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Neue Gewohnheiten für ein entspanntes Leben Effektive Stressbewältigung Mit multimedialer Unterstützung Achtsamkeit, Bewegung und Entspannung kombiniert in einem einzigartigen Modell Durch Integration von Theorie und Praxis für Laien und Fachleute gleichermaßen geeignet Immer mehr Menschen leiden unter Stress und Daueranspannung. Trotz zahlreicher Angebote fällt es oft schwer, langfristige Veränderungen zu etablieren. Claus Derra und Michael Harrer bieten mit ihrem Buch eine alltagstaugliche Lösung. Sie verbinden Achtsamkeit, Bewegung und Entspannung zu einem ganzheitlichen Konzept, das sich leicht in den Alltag integrieren lässt. Das Buch enthält neben kurzen, effektiven Übungen und wissenschaftlichen Erklärungen auch Strategien zur Etablierung neuer Gewohnheiten. Ergänzt wird es durch zahlreiche Abbildungen, Audio- und Video-Dateien. Ein umfassendes und praxisnahes Werk zur nachhaltigen Stressbewältigung für Laien und Therapeut:innen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 188
Veröffentlichungsjahr: 2025
Claus DerraMichael E. Harrer
Achtsam bewegen und entspannen
In kleinen Schritten zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit
Klett-Cotta
Die digitalen Zusatzmaterialien sowie die Audio- und Video-Dateien haben wir zum Download auf www.klett-cotta.de bereitgestellt.
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Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe zum Zeitpunkt des Erwerbs.
Klett-Cotta
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Cover: Bettina Hermann
unter Verwendung einer Abbildung von © iStock/Daniel Revilla
Gesetzt in den Tropen Studios, Leipzig
Gedruckt und gebunden von Friedrich Pustet GmbH & Co. KG, Regensburg
ISBN 978-3-608-98897-0
E-Book ISBN 978-3-608-12497-2
PDF-E-Book ISBN 978-3-608-20722-4
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar
Vorwort
1 Der Einstieg: »Ins Handeln kommen«
1.1 Gedanken zum Einstieg
1.2 Wie gehen Sie vor
1.3 Die sieben Basisübungen
1.3.1 Aktivierendes Atmen
1.3.2 Beruhigendes Atmen
1.3.3 Das Händereiben
1.3.4 Der Aktivierungspunkt (D4)
1.3.5 Das Dynamische Fingeryoga
1.3.6 Die Selbstumarmung
1.3.7 Der Schrankenwärter
1.4 Schrittweises Einbauen der Übungen in den Fluss des Alltags
1.5 Was die Übungen bewirken
1.6 Warum sind Regelmäßigkeit und Wiederholung so wichtig?
1.7 Rückschau auf die Wochen zur Wochenbilanz
1.7.1 Rückschau nach der ersten Woche
1.7.2 Die passende persönliche Dosis: Fallbeispiel Beate S. und Felix M.
1.7.3 Rückschau nach der zweiten Woche
1.7.4 Rückschau nach der dritten Woche
1.8 Was bedeutet für Sie ein guter Tag?
2 Neue Möglichkeiten kennenlernen: Das Drei-Säulen-Modell in der Praxis
2.1 Innehalten
2.2 Übungen zu den drei Zugängen
2.2.1 Grundsätzliches zu den folgenden Übungen
2.2.2 Freundliche Begrüßung
2.2.3 Wärme spüren und mit Worten benennen
2.2.4 Ort der Ruhe
2.3 Eine Wahl treffen
2.4 Das wichtigste Mittel: Die Lenkung der Aufmerksamkeit
2.4.1 Fokus Außenwelt
2.4.2 Fokus Innenwelt
2.4.3 Fokus Ruhe
2.4.4 Fokus Wandel
2.4.5 Fokus Positives und Heilsames
2.5 Übungen zur Aufmerksamkeitslenkung
2.5.1 Die fünf Sinne
2.5.2 Körperwahrnehmung
2.5.3 Geteilte Aufmerksamkeit
2.5.4 Freundlichkeit und Wohlwollen
2.6 Was sonst noch zu unserer Innenwelt gehört
2.7 Was Sie darüber hinaus noch beachten sollten
2.8 Was Sie bisher erreicht haben
3 Das Warum und Wozu
3.1 Achtsamkeit
3.2 Das Pendelprinzip der Aufmerksamkeit
3.2.1 Übung: Der Grübelwischer
3.3 Der Arbeitsspeicher – Die sieben Bälle
3.4 Das Prinzip des
Predictive Coding
3.5 Innehalten, Wahrnehmen und Erinnern – der innere Beobachter
3.6 Vom Wohlbefinden: Die Grundbedürfnisse der Menschen
3.6.1 Bindung, Autonomie, Kompetenz, Orientierung; Sicherheit und Selbstwert
3.6.2 Bedürfnisse im Laufe des Lebens
3.6.3 Gefühle signalisieren Bedürfnisse
3.6.4 Schritte zur Erfüllung von Bedürfnissen
3.7
Balance
zwischen den Polen
3.8 Täglich Gesundheit fördern
3.8.1 Salutogenese
3.8.2 Gesundheitsförderung – Was sagt die Wissenschaft?
3.8.3 Wie kann Veränderung gelingen?
3.9 Resilienz: Bambus- und Lotosprinzip
3.10 Ganzes und Teil sein: Das Prinzip der Holons
3.11 Resonanz, Verbundenheit und Selbstmitgefühl
4 Üben wird zur Gewohnheit: Eine systematische Annäherung in zehn Schritten
4.1 Schritt 1: Intention
4.2 Schritt 2: Innehalten
4.3 Schritt 3: Wahrnehmen, bemerken
4.4 Schritt 4: Erinnern
4.5 Schritt 5: Automatisieren durch Wiederholen
4.6 Schritt 6: Bemerken der Auswirkungen
4.7 Schritt 7: Flexibles Nutzen erwünschter Auswirkungen
4.8 Schritt 8: Polaritäten wahrnehmen und
Balance
finden
4.9 Schritt 9: Anwendungsbereiche erweitern
4.10 Schritt 10: Resonanz in Beziehungen
4.11 Die Auswirkung: Ein bewussterer Lebensstil
5 Wie es weitergehen kann
5.1 Umgang mit »Rückfällen«
5.2 Bedeutung von Umgebungsfaktoren
5.3 Bewusste Ernährung
5.4 Moderate und kluge Mediennutzung
5.5 Erholsamer Schlaf
5.6 Wenn Sie hier angekommen sind
Quellen
Anhang
Weiterführende Literatur der Autoren
Websites der Autoren
Weitere Websites
Verzeichnis der Übungen
Verzeichnis der Textdateien zum Download
Verzeichnis der Abbildungen
Dank
Fünfzehn Mal einen tiefen Atemzug nehmen, wäre ein guter Einstieg in dieses Buch.
Die meisten Menschen klagen heute über belastenden Stress. In der Tat haben sich in unserer heutigen Lebenswelt die Belastungsfaktoren stark verändert. Die immer vielfältigeren Anforderungen führen bei vielen Menschen zu einer Daueranspannung, die irgendwann nicht mehr die Leistung erhöht und guttut, sondern das Wohlbefinden stört und krank macht. Spätestens dann, wenn wir nicht mehr umschalten können und immer öfter aus dem Gleichgewicht geraten, ist es höchste Zeit, innezuhalten und wahrzunehmen, wie es uns geht und was wir brauchen. Oft braucht es gar nicht so viel, um uns Gutes zu tun. Denn wir wissen eigentlich ganz genau, dass einfache Gewohnheiten große Wirkungen haben. Das gilt in alle Richtungen.
Warum sorgen wir so wenig für Ausgleich?
Das Besondere an diesem Übungsbuch besteht darin, dass es nicht nur zu einfachen und später auch komplexeren Übungen anleitet, sondern auch deren Hintergründe auf dem aktuellen Wissensstand erklärt. Leser:innen werden in einfacher und plausibler Form in das Warum und Wozu der Übungen eingeführt.
Daraus ergeben sich unterschiedliche Zielgruppen von Personen, die von diesem Buch profitieren können:
Menschen, denen schon alles Mögliche angeboten wurde, die vielleicht sogar bereit waren, etwas zu tun, denen es aber nicht gelungen ist, etwas Gesundheitsförderndes regelmäßig in ihren Alltag zu integrieren.
Personen, die bereits etwas begonnen haben, denen es aber nicht möglich war, länger dabeizubleiben.
Personen, die bereits Erfahrungen mit Übungen haben, aber ihr Repertoire vertiefen und erweitern möchten.
Menschen, die die Hintergründe und Wirkprinzipien von Übungen besser verstehen wollen, um für sich und bestimmte Situationen und Zustände die jeweils passendsten Übungen auswählen zu können.
Menschen mit professionellem Hintergrund, die andere Menschen zu Übungen anleiten wollen und dafür eine Vielfalt von einfachen bis hin zu komplexen Anleitungen und deren Hintergründe nachlesen wollen. Dies betrifft sowohl Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen, die Entspannungsübungen durchführen, als auch Achtsamkeitslehrer:innen, die an einfachen Zugängen zu Achtsamkeit und Körperwahrnehmung interessiert sind.
Das Grundkonzept unseres Buches besteht darin, zu Übungen einzuladen und damit eine Vielfalt neuer und angenehmer Erfahrungen zu machen. Diese Erfahrungen werden in ein umfassenderes Konzept der Gesundheitsförderung eingeordnet, das wir »im Dreiklang zu innerer Balance« genannt haben. Achtsamkeit, Bewegung und Entspannung sind die drei Prinzipien, mit deren Hilfe Übungen flexibel und gezielt in unterschiedlichen Lebenssituationen und für unterschiedliche Ziele eingesetzt werden können.
Uns ist wichtig, dass das Konzept alltagstauglich ist. Schon die ursprüngliche Form des Autogenen Trainings berücksichtigte auf sehr kluge Weise, dass Menschen am Arbeitsplatz nicht viel Zeit für längere Pausen haben. Die damals übliche Übungszeit von zwei Minuten konnte in viele Arbeitsabläufe integriert werden. Mit der Weiterentwicklung der Methode wurden die Übungen immer länger und waren dadurch im Alltag oft nicht mehr so gut anzuwenden. Die beiden Autoren praktizieren und vermitteln im Gegensatz dazu seit Jahrzehnten besonders auch Kurzformen der Entspannung. Dementsprechend beginnt das Buch mit sehr kurzen Übungen, die in den späteren Kapiteln erweitert und vertieft werden.
Im ersten Kapitel geht es darum, ins konkrete, regelmäßige Handeln zu kommen. Dazu schlagen wir vor, eine von sieben ganz kurzen Basisübungen einfach mal probeweise mindestens drei Wochen lang regelmäßig durchzuführen. Die persönlichen Auswirkungen dieses Experiments können Sie direkt wahrnehmen und danach entscheiden, wie Sie weitermachen wollen.
Das zweite Kapitel stellt unser »Drei-Säulen-Modell der Entspannung« vor und zeigt, wie man mittels Aufmerksamkeitslenkung die Muskulatur, das vegetative Nervensystem und die mentale Ebene beeinflussen kann. »Innere Helfer« unterstützen bei der Auswahl der jeweils passenden Zugangswege, die Sie in entsprechenden Übungen kennenlernen.
Im dritten Kapitel des »Warum und Wozu« machen wir Sie – ausgehend von den Prinzipien der Achtsamkeit – mit den Hintergründen vertraut, wie Übungen wirken. Wir verstehen unter Achtsamkeit, ganz präsent wahrzunehmen und sich dabei zu erinnern, was hilft. Gemeinsam mit Bewegung und Entspannung bildet Achtsamkeit einen Dreiklang, der einen besseren Umgang mit belastendem Stress ermöglicht und das Gewinnen innerer Balance unterstützt. Wir verstehen unser Programm eingebettet in die größeren Zusammenhänge von Gesundheitsförderung, Wohlbefinden und Resilienz.
Es gibt inzwischen viel Wissen darüber, was Menschen zu Veränderungen in ihrem Leben motiviert und wie sie diese planen, umsetzen und beibehalten können. Dazu beschreiben wir im vierten Kapitel zehn Schritte. Indem Üben zur Gewohnheit wird, stellt sich mit der Zeit oft auf erstaunlich mühelose Weise ein bewussterer Lebensstil ein.
Das fünfte Kapitel zeigt Möglichkeiten im Umgang mit »Rückfällen« und wie Sie freundlich damit umgehen können, wenn Ihr Übungsprogramm für eine Weile in den Hintergrund geraten ist oder sogar vergessen wurde. Darüber hinaus weisen wir auf Faktoren hin, die – unser Programm ergänzend – für einen gesunden Lebensstil von Bedeutung sind: Umgebungsfaktoren, bewusste Ernährung, moderate und kluge Mediennutzung und erholsamer Schlaf.
Wenn Sie dieses Buch in der Hand halten, haben Sie verschiedene Möglichkeiten, damit zu arbeiten. Manche Menschen bevorzugen systematische Herangehensweisen. Sie lesen das Buch Schritt für Schritt und probieren eine Übung nach der anderen aus. Andere wiederum lesen Bücher quer und nehmen sich einzelne Teile heraus, die sie besonders ansprechen und interessieren. Wir haben dieses Buch so gestaltet, dass beides gut möglich ist. Sie können sich einfach Schritt für Schritt an die Vielfalt der Möglichkeiten herantasten oder aber, wenn Sie gerne einen Überblick haben, sich im vierten Kapitel mit dem Gesamtprogramm vertraut machen. Beim Lesen und Ausprobieren der Übungen wird es Ihre Aufgabe sein, die für Sie ganz persönlich richtige Dosis und das passende Timing zu finden.
Unterstützend stehen auch Audioaufnahmen und Videos von einem Großteil der Übungen zum Download bereit.
Wir wünschen Ihnen viel Freude, positive Erlebnisse und wertvolle Einsichten mit dem Dreiklang von Achtsamkeit, Bewegung und Entspannung.
Claus Derra und Michael E. Harrer
Berlin und Salzburg im Frühling 2025
Einige Icons werden Ihnen in diesem Buch immer wieder begegnen und Sie durch das Buch begleiten.
Innere Helfer, um zu erinnern, was heilsam ist und hilft
Übung, die wir als »Hanteltraining« für das Gehirn verstehen
Übung steht als Audiodatei zur Verfügung
Übung steht als Videodatei zur Verfügung
Download von Textdateien oder Zusatzmaterial
Ausgangspunkt:
Sie wollen oder müssen etwas in Ihrem Alltag verändern, damit es Ihnen besser geht.
Sie wollen Ihre Gesundheit und Lebensqualität fördern.
Sie wollen dazu etwas ausprobieren.
Sie sind neugierig und gespannt, was sich in drei Wochen mit erstaunlich wenig Aufwand verändern lässt.
Was Sie in diesem Abschnitt erwartet:
Sie lernen sieben »Basisübungen« kennen, von denen Sie für den Anfang die für Sie passende auswählen werden.
Diese Übungen lassen sich in maximal 15 Sekunden ausführen. Dadurch ist es leicht möglich, die Übung täglich 5 bis 10 mal durchzuführen und immer wieder in den Alltag einzubauen.
Sie werden verstehen, wozu die Übungen dienen.
Sie werden verstehen, warum Regelmäßigkeit und mehrmalige Wiederholungen pro Tag wichtig sind.
Bevor Sie mit den Übungen beginnen, möchten wir einige grundsätzliche Überlegungen mit Ihnen teilen.
Sie haben sicherlich schon viele Ratschläge bekommen und einiges ausprobiert, was Ihnen guttun könnte. Diese Erfahrungen können Sie als Grundlage für die Auswahl der Übungen nutzen.
Vielleicht wissen Sie schon, ob Ihnen eher Bewegung oder körperliche Ruhe leichter fällt oder vielleicht das eine nach dem anderen. Oft ist es hilfreich, zwischen Aktivität und Entspannung zu pendeln, um gut umschalten zu können. Diese Möglichkeit des Pendelns ist eine menschliche Grundfähigkeit. Sie ist Ausdruck von Gesundheit und fördert zugleich Gesundheit. Anspannung und Entspannung, Aktivität und Beruhigung finden auf drei Ebenen statt: Wir spannen die Muskeln an, anschließend lassen wir los, um sie wieder zu entspannen. Das vegetative Nervensystem dient dazu, den Körper auf Aktivität vorzubereiten oder auf Erholung umzuschalten. Das bemerken wir beispielsweise an unserer Atmung und unserem Herzschlag. Auf der mentalen Ebene bemerken wir, ob die Gedanken galoppieren und mit einem durchgehen, ob beruhigende Bilder entstehen oder es im Kopf ruhig wird. Diese Ebenen haben wir in einem Drei-Säulen-Modell zusammengefasst (Abb. 1).
Abb. 1 Drei-Säulen-Modell mit »Inneren Helfern«
Die drei Säulen stehen für die drei verschiedenen Möglichkeiten, das Pendeln zwischen Aktivierung und Entspannung zu gestalten. Indem die Säulen ein Dach tragen, entsteht der Raum, in dem sich unser Leben abspielt. Das Dach beherbergt in unserem Modell in seinem Querbalken das »Bemerken«, in dem Fall von Aktivierung und Entspannung. Im Dreieck finden sich die »inneren Helfer«. Als Icon für das Bemerken werden wir später den »inneren Beobachter« (s. Kap. 3.5) einführen. Seine Funktion ist die Basis für alles Weitere. Denn erst durch bewusstes Wahrnehmen und Bemerken bekommen körperliche Veränderungen, Gefühle und Gedanken, die uns durch den Kopf gehen, ihre Bedeutung. Wenn ich sie entweder als angenehm oder unangenehm erlebe, mich an ihnen erfreue oder darunter leide, verleiten sie zu Reaktionen, die uns glücklich oder unglücklich machen können. Wir führen an dieser Stelle das Dach unseres Drei-Säulen-Modells als Icon ein. Sie werden ihm immer wieder begegnen, wenn es um Wahrnehmen und Bemerken geht. Das tragende Rechteck steht für diese beobachtende Funktion, das Bemerken, z. B. von Aktivierung und Entspannung.
Vielleicht mögen Sie einmal kurz darüber nachdenken, mit welcher der drei Säulen Sie schon gute Erfahrungen gemacht haben. Liegt es Ihnen mehr, Aktivität und muskuläre Bewegung zu spüren, um sich zu entspannen? Lieben Sie vielleicht Atemübungen oder genießen Sie es, wohltuenden inneren Bildern nachzuhängen?
Diese Fragen richten sich an Ihre inneren Helfer in ihrer Kompetenz, sich zu erinnern. Sie wissen unter anderem aus früheren Erfahrungen, was Ihnen guttut. Davon ausgehend können sie Sie in jeder Situation daran erinnern, was helfen könnte. Im Icon steht das Oval im Dreieck für dieses Erinnern durch die inneren Helfer.
Um diese inneren Helfer nicht nur in ihren beiden Funktionen zu verstehen, sondern sie konkreter und greifbarer zu machen, kann man sie sich bildlich vorstellen. Man kann sie personifizieren und ihnen ganz persönliche Namen geben.
Übung zur Selbstreflexion
Was taucht bei Ihnen auf, wenn Sie sich Ihre inneren Helfer vorstellen? Ist es eher eine vertraute Person, ein Tier, ein Kuscheltier, ein abstraktes Symbol oder eine Farbe, die Sie umhüllt? In unserem Konzept sind sie zuständig für das Erinnern, was hilft, und dafür, das dann auch in Handlung umzusetzen.
Für die Fähigkeit des Wahrnehmens hat sich die Vorstellung eines »inneren Beobachters« bewährt. Wir haben in Kapitel 3.5 das Bild von Snoopy als wohlwollenden Beobachter dessen gewählt, was in Charley Brown vorgeht.
Die inneren Helfer mit ihren beiden Funktionen werden uns durch das Buch begleiten. Sie sind eng mit dem Konzept der Achtsamkeit verknüpft (s. Kap. 3.1).
Zurück zum Drei-Säulen-Modell und den Übungen. Die für den ersten Abschnitt ausgewählten Übungen beschränken sich auf die beiden linken Säulen der körperlichen Ebene. Wir schlagen eine aktivierende und eine beruhigende Atemübung vor, eine Übung der muskulären Anspannung und Entspannung und Übungen, die sich auf den Energiefluss im Körper auswirken.
Mit diesem Wissen sind Sie gut vorbereitet für die nächsten Schritte.
Sie schauen sich die Übungen an und lassen insbesondere die Abbildungen auf sich wirken.
Dann wählen Sie zwei oder drei aus, die Sie ansprechen und probieren jede Übung ein paar Mal aus.
Wählen Sie von diesen diejenige aus, die Ihnen besonders geeignet erscheint, sie regelmäßig auszuführen.
Woran können Sie bemerken, dass eine Übung für Sie geeignet ist?
Sie selbst sind der Maßstab. Die Übung sollte sich in irgendeiner Weise für Sie angenehm anfühlen.
Eignet sich die Übung, sie auf unauffällige Weise in den Fluss Ihres Alltags einzubeziehen?
Ist es möglich, die Übung über den Tag verteilt in verschiedenen Situationen durchzuführen, z. B. nicht nur zu Hause, sondern auch am Arbeitsplatz?
Hinweis zum Umgang mit den Übungen
Es gibt mindestens zwei Gruppen von Menschen. Die einen haben Freude daran, was sie tun, mit anderen zu teilen. Die anderen ziehen es vor, Dinge, die ihnen wichtig sind, zu schützen und anderen in ihrer Umgebung davon nicht allzu viel oder gar nichts zu erzählen. Manche genießen es besonders, Dinge zu tun, ohne dass es jemand anderer bemerkt. Haben Sie schon Erfahrungen damit gesammelt, zu welcher Gruppe Sie eher gehören?
Wir Menschen sind soziale Wesen. Alles, was wir tun, steht immer auch in Beziehung zu anderen Menschen. So hat auch jede Übung immer zwei Aspekte: Ob sie uns selbst guttut und wie sie sich auf andere Menschen auswirkt. Ihre inneren Helfer könnten Ihnen auch in Zukunft dabei helfen, auf die Auswirkungen Ihrer Übungen zu achten.
Die einfachste Einstiegsübung ist die bewusste aktivierende Atmung. Diese Übung bewirkt ein kurzes Innehalten im Alltag. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und schafft so einen Moment der Distanz zur aktuellen Tätigkeit oder Situation.
Die Übung kann grundsätzlich in jeder Körperhaltung durchgeführt werden, was eine häufige Anwendung im Alltag erleichtert. Es geht einfach darum, tief einzuatmen, wobei die Betonung auf dem Einatmen liegt. Dazu atmet man etwa drei bis vier Sekunden durch die Nase ein und hebt dabei den Kopf. Das Ausatmen durch Mund oder Nase wird nicht betont, sondern geschieht von selbst etwas langsamer.
Wenn Sie die Übung im Sitzen durchführen, achten Sie darauf, wie sich der Oberkörper beim Einatmen von selbst aufrichtet. Mit einem zweiten Atemzug, bei dem die Einatmung etwas weniger betont wird, können Sie die Übung ausklingen lassen.
Wenn es sich gut anfühlt, spricht nichts dagegen, die Übung mit einigen weiteren Atemzügen fortzusetzen. Für den Anfang würden aber durchaus zwei Atemzüge ausreichen.
Abb. 2 Aktivierendes Atmen
Das Prinzip ist in der Abbildung 2 dargestellt.
Die erstaunliche Wirksamkeit dieser einfachen zwei Atemzüge wurde 2023 in einer Studie der Stanford University in den USA an einer ganz ähnlichen Übung belegt (siehe Kap. 3.8.2). Im Vergleich zu drei anderen, komplexeren Atemübungen waren die einfachen Atemzüge sogar die wirksamste Form, um die vegetative Balance und die Stimmung der Versuchspersonen positiv zu beeinflussen.
Wie die erste wirkt auch die zweite Übung über die Atmung. Im Gegensatz zur ersten Übung steht hier die Beruhigung im Vordergrund. Auch sie lenkt die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper und schafft damit Distanz etwa zu belastenden Gedanken..
Es empfiehlt sich, diese Atemübung im Sitzen durchzuführen. Dazu stellen Sie beide Füße auf den Boden und spüren Sie den Kontakt mit dem Boden.
Hier geht es darum, tief einzuatmen, wobei die Betonung auf dem Ausatmen liegt. Um die Ausatmung etwas zu verlangsamen, empfiehlt es sich, durch den Mund auszuatmen. Dabei wird der Mund nur leicht geöffnet, sodass der Atemstrom auf einen geringen Widerstand stößt, wie beim Ausblasen einer Kerze. Dadurch dauert die Ausatmung durch den Mund mindestens doppelt so lange wie die Einatmung, wie die nebenstehende Abbildung 3 zeigt.
Um die beruhigende Wirkung der Ausatmung zu verstärken, kann man dabei auch den Oberkörper leicht nach vorne beugen und die Anspannung loslassen.
Wenn es sich gut anfühlt, spricht nichts dagegen, die Übung noch einige Atemzüge fortzusetzen. Für den Anfang würden aber durchaus zwei Atemzüge ausreichen.
Abb. 3 Beruhigendes Atmen
Vielleicht bemerken Sie, dass schon diese einfache Übung mit zwei Atemzügen, bei der Sie innehalten und die jeweils laufende Aktivität unterbrechen, eine positive Wirkung haben kann. Oft fällt damit die Ursache der Anspannung zumindest für zwei Atemzüge einfach weg.
Bevor sich entsprechende Konditionierungseffekte (s. Kap. 1.6) einstellen, kann es oft auch länger dauern, bis die beruhigende Wirkung spürbar wird. Deshalb haben wir in Kapitel 2.5.2 eine ausführlichere Übung »Das verlängerte beruhigende Atmen« vorgestellt.
Wir nutzen das »Händereiben« zu einer ganz einfachen, aktivierenden Übung. Es hilft, die Aufmerksamkeit auf den Körper zu lenken und damit umzuschalten und sich von der momentanen Tätigkeit oder einer Stress-Situation zu distanzieren.
Das Händereiben wird im Sitzen oder Stehen durchgeführt. Sie beugen die Unterarme und legen die Handflächen vor dem Bauch oder dem Oberkörper aneinander (Abb. 4). Spüren Sie den Kontakt der beiden Hände miteinander? Spüren Sie die Temperatur, vielleicht sogar schon etwas Wärme? Dann beginnen Sie, die Hände sanft aneinander zu reiben, die Handflächen und die Fingerspitzen. Dadurch entsteht ein Rhythmus. Intensiveres und schnelleres Reiben der Hände lässt Wärme entstehen. Vielleicht spüren Sie, wie Ihre Aufmerksamkeit mit dem Reiben mehr und mehr in den Händen ankommt. Ist es Ihnen möglich, zu spüren, wie sich Wärme entwickelt? Mit warmen Händen verbinden wir üblicherweise Entspannung.
Spüren Sie, wie lange Ihnen diese Bewegung guttut und wann Sie dann lieber die Ruhe, den Kontakt und die Wärme in den Händen spüren möchten. Sie können die Übung gut für sich abschließen, indem Sie im Sitzen die Hände auf die Oberschenkel legen und dort ruhen lassen. Im Stehen können Sie sie flach auf den Bauch legen und die Berührung und die Wärme spüren.
Abb. 4 Händereiben
Im Körper gibt es verschiedene Punkte, deren Stimulierung sich auf den Energiefluss in unserem Organismus auswirkt. Dies entspricht dem Erfahrungswissen der Traditionellen Chinesischen Medizin. Vier dieser Punkte liegen auf einer Linie am Zeigefinger. Die Übung besteht nun darin, den vierten Punkt (D4) zu aktivieren.
Wie die nebenstehende Abbildung (Abb. 5) zeigt, liegt dieser Aktivierungspunkt im Muskel zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand. Er wird mit dem Daumen der linken Hand massiert, wobei der linke Zeigefinger von unten dagegenhält.
Dieser Punkt kann durch kreisende, kräftige Druckbewegungen mit dem linken Daumen gefunden werden. Sie haben ihn gefunden, wenn Sie bei starkem Druck in der Tiefe des Muskels einen leichten Schmerz verspüren. Die eigentliche Druckmassage erfolgt in weiteren 10 bis 15 kreisenden Bewegungen.
Durch den kräftigen Druck und den eventuell damit verbundenen leichten Schmerz wird die Aufmerksamkeit auf den Körper gelenkt und die Körperwahrnehmung intensiviert. Dadurch wird es wieder leichter, andere Dinge in den Hintergrund rücken zu lassen.
Die chinesische Medizin geht davon aus, dass der Druck Energieblockaden löst und den Energiefluss anregt. Durch die bessere Balance der Energien im Körper kann sich auch die geistige Leistungsfähigkeit z. B. die Konzentrationsfähigkeit erhöhen.
Abb. 5 Der Aktivierungspunkt (D4)
Das Fingeryoga stammt aus indischen Heiltraditionen. Dabei werden bestimmte Hand- bzw. Fingerhaltungen in unterschiedlicher Intensität eingesetzt. Diese sog. »Mudras« stimulieren die Energiebahnen, die sich wie ein Netz durch den ganzen Körper ziehen und ihre Anfangs- und Endpunkte im Bereich der Hände haben.
Im Gegensatz zu den statischen Handhaltungen in der Meditation besteht die Basisübung des dynamischen Fingeryoga darin, den Daumen nacheinander mit den einzelnen Fingerspitzen zu berühren. Richten Sie zunächst Ihren Blick auf die Handfläche der rechten Hand. Dann bewegen Sie den Zeigefinger und den Daumen aufeinander zu, bis Sie den Kontakt der beiden Fingerkuppen gut spüren (Abb. 6).
Dann lösen Sie den Kontakt und machen die gleiche Bewegung mit dem Mittelfinger, dem Ringfinger und dem kleinen Finger. Nach diesem ersten Durchgang erfolgt die Berührung der Fingerkuppen in der umgekehrten Reihenfolge:
Nach dem kleinen Finger folgen der Ringfinger, der Mittelfinger und der Zeigefinger. Durch mehrmaliges Wiederholen dieses gesamten Ablaufs finden Sie Ihren persönlichen Rhythmus.