3 Dinge, die du über Erziehung wissen musst - Pascal Heberlein - E-Book

3 Dinge, die du über Erziehung wissen musst E-Book

Pascal Heberlein

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Beschreibung

Warum bloß braucht es noch einen Erziehungsratgeber, wo es doch schon weit mehr als 10.000 allein in Deutschland gibt? Genau, weil es so viele gibt! Der Bücherdschungel an Ratgebern zur Kindererziehung ist derart riesig, unübersichtlich und widersprüchlich, dass es hilfreich ist, die wichtigsten Dinge für eine erfolgreiche Erziehung gebündelt aufzuschreiben. Das Ergebnis ist überraschend knapp: 3 Dinge, mehr braucht es nicht. Eltern, die dieses Buch lesen, erfahren in einem Dreischritt aus Theorie - Methoden - Selbstcoaching, worum es bei Erziehung geht und wie sie passend zu ihrer eigenen Situation kreativ, liebevoll und nachhaltig ihre Kinder zu glücklichen Kindern erziehen können.

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Über dieses Buch: Warum bloß braucht es noch einen Erziehungsratgeber, wo es doch schon weit mehr als 10.000 allein in Deutschland gibt? Genau, weil es so viele gibt! Der Bücherdschungel an Ratgebern zur Kindererziehung ist derart riesig, unübersichtlich und widersprüchlich, dass es hilfreich ist, die wichtigsten Dinge für eine erfolgreiche Erziehung gebündelt aufzuschreiben. Das Ergebnis ist überraschend knapp: 3 Dinge, mehr braucht es nicht. Das vorliegende Buch ist aber mehr als die Zusammenfassung vieler Ratgeber. Wissenschaftliche Erkenntnisse fließen genauso wie pädagogische Coachingerfahrung und Wissen im Umgang mit aggressiven Kindern und Jugendlichen in dieses Buch ein. Dass die beste Theorie oft an der Wirklichkeit scheitert und deshalb realitätspassend gemacht werden muss, weiß der Autor als Vater von drei eigenen Kindern nur zu gut.

Eltern, die dieses Buch lesen, erfahren in einem Dreischritt aus Theorie – Methoden – Selbstcoaching, worum es bei Erziehung geht und wie sie passend zu ihrer eigenen Situation kreativ, liebevoll und nachhaltig ihre Kinder zu glücklichen Kindern erziehen können.

Über den Autor: Dr. Pascal Heberlein, Jg. 1986, ist Erziehungswissenschaftler und leitet eine Einrichtung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Nebenbei hat er Erfahrung als selbstständiger Erziehungscoach und besitzt einen Lehrauftrag an einer Fachhochschule. Er lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Hamburg.

Für Ruby, Edgar, Nuno & Rebekka.

Inhalt

Einleitung

Ding Nummer 1: Beziehung statt Erziehung oder Langstreckenlauf statt Sprint

Es geht um etwas viel Größeres

Was Martin Luther King und Bill Gates mit Erziehung zu tun haben

Erziehung und Beziehung – ein Widerspruch?

In welchem Verhältnis stehen Beziehung und Erziehung?

Warum du Regeln abschaffen solltest

Wer ist dein Vorbild?

Ding Nummer 2: Schaffe Win-Win-Lösungen

»Ich will das selbst machen!«

Das Ideal von Erziehung

Warum Strafen, Belohnungen und Konsequenzen nicht ratsam sind

Ein Plädoyer für Führung

Methoden für Win-Win-Lösungen

Darf es noch ein bisschen Nudge sein?

Die Psychologie des Überzeugens

Reziprozität

Soziale Bewährtheit

Commitment und Konsistenz

Worte wirken Wunder

Das ganze Leben ist ein Spiel

Exkurs: Warum Kinder Wutanfälle bekommen

Ablenkung

Führung zurückerobern: die paradoxe Intervention

Mit dem Latein am Ende

Über das Setzen von Grenzen

Wünsche äußern statt Grenzen setzen

Grenzen ziehen und Beziehung stärken

Ding Nummer 3: Du hast es in der Hand

Warum Erziehung scheitert

Der entscheidende Punkt

Crashkurs: Erziehungscoaching

Was möchtest du erreichen?

Woran würdest du erkennen, dass es besser ist?

Wie war es, als es besser war?

Wie wäre es nach einem Wunder?

Auf einer Skala von 0 bis 10

Die wichtigste Eigenschaft

Zum Schluss: Danksagung

Einleitung

Einer vorsichtigen Schätzung zufolge gab es bereits im Jahr 2018 etwa 10.000 Eltern- und Erziehungsratgeber.1 Warum in aller Welt braucht es nun also noch diesen hier? Genau aus diesem Grund: Der Bücherdschungel an Ratgebern zur Kindererziehung ist derart riesig, unübersichtlich und konträr, dass es notwendig erscheint, die wichtigsten Faktoren, die für eine erfolgreiche Erziehung nötig sind, konzentriert aufzuschreiben. Logischerweise muss das Ergebnis dementsprechend kurz und knapp sein: 3 Dinge, mehr braucht es nicht.

Nun kannst du mit einer gewissen Berechtigung fragen, ob man das vorliegende Buch lesen muss, wenn man doch schon diverse andere Ratgeber zu Erziehungsthemen gelesen hat. Das muss du natürlich für dich selbst entscheiden. Allerdings deutet die Tatsache, dass du nach all der Lektüre immer noch Interesse an einem Erziehungsbuch hast, daraufhin, dass du noch Fragen hast. Auch wenn dir das vorliegende Buch nicht für alles eine Musterlösung bietet, so garantiere ich dir doch, dass es durch einen Mix aus wissenschaftlichem Know-How, breiter pädagogischer Berufs- und eigener Lebenserfahrung mit Kindern nicht nur professionelle und alltagstaugliche, sondern auch kreative und unkonventionelle Ideen präsentiert. Das Buch lädt dich ein, Kinder und Erziehung besser zu verstehen und eigene, individuelle sowie einfallsreiche Lösungen zu entwickeln, die zu dir und deiner Situation passen. Denn kein Ratgeber kann dir passgenaue Tipps für deinen Alltag geben. Vielmehr soll dieses Buch dich inspirieren, eigene Lösungen zu entwickeln!

Ding Nummer 1 führt in die Grundlage aller Erziehung ein und beleuchtet Erziehung großflächig. Hier findest du neben einiger Theorie vor allem eine Orientierung, worauf es immer ankommt.

Ding Nummer 2 liefert dir eine Unmenge an praktischen Tools, wie du herausfordernde Situationen im Erziehungsalltag meistern kannst. Auch dabei gibt es elementare Orientierungspunkte. Mit Hilfe von kleinen und großen, einfachen und aufwendigeren, erwartbaren und überraschenden Methoden wirst du erreichen, dass du und deine Kinder glücklich seid. Dass dabei auch manche heilige Erziehungskuh – metaphorisch – geschlachtet werden muss, gehört dazu.

Ding Nummer 3 nimmt etwas in den Blick, was viel zu oft zu kurz kommt: dich! Die beste Theorie nutzt dir nichts, wenn du es nicht schaffst, sie umzusetzen. Das ist das Wichtigste. In diesem Kapitel geht es dann genau darum: was du tun kannst, um wirklich glücklich zu erziehen.

Legen wir los!

1https://www.sueddeutsche.de/leben/kindererziehung-die-allesrichtig-machen-wollen-1.4057044#:~:text=Vorsichtige%20Sch%C3%A4tzungen%20gehen%20davon%20aus,000%20Eltern%2D%20und%20Erziehungsratgeber%20gibt. (Zugriff: 05.09.2022).

Ding Nummer 1: Beziehung statt ErziehungoderLangstreckenlauf statt Sprint

Es geht um etwas viel Größeres

Ein Buch über Erziehungsweisheiten mit einem Zitat des dänischen Philosophen Søren Kierkegaard anzufangen, kann nicht schaden. Er sagte einmal: »Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben kann man es nur vorwärts.« Nun handelt es sich bei diesem Zitat allerdings bestenfalls um eine Lebensweisheit, die wie all solche Erkenntnisse etwas pseudoklug und kitschig klingen und sich vielleicht gerade deshalb gut als Spruch für ein Wandtattoo eignen. Die Botschaft dieses Allgemeinplatzes ist natürlich aber richtig: Vieles verstehen wir erst im Nachhinein. Erst im Rückblick können wir Erlebtes einordnen und vielleicht einen Sinn sehen, wo im Augenblick des Geschehens Fassungslosigkeit vorherrschte. Das Leben im Hier und Jetzt bringt es oft mit sich, dass unser Blick eingeengt ist, wohingegen die Betrachtung zu einem späteren Zeitpunkt viel mehr Weite erlaubt.

In Erziehungsfragen ist es nicht anders. Bevor das erste Kind geboren wird, überlegt man sich vielleicht als Eltern, was einem wichtig ist. In den ersten Jahren des Nachwuchses festigen sich Prinzipien, die man unbedingt umgesetzt wissen möchte. Wenn diese scheitern oder zu oft über Bord geworfen werden müssen, fühlt sich das nicht gut an, weshalb viele Eltern dann umso vehementer versuchen, ihre Werte und Ideale durchzusetzen. Nicht selten kommt es vor, dass man mit einem gewissen zeitlichen Abstand zurückblickt und feststellt, dass die eigenen Werte tatsächlich im Leben der nunmehr erwachsenen Kinder eine Rolle spielen.

Ich vermute, liebe Leserin, lieber Leser, dass deine Kinder noch nicht erwachsen sind, du also noch mitten drinsteckst im Erziehungsalltag. Da du noch nicht den zeitlichen Abstand hast, um auf das große Ergebnis deiner Erziehung zu schauen, müssen wir dies fiktiv tun. Lass uns deshalb gemeinsam ein kleines Experiment machen. Nehmen wir einmal an, du wärst Rentnerin oder Rentner. Dein Kind bzw. deine Kinder sind längst erwachsen, wohnen wahrscheinlich – hoffentlich oder leider – nicht mehr zuhause und haben ihr eigenes Leben. Wenn du dich einmal in diese Situation versetzt, woran würdest du wohl erkennen, dass die Erziehung deines Kindes oder deiner Kinder erfolgreich und gut war? Welche Indikatoren sind für dich ausschlaggebend für den Erziehungserfolg? Die Bandbreite möglicher Antworten ist groß, doch wie lautet deine? Vielleicht findest du dich in einer der folgenden Optionen wieder, woran du deine erfolgreiche Erziehung im Nachhinein erkennen würdest:

»Dass aus meinem Sohn etwas geworden ist«,

»Dass mich die Kinder zum Geburtstag besuchen«,

»Dass ich auf die Enkelkinder aufpassen darf«,

»Dass es Harmonie in unserer Familie gibt«,

»Dass ich die wichtigste Vertraute meiner Tochter bin«,

»Dass mein Kind die gleichen Werte wie ich hat«,

»Dass mein Kind glücklich ist«

Vielleicht hast du eine ganz andere Antwort. Auch wenn ich diese nicht kenne, vermute ich, dass sie nicht lautet:

»Dass mein Kind nie Wutanfälle hatte«,

»Dass mein Sohn als Teenager keinen Mist gebaut hat«,

»Dass meine Kinder immer Zähne geputzt haben«

»Dass meine Tochter immer die Wahrheit gesagt hat«

»Dass die Kleinen meistens 20 Uhr geschlafen haben«

Warum ist das so? Der Erfolg von Erziehung bemisst sich nicht daran, dass der Alltag gut funktioniert oder dass gar die Kinder gut funktionieren. Das mögen wir uns in stressigen Situationen und in unserer Verzweiflung mitunter wünschen. Nein, der Erfolg von Erziehung bemisst sich an etwas viel Größerem. Es geht nicht um Gehorsam, Funktionieren oder gutes Benehmen, es geht um Beziehung!

Um genau zu sein: Es geht in der Regel um eine lebenslange Beziehung. Ob wir die Qualität der Beziehung dann anhand der Geburtstagsbesuche, dem Anvertrauen der Enkelkinder oder dem Nacheifern hinsichtlich der Werte messen, mag jede Person für sich entscheiden. Doch der Kern bleibt derselbe: Erziehung strebt nach Langfristigkeit und nicht nach schnellem Erfolg. Oder anders gesagt: Bei Erziehung geht es um einen Langstreckenlauf, nicht um einen Sprint.

Die australische Psychologin Nadene van der Linden hat sieben Anzeichen benannt, woran sie als Therapeutin bei Eltern erkennt, dass diese gut erziehen.2 Das Interessante an ihren Erkenntnissen ist, dass drei der sieben Merkmale Verhaltensweisen der Kinder beschreiben, die nichts mit Kategorien wie brav, lieb oder gehorsam zu tun haben, sondern weit tiefer reichen:

1. Dein Kind teilt eine große Spannbreite an Emotionen mit dir

2. Dein Kind kommt mit seinen Problemen und Verletzungen zu dir

3. Dein Kind kann seine Gedanken und Gefühle mit dir diskutieren, ohne deine Reaktion fürchten zu müssen

Anhand dieser Anzeichen wird noch einmal deutlich, dass der Erfolg von Erziehung häufig etwas zu sein scheint, das man mit einer vertrauensvollen oder liebevollen Beziehung beschreiben kann.

Doch wie muss die Erziehung nun aussehen, damit es zu einer solchen Beziehung kommt? Hierüber geben die vier restlichen Anzeichen van der Lindens möglicherweise Auskunft:

4. Dein Feedback ist nicht kritisch und nicht wertend

5. Du ermutigst dein Kind, seine Interessen und Begabungen zu verfolgen

6. Du kreierst Grenzen, um deinem Kind Sicherheit zu geben

7. Du machst deine Fehler wieder gut

Auch hierbei wird wieder deutlich: Gute Erziehung zeichnet sich weder dadurch aus, keine Fehler zu machen, noch dadurch, dein Kind zu angepasstem und richtigem Verhalten zu bringen.

Vielleicht fragst du dich, wie ich auf die Idee komme, solche Aspekte überhaupt mit erfolgreicher Erziehung in Verbindung zu bringen. Der Grund dafür ist einfach: Die meisten Eltern, mit denen ich in meinem Erziehungscoaching zu tun habe, wollen genau das. Sie fragen sich, was sie tun können, damit ihr Kind Zähne putzt, rechtzeitig schläft oder aufhört, mit Schimpfwörtern um sich zu werfen. Und ich vermute sogar, dass solche oder ähnliche Fragen der Grund dafür sind, warum du dieses Buch liest.

Nun ist daran in keiner Weise etwas verwerflich, wenn sich Eltern Hilfe suchen, um den Alltag irgendwie zu überstehen. Zähne müssen nun einmal geputzt werden, zeitig schlafende Kinder geben Eltern die Möglichkeit, selbst aufzutanken und verbale Entgleisungen gehören sich einfach nicht. So wichtig effektive Erziehungsmethoden sind, die genau in solchen Herausforderungen erfolgreich helfen (wir kommen darauf im zweiten Teil zu sprechen!), so wichtig ist es aber auch, nicht aus dem Blick zu verlieren, dass es insgesamt um etwas viel Größeres geht. Denn – so meine These am Anfang des Kapitels – wenn du später auf deine Erziehung zurückblickst, wirst du feststellen, dass es nicht um ein musterhaftes Verhalten ging, sondern um eine Beziehung, die ein Leben lang besteht. Und auch die Therapeutin Nadene van der Linden unterstreicht mit ihren sieben Anzeichen, dass es nicht um ein besonders gutes Funktionieren des Alltags geht, sondern um grundsätzliche Haltungen, die zum individuellen Wohl des Kindes und der Eltern-Kind-Beziehung beitragen. Ohne es zu wissen, vermute ich sogar, dass deine Antwort auf meine ursprüngliche Frage sich in etwa in den ersten drei Anzeichen van der Lindens wiederfindet.

Wenn dem so ist, dann bedeutet das: Dein Blick auf Erziehung darf weiter sein.

Ich sprach einmal mit einer Mutter zweier erwachsener Kinder. Beide Kinder waren Mitte Zwanzig. Die Mutter klagte darüber, wie schwer die Teenager-Phase der Kinder für sie als Eltern gewesen sei. Die Kinder haben nicht mehr gehört, Drogen genommen und seien völlig frei gedreht. Sie fühlte sich als große Versagerin. Als ich sie dann fragte, was ihre Kinder beruflich machten, war auffällig, dass beide angesehene Berufe hatten: Die Tochter war Lehrerin, der Sohn Ingenieur. Interessant dabei war: Die Frau selbst war Lehrerin, ihr Mann Ingenieur. Auf diese Parallelität hingewiesen, erzählte die Frau weiterhin, dass sie heute alle ein gutes Verhältnis haben, viel lachen und sich häufig sehen. Ist die Erziehung gescheitert? Natürlich nicht!

Diese Mutter ist kein Einzelfall. Schon oft habe ich mit Müttern gesprochen, die über ihre jugendlichen Kinder klagen oder darunter leiden, vermutlich »alles falsch gemacht« zu haben. Manchmal kenne ich dabei auch deren Kinder, die tatsächlich regelmäßig Mist bauen oder vonseiten der Schule Ärger bekommen. Doch in der Regel stelle ich fest, dass – nach meiner Beurteilung – die Beziehung zwischen Kind und Mutter intakt ist. Denn oft erfahren diese Mütter nicht erst von der Schule, dass es Probleme gab, sondern ihre Kinder vertrauen sich ihnen eigenständig an und bitten um Hilfe. Auch aufgrund der Art und Weise, wie die Jugendlichen mit ihrer und über ihre Mutter sprechen, zeigt, dass sie viel Wertschätzung und Liebe für diese haben.

Wenn du dich nun daran erinnerst, woran du als Rentnerin oder Rentner erkennen würdest, dass deine Erziehung gut war, dann findest du das hier wieder: Auch wenn sich die jugendlichen Kinder nicht musterhaft verhalten, haben die Mütter eines ganz sicher richtig gemacht – ihnen ist es gelungen, eine gute Beziehung zu ihren Kindern zu erhalten. Und wenn es mir gelingt, diesen Müttern deutlich zu machen, dass es bei Erziehung um etwas Größeres als richtiges Verhalten geht, dann haben sie eine Chance, sich von Selbstvorwürfen zu befreien.

Wie wichtig es ist, sich immer zu verdeutlichen, worum es uns eigentlich geht, welche – auch kleinen – Ziele man mit seinem Tun verfolgt, darum soll es im nächsten Abschnitt gehen.

2https://www.parent.com/blogs/conversations/7-signs-youre-an-awesome-parent?amp%3Butm_content=7%20Signs%20You%27re%20Parenting%20Right%20According%20to%20a%20Clinical%20Psychologist&amp%3Butm_medium=Parent.co&amp%3Butm_source=facebook_page&utm_campaign=coschedule (Zugriff: 22.08.2022).

Was Martin Luther King und Bill Gates mit Erziehung zu tun haben

Als Martin Luther King am 28. August 1963 in Washington, D. C. seine berühmte Rede mit dem Titel I Have a Dream vor 250.000 Menschen hielt, erzeugte er mit seinen inneren Bildern wahre Begeisterungsstürme. Er sah Dinge, die in der Gesellschaft möglich waren, die aber zum Zeitpunkt der Rede noch unvorstellbar schienen. Nur ein paar Jahre später formulierte der junge Bill Gates ebenfalls eine Vision, die nicht weniger unvorstellbar war: ein PC auf jedem Schreibtisch und in jedem Haushalt. Praktischerweise beinhaltete die Vision zugleich die Vorstellung, dass seine Firma die Software dafür liefert. Einige Jahrzehnte später muss man sagen: Er hat es geschafft!

Menschen mit Vision zeichnet aus, dass sie genug Fantasie haben, um völlig unrealistische Dinge zu sehen und genug Glauben, um von ihrer Verwirklichung überzeugt zu sein. Wahrscheinlich blickst auch du ehrfurchtsvoll zu solch großen Persönlichkeiten auf und ziehst deinen Hut. Doch im Grunde bist auch du eine visionäre Person! Jeder Mensch, der einen anderen Menschen erzieht, handelt visionär. Aus Bescheidenheit nennen wir unsere Visionen aber eher Ziele oder Erwartungen. Doch im Grunde ist es ganz ähnlich: Als Eltern sehen wir etwas in unseren Kindern, das diese noch nicht sehen oder sehen können. Das fängt bei aktuellen und spezifischen Verhaltensweisen an (»Mein Kind soll seinen Schulranzen ins Regal räumen«); meint aber auch weit in die Zukunft reichende und allgemeine Ziele (»Mein Kind soll glücklich sein«, »Mein Kind soll Abitur machen«). Wenn du diese Ziele nun im Stile Martin Luther Kings ausdrückst, dann merkst du, wie visionär auch du bist: »Ich habe einen Traum, dass eines Tages mein Kind seinen Schulranzen ins Regal räumt.« Natürlich klingt das überzogen bei solch alltäglichen Anliegen, doch wird deutlich, dass Erziehungsziele eine Form von Visionen sind. Demnach bist auch du ein Visionär oder eine Visionärin!

Doch was sind deine Ziele, Wünsche, Visionen für dein Kind? In einer alten Untersuchung von 1980 haben die Psychotherapeutin Veronika Grüneisen und der Psychologieprofessor Ernst-Hartmut Hoff3 herausgefunden, dass die wichtigsten Erziehungsziele von Eltern von sechs- bis zehnjährigen Kindern folgende waren: ehrlich sein, glücklich sein, selbstständig sein. Schaut man sich eine repräsentative Untersuchung aus dem Jahr 20064 an, bei der Menschen ab 14 Jahren befragt wurden, welche aus einer Liste auszuwählenden Erziehungsziele ihnen besonders wichtig sind, waren die bedeutsamsten Ziele: Ehrlichkeit, Selbstständigkeit, Verlässlichkeit. Überraschend, wie ähnlich die Erziehungsziele ein Viertel Jahrhundert später noch sind, oder? Und auch wenn man neuere Befragungen ansieht, stellt man fest, dass es kaum Veränderungen gibt. So kommt eine Repräsentativumfrage aus dem Jahr 20186