A Taste of Bitter Secrets - Anne Goldberg - E-Book
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A Taste of Bitter Secrets E-Book

Anne Goldberg

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Beschreibung

Als Gwen in ihre Heimatstadt Canterbury zurückkehrt, will sie einfach nur dem Familienrestaurant mit einer Social-Media-Kampagne zu neuem Ruhm verhelfen - und dann so schnell wie möglich wieder verschwinden. Mit Henry hat sie dabei nicht gerechnet: mürrischer Koch, heißer Bad Boy und absolut kein Fan von Tik Tok und Co. Nur mit Müh und Not kann Gwen ihn zu einem Video überreden. Der Dreh endet in einem Desaster, denn Henry legt seinen Groll auch vor der Kamera nicht ab. Doch das Video entpuppt sich als viraler Hit - und fordert weitere Aufnahmen, weitere hitzige Schlagabtausche und schließlich heftige Funken, die nicht nur auf die rasant wachsende Zahl der Follower überspringen. Wären da nur nicht die Schatten der Vergangenheit, die Gwen in Canterbury wieder einholen und sie ein zweites Mal vor die schwierigste Entscheidung ihres Lebens stellen.

»Henry brauchte keine Flügel, keine Hörner und keine Drachen, um sich als Shadowdaddy zu qualifizieren. Ein weißes Shirt und der angepisste Gesichtsausdruck reichten völlig.«

Der neue Roman von Anne Goldberg für Leserinnen und Leser, die humorvolle, emotionale Liebesgeschichten mit starken Frauenfiguren und sexy Bad Boys lieben!

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Seitenzahl: 489

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

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Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Vorwort

»End of Beginning« Djo    

»Sweet Creature« Harry Styles    

»The Emptiness Machine« Linkin Park    

»This Life Ain't Easy« Jonah Kagen    

»Somewhere Inbetween« Frank Turner    

»Nice to Me« You Me At Six    

»That Girl« Emei    

»Down in the Valley« The Head And The Heart    

»as good a reason« Paris Paloma    

»Horns« Bryce Fox    

»Alligator« Billy Raffoul    

»Jungle« Hotel Mira    

»Just My Type« Palaye Royale    

»Not That Kinda Guy« Yu x DAMONA    

»Just like you« NF    

»Wednesday Afternoon« Palaye Royale    

»The Tradition« Halsey    

»Wither On The Vine« Freya Ridings    

»9 Lessons« Moncrieff    

»Dominoes« Ren    

»Quiet Company« Jack Harris    

»Desire« Palaye Royale    

»Me Against My Head« Bea and her Business    

»Killing in the Name« Rage Against The Machine    

»Mansion« NF ft. Fleurie    

»God Needs The Devil« Jonah Kagen    

»Violet« Drawing Blanks    

»Be Mine« The Covasettes    

»Theatre« Etta Marcus    

»Secret« The Gardener and The Tree    

»HURT« Dead Poet Society    

»In The Light« Michael Marcagi    

»Stick Around« The Luka State    

»I choose violence« Jax    

»labour« Paris Paloma    

»Love Somebody« Moncrieff    

Danksagung

Content Note

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

Cover

Inhaltsverzeichnis

Titelseite

Inhaltsbeginn

Impressum

    

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Über dieses Buch

Als Gwen in ihre Heimatstadt Canterbury zurückkehrt, will sie einfach nur dem Familienrestaurant mit einer Social-Media-Kampagne zu neuem Ruhm verhelfen – und dann so schnell wie möglich wieder verschwinden. Mit Henry hat sie dabei nicht gerechnet: mürrischer Koch, heißer Bad Boy und absolut kein Fan von Tik Tok und Co. Nur mit Müh und Not kann Gwen ihn zu einem Video überreden. Der Dreh endet in einem Desaster, denn Henry legt seinen Groll auch vor der Kamera nicht ab. Doch das Video entpuppt sich als viraler Hit – und fordert weitere Aufnahmen, weitere hitzige Schlagabtausche und schließlich heftige Funken, die nicht nur auf die rasant wachsende Zahl der Follower überspringen. Wären da nur nicht die Schatten der Vergangenheit, die Gwen in Canterbury wieder einholen und sie ein zweites Mal vor die schwierigste Entscheidung ihres Lebens stellen.

Anne Goldberg

A Taste of Bitter Secrets

   

   

   

   

Für die Loser, die Freaks, die Chubbys und die Weirdos von damals.

Für euch, die heute die Erwachsenen sind, die sie früher so dringend gebraucht hätten.

Es gibt keine Bande, in der ich lieber wäre als in eurer.

Vorwort

Liebe Leser*in,

bevor wir in die Geschichte starten, ein völlig belangloser Fakt vorab: Als ich das Cover für A Taste of Bitter Secrets gesehen habe, war ich heillos begeistert.

Schön für mich, aber warum mülle ich die Seite mit dieser Randinformation zu, statt dich endlich nach Canterbury zu entführen? Ganz einfach: Das Cover spiegelt für mich den Inhalt der Geschichte wider.

Auf der einen Seite ist da dieses zarte Rosa. Es steht für die herzerwärmenden Passagen, von denen es in dieser Geschichte nur so wimmelt.

Auf der anderen Seite ist das dunkle, fast schwarze Grau. Darin tummeln sich andere Themen. Als Autorin habe ich die Macht, meine Figuren durch dieses Dunkel hindurchzuführen und dafür zu sorgen, dass sie am Ende heile ankommen.

Du als Leser*in sollst aber bitte genauso unbeschadet bleiben.

Falls es Themen gibt, die dir schaden könnten, dann schau bitte auf die Content-Note am Buchende und pass beim Lesen auf dich auf. (Achtung, diese Liste enthält Spoiler zum Verlauf der Geschichte.)

Ich wünsche dir eine tolle Zeit mit der bösen Fee und dem Shadowdaddy.

Alles Liebe,

Anne Goldberg

»End of Beginning«Djo   

Gwen

Städte, in die man nie zurückkehren wollte, sind statistisch gesehen genau die Orte, die einen immer wieder magisch anziehen. Das ist keine offiziell anerkannte Studie, sondern die Lebenserfahrung einer sehr weisen Frau: mir.

Gwendoline Whitmore, die mit fünfzehn Jahren zur peinlichsten Flucht aller Zeiten aufgebrochen war und sich geschworen hatte, keinen Fuß mehr über die Stadtgrenze von Canterbury zu setzen. Und zwar nie, nie, nie wieder. Das war, was ich mir in einer regnerischen Oktobernacht vorgenommen hatte.

Nie, nie, nie wieder ... Mit fünfzehn hatte ich süßes, naives Ding noch nicht gewusst, dass solche Wünsche wie ein Bumerang sind. Egal, wie oft man sie in die Welt hinauswirft, man landet jedes Mal wieder am Ausgangspunkt.

Diese Rückkehr war nun die elfte. Jede der vorangegangenen war von einem mulmigen Drücken in meinem Magen begleitet worden, bis ich nach ein paar Tagen endlich wieder flüchten und mir ein weiteres Mal schwören konnte, nie, nie, nie wieder zurückzukehren. Nummer elf reihte sich nahtlos in diesen Reigen aus Übelkeit und Fluchtgedanken ein.

Ich atmete die kühle Novemberluft ein. Sie roch nach dem bunten Laub, das von den Bäumen des kleinen Parks gefallen war. Sie roch nach dem Moos in der Steinmauer, die den Garden of St. Mary de Castro umgab. Sie roch nach ... keine Ahnung.

Mein Magen lag wie ein dicker Klumpen aus »Ich will hier weg« in meinen Eingeweiden. Meine Kehle war trocken. Der Schal um meinen Hals war zu fest. Die Haut, die er berührte, juckte.

Reiß dich zusammen, sagte ich mir. Es ist nur ein Job. Dad hat angerufen, er braucht deine Hilfe, du hattest einen schwachen Moment und hast Ja gesagt. Jetzt bist du hier. Also machst du deine Arbeit und in einer Woche bist du wieder in London. Mega simpel.

Ich lockerte den Schal genug, um dieses elende Jucken zu unterbinden und trat auf die alte Kopfsteinpflasterstraße, auf der die gelben Blätter der großen Kastanie klebten. Ich lief vorbei an der alten verschnörkelten Straßenlaterne aus Messing, die genau vor der Eingangstür stand und stets erste Anlaufstelle von Betrunkenen war, die es bei einer Feier im Chaucer's Rest übertrieben hatten.

Guinnes Irish Stew mit hausgemachtem Brot.

Dads bemüht leserliche Druckbuchstaben auf der Klapptafel vor der Tür nahm ich nur aus dem Augenwinkel wahr. Die Worte konnte ich selbst auf dem äußersten Rand meines Blickfeldes entziffern. Sofort hörte ich das Echo einer alten Erinnerung in meinem Hinterkopf flüstern. »Wenn deine Mum kocht, muss sie auch die Tafel beschriften. Dann kann es zwar niemand lesen, aber alle wissen, dass das Essen schmeckt.«

Tja, nur kochte Mum heute nicht. Seit zwei Jahren kochte sie überhaupt nie wieder. Ich konnte also keine dumme Tafel gebrauchen, die mich mit ihrem dummen Tagesgericht an dumme Tatsachen erinnerte.

Ich ließ das Ding links liegen und öffnete die Tür. Sofort roch ich Holz und einen leichten Hauch von Bier, der immer in der Luft lag, egal wie penibel Dad seinen Tresen sauber hielt. Die Dielen unter meinen Füßen knarrten, wie es sich für Dielen eines rustikalen, alten Lokals auch gehörte. Mein Blick fiel auf die Wände. Schon immer hatten meine Eltern einige Stellen unverputzt gelassen, um die Klinkersteine ihren romantisch-altbackenen Zauber wirken zu lassen. Die verputzten Stellen waren bei meinem letzten Besuch vor zwei Jahren noch weiß gewesen. Heute fiel mir sofort ihr Salbeigrün in die Augen. Der Farbe folgte der Gedanke, dass es Mum gefallen hätte.

Stopp, Gwen. Keine Sentimentalitäten wegen einer dämlichen Wandfarbe. Du hast einen Job zu erledigen. Reiß dich zusammen!

Geruch, Boden, Wände, sagte ich gedanklich auf und drehte mich einmal um mich selbst. Jedes Lokal auf der Welt hatte einen Geruch, einen Boden und vermutlich auch Wände. Ich brauchte mehr. Mehr von dem, was Gäste hier in diesem Raum hielt, sobald sie ihn betreten hatten.

Das hast du jetzt davon. Nur weil du ein paar Podcasts auf Social Media viral gehen lässt, bildest du dir ein, dass du das mit einem Restaurant genauso kannst? Holy Shit ...

Ich zuckte zusammen, als die Flügeltür hinter der Theke aufflog. Dad trug zwei große Spülkisten voll mit Gläsern vor sich her – zwei Schritte weit, ehe er innehielt und mich anstarrte wie einen Geist.

»Okay, wow.« Ich stieß diese Worte eher aus, als dass ich sie sagte. Mein Puls trieb sie viel zu laut über meine Kehle, und doch übertönten sie ihn nicht. »Entschuldigen Sie, dass ich so reinplatze, Sir. Ich bin Ihre verschollene Tochter. Sie haben mich angerufen, schon vergessen?«

Dad schnaufte und riss sich mit einem Kopfschütteln aus seiner Starre. Die Gläser trug er bis zum Tresen und lud sie dort neben den Zapfhähnen ab, ehe er sich auf der Arbeitsplatte abstützte und mich mit übertrieben gerunzelter Stirn begutachtete. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden, junge Frau. Ich habe keine Tochter, nur eine Abtrünnige, die zufällig mit mir verwandt ist.« Ich sah das Lächeln trotz seines dichten Barts und erkannte in seinen Augen, dass er dieses Lächeln ernst meinte, auch wenn es ihm nicht leichtfiel.

Das war okay. Weil es seit dieser regnerischen Oktobernacht eben okay zu sein hatte.

Ich wusste, dass die Tür an diesem Ort für mich immer offenstehen würde. Jederzeit. Solange ich Rupert Whitmore nur nicht darauf ansprach, wie schwer es ihm fiel, sie aufzuhalten.

»Ich wusste nicht, dass du schon so früh kommst«, schob er nach und kam um den Tresen herum.

Ich zuckte mit den Schultern, wie man das eben machte, wenn eine Situation hauchzart an der Grenze zur Unbehaglichkeit schrammte. Mit diesem Schulterzucken deutete ich zu der Flügeltür, durch die mein Vater gerade den Gastraum betreten hatte und hinter der ich die wohlvertraute Geräuschkulisse einer Küche vernahm. »Ist Naomi auch da?«

»Alle sind da.« Dad schaute kurz zu den Gläsern, dann zu mir und entschied, dass es die Gläser waren, die warten konnten. »Komm.«

Ich folgte ihm durch die Tür nach hinten in den Teil des Chaucer's Rest, der immer Mums Reich gewesen war. Jahrzehntelang hatte sie dort geherrscht wie eine Königin. Kein Teller war an den Service gegangen, ohne dass sie einen prüfenden Blick darauf geworfen hatte. Kein einziger. Nicht einmal ...

Da lag ein Brett an ihrem Platz. Daneben eine Messertasche, die nicht ihre war. Und ihr Buch – genau dort am Kopf der Küchenzeile, an dem sie immer gestanden hatte.

Ich hätte ahnen müssen, dass heute jemand anderes an diesem Platz arbeiten würde. Doch womit ich niemals gerechnet hätte, war das gebundene grüne Notizbuch. Sie hatte es immer behütet wie einen Schatz. Und jetzt lag es genau dort, wo es immer gelegen hatte. Als würde die Vergangenheit der Gegenwart einen hundsmiserablen Streich spielen.

»Naomi kennst du ja«, riss Dad mich aus meinen Gedanken.

Ich hob den Blick und fand sofort das strahlende Lächeln der kleinen Blondine, die seit fast acht Jahren für meine Eltern arbeitete. Oder war es vielleicht sogar schon länger? Sie hatte noch immer ihren alten Platz im hinteren Bereich der Küche.

»Hey Gwen!« Fröhlich winkte sie mir mit dem Messer in der Hand zu. »Elise ist im Büro. Hausaufgaben. Soll ich sie holen?«

Hausaufgaben im Büro. Fast hätte ich mich zum theatralischen Augenrollen einer großen Schwester hinreißen lassen. Natürlich saß sie nachmittags im Büro und machte Schularbeiten, statt in der Stadt herumzulungern. So wie ich damals.

»Danke, Naomi.« Dads zustimmendes Brummen genügte, schon ließ seine Mitarbeiterin ihr Messer sinken und huschte in den schmalen Seitengang, der zum Büro und den Kühlräumen führte.

»Sei so lieb und erklär ihnen noch mal, was du hier machst.« Kaum war Naomi verschwunden, nutzte Dad die Gelegenheit, um sich mit dieser kleinen Bitte an mich zu wenden. »Ich verstehe von all dem nichts und wollte nichts Falsches sagen.«

»Kein Problem«, murmelte ich. Mein Blick ruhte noch immer auf Mums grünem Notizbuch. »Ich mach manchmal den ganzen Tag nichts anderes, als Leuten zu erklären, wieso ich überhaupt da bin. Ihr kocht also noch nach Mums alten Rezepten?«

Diese Frage zu stellen war so gewesen, als hätte seit Minuten eine Stelle in meinem Hirn ganz fürchterlich gejuckt, und jetzt endlich hatte ich dort kratzen können.

»Nicht immer, aber hin und wieder. Die Leute wollen immer mehr moderne Küche. Burger und so was.«

Ich nickte und klappte das Buch auf. Scones. Scheiße, ich war neun oder zehn gewesen, als Mum ihre Scones perfektioniert hatte. Für die dazugehörige Marmelade hatte sie mich als Verkosterin rekrutiert. Angeblich, weil ich die größte Marmeladenkennerin war, die sie gekannt hatte. Mittlerweile war mir klar, dass jeder andere an einem Zuckerschock verendet wäre, hätte er so viel Marmelade in sich reinschaufeln müssen.

»Das können wir nutzen. Die Leute stehen auf ...«

Ich hatte umgeblättert. Genau die eine Seite weiter, hinter der sich die drei Marmeladenrezepte verbargen, die ich damals als die besten gekrönt hatte. Zumindest war das in meiner Erinnerung so gewesen. Meine Augen jedoch sahen, wie Mums sorgfältig notierte Rezeptur teilweise unterbrochen war von einer anderen Handschrift. Das war falsch. Ganz und gar falsch. Es fühlte sich an, als hätte irgendjemand diese Erinnerung, die allein Mum und mir gehörte, genommen und ... Der Griff, der sich plötzlich um mein Handgelenk schloss, war nicht schmerzhaft, aber fest und zog meine Hand von dem Buch weg.

»Pfoten weg, hab ich gesagt.«

Die Stimme neben mir war tief, ruhig, unmissverständlich und fremd. Und sie berührte den kleinen nostalgischen Klumpen in meinem Magen wie eine heiße Nadel. Es zischte. Unter meinem Zwerchfell und in meiner Kehle.

Ich fuhr herum und ließ dieses Zischen über meine Stimme entweichen, noch ehe ich richtig sah, wem es überhaupt galt. »Das Buch gehört meiner Mum. Niemand darf da einfach reinschreiben.« Für diesen kurzen Moment war ich neun. Ich saß auf der Arbeitsplatte und hielt den Löffel in der Hand, den Mum mir gegeben hatte. Unter ihrem Blick kostete ich die vermutlich zehnte Marmelade an diesem Tag. Heidelbeere. Und nun stand da dieser random Typ und trampelte auf einer der wenigen Erinnerungen herum, die ich für immer bewahren wollte. »Bullshit.« Mit dieser Einschätzung ließ er mein Handgelenk wieder los und klappte das Buch zu. Er schob es sogar ein Stück von mir weg, während er mich taxierte, als wäre ich irgendeine dahergelaufene Irre, die sein Eigentum ableckte.

Es war purer Automatismus, dass ich meine Arme vor der Brust verschränkte und zurückstarrte. Ich kannte die Art von Männern, die sich darauf verließen, dass Frauen unter ihrem Blick erzitterten. Mr Photoshop hier machte da keinen Unterschied – mit seinem Gesicht, das so massentauglich schön war, dass man damit mühelos das neuste fancy Porridge bewerben konnte, genauso gut aber auch das nächste Heimwerkergerät für den Geschäftsmann in seiner Midlife-Crisis. Unterwäsche, Hustensaft oder Autoversicherungen – man würde vermutlich nicht einmal merken, dass es immer dasselbe Gesicht war, das einem da entgegenstrahlte: mit den perfekten Augen, der perfekten Kieferpartie und dem perfekten Dreitagebart. Genauso attraktiv wie belanglos.

Nur war sich Mr Photoshop offensichtlich nur des ersten Attributs bewusst. Klar.

»Fass nie wieder meine Sachen an, verstanden?«

War das sein beschissener Ernst? »Das sind nicht deine ...«

»Sehr gut, dann sind wir ja alle da.« Ich hörte das Aufatmen in Dads Stimme, während sich in meinem Magen ein dicker, fetter Klumpen bildete, als Elise gemeinsam mit Naomi in den Arbeitsbereich der Küche einbog. Die Kleine war kein präpubertäres Kind mehr wie bei meinem letzten Besuch, sondern ein ausgewachsener Teenager. Allein, wie sie sich etwas zu gelassen gegen die Arbeitsplatte lehnte und für mich nur einen kurzen Blick und ein sehr, sehr knappes Nicken übrig hatte ... Diese eine Geste genügte, um mich maximal unwillkommen zu fühlen. Mit einem Mal war ich kein kleines Mädchen mehr, das einer Erinnerung mit ihrer Mum nachtrauerte, sondern eine 30-jährige Frau, die nervös wurde, weil eine 15-jährige Göre sie nicht leiden konnte.

Und ich Idiotin hatte gewusst, dass das passieren konnte. Dass ich beim Ausstieg aus dem Zug in Canterbury meine Identität als Gwen Whitmore, selbstbewusste und selbstbestimmte Social Media Managerin, zurücklassen und mich in einen Pool aus Unsicherheiten stürzen würde.

Wieso zur Hölle tat ich mir das überhaupt an?

»Naomi, du und Gwen, ihr kennt euch ja schon länger und Henry ...« Er schaute zu dem Schönling, der Dads Blick auffing und dann mich mit abschätzig in die Höhe gezogenen Augenbrauen ansah.

»Hm«, grunzte er. »Gwen. Tochter. Schon kapiert.«

Na, wenn dieser Typ sich nicht gerade als Sonnenschein des Teams entpuppte.

»Gut«, setzte Dad fort. »Ich hatte ja bereits angekündigt, dass sie für ein paar Tage hier sein wird, um uns zu unterstützen. Gwen ...« Auffordernd sah er mich an. Das war dann wohl der Part, den ich ihm versprochen hatte.

Ich nickte und räusperte mich. Gleichzeitig suchte ich in meinem Hirn händeringend nach Sätzen, die medienfremden Menschen erklärten, was zur Hölle ich hier zu suchen hatte.

Ich sah Naomis wohlwollendes Lächeln, Dads hoffnungsvollen und Elises gelangweilten Blick. Mr Photoshops Miene hingegen war völlig undurchsichtig und bereit, in Schwarz-Weiß auf der Titelseite des nächstbesten Männermagazins abgedruckt zu werden.

»Ich weiß nicht, wie viel Dad schon erzählt hat, aber normalerweise arbeite ich für eine Produktionsfirma und betreue die Accounts von Podcasts. Das heißt, ich hänge eigentlich den ganzen Tag auf Social Media rum und plane Content, was heißt, dass ich Fotos mache und bearbeite, Grafiken entwerfe und Texte schreibe. Gleichzeitig beobachte ich, was aktuell im Trend liegt und prüfe, ob ich das für meine Podcasts anwenden kann. Und Dad hat mich gebeten, das Gleiche für das Chaucer's Rest zu machen.« Ich holte mir von meinem Vater ein kurzes Nicken ab. Ein bisschen Rückendeckung, die ich sicher gut gebrauchen konnte. Niemand arbeitete in einer Küche, weil er oder sie Bock hatte, vor einer Handykamera zu posieren. »Ich werde damit anfangen, Bilder vom Restaurant zu machen, von der Küche, von den Gerichten. Und natürlich auch Bilder von euch. Nichts funktioniert besser als die menschliche Ebene. Dad, hattest du schon die Vereinbarungen mit ihnen gemacht?«

»Was für Vereinbarungen?« Natürlich sprang ausgerechnet Mr Sunshine darauf an, was wohl meine Frage beantwortete.

Natürlich ließ mein Vater sich sofort einschüchtern. »Meinst du wirklich, dass das nötig ist?«

Komm schon, Dad, dachte ich. Dein Ernst? »Ich darf keine Bilder veröffentlichen, solange ich nicht das Okay dafür habe. Aber ich kann das übernehmen, kein Problem. Jedenfalls ...« Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie mein neuer bester Freund die Arme verschränkte, als wolle er mir zeigen, dass ich noch sehen würde, wie sehr das kein Problem war. Doch für den Moment entschied ich, das zu ignorieren. »Jedenfalls kann ich versprechen, dass ich euch nicht zur Last fallen werde. Ich bin hier großgeworden. Ich weiß also, dass ihr Stress habt. Das Tagesgeschäft hat immer Prio, auch für mich. Ansonsten ...« Lächeln, Gwen. Egal, wie angepisst oder irritiert sie aussehen – lächeln und winken. »Ansonsten freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit euch. Ich habe schon wahnsinnig viele Ideen, aber das machen wir alles Schritt für Schritt.«

Bullshit.

Niemand sagte ein Wort. Naomi nickte, Elise lächelte sehr dezent, was ich als gescheiterten Versuch wertete, ihre Belustigung zu verbergen. Mr GQ hob indes seine Augenbraue und sah mich unverwandt an.

Bull. Shit.

Sein Gesicht war wie dafür gezeichnet, dieses Wort nonverbal zu kommunizieren. Offen blieb nur die Frage, ob das sein entspannter Gesichtsausdruck war oder ob man mir wirklich so leicht ansehen konnte, wie sehr ich es hasste, hier zu sein. Und dass ich bisher noch rein gar nichts hatte. Außer einen knarrenden Boden, den Geruch von Holz und frisch gestrichene Wände – und damit das vermutlich erbärmlichste Social-Media-Konzept aller Zeiten.

»Sweet Creature«Harry Styles   

Gwen

Ich brauchte Hilfe – und zwar von dem einzigen Mann, der mich jederzeit aus jedweder misslichen Lage befreien würde. Ob schwindendes Gleichgewicht nach einem Drink zu viel, ein aufdringlicher Typ, fehlende Inspiration oder tiefe Verzweiflung: Rory war immer meine erste Adresse. Da bildete der heutige Tag keine Ausnahme.

Und so fand ich mich eine Stunde vor Öffnung des Chaucer's Rest auf dem Bürgersteig davor wieder. Hellgraue Wolken hatten sich über Canterbury eingefunden und ließen leichten Nieselregen hinabfallen wie deprimierten Glitter. Keine Chance, in dieser Kulisse etwas anderes in dem Restaurant zu sehen als alte Gemäuer und schmerzhafte Erinnerungen. Jedenfalls nicht durch meine Augen. Aber vielleicht durch Rorys.

»Oha. Du bist ja draußen.« Das war das Hallo, mit dem Rory den Videocall entgegennahm. Noch ehe ich etwas erwidern konnte, hob er seine Hand – ein klares Signal, meine Klappe zu halten. »Lass mich raten: Du brauchst eigentlich keinen fachlichen Rat. Du bist auf der Flucht und ich soll dich anfeuern.«

Ich seufzte. »Verführerisch. Kannst du mich gut hören?«

»Einwandfrei, Liebes«, bestätigte er. »Her mit deinem Problem, ich bin startklar.«

Gut, damit hatte er mir Einiges voraus.

Ich nickte und wechselte auf die Frontkamera, damit Rory sehen konnte, was ich sah: ein altes, typisch britisches Eckgebäude. Zwei Etagen. Unten das Lokal, oben die Räume, in denen meine Familie lebte, seit ich denken konnte. Das traditionelle Blechschild mit dem Namen des Restaurants wiegte sich leicht knarrend im Wind und gab der trostlosen Szenerie damit den letzten Schliff.

»Voilá.« Ich versuchte, so festlich wie nur irgend möglich zu klingen, was genügte, um Rory ein gehässiges Lachen zu entlocken.

»Mit dem Tonfall weckst du meine Sensationslust, Liebes, das weißt du ganz genau. Ich erwarte da mindestens einen Blondierungsunfall und keinen langweiligen Kleinstadtschuppen. Spiel nicht so mit meinen Gefühlen.«

Rorys Worte fühlten sich ein kleines bisschen nach London an. Nach Zuhause. Und nach mir. Oder wenigstens nach der Version von mir, die ich sein wollte. Hier in Canterbury war ich nicht ich selbst, sondern ein willkürliches Mosaik aus den Scherben, die ich damals hier zurückgelassen hatte.

»Keine Beauty-Experimente, sorry. Nur das Chaucer's Rest. Und jetzt du.«

»Chaucer? Geoffrey Chaucer?«

»Hm«, machte ich mit derselben mittelmäßigen Begeisterung, mit der ich die Backstory zu dem Namen herunterleierte. »Angeblich ist der gute Mann zu seiner Zeit öfter hier eingekehrt, und unser Restaurant war seine Inspiration für das Tabard Inn in den Canterbury Tales.«

»Alles klar, langweilig. Skippen wir.«

»Skippen«, bestätigte ich. »Wollen wir rein?«

»Und ich dachte schon, du fragst nie.«

Also ging ich los. Langsam lief ich über die Straße, fing den Blick nach rechts und links auf, die Klapptafel und das metallene Schild über dem Eingang, das ganze Programm. Ein leises Kichern ertönte aus meinen Airpods, gefolgt von einem entzückten Seufzen. »Weißt du, woran mich das erinnert?«

»Schieß los.« Während ich das sagte, öffnete ich die Tür und trat ein. Mit meiner Kamera fing ich zuerst das Gesamtbild des Raumes ein, bis ...

»Stopp«, tönte es in meinen Ohren, und ich hielt in der Bewegung inne. »Noch mal nach links.«

Ich tat, wie mir geheißen und zeigte ihm noch einmal den Tresen der Bar. Von dort schwenkte ich betont langsam nach links – über den Kamin und von dort zu der Fensterfront, an der sich bereits erste Regentropfen sammelten.

»Da! Da sitzt er!«

»Wer sitzt wo?«

»Vielleicht liegt es daran, dass ich die Filme am Wochenende wieder durchgebingt habe, aber ... Aragorn. Kapuze ins Gesicht gezogen ... Ich hatte schon draußen leichte Tänzelndes-Pony-Vibes. Aber jetzt: Bäm. Wir sind in Mittelerde.«

Oh gut, Rory hatte also den Verstand verloren. »Dein Ernst? Das hier ist der stinknormalste Pub, den du in ganz England finden wirst. Das hat mit Mittelerde nichts zu tun.«

»Das hat alles mit Mittelerde zu tun. Was glaubst du denn, woher der gute J.R.R. seine Inspo hatte?«

»Ganz sicher nicht aus einem kleinen Schuppen am Arsch von Canterbury. Soll ich dir noch mal einen ganzen Schwenk mit der Kamera geben? Das hier ist kein Fantasy-Epos. Wir brauchen was anderes.«

Das Seufzen, das ich nun hörte, war deutlich theatralischer. »Gwen, Ich werde es wieder und wieder und wieder betonen, bis es in deinem hübschen Köpfchen angekommen ist: Wahre Schönheit liegt niemals im Gesamtbild, sondern immer im Detail.«

»Ich dachte, im Herzen.«

»Igitt. Hast du so ein Herz mal gesehen? Die Dinger sind widerlich.«

»Jedes Mal, wenn ich einem armen Tölpel seins aus der Brust reiße.«

»Ha!«, stieß Rory aus. »That's the spirit. Damit kann ich arbeiten. Dieser süße kleine Pub steht mitten im Auenland und du bist die böse Fee, die dieses harmonische Eckchen ankotzt. Aber ganz bald machst du es dir untertan, oh ja.«

Untertan ... Ach herrje. »Ich bin nicht sicher, ob es in deinem Mittelerde-Setting überhaupt eine böse Fee gibt.«

»Papperlapapp, Liebes.« Rory gab alles, um wie eine liebenswerte Gran zu klingen, die im Körper eines androgynen Mannes am Ende seiner Zwanziger steckte. »Das ist nicht die Art von Details, mit denen wir uns aufhalten. Geh mal da hin. Zu dem Kamin und dem Tisch. Zu Aragorn.«

»Bist du high?«, murmelte ich und warf sicherheitshalber noch einen Blick über meine Schulter in Richtung Küche. »Das ist eine hübsche Ecke für Bilder, okay. Notiert. Tisch, Kamin, Fenster. Aber das ist Deko. Kein Konzept.«

Rory stieß ein Grunzen aus, als hätte sein Körper nun das Alter seines Liebenswerte-Grandma-Seelentiers aufgeholt, und er müsste aus einem tief gelegten Wagen aussteigen. »In Ordnung, hör mir jetzt genau zu. Hörst du mir zu?«

»Ich lausche.«

»Rechts der Kamin, daneben der alte, rustikale Holztisch mit seiner antiquierten Geschichte. Was dieses Wunderwerk von einem Möbelstück für Geschichten erzählen könnte ...«

»Du machst mich fertig«, seufzte ich.

»Unterbrich mich nicht, Fräulein.« Es war bezaubernd, wenn er sein Seelentier so richtig auslebte. »Wo waren wir?«

»Redseliger Tisch.«

»Viel zu schweigsamer Tisch«, korrigierte Rory mich. »Wenn er erzählen könnte. Konjunktiv. Du hörst mir nicht zu.«

»Doch, ich höre zu. Fahr bitte fort.«

Theatralisches Seufzen, übertrieben tiefes Luftholen, dann ließ er seine Empörung hinter sich und kam zum eigentlichen Thema zurück. »Also, wir haben diesen Tisch, den knarrenden, aber irgendwie auch bequemen Stuhl – widersprich mir nicht – und vor allem diesen Blick. Diese Farben. Diesen Herbst.«

Ich hob eine Augenbraue. »Du meinst das Grau und den Regen?«

»Du kanalisierst die böse Fee gerade so richtig, oder? Wach auf, Liebes. Das hier ist das Auenland für die Fantasy-Fanatiker, meinetwegen auch Stars Hollow für unsere Gilmore Girlies und jeder Ort, den du dir vorstellen kannst für die Booktok-Community. Wir haben hier die perfekte Kulisse für pseudoromantische Aufnahmen mit großen Kaffeetassen und Büchern. Dazu ein Song von Billie oder Taylor – you name it. Du musst nur diesen Vibe transportieren und guten Kaffee machen, vielleicht noch ein bisschen Foodporn und die rennen dir die Bude ein für diesen Spot.«

Langsam, ganz ganz langsam, sickerte Rorys Idee in meinen Kopf, bis sich vor meinen Augen nach und nach das Bild formte, das er längst sah. Nur ... »Das ist genau ein Tisch«, erinnerte ich ihn und schwenkte die Kamera noch mal durch den gesamten Raum. Darin waren noch siebzehn weitere Tische sowie drei Barhocker am Tresen. »Und ein paar Fenster, okay. Zwei Tische haben noch Blick auf den Park, der Rest geht raus zur Straße oder steht mitten im Raum. Nicht mehr so sexy.«

»Hm, hm, hm.« Das waren keine nachdenklichen Hms, sondern sehr tadelnde. »Und was glaubst du, wen interessiert das, wenn sie sich in King's Cross an diesen dummen halben Gepäckwagen stellen, der an eine Wand getackert ist? Niemand schert sich um die ganze Kulisse.«

»Weil die Schönheit im Detail liegt«, murmelte ich.

»Ganz genau. Ich höre schon das Voice Over: Und nur eine Zugstunde von London entfernt versteckt sich dieser verschlafene und magische Ort. Wandelt durch die Altstadt und wärmt euch bei einer heißen Schokolade im Chaucer's Rest auf. Ihr werdet euch fühlen wie Lorelai Gilmore. Oder eben wie Bilbo. Oder Galadriel, mir egal.«

Ich schwieg und starrte auf den angeblich geschichtsträchtigen Tisch neben dem Kamin. Und schließlich ertappte ich mich dabei, wie ich in die Hocke ging, um den Blickwinkel etwas zu variieren. Mehr Mauerwerk. Mehr Blick auf buntes Laub durch regenverwaschene Scheiben hindurch.

»Ah, jetzt hat sie es.« Rory atmete richtig auf. »Herrje, das ist doch sonst genau dein Ding: kurzer Blick auf das Projekt und: Bäm! Schon hat Gwen die Hook. Was ist denn los bei dir?«

Ich zuckte mit den Schultern und richtete mich wieder auf. Kurz sah ich mich um, zu Tisch Nummer elf. Er stand mitten im Raum, der dritte Tisch, wenn man aus der Küche kam und mit perfektem Blick auf die Straße. Es war mehr als mein halbes Leben her, dass ich dort gesessen und bitterlich geweint hatte. Dass ich mir nichts sehnlicher gewünscht hatte, als nicht mehr weiteratmen zu müssen.

»Du hast es ja selbst gesagt«, flüsterte ich. »Ich bin die böse Fee. Und ich fürchte, das hier ist geweihter Boden. Meine Magie funktioniert hier nicht.«

»The Emptiness Machine«Linkin Park   

Gwen

Einen Tag später stand ich erneut auf dem Bürgersteig. Wieder verbarg sich die Sonne hinter einer hellgrauen Wolkendecke. Was gut war, weil es die Schatten weicher zeichnete. Gleichzeitig würde mir aber nicht viel Zeit mit ausreichend Licht bleiben, um gute Aufnahmen hinzubekommen.

Am Vortag hatte ich nur eine kurze letzte Runde durch das Chaucer's Rest gedreht und mich dann in mein Hotel zurückgezogen, um dort den übrigen Tag an meinem Laptop zu verbringen und Inhalte vorzuplanen – für Instagram und für TikTok. Meine Mission für heute war Bildmaterial.

Also war ich pünktlich fünf Minuten vor halb elf wieder hier, überquerte die Straße und steuerte auf die Eingangstür zu. Ich griff nach dem Knauf und drehte, doch er rührte sich keinen Millimeter. »Nicht dein Ernst«, schnaufte ich und trat drei Schritte zurück, um hoch zur oberen Etage zu sehen, als würde Dad dort einfach aus dem Fenster schauen und mich dabei beobachten, wie ich versuchte, ins Restaurant einzubrechen. Ich hatte ihm gestern Abend geschrieben, wann ich heute hier sein wollte. Er hatte mit einem väterlichen erhobenen Boomerdaumen reagiert. Damit war die Sache eigentlich klar gewesen.

Die Fenster der Wohnung waren erwartungsgemäß verschlossen, also trat ich wieder an die Tür heran und versuchte noch einmal, den Knauf zu drehen. Nichts.

»Clever, Gwen«, murmelte ich. »Die Tür hat sich bestimmt wie durch Zauberei plötzlich geöffnet. Von wegen, böse Fee.« Mit einem Seufzen ließ ich meine Taschen vor der Tür fallen und stapfte an den Fenstern vorbei, bis ich den Eingang für die Wohnungen erreichte. Meinen Zeigefinger ließ ich demonstrativ mehrere Sekunden auf dem Knopf neben meinem Familiennamen liegen. Kaum ließ ich ihn wieder los, hörte ich das Geräusch alter, holzgerahmter Flügelfenster, die geöffnet wurden und dann ein: »Oh Shit, du bist schon da.« Und schließlich krachten die Fenster wieder zu.

Ja, das war die Art von Begrüßung, wie ich sie von Elise kannte. Ein kurzer Blick auf die Erstgeborene ihrer Eltern genügte, und schon spulte sich das »Du gehörst hier nicht mehr her. Das ist jetzt mein Revier«-Programm ab. Manchmal fragte ich mich, wie ihr meine Eltern die Geschichte meiner Flucht erzählt hatten. War es wirklich die Version gewesen, die sie mir gegenüber immer behauptet hatten?

»Gwen hat einfach schon früh gemerkt, dass sie nicht nach Canterbury gehört. Mobbing in der Schule, aber tolle Freunde in London. Also haben wir uns darauf geeinigt, dass sie sich die letzten Jahre bis zu ihrem Abschluss nicht quälen muss, und sie ist zu ihrer Tante nach Ealing gezogen. Fertig.«

So, wie Elise sich seit der dritten Klasse verhielt, musste die Story eher geklungen haben wie: »Gwen hält sich für was Besseres. Sie findet Canterbury scheiße. Sie findet uns scheiße. Und vor allem findet sie scheiße, mit einer kleinen Schwester wie dir zusammenzuleben. Sie hasst dich.«

Ja, vermutlich war das die Version, die Elise kannte. Ziemlich sicher sogar, dachte ich, als die Haustür sich vor mir öffnete und Elise mich einfach nur ansah. Kein »Hallo«, kein »Guten Morgen«. Sie streckte mir lediglich ihre Hand entgegen, in der sie einen Schlüsselbund hielt und erklärte: »Dad musste noch mal zum Großmarkt fahren.«

Was erklärte, wieso nicht er hier stand, sondern Elise, die mir den Schlüssel entgegenhielt, wie ein Geschäftsmann einem Obdachlosen fünf Pfund reichte.

»Du hättest ihn auch einfach aus dem Fenster werfen können«, bemerkte ich trocken.

»Klar, und dann fängst du nicht, und er landet im Gulli. Dad würde mich killen.«

»Im Leben nicht. Du bist seine letzte Chance darauf, dass der Laden in der Familie bleibt.«

»Hm.« Mehr gab Elise nicht von sich. Sie ließ lediglich den Schlüssel in meine Hand fallen, trat einen halben Schritt ins Treppenhaus zurück und knallte die Tür vor meiner Nase zu.

Noch während ich zu meinen Sachen zurücklief, startete das Gedankenkarussell in meinem Kopf.

Sie ist seine letzte Chance darauf, den Laden in der Familie zu halten? Geht's noch? Vielleicht hat sie darauf genauso wenig Bock wie du, und jetzt bist du die Nächste, die Druck macht.

Du hättest ihr sagen sollen, dass Dad behauptet, es wäre ihr größter Traum, das Ding irgendwann zu übernehmen. Und dass du deshalb hier bist. Damit in zehn Jahren noch was zum Träumen übrig ist.

Ich raffte meinen Kram zusammen, schloss die Tür auf und warf alles zwei Tische neben dem Insta-Tisch einfach ab.

Um sämtliche Gedankenspiralen auszublenden, kramte ich meine Airpods aus der Tasche, zückte mein Handy und schaltete meine Arbeitsplaylist ein. Als ich Emily Armstrongs Stimme hörte, fiel der größte Teil meiner Anspannung einfach von mir ab. Ich liebte die neuen Songs meiner Lieblingsband. Mit den alten Linkin-Park-Songs hatte Chester mir damals das Gefühl gegeben, verstanden zu werden. Gott, ich hatte in unzähligen Nächten seiner Stimme gelauscht und Rotz und Wasser geheult. Als ich den ersten Song nach sieben Jahren Pause gehört hatte, hatte ich mich nicht wie befürchtet in das verlorene Mädchen von damals zurückverwandelt. Ich hatte Emily gehört, und es war in Ordnung gewesen, dass ich jetzt die Frau war, die nicht mehr dieser Teenager sein wollte. Nie wieder. Es war in Ordnung, dass ich einen anderen Job gewählt hatte, einen anderen Weg, andere Freunde, einen anderen Ort. In Ordnung, dass ich mein dunkelblondes Haar braun gefärbt und ein Faible für tiefrote Lippenstifte entwickelt hatte.

Nur verpuffte dieses »in Ordnung« gern, sobald ich hier war.

Die richtige Musik half, ein bisschen »in Ordnung« zurückzugewinnen und meine Arbeit zu machen, statt in Zweifeln und Erinnerungen zu ertrinken.

Eine halbe Stunde verbrachte ich damit, Bilder und kurze Videos zu machen. Außenansicht, einige Details aus den Innenräumen, die vielleicht nicht mit dem Insta-Tisch mithalten konnten, sich aber hervorragend als Hintergründe für Textelemente eigneten. Und weitere sechzig Minuten verbrachte ich damit, die Kaffeemaschine hinter dem Tresen zu bemühen und die Bilder und Kurzvideos für den Upload zu bearbeiten.

Ich nippte an meinem Kaffee und suchte gerade nach einem passenden Song für ein kurzes TikTok, als ich bemerkte, wie eine Gestalt das Fenster passierte, neben dem ich saß. In dieser Gegend gab es eher wenig Passanten. Touristen liefen für gewöhnlich in die genau entgegengesetzte Richtung ins Zentrum. Genau das war ja Dads Problem.

Kein Wunder also, dass mir nicht entging, wie diese Gestalt das Fenster passierte. Ich sah gerade auf, als ich nur noch einen Blick auf einen Rücken erhaschen konnte, der schnell aus dem Sichtfeld verschwand und ...

Ich zuckte zusammen, als mit Schwung die Tür aufflog und plötzlich ein großer, breitschultriger Typ im Raum stand. Erst als er mir seine absurd perfekt gezeichneten Gesichtszüge zuwandte, erkannte ich ihn als Mr Esquire. Er sagte irgendwas, woraufhin ich den linken Airpod aus meinem Ohr zog und ihn mit hochgezogenen Augenbrauen fragend ansah.

»Schlüssel«, wiederholte er.

Ich deutete nach vorn, auf den Tisch, wo ich auch alles abgeworfen hatte. »Irgendwo da.«

Er schnaubte, schüttelte den Kopf und stapfte auf den Tisch zu. Ich hatte fast damit gerechnet, dass er einfach alles von der Holzplatte fegte, um nach dem Klirren des Schlüsselbundes zu lauschen. Stattdessen rührte er meine Sachen nicht einmal an, sondern verschaffte sich nur einen Überblick und zog dann den Schlüssel hervor, als wäre er ein Mikadostab und nichts anderes durfte sich auch nur einen Millimeter bewegen.

»Der Schlüssel beißt nicht«, kommentierte ich und gab mir wirklich Mühe mit einem amüsierten, aber offenen Lächeln. Immerhin würde ich mit dem Kerl noch zusammenarbeiten müssen – selbst, wenn es nur ein paar Tage waren.

Zuerst dachte ich, er hätte mich überhaupt nicht gehört. Er reagierte kein bisschen, während er die Eingangstür abschloss. Erst, als er den Schlüssel wieder auf den Tisch warf, sah er mich an. »Gibt Menschen, die lassen ihre Finger von den Sachen anderer Leute.«

Und prompt verschwand mein offenes Lächeln. »Wenn du auf das Buch anspielst – das gehört meiner Mum.«

Rollte er ernsthaft mit den Augen? »Sie hat da keine intimen Geheimnisse reingeschrieben. Das Ding gehört dem Restaurant. Sind wir dann fertig?«

»Nein.« Was zur Hölle ... Dieses Nein war schneller aus mir herausgeplatzt, als ich hatte denken können. Wie ein Automatismus von London-Gwen, die sich nicht von irgendeinem Typen auf der Nase herumtanzen lassen würde. Nur hatte sie dieses Nein aus mir herausgepresst und war verschwunden. Und jetzt fand Canterbury-Gwen sich einem angepissten Model gegenüber und war latent überfordert. Fuck.

Mr Men's Health sah mich abwartend an. Ich ließ ihm sogar genug Zeit, um die Arme vor der Brust zu verschränken und ein gelangweiltes »Also?« zu seufzen.

Also ... Eine Sekunde brauchte ich noch, dann hatte ich eine Idee. »Ich brauch mal kurz ... Kannst du kurz herkommen?«

Langeweile wurde durch Skepsis ersetzt, als er seine Augenbrauen anhob, dann mit seinen Schultern zuckte und auf mich zuging, bis er vor meinem Tisch stand.

»Nein, nicht ... warte.« Ich schaute kurz aus dem Fenster, dann an ihm vorbei. Wenn er dort stehen blieb, würde die Kamera nur einen breiten Brustkorb und einen angepissten Schönling einfangen. Auch nett, aber wir wollten Gilmore Girls, nicht Shades of Grey.

Also stand ich auf, umrundete den Tisch, stellte mich neben ihn, bis meine Schulter seinen Oberarm berührte. »Hm«, machte ich, während ich auf den Platz heruntersah, den ich selbst gerade eingenommen hatte, trat einen Schritt zurück und besah kurz das Gesamtkonstrukt aus Mensch, Tisch, Stuhl und Fenster.

Das lebende Element dieser Konstruktion sah mich an, als hätte ich den Verstand verloren.

»Kannst du ein bisschen in Richtung Fenster rücken? Nur ein ... Ja, genau so. Nicht bewegen.«

Ehe er noch auf die Idee kommen konnte, mich in eine Zwangsjacke zu stecken, griff ich nach meinem Handy, schaltete den Videomodus ein und suchte den optimalen Winkel für den Einstieg in die Aufnahme. »Ich plane ein Point of View«, erklärte ich, während ich mich langsam wieder dem Stuhl näherte, den Blick aus dem Fenster auffing und langsam über den Tisch und schließlich zu Mr Grumpy-but-hot schwenkte. »Also Fotos und Videos aus der Perspektive einer Person, die reinkommt, sich hier hinsetzt, kurz aus dem Fenster schaut und dann steht da auch schon jemand vom Team und serviert irgendwas. Ich dachte daran, dass vielleicht jeder von euch seinen Liebling aus der Karte nimmt.« Ich beendete die Aufnahme und legte das Handy beiseite. »Wäre allerdings gut, wenn das Essen auch optisch ansehnlich wäre.«

Ich rechnete fest damit, dass seine Reaktion ein Klassiker sein würde: Schnaufen, umdrehen, gehen – um einen meiner persönlichen Favoriten zu nennen. Dicht gefolgt von »Vergiss es« oder »Was ist das denn für ein Schwachsinn«.

Oder mein absoluter und ungeschlagener Liebling ... Bingo. Mr Fantastico kniff seine Augen zusammen und musterte mich von oben bis unten. Ich musste zugeben, dass er sich etwas zu gut darauf verstand, dabei ausgesprochen unbeeindruckt auszusehen.

»So was geht als Job durch? Jede Zehnjährige kann Videos irgendwo hochladen, sobald man ihr ein Handy erlaubt.«

Volltreffer. Bull's Eye. Hauptgewinn.

Wenn etwas den roten Knopf der Vernichtung in meinem Kopf mühelos aktivieren konnte, dann waren es Männer, die für nichtig erklärten, was ich tat, sagte oder fühlte. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als seine arrogante Pose zu spiegeln: hochgezogene Augenbrauen, abschätziger Blick.

»Jeder dahergelaufene Vierjährige kann ein Spiegelei braten, sobald er die Kindersicherung am Herd geknackt hat. Und trotzdem wirst du bezahlt, oder nicht?« Oh Scheiße, das fühlte sich viel zu gut an. Wie ein High Five, das man sich selbst gibt. »Wo wir gerade bei Jobs und Daseinsberechtigung sind ...« Ich stand auf und lief an ihm vorbei zu meiner Tasche. Die Dokumente hatte ich mir an der Rezeption ausdrucken lassen, ehe Dad sich mit dem Mysterium E-Mail-Anhang befassen musste. »Ich hab die Vereinbarungen dabei, über die wir gestern gesprochen haben. Du müsstest ...« Ich zog ein Blatt heraus und hielt es ihm hin. »Deinen Namen und das Geburtsdatum müsstest du selbst reinschreiben. Lies es dir in Ruhe durch, aber das ist ein Standardtext, der besagt, dass das Chaucer's Rest befugt ist, Aufnahmen gewerblich zu nutzen, auf denen du ...«

Ich stockte, als er mir das Blatt aus der Hand nahm. Über dessen Rand traf mich ein weiterer musternder Blick, dann schien er zu lesen. Und zwar wahnsinnig, wahnsinnig langsam. So oft, wie er dabei die Stirn runzelte und dann zu mir aufschaute, war das unübersehbar Absicht.

»Wie gesagt, das ist Standard.«

»Hm«, machte er. »Was weiß ich, wo deine Standards liegen.«

»Ich bin hier, um zu helfen, okay? Wir sind nicht im Auenland und ich bin nicht die böse Fee, die es brennen sehen will.«

Er sah von dem Text auf, länger diesmal. Scheiße, er nahm sich richtig viel Zeit, um mich zu mustern und sehr offensichtlich eine ganze Heerschar an Gedanken hinter seinen Stirnfalten zu verstecken. Schlussendlich entschied er aber, meine Worte unkommentiert zu lassen und streckte nur seine Hand in meine Richtung aus. »Stift?«

»Sicher.« Ich griff nach meiner Tasche und zog einen Kugelschreiber hervor, den ich ihm reichte.

Sein Dank war ein stummes Nicken, mit dem er sich an einen der Tische setzte. Tisch elf. Klar. Dort setzte er dazu an, seinen Namen einzutragen, womit er sich wieder ewig Zeit ließ.

Wie lang war denn bitte sein Name?

Ich ließ es bleiben, das weiter zu kommentieren, schnappte mir mein Handy und das Ladekabel und ging auf die Suche nach einer Steckdose. Wenn Naomi und Dad eintrudelten, würde ich einen vollen Akku brauchen.

Ich hatte die Steckdose gerade gefunden, als ich hörte, wie der Kugelschreiber über das Papier fuhr. Und zwar nicht mit dem kurzen, abgehackten Kratzen, mit dem so eine Miene Buchstaben zauberte, sondern in einer langen, durchgehenden Bewegung.

»Was machst du da?«, fragte ich, als der Kerl gerade eine weitere Zeile meines Textes durchstrich.

»Du kannst Fotos machen, auf denen ich zu sehen bin. Videos davon, wie ich irgendetwas zubereite – meinetwegen. Aber ich werde nicht vor der Kamera sprechen oder posieren«, stellte er klar und setzte seine Signatur unter das Dokument. Anschließend stand er auf und hielt es mir entgegen. »Und weil das nicht explizit da drinstand: Ich tanze nicht. Klar?«

Ich schaute auf die Vereinbarung. Er hatte allen Ernstes genauso darin rumgestrichen wie in Mums Rezeptbuch.

»Und noch was«, schob er nach. »Du solltest besser recherchieren. So einen Unsinn wie böse Feen gibt's im Auenland nicht.«

»This Life Ain't Easy«Jonah Kagen   

Gwen

Das Bild auf meinem Display war perfekt. Wir hatten genau den richtigen Zeitpunkt gefunden, in dem ein paar Sonnenstrahlen durch das Fenster hindurch auf die Holzplatte des Tisches fielen. Langsam ging ich auf den Tisch zu und ließ meine Kamera den Blick nach draußen einfangen – Herbstlaub, warmes Licht, die kleine Steinmauer, die den Park von der Straße abgrenzte und über den Baumkronen die Dächer von verträumten, englischen Häusern mit ihren Abermillionen Schornsteinen.

Erst dann setzte ich den Fokus auf den Holzrahmen des Fensters und schwenkte weiter, bis ich das vermutlich wärmste Lächeln einfing, das diese Stadt zu bieten hatte. Rote Wangen rundeten die weichen Gesichtszüge genauso ab, wie das leicht gewellte blonde Haar und die runden Augen.

»Hey, ich bin Naomi. Wie schön, dass du hier bist. Damit du dich ein bisschen aufwärmen kannst, gibt es diese leckere Suppe aus geröstetem Kürbis.« Nach vier Versuchen war es jetzt das erste Mal, dass Naomi ihren Part ruhig und entspannt formulierte, ohne sich dabei zu verheddern. »Natürlich hab ich sie mit Kürbiskernöl und gerösteten Kernen dekoriert, so wie du es am liebsten hast. Und dazu gibt es frisch gebackenes Maisbrot. Es ist sogar noch warm.«

Am liebsten hätte ich ein »Ha! Ich hab doch gesagt, du kannst das« ausgestoßen, nur hätte ich damit die Audiospur zerschossen. Ein begeistertes Grinsen musste reichen, während Naomi die Schüssel mit der Suppe vor mir absetzte.

»Lass es dir schmecken.« Eine Sekunde lang fing ich ihr Lächeln noch ein, dann stoppte ich die Aufnahme.

»Perfekt«, murmelte ich und grinste Naomi an, die sich einem schwer erleichterten Seufzen hingab. »Ohne Scheiß, das war wirklich perfekt. Diese ganze Herbstromantik und dazu so ein unfassbar süßer Mensch wie du. Das ist mega.«

Es war so niedlich, ihr dabei zuzusehen, wie sie rot wurde. »Das sagst du doch nur, damit ich mich noch mal von dir überreden lasse.«

»Unsinn. Ich sag das, weil ich es ernst meine.« Was ich tat. Naomi hatte eine mütterliche Aura, bei der man sich nur wohlfühlen konnte. Dabei war sie höchstens Ende dreißig. Je nach Alter der Zuschauenden war sie eine bezaubernde Mum, die fürsorgliche große Schwester oder die allerbeste Freundin. »Seit wann sag ich nette Sachen, wenn ich sie nicht so meine, hm?«

»Auch du hast deine soften Seiten.«

»Softe Seiten, hm? Welche alte Geschichte über mich hat Mum dir aufgetischt?«

»Vermutlich jede. Wir hatten jede Menge Abende zusammen in dieser Küche. Und als meine Kleine geboren wurde, gab es kein Halten mehr.« Sie räusperte sich und versuchte sich in ihren nächsten Worten an einem walisischen Akzent, der nicht ganz gelang und trotzdem sofort an meine Mutter erinnerte. »Warte nur ab, bis sie das erste Mal ein Vogelei auf dem Boden finden und es bei sich unter der Schreibtischlampe ausbrüten wollen.«

»Oh Gott«, keuchte ich. »Die Geschichte.«

Naomi hob ihre Hände und trat einen Schritt vom Tisch zurück. »Ich hab nichts gesagt. Ich muss sowieso zurück zum Pie.«

»Was für einer?«

Sie stutzte kurz und ließ ihre Antwort klingen, als wäre sie nicht sicher. »Pumpkin Pie.«

»Hervorragend. Wenn er fertig ist, kann ich ihn kurz haben?« Sofort verzog sich ihr Gesicht, weshalb ich schnell ergänzte: »Kein Video. Ich will nur Fotos vom Pie. Versprochen.«

»Ich nehm dich beim Wort.« Damit trat Naomi ihre Flucht an und ließ mich mit Kürbissuppe und Brotkorb zurück.

Fotos, erinnerte ich mich selbst, ehe ich auch nur daran denken konnte, Erinnerungen an Vogeleier heraufzubeschwören, die ich Tag und Nacht observiert hatte wie ein Tamagotchi.

Ich rückte Teller und Brot ein bisschen zurecht, überlegte kurz, was in dem Gesamtbild fehlte, und stürzte dann zur Bar. Dort schnappte ich mir das dekorativste Glas, das ich finden konnte und stand dann vor unzähligen Schubladen, die alle gleich aussahen. Shit. »Eis«, murmelte ich. »Eis, Eis, Eis ...«

»Gleich rechts von dir.«

Ich zuckte zusammen, als ich die helle Stimme hörte. »Gott, erschreck mich nicht so.« Das war zu schneidend gewesen. Zu forsch. Also untermalte ich das Ganze noch, indem ich meine Hand auf meinen Brustkorb legte und Elise mit einem halbgaren Lächeln ansah. »Danke«, sagte ich – weicher, diesmal – und öffnete das Fach rechts neben mir. Tatsächlich. Eiswürfel, so weit die Schublade reichte.

Ich ließ drei Stück in das Glas fallen, füllte es mit Wasser auf und wandte mich um. Elise stand noch immer direkt vor der Flügeltür zur Küche. Und sie hielt einen Pie in der Hand.

»Ist das der von Naomi?«

Die Antwort war ein Schulterzucken. Kein »Keine Ahnung«-Schulterzucken, sondern eher ein »Ich weiß doch auch nicht, was ich dazu sagen soll«-Schulterzucken. Nur Pubertierende waren imstande ein und derselben Bewegung ihrer Schultern so ein buntes Spektrum an möglichen Bedeutungen zu verleihen. »Ich glaub, sie hatte echt Schiss, dass sie noch mal ein Video aufnehmen muss. Wo soll der hin?«

»Tisch sechs«, sagte ich. Sieben war mit der Kürbissuppe belegt. Sobald ich mit der durch war, konnte der Pie folgen. Ich sah mich schon in die Klischee-Kürbisfalle des Herbstthemas tappen. Allerdings liebte der Algorithmus Kürbisse, also würde ich mich wohl oder übel darauf einlassen müssen.

Ich folgte Elise mit dem Wasserglas und stellte es an seinen Platz. Allein in den paar Minuten, die ich gebraucht hatte, um das Ding zu organisieren, war das Licht schon matter geworden. Und es hatte einen Orangeton angenommen.

»Was genau ...« Elise war neben Tisch sechs stehen geblieben. Den Kuchen hielt sie noch in der Hand, stellte ihn aber ab, als ich sie ansah. »Was genau machst du da eigentlich?«

Ich suchte nach dem obligatorischen Funken Abwertung in ihrer Stimme. Nach dem hauchzarten »Für wen hältst du dich?«, das immer darin mitschwang. Diesmal hörte ich nur Neugier. Doch vielleicht ließ auch mein Gehör nach.

»Das ist unsere Hook. In Echt wirkt das nicht so, aber durch die Kamera – Bäm. Cozy Herbstvibes. Perfekt für ...« Ich kam ins Stocken, als ich ihren sehr, sehr skeptischen Blick bemerkte, mit dem sie den Tisch musterte. So ähnlich hatte ich auch ausgesehen, während Rory gestern förmlich ausgerastet war. »Realität und Kamera sind völlig verschiedene Wahrnehmungen. Ich versuche, mit Details zu arbeiten und weniger mit dem Gesamteindruck.« Vor allem versuchte ich, Rory nicht zu zitieren und dabei wie eine sentimentale Irre zu klingen. »Aber das interessiert dich vermutlich alles gar nicht.«

»Doch!«, widersprach Elise sofort und sehr energisch. So sehr, dass sie ein leiseres »Doch, ehrlich« nachschob.

Gott, wieso bist du überhaupt hier? Interessiert dich doch eh nicht, ob sie noch da ist oder nicht. Nach Mums Beisetzung hatte ich die Stille zwischen Elise und Dad und mir nicht ausgehalten und gefragt, ob ich noch Snacks zubereiten sollte. Sicher würden Menschen ins Restaurant kommen, um ihre Anteilnahme auszudrücken. Und dann waren diese Worte aus Elise herausgeplatzt. Die letzten, die sie an mich richten sollte, bis ich am nächsten Tag zurück nach London flüchten konnte.

Und nun stand sie hier und wollte mehr zu meinen Gedanken wissen, die ich mir um einen dummen Tisch gemacht hatte, auf dem ein dummes Wasserglas neben einer kalten Kürbissuppe stand.

»Du interessierst dich also für Social-Media-Marketing, ja?« Ich hatte nicht so skeptisch klingen wollen. Es war einfach passiert. Wie eine Trennwand, die sich ganz automatisch zwischen mich und dieses dumpfe, klumpige Gefühl in meiner Kehle zwängte. »Seit wann das denn?«

»Seit Dad mich gefragt hat.« Elise zuckte diesmal mit einer Gleichgültigkeit die Schultern, die locker ein Level neun von zehn erreichte. »Wenn du weg bist, muss das ja jemand weitermachen. Und Dad kann das nicht. Der ist ein Boomer.«

Es war fast ernüchternd, wie plausibel das war. Ich würde wieder weg sein.

Hier, in Canterbury, gehörte es zu mir, nie richtig da zu sein. So sehr, dass sich die Frage, wie ich aus London helfen könnte, nicht einmal stellte. Weg zu sein war kein Umstand, der hin und wieder auf mich zutraf. Er war meine ganze Persönlichkeit.

»Klar, klingt sinnvoll«, murmelte ich. »Okay, also ...« Der Klumpen in meiner Kehle war irgendein bitteres Gemisch aus Misstrauen, Sehnsucht nach Zeit, die ich verpasst hatte und Sehnsucht nach der Zeit, die meine Mum verpassen würde. Dieses Gemisch brannte und ätzte sich in meine Schleimhäute. Kein Wunder, dass meine Stimme für ein paar Wörter wie ein lächerliches Krächzen klang. »Setz dich mal da hin.« Ich deutete auf den Stuhl direkt neben dem Kamin.

»Okay ...« Das war keine Zustimmung, sondern irgendetwas zwischen einer Frage und einem Widerspruch. Dennoch bewegte Elise sich auf den Stuhl zu, rutschte an der Tischkante vorbei und sah mich erwartungsvoll an.

»Und jetzt ...« Ich schob ihr das Glas zu. »Halt das einfach mit beiden Händen fest und schau aus dem Fenster.«

»Du willst ein Foto von mir machen?« Die latente Panik einer überrumpelten, ungeschminkten Teenagerin.

»Ich lösch es direkt wieder. Ich will dir nur was zeigen.«

Ein skeptischer Blick huschte über ihre Mimik, dann wandte Elise sich mit einem »Meinetwegen« ab und starrte mit so viel Weltschmerz auf die Glasscheibe neben sich, wie man es sich von einer Pubertierenden nur erhoffen konnte. Ihr Zeigefinger tippte nervös auf dem Wasserglas herum. Sie war eindeutig nicht in ihrem Element, was ich ihr nicht verübeln konnte.

Ich machte genau eine gezielte Aufnahme, bearbeitete sie schnell und hielt Elise anschließend mein Telefon entgegen, damit sie sich selbst sehen konnte: verträumt in warmen Farben, die das schönste Herbstlicht sein konnten oder einfach gute Fotoeinstellungen. Schärfentiefe, die den Park im Hintergrund wie eine weitläufige Herbstlandschaft wirken ließ und ihren Fokus auf das Wesentliche richtete – eine heranwachsende junge Frau in ihrem hellen Sweater. Die dunklen Locken rahmten ein Gesicht ein, das auf einem sehr, sehr schmalen Grat zwischen Kindlichkeit und junger Erwachsener wankte.

Du warst weg, schon vergessen? Weil es so ziemlich das Einzige war, das du hinbekommen hast. Was hast du geglaubt? Dass sie ewig ein Baby bleiben würde? Dass du jederzeit zurückkommen könntest und alles wäre noch so, wie du es zurückgelassen hast?

»Woah«, stieß Elise aus, als sie das Bild von sich sah und traf damit ziemlich genau das, was sich in meinem eigenen Kopf abspielte – nur vermutlich aus völlig anderen Gründen. »Das sieht gar nicht aus wie ...« Sie drehte sich kurz zur Wand hinter sich um, als wäre sie auf einmal nicht mehr sicher, wie das Restaurant aussah, in dem sie groß wurde.

»Ich weiß.« Ich streckte meine Hand nach meinem Handy aus und hielt meine Fingerspitze etwas länger auf das Bild, bis es mir den Vorher-Zustand zeigte. »Glaub mir, die ganzen VIPs, die man so kennt, sehen in Echt auch nicht aus wie auf den Fotos. Klappt mit Orten genauso.«

»Aber ... Macht das Sinn? Dann kommen die Leute her und sind ultra enttäuscht.«

»Nicht, wenn sie so ein Foto wie das hier von sich machen können – am besten an irgendeinem Ort, den nicht schon Millionen andere als Background haben. Und wenn ich so ein Foto in ein paar Sekunden hinkriege, kannst du sicher sein, dass Influencer noch viel mehr rausholen.«

»Du willst ein Hidden Gem machen.«

Kurz stockte ich, weil ich mich längst darauf eingestellt hatte, Elise die Anziehungskraft von kleinen, verborgenen Orten zu erklären, die auf Social Media gern wie ein Geheimnis wirkten, das man von Account zu Account flüsterte. Und nun kam die Kleine direkt mit dem Fachterminus um die Ecke. »Das ist der Plan«, murmelte ich und gab mir redlich Mühe, nicht zu irritiert zu klingen.

»Woah.« Fast ungläubig ließ sie noch einmal ihren Blick über den Raum schweifen, als hätte diese Erkenntnis ihm einen völlig neuen Look verliehen. Schließlich führte sie ihre Hände an ihre Schläfen und imitierte mit ihren Fingern eine stumme Explosion.

»Das ist aber ein ziemliches Risiko.« Plötzlich war mir wahnsinnig wichtig, das zu betonen. Elise wirkte so aufgeregt, richtig euphorisch. Ich wollte nicht, dass sie in ein paar Tagen oder Wochen enttäuscht davon war, dass vielleicht fünf oder sechs Buchbloggerinnen hier ein kurzes Foto schossen und dann verschwanden und das war's. Das konnte passieren. Und war es nicht die heilige Pflicht einer großen Schwester, die Träume ihrer kleinen Nachfolgerin im Keim zu ersticken? Vor schwesterlichen Pflichten hatte ich mich jetzt fünfzehn Jahre lang gedrückt, da konnte ich mit so einem Klassiker doch ein bisschen was nachholen, nicht wahr? »Wir sind natürlich davon abhängig, dass Menschen herkommen und das Chaucer's als Geheimtipp teilen. Das kann ich nicht selbst machen. Das wär ziemlich cringe, oder?«

»Cringe sagt man nicht mehr.«

Okay, damit hatten wir also geklärt, dass ich eine alte Frau, kein bisschen up to date und damit vermutlich auch absolut ungeeignet für diesen Job war.

»Jedenfalls ist der Plan, dass ich mich bei unserem Content auf Foodporn und ein paar saisonale Elemente konzentriere. Und dabei kann ich ganz nebenbei diesen Spot hier in Szene setzen. Danach können wir nur hoffen, dass genug Leute mit entsprechender Reichweite anbeißen.«

»Gibt es in Canterbury überhaupt Influencer?«

»Keine Ahnung«, gestand ich. »Aber in London definitiv. Und London ist abgegrast, was unentdeckte Ecken angeht. Canterbury ist quasi um die Ecke, also ... why not?«

Meine eigenen Worte trafen mich, als ich den Satz beendete – und nicht nur mich. In Elises Augen konnte ich sofort denselben Gedanken aufflackern sehen: »Um die Ecke, ja? Deshalb bist du zwei Jahre nicht hier gewesen? Weil es so nah ist?«

Ich war sicher, dass sie genau diese Frage stellen würde, als sie Luft holte, um zu antworten. Stattdessen ließ sie Gnade walten und nickte nur. »Ja, klingt logisch. Deshalb auch das Video mit Naomi«, schlussfolgerte sie, was eigentlich offensichtlich war. Doch sie schien irgendetwas sagen zu müssen, während sie wieder aufstand und sich an Tisch sieben vorbei zurück in den Gang schob.

»Genau. Sie ist perfekt für das, was ich transportieren will. Sie hat ein bisschen was von Sookie, findest du nicht?«

»Sookie?«

Das war jetzt nicht ihr Ernst, oder?

»Sookie St. James?«, präzisierte ich. »Gilmore Girls?«

»Ah. Die asiatische Freundin von ... der Tochter?« Sie musste mich verarschen. Mir war klar, dass ich eine beschissene große Schwester abgab, aber seit wann brauchte es die, um ein Weltkulturerbe wie die Gilmore Girls zu kennen?

»Nein. Nicht Rorys Freundin.« Ich konnte nicht anders, als den Namen sehr, sehr deutlich zu betonen. Allein schon aus Solidarität zu meinem besten Freund und nervigsten Kollegen. »Die Köchin. Diese wahnsinnig süße und gleichzeitig brillante ... Ach, vergiss es.« Ich winkte ab, als ich in Elises Augen nichts als Fragezeichen erkannte.

»Ich setz die Serie auf meine To-Do-Liste, okay?«

»Ich bitte darum. Ich meine, wenn du die Kanäle übernehmen willst, schadet es auf keinen Fall, wenn du den Vibe ...«

Ich verstummte, als Elise ihre Augen aufriss und aufkeuchte, als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über ihr ausgekippt. »Scheiße, wie logisch!« Jetzt schlug sie sich sogar mit der flachen Hand gegen den Kopf. »Wir müssen Henry fragen.«

Mr »Ich posiere nur für Hochglanzcover und nicht für einen Social-Media-Kanal«? Ganz bestimmt nicht. »Ich verstehe, was du meinst«, begann ich und tat so, als würde ich mir Tisch sieben ansehen und versuchen, mir den Schönling in diesem Herbstszenario vorzustellen. Dann schüttelte ich den Kopf und betete, dass das deutlich, aber soft genug war. »Ich bin nicht sicher, ob eine Thirst Trap das ist, was wir ...«

»Thirst Trap?« Erst dachte ich, ich hätte mich selbst in eine Falle manövriert und musste einem Kind erklären, wieso man einen obszön attraktiven Menschen vor eine Kamera stellte, um schmachtendes Publikum anzulocken. Doch offenbar war nicht der Begriff ihr Problem, sondern das Lockmittel. »Oh Gott, das ist ja widerlich.« Elise imitierte ein exzellent ausgeführtes Würgegeräusch. »Henry ist viel. Zu. Alt. Bestimmt 35 oder so.«

Ich hätte gelogen, wenn ich behauptet hätte, dass diese Aussage nicht ein klitzekleines bisschen wehtat. Gleichzeitig beruhigte mich immens, dass Elise sich den neuen Koch wohl eher nicht dabei vorstellte, wie er mit Schlafzimmerblick in die Kamera blinzelte und mit unauthentisch rauchiger Stimme irgendeinen Quatsch säuselte wie: »Sei ein gutes Mädchen und iss.«

»Dir ist schon klar, dass unsere Zielgruppe nicht nur fünfzehn Jahre alt sein wird, oder?«

»Trotzdem.« Sie schüttelte energisch den Kopf.

»Und was hast du dann mit ihm vor?«

»Na, das Rezeptbuch.« Das sagte sie, als müsste diese Information mehr mit mir machen, als ein bisschen frische Wut in mir aufglimmen zu lassen wie Glut, die man in einem Lagerfeuer übersehen hatte.

»Du meinst Mums Rezeptbuch?«