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Rund ein Drittel der Deutschen leiden unter Schlafstörungen. Die Ursachen dafür sind vielfältig: falsche Schlafgewohnheiten, Alkohol, Stress oder ein gestörter Biorhythmus. Als besonders vielversprechender Lösungsansatz zeigen sich hier Achtsamkeitsübungen. Denn durch die entsprechende Tagesgestaltung kann der Schlaf sehr wirksam vorbereitet werden. Neben zahlreichen praktischen Tipps und Achtsamkeitsübungen erfährt der Leser auch etwas über die Grundlagen des Schlafens und über mögliche Krankheitsbilder. Die beiden Autoren beziehen zudem die neuesten Erkenntnisse aus der Stressforschung und der Psychoimmunologie mit ein. Ein Kapitel über Sexualität rundet das Thema ab. Dieses Buch richtet sich an - Betroffene und Angehörige - PsychologInnen und ÄrztInnen - Andere soziale Berufe: LehrerInnen, ErzieherInnen
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Seitenzahl: 155
Veröffentlichungsjahr: 2019
Claus Derra
Corinna Schilling
Achtsamkeit und gestörter Schlaf
Stress abbauen, inneres Gleichgewicht und Lebenszufriedenheit finden
Buch und Hör-CD mit Musik von Tim Gössler
Mit Zusatzmaterial zum Download
Klett-Cotta
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Klett-Cotta
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© 2019 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Cover: Bettina Herrmann, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von © Artenauta, Adobe Stock
Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell
Printausgabe: ISBN 978-3-608-96387-8
E-Book: ISBN 978-3-608-11558-1
PDF-E-Book: ISBN 978-3-608-20411-7
Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Warum Sie dieses Buch neben Ihr Bett legen sollten
1 Achtsamkeit und Schlaf – ein Widerspruch?
Was ist Achtsamkeit?
Klara und ihr Abendhimmel
Michael O. und der Schlaf
Thomas M. und der Stress
Akuter und chronischer Stress
Strategien der Stressbewältigung
Monika S. und die Achtsamkeit
2 Warum wir schlafen, wozu wir Schlaf brauchen
Schlafrhythmus, Schlafbedarf, Schlaftypen (Eulen, Lerchen)
Psychologische Zusammenhänge
Konditionierung über Rituale
Schlaf in früherer Zeit und in anderen Kulturen
Salutogenese und Gesundheitsfaktoren
Das Bio-Psycho-Soziale Gesundheitsmodell: Was hält uns gesund?
3 Grundlagen des Schlafes – Was passiert, wenn wir schlafen?
Physiologie – wie wirkt Schlaf?
Schlaf und der Stoffwechsel
Schlaf und der Bewegungsapparat
Schlaf und das Gehirn
Schlaf und die Schönheit
Rhythmen und Schlafkurven
Diagnostik, Schlaftagebuch
Psychoneuroimmunologie, Stress, Burnout
4 Akute und chronische Schlafstörungen
Schlafstörer sind wir selbst
Jannik P. (16 Jahre) und die Parasomnien
Schlafapnoe
Schlafstörungen durch Schichtarbeit
Suchterkrankungen und Schlaf
5 So hilft Achtsamkeit beim Einschlafen
Achtsamkeit und Schlaf
Äußere Schlafbedingungen
Den Tag abschließen
Tagebuch Gutes Leben
CD
– Kleine Schlafhelfer (Track 2 und 3)
Übungen für die Bettkante (Track 4 und 5)
Track 4: Sanfte Achtsamkeit durch
SURE
– um das Zentrum des Schlafes schwingen
Track 5: Mit dem Rhythmus herunterfahren und zur Ruhe kommen
Rituale zum Einschlafen und Durchschlafen (Track 6 bis 10)
Körperliche und seelische Entspannung – was ist zu beachten?
Autosuggestion und formelhafte Vorsätze zum Ein- und Durchschlafen
6 Was hilft zum Durchschlafen?
Die Schlafwaage
Psychotherapie (Verhaltenstherapie
CBT-I
)
Durchschlafen und Medikamente
Achtsamkeit und Meditation
Das nächtliche Erwachen – Aufstehen oder im Bett bleiben
Autosuggestion und Selbsthypnose
7 Schlaf und Partnerschaft
Ist das Bett wirklich nur zum Schlafen da?
Das Einschlafgespräch
Sexualität und Achtsamkeit
Eulensex und Lerchensex
Gemeinsam im Schlafzimmer oder getrennt?
Das Schnarchen des Partners
Was tun bei Problemen?
Anhang
Hinweise zum Online-Material
Dieses Online Material können Sie herunterladen
Erklärung der verwendeten Symbole
Kleine Schlafhelfer – Inhalt der
CD
Hinweise zur Benutzung dieser
CD
Zur Literatur für Interessierte und Betroffene
Literaturverzeichnis zum Buch
Achtsamkeit und Schlaf, das wirkt zunächst wie ein Widerspruch. Insbesondere der im Buchtitel genannte »gestörte« Schlaf. Wenn zwei solch gegensätzliche Begriffe miteinander in Verbindung gebracht werden, löst das bei uns eine gewisse Spannung aus – vielleicht auch Interesse und Neugier.
Dabei könnte man schnell zu der Einschätzung kommen: Beides geht nicht gleichzeitig. Entweder Schlaf oder Achtsamkeit. Schlaf verbinden wir üblicherweise mit »abschalten« und verändertem Bewusstsein. Gestörten Schlaf beziehen wir auf nächtliches Wachsein und fehlende Erholung. Achtsamkeit dagegen bedeutet, wach und aufmerksam zu sein und sich etwas besonders bewusst zu machen. Der Buchtitel könnte daher vielleicht präziser lauten »Kann Achtsamkeit bei gestörtem Schlaf helfen?«
Eine aktuelle Umfrage sagt: »Die Deutschen sind zwar mit ihrem Schlaf zufrieden, es gibt aber auch deutliche Anzeichen für einen erheblichen Schlafmangel. 34 Prozent der Befragten haben regelmäßig den Wunsch, mehr zu schlafen, von den Managern sind es sogar 49 Prozent. 30 Prozent der Deutschen nicken tagsüber oft oder gelegentlich ein. Das sind Signale der Übermüdung. Nur 19 Prozent sagen von sich, dass sie morgens topfit aus dem Bett hüpfen. Dagegen klagen 31 Prozent über erhebliche Anlaufschwierigkeiten. Für 28 Prozent der Deutschen ist Stress während der Arbeit der Hauptgrund für ihren schlechten Schlaf.« (Beurer 2017)
Dieses Buch greift den Zusammenhang zwischen Tagesablauf und Nachtschlaf auf. Der Grundgedanke dabei ist, wie wir Achtsamkeit und Schlaf in eine gute Kombination, in einen guten Wechselrhythmus bringen können. So wie wir den Tag gestalten, so wird der Schlaf vorbereitet. Wir haben dazu viele kleine Achtsamkeitsübungen und eine Art Bilanzierung entwickelt: Guter Tag – gute Nacht.
Erholsamer Schlaf ist nicht so sehr das momentane Funktionieren, sondern vielmehr eine längerfristige Entwicklung. Phasen schlechteren Schlafes stören dann nicht mehr, sie werden in den Rhythmus des Lebens integriert.
Wie in unserem Buch über Achtsamkeit und Schmerz lassen wir hier Menschen zu Wort kommen, die unter Schlafstörungen leiden, aber auch solche, die gut mit ihrem Schlaf zurechtkommen oder ihre Schlafstörungen überwunden haben.
Wir möchten Sie dadurch motivieren, eigene Strategien der Achtsamkeit zu entwickeln und sie einfach und positiv in den Alltag und in Ihren Lebensstil zu integrieren.
Wir haben im Laufe der Zeit festgestellt, dass folgende Kriterien für eine Änderung des Lebensstils wichtig sind:
Die tägliche Anwendung
(Wiederholung erhöht die Wirksamkeit),
Das unmittelbare Erleben der Wirkung
(nur was wirkt, wird verinnerlicht),
Kurze Momente, die wenig Zeit beanspruchen
(manchmal nur 10 Sekunden)
Achtsamkeit sollte etwas Besonderes sein
(Unterbrechung der Alltagsroutine)
und Spaß machen
(durch Freude und Humor lernen wir intensiver).
In der Praxis hat es sich als besonders günstig erwiesen, mit wenigen und einfachen Strategien zu beginnen, z. B. mit einer einfachen Bewegungsübung, die gut zur Einschlafvorbereitung wirkt, aber auch mehrfach am Tag durchgeführt werden kann (z. B. CD Track 2, der Schrankenwärter).
Das Buch ist in seinen sieben Kapiteln so gestaltet, dass Sie jederzeit irgendwo anfangen können zu lesen. Sie werden überall Wissenswertes und Praktisches zum Schlaf finden.
Neben Abschnitten zu den Grundlagen des Schlafes (kulturell, physiologisch, psychologisch, sozial), zur Stressforschung und zu möglichen Krankheitsbildern finden Sie Überlegungen zum besseren Ein- und Durchschlafen. Auch das Kapitel über Schlaf, Partnerschaft und Sexualität ist weniger wissenschaftlich als praxisorientiert.
Um der Gendervielfalt gerecht zu werden, haben wir * zur Kennzeichnung benutzt und schließen damit Frauen, Männer und sogenannte diverse Menschen ein.
Die beiliegende CD »Kleine Schlafhelfer« erleichtert das konkrete Üben. Wir sind dabei besonders dankbar für die Zusammenarbeit mit dem Komponisten und Sounddesigner Tim Gössler. Wir haben ihm verschiedene Bilder von gutem Schlaf gegeben, die er sehr einfühlsam in Improvisationen und Kompositionen umgesetzt hat.
Wir danken Herrn Dr. Heinz Beyer und Frau Anja Krämer vom Verlag Klett-Cotta, sowie Frau Bettina Bertók, der Toningenieurin. Ein besonderer Dank gilt auch unserer Lektorin Frau Rosel Müller für die engagierte Durchsicht dieses Buches.
Ebenso danken wir den vielen Schlafforschern, die die wissenschaftliche Grundlage für unser Praxis-Buch gelegt haben.
Insbesondere aber sagen wir unseren vielen Patienten Dank, die uns immer wieder herausgefordert haben, uns weiterzuentwickeln.
Claus Derra
Bad Mergentheim
Corinna Schilling
Berlin
Im Mai 2019
Was, wenn du schliefest? Und was, wenn du, in deinem Schlafe, träumtest? Und was, wenn du in deinem Traume, zum Himmel stiegest und dort eine seltsame und wunderschöne Blume pflücktest? Und was, wenn du, nachdem du erwachtest, die Blume in deiner Hand hieltest? Ah . . . was dann?
Samuel Taylor Coleridge (1772 – 1834), englischer Lyriker und Literaturkritiker
Was, wenn du schliefest . . . Die Menschheit hat sich immer schon Gedanken über das rätselhafte Phänomen des Schlafes gemacht. Dabei scheint gerade die Grenze zwischen Wachsein und Schlaf, zwischen Bewusstsein und Unbewusstem, zwischen Realität und Traum unsere Vorstellungen besonders zu faszinieren. Dass genügend Schlaf zum guten Leben gehört, ist jedem Menschen klar. Besonders die Frage, wie wir die Grenze zwischen Wachsein und Schlaf gestalten können, beschäftigt uns. Sie kennen bestimmt das Sprichwort: Der Schlaf ist wie eine Taube, wenn man danach greift, fliegt sie weg.
Wir empfehlen Ihnen, dieses Buch griffbereit neben Ihr Bett zu legen. Denn wir fänden es sehr schön, wenn Sie damit vor dem Einschlafen, beim nächtlichen Erwachen und auch morgens beim Aufwachen symbolisch die Erfahrung der wunderschönen Blume machen können.
Es sind die kleinen Dinge, die den Schlaf fördern. So, wie auch die Achtsamkeit mit kleinen Dingen beginnt: mit einer Aufmerksamkeit für den gegenwärtigen Moment, ohne ihn zu bewerten. Bildhaft lässt sich dies so darstellen:
Abbildung 1.1 Achtsamkeit im Moment
Die Gegenwart, ein achtsamer Moment, umfasst in der Regel eine Zeitspanne von 3 bis 5 Sekunden. In der Abbildung 1.1 ist dieser Moment mit dem Abstand zwischen zwei Pfeilen dargestellt. Davor ist die Vergangenheit, danach schon die Zukunft. In dieser Zeit sind wir nur mit diesem Moment beschäftigt, danach kommt der nächste Moment.
Am Beispiel der Atmung lässt sich dies gut verdeutlichen. Wir beobachten unsere Atmung, jeweils den momentanen Atemzug, die Ein- und Ausatmung und die Pausen dazwischen. Danach kommt der nächste Atemzug, den wir beobachten, ohne ihn zu bewerten. Das ist das Grundprinzip der Achtsamkeit.
Abbildung 1.2 Achtsamkeit von Atemzug zu Atemzug
Wenn man Achtsamkeit praktiziert, stellt man fest, dass sich Gedanken, innere Vorstellungen, Körpersignale oder Gefühle melden und wir von dem gegenwärtigen Moment abgelenkt werden, wie in Abbildung 1.3 gezeigt.
Abb. 1.3 Achtsamkeit und »störende« Gedanken
Achtsamkeit beinhaltet hier, all dies wahrzunehmen, es nicht als Störung zu bewerten und immer wieder zur Beobachtung der Atmung zurückzukehren.
Wenn wir diese einzelnen Momente wie zu einem Fluss zusammenfügen, entsteht das eigentliche Wirkelement der Achtsamkeit – die Meditation.
Gerade wenn wir mit Achtsamkeitsübungen beginnen, stellen wir fest, dass Gedanken, Gefühle und Körpersensationen stark stören können: Sie ziehen die Aufmerksamkeit von der Beobachtung der Atmung weg, und es gehört zum normalen Ablauf, dass wir immer wieder damit beschäftigt sind, die Aufmerksamkeit zurück auf die Atmung zu lenken.
Genauso geht es vielen Menschen beim Einschlafen. Sie liegen abends im Bett, der Raum ist dunkel und ruhig, sie nehmen jedoch verstärkt ihre Gedanken, Gefühle oder Körpersignale wahr. Negative Gedanken und Gefühle bzw. beunruhigende Körpersignale tauchen auf, verstärken sich und verhindern nun die Ruhe und das sanfte »in den Schlaf gleiten«.
Wenn Achtsamkeit längere Zeit praktiziert wird, stellt sich ein veränderter Bewusstseinszustand ein, der entspannten Wach- und leichten Schlafphasen ähnlich ist. Obwohl die Achtsamkeitspraxis nicht das Einschlafen zum Ziel hat, kann sie auf den Schlaf vorbereiten und physiologisch in den Schlaf hineinführen. Mehr Anwendungsbeispiele dazu finden Sie in den Kapiteln 5 und 6.
Der Achtsamkeitslehrer und Buchautor Michael Harrer verwendet zur Erklärung der Achtsamkeit das Modell einer Sanduhr. Zu Beginn einer Achtsamkeitsübung nehmen wir zunächst die weit offene Aufmerksamkeit nach außen und innen wahr, symbolisiert durch den weiten oberen Teil der Sanduhr. Es folgt eine bewusste Fokussierung, z. B. auf die Atmung, in der Sanduhr entspricht dies dem schlanken mittleren Teil. Am Schluss wird die Aufmerksamkeit wieder auf das im Moment Wesentliche geweitet. Die Übung kann im Alltag in drei Minuten durchgeführt werden, individuell aber auch kürzer oder länger dauern. Wir verwenden das Symbol der Sanduhr in diesem Buch für Informationen und Übungen zur Achtsamkeit.
Legen Sie dieses Buch griffbereit neben Ihr Bett, es wird Sie immer wieder an die Achtsamkeit erinnern. Wenn Sie es in die Hand nehmen, wird es wie selbstverständlich zu einer Schlafhilfe. Wir haben ein griffiges viereckiges Format mit Hardcover gewählt. Dadurch lässt es sich auch im Liegen leicht lesen. Die Seiten in etwas dickerem Papier lassen sich gut blättern. Der Umschlag ist in einem tiefen, für die meisten Menschen beruhigenden Blau der Nacht gehalten. Im Gegensatz zum hellen Blau von LEDs und elektronischen Medien fördert das dunkle Blau die Nachtruhe.
Zu dem Bild mit dem Mond und den Sternen hat uns die 12-jährige Klara angeregt. Ihr Vater hatte ihr, als sie zwei Jahre alt war, einige Leuchtsterne und genau so eine Mondsichel wie in Abbildung 1.4 an die Zimmerdecke über ihrem Bett geklebt. Untertags waren die Sterne kaum sichtbar, nachts aber strahlten sie nach dem Ausschalten der Zimmerlampe in einem gemischten Farbton von gelb und grün, den Klara nach einiger Zeit sehr gern hatte. Sobald die Eltern nach dem Gute-Nacht-sagen, einer Geschichte oder einem Schlaflied den Raum verließen und das Licht gelöscht hatten, war Klara mit ihrem Bär Umi und den Sternen allein. Die Anordnung der unterschiedlich großen Sterne an der Zimmerdecke wirkte dreidimensional wie ein Weltraum. Das Schauen in die Ferne nahm Klara viele Monate lang die Angst vor dem Alleinsein, und sie erlebte mit Umi ganz eigene Einschlafgeschichten. Achten Sie in der Abbildung 1.4 genau auf den Mond. Es ist die Sichel des zunehmenden Mondes, der am Abendhimmel erscheint. Schon immer hat die Menschheit den Mond dieser Phase mit dem Ende des Tages und dem Beginn der Nacht verbunden. Dieser Mond begleitet uns in den Schlaf, zumal der Mann im Mond mit seiner Laterne wunderbar Platz auf seiner Sichel findet. Das Bild des Vollmondes verbinden viele Menschen mit schlechtem Schlaf. Der abnehmende Mond gehört in die zweite Nachthälfte und begleitet den Schlaf. Der Neumond kann als Bild nicht schlaffördernd wirken, weil er nicht sichtbar ist.
Abbildung 1.4 Klaras Einschlafhimmel
Als Klara älter war, wurde der Einschlafhimmel für sie zu einem Signal für den Abschluss des Tages und zum Einschlafen. Auch wenn die Leuchtkraft der Sterne im Laufe der Zeit nachließ, hatte der Blick auf den Himmel über dem Bett sofort eine beruhigende Wirkung. Klara fühlte sich geborgen und spürte eine körperliche Entspannung. Dieses Phänomen nennt man Konditionierung (Signallernen). Gerade das Einschlafen wird bei vielen Menschen durch solche Konditionierungsprozesse gesteuert.
Konditionierung bedeutet, dass unser Organismus lernt, automatisch auf bestimmte Signalreize zu reagieren. Entdeckt wurde das Phänomen vor über hundert Jahren von dem russischen Forscher Iwan Pawlow. Er stellte fest, dass die Hunde in seinem Versuchslabor nicht nur bei der Fütterung mit verstärktem Speichelfluss reagierten, sondern auch, wenn nur die Glocke beim Öffnen der Tür ertönte. Der Speichelreflex war nicht mehr ausschließlich an das Futter gekoppelt, sondern hatte sich automatisch mit dem Glockensignal »jetzt kommt gleich die Fütterung« verbunden. Es mag für uns Menschen nicht sehr schmeichelhaft sein, dass unsere Körperabläufe – also auch unser Schlaf – nach den gleichen Prinzipien wie der Speichelreflex bei den Hunden funktioniert, es ist aber so. Die Signale und auch die »Reflex«-Reaktionen können jedoch wesentlich komplexer sein und nicht nur von außen, sondern auch von innen kommen.
Wenn Sie dieses Buch in die Hand nehmen, werden Sie bei jedem Lesen Neues entdecken. Dies wahrzunehmen, auszuprobieren und längerfristig anzuwenden, ist eine besondere Form der Achtsamkeit.
Auch die Menschen in unseren Beispielen, Herr O., Herr M. und Frau S., konnten als Kinder gut schlafen. In ihrem weiteren Lebensweg sind jedoch Veränderungen eingetreten, die nachhaltige Folgen hatten.
Herr O. (37 Jahre) berichtet, dass er nur 4 – 5 Stunden Schlaf pro Nacht bekomme. Dies sei zu wenig, und er sei chronisch müde und unausgeschlafen. Seine Lebensqualität bessere sich nur im Urlaub, wenn er seinen Schlaf-Wach-Rhythmus, der einer Eule gleiche, ausleben könne.
Definition der Schlafstörung
Eine Schlafstörung ist gekennzeichnet durch Probleme beim Einschlafen (länger als 30 Minuten Einschlafdauer) und/oder Durchschlafen (länger als 30 Minuten wach), durch Früherwachen, geringe oder übermäßige Schlafdauer, Tagesmüdigkeit und/oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit am Tag. Die Schlafstörungen treten mindestens dreimal pro Woche über einen Zeitraum von einem Monat (akute Schlafstörung) oder mindestens drei Monaten (chronische Schlafstörung) auf (in Anlehnung an die Leitlinie »Nichterholsamer Schlaf 2017«).
Herr O. berichtet, er gehe immer gegen 23 Uhr ins Bett, da die meisten Menschen um diese Zeit ins Bett gingen. Bekanntlich sei der Schlaf vor Mitternacht besonders gut, und diesen guten Schlaf wolle er auf jeden Fall ausnutzen. Er müsse morgens um 6 Uhr aufstehen, da er um 8 Uhr anfange zu arbeiten. Leider schlafe er um 23 Uhr meist nicht ein, sondern drehe sich ständig im Bett hin und her und ärgere sich darüber, dass er nicht in den Schlaf finde. Er stehe dann oft wieder auf, setze sich an seinen Laptop, schaue Filme oder spiele und schlafe meist nicht vor 1 oder 2 Uhr ein. Wenn der Wecker dann um 6 Uhr klingle, sei er extrem unausgeschlafen und müde.
Bei Herrn O. liegt eine chronische Einschlafstörung vor. Möglicherweise ist seine Leistungsfähigkeit am Tag eingeschränkt. Es wird deutlich, dass Herr O. eine feste Vorstellung von dem gewünschten Schlaf hat. Das Einschlafen muss um 23 Uhr erfolgen, bis 6 Uhr darf der Schlaf dauern. Viele Menschen haben falsche Erwartungen an ihren Schlaf. Hier sind Aufklärung und Informationen über gesunden Schlaf und schlafförderndes Verhalten oft schon so hilfreich, dass sich die Menschen mit dem neuen Wissen gut selbst helfen können.
Manche Menschen haben jedoch sehr starre Vorstellungen und zeigen keine Bereitschaft, ihre Überzeugung zu korrigieren. Hier fehlen Offenheit und Neugier, Neues auszuprobieren und Veränderungen zuzulassen. Dies kann dazu führen, dass eine Verbesserung des Schlafmusters so nicht zu erreichen ist.
Meist schlafe er, wenn er von der Arbeit komme, für ein oder zwei Stunden (gegen 17 – 18 Uhr), weil er so müde sei, dass er sich kaum auf den Beinen halten könne. Nach dem Abendschlaf sei er sehr unausgeglichen und voller Ärger, weil er eigentlich Sport treiben sollte um diese Uhrzeit. Seine Freunde hätten ihm dazu geraten, immer um die gleiche Zeit ins Bett zu gehen, um wieder einen Rhythmus herzustellen. Auch solle er sich viel bewegen, um körperlich müde zu werden. Trotz vieler Versuche sei aber diese Strategie gescheitert und er sei ratlos, wie er mehr Schlaf finden könne.
Die Wochenenden retten ihn und seinen Schlaf, da er am Wochenende lange schlafe (10 – 12 Stunden), häufig bis mittags oder nachmittags und entsprechend spät ins Bett gehe.
Im Studium habe er meist morgens ausgeschlafen und daher auch nachts spät ins Bett gehen können. Dies sei kein Problem gewesen. Sein Beruf fordere feste Arbeitszeiten, er könne sich dem geforderten Rhythmus mit seinem Schlaf nicht wirklich anpassen.
Es wird deutlich, dass Herr O. nicht nur unter einer Einschlafstörung leidet, sondern auch ein Rhythmusproblem vorliegt. Eigentlich ist er ein Eulentyp, doch für seinen Beruf soll er schon um 6 Uhr früh aufstehen. Den Rhythmus umzustellen funktioniert nicht, weil er um 23 Uhr nicht müde ist. Er schläft um 18 Uhr für 1 – 2 Stunden, so dass der sogenannte Schlafdruck