten, die mir liebenswürdigerweise die folgenden Artikel zur Verfügung stellte:

3

»Lloyd-Creak«-Inklinations-Zirkelmesser.

3

Marine-Chronometer.

1

6-Fuß-Stationszeiger.

1

Admiralitätskartenserie, England zum Kap der Guten Hoffnung und von dort nach Neuseeland.

1

Serie Karten der Südsee.

1

Serie Karten von Neuseeland durch den Indischen Ozean nach Aden.

1

Serie Karten von Neuseeland nach Europa via Kap Horn.

12

Tiefsee-Thermometer.

2

Marine-Standard-Barometer.

1

Marine-Schiff-Teleskop.

1

Schiff-Standard-Kompaß.

2

»Lord Kelvin«-Azimut-Spiegel.

1

»Lucas«-Tiefsee-Messungsmaschine.

3

Hiel-Revisionsinstrumente.

1

3-Zoll tragbares astronomisches Teleskop.

Der Firma Cary, Porter & Co., Ltd., erteilte ich Auftrag zur Lieferung weiterer wissenschaftlicher Instrumente, und zwar:

1

6-Zoll-Theodolit (Winkelmeß-Instrument) mit durchgehendem Kreis- und Gradbogen-Mikrometer, und 5-Fuß-Registrator.

1

elektrisches Thermometer mit 400 Metern Kabel, inklusive Registrator, Batterie, 100 Registraturstreifen und Drehscheibe mit 25-stündiger Registratur.

3

3-Zoll-Alto-Azimut-Theodolite, tragbar, mit aufziehbarem Stativ.

3

Explorationskompasse mit leuchtendem Zifferblatt und überführbarer Nadel.

1

kleiner Beobachtungssextant.

3

Taschen-Aneoride (Barometer mit luftleerer Metallkapsel).

2

Standard-Thermometer.

12

Admiralitäts-Tiefsee-Thermometer.

4

»Royal Geographical Society« prismatische Kompasse.

1

tragbarer künstlicher Horizont aus Aluminium.

2

kleine komplette Meßtische.

1

registrierender Barograph.

1

registrierende »Örtling«-Waage und Gewichte.

1

registrierender »Robinson«-Anemometer.

55

verschiedene Thermometer.

1

5-Zoll-Transit-Theodolit mit 20-Fuß-Messung auf kurzem Dreifuß.

15

Vergrößerungsgläser.

4

Halb-Chronometer-Uhr in silbernem, wasserdichtem Gehäuse, mit Schneckenkegel-Antrieb.

1

Nacht-Doppelfernrohr.

1

starkes Doppelfernrohr.

Ein

Quantum besonderer Seekarten, Zeichenmaterial und Instrumente, Stahlketten und -streifen, Nivellierungsdauben, Vermessungspfähle usw.

Von anderen Instrumenten hatten wir auf der Expedition einen 4-Zoll-Transit-Theodoliten mit Reeves Mikrometer für Ausmessung horizontaler und vertikaler Kreise. Die photographische Ausrüstung bestand aus neun Apparaten von verschiedener Machart, Dunkelkammer-Utensilien und einem großen Vorrat an Platten und Chemikalien. Wir nahmen auch einen Kinematographen mit, um den Leuten daheim lebenswahre Schilderungen der kuriosen Bewegungen und Gewohnheiten der Pinguine und Robben zu geben und ihnen weiter eine richtige Idee über die Art des Schlittentransports über Schnee und Eis zu ermöglichen.

Die zahlreichen sonstigen Ausrüstungsgegenstände lassen sich unmöglich im Rahmen dieses Buches detaillieren. Ich hatte versucht, für jeden denkbaren Möglichkeitsfall Vorkehrungen zu treffen, und es fehlte nichts von Nadel und Nagel bis zu einer Remington-Schreibmaschine und zwei Singer-Nähmaschinen. Ein Grammophon sorgte für musikalische Zerstreuung, und eine Druckpresse mit Setzkasten, Roller, Papier und anderem Zubehör für Herstellung eines Buches während der langen Nacht hatte den besonderen Zweck, keine Langeweile aufkommen zu lassen. Selbst Hockey-Schläger und ein Fußball wurden mitgenommen.

1Aurora australis (Südlicht) und aurora borealis (Nordlich) sind außerordentlich glänzende meteorartige Lichterscheinungen in den beiden Polarregionen in Formen hell leuchtender Strahlen, die aus einem Tiefdunkel einige Grade über dem Horizont bis zum Zenithe emporsteigen. (Anm. d. Übers.)

2 Beschreibung und Kartographierung aller Gewässer. (Anm. d. Übers.)

3 Der weiße nordamerikanische Walnußbaum (Juglans alba). (An m. d. Übers.)

4 Norwegisches Schneehuhn, Tetrago lagopus. (Anm. d. Übers.)

Kapitel II

Die Teilnehmer an der Expedition

Das Personal einer derartigen Expedition ist ein Faktor, von dem in bedeutendem Maße der Erfolg abhängt. Die auszuwählenden Leute müssen für diese Art Arbeit im allgemeinen und im besonderen für physische wie mentale Tätigkeit unter polarischen Verhältnissen qualifiziert sein. Es ist unerläßlich, daß in der langen Zeit der Isolierung von der Außenwelt die Harmonie nicht gestört wird, doch muß dabei in Erwägung gezogen werden, daß Menschen, bei denen Wunsch und Sehnsucht nach den dunklen, unerforschten Erdteilen obwalten, ausgeprägte Individualcharaktere besitzen. Unter diesen Umständen war die Zusammensetzung des Stabes kein leichtes Geschäft, zumal über vierhundert Anträge für eine Teilnahme an der Expedition einliefen. Ich wollte zwei Ärzte bei der Landungstruppe dabei haben, fernen einen durchaus fähigen Biologen und Geologen, da das Studium dieser zwei Aufgaben der Expedition von besonderer Wichtigkeit für mich war. Nach sorgfältigen Erwägungen hatte ich bald eine Landungstruppe von 11 Mann zusammengesetzt. Von diesen waren mir nur Adams, Wild und Joyce bekannt, besonders die zwei letztgenannten als Teilnehmer an der Discovery-Expedition. Jeder einzelne war mir in höchst lobender Weise empfohlen worden, ebenso die Offiziere, welche ich für die »Nimrod« auswählte. Es waren diese folgenden 11 Herren (ich füge ihre spezielle wissenschaftliche und andere Stellung in der Expedition bei):

J. B. Adams, Reserveleutnant zur See (Meteorologe);

Baron Sir Philip Brocklehurst (Assistenzgeologe und atmosphärischer Beobachter);

Bernard Day (Elektro- und Automobiltechniker);

Ernest Joyce (Magazinverwalter, Aufseher über die Hunde, Schlitten und geologischen Sammlungen);

Dr. A. F. Mackay (Arzt);

Dr. Eric Marshall (Arzt und Kartograph);

G. E. Marston (Kunsthandwerker);

James Murray (Biologe);

Raymond Priestley (Geologe);

William Roberts (Koch);

Frank Wild (Proviantverwalter).

Nachdem die Expedition Neuseeland erreicht hatte und die finanziellen Bedenken durch freigebige Unterstützungen von Seiten der australischen und neuseeländischen Regierungen behoben werden konnten, war ich in der Lage, den Stab der Expedition zu verstärken. Ich engagierte Douglas Mawson, Dozent für Mineralogie und Petrologie (Gesteins lehre) an der Universität Adelaide, als Physiker, und Bertram Armytage für allgemeine Arbeiten der Expedition. Professor Edgeworth David von der Universität Sydney, Mitglied der Royal Society, willigte ein, uns bis zu den Winterquartieren zu begleiten und dann mit der »Nimrod« zurück zukehren, doch ich vermochte ihn schließlich zu überreden, bei uns zu bleiben; seine Mithilfe bei unseren wissenschaftlichen Aufgaben, besonders auf dem geologischen Gebiete, erwiesen sich von unschätzbarem Werte. Leo Cotton, ein junger Australier, willigte ein, mit uns zu kommen und uns bei den Vorbereitungsarbeiten bis zur Rückkehr der »Nimrod« nach Neuseeland zu helfen, und im letzten Augenblicke entschloß sich auch George Buckley, der in Neuseeland zu Hause ist, uns auf der Seereise nach Süden zu begleiten und mit dem Schlepper zurückzukehren.

Als die »Nimrod« England verließ, setzte sich ihr Stab aus folgenden Leuten zusammen:

Rupert England, Kavallerieleutnant der Reserve (Kapitän);

John R. Davis (erster Offizier);

A. L. U. Mackintosh (zweiter Offizier);

Dr. W. A. R. Michell (Arzt);

H. I. L. Dunlop (Oberingenieur);

Alfred Cheetham (dritter Offizier und Bootsmann).

Kapitän England, den ich zum Kommandanten der »Nimrod« ernannte, war erster Offizier auf der »Morning« gewesen, als dieses Schiff sich auf die Suche nach der »Discovery« begab, und verfügte somit über Kenntnisse der antarktischen Regionen. Bis kurz vor seiner Teilnahme an der Nimrod-Expedition stand er in Regierungsdiensten an der Westküste von Afrika.

Davis, erster Offizier und späterer Kapitän, war niemals zuvor im Antarktik gewesen, doch ein erstklassiger Seefahrer.

Machintosh trat aus den Diensten der Peninsular- und Oriental-Dampfschiffahrt-Gesellschaft aus. Er wurde später der Landungstruppe zugewiesen, doch ein bedauerlicher Unglücksfall verhinderte ihn, bei uns zu bleiben. Dr. Michell, der Schiffsarzt, war von Geburt ein Kanadier und Dunlop, der Oberingenieur, ein Irländer. Cheetham, der dritte Offizier und Bootsmann, hatte ebenfalls an der Morning-Hilfsexpedition teilgenommen; von den Matrosen waren ebenfalls einige schon im Antarktik gewesen.

Als die »Nimrod« Neuseeland erreichte, schloß sich A. E. Harbord, ein Engländer, der Expedition als zweiter Offizier des Schiffes an Mackintoshs Stelle an, den ich, wie bereits gesagt, zur Landungstruppe versetzen wollte.

Die nun folgenden kurzen Lebensgänge der einzelnen Mitglieder der Landungstruppe dürften wohl von Interesse für die Leser sein:

Ernest Henry Shackleton, Führer der Expedition, wurde im Jahre 1874 geboren und auf dem Dulwich-Kolleg erzogen. Trat mit sechzehn Jahren in die Dienste der Handelsschiffahrt, wurde zum Leutnant der Reserve der Königlichen Marine ernannt und schloß sich 1901 der Britisch National-Antarktik-Expedition unter Kapitän Scott an. War ein Teilnehmer der Landtruppe, die den südlichsten Rekord aufstellte, erkrankte aber nach der Rückkehr dieser Expedition zu den Winterquartieren. Er rüstete die von der Admiralitätsbehörde ausgesandten Discovery-Hilfsexpeditionen aus und assistierte auch bei der Vorbereitung der auf die Suche nach der schwedischen Südpolexpedition entsandten argentinischen Expedition. Heiratete im Jahre 1904 und wurde dann Sekretär und Schatzmeister der Royal Scottish Geographical Society. Trat von dieser Stellung zurück, als er bei der Parlamentswahl 1906 zum konservativen Kandidaten des Wahlkreises Dundee aufgestellt wurde. Hierbei nicht erfolgreich, wurde er von Mr. William Beardmore, Seniorchef der Kriegsschiffbauanstalt und Panzerplattenfabrikant in Glasgow, zum persönlichen Assistenten ernannt. In dieser Stellung faßte er den Beschluß, eine eigene Expedition nach dem Antarktik zu unternehmen.

Jameson Boyd Adams wurde 1880 in Rippingdale, Lincolnshire (England) geboren. Trat 1893 in Kauffahrdienste und war drei Jahre Leutnant in der Marinereserve, ehe er sich 1907 der Expedition anschloß. Wurde im Februar 1908 zum zweiten Kommandanten der Expedition ernannt. Unverheiratet.

Bertram Armytage wurde 1869 in Australien geboren und auf dem Gymnasium in Melbourne und dem Jesus-Kolleg in Cambridge (England) erzogen. Nach einigen Dienstjahren in der Viktorialand-Landwehr und einem Dienstjahr bei der Viktorialand-Stehenden Artillerie wurde er zu den Karabiniers der sechsten Gardedivision versetzt und nahm mit diesem Regimente am Burenkriege teil. Schloß sich der Expedition in Australien an. Verheiratet.

Baron Sir Philip Lee Brocklehurst wurde in Swythamley Park, Staffordshire (England) geboren und im Eton- und Trinity Hall-Kolleg, Cambridge, erzogen. Besitzt ein Offizierspatent im Derbyshire-Freiwilligenkorps und vertrat die Cambridge-Universität bei den Leichtgewichts-Boxerkämpfen in den Jahren 1905 und 1906. Unverheiratet.

Thomas W. Edgeworth David, Mitglied der Royal Society, Professor der Geologie an der Universität Sydney, ist von Geburt ein Walliser und ungefähr 50 Jahre alt. Er wurde auf dem New-Kolleg in Oxford erzogen und studierte später Geologie auf dem Royal-Kolleg of Science. Begab sich dann nach Australien, um den Posten eines geologischen Vermessungsbeamten der Neusüdwales-Regierung zu übernehmen, in welcher Stellung er für die folgenden achtzehn Jahre bis zu seiner Teilnahme an der Expedition blieb. Er ist eine Autorität in Sachen der dynamischen Geologie und in Fragen der Eis- und Gletscherbildungen; machte auch die australischen Kohlenfelder zum Gegenstande eines Studiums. Verheiratet.

Bernard E. Day wurde im August 1884 in Wymandham, Leicestershire (England), geboren und auf dem Wellingborough-Gymnasium erzogen. Er beschäftigte sich von 1903 bis September 1907 mit Ingenieurarbeiten, zuletzt im Dienste der Arroll Johnston Motor-Car Company, die er aufgab, um an der Expedition teilzunehmen. Unverheiratet.

Ernest Joyce wurde 1875 geboren und ging im Jahre 1891 nach Absolvierung der Greenwich Royal Hospital School zur Marine über, avancierte zum Obermannsmaat und nahm mit der Marinebrigade am Burenkriege teil. Schloß sich am Kap der Guten Hoffnung der Discovery-Expedition an. Diente dann in der Walfisch-Insel-Schießschule. Nahm im Dezember 1905 seinen Abschied, trat jedoch im August 1906 wieder in die Marine ein, um sich schließlich im Jahr 1907 zwecks Teilnahme an der Expedition auszukaufen. Unverheiratet.

Alistair Forbes Mackay wurde im Jahre 1878 als Sohn des verstorbenen A. Forbes Mackay, Oberst bei den 92. Gordon Highlanders, geboren und in Edinburg erzogen. Beschäftigte sich dann unter Professor Geddes und Professor D’Arcy Thompson in Dundee mit biologischen Arbeiten. Diente im Burenkriege als Kavallerist der City Imperial Volunteers und bei der Baden Powell-Polizei, kehrte dann zur Ablegung der letzten Examen zurück und begab sich wieder, diesmal als Zivilarzt, zur Front. Trat später zur Marine als Arzt über, diente in dieser vier Jahre und gab dann die Stellung auf, um an der Expedition teilzunehmen. Unverheiratet.

Aeneas Lionel Acton Mackintosh wurde 1881 in Tirhoot, Bengal (Indien) geboren und auf der Bedford Modern School in England erzogen. Trat 1894 in den Dienst der Handelsschiffahrt und 1899 zur Peninsular- und Oriental-Dampfschiffahrts-Gesellschaft über, die ihn zwecks Teilnahme an der Expedition dispensierte. Erhielt im Juli 1908 sein Offizierspatent in der Königlichen Marinereserve. Unverheiratet.

Eric Stewart Marshall wurde 1879 geboren und auf der Monckton Combe-Schule und dem Emmanuel-Kolleg, Cambridge, erzogen. Vertrat sein Kolleg in Ruder- und Fußballwettkämpfen. Studierte ursprünglich Theologie, trat dann aber im Jahre 1899 in das St. Bartholomew-Hospital ein und erwarb 1906 die Doktorwürde. War Kapitän des St. Bartholomew Rugby Fußball-Teams in den Jahren 1903/04 und spielte für den Richmond Club in den Jahren 1903/05. Schloß sich der Expedition als Arzt und Karthograph an. Unverheiratet.

George Edward Marston wurde 1882 in Portsmouth geboren und erhielt den größten Teil seiner künstlerischen Ausbildung auf dem Regent Street-Polytechnikum, London. Besitzt die Qualifikation als Kunstlehrer und nahm als Kunsthandwerker an der Expedition teil. Unverheiratet.

Douglas Mawson wurde 1880 in Australien geboren; seine Eltern stammen von der Isle of Man. Wurde in Australien erzogen, ist Dozent für Mineralogie und Petrologie an der Universität Adelaide und Ehrenkurator des südaustralischen Museums. Schloß sich der Expedition in Australien an. Unverheiratet.

James Murray