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Kindersoldaten, Kriegsgräuel, zynische Milliardengeschäfte. Der bekannte Musiker Ahmed Yoannis prangert in seinen Liedern die Machenschaften der Waffenindustrie an. Nicht jedem gefällt das. Kurz vor einem Konzert in Berlin wird Ahmed in seinem Haus überfallen und erschießt in Notwehr den Einbrecher.
Seine Freundin, die ehemalige Kommissarin Katharina Ledermacher, findet am Tatort weder Einbruchspuren noch eine Leiche. Kurz darauf kommt es beim Konzert zu einem weiteren Zwischenfall. Diesmal gibt es einen Toten. Nun ist auch Katharina davon überzeugt, dass es jemand auf Ahmed abgesehen hat. Sie ermittelt auf eigene Faust und gerät in tödliche Gefahr.
Dieser Roman basiert auf einem unvollendeten Manuskript, das Richard Hey kurz vor seinem Tod im Jahr 2004 verfasst hat.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Bernd Teuber & Richard Hey
Das Blut der verlorenen Kinder
Ein Fall für Katharina Ledermacher
Ein Berlin-Krimi
Neuausgabe
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer nach Motiven, 2025
Nach Motiven von Richard Hey
Korrektorat: Bärenklau Exklusiv
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Das Blut der verlorenen Kinder
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
Der Autor Richard Hey
Folgende Katharina Ledermacher-Krimis sind bereits erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Der Autor Bernd Teuber
Weitere Romane von Bernd Teuber sind bereits erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Kindersoldaten, Kriegsgräuel, zynische Milliardengeschäfte. Der bekannte Musiker Ahmed Yoannis prangert in seinen Liedern die Machenschaften der Waffenindustrie an. Nicht jedem gefällt das. Kurz vor einem Konzert in Berlin wird Ahmed in seinem Haus überfallen und erschießt in Notwehr den Einbrecher.
Seine Freundin, die ehemalige Kommissarin Katharina Ledermacher, findet am Tatort weder Einbruchspuren noch eine Leiche. Kurz darauf kommt es beim Konzert zu einem weiteren Zwischenfall. Diesmal gibt es einen Toten. Nun ist auch Katharina davon überzeugt, dass es jemand auf Ahmed abgesehen hat. Sie ermittelt auf eigene Faust und gerät in tödliche Gefahr.
Dieser Roman basiert auf einem unvollendeten Manuskript, dass Richard Hey kurz vor seinem Tod im Jahr 2004 verfasst hat.
***
Ein Fall für Katharina Ledermacher
Ein Berlin-Krimi
Katharina, Telefon am Ohr, blickte durch ihr Spiegelbild in der dunklen Schaufensterscheibe hinaus auf den Hof. Zwischen ihren Augen, unter den schwarzen Haaren mit der silbernen Strähne, saßen die Gäste an langen kerzenflackernden Holztischen oder schlenderten umher, Weinglas in der Hand, holten sich vom Buffet unterm Hinterhofbaum Brot und Salate auf Porzellantellern. Die Sommernacht war angenehm. Vor einer Stunde hatte es noch geregnet, ein leichter Wind bewegte tropfende Blätter, Leuchtketten, das nachlässig gespannte Spruchband: 5 JAHRE KATHANNI-MODEN IN DEN HACKSCHEN HÖFEN.
»Mama«, sagte die Stimme an ihrem Ohr. »Mama, du hörst nicht zu.«
»Aber ja, Kathinka. Ich höre dir zu.«
»Es ist nämlich so, dass ich auch in der nächsten Woche nicht kommen kann. Hier sind im Moment enorm viele krank. Fast jede hier hat ihre Quartalsdepri. Und kaputte Bandscheiben. Krieg ich sicher auch noch. Wo ich doch dauernd übergewichtige alte Frauen aus dem Bett heben muss. Zart und lieb natürlich. Das kostet Nerven, sage ich dir. Und irgendwann spürst du es auch im Rücken. Hätte gern mit Hannelore darüber geredet.«
Unter den Pullovern im nächsten Regal begann das Handy zu piepen. Katharina langte hin, stellte das Geräusch ab.
»Ob sie wegen dem Rücken aufgehört hat als Krankenschwester. Für Striptease und so weiter braucht sie ja nur ihren schönen Hintern zu bewegen. Und in ihrer Zeit als Animierdame in diesem Salon …«
»Hör zu, Schatz …« Gerade noch vermieden, wie früher ›meine Kleine‹ zu sagen. »Ich hab Gäste, um die ich mich kümmern sollte.«
»Überlass das mal Hannelore, für ein paar Minuten. Schließlich ist sie dein Kompagnon. Wenn ich es als Krankenschwester nicht mehr schaffte, was glaubst du, käme Striptease für mich infrage?«
»Einen hübschen Hintern hast du ja. Aber zu wenig Brust. Und deine Schultern sind zu eckig.«
»Siehst du? Lauter Minuspunkte. Hättest du dir nicht einen anderen Vater für mich aussuchen können als Herrn Ruedi Scheidt in Zürich?«
»Ihre Reklamation kann leider nicht berücksichtigt werden. Sie kommen zu spät.«
»Wohl wahr. Was hast du an?«
»Schwarzer geschlitzter Samtrock bis auf die Knöchel. Dazu rote Bluse.«
»Langer schwarzer Samtrock ist out.«
»Wenn ich ihn trage, ist er in.«
Leises Lachen am Ohr. »Okay, Mama. Fett, ehrlich.«
»Fett?«
»Ja, so heißt das heutzutage. Oder geil. Wenn du junge Kundinnen hättest, wüsstest du’s.«
»Ich habe junge Kundinnen. Jede Menge.«
»Auch heute Abend?«
»Na ja.«
»Siehst du. Jede Menge! Wer ist denn so da? Dieser Ahmed natürlich, der mit der Flöte. Der ist verknallt in dich, was?«
»Glaub ich nicht.«
»Du in ihn?«
»Glaub ich auch nicht.«
»Schön drum herumgeredet.«
Jetzt war es Katharina, die lachte. »Nein«, sagte sie. »Ahmed ist noch nicht da.«
»Der Pünktliche.«
»Wie?«
»Sagst du doch immer. Keiner ist so pünktlich wie Ahmed.«
»Ja«, murmelte Katharina. »Keiner ist so pünktlich. Aber er hat Schwierigkeiten mit der Syrinx.«
»Syrinx? Seine Tussi?«
»Kathinka! Seine Flöte. Seine Panflöte!«
»Panflöte, so, so … Syrinx hört sich schöner an. Magisch. Wie eine griechische Geliebte eben.«
»Er ist auf besondere Effekte aus, will uns heute Abend zeigen, was er mit den siebenundzwanzig Pfeifen der griechischen Geliebten noch so alles anstellen kann. Eine Art private Probe. Jeden Tag hockt er im Tonstudio, mit Kinderchor und Musikern.«
»Und der Geliebten.«
»Und der Geliebten. Genau.«
»Mama, so wie du redest – du wärst schon ganz gern seine Geliebte, was? Sag jetzt nicht, dass du zwanzig Jahre älter bist.«
»Ich bin fast dreißig Jahre älter.«
Wieder das leise Lachen am Ohr.
»Außerdem«, sagte Katharina, »während er Musik produziert, denkt er nicht an Frauen. Hat er mal in einem Interview erklärt.«
»Wer’s glaubt. Und sonst? Was für Leute noch?«
Katharina sah, wie ein dicklicher Mann mit dichtem grauem Haarzopf einer mit Glitzerketten behängten dunkelblonden Frau in grün-weiß gestreifter Küchenschürze eine Schale mit dampfender Suppe brachte.
»Lionel zum Beispiel«, sagte sie.
»Wer?«
»Mit Cora. Er ist Opernbeleuchtungsmeister oder wie die sich nennen. Spezialist für Open-Air-Produktionen. Immer auf Tournee, vom Amphitheater in Verona bis zur Waldbühne hier, von Brasilien bis China. Er jongliert mit Licht, sagt Cora.«
»Ist sie seine Syrinx?«
»Seine Frau, ja. Sehr gute vegetarische Köchin. Kein Blut auf ihrer Schürze. Ihre scharfen Soßen! Ihre orientalische Linsensuppe! Da vergisst du Lamm, Rind und Schwein. Ich habe sie gebeten, für heute Abend etwas vorzubereiten.« Katharina sah zu, wie Cora ein wenig Suppe vorsichtig vom Löffel in den Mund sog, prüfte, schluckte, dann nickte.
»Wie geht das zusammen, vegetarische Schürze und Lichtjongleur?«
»Musst du sie fragen. Ich weiß nur, früher schmiss sie noch Steaks in die Pfanne. Aber Lionel konnte kein Blut sehen. Da änderte Cora das Programm. Allerdings, außer Papptellern hasst sie nichts so sehr wie Mikrowellen und elektrische Herde. Vielleicht hatte das Auswirkungen auf ihn. Jetzt, wo sie es ist, die kein Blut mehr sehen will, hat er Angst vor Elektrizität.«
»Was? Der Lichtjongleur?«
»Verrückt, ja. Aber kann sein, er ist deshalb so gut. Er muss jetzt immer diese Angst überwinden. Eine schon metaphysische Angst, wie er sagt. Da kann bei ihm nie was zur Routine werden. So erklär ich’s mir.«
»Weiter, Mama. Ich hab nicht mehr viel Zeit. Aber ich will doch irgendwie dabei gewesen sein.«
Durch die Toreinfahrt kam, silbern funkelnder Koffer in der Hand, ein untersetzter Mann in Lila, kurz geschoren, dunkler Bart, wiegender Seemannsgang.
»Zugora«, sagte Katharina. »Oder Zogura. Nein, Zagoru. Tätowierer. Ist bereit, jetzt und hier jemanden zu tätowieren.«
Kathinka pfiff anerkennend in Katharinas Ohr. »Echt cool. Aber zu spät. Tattoo ist out.«
»Bei mir nicht.«
»Okay, Mama. Weiter.«
Zagoru näherte sich drei weinnippenden langhaarigen Frauen, eine blond und schlank, mit goldener Kette um den nackten linken Fußknöchel, eine klein, dunkel, üppig, mit kindlich rundem großäugigem Gesicht, in rosa Seide, rosa Seidentücher schwingend, eine rothaarig und streng im Nadelstreifenkostüm, brilliantenblinkende Ohrgänge schaukelnd. Sie standen um einen mageren Mann mit grauem Adlergesicht herum, dem ein anthrazitfarbener Anzug um die Knochen schlotterte.
»Professor Thomson«, sagte Katharina. »Sprachwissenschaftler, mehr in Assyrien zu Hause als hier. Weil die Uni nicht genug Geld für ihn hat, ist er ständig auf der Suche nach Sponsoren. Oder er spekuliert an der Börse und steckt die Gewinne in seine Forschung. Bezahlt Assistenten, Ausgrabungen, Tontafel-Konservierungen. Im Moment sieht er ziemlich melancholisch aus, wegen des Krieges. Da fallen die Kurse und sein frühassyrisches Alphabet ist gefährdet. Und noch ein weiteres von einer vor-assyrischen Kultur, deren Schriftzeichen erst jetzt entdeckt wurden und noch entziffert werden müssen. Es scheint, er erklärt das gerade drei Frauen, von denen du zwei kennst: Hannelore, mal wieder mit einem violetten Fleck unterm Auge und ihre Freundin Elvira.«
»Die Elvira vom Salon der Baronin?«
»Ja, die. Dazu Gertrudis, die kürzlich aus dem Salon heraus, stell dir das vor, das gibt’s noch, einen Manager geheiratet hat. Der aber nicht mitgekommen ist, weil er in Hamburg irgendein wichtiges Meeting hat. Wenn du die Brillanten von der Gertrudis sehen könntest! Glitzern wie Falsche, sind aber echt.«
»Hat Elvira noch Zoff mit deinem Oberbullen?«
»Er ist Polizeioberrat. Kriminaloberrat, um genau zu sein. Und mein Oberbulle ist er schon gar nicht.«
»Was denkt sich so einer eigentlich?«
»Frag mich doch nicht! Wenn ich mit ihm dienstlich zu tun hatte, damals, war er anstrengend, ja. Aber immer fair. Sehr gewissenhaft.«
»Echter Edeltyp, was? Mensch, Mama, der kommt einmal im Monat in den Salon, will immer Elvira, bloß ohne Kondom, und weil er Elvira ohne Pariser nicht kriegt, zahlt er nicht. Sehr fair! Sehr gewissenhaft!«
»Jetzt begrüßen sich Lichtjongleur und Tattoomeister. Und eben sehe ich meine Zuschneiderin mit ihrer Schwester, Kfz-Mechanikerin …«
Zwei Kurzhaarmädchen in engen, dunkelgrün schimmernden Hosenanzügen fegten auf Inline-Skates in den Hof, umkreisten eine sehr alte bläulich-weiße Dame am Krückstock, bremsten elegant vor den Salaten.
»… sowie Maurice Phelz, vielleicht erinnerst du dich an ihn, Phelz mit P, H und Z, nicht mit F und S, wär’ ja ordinär, wo er doch Wert darauf legt, der bedeutendste europäische Damendarsteller zu sein.«
Der bedeutendste europäische Damendarsteller trippelte zum Tresen mit den Weinflaschen. Hinter ihm erhob sich, als hätte er unter ihm gelegen, ein dürrer alter Mann, blass, faltengegerbt, kahl bis auf eine Haarsträhne über den Augen, schütterer Bart, füllte für den Damendarsteller ein großes Bierglas mit Rotwein.
»Nicht zu vergessen Wulf Dietrich, genannt Wuddi, obdachloser Chemiker. Er hat eine Substanz für Antialkoholpillen entwickelt, in verschiedenen Varianten. Du wirfst so eine Pille in ein Glas Wasser, und schon hast du einen Chardonnay, einen St. Emilion oder Montepulciano, einen Prosecco, ein Bier, sogar mit Schaum. Aber eben nur den Geschmack, keine Spur von Alkohol. Absoluter Hit, sagt er. Ein Pharmakonzern hat ihm für zwei- oder dreitausend Euro die Rechte abgeschwatzt. Jetzt machen sie das Zeug produktionsreif. Millionär hätte er werden können, sagt er. Aber sie zahlen ihm keinen Cent zusätzlich. Aus Wut und Enttäuschung fing er an zu saufen, verlor alles, Job, Wohnung, Familie. Im Moment säuft er nicht. Wer weiß, wie lange er das durchhält.«
»Mama«, sagte Kathinka plötzlich. »Wir haben doch mal übers Festhalten gesprochen. Dass ich beständig war, hast du gesagt. Eine, an der andere sich festhalten können. Mütterlich, hast du gesagt, wär’ ich, verheerend mütterlich. Deine Worte!«
»Stimmt doch. Sonst wäre aus dir bestimmt keine Krankenschwester geworden.«
»Ach was. Ich wollte die Syrinx von diesem Oberarzt bleiben, ganz unmütterlich. Aber du, hast du gesagt, du wärst labil, immer auf der Suche nach etwas zum Festhalten für dich selbst, immer unterwegs, immer neue Aufgaben.«
»Stimmt auch.«
»Deshalb dein Krimi-Job, oder?«
»Nicht nur.«
»Aber was ist jetzt? Würde ich doch zu gerne noch wissen. Woran hältst du dich jetzt fest? Wirklich an deinem Schicki-Micki-Laden mit lauter abgedampften schrägen Typen?«
»Nicht für immer.«
»An Aktien?«
»Schon gar nicht. Ich habe keine Ahnung von Aktien. Von den Spielregeln. Ich spiele nur da mit, wo ich die Regeln kenne.«
»Bei der Kripo, wo du die Regeln kennst, bist du aber ausgestiegen.«
»Als die Regeln sich änderten und nicht mehr meine Regeln waren. Weißt du doch.«
»Aber du hast auch mal gesagt, du wärst ein altes Zirkuspferd. Hörst du die richtige Melodie, trabst du in die Arena, ob du willst oder nicht.«
»Ich pass schon auf, dass ich die Melodie nicht mehr höre. Außerdem arbeite ich hin und wieder als Privatdetektivin. Dieser Job unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem bei der Kripo.«
Hinter den Inline-Skater-Mädchen war langsam ein Gestell mit einer nachlässig abgedeckten Harfe in den Hof gerollt worden. Zwei junge Männer, schwarz glänzende Haare, dekorative schwarze Jeans und Shirts, schoben es vorsichtig weiter. Die Seidentuchschwenkerin winkte ihnen zu, verließ ihre Gruppe, eilte in den Laden, wühlte neben Katharina unter den Pullovern und erklärte: »Ich ruf ihn jetzt mal an. Und sag ihm, dass die Harfe schon da ist.«
»Kathinka«, sagte Katharina, »wir müssen jetzt Schluss machen.«
»Schon kapiert«, erwiderte Kathinka. »Hannelores berlin-bayrischer Mezzosopran trägt nämlich bis an die Elbe. Falls ich mit meinen Fragen genervt haben sollte …«
»Als Untersuchungsrichterin wärst du vielleicht gar nicht so schlecht.«
»… falls ich genervt haben sollte, täte es mir leid.«
»Gib Acht auf deinen Rücken.«
»Und du auf die Syrinxtöne. Die Zirkus-Melodie. Und bestell Robert schöne Grüße.«
Kichern, dann Knacken und keine Tochterstimme mehr.
Hastig tippte Hannelore Ziffern ins Handy. »Ahmed? Alle warten auf deinen Auftritt. Was ist los? Sonst bist du doch immer …« Und wirbelte jäh herum, brüsteschleudernd unter flatternder Seide: »Nein!« Hörte dann zu, nickte und reichte Katharina das Handy. »Er will mit dir reden.«
»Schlimm?«, fragte Katharina nur. Sie kannte Hannelores Pirouetten.
»Glaub schon«, sagte Hannelore.
»Katharina.« Die Tochter noch im Ohr, und nun diese Stimme, dunkel, heiser, aber nicht frauenbetörend wie sonst, die auf Katharina gelegentlich befremdend wirkte. Die Stimme war hart, brüchig. »Katharina Frau Ledermacher, entschuldige bitte …« Er redete sie oft so an, nach Art von Kassiererinnen im Supermarkt: Frau Schumann, kannst du mir mal eben einen Fünfziger wechseln? Vertrautheit und Distanz zugleich. Katharina gefiel das.
»Ja?«, fragte sie.
»Frau Ledermacher, du erwartest mich. Aber ist was passiert.«
»Was ist passiert?«
»Ich habe angerufen. Immer war besetzt. Und bei deinem Handy kam nichts. Ich wollte sagen, ich bin überfallen worden.«
»Überfallen? Wo? Von wem?«
»In meiner Wohnung. Aber es ist kompliziert.«
»Sind Sie verletzt?«
»Nein.«
»Haben Sie die Polizei …«
»Nein. Ich brauche deine Hilfe, Frau Ledermacher. Ich bin mit dem Auto gekommen. Ich stehe in der Sophienstraße. Bitte, fahr mit mir in meine Wohnung.«
Katharina holte tief Luft. »Also …«
»Ich weiß, es ist eine Zumutung. Wir wollten fröhlich sein, heute Abend. Aber es geht nicht mit mir.«
Die Melodie. Deutlich war sie zu hören, ganz nah. Alle Vorsicht vergebens. Das Zirkuspferd scharrte mit den Hufen.