AD ASTRA 004 Buchausgabe: KATASTROPHENWELT - Bernd Teuber - E-Book

AD ASTRA 004 Buchausgabe: KATASTROPHENWELT E-Book

Bernd Teuber

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AD ASTRA 004 Buchausgabe: KATASTROPHENWELT  - Von Bernd Teuber (mit Marten Munsonius): "CORRIGAN - Die verlorenen Jahre!"   "Die Serie beginnt!", hieß es noch enthusiastisch in der Romanheftreihe AD ASTRA, in Band 111, aber dann kam es anders: Außer dem ersten, eben als AD ASTRA 111 erschienen Band wurde leider nur noch ein Band zwei geschrieben. Daher reichen wir diesen hier gemeinsam mit dem damaligen Original nach! Natürlich ist hiermit das gesamte Buch in sich abgeschlossen!   Nun erfahren nicht nur die Fans der Serie, wie denn eigentlich die ganze Vorgeschichte der gleichnamigen Serie bei "mg" ablief.   Und wir dürfen versprechen: Zieht euch warm an! Denn das ist nicht nur faszinierende Science Fiction, sondern hier geht es ordentlich "zur Sache". Denn die Wahrheit verlangt es, dass wir sie schonungslos und offen darlegen…    AD ASTRA - die Rückkehr der Science Fiction! Die alternative SF-Reihe, absolut neu, aber in der Tradition ansonsten längst vergangener Möglichkeiten: Die einmalige Chance, der "reinen deutschen SF" wieder entscheidend auf die Sprünge zu helfen - im Buchformat einerseits und als eBook im bewährten Format andererseits!   Impressum: ISSN 1614-3280 Copyright neu 2016 by HARY-PRODUCTION * Canadastraße 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332 48 11 50 * HaryPro.de * eMail: [email protected] * Sämtliche Rechte vorbehalten! * Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von HARY-PRODUCTION!   Redaktion und Lektorat dieser Ausgabe: Marten Munsonius Titelbild: Rainer Schorm Coverhintergrund/Logo: Anistasius  

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Bernd Teuber

AD ASTRA 004 Buchausgabe: KATASTROPHENWELT

„CORRIGAN - Die verlorenen Jahre!“

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

AD ASTRA 004 Buchformat

 

Bernd Teuber

(mit Marten Munsonius)

 

1CORRIGAN

-Die verlorenen Jahre-

Katastrophenwelt

 

AD ASTRA Buch 004

ISSN 1614-3280

Copyright 2010 by HARY-PRODUCTION

Canadastraße 30 * 66482 Zweibrücken

Fon: 06332-481150 * Fax: 01805 060 343 768 39

www.HaryPro.de

eMail: [email protected]

Sämtliche Rechte vorbehalten!

Nachdruck nur mit schriftlicher Genehmigung von

HARY-PRODUCTION!

 

Redaktion und Lektorat dieser Ausgabe:

Marten Munsonius

 

Coverhintergrund und Logo: Anistasius

Titelbild: Rainer Schorm

 

 

1

In wenigen Minuten war es soweit. Dann nahm der Höllentanz seinen Anfang. Lieutenant Ben Corrigans Hand ruhte auf dem Steuerknüppel seiner A-10 Thunderbold II. Als Kampfpilot der US-Air Force war er es gewohnt, dem Tod ins Gesicht zu sehen, trotzdem überkam ihn zuweilen die Gewissheit, das er diesen Einsatz nicht überleben würde. Der Job glich jedes Mal einem Himmelfahrtskommando. Jeder der Piloten war sich darüber im klaren. Aber sie durften nicht versagen. Zuviel hing davon ab, das sie ihren Auftrag erfolgreich ausführten. Die Gedanken an den Tod waren quälend, und sie verursachten seltsame Gefühle der Beklommenheit in der Magengrube des jungen Mannes. Allerdings waren sie nicht allein die Ursache dafür. Es gab da noch andere Dinge, die einem jede Minute vor dem Beginn eines Angriffs zur Qual machten: das Aufsteigen in die Einsatzhöhe, das Vibrieren der Nerven, der stetige Kampf mit jenem Bohren im Inneren, dessen Quellen man am besten gar nicht zu ergründen versuchte.

Sie flogen in Gefechtsformation, ein Jet neben dem anderen. Die Erde unter ihnen hatte sich wieder einmal in eine bunte Riesenfläche von einem Flickenteppich verwandelt, deren Linien bei ihrer Geschwindigkeit nur sehr verschwommen zu erkennen waren. Corrigans Blick schweifte prüfend durch den vorausliegenden Luftraum. Der Himmel wölbte sich wie eine endlose gläserne Kugel über den Jägerverband. Sein Herzschlag wurde schneller, erste Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn. Die Atemmaske mit dem geriffelten Schlauch der Sauerstoffzufuhr verlieh seinem Gesicht den Ausdruck eines weltfremden Wesens. Er war aufs äußerste gespannt. Während der Einsatzbesprechung hatte der Auftrag noch ziemlich einfach geklungen, doch jetzt kurz vor der Einsatzzone sah die Sache schon anders aus. Immerhin hatten sie es mit einem zu allem entschlossenen Gegner zu tun.

Ziel der Mission war der Karibikstaat Kuba. Seit Fidel Castros Tod versank das Land in Anarchie. Verschiedene Interessengruppen kämpften verbissen um die Vorherrschaft. Nach einem mehrere Jahre andauernden äußerst brutal geführten Bürgerkrieg gelangten schließlich die „Verteidiger für ein unabhängiges Kuba” an die Spitze der Macht. Und ausgerechnet den „Verteidigern“ waren einige alte aber möglicherweise scharfe Mittelstreckenraketen mit Nuklearsprengköpfen vom Typ R-12 in die Hände gefallen, die wohl noch aus der Zeit des kalten Krieges stammten. Corrigan fragte sich wie Castro dies vor den Augen der Weltöffentlichkeit geheim halten konnte. „Castros Enkelkinder“ drohten nun damit, diese Waffen auf die Vereinigten Staaten von Amerika abzufeuern, falls die Wirtschaftsblockade gegen Kuba nicht sofort aufgehoben würde.

Ob die Raketen nach all den Jahren tatsächliche noch funktionsfähig waren, konnte vom Geheimdienst zwar nicht in Erfahrung gebracht werden, trotzdem nahm man die Bedrohung sehr ernst. Immerhin war es mit diesen Waffen möglich, innerhalb von zehn Minuten die meisten Städte in den östlichen und südlichen Bundesstaaten der USA zu treffen, darunter auch Washington D.C. Im Pentagon beschloss man daraufhin eine Jagdbomberstaffel loszuschicken, um die Raketen zu zerstören.

Mittlerweile flogen die Thunderbolds in einer Höhe von eintausendachthundert Metern über das offene Meer. Abwechselnd verschwanden einzelne Maschinen hinter vorausliegende Wolkenballungen. Kurzfristig tauchten sie dann wieder daraus hervor. Lieutenant Corrigan dachte sekundenlang daran, dass der andere neben ihm am Abend dieses Tages auf Urlaub fahren wollte. Doch er verdrängte den Gedanken sofort wieder, denn er war nicht gut in dieser Höhe und in dieser Situation abgelenkt zu sein. Plötzlich schreckte der junge Mann aus seinen Überlegungen auf. Die bis hierher verordnete Funkstille wurde durchbrochen.

„Black Dog Leader an alle! Wir erreichen jetzt den kritischen Sektor. Kurs Null-vier-fünf. Höchstgeschwindigkeit beibehalten. Sichtkontakt zu mir.”

Die Maschinen gingen in den Sinkflug über, während in der Ferne die kubanische Küste vor den Jägern auftauchte. Verschwommen zeichneten sich zuerst nur die Konturen der Insel ab. Kurz darauf lag sie jedoch schon in ihrer ganzen Breite vor ihnen. In aufgelockerter Formation flogen die Thunderbolds nun dicht über der Meeresoberfläche. Plötzlich schlugen die Bordinstrumente Alarm.

Irgendeiner krächzte die Worte ins Mikrofon, erregt und mit bebender Stimme hervorgestoßen: „Achtung! Von Black Dog drei an Leader! Feindliche Jäger auf zehn Uhr! Höhe einzundzwanzigtausend Fuß. Abstand dreiundvierzig Seemeilen!”

„Von Black Dog Leader! Feind geortet! Fertigmachen zum Angriff!”

Sekunden später tauchten sie auf. Noch winzig klein, sehr weit und hoch schwebten sie wie Mücken im Sommerwind, kamen näher und näher, wurden schnell größer und größer: MiGs! - Eine ganze Staffel MiGs!

Der Führer des Gefechtsverbandes erteilte einen Befehl, wenige Worte sprach er nur: „Black Dog Leader an alle! Angriff!”

Es waren Laute, die an Corrigans Bewusstsein ebenso vorbeizogen, wie die kurzen Positionsmeldungen, die während des Anflugs durchgegeben wurden. Er betätigte einige Knöpfe auf dem Bedienfeld des Waffenauslösers und machte das siebenläufige Gatling-Geschütz schussbereit. Wie immer in den letzten Sekunden vor einer großen Entscheidung, so wechselten sich auch diesmal unzählige Bilder in Corrigans Bewusstsein einander ab. Er malte sich aus, wie und unter welchen Möglichkeiten die gleich beginnende Luftschlacht enden könnte. Schlimmstenfalls würde er getroffen und im Meer ertrinken. In Gedanken sah er das Wasser des Ozeans schon über sich zusammenbrechen. Was fühlt man eigentlich, wenn man stirbt?

Dass es einen harten Kampf geben würde - das hatte niemand anders erwartet. Und nun war es soweit! Wie wird es in einigen Minuten aussehen?

Doch schon im nächsten Moment hob das Schicksal bereits die Faust, um sie mit gewaltiger Kraft herabzuschmettern. Ein entsetzlicher Schrei löste sich aus der Kehle des jungen Mannes, als er sah, wie die Maschine zu seiner Rechten sich aufbäumte und sich dann scheinbar lautlos in ihre Einzelteile aufzulösen begann. Metallstücke flogen umher, dünne Flammen, die sich mit immenser Geschwindigkeit zu dicken Feuerbündeln vereinigten, breiteten sich wie ein Vorhang über das zerfetzte Gebilde, das nun trudelnd in die Tiefe stürzte.

Unter vergrößertem Abstand voneinander suchte sich jede MiG aus verschiedenen Richtungen ihr jeweiliges Ziel aus. Wie Habichte stießen sie auf die Thunderbolds herab. Ströme von Geschossen - an den Mündungsfeuern unschwer erkennbar - sprühten aus ihren Geschützen. Das stetige Aufblitzen in Flugrichtung nahm Corrigan alle weiteren Gedanken ab. Um ihn herum schien sich ein Tunnel aus unzähligen Feuerstrichen gebildet zu haben, der ihn immer enger umschloss.

Die MiGs waren nun schon so nahe, das er die Köpfe der Piloten hinter ihren Scheiben erkennen konnte. Corrigan visierte die Jäger an und setzte ihnen in rascher Folge kurze Feuerstöße gezielt entgegen, um sie in ihrer Schussrichtung zu stören. Anhand der Leuchtspurmunition sah er immer nur die eigenen Feuergarben. Die seiner Kameraden in den anderen Maschinen erkannte er nicht.

Als die MiGs sich nach dem ersten Angriff in steiler Messerlage und in großen Kreisen - einem Schwarm von Raubvögeln ähnelnd - wieder auf Höhe schraubten, um sich für eine neue Attacke zu konzentrieren, zogen auch die Thunderbolds höher, um Raum zu gewinnen. Unbarmherzig ging der Luftkampf weiter. Die MiGs feuerten eine Garbe nach der anderen. Wirbelnde Maschinen! Leicht und behende schwangen sie sich durch die Luft, stießen zunächst von oben herab, dann - eine andere Taktik anwendend - im Geradeausflug von hinten in die Turbofan-Triebwerke der Thunderbolds zielend. Immer wieder sahen die Piloten die Köpfe ihrer Gegner hinter den gläsernen Kuppeln der Flugzeuge. Hüben wie drüben saßen sich Menschen gegenüber, die leben wollten, den anderen aber ins Verderben zu stürzen trachteten.

Einer Meute bissiger Hunde gleich kamen sie einander näher, visierten sich an. Corrigans Garben als Störfeuer lagen gut, aber die anderen schossen zurück. Deutlich konnte er das Mündungsfeuer sehen. Es galt seiner Maschine! Und hier gab es kein Schlupfloch, in das man hineinkriechen konnte, keine Deckung hinter der man sich sicher verschanzen konnte. Schon bei den ersten Feuerstößen kippte er sein „Warzenschwein” - wie die Thunderbold von den Piloten genannt wurde - nach unten weg. Corrigan kam aus der Schusslinie der Jäger. Diese stürzten augenblicklich nach. Sofort flog der junge Mann eine extreme Kehre, um hinter seine Verfolger zu kommen.

Dann eröffnete er mit der Bordkanone das Dauerfeuer. Die Garben prasselten in den Pulk der Jäger hinein. Einen traf er auf Anhieb. Wie ein Komet, eine dicke rotschwarze Brandfahne hinter sich herziehend, stürzte er nach unten ins Meer. Wenig später drehte eine zweite brennende MiG in Richtung kubanisches Festland ab. Die anderen Piloten reagierten prompt und brachten ihre Maschinen mit einem waghalsigen Flugmanöver aus der unmittelbaren Gefahrenzone.

Währenddessen versuchten die Thunderbolds verloren gegangene Höhe zurück zu gewinnen, um beweglicher zu sein und tiefer stürzen zu können, wenn sie aus der Schusslinie herauskommen wollten. Die MiGs starteten eine neue Attacke. Wieder begann ein Kampf mit den verschiedensten Abwehrbewegungen, bei denen die Piloten der US-Air Force jedesmal blitzschnell reagierten. Die MiGs schraubten sich in die Höhe. Eine der Maschinen löste sich aus dem Verband und verschwand auf Gegenkurs, eine lange Rauchfahne hinter sich herziehend. Es wurden immer weniger. Da meldete sich der Staffelführer.

„Von Black Dog Leader! Nummer zwo kümmert sich um Ziel Null! Die anderen halten ihm den Rücken frei!”

„Von Nummer zwo! Roger!”

Corrigan biss die Zähne zusammen. In diesen Minuten schien eine Tonnenlast auf ihm zu liegen. Wenn er versagte, dann war es aus. Die Kameraden vertrauen auf dich! ging es ihm wieder durch den Kopf. Er schaltete den Nachbrenner zu und schoss mit einer Kerze neunzig Grad nach Steuerbord, Richtung Süden. Die anderen Piloten blieben zurück, um den Kampf gegen die MiGs fortzusetzen.

Corrigan überflog das kubanische Festland, zog steil nach unten und verschwand in einer engen Schlucht. Nun kam es darauf an, das die Mittelstreckenraketen zerstört wurden. Sollte ihm dies nicht gelingen, wären die Folgen katastrophal. Seine Maschine verfügte über optisch gelenkte Maverick-Raketen, die unter den Tragflächen angebracht waren. Über den Videosensor im Suchkopf konnte der Zielbereich auf einem Monitor im Cockpit dreifach vergrößert dargestellt werden. Der Schütze wählte nur noch das Ziel aus und schaltete dann den Suchkopf auf.

Ungeachtet aller ihm zur Verfügung stehender Technologie, war Ben Corrigan sich aber auch im klaren darüber, das der Ausgang dieser Mission nun ganz allein von ihm abhing. Sein Geist begann auf den Pfaden der Vergangenheit zu wandeln. Er vermied es, an seine Aufgabe zu denken. Eine kurze Zeit lang zweifelte er sogar; all dies war für ein einzelnes, menschliches Gehirn zu komplex, zu groß. Aber trotzdem musste, wie sein Vater es stets auszudrücken pflegte, die Arbeit von jemandem getan werden.

In der kargen Landschaft unter seinem Flugzeug schoben sich bisher verborgene Geschütze aus getarnten Stellungen aus dem Boden. Die Läufe richteten sich in den Himmel und suchten ihr Ziel. Im nächsten Augenblick breiteten sich um Corrigans Maschine herum lauter kleine blauschwarze Wölkchen aus. In unmittelbarer Nähe zwischen den dunklen Ballen erblickte der junge Pilot feurigrote Blitze. Neue Wölkchen entstanden, mischten sich in die vergehenden und hüllten seine Maschine von allen Seiten ein. Zwischendurch erkannte man lange Striche. Corrigans Kampfjet befand sich mitten im schwersten Flakfeuer.

Aber jetzt gab es kein Zurück mehr, nur ein Vorwärts durch diese mörderische Wand aus Feuer, Eisen und Pulverrauch. Während die anderen Piloten sich um die gegnerischen Maschinen kümmerten, bestand sein Auftrag darin, die Raketen zu zerstören. Im Zickzackkurs steuerte er seine Thunderbold durch diese Hölle mit ihrer brodelnden, zuckenden Masse aus feurigen, dunkelroten Blitzen und kleinen dichten Wölkchen.

Das Ziel kam in Sichtweite. Mit ruhiger Hand lenkte Corrigan den Kampfjet nun geradeaus. Die Routine seiner bisherigen Einsätze ließ ihn die nötigen Handgriffe mit roboterhaften Bewegungen ausführen. Die Mavericks schossen auf ihr Ziel zu. Wie von einer schweren Last befreit, machte die Thunderbold einen leichten Ruck nach oben. Sekunden später erfolgte die Detonation. Eine turmhohe Feuersäule stieg kerzengerade in den Himmel. Dann entfaltete sich ein riesiger Rauchpilz. Die Maschine wurde von einem gewaltigen Luftdruck getroffen und schleuderte fast gegen einen nahe liegenden Berg. Hart an den Felsen vorbei riss Corrigan den Jet in einer Steilkurve nach oben und zog eine große Schleife um den Explosionsherd. Es dauerte einige Zeit, bis die Detonationswolke wieder in sich zusammengefallen war. An der Stelle, wo sich vorher die Raketen befunden hatten, konnte jetzt nur noch ein Krater beobachtet werden. Corrigan steuerte die Thunderbold zwischen den Bergen hindurch in Richtung Meer. Die Flak schickte ihm wieder ihren „Ehrensalut” entgegen. Rund um ihn herum brodelte es nur so von kleinen, dunkelroten Blitzen krepierender Granaten.

Corrigan hörte das Prasseln der Einschläge, das kreischende Bersten von Metall. Die vielen Wolken schlangen sich um ihn wie ein Netz, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Eine Brandzunge schoss ihm entgegen. Die Thunderbold kam ins Taumeln. Teile der rechten Tragfläche brachen ab und wirbelten davon. Zerrissene und verschmorte Stromleitungen begannen zu knistern. Funken sprühten wie Feuerwerkskörper zu Silvester. Überall zuckten Flammen auf und verbreiteten sich mit rasender Schnelligkeit. Eine entsetzliche Hitze strömte Corrigan entgegen, während er die Augen schloss und nach dem Auslöser für die Kabinensprengung tastete. Ein dumpfer Knall, die Sprengladung wuchtete die blasenförmige Kuppel hoch und riss sie nach hinten, wo sie sich rasend schnell überschlagend in den Weiten des Himmels verlor. Gleich darauf wurde das Menschenbündel in das weite Nichts hineingerissen. Der Körper taumelte durch einen Schacht aus grollendem ohrenbetäubendem Lärm, den der Verstand aber nur wie ein monotones Rauschen wahrnahm. Zeitgleich mit dem Auslösen des Schleudersitzes wurde ein vollautomatischer Notrufsender aktiviert, um eine gezielte Rettungsaktion auch dann zu ermöglichen, falls der Pilot bewusstlos werden sollte.

Corrigan fiel nun immer schneller, und der Schock, entstanden in der engen Nachbarschaft mit dem Tod, begann zu weichen. Das Hirn signalisierte neue Gefahr, und eine Stimme die nicht zu ihm zu gehören schien,erteilte bellende Befehle. Durch das Denken irrten Erinnerungen und Ermahnungen, während Himmel und Erde sich pausenlos um den zusammengekrümmten Körper drehten. Corrigan versuchte abzuschätzen, wie viele Sekunden vergangen waren, seit er aus der zerstörten Maschine katapultiert wurde. Der Selbsterhaltungstrieb mochte das Kommando über das Todgeweihte Stück Kreatur übernommen haben, das jetzt in einer Hölle aus Tausenden von Geschossen durch die Luft torkelte und wie durch ein Wunder noch nicht von der Bodenflak zersiebt worden war.

Im Rauschen des Fallwindes hörte er manchmal das Zirpen von Garben und das Heulen von Flugzeugmotoren. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Corrigan auf das in Sekundenschnelle an ihm vorbeiziehende Blau des Meeres, wenn sein Gesicht gerade dorthin gerichtet war. Ein Ruck, und im Rücken setzte ein leises Rauschen ein. Der Hilfsfallschirm hatte sich aus dem Verpackungssack gelöst und mit Luft gefüllt. Corrigan sah die weiße Fahne des Fallschirms hinter sich in die Höhe züngeln wie eine dünne Schlange. Alles in ihm konzentrierte sich auf den Ruck des Entfaltungsstoßes, den er vor diesem Tag schon mehrere Dutzend Male während des Trainings ausgehalten hatte.

Jetzt! Eine unsichtbare Faust schien den nach unten schießenden Körper zu stoppen. Hoch über Corrigans Kopf hatte sich der Fallschirm gespannt und ihn in Sekundenschnelle aus einer Sturzgeschwindigkeit von zweihundertfünfzig Stundenkilometern auf eine von praktisch Null Sekunden gerissen. Seine Beine wurden auseinandergezerrt, die Oberschenkelgurte schnitten sich tief in das Fleisch, und der Schmerz trieb ihm Tränen in die Augen. Er pendelte hin und her wie eine große Puppe, ein dünnes Wimmern in der Kehle, das sofort wieder verstummte.

Doch dann kam der Augenblick, wo das Pendeln ruhiger wurde und der Körper in vertikaler Richtung zur Erde langsam tiefer sank. Über Corrigans Kopf blähte sich die weiße Seide des Fallschirms, und sein Gehör begann den Donner der Luftschlacht zu erfassen. Er vernahm, während der Körper in den Haltegurten erschlaffte, das Dröhnen der unzähligen Motoren, das peitschende Abschussgeräusch der Bordwaffen. Nur die Schreie der Getroffenen blieben ihm fern, das Röcheln Sterbender und das Brüllen der Verzweifelten, die den sicheren Tod vor Augen hatten. Auf diesem Schlachtfeld hoch über der Erde gingen alle Äußerungen menschlicher Angst im Heulen der Motoren unter, deren Geräusche wie ein Orkan von Horizont zu Horizont tobten.

Den Kopf gegen die Brust gesenkt, hörte Corrigan in der Lärmkulisse über sich das Flattern der Fallschirmseide, wie ein leises, beruhigendes Lied. Mit geschlossenen Augen sank er immer weiter in die Tiefe, während die Bilder des Schreckens an ihm vorüberzogen wie ein schnell abgespulter Film. Er sah die Maschine zu seiner Rechten wieder vor sich, die davonwirbelnden Einzelteile, den grellen Schein des Feuers und dann über sich die Blitze der Abschussflammen vor den Maschinenkanonen der MiGs. Doch dann verschwammen die Bildfetzen, lösten sich auf, und vor seinem Blick breitete sich die weite, gekräuselte Oberfläche des Meeres aus. Ben Corrigan tauchte senkrecht in das Wasser. Er schloss die Augen und begriff allmählich, dass die Hölle endgültig über ihm zurückgeblieben war.

2

Trotz der späten Stunde waren die Straßen von Miami immer noch belebt. Nachtschwärmer und Touristen strömten in die Bars und Clubs, oder besuchten eine der zahlreichen Attraktionen dieser pulsierenden Stadt. Andere standen herum und blickten in den mitternächtlichen Himmel, in dessen samtenen Schwarz zahllose Sterne wie funkelnde Diamten glitzerten.

Zwischen den Menschen zwängte sich ein großer, drahtig aussehender Mann mit grauen, kurzgeschorenen Haaren hindurch. Er trug eine blaue Leinenhose, ein dazu farbig passendes Hemd, sowie eine schwarze Windjacke. Sein sonnengebräuntes, scharfgeschnittenes Gesicht mit den klaren eisblauen Augen wirkte angespannt.

Major Richard Corrigan blickte auf die Armbanduhr. 23.58 Uhr. Seine Nervosität wuchs von Minute zu Minute und er konnte sich nur mühsam beherrschen. Vor nunmehr vierunddreißig Tagen war sein Sohn bei einem Kampfeinsatz abgeschossen worden, und noch immer fehlte von ihm jede Spur. Seltsamerweise schien niemand bei der US-Air Force an der Aufklärung dieses Falles interessiert zu sein. Alle verhielten sich so fürchterlich gleichgültig. Es hatte fast den Eindruck, als wäre es ihnen egal, was mit Lieutenant Ben Corrigan passiert ist.

Doch der Major dachte gar nicht daran, die Angelegenheit einfach so auf sich beruhen zu lassen. Er wollte Antworten. Immerhin ging es hier um seinen Sohn. Gleichzeitig spürte er aber auch, wie ein seltsames Kribbeln seine Wirbelsäule hochzukriechen schien. Es war jenes prickelnde, fast stechende Gefühl, das er im Krieg immer dann verspürt hatte, wenn er wusste, dass er sich in Gefahr begab und es verursachte eine zarte Gänsehaut auf seinen Unterarmen.

Während der Major weiter die Straße entlang ging, merkte er nicht, das ihm jemand folgte, denn der andere war ein Profi. Der untersetzte Mann hatte eine Hakennase, einen dünnen Mund und tiefliegende, glitzernde Augen. Seinem schwarzen Anzug sah man auf den ersten Blick an, das es sich dabei um billige Konfektionsware handelte.

Richard Corrigan suchte in der Masse der Menschen, die sich durch die Straßen bewegten, nach einer ganz bestimmten Person. Es dauerte nicht lange, bis er sie entdeckt hatte. Die Frau stand in einem erleuchteten Ladeneingang und sah zu ihm herüber. Sie trug ein langes blaues Kleid, und über den Kopf hatte sie einen Schal gelegt, der das halbe Gesicht verbarg. Corrigan begann, langsam auf die junge Frau zuzugehen. Einmal blieb er kurz stehen und tippte sich mit dem Zeigefinger an sein rechtes Ohrläppchen. Es war das verabredete Erkennungszeichen.

Die Frau nickte fast unmerklich, drehte sich um und ging die Straße entlang. Major Corrigan folgte ihr. Sie eilte mit raschen Schritten durch die Menge, ohne sich umzublicken. Er versuchte nicht, sie zu überholen. Wenn die Frau wollte, dass er sie einhole, dann hätte sie auf ihn gewartet. Nach etwa einhundert Metern verließ sie das hell erleuchtete Geschäftsviertel und bog in eine dunkle Seitenstraße ein. Corrigan folgte ihr. Auf halbem Weg drehte er sich einmal um und blickte zurück, aber er sah nur die leere Straße hinter sich. Deshalb ging er mit schnellen Schritten weiter und um die Ecke. Einige Meter vor sich sah er die Frau warten.

„Entschuldigen Sie die Vorsichtsmaßnahmen, Mr. Corrigan”, sagte sie, als der Major zu ihr trat.

„Schon okay”, antwortete er. „Sind Sie die Schwester von Mr. Breckinridge?”

„Mein Name ist Jessica”, entgegnete sie ganz außer Atem. „Es ist Ihnen doch hoffentlich niemand gefolgt?”

„Ich glaube nicht”, sagte er stockend.

„Gut.”

Sie blickte ängstlich die Straße hinauf und hinunter.

„Mein Bruder muss sehr vorsichtig sein.”

„Warum?” fragte Corrigan scharf.

Sie ergriff sein Handgelenk.

„Achtung.”

Der Major hörte Schritte, die die Parallelstraße herankamen.

„Da ist jemand”, flüsterte sie.

„Keine Sorge”, entgegnete Corrigan. „Es wird Ihnen niemand etwas tun. Wo ist Ihr Bruder?”

„Gehen Sie zur South West 2nd Street 15 ...”, begann die junge Frau, doch dann hielt sie inne, als der untersetzte Mann auftauchte und sich ihnen schnell näherte. Corrigan fühlte, wie ihre Finger sein Handgelenk umklammerten. Er stellte sich vor sie, um dem herankommenden Mann Platz zu machen. Als der Unbekannte bei ihnen angelangt war, blieb er plötzlich stehen.

„Entschuldigen Sie, Mister”, sagte er und hielt dem Major eine Zigarette entgegen, „haben Sie Feuer?”

„Ja”, antwortete Richard Corrigan, der ihn schnell wieder loswerden wollte. Er griff in seine Hosentasche nach dem Feuerzeug. Der Mann trat näher heran. Mit der Geschwindigkeit einer Schlange zuckte seine rechte Faust plötzlich nach vorn. Corrigan bekam einen vernichtenden Schlag in die Magengrube. Hätte er ihn nicht instinktiv geahnt und seine Bauchmuskeln gestrafft, würde ihn der Hieb zu Boden gestreckt haben. Aber auch so ließ ihn die Wucht des Angriffs hilflos taumeln, doch dann wandte er blitzschnell den Kopf zur Seite und konnte so der mörderischen Linken entgehen, die auf sein Kinn zielte.

Nach Atem ringend, setzte Corrigan einen kurzen Haken unter das Herz des Mannes. Dieser knurrte und wich augenblicklich zurück. Er musste noch einen weiteren Treffer einstecken, dann sackte er zusammen und blieb reglos auf der Straße liegen.

Corrigan durchsuchte die Taschen des Bewusstlosen, fand eine Smith & Wesson Model 10, aber sonst nichts von Interesse. Er richtete sich auf und bemerkte, das die junge Frau inzwischen verschwunden war. Ihre Bemerkung bezüglich der Vorsichtsmaßnahmen hatte nun oberste Priorität. Es bestand immerhin die Möglichkeit, dass mehr als ein Mann ihm folgte. Bevor er zu dieser Adresse ging, wollte er sicher, dass ihn sonst niemand mehr beschattete.

Corrigan verbarg sich in einer dunklen Nische. Dort wartete er und lauschte. Nichts geschah. Niemand kam. Schließlich hörte er Schritte. Er presste sich gegen die Wand und wusste, dass er wegen seiner dunklen Kleidung nicht zu sehen sein würde. Vorsichtig blickte Corrigan hinter der Mauer hervor. Im ersten Augenblick sah er nichts, doch dann entdeckte er den Mann im weißen Anzug, der langsam auf ihn zukam. Er schritt an Corrigan vorüber und blickte sich nervös um.

Corrigan verließ sein Versteck. Der Mann wandte ihm den Rücken zu. Corrigan schlich sich an ihn heran und klopfte ihm dann kräftig auf die Schulter. Der Mann musste Nerven aus Stahl haben. Er fuhr herum und seine Faust flog vor, aber dieses Mal war der Major auf den Angriff vorbereitet. Er fing die Faust ab, drehte sie herum und stieß sie nach unten. Mit einem lauten Stöhnen flog der Mann über Corrigans Kopf und landete auf dem Asphalt. Sein Schädel prallte hart gegen den Bordstein.

Der Major beugte sich über den Bewusstlosen und durchsuchte seine Taschen. Außer einer Smith & Wesson, ähnlich der, die er einige Zeit vorher bei dem Mann in schwarz gefunden hatte, konnte Corrigan nichts Interessantes entdecken. Trotzdem kam ihm die ganze Sache reichlich merkwürdig vor. Wer waren die beiden? Gewöhnliche Straßenräuber? Wohl kaum. Gehörten sie vielleicht zu einer Bundesbehörde? Die Art der Waffen schien zumindest darauf hinzudeuten. Aber warum hatten sie es auf ihn abgesehen? In was für eine Geschichte war er da nur hineingeraten? Corrigan ließ den Mann auf der Straße liegen und verschwand in der Dunkelheit.