Abenteuer auf der Saône - Michael Reymann - E-Book

Abenteuer auf der Saône E-Book

Michael Reymann

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Beschreibung

Endlich Urlaub und dann kein Plan, wohin die Reise mit der INGRINE gehen soll. Nachdem die ersten Tage mit Einräumen überstanden sind geht es endlich auf Fahrt, zuerst zum Auftanken und dann weiter und weiter bis man sich plötzlich in Lyon wiederfindet. Unterwegs lernt man in anderen Häfen neue Bootsfreunde kennen, die das selbe Reiseziel haben und mit denen diese gemeinsame Fahrt zu einem kleinen Abenteuer wird, an das man sich gerne zurück erinnert, auch wenn sich die Wege am Zielort trennen. Umso erfreulicher sind die vielen teils zufälligen Begegnungen mit der Crew der OLIMAR, die es im Laufe der Monate immer wieder gibt. Kommen Sie an Bord und erleben Sie aus erster Hand die Abenteuer der INGRINE auf ihrer Fahrt auf der Saône durch das wunderschöne Burgund im Herzen Frankreichs. Leinen los und Obacht: Flussfieber ist ansteckend.

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In Gedenken an Christian Avis,

der die Brücke der Kreon so früh verlassen musste . . . .

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Pfingsten, faules Hafenleben und kein Plan

Flussfieber

Auf unbekannten Gewässern

Willkommen in Lyon

Port Confluence und Stadtrundgang

Abschied von der

OLIMAR

Zwangsstopp durch die Gendarmerie Nationale

Nordkurs

Unerwartete Begegnung

Besuch an Bord

Notarzteinsatz an Bord

Man begegnet sich immer wieder

Fete National und andere Missgeschicke

Von Stühlen und dem Oliphone

Prolog

Am Donnerstag hatte ich im Internet mit der Web-Cam vom Hafen von Düsseldorf aus sehen können, dass unsere Bootsfreunde Ralph und Anita mit ihrer OLIMAR bei uns im Hafen eingetroffen waren. Ungewiss war nur, ob wir die Beiden am heutigen Samstag noch dort antreffen würden, oder ob sie bereits weitergefahren waren. Umso erfreuter waren wir heute Morgen, als wir das Boot noch bei uns am Ponton entdecken konnten.

Kurz nachdem wir unser Gepäck und die Einkäufe an Bord verstaut hatten erschien Ralph bei uns am Boot um uns zu begrüßen, Anita folgte ihm kurz darauf.

Die Beiden hatten extra auf unsere Ankunft hier gewartet und wollten erst am nächsten Tag weiterfahren, um ihre Urlaubstour fortzusetzen.

Wir hatten uns seit Juli letzten Jahres nicht mehr gesehen und natürlich auch sehr viel zu erzählen, aber es gab nach unserer Ankunft an Bord der INGRINE noch so einiges für mich zu erledigen, dass ich mir die Plauderei eigentlich nicht leisten konnte, der Gefrierschrank musste noch gestartet werden, bevor uns unsere Einkäufe entgegengelaufen kamen.

Wir verabredeten uns für den Nachmittag auf der OLIMAR und trafen uns dort um vierzehn Uhr, um unsere Neuigkeiten und Erlebnisse auszutauschen.

Die Stunden vergingen wie im Fluge und ruckzuck war es Abend geworden und wir kehrten spät auf die INGRINE zurück.

Nun sitzen wir oben an Deck unseres Bootes und lassen den Tag gemütlich ausklingen, der neben unserer heutigen Anreise nach Auxonne und mit dem Wiedersehen von Ralph und Anita einen so schönen Verlauf genommen hatte.

Die Sonne schob sich dem Horizont näher und näher und verwandelte die wenigen Wolken am Himmel in ein prächtiges Farbenspiel, rot, gelb, bernsteinfarben, einfach alle Nuancen, ein herrlich anzusehendes allabendlich wiederkehrendes Schauspiel.

Bei dem Anblick kam man ins Grübeln und die Gedanken fingen an zu Kreisen, leicht angetrieben und unterstützt von den Nachwirkungen des letzten Glases Rosé, das noch vor mir auf dem kleinen Tischchen stand.

Die Erinnerungen an unsere zufällige gemeinsame Reise mit der OLIMAR nach Lyon im letzten Jahr war noch lange Gesprächsstoff an Deck und wir konnten uns noch an so viele Details und Einzelheiten erinnern, war es doch gerade erst einmal ein Jahr her.

Doch wie fing alles an?

Pfingsten, faules Hafenleben und kein Plan

Entgegen unseren normalen Gepflogenheiten sind wir für unseren zweiwöchigen Urlaub diesmal am Samstagmorgen zum Boot angereist.

Um drei Uhr war für uns die Nacht in Düsseldorf zu Ende und ab ging die Fahrt nach Frankreich nach Auxonne. Das Auto war am Vortag gepackt worden und nur wenige Sachen mussten vor der Abfahrt noch im Wagen verstaut werden, wie die Kühltasche mit ein paar wenigen Lebensmittel, die wir von Deutschland mit auf das Boot nehmen wollten.

Der Autobahnring um Köln war auf unserer Strecke fast fertig und zu dieser frühen Stunde war nur sehr wenig Verkehr unterwegs. Zügig passierten wir den neuralgischen Knotenpunkt und weiter ging die Fahrt hoch in die Eifel. In Luxemburg wurde aufgetankt und Kaffee für die nächsten beiden Wochen eingekauft, dann konnte die Fahrt weitergehen.

Früh setzte die Dämmerung ein und wir konnten so die Landschaft in vollen Zügen genießen. In Frankreich waren wir fast alleine auf der Autobahn unterwegs, nur wenige Lastwagen waren mit uns auf der Strecke. An unserem Stammrastplatz Sandaucourt wurde für eine Tasse Kaffee angehalten, die Füße vertreten und die Toilette aufgesucht. So gestärkt und entspannt konnte die Weiterfahrt fortgesetzt werden und eine halbe Stunde später erreichten wir die Region um Langres.

Das führte zu dem Entschluss, bereits hier die Autobahn zu verlassen und den Rest der Strecke nach Auxonne über Champlitte und Gray auf der Landstraße zu fahren, dort wollten wir dann unsere Einkäufe für die ersten Tage erledigen.

Also Blinker raus und runter von der Autobahn. Nach der Mautstation folgte noch ein kurzes Stück Route National, dann erreichten wir die Festungsstadt Langres, die hoch über dem Tal der Marne gelegen die Region beherrscht.

Die Fahrt entlang dieser Stadtmauer erinnerte mich an die Festungsmauern von Avignon im Süden, die ähnlich wirkten. Auch dort führte die Straße außen am Wall vorbei, die Zufahrt in die Altstadt war größtenteils auch nicht möglich, da die Gassen einfach zu eng sind. Selbst die Anwohner müssen ihre Autos draußen vor den Stadttoren auf einem Parkplatzstreifen abstellen, da es keine andere Möglichkeit gibt.

Hinter der Stadt kamen wir nach einigen Kilometern Landstraße an unsere alte Strecke heran, die uns von der Autobahn in Richtung nach Gray führte. Nur fuhren wir diesmal die Landstraße nach Gray weiter, anstatt hinter Champlitte links in die Straße durch den Wald und in Richtung Dampierre-sur-Salon abzubiegen, um nach Savoyeux zu gelangen.

Die Ankunft in Gray ist immer etwas Sehenswertes. Von der neuen Umgehungsstraße gelangt man nach einem Kreisverkehr auf die Avenue de Jean Jaurès, der Hauptstraße, die fast zwei Kilometer lang schnurrgeradeaus den leichten Hügel herunter an die Saône führt.

Erst unten in Flussnähe hinter der großen Traktorenfabrik erschienen rechts und links die ersten Geschäfte, der Hauptteil der Läden war auf der anderen Saôneseite in der Altstadt angesiedelt. Es folgte ein weiterer kleiner Kreisverkehr und nun fuhren wir auf die Brücke über die Saône. Das Wasser spülte ordentlich über dem Damm des Wehres, das man mit der Brücke überquerte. Nun trennten uns nur noch wenige hundert Meter und wir waren am Intermarché angekommen.

Hier wurde der Wagen abgestellt und gegen einen Einkaufswagen eingetauscht. Zu der frühen Stunde war der Parkplatz wie auch der Laden im Innern noch recht leer. Das war gut für uns, bedeutete es doch keine Warteschlange an der Kasse nach dem Beladen des Chariot zu haben.

Die Schlacht konnte losgehen.

Es galt, sich mit allen benötigten Proviant und Getränken für die nächsten Tage einzudecken.

Gut das wir in der Zwischenzeit unsere Vorlieben für bestimmte Speisen oder Zutaten entwickelt hatten, das machte die ganze Sache einfacher und beschleunigte den Aufenthalt im Einkaufstempel extrem.

Dennoch landete das Eine oder Andere in unserer Karre, das wissentlich nicht auf unserer Einkaufsliste stand.

Naja, es war ja Urlaub, und den hat man bekanntlich nur einmal im Jahr.

Das stimmt nicht ganz, da wir in der Regel im Frühjahr wie auch im Herbst zweimal für zwei Wochen für einen Urlaub auf dem Boot sind.

Aber was soll´s, hinein in den Wagen und ab durch die Kasse, Plastikgeld sei Dank.

Wir verließen den Laden, als sich die Gänge wie auch der Parkplatz immer mehr füllten.

Wie war das noch mit dem frühen Vogel?

Der Kofferraum wurde freigelegt und mit den unzähligen Wasserflaschen und Weinkartons beladen. Die Kühl- und Gefriertaschen wurden gefüllt und nahmen den letzten noch freien Platz im Auto ein. Noch das Baguette verstauen und das war es dann gewesen.

Mein Leichtmatrose entsorgte den Einkaufswagen in der Abstellbox und ich machte den Wagen abfahrbereit.

Von nun an trennten uns nur noch ein paar Kilometer Landstraße von Auxonne, die wir aber zügig hinter uns ließen.

Die Uhr zeigte halb zehn, als wir vom Kreisverkehr kommend den Abzweig zum Hafen nahmen.

Neben den gerade erst besorgten Einkäufen hatten wir auch einiges an Gepäck im Auto, daher fuhren wir direkt über den Damm bis an den vorderen Ponton, an dem unsere INGRINE vertäut lag.

Mit den ersten Gepäckstücken ging es zum Boot, das uns schon erwartete.

Die Türe wurde aufgeschlossen, Jalousien und Fenster geöffnet, Kühl- und Gefrierschrank aktiviert und alles war bereit für die große Schlepperei, um den Rest an Gepäck aus dem Auto an Bord zu befördern.

Dafür gab es hier leider keinen Service.

Mit dem kleinen Bollerwagen, den wir als Dauerlieger benutzen konnten und von dem wir den Code für das Zahlenschloss hatten, ging der Transport von unserem Gepäck recht gut voran. Zum Schluss kam noch einmal etwas Arbeit auf, der neue Dieselgenerator wollte auch noch mit an Bord.

Wenig später wurden wir von Roy und Carole begrüßt, die gerade dabei waren, als Hafenmeister die Nachzügler vom Vortag um ihr Liegegeld zu erleichtern.

Helga hatte nun an Bord die Aufgabe, die Gepäckteile in den Kabinen zu verstauen und den Einkauf aus den Tüten in die Geräte umzuladen, während ich das Auto vom Damm zurück hoch auf den Parkplatz fuhr, wo es hingehörte.

Für den Rückweg zu Fuß zum Boot zurück ließ ich mir ausreichend Zeit, damit Helga in Ruhe das Gepäck einräumen konnte.

An Bord wurden die Straßenschuhe für die nächsten Tage in den Schrank verbannt, an Bord bewegten wir uns größtenteils barfuß oder in Bootsschuhen, die aber nicht an Land benutzt wurden.

Eine sehr wichtige Aufgabe folgte noch für mich, es galt die Liegestühle und die Tische nach oben auf das Nildeck zu befördern. Jetzt noch raus aus der zivilen Kleidung von der Anreise und rein in T-Shirt und Freizeithose und nun war es da, das Urlaubsgefühl.

Unten war in der Zwischenzeit alles soweit verstaut worden, dass ich meine restlichen Sachen unterbringen konnte. Die Solaranlage arbeitete ausgezeichnet und die Batterien waren gut voll. Kein Wunder, da hier in der Region bereits seit zwei Wochen sommerliche Temperaturen herrschten.

Es folgte noch eine kurze Kontrolle vom Tiefenmesser, der mit einem Meter achtzig aber einen normalen Wasserstand anzeigte.

Der Rosé war im Kühlschrank, eigentlich konnte jetzt nicht mehr viel schiefgehen.

Das Bimini wurde aufgeklappt und dann gab es die erste Siesta für uns oben auf dem Deck.

Die Füße wurden hochgelegt und tief Luft geholt. Ab nun ist er da, auf den wir so lange gewartet hatten, unser wohlverdienter Urlaub.

Nur wenige Mietboote hatten über Nacht den Hafen aufgesucht, der größte Teil davon war auch bereits wieder auf Fahrt, am nun fast leeren Steg konnten wir zum ersten Mal die Ruhe genießen, die nur von dem Geräusch einer Schleifmaschine übertönt wurde, die gegenüber auf einem Boot benutzt wurde.

Roy war dabei, Roststellen an den Seiten der Reling seiner HAZELWOOD abzuschleifen, was uns aber nicht weiter störte, wir sind ja sehr tolerant.

Meistens jedenfalls.

Und außerdem, es tut immer gut, anderen bei der Arbeit zuzusehen.

Nach elf Uhr kam draußen auf der Saône die CORNELIA HELENA vorbei, das Boot von Rüdi, dem Bruder unserer Bootsbekannten Trix von der LA TOULINE, die zeitgleich bei uns in Deutschland gerade Düsseldorf auf ihrem Weg nach den Niederlanden passierten.

Wir hätten uns gerne mit Hans und Trix in Düsseldorf getroffen, aber leider hatte das diesmal nicht geklappt.

Aber die Beiden haben ja auch noch eine Rückfahrt vor sich, vielleicht kommt es ja dann zu einem Treffen.

Zu Mittag gab es eine Kleinigkeit aus unserem Einkaufsfundus zu Essen, und wir konnten anschießend die Ruhe im Hafen so richtig genießen. Der Gastliegersteg war nun komplett leer, kein Mietboot oder Gastlieger war mehr im Hafen, die erste Bootsreisewelle wird wohl erst ab dem jetzt beginnenden Pfingstwochenende starten, mal sehen, wie voll es heute Abend im Hafen wohl wird.

Helga machte sich am späten Nachmittag dann noch einmal auf um in die Stadt zu gehen. Sie wollte noch etwas bummeln und noch ein paar Kleinigkeiten für die nächsten Tage besorgen, es findet sich immer etwas, was man vergessen hat oder was noch fehlt.

Derweil hatte ich an Bord noch andere Dinge, die auf meiner To-Do- Liste standen und die es zu erledigen gab. Das Deck vom Boot wurde geschrubbt, der Frühjahrsputz war dringend nötig. Anschließend wurde noch Wasser aufgefüllt, damit der Wassertank auch schön gefüllt ist.

Nach Helgas Rückkehr verbrachten wir den Rest des Tages mit dem Dauertest der Liegestühle, die diesen hervorragend bestanden hatten.

Die anstrengende Zeit des Testes wurde auch dazu genutzt, sich den Kopf zu zerbrechen, was wir in den kommenden zwei Wochen den nun erleben wollten. Die unterschiedlichsten Beratungen in den letzten Wochen zu Hause in Düsseldorf über mögliche Reiseziele unserer diesjährigen Urlaubstour hatte uns da der Entscheidung noch kein Stückchen nähergebracht.

Jetzt hatten wir Urlaub und wussten nicht wohin wir schippern wollten!

Hoch nach Corre und weiter hinein in den Vogesenkanal? Ist mit Sicherheit eine schöne Strecke, aber leider näherten wir uns damit dem Einflussbereich der Ardennen und Vogesen und damit den Regengebieten. Und die Wahrscheinlichkeit von Regen ist im Frühjahr mit Sicherheit höher als im Sommer selber.

Eine Alternative wäre es den Doubs hoch nach Besançon und weiter bis nach Baume les Dames zu fahren. Von dort kamen in den letzten Tagen aber Hochwassermeldungen, dort wollten wir dann nicht festhängen, wenn der Regen oben in den Bergen des Jura weiter anhält und die Sicherheitstore geschlossen werden.

In den Canal entre Champagne et Bourgogne? Aber das reizte Helga nicht so sehr, dort war es ihr etwas zu ländlich und sie wollte lieber etwas in den von uns besuchten Städten spazieren gehen können.

Wie wir es auch drehten und wendeten, wir kamen zu keinem Resultat.

„Also bleiben wir erst einmal hier im Hafen und bauen den Stromgenerator ein, den wir aus Deutschland mitgebracht hatten“, so unser Entschluss.

Aber nicht heute, morgen ist auch noch ein Tag.

Am folgenden Sonntagmorgen war ich kurz nach fünf Uhr dreißig aufgewacht. Zuerst wurde die Heizung im Salon auf kleinste Stufe gestartet, danach die Kaffeemaschine angeworfen. Draußen und im Boot war noch alles still und ruhig, die perfekte Umgebung, um mich mit meiner Schreiberei zu beschäftigen.

Für das Bordbuch gab es noch keine nennenswerten Einträge zu machen, also wurde der Laptop herausgeholt und mein Manuskript für mein erstes Buch geladen. Die Notizen dazu entnahm ich aus dem Bordbuch und den Internetseiten, die ich regelmäßig über unsere Aktivitäten an Bord der INGRINE auf dem neuesten Stand hielt. Die Schreiberei ging flott voran, ich konnte gut meine Gedanken zu Papier bringen, sprich in die Tastatur des Laptops reinhämmern.

Vorne in der Kabine war noch alles ruhig. Helga hatte in der Zwischenzeit die Bettwäsche bewacht und gut darauf aufgepasst. Sie machte in dem Moment auch noch keine Anstalten, mir in den Salon und in den Tag zu folgen.

Um Viertel nach Sieben hatte ich mich dann nach oben auf das Deck verzogen um die Wärme der aufgehenden Sonne zu genießen.

Das versprach heute ein warmer Tag zu werden.

Hatte irgendjemand Einwände dagegen?

Wie gestern geahnt hatte es dann am späten Nachmittag doch noch einige Boote in den Hafen gespült. Aber auch dort an Bord war noch alles still, alles schlummerte noch.

Somit gehört die Sonne und die Ruhe eben mir alleine.

Angelockt vom Kaffeeduft trabte meine Besatzung langsam an und leistete mir von nun an Gesellschaft beim Rumsitzen und Nichtstun auf dem Oberdeck.

Roy und Carole wurden mit einem Winken begrüßt, als sie mit Bob von ihrem Schiff kamen und nach vorne in die Capitainerie gingen.

Nach zehn Uhr kam dann allmählich Leben in den Hafen, die ersten Boote machten sich kurz darauf auch wieder auf ihren Weg der Weiterfahrt während wir oben an Deck weiter den Tag und die Sonne betrachteten und die Wolken zählten.

Urlaub kann so grausam schön sein.

Da man aber seine guten Vorsätze hat war es dann aber doch an der Zeit, irgendetwas nützliches zu tun. Deckstreichen kam bei dem Wetter nicht in Frage und da ich in den nächsten Tagen so oder so im Motorraum arbeiten wollte machte ich mich erst einmal daran, die Motorbilge zu reinigen.

Beim Regnen kam durch Tropfwasser entlang der Motorraumabdeckungen immer wieder Wasser in den Motorraum und sammelte sich dort unten in der Bilge, die keine Verbindung zur Bilge im Schiff selber hatte.

Das war auch gut so, denn durch ausschwitzendes Motoröl kommt es immer zu Verunreinigungen der Motorraumbilge, sodass dieses leicht kontaminierte Wasser gesondert entsorgt werden muss und nicht wie die normale Bilge einfach über Bord gepumpt werden kann.

Extra für diesen Zweck hatte ich mehrere alte Kanister an Bord, in die ich das Bilgewasser auffangen konnte, das ich mit einer kleinen Förderpumpe aus den Tiefen des Motorraumes nach oben beförderte.

Aber diesmal war die Ausbeute gar nicht so groß, etwas über fünfzehn Liter Wasser konnte ich in den Kanistern aufsammeln. Der Rest wurde durch spezielle Kissen aufgesogen, die ich dazu im Motorraum verteilte.

Nun war alles schön sauber und halbwegs trocken, allerdings durch den leichten Ölfilm aber auch sehr rutschig. Daher musste ich wie immer sehr darauf achten, wohin ich meine Füße stellte, um nicht auszurutschen.

Die gefüllten Kanister stellte ich gut verschlossen jeweils in einen großen Plastiksack, um sie auf diese Weise zur Entsorgung zu befördern. In Savoyeux hatten wir es damit bequemer, da dort eine große Zisterne stand, in der dieses Bilgewasser aufgesammelt wurde.

Hier in Auxonne war keine Werkstatt vom Hafenbetreiber, daher nahm ich die Kanister mit nach Düsseldorf, um sie hier über die Müllverbrennung zu entsorgen.

Die beiden Kanister wurden auf die kleine Karre gestellt, die uns hier zur Verfügung stand und dann ging es damit ab Richtung Auto, wo ich die Kanister in den Kofferraum stellte, damit sie uns in den nächsten Tagen an Bord keinen Platz nahmen oder anderweitig störten.

Fix und fertig von dieser aufregenden Arbeit wurde die Karaffe Rosé neu befüllt und ich zog mich auf meinen Liegestuhl im Schatten des Bimini zurück.

Da heute Sonntag war kamen auch ab Mittag die Krachmacher zum Einsatz, sprich die Wasserskischleppboote wurden zu Wasser gelassen und rauschten draußen ständig am Hafen vorbei.

Aber nach einer halben Stunde hört man die Boote nicht mehr oder man nimmt sie nicht mehr war.

Die Sonne stand hoch am blauem Himmel und so konnte man herrlich dösen und allen anderen Leuten bei deren Tätigkeiten zusehen.

Am Nachmittag trudelten die ersten Boote ein und Helga half Carole wie immer beim Annehmen der Festmacherseile. Das eine oder andere Boot bot uns dann auch wieder etwas Unterhaltung, da nicht jedes Mal das Anlegen auf Anhieb klappte. Warum müssen Anfänger, die gerade einmal zwei Stunden auf dem Boot sind, unbedingt rückwärts in eine Box zum Anlegen fahren, wie es die Privatfahrer machen, die aber teilweise schon jahrelang mit ihren Booten unterwegs sind?

Das ist Hafenkino pur und immer sehenswert.

Wie auch immer, man hilft gerne.

Nur die Überheblichen bei den Mietbootfahrern finden selten Freunde, da sie immer alles besser wissen, aber doch nichts können geschweige denn sich etwas sagen lassen.

Carole ist da sehr resolut: Sie schaut sich die Anlegeversuche an und erteilt Weisungen, wie man verfahren sollte. Wer ihren Anweisungen dann nicht folgt oder sich nicht belehren lässt bekommt keinen Platz im Hafen. Zumindest die Androhung eines Hafenverweises zeigt meistens Wirkung und später stellen sich die „Kapitäne“ nicht selten als nette Leute heraus, denen nur das Kommando an Bord etwas zu Kopf gestiegen ist.

Oder war vielleicht doch die Sonne Schuld?

Wie auch immer, der Grill ruft, der Tag nähert sich dem Ende. Frisches Brot, dazu eine frische Salatmischung und ein Stück Fleisch auf dem Grill, so lässt es sich prima aushalten.

Nach dem Essen wurde der Krempel für unsere Spülkraft nach unten geräumt, danach wurde der Rest des Abends mit dem Zählen vorbeiztreibender Blätter auf dem Wasser der Saône verbracht, irgendetwas nützliches muss man ja tuen.

Irgendwann um zehn Uhr ging es dann in die Kojen, der Tag war lang genug.

Schluss für Heute, weiter geht es Morgen.

Auch am folgenden Montagmorgen war die Nacht für mich um kurz vor fünf Uhr zu Ende.

Irgendwie bin ich an Bord immer ein Frühaufsteher, obwohl es sich doch sehr gut im Schiff schlafen lässt.

Dafür komme ich mit dem Buch gut voran und nähere mich langsam meinem gesteckten Ziel, das ich im Urlaub gerne erreichen wollte.

Draußen ist es leicht dunstig, aber nicht kalt. Auf den Fenstern im Salon hatte sich zumindest kein Kondenswasser niedergeschlagen, das war ein gutes Zeichen.

Die Dunstschwaden stehen in leichten Wolken über der Wasseroberfläche wie Wasserdampf über einem Suppentopf. An den Stoffen von Bimini und Relingkleid hängen hunderte, gar tausende von kleinen Wassertröpchen und warten darauf von der aufgehenden Sonne verdampft zu werden.

„Mal schauen, wann sich Helga heute aus den Federn schraubt, der Kaffeeduft wird sie schon irgendwann anlocken“, so meine innerste Überzeugung.

Nach dem Frühstück oben auf dem Promenadendeck wollte ich hier zumindest etwas Platz schaffen, der hier zwischengelagerte Generator störte hier sehr und nahm uns auch sehr viel Platz weg.

Nachdem ich am Vortag die Motorraumbilge entwässert hatte war dort alles bereit für das nächste große Thema an Bord:

Dieselstromgenerator einbauen.

Sorgfältig hatte ich den vorgesehenen Bereich dafür im Motorraum vermessen und alle Maße mehrfach genauestens kontrolliert, es sollte eigentlich passen.

Nur jetzt, als der Dieselgenerator bereit für den Einbau auf dem Ponton stand, sah er doppelt so groß aus wie die dafür vorgesehene Lücke.

„Wie bekomme ich den Generator nur nach unten in den Motorraum“?

Eine Frage, die ich mir in der letzten Stunde immer wieder gestellt hatte.

Es half alles nichts, das Ding war jetzt hier und sollte heute dort eingebaut werden.

Zuallererst ging es darum, dem Aggregat etwas Gewicht zu nehmen und zeitgleich die Größe minimal zu verringern. Also wurden der obere Deckel und der Tank entfernt, somit konnte man das Ungetüm auch besser anfassen.

Um ein lästiges und ungesundes Bücken zu vermeiden wurde um die beiden Tragegriffe ein Festmacher gelegt, somit konnten wir den Generator am Seil geführt nach unten an seinen vorgesehenen Platz absenken.

Es wurde sehr eng im Bereich der Motorraumabdeckung, aber es hatte alles gepasst und in kürzester Zeit saß er an seinem Platz.

Nun wurde der Verlegungsweg für das Abgasrohr bestimmt und damit die Stelle markiert, an der ich die Bordwand für die Rohrdurchführung durchbohren musste.

Die Stelle war markiert und mit einem kleinen Bohrer wurde das Loch vorgebohrt. Anschließend kam der Fräskopf zum Einsatz, den ich bei anderen Arbeiten bereits benutzt hatte und der mir schon vielfach eine Hilfe war.

Für die Durchführung hatte ich einen passenden Beschlag aus Deutschland mitgebracht, der sich auch problemlos montieren ließ und das Abgasrohr vom Generator aufnahm.

Allerdings kippelte der Generator unten auf den Streben, die dafür angefertigt worden waren, da der Unterbau wohl doch nicht so eben war wie er aussah.

Also kamen die Seile erneut zum Einsatz und das ganze Ding kam noch einmal hoch ans Tageslicht.

Mit einem passenden Holzbrett konnte die Höhe ausgeglichen werden und dann kam der Montageversuch Nummer zwei, der wesentlich besser verlief. Die Streben wurden gegen Verrutschen abgesichert und nun stand er fest auf seinem Platz.

Wenn sich der Einsatz von dem Stromerzeuger bewährt hatte sollte der Generator später etwas anders eingebaut werden. Ich wollte dazu dann die Tragrohre und den Tank abbauen und den Generator an die Dieselleitung des Bordnetzes anschließen. Dafür sollte die Leitung der Standheizung verwendet werden, die stattdessen einen zweiten kleinen Tank für Heizöl erhalten sollte, das deutlich preiswerter ist als der Diesel für motorische Zwecke.

Aber das kommt später einmal. Jetzt wurde erst einmal die abgebauten Teile am Generator wieder anmontiert, das Abgasrohr verlegt und gesichert und dann kam der Probelauf, vor dem es mich etwas graute.

Bei einem ersten Versuch in Düsseldorf musste ich eine ganze Weile den Seilzug ziehen bis der Motor zum ersten Lauf ansetzte, was mich ganz schön ins Schwitzen brachte.

Etwas Ähnliches erwartete ich nun hier.

Zuerst wurde der Tank vom Generator aufgefüllt, dafür hatte ich genug Diesel in einem Reservekanister an Bord.

Der Dekompressionshebel wurde gelöst und mit dem Seilzug der Motor in die richtige Position gedreht. Jetzt erfolgte ein kräftiger Zug zum ersten Anlaufversuch, aber siehe und staune, der Motor sprang sofort und nach nur mäßiger Kraftanstrengung an.

Alles klappte wie geschmiert und ich war zufrieden mit mir selber und lobte mich drei bis fünfmal für den hervorragenden Einbau und dem gelungenen Start.

Bei Betrieb war der Generator zwar deutlich zu hören, aber in wenigen Metern Entfernung war das gar nicht mehr so laut.

Prima. Der Generator wurde wieder abgestellt und schlagartig setzte wieder Ruhe ein.

Die Werkzeuge wurden weggepackt und für den Rest des Tages hatte ich mir als Belohnung spontan freigegeben. So konnte ich mich weiter der Abnutzung meines Liegestuhles widmen.

Am späten Nachmittag zog sich der Himmel bedrohlich zusammen und später nach neunzehn Uhr wurde es zunehmend windiger. Große, bedrohliche aussehende und tiefhängende Gewitterwolken zogen über uns hinweg, aber es blieb trocken. Im Hinterland, irgendwo oben Richtung Dole, hörte man es leicht donnern.

Die Wolkenformationen türmten sich im Umfeld höher und höher auf, aber über uns blieb das Wolkenloch bestehen und wir konnten dort noch einen teilweise blauen Himmel genießen. Selbst später beim Sonnenuntergang kamen die Sonnenstrahlen noch bei uns an, obwohl die Gewitterwolken dies zu hindern versuchten. Der Himmel verwandelte sich in ein buntes Lichterspiel, ständig wechselten die Farben der Wolken. Grau, fast schwarz waren sie am Horizont gefärbt um kurz darauf rötlich zu funkeln, es war ein schöner Anblick.

Als die Sonne endgültig in der Ferne versank wurde es auch für uns etwas ungemütlicher. Die Luft, um der Wärme der Sonnenstrahlen beraubt, wurde deutlich kühler, sodass wir uns entschieden hatten, zum Essen nach unten zu gehen.

Später nach dem Essen ging es noch einmal hoch auf das Nildeck, um das Bimini einzupacken, falls es in der Nacht stärker regnen sollte oder windig wird. Bis zum Einbruch der Dämmerung blieben wir noch oben sitzen, um über unsere nächsten weiteren Schritte zu beraten.

Der Dieseltank der INGRINE war nicht ausreichend aufgefüllt und so beschlossen wir am nächsten Morgen den Hafen zu verlassen und für eine Fahrt ins Blaue aufzubrechen. Unser erstes Ziel sollte die Flusstankstelle in Saint Jean de Losne sein.

Alles andere wollten wir danach entscheiden.

Flussfieber

Der Dienstagmorgen begrüßte uns mit einem bedeckten Himmel, eine Folge von dem Gewitter am Abend zuvor, dass sich noch lange hörbar irgendwo im Hinterland ausgetobt hatte.

Wir verabschiedeten uns von Roy und Carole für die nächsten Tage mit unbekanntem Ziel und ich warf noch einen Blick auf den Aushang der aktuellen Wettervorhersage am Büroboot, die hier für die Region ziemlich zuverlässig ist, wenn auch nur in einer drei-Tage-Vorschau.

Für den Vormittag wurde das trübe Wetter noch bestätigt, danach sollte es in den folgenden Stunden aber besser werden.

Wir sind gespannt.

Pünktlich um neun Uhr wurde der Motor der INGRINE gestartet und das Stromkabel eingeholt. Der Gefrierschrank wurde auf den Inverter umgeschaltet und somit stand unserer Abfahrt nichts mehr im Wege.

Die Leinen wurden gelöst und langsam ging es aus der Box raus in das Hafenbecken, um einmal Richtung Ausfahrt den Steg zu umrunden.

Wie immer stand Carole vorne auf der Landungsbrücke und signalisierte uns eine freie Ausfahrt auf die Saône und winkte uns noch eine Weile hinterher.

Jetzt waren wir also wieder auf großer Tour unterwegs, nur wohin werden uns die Fluten diesmal spülen??

Mit mäßiger Drehzahl richtete ich das Boot im Fahrwasser aus, es braucht immer einen kleinen Moment, bis man mit dem Boot eins wird.

Wir waren alleine auf der Saône unterwegs, weder vor noch hinter uns war ein Boot zu sehen. Nach den ersten vierhundert Metern auf dem Fluss ging es für uns nach der Brückenunterquerung bereits wieder nach links ab und unter die Eisenbahnbrücke hindurch, um in den Zuführungskanal zu gelangen. Auch der Kanal war frei, nur in weiter Ferne konnte ich ein Mietboot ausmachen, dass vor der Schleuse kreuzte.

Wir kamen gut voran und erreichten nach den zwei Kilometern Kanal den Schleusenbereich, noch bevor das Mietboot einfahren konnte.

Irgendwie hatte die Crew den Auslöser nicht richtig betätigt, aber es dauerte eine Weile bis man das bemerkte und wieder zurück zum Seil fuhr, das über dem Kanal hing. Der zweite Versuch war erfolgreicher, diesmal öffnete sich das Obertor und das grüne Licht ging an.

Genauso unsicher wie bei der Schleusenanforderung fuhr das Boot anschließend in die Schleuse von Auxonne ein und hatte noch nicht die richtige Technik entwickelt, um die Poller in der Kammer zu belegen. Durch deren Unsicherheit beim Manövrieren hatten wir ausreichend Zeit um die Schleuse für einen gemeinsamen Durchgang zu erreichen, ohne dass ich Fahrt erhöhen musste.

Ich nahm kurz vor der Einfahrt in die Schleusenkammer die Fahrt weg und ließ mich mit dem letzten Schwung in die Kammer hineintreiben, um dann mit einem kurzen Rückwärtsschub an der richtigen Position aufzustoppen.

Wir lagen auf richtiger Höhe vor den Pollern, nur der Abstand von der Mauer war etwas weit, was aber schnell korrigiert werden konnte. Die Festmacher wurden über die Poller gelegt und ich gab der Crew vor uns ein Handzeichen, das wir bereit seien für die Schleusung und kurz darauf ging es abwärts mit uns.

Die INGRINE verschwand, wie auch das Mietboot, in der Tiefe der Schleusenkammer. Der Hub in der Schleuse von Auxonne beträgt nur einen Meter dreiundachtzig, allerdings hat die Kammer sehr hohe Wände über dem Wasserniveau, daher kommt einen die Schleuse wesentlich höher vor.

Nach wenigen Minuten waren wir unten und das Tor ging mit dem gewohnten Rumpeln auf. Helga bekam wie immer die Anweisung den Festmacher so lange zu halten, bis das Mietboot vor uns aus der Schleuse war, bekanntlich verwenden diese Boote Vollgas zur Fortbewegung.

Und so war es auch.

Ich war in der Zwischenzeit ans Ruder zurückgekehrt und gab Signal zum Ablegen und Helga holte das Seil ein. Die INGRINE folgte brav meinem Ruderkommando und gemütlich nahm ich Fahrt auf, um die Schleuse zu verlassen.

Das Mietboot war schon ein schönes Stück voraus, als wir den Schleusenvorhafen verließen und auf die Saône zurückkehrten.

Dort erfolgte dann das Übliche: das Mietboot gab Knallgas und ab wurde weiter in den Urlaub gerast.

Warum haben es manche Leute in den Ferien immer so eilig?

Was soll´s, wir hatten jedenfalls unsere Fahrt runter nach Saint Jean de Losne genossen. Die INGRINE war erst vor einer Stunde für die große Fahrt aufgeweckt worden und ich wollte den Motor erst einmal langsam wieder an die Arbeit gewöhnen.

Bei mittlerer Drehzahl hatten wir zwischen zehn bis zwölf Stundenkilometer auf dem GPS, eine ausreichende Geschwindigkeit für uns. Das Mietboot war schon weiter voraus und entfernte sich zunehmend von uns und so dümpelten wir wieder alleine auf dem Fluss dahin.

Langsam klarte der Himmel auf und es wurde allmählich heller und heller und sah nicht mehr so nach Regen aus. Wir passierten auf unserer Fahrt zuerst Mailly-le-Port und eine Viertelstunde später kam der Rhein-Rhône-Kanal in Sicht.

Das futuristisch aussehende Gebäude ohne Zweck konnte man gar nicht übersehen. Die Kammer war auf, das Signal stand auf Grün, die Einfahrt war frei und lockte, aber für uns ging es erst einmal weiter nach Saint Jean, um dort Diesel zu bunkern.

Vielleicht entscheiden wir uns doch noch für Dole?

Es war nun kurz vor zehn Uhr und der Himmel wurde immer blauer, es sah immer mehr nach gutem Wetter aus. Ein paar weiße Wolken zogen noch hoch am Himmel über uns hinweg, aber der Sommer und die Stadt kamen in Sicht.

Sowohl die Halte Fluvial am Campingplatz wie auch der Quai National waren mit Booten voll besetzt, hier hätten wir bei Bedarf keinen Platz gefunden, alles voll belegt.

Zum Glück waren wir auch nicht mehr darauf aus. Wäre am zentral gelegenen Stadtsteg noch ein Platz frei gewesen hätten wir uns das vielleicht überlegt, hier einen Stopp einzulegen, aber auf Krampf wollten wir hier nicht anlegen.

Das hatte sich so oder so auch bereits erledigt, denn durch die Fahrt über die Saône runter von Auxonne nach Saint-Jean-de-Losne hatten wir beide einen starken Anfall von Flussfieber bekommen.

Und so sollte es nach dem Auftanken heute noch weiter südwärts gehen, soviel stand bereits schon fest.

Wie weit es uns aber südwärts treiben würde hätte in diesem Moment aber keiner von uns geahnt.

Die Brücke von Saint Jean wurde passiert und die Flusstankstelle, oder besser gesagt der Tankponton, lag Steuerbord voraus gut zweihundert Meter vor uns.

Der Steg war komplett leer und wir konnten das Novum in diesem Jahr zum ersten Mal sehen: Auf dem Ponton war ein großes Schild mit großen Zahlen angebracht, dem man aus einiger Entfernung entnehmen konnte, was an Literpreis für Super und Diesel berechnet wird, so wie wir es von den ganz normalen Straßentankstellen überall her kannten.

Der Preis hängt wie bei einer normalen Tankstelle sichtbar aus und so kann bei der Anfahrt abgewägt werden, ob der Preis akzeptabel ist oder man zur nächsten Tanke weiterfahren möchte, sofern der Tank nicht zu leer ist, allzu viele Tankmöglichkeiten gibt es für den Wassersport eben nicht. Oder man füllt Kanistern an einer Straßentankstelle auf und schleppt sich mit diesen zum Boot ab.

Für uns gab es den Diesel für 1,334 €, das war soweit akzeptabel.

Der Tank im Bauch der INGRINE wurde mit zweiundneunzig Litern Diesel aufgefüllt, es fehlte uns also nicht einmal die Hälfte vom Tankinhalt und entsprach etwa der Menge, die ich nach Berechnungen im Bordbuch vermutet hatte.

Zum Bezahlen ging es dann Oben an Land in einen Bürocontainer. Unser Bötchen war im Computersystem hinterlegt, da wir dort bereits öfters den geringen Durst unseres treuen Gefährtes gelöscht hatten.

An Bord wurden die Papiere und die Rechnung verstaut, dann konnte es weitergehen.

Der Aufenthalt an der Tankstelle hatte uns nicht viel Zeit gekostet und kurz nach elf Uhr wurden die Leinen gelöst und unsere Fahrt wurde fortgesetzt.

Während der Betankung der INGRINE hatte ich mich mit Helga über den weiteren Verlauf des Törns kurz beraten und unser heutiges Ziel wurde festgesetzt: Verdun-sur-le-Doubs, Eis und Waffelessen war angesagt.

Nach dem Ablegen vom Tankponton passierten wir die Einfahrt zum Canal de Bourgogne und dem Gare de Eau und nach einem weiteren Kilometer das große Silo von Saint Jean, an dem gerade ein größerer Frachter mit Getreide beladen wurde.

Vor uns auf der Saône war die Strecke frei und von achtern drohte auch keine Gefahr.

Der Fluss schlängelte sich vorbei an der alten Schleuse von Saint Jean, in der die Kunden von H2O mit ihren größeren Booten lagen, meistens waren das alte zum Wohnboot umgebaute Frachtkähne, die wegen ihrer Größe an den Stegen in Auxonne oder im Gare de Eau schwieriger Platz finden können.

Nach weiteren vier Kilometern kam das Stauwehr von Pagny und kurz vorher verließen wir die Saône nach links in den acht Kilometer langen Zuführungskanal zur Schleuse von Seurre. Bis auf den letzten Kanalbogen kurz vor der Schleuse selber verlief der Kanal schnurrgeradeaus, im ersten Stück war er eingefasst von großen Felsbrocken und später auf dem letzten Kilometer von unschönen Spundwänden.

Kein besonders landschaftlich schönes Stück Strecke, aber zum Glück war das hier in der Region eine Ausnahme.

Wir waren im oberen Teil des Kanals unterwegs, als ich ein Boot ausmachte, das weit hinter uns den Fluss verlies und uns in den Kanal folgte. Beim Erreichen der Kanalkurve meldete ich uns über Funk beim Schleusenwärter an, der uns die Einfahrt über Funk auch freigab.

Nach der langgedehnten Kurve kam die Einfahrt der Schleuse in Sicht, das Obertor war offen und die Ampel stand für uns auf Grün.

Bei unserer Einfahrt in die Schleuse hatte uns der rasende Urlauber eingeholt und von hinten kam noch ein weiteres Boot, auf das wir dann in der Schleuse warten mussten.

Die Wartezeit auf das zweite Boot war aber auch nötig, da die Mietbootcrew ihre Mühe damit hatte, ihr Charterboot parallel zu der Schleusenwand zu halten und die Taue um die Poller zu bekommen.

Aber irgendwann kam dann einer von der Renncrew auf die Idee sich bei uns abzuschauen, wie wir die Seile belegt hatten und die Taue wurden anders belegt.

Das zweite Boot, ein englischer Privatfahrer, war in der Zwischenzeit in der Schleuse angekommen und hatte sehr schnell seine Position eingenommen. Das Tor wurde verschlossen und die Talschleusung eingeleitet.