Ab heute bin ich nett zu mir - Martina Goernemann - E-Book

Ab heute bin ich nett zu mir E-Book

Martina Goernemann

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieses Buch tut gut, weil es wirkt! Wenn wir wohnen, lässt sich unsere Seele tief in die Karten schauen. Ein Rundgang durch unser Zuhause schärft den Blick darauf. Dieses Callwey Buch verwandelt Wohnen in eine Reise zu uns selbst. Wie? Durch ungewöhnliche Erkenntnisse! Zum Beispiel ist es ratsam, von Zeit zu Zeit am Fußende des Bettes zu schlafen, Chaosküchen zu vermeiden, weil sie dick machen und Wutausbrüche besser durch Mutausbrüche zu ersetzen. Nützliche Tools für die Erkenntnisreise durch unser Zuhause werden mitgeliefert: Das Murmelmaß im Regal, das Schluss macht mit Aufschieberitis, die drei Wasserflaschen gegen Selbstzweifel, der Werkzeugkasten der Superwoman, der dabei hilft, Grenzen zu setzen, und das eigene Kinderbild auf dem Schreibtisch, das uns auffordert, endlich nett zu uns zu sein. Dieses Buch ist eine Ladestation für die Seele und macht - ganz nebenbei - unser Zuhause ein bisschen schöner.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 176

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



WILLKOMMEN

KÜCHE

WOHNZIMMER

SCHLAFZIMMER

BADEZIMMER

ARBEITSZIMMER

ABSCHIED

Lassen Sie sich inspirieren …

Ob Architektur, Fashion, Kochen & Backen, Wohnen oder Reisen:Callwey Bücher entführen Sie immer wieder aufs Neue in andere Welten.

Mit unserem NEWSLETTER tauchen Sie monatlich ein in unsere stilvolle Welt:köstliche Rezepte, Dekorations-Ideen und schöne Geschichten.Seien Sie als Erstes informiert über unsere Novitäten und Verlosungen!

https://www.callwey.de/newsletter/

Natürlich finden Sie uns auch auf SOCIAL MEDIA.Folgen Sie uns schon?

@ Callwey

https://www.facebook.com/callwey

https://www.instagram.com/callwey

Callwey Bücher machen glücklich.Probieren Sie es doch mal aus.

WILLKOMMEN

Wir sind nett!

Manchmal möchten wir nicht nett sein, aber es gelingt uns nur schwer. Wir schleppen jedes Klavier in den vierten Stock, wenn uns jemand darum bittet und wenn es am Ende keinen Lolli dafür gibt, sind wir traurig. Wir sind sogar zu Leuten nett, die wir gar nicht mögen. Nett sein scheint eine unserer Hauptbeschäftigungen zu sein, nur bei uns selbst wenden wir sie selten an.

UNSER ALLTAG ENTFERNT UNS VON UNS SELBST

Wir verlieren uns aus den Augen. Wer sich nicht mehr sieht, kann nicht nett sein zu sich selbst. Dieses Buch will strahlen, in die vergessenen Ecken hineinleuchten.

Es will uns wieder nah an uns heranrücken. Alles, was wir dazu brauchen, ist unser Zuhause. Wir gehen durch die Räume und kommen uns dabei auf die Schliche. Unser Zuhause ist die Leinwand, auf der unsere Seele Nachrichten für uns hinterlässt.

WILLKOMMEN BEIM WOHNEN!

In jeder Tischplatte, in jeder Seifenschale wartet eine Botschaft, die unserer Seele guttun kann. Wir müssen sie nur sehen. „Ab heute bin ich nett zu mir!“ hilft beim Sehen und Finden dieser Botschaften.

Es vergeht kein Tag, den wir nicht mit Wohnen verbringen. Wir wohnen, wenn wir eine Pizza in den Ofen schieben, einen Einkaufszettel oder einen Vortrag schreiben. Wir wohnen, wenn wir rasend glücklich sind und wohnen, wenn wir trauern. Aufräumen, schlafen, duschen, Nachrichten schreiben … bei allem wohnen wir.

DU KANNST DEINEM ZUHAUSE VERTRAUEN

Darauf ist Verlass! Wohnen tut unserer Seele gut. Doch auch wenn dieses Buch dazu beitragen wird, unser Zuhause wohnlicher zu machen, ist es kein Einrichtungsbuch. Es ist ein Buch über Wohnen. Das ist ein großer Unterschied.

Unser Zuhause ist die Verlängerung unseres Innenlebens. Alle Dinge, die wir darin und dafür tun, sind ein Teil von uns selbst. Du kannst deinem Zuhause vertrauen, es zeigt dir den Weg zu dir selbst.

WOHNEN KANN JEDER!

Ob du dich von Dingen trennst, weil sie überholt sind und mit deinem Leben nichts mehr zu tun haben. Ob du aufräumst, sammelst oder entrümpelst … Alles wirft einen Lichtkegel auf dich und deine Seele. Wo schieben wir auf, wo vermeiden wir? Warum können wir uns von bestimmten Dingen nicht trennen? Warum kaufen wir immer wieder das Falsche oder das Gleiche?

GENIESSEN LERNEN UND GRENZEN SETZEN

Das ist wichtig! Beides gelingt, wenn wir uns selbst ein Zuhause sind. „Sei dir endlich kostbar“, nagelt die Seele als wichtigste Erkenntnis an jede Wand! Nur wenn wir uns wertschätzen, werden wir es herrlich-wunderbarschön um uns herum haben. Warum? Weil es dann herrlich-wunderbarschön auch in unserem Inneren ist.

WENN UNSERE SEELE EIN ZUHAUSE HAT, BREITET SICH WÄRME AUS

Die Wärme zieht erst durch unseren Körper und dann nach und nach durch alle Räume. Durch Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer, Arbeitszimmer. Kommt mit, wir gehen durch mein Haus!

Wohnen ist wie eincremen von innen und von außen. Und das Beste: Es kostet fast nichts. Im Gegenteil! Mit schmalem Geldbeutel funktioniert es besonders gut.

SCHÖNES SCHAFFEN MIT WENIG GELD MACHT KREATIV

Und Kreativität nährt die Seele. Kaufen, kaufen, kaufen hat wenig damit zu tun, sich selbst zu zeigen, wie lieb man sich hat. Wer nun glaubt, dass hier die Seele mit Feenstaub aufgemöbelt wird, der irrt. Es gibt auch keine Noten für das schönste Wand-Tattoo. Hier wird nicht gemalt und nicht getöpfert. Stattdessen wird gedacht und gemacht. Und Schweine lassen wir fliegen. Schweine mit Flügeln sind wichtig.

BARFÜSSIGE SEELE!

Wenn wir die Augen schließen, können wir sie sehen. Wir alle haben sie. Orte, an denen unsere Seele in hohem Bogen die Schuhe von den Füßen wirft und barfuß laufen darf. Einer dieser Orte liegt im Nordosten der USA.

Ein kleiner Arbeitshafen in einem winzigen Dorf namens Bremen. Dort sitze ich im Sommer mit den Fischern und esse Hummer. Direkt aus dem Topf. Mit Butter. Eine Tüte Chips und eine Dose Cola dazu. Kostet alles zusammen keine zehn Dollar. Die „buttrigen“ Finger werden am T-Shirt abgewischt. Das Shirt fliegt später, fest verschlossen in einer Plastiktüte, mit mir zurück. Die Plastiktüte ist wichtig: Zu Hause drücke ich noch einmal die Nase in den Stoff, bevor die Waschmaschine ihre Arbeit tut … Sonnen- und Motorenöl, Salzwasser und gekochter Hummer. Eine Erinnerung an einen Seelenort. Wir müssen aber nicht entlegene Flecken dieser Welt bereisen.

WIR MÜSSEN NICHT MAL REISEN

Streng genommen müssen wir den Ort nicht mal suchen, denn eigentlich ist es gar kein Ort, sondern ein Zustand. Ruhepol, Seelenort, Kraftort, Heimat … unterschiedliche Worte für das gleiche Gefühl. Unser Zuhause hat alles, was es braucht, um dieser Seelenort zu sein. Hier können wir den Zustand erleben, nach dem wir suchen. Hier können wir ganz dicht an uns heranrücken und unsere Seele barfuß laufen lassen. Wir brauchen weder bodentiefe Fenster dazu noch Designersofas. Die Quadratmeterzahl ist genauso unbedeutend wie die Deckenhöhe. Pompös oder minimalistisch, Blockstreifen oder Blumenmuster. Alles darf sein. Wir brauchen nur die Erlaubnis, wir selbst sein zu dürfen. Und diese Erlaubnis kann nur von uns kommen.

ES IST SCHÖN, ALTE DINGE ZU RETTEN

Ich habe das schon als Kind gemacht. Viele Dinge, die damals Asyl bei mir fanden, habe ich bis heute. Nicht die kostbaren, hochglänzenden Stücke haben mich glücklich gemacht, sondern die schlichten: Alte Küchenhelfer, Tassen, Schüsseln, Kommoden aus einfachem Fichtenholz mit ruckeligen Schubladen, Küchenstühle, deren abblätternde Farbe unzählige Dienststunden bezeugt. Ich habe gerne Dinge um mich, die ein Arbeitsleben hinter sich haben. Das gefällt nicht jeder und jedem.

Ein Memo-Lesezeichen!

Man nehme:

·Schere

·Klebestift

·Pappe

·Locher oder Lochzange

·ein Bändchen.

Dann (farb)kopiere man beide Seiten des Lesezeichens und klebe es vorne und hinten auf die Pappe.

Mit einem dicken Buch beschweren bis der Kleber glatt angetrocknet ist.

Ausschneiden, an der Markierung lochen und ein Bändchen durch das Loch ziehen.

Fertig ist ein Lesezeichen, das uns immer und überall erinnern soll. Erinnern an was?

Daran, dass wir endlich beginnen, nett zu uns zu sein und dass Schweine fliegen können, wenn wir sie lassen.

Such mal

… NACH EINEM SCHWEIN MIT

FLÜGELN! Jeder sollte eines haben. Mindestens eins. Höre ich jemanden sagen, dass Schweine nicht fliegen können? Hier bei uns können sie das! Kein Schwein hat geglaubt, dass es sich in die Lüfte erheben könnte, bis eines Tages eins losgeflogen ist.

RICHTIGE MÖBEL ODER FALSCHE …

Viele Jahre habe ich für den wunderbaren Frank Elstner gearbeitet und eine Menge erfolgreiche Fernsehsendungen produziert. Auf den Küchenstühlen vom Flohmarkt saßen berühmte Schauspieler und Schauspielerinnen, Sänger und Sängerinnen. Die Kürbissuppe kam aus einer Terrine, die älter war als alle am Tisch zusammen, in Teller geschöpft, die jahrzehntelang Dienst in einem Wirtshaus getan hatten. Jeder und jede hat sich wohlgefühlt. Nur meine Mutter hatte Zweifel. Bei einem ihrer Besuche ging sie stumm durch mein Haus, bis es aus ihr herausschoss: „Wenn der Herr Elstner dich besuchen kommt, dann muss der doch denken, dass du dir keine richtigen Möbel leisten kannst.“

Bemerkungen wie diese sollten uns dazu bringen tiiiief ein- und auszuatmen. Bring deine Seele in die stabile Seitenlage, bleib dir treu und strauchle nicht. Wenn du Gartenzwerge im Badezimmer haben willst … stell dir Gartenzwerge hin. Wenn du Kakteen, Keramikelefanten oder alte Kaffeemühlen sammeln willst … tu es! Nur wenn wir uns nicht vom Weg abbringen lassen, finden wir zu Hause unsere Heimat. Unseren Seelenort richten wir für uns ein, nicht, um einem Trend hinterherzulaufen oder um zu zeigen, dass wir brave Töchter sind. Letzteres ganz besonders und ganz ausdrücklich nicht.

Zuhause können wir unsere Seele barfuß laufen lassen und ein fliegendes Schwein wird dabei zu unserem Wappentier.

WENN MIR EIN SCHWEIN MIT FLÜGELN BEGEGNET …

… nehme ich es mit. Ein fliegendes Schwein auf Blech begleitet mich schon seit meiner Studienzeit, auch wenn es eine alte Würstchenreklame ist. Das Schwein guckt glücklich und hat Flügel. Die Flying Pig-Pappschachteln bringe ich jedes Jahr aus Maine mit nach Hause. Sie sind Lieblingsstücke. Auf meinem Schreibtisch steht auch eins. Wenn ich vor schwierigen Aufgaben stehe, drehe ich es in meine Richtung, damit es mir in die Augen schauen kann. Und was macht das Schwein? Es flüstert mir zu: „Alles ist möglich!“

Ein geflügeltes Schwein gehört in jedes Haus

Auf jeden Schreibtisch, in jede Küche, meinetwegen auch eines aus Seife im Badezimmer. Ganz wichtig aber ist eines als Lesezeichen für dieses Buch.

Der innere Grundriss

An manchen Tagen scheint die Last, die uns das Leben auf die Schultern legt, besonders schwer. Sie drückt auf unseren Gang und macht uns ängstlich. Oft tragen wir dieses Gepäck seit Kindertagen mit uns herum. Es scheint verschmolzen mit unserer Seele. Aber es gibt kein „Zuspät“, um unseren inneren Grundriss zu ändern.

MANCHMAL BIN ICH MUTIG

So erschreckend mutig, dass meine Entschlüsse mich das Fürchten lehren. So war es, als ich mein Haus in der Stadt kaufte. Ein sehr hässliches Haus. Tannengrüner Anstrich, Glasbausteine an den unmöglichsten Stellen und ein Gartentor mit schmiedeeisernem Blattwerk. Es hatte länger leer gestanden, die Hausnummer war irgendwann abgefallen. Ein Architekt sollte den Umbau planen. Ich hatte ihm als Wegbeschreibung gegeben: „Fahren sie einfach zum hässlichsten Haus in der ganzen Straße“. Sein Auto rollte pünktlich vor das Tor. „Bei Architekten musst du bluffen. Die Sache läuft aus dem Ruder, wenn die glauben, dass du keine Ahnung hast“, hatte mir ein Freund eingeschärft. „Wenn der seine Pläne ausbreitet, brauchst du den wissenden Blick. Am besten, du übst das vor dem Spiegel.“

ICH BEREITETE MICH VOR …

… übte ein paar Fachausdrücke, die ich nonchalant in das Planungsgespräch einstreuen wollte. Das hässliche Haus sollte eine beachtliche Beautykur bekommen. Facelift außen und offene Grundrisse innen. Hell, luftig, nicht so verschachtelt wie in den 70er-Jahren. Ich machte mich mit den unterschiedlichen Wandstärken vertraut. Wände, die im Plan dick eingezeichnet sind, sind tragend, lernte ich. Diese Wände müssen bleiben. Die dünn markierten können raus.

DER ARCHITEKT ZEIGTE SEINE PLÄNE

Pläne, groß und unhandlich wie die Stadtpläne, die zu Recht ausgestorben sind. Ich fuhr auf dem Papier mit dem Finger die Wand zwischen Wohnbereich und Küche entlang und erklärte: „Die muss weg!“

„Geht nicht“, sagte der Architekt!

„Wie bitte?“ Ich schleuderte ihm mein ganzes Halbwissen entgegen: „Die Wand ist nicht tragend. Das sieht man an den eingezeichneten Linien. Deshalb kann sie weg.“

„Wie lange steht dieses Haus schon?“, fragte der Architekt angriffslustig.

„50 Jahre?“, antwortete ich.

„Eben“, sagte der Architekt!

Mein Zeigefinger fuhr über eine andere dünn markierte Wand im Plan: „Die auch nicht?“

„Die auch nicht“, sagte der Architekt.

HIMMEL HILF!

Reichte es nicht, dass ich das hässlichste Haus in der Straße gekauft hatte? Nun sollte ich auch noch auf dem Grundriss einer Frühstückspension sitzen bleiben: Viele kleine Zimmer und alle Wände unverrückbar. Aus den nicht tragenden Wänden von einst waren über die Jahrzehnte stützende Wände geworden. Würden sie entfernt, bekäme ich ein wackeliges Haus.

Der Architekt schien sich zu amüsieren, denn er wartete quälend lange, bis er sagte: „Wir brauchen Stahl!“ Es gab nämlich doch eine Lösung: Stahlträger! Riesige Balken, die dem Haus ein neues Korsett geben würden. Aber der Aufwand ist enorm. Enorm teuer auch. Und an der Decke bleiben überall Balken, die Zeugnis ablegen, dass der Grundriss nachträglich geändert worden ist.

WAS NUN?

Ich blieb auf der untersten Stufe einer Trittleiter sitzen, als der Architekt die Haustür hinter sich zuzog. In einem leeren, kleinen Raum, der einst eine Küche war, den Plan meines Hauses auf den Knien und starrte auf dünne und dicke Linien.

Wie würde unser innerer Grundriss wohl aussehen, wenn es einen Plan davon gäbe? Mir fielen sofort Wände ein, die sich bei mir schwer einreißen lassen würden. Wände, die als unbedeutende Raumtrenner begannen und nun unverrückbar sind, weil das Leben sich mit aller Last darauf gestützt hat.

WIE SIEHT UNSERE SEELENSTATIK AUS?

Wie lange ist unser Grundriss veränderbar und ab wann brauchen wir jemanden, der Stahl einbaut? Wie hoch sind die Kosten für unsere inneren Renovierungsarbeiten? Sind wir bereit sie zu tragen? Müssen wir für immer und ewig in kleinen, engen Seelenräumen leben, weil wir nicht früh genug Wände eingerissen haben?

Diesen Fragen und vielen mehr werden wir in diesem Buch auf den Grund gehen. Und wenn wir fertig sind, haben wir es uns innen und außen schön gemacht. Versprochen!

KAPITEL EINS

KÜCHE

KÜCHENTISCHE

atmen!

Der Küchentisch ist das Herz des Hauses. Ein Satz meiner Großmutter. Sie hat ihn so nie gesagt, weil ihre Sprache eine ganz andere war. Sie hat ihn gelebt. Ihre Sätze fingen fast immer so an: „Getz setz‘ dich erst ma‘ hin!“

„KRICH DICH `NE TASSE AUS’M SCHRANK!“

Das war ihre Sprache. Dann gab es Kaffee. Sie hatte eine besondere Art ihn zuzubereiten. Reichlich Kaffeemehl in die Kanne, kochend heißes Wasser aus dem Pfeifkessel dazu, umrühren und warten. Geduldig warten! Dann kam das Plastiksieb zum Einsatz. Sein Plastikrand verkratzt, die Farbe verblichen, das netzartige Innenteil verbeult und schäbigbräunlich durch den jahrelangen Kontakt mit dem Kaffee.

„LEECH’ MA DAT SIEB AUF DEINE TASSE!“

Das war der Startschuss für großen Kaffeegenuss. Manchmal koche ich noch den Kaffee nach Omas Rezept. Lecker! Auch wenn das Sieb leider nicht mehr dasselbe ist. Ihr Sieb hielt das schwimmende Kaffeemehl aus der heißen Kanne zurück und dann gluckerte er in die Tasse, der tiefschwarze Kaffee. Wir saßen an dem kleinen Tisch in der zusammengewürfelten Küche. Am Boiler über der Spüle klebten Pril-Blumen.

MANCHMAL GAB ES STREUSELKUCHEN DAZU

Wenn ich die Chance hätte, in der Zeit zurückzuwandern, ich würde meine „Omma“ in Essen-Altenessen besuchen. Ich würde mich zu ihr an den Küchentisch setzen und Kaffee mit ihr trinken. Und dann, wenn die Zeit bei ihr vorbei wäre, würde ich sie fragen, ob ich den Küchentisch mitnehmen dürfte. Küchentische atmen nämlich. Sie atmen das ein, was sie erleben. Und dann? Was machen die Tische dann? Sie atmen natürlich auch wieder aus. All das Gute, das sie erlebt haben. Ich wünschte, ich hätte den Küchentisch meiner Großmutter gerettet. Küchentische sind so wichtig.

BEI UNS ZU HAUSE GIBT ES AUCH EINEN KÜCHENTISCH

Der ist ziemlich alt. Er ist vom Flohmarkt. Mein Herz hat er vor allem wegen der Macken auf seiner Platte erobert. Ihm war anzusehen, dass er viel erlebt hatte und nicht geschont worden war. Über die Jahre haben wir viele Kringel und Flecken hinzugelebt und wenn ich seine ramponierte Platte anschaue, fühlt es sich manchmal an, als würde er mit mir reden. Ein bisschen kann man es sogar hören, denn wenn ich beim Denken beide Ellenbogen auf die Platte stütze, quietscht er ein bisschen.

Es ist, als ob er mir hineinhilft in meine Geschichten über das Leben und das Wohnen.

ICH HABE ALLE MEINE BÜCHER AM KÜCHENTISCH GESCHRIEBEN

An diesem quietschenden, mackenverzierten Küchentisch. Es ist, als ob er mir hineinhilft in meine Geschichten über das Leben und das Wohnen. Natürlich habe ich auch ein Arbeitszimmer. Ein sehr hübsches, geräumiges Arbeitszimmer sogar. Dort steht ein weiß gestrichener Schreibtisch. Den benutze ich für alles, was erledigt und bearbeitet werden muss. Korrespondenz, Steuer, Emails, die Materialsammlungen für meine Bücher … aber wenn es daran geht, die Geschichten in Worte zu fassen, dann muss ich an den Küchentisch. Wenn ein Satz sich dabei sträubt, scheint er mir zuzurufen: „Sitz nicht rum und grübele. Mach was!“ Dann räume ich die Spülmaschine aus oder rühre eine Salatsoße an.

DANACH IST MEIN GEHIRN ENTKRÄUSELT

Mit dem Schreiben ist es nämlich auch nicht anders als mit dem Reden. Manchmal suchen wir ein Wort, das uns partout nicht einfallen will. Dann sagt jemand: „Denk‘ an was anderes. Entspann dich, dann kommt das wieder!“ Genau so ist es mit unserem Küchentisch und mir.

SCHWERE VERHAKUNGEN BEHANDELE ICH MIT BUNTWÄSCHE

Wenn der Waschgang durch ist, sind die Worte wieder da. Oder ich suche nach einer Jeansweste, die seit den 90ern ganz unten im Schrank vergraben ist. Solche Querdenkereien ruckeln mein Hirn wieder zurecht und ich kann zurück an den Küchentisch. In leichteren Fällen wasche ich Salat oder schäle Zwiebeln. Angenehmer Nebeneffekt: Sobald ich später den Laptop zuklappe, sind ein paar Geschichten im Kasten und das Abendessen ist vorbereitet.

UND DIE MORAL VON DER GESCHICHT‘?

Schont eure Tischplatte nicht! Runter mit den Wachstischtüchern, den Mittelläufern und Platzdeckchen. Tische wollen nicht vom Leben abgeschnitten werden. Sie wollen bei unseren Freudenausbrüchen hautnah dabei sein. Sie wollen ihre Platte hinhalten, damit wir uns aufstützen können, wenn es mal nicht so rund läuft. Macken und Kratzer gehören zum Leben dazu. Zu unserem Leben genauso wie zum Leben unser Küchentische.

Macken und Kratzer gehören zum Leben dazu. Zu unserem Leben genauso wie zum Leben unserer Küchentische.

Eine gymnastische Übung

Wer gerne kocht, der muss einkaufen. Ich mache das gern. Am liebsten live und analog. Menschen mag ich auch, aber an manchen Tagen machen sie es mir schwer, sie zu mögen. Neulich beim Einkaufen begann ich zu zählen. Ich war bei 42, bis ich auf ein freundliches Gesicht traf. 42-mal hängende Mundwinkel. Manchmal glaubte ich sogar, eine gewisse Feindseligkeit zu entdecken.

WIE ICH BEIM EINKAUFEN WOHL AUSSEHE?

So als hätte ich kräftig an einem Glas Essiggurken genippt? Sich selbst sieht man bestenfalls im Lift, wenn eine Wand verspiegelt ist, oder in der Umkleidekabine. Ganz ehrlich? In beiden Fällen lächle ich auch nicht. Das mag am schlechten Licht in den engen Kabinen liegen, aber meist halten wir uns selbst für freundlicher, als wir wirklich rüberkommen.

EINE GYMNASTISCHE ÜBUNG FÜRS GESICHT

Eine, deren Wirkung erwiesen ist. Sie hilft uns und allen, denen wir unser Essiggurkengesicht ersparen wollen. Hilfreich sogar gegen Hauterschlaffung, aber besonders gegen miese Stimmung. Die Übung geht so: Locker hinstellen. Die Hebemuskeln links und rechts vom Mund kräftig nach oben ziehen und halten!

WER JETZT LACHEN MUSS …

… macht die Übung bereits richtig! Keine Sorge: Ich will niemanden mit Dauergrinsen zum Einkaufen schicken! Aber es ist neurologisch erforscht und bewiesen, dass Mundwinkel, die gen Himmel schauen, dem Gehirn melden: Alles in Ordnung! Dieses Lächeln darf sogar anstecken. Und wenn es nett gemacht ist, dann tut es das auch!

Dein eigener

WERT!

Tattoos für die Wände sind gar nicht so neu! Kannte man schon im 19. Jahrhundert. Damals dauerte es allerdings bedeutend länger, bis sie fertig waren, denn sie wurden mit Nadel und Faden hergestellt. Viele Variationen gab es nicht. Blaues oder rotes Garn auf weißem Baumwolltuch. Plattstich oder Kreuzstich.

NADELPOESIE WURDEN DIESE HANDARBEITEN GENANNT

Sie sollten Wandschoner und tägliche Affirmation zugleich sein: „Trautes Heim, Glück allein!“ Das war noch einer der ungefährlichsten Sprüche. Kurz und knackig und auf Grund der Kürze auch für jene machbar, die wenig handarbeitliches Geschick hatten. In jeder Hinsicht herausfordernder waren schon da schon Sprüche wie dieser:

„Der schwächste Hauch genügt, / des Silbers Glanz zu decken. / Der kleinste Hauch von Schuld / und auch dein Herz hat Flecken.“

Autsch! Eine hinterhältige Warnung. Hier droht die Schuldkeule. Täglich grüßt sie von der Wand. In Augenhöhe! Von A wie „abendlicher Beischlaf verweigert“ bis Z wie „Zwetschgendatschi angebrannt“. Unvorstellbar, dass sich die Frauen jener Zeit mit ihren Stickarbeiten selbst daran gehindert haben, das Küchenhandtuch zu werfen.

EIGENER HERD IST GOLDES WERT?

Im Ranking der Sprüche stand dieser besonders weit oben. Ich begegne ihm noch oft auf Flohmärkten. Der Stoff ist meist brüchig, aber die Schrift klar wie ehedem. Ich lege dann oft eine Gedenkminute für unsere Urahninnen ein. Warum? Weil ich meine, dass es nur eines ausgetauschten Buchstabens bedurft hätte, um die Frauen wachzurütteln: Was wäre gewesen, wenn sie statt des großen H ein großes W gestickt hätten? Im Sinne der Rechtschreibung, hätte auch noch das kleine d in ein kleines t verwandelt werden müssen. „Eigener Wert ist Goldes wert“, liest sich holpriger als das Original, wäre aber eine Revolution gewesen. Ein gesticktes Protestplakat an der Küchenwand.

UND WIR SO?

Wie steht es um unseren Wert? Wie kostbar ist er uns? Gold? Silber? Altmetall? Sind wir nicht auch oft weit entfernt davon, unseren eigenen Wert zu spüren? Wir sind es, die entscheiden können, wie wir behandelt werden wollen.

Mach mal

… EINE WASSERÜBUNG!

Habt ihr Mineralwasser im Haus?

Gut! Setzt euch und stellt die Flasche vor euch auf den Tisch!

Was kostet eine Flasche Wasser im Supermarkt? Weit unter einem Euro, richtig? An der Tankstelle? Mindestens das Doppelte, stimmt’s? Im Gourmetrestaurant? Locker das Zehnfache! Aber es ist immer der gleiche Inhalt … Wasser! Das Einzige, was sich ändert ist der Ort.

Es bleibt Wasser, egal was es kostet.

Wir sollten eine Wasserflasche auf unseren inneren Wandschoner sticken.

Das nächste Mal wenn wir uns wertlos fühlen, soll sie uns erinnern, dass wir sehr kostbar sind, aber uns möglicherweise am falschen Ort befinden!

Kartoffelpüree fragt nicht, Kartoffelpüree versteht

Wenn die Seele quietscht, muss man die Zähne schonen. So lautet einer der klügsten Sätze, die ich je geschrieben habe. Ich halte mich eisern an diese Empfehlung.

EINFACH UND WIRKUNGSVOLL!