Remember when Dreams were born - Anne Goldberg - E-Book
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Remember when Dreams were born E-Book

Anne Goldberg

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Beschreibung

"Eine Minute und zwölf Sekunden. Ich bin eine Minute und zwölf Sekunden lang tot gewesen."

Vor acht Monaten riss ein schwerer Unfall Maggie aus ihrem Leben. Seitdem kämpft sie sich durch eine neue Realität aus Schmerzen und Selbstzweifeln - bis sie Thomas begegnet. Anders als ihre Familie behandelt der charmante Hotelmanager sie nicht wie etwas Zerbrechliches. Mit seiner Zuneigung gibt er ihr das Gefühl zurück, begehrenswert zu sein.

Dabei trägt Thomas seit Monaten selbst schwere Schuldgefühle mit sich herum. Als er Maggie begegnet und sieht, wie stark die junge Frau ihr Schicksal meistert, wird er von seinen Gefühlen überwältigt. Aber wie nah darf er ihr sein, ohne alte Wunden wieder aufzureißen? Und wie viel Zeit bleibt ihm, ehe seine Geheimnisse ans Licht kommen?

Der erste Band der emotionalen und dramatischen neuen Romance-Reihe von Anne Goldberg.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

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Seitenzahl: 509

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Inhalt

Cover

Weitere Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Ende

Hallo

»Eis, Gurke, Pfeffer ... Nur ohne den Gin.«

Sehr geehrter Mr Walsh ...

Laute Menschen

Die Geschichte der Pusteblume

Alte Mauern

Gastronomisch inkorrekter Eistee

Der vielleicht letzte Gentleman Englands

Marylebone

#109

Oben

»Es gibt keine perfekten Menschen, Miss Forrester.«

Postskriptum

Die einzig wahre Lasagne mit einer Prise blasierter Eleganz

Wertschätzung

Scherben

»Ich weiß, dass du wieder klarkommen wirst. Irgendwann.«

Der Brief auf dem Nachttisch

Langsamer laufen

Das Geheimnis der Scones

Zu Hause

Sam

Hinter dem letzten Schritt

Wie die Erinnerung an einen ersten Kuss

Eine Kiste voller Vergangenheit

Sir

Du sollst wissen ...

... Es gilt noch.

Anfang

Danksagung

Triggerwarnung

Weitere Titel der Autorin:

Only One Song

Only One Letter

Only One Note

Über dieses Buch

Vor acht Monaten riss ein schwerer Unfall Maggie aus ihrem Alltag. Seitdem kämpft sich die einst selbstständige Frau durch ein Leben voller Schmerzen und Einschränkungen. Doch als sie Thomas begegnet, fasst sie neuen Lebensmut. Der charmante Hotelmanager behandelt sie nicht wie etwas Zerbrechliches, sondern wie eine Frau, die es wert ist, geliebt zu werden.

Thomas trägt seit Monaten schwere Schuldgefühle mit sich herum. Als er Maggie begegnet und sieht, wie stark die junge Frau ihr Schicksal meistert, wird er von seinen Gefühlen überwältigt. Wie nah darf er ihr sein, ohne von der Vergangenheit erdrückt zu werden? Und wie viel Zeit bleibt ihm, ehe seine Geheimnisse ans Licht kommen?

Über die Autorin

Anne Goldberg wurde 1986 in einer beschaulichen Kleinstadt geboren. Nach dem Abitur trieb es sie nach Berlin, wo sie seither unter dem Regime ihrer vierbeinigen Mitbewohner lebt und arbeitet. Schon im Vorschulalter dachte sie sich dramatische Geschichten von Marienkäfern aus, die große Hürden zu überwinden hatten, um auf Blumen zu klettern. Ihre kleinen Protagonisten kämpften mit Regen, Wind und neugierigen Hunden. Damals wurde ihre Großmutter zur wortgetreuen Mitschrift abkommandiert. Mittlerweile schreibt Anne ihre Geschichten selbst, und ihre Charaktere trotzen größeren Herausforderungen als dem Wetter. Neben dem Schreiben hat Anne eine große Vorliebe für Konzerte, die britischen Inseln und für Schnee.

Anne Goldberg

Remember when Dreams were born

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Stephanie Röder

Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Birgit Gitschier, Augsburg, unter Verwendungvon Motiven © shutterstock.com: Phatthanit | Alexander Sviridov | PrasongTakham

eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 978-3-7517-1600-0

be-heartbeat.de

lesejury.de

Für Jenny.

Widmungen sind doof, ich weiß.

Leb damit.

Wer seit zehn Jahren mit mir an dieser Geschichte hängt, hat es nicht anders verdient.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich habe eine Weile überlegt, ob dieses Buch eine Triggerwarnung benötigt oder nicht. Es werden keine schwierigen Themen explizit beschrieben, dafür aber emotional aufgearbeitet.

Braucht das eine Warnung?

Nun, wenn mir das Schreiben dieser Geschichte (und da meine ich speziell einen gewissen Dr. Rivers) etwas beigebracht hat, dann ist es Folgendes: Ob du eine Vorwarnung brauchst, entscheidest du. Nicht ich.

Sollte es also Themen geben, die dich triggern könnten, dann schau am besten hinten im Buch nach. Dort gibt es eine kurze Liste von Themengebieten, welche die Geschichte tangiert.

Ich wünsche dir ein paar schöne, witzige, aber auch bewegende Stunden mit Maggie und dem vielleicht letzten Gentleman Englands.

Anne Goldberg

Ende

Es tat gar nicht weh.

Beim Aufprall war der Schmerz einfach zersprungen. Genauso wie die Regentropfen auf dem nassen Asphalt.

Genauso wie ich.

Das Licht der Straßenlaternen brach sich in den Tropfen. Es sah aus, als regnete es Funken.

Sterne.

Es war wunderschön.

War es immer so gewesen? So schön?

Oder passiert das erst, wenn man stirbt?

Die Sterne wurden blau, immer wieder blau im Signallicht des Krankenwagens. Schuhe aus Dunkelheit traten darauf. Doch da war kein Geräusch von Schritten. Keine Sirenen. Da war überhaupt nichts. Nicht das Prasseln des Regens. Nicht das Seufzen meiner Atemzüge. Nicht das Rauschen meines Blutes, das über den Asphalt kroch.

Schließlich verschwanden auch die Sterne.

Und dann ich.

Wie ein letztes Licht, das man ausmacht, ehe man geht.

Hallo

- Maggie -

Eine Minute und zwölf Sekunden.

Ich war eine Minute und zwölf Sekunden lang tot gewesen.

Das klingt ziemlich heftig. Aber pragmatisch betrachtet sind es nur 72 Sekunden. Mehr nicht. Ein vergleichsweise kurzer Moment. Doch er hat ausgereicht, um jeden in meiner Nähe in Angst und Schrecken zu versetzen.

Ein Beispiel: Als Achtjährige war ich von der Steinmauer hinter unserer Schule gesprungen. Mein großer Bruder hatte mich dazu angestiftet, weil er herausfinden wollte, wie lange so ein Sturz dauert. Das Resultat waren ein gebrochener Arm und die Erkenntnis, dass George ein Idiot war. Angesichts seiner todesmutigen Schwester hatte er vergessen, den Auslöser der Stoppuhr zu betätigen. Also wiederholten wir das Experiment ein paar Wochen später. Mit ähnlich unglücklichem Ausgang.

21 Jahre und besagte 72 Sekunden später war an solche Experimente nicht mehr zu denken. Ganz im Gegenteil: Derselbe große Bruder und ich betraten unseren liebsten Pub. Das erste Mal, seit dieser Sache. Die Steinstufen, die zu der großen Holztür führten, waren mir nie aufgefallen. Eine Unachtsamkeit, für die mich meine demolierte Hüfte umgehend bestrafte, indem sie sich mit einem heftigen Stechen gegen jeden Schritt wehrte. Und George? Er hielt mich am Arm fest. Derselbe George, der mich von einer mannshohen Mauer hatte springen lassen, passte auf, dass ich sechs Stufen nach oben schaffte.

Kein Lachen, kein blödes Grinsen, kein dummer Spruch. Er hielt mich fest und ließ mich erst wieder los, als ich sicher oben angekommen war.

Das ist er wohl. Der Zauber von 72 verpassten Sekunden.

Magisch, nicht wahr?

»Alles klar?«, fragte er, was er immer fragte.

»Alles klar«, war immer meine Antwort. Was manchmal gelogen war. An diesem Abend allerdings nicht.

Es war acht Monate her, dass ich mit einem 3er BMW kollidiert war. Und diese acht Monate wollten wir feiern. Ein paar moderate Schmerzen und die Tatsache, dass ich nervös war, weil ich einen stinknormalen Pub betrat, waren daher nichts, was einem ehrlichen »Alles klar« im Weg stand.

George sah mich noch einmal prüfend an, dann nickte er und öffnete die schwere Holztür, die ins »Lifted Anchor« führte. Die Luft im Inneren war genauso stickig, wie ich sie in Erinnerung hatte. Sie trug den warmen Geruch von Bier, Holzpolitur und Vertrautheit. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung, was diese dritte Komponente war, die im Eigengeruch des Pubs mitschwang. Vermutlich machte sie etwas völlig Unromantisches aus. Männerschweiß oder vergorene Getränkereste.

Fakt war: Ich betrat die Bar das erste Mal seit einer Ewigkeit, und augenblicklich erschlugen mich Erinnerungen. Georges 30. Geburtstag. Meine Abschiedsfeier, ehe ich vor fünf Jahren nach Edinburgh gezogen war. Damals hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen, dass Unachtsamkeit und Pech mich einige Zeit später wieder zurück nach London katapultieren würden, damit mein großer Bruder auf mich achtgeben konnte.

»Mal sehen, ob wir irgendwo noch einen Platz finden«, rief George mir über die Musik und das Stimmengewirr der Gäste hinweg zu. Ehe ich in der Betrüblichkeit alter Erinnerungen versinken konnte, zog er mich weiter in die Bar hinein.

»Vielleicht ist ja unser alter Stammtisch ...« Er verstummte, als er dasselbe sah wie ich. Der Vierertisch in diesem kleinen, heimeligen Erker ganz hinten im Raum war belegt. Natürlich war er das, genauso wie jeder andere Tisch auch. Es war Mittwochabend und damit der perfekte Zeitpunkt für unzählige Londoner Anzugträger, um auf ihren Feierabend anzustoßen. Oder zu Dates zu gehen.

Das, was sich an unserem Tisch abspielte, war wohl eher das Zweite, und mindestens der Mann meinte es ziemlich ernst. Er trug nicht nur einen Businessanzug, sondern eine Weste. Sowohl meiner Meinung als auch meiner Erfahrung nach machte das seine Absichten offensichtlich. Wie er nervös seine Brille zurechtrückte, unterstrich meinen Eindruck nur.

»Keine Chance«, war das Resultat, mit dem Georg seinen Rundumblick abschloss. »Wir fragen einfach die beiden, ob wir uns mit dazusetzen können.«

»Auf keinen Fall!« Ich war drauf und dran zu dem Paar zu deuten, konnte mich aber knapp zurückhalten. »Der Typ da zieht gerade sämtliche Register, um sein Date rumzukriegen. Ich hab keinen Bock, in so was reinzuplatzen. Wir können auch einfach am Tresen sitzen.«

»Wenn sie ungestört bleiben wollen, sollten sie nicht zu zweit einen Vierertisch belegen.«

Offenbar hatte er mir nicht richtig zugehört. Mir war egal, ob denen Gesellschaft recht war. Ich allerdings hatte wirklich, wirklich keine Lust, unerwünscht zu sein. Ballast. Eine Störung. Ich war seit Monaten kaum etwas anderes als das.

Ich wollte meinen Abend Normalität, auf den ich mich gefreut hatte. Ein paar Stunden in einem Pub, in denen mein Bruder sich für uns beide betrank und ich uns anschließend ein Taxi rief, damit wir heile nach Hause kamen. Nicht ganz wie früher, aber nah genug dran. Näher als Physiotherapie, Logopädie und Schmerzmittel allemal.

George zögerte keine Sekunde, ehe er mich mitten im Raum stehen ließ und sich zu dem Tisch vorkämpfte. Ich sah, wie er die junge Frau mit dem rot gefärbten Dutt ansprach. Dabei legte er ihr sogar die Hand auf die Schulter.

Scheiße, George, dachte ich. Lass den Quatsch. Willst du, dass ihr Typ dir einen Kinnhaken verpasst? Wenngleich besagter Typ wie ein englischer Snob aus dem Bilderbuch aussah, der meinem Bruder eher eins mit der Teekanne überziehen würde.

Ich beobachtete, wie die Rothaarige sich umwandte, als George auf mich deutete. Als großer Bruder wurde er einfach nie müde, mich in Situationen zu bringen, für die ich ihn hasste.

Da mir nun nichts anderes mehr übrig blieb, näherte ich mich dem Tisch. Während die Frau nickte, lächelte und ihre Handtasche vom Stuhl neben sich nahm, starrte der Snob mich nur ausdruckslos an. Wie einen Geist – oder wie eben diese Unannehmlichkeit, die ich nicht sein wollte. Oder ... Scheiße. In diesem Moment fiel mir auf, dass mein Schal verrutscht war.

Diese verdammte Narbe ... Natürlich starrte der Kerl mich an. Schnell wickelte ich den dünnen Stoff wieder fest um meinen Hals und gab mir redlich Mühe, wie ein normaler Mensch zu dem Tisch zu laufen und nicht zu deutlich zu humpeln.

»George«, seufzte ich, als ich mein Ziel erreichte. Es klang fürchterlich aufgesetzt, genauso wie meine übrigen Worte auch. »Wann wirst du je lernen, dass man keine fremden Leute belästigt?« Ich gab Unsinn von mir, der außerdem so klang, als hätte ich ihn auswendig gelernt.

»Niemand belästigt hier irgendwen.« Es war die junge Frau, die das sagte. Sie klopfte sogar auf die Sitzfläche des freien Stuhls neben ihr. »Die Plätze sind ja schließlich frei.« Während sie das regelrecht euphorisch verkündete, machte ihr Begleiter den Anschein, als täte ihm meine bloße Anwesenheit weh. Deutlicher konnte er nicht machen, dass ich für ihn die verpasste Gelegenheit verkörperte, diese hübsche Rothaarige zu vögeln. Hervorragend.

Danke, George.

»Nicht wahr, Tom?« Ihr schien aufgefallen zu sein, dass ihr Freund noch immer seiner verpufften Chance nachhing. Sie beugte sich leicht über den Tisch und stieß ihm mit der Faust sachte gegen den Arm.

Er räusperte sich und blinzelte. »Entschuldigung.« Noch ein Räuspern. »Ich war in Gedanken. Setzt euch ruhig.«

Die Stimme, mit der er das sagte, war viel tiefer, als seine schmale Gestalt es erahnen ließ. Und sanft. Als würde er einen an die Hand nehmen und versprechen: »So, und jetzt wird alles wieder gut. Versprochen.« Für dieselbe Wirkung hätte er genauso gut sagen können: »Seid so nett und verpisst euch, damit ich den Abend so abschließen kann, wie geplant.« Da wäre kein Unterschied gewesen. Ich hätte genauso dümmlich gelächelt, genickt und mich gesetzt. Und mich gefragt, wo sein Problem war. George und ich konnten ihm die Tour nicht einmal vermasseln, wenn wir es darauf anlegten. Er würde seiner Freundin nachher nur zwei, drei liebliche Sätze ins Ohr raunen müssen, und einem vergnüglichen Abschluss des Abends stünde nichts mehr im Wege.

»Was willst du trinken?«

Dass George noch immer stand und selbst noch gar nicht Platz genommen hatte, bemerkte ich erst mit seiner Frage.

»Tonic.« Gin Tonic wäre meine übliche Wahl gewesen. Doch das Amitryptilin, das ich nahm, duldete keine anderen Wundermittel neben sich. Dafür hielt es meine Schmerzen weit genug in Schach, dass ich nur hin und wieder spüren musste, wie engagiert sie ans Werk gingen, wenn Medikamente sie nicht zähmten.

»Nur Tonic?« George wiederholte meine Bestellung mit ausgewachsener Skepsis. »Sie haben auch alkoholfreie Cocktails oder ...«

Ich schüttelte den Kopf. »Nur Tonic.«

»Hm.« Dabei beließ er es und wandte sich von unserem Tisch ab, der nicht mehr so recht unserer sein wollte.

Ich sah ihm kurz nach, wie er sich zwischen anderen Gästen hindurchschlängelte. Dann wandte ich mich wieder den beiden Fremden zu. Zuerst schenkte ich der Frau, dann dem Snob ein vorsichtiges, vielleicht sogar etwas betretenes Lächeln. Und ab dann wusste ich auch schon nicht mehr weiter.

Was sagte man einem Paar oder zwei Menschen, die eines werden wollten, und deren Abend man gerade gesprengt hatte? Also starrte ich auf den leeren Stuhl mir gegenüber und warf einen weiteren Blick über meine Schulter. Dorthin, wohin George verschwunden war. Als ob jemals irgendwer in einem englischen Pub binnen fünfzehn Sekunden seine Bestellung bekommen hätte.

Ich glaube, es war mein resigniertes Seufzen, das die Frau neben mir dazu animierte, mir ihre Hand entgegenzustrecken. »Alex«, stellte sie sich vor und klang dabei, als wäre es ihr nicht zuwider, das zu tun.

Ich nahm ihre Hand und drückte sie leicht. »Maggie.« Ich lächelte ebenfalls, aber mehr fiel mir nicht ein. Herrgott noch mal. Margaret Forrester, die jeden aus dem Stand in ein stundenlanges Gespräch verwickeln konnte, kam über ihren eigenen Namen nicht hinaus. Das war nicht nur traurig, das war erbärmlich. Als hätte der Autounfall mir nicht nur Hüfte und Schädel zerschmettert, sondern mir auch die Zunge abgetrennt. Hervorragend.

»Seid ihr öfter hier? Du und dein Freund ...«

Alex war also genauso unbeholfen wie ich – nur dass sie nicht davor zurückschreckte, abgenutzte Fragen zu stellen.

»Nein«, antwortete ich in einem ersten Impuls. Dabei waren wir früher ziemlich häufig im »Lifted Anchor« gewesen. Beinahe jede Woche. Dann war ich für meinen Job nach Edinburgh gezogen und hatte festgestellt, dass die Pubs dort lauter waren. Genauso wie die Menschen. Und dass ich das mochte. So sehr, dass die ersten Flüche, die ich nach meinem Unfall von mir gegeben hatte, schottische gewesen waren. »Also, wir waren früher öfter hier, mein Bruder und ich. Aber ich bin erst seit Kurzem wieder in London.«

Alex lächelte, als hätte ich ihr eine sagenhaft interessante Geschichte erzählt. Mir kam in den Sinn, dass sie das vermutlich häufiger tat – mit Menschen reden und ihnen das Gefühl geben, interessant zu sein. Sie machte das ziemlich gut. »Das klingt ja spannend! Wohin hatte es dich denn verschlagen?«

»Nach Edinburgh.«

»Beruflich?«

Ich nickte und warf einen Seitenblick zu dem Snob uns gegenüber. Seine linke Augenbraue hatte sich etwas nach oben gezogen und schlug einen deutlichen Bogen über den dunklen Rahmen seiner Brille. Immerhin war nicht ich diejenige, die er mit diesem Blick bedachte, sondern seine Begleitung. Mit Sicherheit hatte er sich dieses Date nicht so ausgemalt, dass Alex lieber Small Talk mit einer beliebigen Fremden hielt, anstatt an seinen Lippen zu hängen – oder wahlweise an anderen Körperteilen.

Doch sie bemerkte seinen Blick nicht oder hatte entschieden, ihn zu ignorieren, um ihre Fragen noch etwas zu vertiefen. »Darf ich fragen, was du machst?«

Fast hätte ich geschnauft. Ihre Frage war genauso naheliegend, wie ich die Antwort darauf offensichtlich fand. In meinen Augen war sie nicht zu übersehen: Ich atmete wieder durch Mund und Nase, statt durch den Schlauch, der mir die hübsche Narbe am Hals hinterlassen hatte. Ich konnte wieder laufen, selbstständig essen, trinken und sprechen. Nebenbei hatte ich so viele Arzttermine wie eine herzkranke 80-Jährige. Das war, was ich machte. Das war mein gegenwärtiger Beitrag als Mitglied dieser Gesellschaft.

Doch das war nicht die Antwort, die ich Alex geben konnte. Oder wollte.

»Marketing«, sagte ich stattdessen und hoffte, dass das ausreichte. Die meisten Menschen glaubten, ein Verständnis für diesen Begriff zu haben, und fragten nicht weiter nach. Sie nickten, sagten Dinge wie »Ah« und »Das ist sicher sehr abwechslungsreich« und widmeten sich dann wieder den Themen, die sie brennender interessierten. Dem Wetter, zum Beispiel.

Alex gehörte nicht zu den meisten Menschen. »Oh, das ist aufregend. Ich meine, das ist ja ein ziemlich breites Feld. Was genau ist da dein Bereich? Werbekampagnen? Grafiken?«

Oh Himmel, nein. Dafür gab es Leute, die mehr kreatives Talent mitbrachten. Meine Stärke lag darin, Stimmungen zu analysieren und neue Richtungen zu definieren. Mir fielen die Worte meiner Kollegin, Flora, ein: »Logan ist der fünfjährige Visionär. Und du und ich passen auf, dass aus seinen Kontroversen kein Eklat wird.« Und dann dachte ich an Logans Anruf vor vier Wochen. An seine Frage, wie es mir ging und ob ich fit genug war, um wieder in seinem Team zu arbeiten. Daran, wie viel Angst mir der Gedanke gemacht hatte und wie ich ihm gesagt hatte, dass er das mit den Analysen und Ausrichtungen auch allein schaffte und viel dringender Flora brauchte. Jemanden, der sich durchsetzte ...

Ich räusperte mich, als mir bewusst wurde, dass Alex noch immer eine Antwort erwartete. »PR«, sagte ich knapp. Meine Stimme klang belegt, und ich räusperte mich, ehe ich weitersprach. »Ich war dafür verantwortlich, den Wasserstand zu messen. Jede Kampagne hat ja den Punkt, bei dem sie startet, und ein Ziel, aber trotzdem liegt die ... Dings nicht auf der Hand. Die ... die ...« Fuck. Ich hatte es vor Augen. Fast jedes Obst hatte dieses Scheißding, das für den Vergleich herhalten musste. Wieso fiel mir dieses verfluchte Wort nicht ein?

»Das klingt spannend.« Alex tat so, als hätte sie nicht einmal bemerkt, dass ich abgebrochen war. »Kennt man Unternehmen, für die du gearbeitet hast? Also, falls du das sagen darfst ...«

Ich hätte ihr einige aufzählen wollen, aber meine Gedanken hatten sich noch immer um das fehlende Wort herum verheddert, und ich schaffte es nicht, sie zu lösen. Mein Puls reagierte darauf, als wären es meine Arme und Beine, die in Fesseln lagen und nicht nur eine dumme Antwort auf eine neugierige Frage.

»Alex.« Die tiefe, ruhige Stimme des Snobs unterbrach sie, und sie wandte sich mit einem »Hm?« zu ihm um. »Wolltest du mir nicht noch von der neuen Küche erzählen? Du weißt schon ... Die Diskussion um den Herd und die Farbe der Fronten und der Arbeitsplatte ...«

Alex zog ihre Stirn kraus und sah ihren Begleiter skeptisch an. »Und jetzt auf einmal interessiert dich das?«

»Eigentlich nicht.« Seine Stimme lachte bei diesen Worten mehr, als sein Gesicht es tat. »Aber du hast ...« Er deutete auf mich, ohne mich auch nur anzusehen. »Du hast sie jetzt genug belästigt. Und ich hab es verstanden: Ich bin heute ein miserabler Zuhörer. Das möchte ich verbessern. Daher – für welchen Herd habt ihr euch jetzt entschieden?« Das war, was er sagte. Trotz seiner wohlklingenden Stimme klang es so angestrengt, dass es sich in meinen Ohren unmissverständlich nach etwas anhörte wie »Hättest du jetzt bitte wieder die Güte, dich mit mir zu befassen statt mit einer Fremden?«

Snob.

»Du bist sogar ein ziemlich beschissener Zuhörer«, korrigierte sie. Und da fiel es mir ein. Ohne jeden Grund. Es war einfach da. Kernaussage. »Und das trifft es nicht einmal annähernd. Hast du überhaupt irgendetwas von dem mitbekommen, was ich dir vorhin erzählt habe? Ich habe dir vor zwanzig Minuten schon gesagt, welcher Herd ...«

»Hier.«

Dieses Wort und das Geräusch eines vollen Glases, das auf einen Holztisch gestellt wurde, rissen meine Aufmerksamkeit von diesem sonderbaren Dialog weg und hin zu ... Orange. Rot ... Gelb. Was ich in dem Glas vor mir sah, durchlief sämtliche dieser Farbtöne. Keine Ahnung, woraus der Inhalt dieses Getränks bestand, der so ambitioniert einen Sonnenuntergang nachahmte – doch ich wusste, dass Tonic anders aussah.

»Was ist das?«

»Ein Kiss on the Beach«, verkündete George und nippte an seiner Bierflasche. »Die jungfräuliche Variante von ...«

»Aber ... ich hatte Tonic.«

»Ich wollte Tonic«, korrigierte George mich, als wäre das hilfreich. »Ich dachte, ich mach dir eine Freude. Wir feiern schließlich. Das kann man nicht mit etwas, das aussieht wie Wasser.«

Ich reagierte nicht, sondern starrte auf das Glas mit dem Kiss on the Beach vor mir. Am liebsten hätte ich ihm den Inhalt ins Gesicht geschüttet. Oder das ganze Ding einfach vom Tisch gefegt. Geschrien. Getobt.

Geheult.

Mein Hals brannte. Nicht lange, und meine Augen würden es ihm gleichtun.

»Hey«, hörte ich George sagen. Wie George das eben tat, wenn er etwas Dummes sagte oder machte und dann klarstellen wollte, dass er es nicht böse meinte.

Ich wusste, dass er es nicht böse meinte. Ich wusste, dass er mir eine Freude machen wollte. Nur war alles, was ich sehen konnte, dass in meinem Glas kein Tonic war.

»Maggie, komm schon.« George setzte noch einmal an. Er machte sogar Anstalten, seine Hand nach mir auszustrecken. Beinahe stieß ich das Glas um, als ich meine Hände zurückzog und die Arme vor der Brust verschränkte. Das hätte gerade noch gefehlt. Vermutlich hatten Alex und ihr Snob längst aufgehört, über Küchen zu reden, und sahen lieber dabei zu, wie ich auf diesen Saftmix vor mir starrte und mit den Tränen kämpfte.

»Du rastet jetzt nicht ernsthaft aus, nur weil ...«

»Halt ... halt einfach ... Halt ...« Halt den Deckel, flüsterte es in meinem Kopf. Mir war klar, dass das so nicht stimmte. Ich wusste auch, dass das richtige Wort ganz simpel war. Doch dass ich es nicht direkt griffbereit hatte, machte es mir schier unmöglich, es zu finden.

»Ich soll den Mund halten?«

Das war nicht das, wonach ich gesucht hatte. Trotzdem nickte ich und atmete tief durch. Nicht so schlimm. George wollte dir nur eine Freude machen. Es spielt auch eigentlich gar keine Rolle. Es ist Unsinn, dich so sehr aufzuregen, dass du sogar Wörter verlierst.

So in etwa klangen die rationalen, logischen Gedanken, die ich mir vorbetete. Es hatte mich Monate gekostet, bis ich zu solchen Gedanken wieder in der Lage gewesen war, und nun waren sie nutzlos. Meine Wut schlug wild schreiend auf jede Logik ein. Sie brüllte, kratzte von innen an meiner Kehle und brannte sich in meine Lungen. Meine Nasenflügel bebten unter ihrem Echo genauso wie meine Unterlippe.

Ich wusste, dass ich dringend aus dieser Situation herausmusste, wenn ich eine Chance haben wollte, mich wieder zusammenzureißen. Also rappelte ich mich von meinem Stuhl hoch und murmelte irgendetwas wie »Entschuldige mich« oder »Ich bin kurz auf der Toilette«. Keine Ahnung, was für Sätze wirklich aus mir herauskamen. George nickte, also war es wohl verständlich genug.

Er machte nicht den Fehler, mir zu folgen. Es hatte mehrere Anläufe gebraucht, bis er verstanden hatte, dass das keine gute Idee war. Beim letzten Mal hatte ich sogar einen Teller nach ihm geworfen. Erst dann hatte er eingesehen, dass ich mit mir allein sein musste, wenn ich eine realistische Chance haben wollte, meine Wut zu zügeln.

Zu den Toiletten musste ich zurück nach vorn, an der Theke vorbei und am Ende des langgezogenen Raumes durch eine alte Holztür hindurch. Hinter dieser verbarg sich eine schmale und steile Treppe, die ich genauso vergessen hatte wie die Stufen am Eingang.

Ich hielt mich am Handlauf fest und starrte nach unten. Die Stufen vor mir verschwammen hinter einem Tränenschleier, den ich nur mühsam wegblinzeln konnte.

Und das alles nur, weil mein großer Bruder mir eine Freude hatte machen wollen, anstatt mir Tonic zu bringen.

Wenn man davon hört, dass Menschen schwere Unfälle haben, denkt man zuerst an Schmerzen. Bei Verletzungen am Kopf fallen einem noch Gedächtnislücken ein oder Probleme mit der Motorik. Das wäre es jedenfalls gewesen, womit ich gerechnet hätte, hätte mir irgendjemand vor acht Monaten gesagt »Morgen kollidierst du mit der Motorhaube eines Autos.«

Niemand erzählt einem, dass Selbstbeherrschung genauso brechen kann wie Knochen. Und schließlich findet man sich auf einer Treppe in einem Pub wieder und hat große Mühe, nicht zu heulen wie ein bockiges Kind. Scheiße noch mal, ich traute mich ja nicht einmal, die Stufen allein hinunterzulaufen oder mich auf eine von ihnen zu setzen. Ich hatte einfach zu viel Angst, dass ich mein rechtes Bein zu weit anwinkeln und meine Hüfte mich dafür bestrafen würde. Und das half definitiv nicht dabei, mich zu beruhigen.

Zusammenfassend konnte man sagen, dass ich mit George ins »Lifted Anchor« gefahren war, um einen Abend voller Normalität zu haben, und das hatte ich bekommen – sehr viel Normalität und die Erkenntnis, dass ich aus ihr herausgefallen war. Wohin genau? Keine Ahnung. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich hier nicht sein wollte.

»Eis, Gurke, Pfeffer ... Nur ohne den Gin.«

- Maggie -

Mit sechs oder sieben hatte ich dieses Kleid – moosgrün mit rosafarbenem Blütenmuster. Es wurde mit einer Reihe aus Holzknöpfen verschlossen, die über den ganzen Rücken verlief. Ich habe es geliebt, wirklich, wirklich geliebt – mit aller Inbrunst und Begeisterung, zu der eine Grundschülerin imstande ist.

Allerdings hatte ich bisher nur Blusen und eine Strickjacke angehabt, die mit solchen Knöpfen zu verschließen waren. Nach der Logik dieser Textilien war ich überzeugt gewesen, dass auch die Knöpfe meines Kleides vorn sein mussten, nicht hinten, wo sie keiner sah – erst recht nicht, da meine blonden Haare mir endlich fast bis zum Po reichten.

So kam es also, dass ich vier Unterrichtsstunden und eine Hofpause lang mein allerliebstes Lieblingskleid falsch herum trug – so lange, bis meine Mitschüler mich damit aufzogen. Kurz gesagt: Das Drama war groß, die Tränen zahlreich, und das Kleid wurde nie wieder getragen.

Ich dachte an das grüne Kleid mit dem rosa Blumenmuster, als ich im »Lifted Anchor« mitten auf einer Treppe stand und mir Mühe gab, nicht zu weinen. Ich dachte an das grüne Kleid und an das, was mein Therapeut mir gesagt hatte. »Sie haben sich in dem Kleid genau so wohlgefühlt, wie sie es anhatten. Bis jemand kam und meinte, es wäre falsch. Sie heilen, Ms Forrester. Nichts daran ist falsch, nur weil es für Außenstehende merkwürdig erscheint. Wenn das mit Knöpfen nach vorn leichter geht, dann tragen Sie Ihre Knöpfe vorn. Solange Sie sie zukriegen, ist es ein Erfolg.«

Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wo ich die metaphorischen Knöpfe gerade trug, das wusste ich eher selten. Trotzdem half es, an dieses Kleid zu denken, daran, wie unfassbar toll ich es gefunden hatte, und wie es im Müll gelandet war, weil ich überreagiert hatte, und zwar maßlos.

Genauso wie ich es mit fast dreißig Jahren tat, weil George mir das falsche Getränk von der Bar geholt hatte. An die Geschichte mit dem Kleid zu denken, half mir, etwas klarer zu sehen: Dieser Abend hier war das grüne Kleid. Ich hatte mich wahnsinnig darauf gefreut. George hatte es mir nicht weggenommen, es nicht kaputtgemacht, mich nicht ausgelacht. Er hatte nur versucht, es anders zuzuknöpfen als ich. Es wäre bescheuert, deshalb das Kleid in den Müll zu werfen.

Ich atmete tief durch, lehnte meinen Kopf an die Wand hinter mir und schloss kurz die Augen. Als ich sie wieder öffnete, war da kein Tränenschleier mehr. Für den Rückweg fühlte ich mich gewappnet, als der vierte oder fünfte Gast an mir vorbei zu den Toiletten stolperte und mich irritiert ansah. Es war der erste, dessen Blick ich nicht verschämt auswich, sondern entschuldigend die Schultern hob und sagte: »Ich warte auf eine Freundin.« Wenn ich in der Lage war, wieder Ausreden von mir zu geben, ohne lange darüber nachgedacht zu haben, würde ich es wohl auch schaffen, Saft mit Sirup zu trinken, ohne auszurasten.

Die Tür zum Pub bekam ich kaum auf, da sich zu viele Menschen davor drängten. Es brauchte mehrere Anläufe und eine Handvoll »Entschuldigung, könnte ich bitte ...«, um den Raum auch nur zu betreten.

Ich drängte mich zwischen Körpern hindurch, die mir aber kaum ausliefen. Ausgingen. Aus...irgendwas. Wie auch immer dieses dämliche Wort hieß, die Menschen blieben einfach, wo sie waren, und ich quetschte mich mühsam an ihnen vorbei. Dabei stieß ich mindestens gegen drei Tische und einen Stuhl. Immer wieder schob mich jemand beiseite, weil er oder sie nur eine Frau mit kinnlangen blonden Haaren wahrnahm, die sich bewegte wie eine Schnecke. Wahrscheinlich hielten ungeduldige Wartende mich für einen besoffenen Zombie. Aber es ging einfach nicht schneller. Das Stechen in meiner Hüfte wurde stärker. Was, wenn es sich noch weiter steigerte, ehe ich es zurück zu meinem Platz geschafft hatte? Ich konnte mich doch nicht einfach hier auf den Boden legen und ... Knöpfe, dachte ich. Scheiß drauf, auf welcher Seite, mach einfach diese dämlichen Knöpfe zu. Einer nach dem anderen, einer ...

Das Mantra in meinem Kopf stoppte, als ich plötzlich eine Hand an meinem Oberarm spürte. Sie hielt mich nicht allzu fest, aber die Berührung war deutlich genug, um sie nicht für ein Versehen zu halten. Ich fuhr herum und sah in ein Gesicht, das mir fremd war. Wobei – nicht ganz. Es war lediglich das erste Mal, dass ich Alex’ Snob lächeln sah. Richtig lächeln – von einem entwaffnenden Grinsen auf seinen Lippen bis hin zu den zarten Fältchen, die sich um seine blauen Augen legten. »Gott sei Dank«, stieß er aus und klang sogar wirklich erleichtert. Hatten sie sich Sorgen gemacht und nach mir gesucht? Aber warum er und nicht mein Bruder? Oder schlug sich George ebenfalls gerade durch diese ganzen Menschen, um ... »Kannst du mir helfen? Die haben keine Tabletts mehr, und ich fürchte, irgendetwas wird zu Bruch gehen, wenn ich versuche, alles allein zum Tisch zu tragen.«

Also hatte George keine umfassenden Ermittlungen zum Verbleib seiner kleinen Schwester ausgerufen. Vermutlich vermisste er mich noch gar nicht, sondern nutzte die Gunst der Stunde, um sich an Alex ranzumachen – nun, da ihre Begleitung gehorsam neue Getränke besorgte. Ich nickte schon allein aus dem Grund, dass mir der Kerl ein bisschen leidtat, mit seiner Weste, die er bestimmt extra angezogen hatte, und seinem leicht melancholischen Blick – selbst, wenn er lächelte. »In Ordnung. Das bin ich dir vermutlich schuldig.«

»Schuldig? Wofür?«

»Dafür, dass wir euer Date gesprengt haben.« Ich deutete auf sein Outfit. »So viel Aufwand, und dann platzen wir in den Abend. Ich hab versucht, George woanders hinzulotsen, aber ...«

»Unser ... Oh nein, das ist kein Date. Das ist Alex. Sie ...« Er unterbrach sich, atmete tief durch und deutete dorthin, wo unser Tisch lag. »Eigentlich habt ihr mich gerettet.«

Ich kam nicht umhin, meine Augenbrauen zu heben, um meinen überaus skeptischen Blick zu untermauern. Gerettet? Wovor denn? Einer Nacht mit dieser rothaarigen Schönheit? »Auf mich machte sie einen ganz umgänglichen Eindruck. Was habe ich übersehen? Hat sie dir was in den Drink gekippt? Oder mir? Hat sie vor, unsere Organe zu verkaufen? Ich bin nämlich nicht sicher, ob meine Nieren allzu viel taugen ...« Dafür merkte ich sehr wohl, dass ich recht viel Unsinn von mir gab. Einfach, weil es Spaß machte. Und weil dieser Unsinn nicht eingeleitet worden war mit »Hast du Schmerzen?« oder »Und? Wie geht es dir?«, worauf ich antworten konnte, was ich wollte – es wurde mir ohnehin nie geglaubt.

»Nieren? Nein. Wäre mir neu, dass Alex ein Nebengewerbe betreibt. Und wenn, dann halte ich sie für klug genug, um mit etwas weniger Verderblichem zu handeln.«

Ich grinste unweigerlich. Weniger über die Worte des Snobs, sondern weil er dabei ganz trocken keine Miene verzog, nicht einmal schmunzelte. »Du meinst so was wie ...« Ich überlegte. »Seelen?« Eigentlich hatte ich auf Serien oder Filme über Dämonen und Geister anspielen wollen. Aber als ich meine Worte laut hörte, klangen sie fürchterlich esoterisch.

Die Mundwinkel meines Gegenübers zuckten dennoch ein kleines bisschen. Er gab sich also redlich Mühe, ernst zu bleiben. »Ich dachte eher an Drogen. Aber jetzt, wo du es sagst, könnte die Beschaffung von Seelen etwas leichter zu bewerkstelligen sein. Immerhin sind wir hier in London und ...« Er unterbrach sich selbst und schob sich in eine Lücke, die sich vor ihm aufgetan hatte. Kaum hatte er sich den neuen Platz gesichert, drehte er sich schon zu mir um, wie um zu sich zu vergewissern, dass ich nicht verloren gegangen war. Dabei schien ihm einzufallen, wie wir überhaupt auf dieses Thema gekommen waren. Was schade war. Ich hätte ihm zugetraut, ein Geschäftsmodell zum Seelenhandel auf die Beine gestellt zu haben, noch ehe er seine Drinks bekam. »Ich meinte eben, dass ihr mich gerettet habt, aber ich glaube, ich sollte eines richtigstellen: Alex ist großartig.«

»Das klingt ja furchtbar. Gut, dass George und ich aufgetaucht sind.«

Ein zartes Schmunzeln huschte über seinen linken Mundwinkel. Dann nickte er und verzog sein Gesicht zu einer stummen Entschuldigung. »Sie ist etwas aufgeregt. Wir haben uns seit drei Wochen nicht gesehen. Und nun versucht sie, alles an einem Abend aufzuholen. Ihre neue Küche, zu der sie unbedingt meinen fachmännischen Rat will. Einen Streit mit Rachel – ihrer Frau. Es gibt noch irgendeinen neuen Film, den sie unbedingt sehen möchte, und ihr Urlaub wurde schon wieder verschoben. Mein Tag war heute ziemlich lang. Zu lang, um drei Wochen voller Konflikte aufzufangen, nur weil sie es hasst zu telefonieren.«

Der letzte Punkt war einer, den ich absolut teilte. Ich hatte schon vor meinem Unfall nicht gern übers Telefon gesprochen, vor allem nicht privat. So etwas vertieft sich nur noch mehr, wenn Wörter nicht mehr die Freunde waren, die man kannte, sondern widerspenstige, hinterlistige Biester.

Allerdings hegte ich in diesem Moment nicht den Wunsch, das in aller Ausführlichkeit zu erklären. Stattdessen beschränkte ich mich auf ein uninspiriertes Schulterzucken. »George wird ihr sicher geduldig zuhören. Solange sie nicht fallen lässt, dass sie mit einer Frau zusammen ist. Ich fürchte, seine Geduld steht in direktem Zusammenhang mit seinen Chancen ...« Ich überlegte noch einmal, doch ich fürchtete, dass ich meine Aussage nicht mehr würde retten können. »Das klingt, als wäre er ein Arschloch. Er ist eigentlich kein ...«

»Pass auf!«

Noch ehe ich kapiert hatte, worauf ich aufpassen sollte, spürte ich eine Hand an meiner Taille, die mich beiseiteschob. Gerade rechtzeitig, ehe mich ein breitschultriger Riese niedergewalzt hätte. Irgendwie vollbrachte der das Kunststück, mehrere Pints so aneinanderzupressen, dass er sicher acht davon vor sich hertragen und gleichzeitig einen Triumphschrei in Richtung seiner Freunde ausstoßen konnte. Unwahrscheinlich, dass er sich auf seinem Weg von einer bedeutend kleineren Frau hätte aufhalten lassen. Sein Ellenbogen knallte gegen meinen Arm, und er bemerkte es nicht einmal.

Der Snob an meiner Seite schien über diese kleine Kollision umso empörter. Er sah dem Fremden noch immer nach, während ich beobachtete, wie sich die Lücke, die der Riese am Tresen hinterlassen hatte, schloss. »Scheiße! Unser Platz!«

Es ging einfach zu schnell, um darüber nachzudenken. Ganz automatisch hastete ich einen Schritt nach vorn – mit dem falschen Bein – und erkämpfte den Platz am Tresen allein schon deshalb, weil ich mich daran festhalten musste. Die Strafe für meine Unachtsamkeit war ein heftiges Proteststechen, das in meiner Hüfte begann und dazu ansetzte, ins ganze Bein auszustrahlen.

Komm schon, dachte ich. Ein Fehler. Du wirst mir einen Fehler zugestehen können. Verbissen starrte ich auf den Bierdeckel vor mir und versuchte herauszufinden, welche Art von Schmerz das hier war. Der Warnschmerz oder der konsequente. Der Warnschmerz war wie ein angestoßener Zeh. Er war übel, aber er ließ in absehbarer Zeit wieder nach und grummelte dann nur noch leise vor sich hin. Der Konsequente aber rückte an seinen Platz und verteidigte ihn, indem er immer lauter wurde und nur noch mit den richtig heftigen Zaubermitteln zu betäuben war.

Ich wollte keine Zaubermittel, ich wollte einen normalen Abend.

»Alles in Ordnung?«

Der Snob war an meine Seite gerückt. Eigentlich hatte ich allmählich mit dem Gedanken gespielt, ihn noch mal nach seinem Namen zu fragen. Er war mir zu sympathisch geworden, um ihn weiter nur als Snob zu betiteln. Mit dieser Frage aber machte er seinen Namen prompt wieder uninteressant.

Ich nickte heftig und presste ein »Alles okay« durch die Zähne, ohne zu wissen, ob das überhaupt stimmte. Der Schmerz hielt immer noch auf demselben Level Stellung und schien unentschlossen, ob er sich weiter ausbreiten oder wieder zurückziehen wollte. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass der Snob mich weiter im Auge behielt. Herrgott, er sollte lieber um die Aufmerksamkeit des Barkeepers buhlen und mich in Ruhe vor mich hin leiden lassen. »Wirklich«, schob ich also nach. »Bin nur blöd aufgetreten.«

»Okay«, hörte ich ihn sagen. Mit dieser tiefen, ruhigen Stimme klang es, als wäre wirklich alles okay. Und falls nicht, wäre es das bald. Nur sah der Kerl mich immer noch an, was seiner Stimme direkt etwas ihrer beruhigenden Wirkung raubte.

»Ich komm klar«, versicherte ich. Diesmal etwas deutlicher. Tatsächlich bildete ich mir ein, dass das Stechen dumpfer wurde. Keine Ahnung, wie schnell der Schmerz vorhatte, abzuklingen, aber solange er nicht dazu ansetzte, schlimmer zu werden, konnte ich es aushalten, wie es gerade war. »Du solltest lieber deine Bestellung aufgeben. Sonst komm ich gar nicht mehr dazu, dir beim Tragen zu helfen.« Ich sah ihn dabei sogar an und hoffte, dass ich genug Entschlossenheit in meinen Blick legte, um ihm klarzumachen, dass ich wirklich, wirklich klarkam. Und falls nicht, dass es ihn nichts anging.

Zuerst musterte er mich noch. Eine tiefe Grüblerfalte schnitt sich waagerecht in seine Nasenwurzel und machte den Eindruck, als hätte sie schon viele, viele Grübeleien gemeinsam mit dem Snob gemeistert. Einen Moment lang behielt er diesen Blick bei, dann beschloss er wohl, mir zu glauben.

Wenigstens dachte ich das. Herrgott, manchmal war ich furchtbar naiv. Und alles, was es für diese Erkenntnis brauchte, war der Klassiker aller Fragen: »Willst du dich setzen?«

Ich spürte regelrecht, wie sich das »Ist das dein beschissener Ernst?« auf meiner Mimik breitmachte, noch ehe der Gedanke sich in meinem Kopf manifestiert hatte. Herrgott noch mal, der Snob war sogar einen halben Schritt zur Seite gewichen und deutete auf einen Barhocker neben sich.

»Nein, will ich nicht«, sagte ich nachdrücklich. »Ich will, dass du bestellst.« Ich klang zickig. Zickiger, als ich hatte klingen wollen. Aber ich war wütend, verdammt noch mal. Ich hatte doch gesagt, dass alles okay war. Wenn ich Hilfe wollte, dann fragte ich danach. Und wenn ich Hilfe ablehnte, obwohl ich sie brauchte, war das mein Problem. Allein meins.

»Aber ...« Er deutete noch immer auf diesen Hocker, von dem ich demonstrativ ein Stück zurückwich.

»Nein, ...« Snob. Scheiße, eine Ansage war prägnanter, wenn man Namen benutzte. Ich glaubte, dass sein Name sogar schon gefallen war, aber ich hatte ihn einfach wieder vergessen. »Nein, okay? Ich will lieber stehen. Ich kann stehen, weißt du? Und wenn ich sage, dass ich das kann, dann glaub mir das verdammt noch mal auch.«

Der Snob kniff kurz seine Lippen zusammen, als wäre ihm erst jetzt aufgefallen, dass er möglicherweise etwas zu weit gegangen war. Kurz sah er an mir vorbei und mir dann wieder in die Augen. Er wirkte dabei fast schon schüchtern, und prompt tat es mir leid, so direkt geworden zu sein.

Er räusperte sich. »Ich ...« Noch ein Räuspern. »Das meinte ich eigentlich nicht. Ich hab nur befürchtet, dass du mich für einen sexistischen Idioten hältst, wenn ich dich bitte, dich an den Tresen zu setzen. Ich denke nämlich, dass du die Aufmerksamkeit des Bartenders eher auf dich ziehst als ich.« Während er das sagte, klang er, als würde er sich entschuldigen. Dafür, dass er mich nicht wie einen Krüppel behandelte, sondern wie einen Menschen. Einen Menschen mit Brüsten, die es zu seinem Vorteil einzusetzen galt. Aber wie einen Menschen.

Da ich nicht gleich wusste, was ich sagen sollte, formte ich mit den Lippen nur ein stummes O.

»Falls ich ... Es tut mir leid, falls ich ...«

Ich unterband seine holprigen Versuche mit einem Kopfschütteln. Dieses Spiel kannte ich und hatte wirklich keine Lust auf Entschuldigungen. Denen folgten in der Regel Beteuerungen meinerseits, dass alles in Ordnung war, dass ich überreagiert hatte, vielleicht noch eine flapsige Bemerkung und dann ... Schweigen. Die ziemlich unangenehme Art.

Eine kleine Dosis Sexismus war mir da wesentlich lieber.

So elegant wie möglich hievte ich mich auf den Barhocker und lehnte mich ein Stück weit über den Tresen. »Wollen wir doch mal sehen, was ich da für dich tun kann.« Ich erspähte den Barkeeper – ein blonder Kerl mit Dreitagebart und etwas zu korrekt sitzender Frisur. Er ließ sich viel Zeit damit, die Spirituosen für einen Cocktail abzumessen, während er sich mit einer jungen Frau unterhielt. »Ich fürchte, das wird schwierig«, murmelte ich. »Die Konkurrenz ist stark.«

Die Augenbrauen des Snobs zogen sich zu einem ungläubigen, ja erschütterten Blick zusammen, ehe er sich neben mich schob und selbst nach dem Herrn des Tresens Ausschau hielt. »Er sieht ja nicht einmal her.« Er schnaufte richtig entrüstet ob dieser Feststellung – und deutete dabei sogar auf mich.

Ich lachte. Ich hatte gar keine andere Wahl. »Empörend«, bekräftigte ich und fuhr mir mit einer Hand durch meine Haare. Als Geste, aber auch, um meine gerade so kinnlangen, blonden Wellen so zu richten, dass sie die Narbe hinter meinem linken Ohr etwas besser kaschierten. »Er verpasst so viel. Erstklassige Ware.«

Kurz sah der Snob mich musternd an, dann entschied er, dass er es sich wohl erlauben konnte zu grinsen. So richtig breit zu grinsen. Wer hätte gedacht, dass sein Gesicht das hergab? Und dass es ihm so ausgezeichnet stand? Viel besser als die ernste Bürokratenmimik.

»Ich muss ja sagen ...«, hob ich an und lehnte mich ein wenig in seine Richtung, als würde ich ein Geheimnis mit ihm teilen. Nur, dass ich nicht flüsterte. Dafür war es schlicht zu laut. »Ich dachte, du bist ein versnobter Spießer. Und jetzt stellt sich heraus, dass du großes Talent zum Zuhälter hättest. Ich glaube, das gefällt mir noch mehr.«

Das Grinsen blieb auf seinem Gesicht, aber er verzog es ein wenig. »Ich fürchte, deine erste Einschätzung trifft es etwas besser.«

»Unsinn«, winkte ich ab. »Du musst der Sache einfach eine Chance geben. Das Outfit hast du schon. Jetzt fehlt nur noch das geeignete Personal und ...«

»Was kann ich euch bringen?« Die Frage unterbrach mich Gott sei Dank, ehe ich noch mehr fragwürdigen Schwachsinn von mir gegeben hätte. Gestellt wurde sie aber nicht von dem blonden, grinsenden Muskelpaket, sondern von einer jungen Frau mit kurzen, schwarzen Haaren. Sie stellte sie dem Snob, nicht mir.

Doch er sah mich an, nicht sie. »Tonic? Oder lieber etwas anderes?«

Das hatte er also mitbekommen. Und er hatte es sich gemerkt. Vermutlich hatte er recht, und er taugte wirklich mehr zum Snob als zum Zuhälter. Vielleicht sogar zum Gentleman.

»Tonic wäre fantastisch«, sagte ich und versuchte, mich auf ein Lächeln zu beschränken, das nicht zu viel meiner Begeisterung preisgab.

Er nickte nur. Mehr nicht. Ganz ohne irgendein »Aber das ist trostlos«. Da war kein »Maggie, ich weiß besser, was du willst«. Dafür war das Lächeln auf seinem Gesicht umso breiter. Es war eines von denen, die Menschen tragen, wenn sie sicher sind, dass sie gerade etwas ziemlich richtig gemacht haben. Mit diesem Lächeln wandte er sich an die Frau auf der anderen Seite des Tresens. »Ein Ale. Einen Sex on the Beach. Für mich eine Coke und für die Lady einen Hendricks Tonic.«

Ich wollte gerade dazu ansetzen, ihn zu korrigieren, als er mich ansah und dabei ergänzte: »Nur ohne den Gin.«

Meinen erstaunten Blick fing er kurz auf, dann sah er wieder zu der Barkeeperin.

»Also ein Tonic?«, hakte sie nach.

»Nein, das ganze Programm. Eis, Gurke, Pfeffer ... Nur ohne den Gin. Geht das?«

Sie zuckte mit den Schultern, murmelte ein »Sicher« und machte sich an die Arbeit.

Ehe ich etwas sagen konnte, holte der Snob schon zu einer Erklärung aus. »Dein Bruder hat recht. Tonic ohne Gin ist ein bisschen trostlos. Aber so sollte es gehen.«

Dass ich keinen Ton herausbekam, während die Kellnerin Gurkenscheiben in ein Glas fallen ließ, hatte ausnahmsweise nichts mit Aphasie zu tun. Ich war auf die stinknormale Art sprachlos, wie sie wohl jeder kennt.

Und die, über die sich das Gegenüber freut, anstatt unbeholfen mit Buchstaben, Silben oder ganzen Sätzen auszuhelfen. Es war unverkennbar, dass der Snob meine Sprachlosigkeit genoss. Er bemühte sich um ein unbeeindrucktes bis souveränes Gesicht. Und er war gut darin, ziemlich gut sogar. Aber in seinem Blick lag ... Ich war nicht sicher. Es war mehr als ein bloßes Lächeln.

Er räusperte sich und nickte dann in Richtung Bar. »Ich sollte erwähnen, dass ich Hotelier bin.« Das sagte er, als wäre es das schmutzigste Geheimnis, das er je jemandem verraten hatte. »Außerdem bin ich, wie du schon richtig festgestellt hast, ein englischer Spießer. Einem Tonic, das sich nicht mit Gin vereinen darf, gebührt meiner Meinung nach so viel Respekt wie möglich. Der Stock in meinem Hintern verlangt das von mir.«

Lachend schüttelte ich den Kopf – amüsiert und gleichermaßen heilfroh, dass er mir etwas an die Hand gab, worauf ich besser reagieren konnte als auf nette Gesten. »Steht das so im Regelwerk?«

»Ausdrücklich«, bestätigte er. »Es gibt monatliche Zusammenkünfte. Ich werde hierüber Bericht erstatten müssen.«

»Für das hier hättest du verdient, zum Snob des Monats gekürt zu werden.« Und dann schaffte ich es endlich, das zu sagen, was ich eigentlich meinte: »Danke.«

Er nickte und rückte sich etwas verlegen seine Brille zurecht. »Gern geschehen.«

Ich wollte gerade dazu ansetzen, über meinen Schatten zu springen. Okay, das ist mir jetzt wirklich unangenehm, aber ich fürchte, ich muss dir gestehen, dass ich deinen Namen vergessen habe. Das passiert mir manchmal. Und mittlerweile finde ich es etwas unpassend, dich in meinem Kopf nur Snob zu nennen ...

Ich kam bis »Okay, das ...«, als Gläser neben mir auf den Tresen geknallt wurden. Vier Stück.

Und meins war das allerschönste. Das mag völlig übertrieben klingen, vermutlich war es das auch. Aber dieses bauchige Glas voller Eiswürfel, Gurken und Pfefferkörner war wie eine riesige Portion »Normal«, die mich heftiger traf als das Betreten des Pubs. Es fühlte sich an wie eine warme Dusche, nachdem man völlig durchgefroren nach Hause gekommen ist.

Auch übertrieben.

Mag sein.

Mir egal.

»Vorschlag: Du nimmst dein Glas und ich den Rest? Drei kriege ich hin, denke ich.« Diese Stimme, dicht neben mir, trug das Gefühl von »Normal« und »Warm nach Kalt« noch ein Stückchen weiter, ehe ich es mit einem Nicken verscheuchte. Nicht ganz und gar. Es war nicht weg, aber es überrollte mich nicht mehr mit aller Gewalt.

»Alles klar«, stimmte ich zu und griff nach dem schönsten Nur-Tonic, das ich je gesehen hatte, um es mit beiden Händen festzuhalten, während die wesentlich größeren Hände des Snobs die übrigen drei Gläser zusammenschoben und umfassten. »Erklärst du mir noch das mit der Coke? Ich meine ... Weiß der Rat der englischen Snobs davon?«

»Nein«, sagte er ernst. »Und von diesem Laster werden sie auch nie erfahren. Das ist wohl eher meiner Identität als Zuhälter zuzuschreiben.« Ein halbes Lächeln schenkte er mir noch, dann schaute er kurz über seine Schulter. »Normalerweise würde ich dir den Vortritt lassen, aber ich will dir nicht zumuten, durch die ganzen Leute ...«

Ich nickte. »Bin direkt hinter dir.« Damit folgte ich breiten Schultern in Hemd und Weste durch unzählige andere Schultern in Shirts und Hemden.

»Ah, gut, du hast sie gefunden!« George klang nicht einmal annähernd überrascht, als er uns sah. Lediglich das Getränk, das ich in der Hand hielt, beäugte er skeptisch. »Ist das ein richtiger Drink?«

Wie kleine Schwestern es gewohnt sind, hielt ich das Glas lieber etwas näher vor meine Brust, damit George direkt wusste, dass er mit Gegenwehr zu rechnen hatte, sollte er es mir entreißen wollen. »Für mich ist das ein richtiger Drink«, stellte ich klar.

Und wie große Brüder es gewohnt sind, sah er erst mich misstrauisch an und dann den Snob. Ich erkannte aus dem Augenwinkel, wie Alex sich zu ihrem Begleiter beugte, doch George beanspruchte meine Aufmerksamkeit. »Ist da wirklich nichts drin?«

»Nur Tonic«, bekräftigte ich und setzte mich im selben Moment, in dem Alex aufsprang und ihre Handtasche von der Stuhllehne zog.

»Das sieht aber nicht aus wie nur Tonic«, hörte ich meinen Bruder sagen. Gleichzeitig verkündete die Frau neben mir: »Der Tisch gehört jetzt ganz und gar euch. George, darf ich dir feierlich meinen Drink überlassen?«

Mein Bruder sah auf den Cocktail, dann auf Alex, und er wirkte gar nicht mehr erpicht darauf, dass wir diesen Tisch für uns hatten. »Aber ihr habt doch gerade erst neue Drinks ...«

»Ich muss zum Flughafen«, erklärte sie schnell. »Sie haben mich aus dem Standby geholt. Fuck, die holen mich sonst nie aus dem Standby. Ich habe doch extra gesagt, dass sie heute ...« Die letzten zwei Sätze hatte sie ohnehin mehr zu sich gesprochen und brach den zweiten mit einem wütenden Grummeln ab. Dann atmete sie tief durch und schulterte ihre Handtasche. »Tom, können wir?«

Tom, also. Ich hatte gewusst, dass der Name ein simpler war. Einfacher sogar als »Snob«. Und trotzdem hatte er mir nicht einfallen wollen. Und nun, da ich ihn wusste, brauchte ich ihn vermutlich nicht mehr.

»Was bekommt ihr für ...« George deutete auf die Getränke vor sich. »Vor allem für das Bier, das du mir mitgebracht hast. Danke, Mann.«

Tom schüttelte nur den Kopf. »Lass gut sein.« Und dann an seine Freundin: »Welcher Flughafen?«

»Stansted«, antwortete sie, und ich konnte von Toms Gesicht deutlich den Fluch ablesen, den er für sich behielt. Kein Wunder. Wir waren mitten in Soho. Von hier würde es ewig dauern, aus der City rauszukommen. »Aber es reicht, wenn du mich zum Tottenham Hale bringst, dann nehme ich den Express.« Sie schob sich längst durch Tische und andere Gäste, während Tom noch bei George und mir stand und sichtlich zögerte.

Ich versuchte, ihm mit meinem Blick klarzumachen, dass ich schade fand, dass sie jetzt aufbrechen mussten. Aber dass es wohl so sein musste. Dass ich ihm meine Nummer geben würde, wenn er danach fragte, oder dass ich seine nicht wegwerfen würde, sollte er sie mir geben. Ich würde mich melden.

Aber ganz ehrlich – so viele Informationen passen schlicht und ergreifend nicht in eine Sekunde Blickkontakt. Und ich selbst traute mich nicht, etwas zu sagen wie »Warte kurz. Ich geb dir meine Nummer. Schreib mir einfach, wenn du jemanden brauchst, der mit dir die richtige Stammkreuzung für Seelenhandel sucht. Oder wahlweise für anderes Gewerbe.« Nichts konnte passieren, außer dass er verschwand, was er ja ohnehin im Begriff war zu tun.

Schlussendlich geschah nichts dergleichen, bis Alex seinen Namen rief. Sie hatte sich längst ein paar Meter weiter nach vorn gekämpft. »Tom, kommst du?«

Er atmete tief ein und schenkte mir ein deutlich zurückhaltenderes Lächeln als eben noch. »Erweist du mir die Ehre und übernimmst mein Getränk?«

Ich tat, was Mädchen in so einem Moment tun, sobald sie das Alter für solche Momente erreicht haben. Ich lächelte, um meine Enttäuschung nicht zu zeigen. Und ich nickte. »Mach ich. Und du passt bitte auf deine sexistische Zuhälterseele auf, okay?«

Dieses Lächeln von ihm war etwas offener, aber es schien ihm schwerzufallen. Wieso? Er müsste doch nur ... Nun, das machen, was ich mich selbst nicht traute.

»In Ordnung.« Dann nickte er meinem Bruder zu und löste sich von dem Tisch, der nun wieder unserer war, um zwischen den anderen Leuten zu verschwinden.

Mir war wirklich danach, mich mit einem schweren Seufzen zurückzulehnen und mir für meine Feigheit an die Stirn zu greifen oder wahlweise meine Stirn auf die Tischplatte knallen zu lassen. Das zweite kam natürlich nicht infrage, da ich mittlerweile wusste, wie fragil so ein Schädelknochen sein konnte. Aber ich dachte darüber nach.

Dass George mich musterte, machte es nicht einfacher. »Was?«, maulte ich ihn an.

»Und das ist wirklich nur Tonic? Ich bin tot, wenn ich dich Alkohol trinken lasse.« Als wären wir wieder zwölf und sechzehn. Aber unterm Strich passte das wohl sehr gut zu meiner eben praktizierten Feigheit.

»Nur Tonic mit Deko«, versicherte ich unüberhörbar nüchtern. Dieses einnehmende Gefühl von Vertrautheit beim Anblick von etwas Gurke und Pfeffer hatte sich verschoben und dem Frust Platz gemacht. Das Risiko war immens, dass der sich wie ein Lauffeuer ausbreitete. Immerhin war Frust nichts anderes als Wut, nur eben auf sich selbst. Und wie gut ich derzeit mit Wut umgehen konnte ...

Knöpfe, dachte ich ... Dann bleiben eben ein oder zwei offen, was soll’s. Macht nichts. Immerhin weißt du, dass sie noch da sind.

»Heißt das, du hast mir meinen Kiss-on-the-Beach-Ausrutscher vergeben?« Er grinste, wie George immer grinste, wenn er von einem Ja ausging.

Ich übersprang die Bestätigung einfach. »Trinken musst du das aber allein.«

Er lachte, was die gleichen Grübchen in seine Wangen malte, wie ich sie auch hatte. »Wir haben hier ein richtiges Büfett, ist dir das klar? Und du wolltest die Coke?«

Eigentlich wollte ich keine Coke. Ich hatte, was ich wollte, Gurken schwammen darin. Trotzdem nickte ich, und George lehnte sich zu Toms Platz, um mir das Glas rüberzureichen und ...

»Ach du Scheiße ...«

Er hielt in seiner Bewegung inne und sah mich an. »Hm?«

Mein Blick war seiner Hand gefolgt und dann an schwarzem Stoff hängen geblieben. Ich deutete darauf. »Das Sakko. Der Snob hat sein Sakko hier hängen lassen.«

Irgendetwas lief mit den Prioritäten meines Bruders enorm schief. Er nickte, gab mir aber dennoch zuerst die Cola. Das Ganze unterstrich er mit einem Schulterzucken. »Wenn es wichtig ist, wird er schon zurückkommen und es holen. Wir können es sonst nachher am Tresen abgeben.«

»Genau«, sagte ich und nippte an meinem Tonic, um meine Aufregung etwas zu kaschieren. »Drück es dem Barkeeper in die Hand, dem vom Stress schon Schweißperlen auf der Stirn stehen. Er legt es irgendwohin und weiß zum Feierabend vermutlich nicht einmal mehr, was das Ding da soll.« Zugegeben – ich war ein bisschen stolz auf mich. Ich hatte wirklich geklungen wie eine Schwester, die ihren Bruder für einen Idioten hielt. Nicht wie eine Frau, die zu dankbar für die Geste eines Mannes war, um dessen Klamotten einfach in einem Pub abzugeben, wo man am Ende noch die Biergläser damit polierte. »Schau wenigstens nach, ob etwas Wichtiges drin ist. Schlüssel oder so.«

Er verdrehte die Augen, griff dann aber doch nach dem Kleidungsstück. »Ist dir der Stock im Arsch des Kerls nicht aufgefallen? Der war riesig. Also nicht nur der Typ, der auch. Ich meine den Stock. So jemand lässt doch keine Schlüssel ... siehst du!« Er hielt das Sakko in der Hand und schüttelte es zwei Mal. Kein Klirren.

Ich nickte. Vermutlich war das Ding nur Teil seiner Hoteluniform. Hotelier, hatte er das nicht gesagt? Da trug man Uniformen. Ganz abgesehen davon, dass das erklärte, weshalb ein Mann um die dreißig an einem Mittwochabend in Anzughose und Weste in einem Pub saß, obwohl er kein Date hatte. Wieso sollte man so was tragen, wenn nicht, um einer Frau den Kopf zu verdrehen? Es sei denn, man hatte es ohnehin an ...

Während mein Kopf sich dieser Gedankenschleife ergab, tastete George grob an dem Sakko herum und schien schließlich doch etwas zu finden. Er griff in die Innentasche und holte einen schmalen Stapel Kärtchen heraus. In der Tasche an der linken Seite des Sakkos fand er eine Plastikkarte und ein Namensschild.

Die beiden Sachen legte er auf dem Tisch ab und nahm sich eine der Visitenkarten, die er inspizierte und dann anerkennend die Augenbrauen hob. Das war ein Blick, den man eher selten an ihm sah – es sei denn, man war einer seiner Schützlinge, fünf Jahre alt und präsentierte den ersten Wackelzahn.

»Er arbeitet in einem Hotel in Kensington. Nie gehört. Dandelion’s Inn.« Woher das Staunen kam, erklärte er erst danach: »Das Ding gehört ihm.«

»Was?« Ich beugte mich über den Tisch. Das war kein guter Winkel für meine Hüfte, das teilte sie mir direkt mit. Allerdings merkte ich diesmal schnell, dass dieses Stechen nur einer von den Warnschüssen war, keine Kriegserklärung. Ich konnte es ganz gut ignorieren, während ich mich mit einer Visitenkarte in der Hand wieder zurücklehnte.

Ich sah das Logo des Hotels – die schlichte, schematische Darstellung einer Pusteblume, die in den schnörkellosen, aber eleganten Schriftzug des Hotelnamens überging.

Dandelion’s Inn

23 Hyde Park Gate

Kensington

London

SW7 5BB

Auf der Rückseite waren die Informationen, über die George gestolpert war.

Thomas S. Walsh

Geschäftsführer und Inhaber

Darunter seine E-Mail-Adresse ... und eine Telefonnummer.

Sehr geehrter Mr Walsh ...

- Maggie -

Ich ließ Toms Sakko nicht in der Bar. Und obwohl das der einfachste Weg gewesen wäre, rief ich ihn genauso wenig an, um ihm zu sagen, dass ich es in meiner Gewalt hatte.

Natürlich rief ich nicht an – aus mehreren Gründen. Zum einen wegen meiner generellen Abneigung gegen das Telefonieren, klar. Darüber hinaus wusste ich nicht, ob die Telefonnummer seine direkte Durchwahl war oder die allgemeine Nummer des Hotels. Was hätte ich sagen sollen, falls eine Empfangskraft ans Telefon ging? »Entschuldigen Sie die Störung, aber Ihr Chef hat letztens sein Sakko vergessen. Können Sie mich durchstellen?« Und dann würde ich erklären müssen, wieso ich es nicht einfach ins Hotel schickte. Und irgendwo in diesen Erläuterungen würden mir die Worte ausgehen. Dann konnte es sein, dass ich entweder verstummte oder richtig wütend wurde.

Schlussendlich befand ich, dass es klüger war, eine E-Mail zu schreiben. Sie zu formulieren kostete mich den gesamten Vormittag. Es war zehn Minuten vor zwei, als ich die E-Mail, die mich seit Stunden beschäftigte, noch ein letztes Mal las. Ich saß im Wartezimmer. Der Termin mit meiner Physiotherapeutin nahte, und ich wollte die Mail gern vorher wegschicken. Das hatte keinen bestimmten Grund. Ich wollte einfach.

Es ist nur ein Sakko. Du bringst es ihm zurück, ihr plaudert kurz, du gehst wieder. Vielleicht möchte er auch, dass du es ihm schickst. Oder entsorgst. Er hätte es sicher nicht hängen lassen, wäre es ihm wichtig. Immerhin wirkte er nicht wie jemand, der Dinge, die ihm wichtig sind, einfach liegenlässt.

Ich dachte zu viel. Das wusste ich. Im Prinzip war das schon immer so gewesen. Es war nur schwieriger geworden, mit den Schultern zu zucken, »Egal« zu sagen und das Risiko einzugehen.

Neben mir lehnten meine Gehhilfen, die ich brauchte, um durch schlechtere Tage zu kommen. Manchmal zeigten sie mir, wie knapp alles gewesen war und dass ich gar keine Zeit für Zweifel hatte. Nun ... dieser Donnerstag war eher eine der anderen Gelegenheiten. Solche, die Angst vor jedem dummen Fehler machten, weil es so wenig brauchte, um der letzte ...

Fünf Minuten. In fünf Minuten würde Desna mich aufrufen, mir ihr herzliches Lächeln schenken und mich dann Höllenqualen aussetzen. Und es war doch nur eine verdammte Mail.

Mit einem Seufzen öffnete ich die App wieder und las meinen Text noch einmal. Was dumm war. Je öfter ich ihn las, umso alberner fand ich ihn.

An: [email protected]

Von: [email protected]

Betreff: Fundstück

Sehr geehrter Mr Walsh,

ich möchte Ihnen hiermit meine aufrichtige Erschütterung darüber mitteilen, dass Sie ein so vergesslicher Mensch sind. Nachdem Ihre Erinnerung so bilderbuchhaft mein Lieblingsgetränk abrufen konnte, verwundert es mich, mit welcher Nachlässigkeit Sie Ihre Kleidung behandeln.

Ich war so frei, Ihrem Sakko vorübergehende Obhut zu gewähren, bis ich es seinem rechtmäßigen Besitzer wieder anvertrauen kann. Gibt es hierfür einen von Ihnen priorisierten Ablauf? Ich kann eine persönliche Übergabe an einem neutralen Ort anbieten, ebenso die Delegation an einen Versanddienstleister Ihres Vertrauens.

Bitte setzen Sie mich über das von Ihnen gewünschte Prozedere in Kenntnis.

Mit besten Grüßen

M. Forrester

Ich tippte auf »Senden« und kam mir mit sofortiger Wirkung dämlich vor. Was war falsch an einem »Du hast da was liegen lassen, soll ich dir das Sakko vorbeibringen?«

Über die zweite Mail dachte ich nicht lange nach. Ich hatte einfach keine Zeit dafür.

An: [email protected]

Von: [email protected]

Betreff: PS

Tom, ich bin nicht sicher, ob

»Maggie, wollen wir? Oh, kein guter Tag heute?«

Ich schreckte hoch und sah das freundliche Gesicht von Desna, die auf meine Gehhilfen deutete. Ich lächelte zurück. Man konnte gar nicht anders, wenn man in dieses Gesicht sah mit dem herzlichen Lächeln und diesen warmen Augen. Das gelbe Kopftuch, das sie heute trug, ließen sie noch mehr strahlen als sonst. Niemals würde man dieser Frau zutrauen, dass sie ihre Patienten zum Weinen brachte. Ich jedenfalls hatte bei den ersten Anwendungen geweint. Steife Gelenke waren starrsinnig. Und Desna war es auch. Zum Leidwesen ihrer Patienten.

»Zwei Minuten«, sagte ich ihr.