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AD ASTRA 017 Buchausgabe: Treffpunkt: Zukunft - Wilfried A. Hary: „Ein Autor auf Spurensuche – im Strom der Zeit!“ Ich spürte bereits die Veränderung, als ich die Wohnungstür öffnete. Nicht, daß der Duft des vertrauten Parfüms fehlte. Etwas anderes hatte die gewohnte Atmosphäre zerstört. Ich ahnte es, und der Schmerz fraß sich förmlich in meine Brust. Mit heftig klopfendem Herzen schloß ich die Tür hinter mir und blickte mich um. Ja, es war anders. Es fehlten die Kleider in der Garderobe, die achtlos in die Ecke geworfenen Schuhe (etwas, was mir stets gegen den Strich gegangen war), die Geräusche in der Küche. Die Wohnung war leer, unpersönlich und - feindselig. Ich ließ die Aktentasche einfach fallen und zwang mich dazu, das Wohnzimmer zu betreten. Wie mit magischer Gewalt zog es mich zum Tisch. Ein Zettel. »Hazel!« murmelte ich. »Mein Gott, Hazel!« Ich schrie es: »Hazel!« Mit beiden Händen nahm ich den Zettel auf. Sie zitterten, und die gekritzelten Worte tanzten vor meinen Augen…
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Treffpunkt: Zukunft
Wilfried A. Hary
ISSN 1614-3280
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"Ein Autor auf Spurensuche - im Strom der Zeit!"
1. Kapitel
Ich spürte bereits die Veränderung, als ich die Wohnungstür öffnete. Nicht, daß der Duft des vertrauten Parfüms fehlte. Etwas anderes hatte die gewohnte Atmosphäre zerstört. Ich ahnte es, und der Schmerz fraß sich förmlich in meine Brust.
Mit heftig klopfendem Herzen schloß ich die Tür hinter mir und blickte mich um.
Ja, es war anders. Es fehlten die Kleider in der Garderobe, die achtlos in die Ecke geworfenen Schuhe (etwas, was mir stets gegen den Strich gegangen war), die Geräusche in der Küche. Die Wohnung war leer, unpersönlich und - feindselig.
Ich ließ die Aktentasche einfach fallen und zwang mich dazu, das Wohnzimmer zu betreten. Wie mit magischer Gewalt zog es mich zum Tisch.
Ein Zettel.
»Hazel!« murmelte ich. »Mein Gott, Hazel!« Ich schrie es: »Hazel!«
Mit beiden Händen nahm ich den Zettel auf. Sie zitterten, und die gekritzelten Worte tanzten vor meinen Augen.
Das Bild verschwamm, als sich meine Augen mit Tränen füllten. Ich wußte alles, noch bevor ich auch nur eine Zeile gelesen hatte. Mit aller Gewalt zwang ich mich zur Ruhe und bekämpfte die Übelkeit. Auf dem Zettel stand: »Ich habe Dich verlassen, Erno. Soll ich Liebling schreiben, wie sonst? Nein, das wäre eine Lüge. Ich habe Dich verlassen, und diesmal ist es endgültig. Versuche nicht, mich einzuholen. Du warst fünf Stunden lang weg - wie sonst auch immer. Vier von diesen Stunden nutzte ich, um Vorsprung zu gewinnen. Du hast keine Chance.« Es stand keine Unterschrift darunter. Das war auch nicht notwendig. Ich kannte Hazels Schrift.
Der Zettel war alles, was sie zurückgelassen hatte. Der Zettel und der feine Duft ihres Parfüms, den ich nie gemocht hatte, aber der einfach zu Hazel paßte. Hazel lebte noch, aber für mich war es, als stünde ich vor ihrer Leiche. Dabei war nur unsere Ehe in Scherben gegangen.
Ich nahm den Zettel wieder in beide Hände, starrte darauf, bis die Tränen über meine Wagen liefen. Lautlos schluchzte ich. Ich preßte die Hände gegen das Gesicht, rieb es wie verrückt, um etwas zu spüren und um zu wissen, daß es kein verfluchter Alptraum war, den ich hier erlebte.
Es war Wirklichkeit, und diese Erkenntnis ließ mich zu Boden sinken, wo ich lange Zeit weinend liegenblieb. Hazel: Ich sah ihr Gesicht mit den feinen Lachfältchen, den ausdrucksvollen Augen, dem schmollenden Mund, dem schulterlangen, rotbraunen Haar, das wie ein natürlicher Rahmen wirkte. Hazel: Ich sah ihre schlanke Gestalt. Ich sah sie in Bewegung, beim Sport, beim Arbeiten - und wenn wir uns liebten. Hazel: Das war für immer Vergangenheit.
Der Schmerz war grausam, auch als ich nicht mehr weinen konnte. Ich rollte mich auf den Rücken und starrte zur Decke.
Später wußte ich nicht mehr, wieviel Zeit vergangen war. Ich blieb einfach liegen.
Irgendwann klingelte das Telefon. Ich ließ es durchläuten und fand nicht die Kraft, aufzustehen. Ich wollte allein sein, mit keinem Menschen sprechen. Wenn nur Hazel zurückkommen würde!
Als das Telefon endlich verstummte, stemmte ich mich hoch. Irgendwie mußte es weitergehen. Hazel lebte, und solange Hazel lebte, wollte ich auf sie warten. Nicht am Boden, wie ein Versager, und nicht weinend, wie ein Jammerlappen, sondern aufrecht im Leben stehend - wie ein Mann!
Solchermaßen machte ich mir Mut. Müde schlurfte ich in die Garderobe. Mein Ordnungssinn meldete sich. Ich hob die Aktentasche auf und hängte meinen dünnen Mantel an den Haken. Die Tasche brachte ich in mein Arbeitszimmer, wo sie hingehörte. Am Schreibtisch blieb ich stehen.
Dort lag etwas, obwohl ich vor dem Weggehen aufgeräumt hatte, doch das drang nicht bis in mein Bewußtsein. Vorläufig nicht! Ich dachte an Hazel, weil ich an nichts anderes denken konnte. Einmal die Woche verließ ich die Wohnung. Ich hatte am anderen Ende der Stadt eine winzige Junggesellenbude gemietet. Hazel wußte nichts davon - dachte ich wenigstens bisher. In dem kleinen Raum, in dem nur ein schmales Bett und ein niedriger Schrank standen und in dem es in der Ecke nur ein Handwaschbecken mit einem blinden Spiegel darüber gab, verbrachte ich vier Stunden. Ich brauchte eine halbe Stunde, um hin zu gelangen und eine weitere halbe Stunde für den Rückweg. Fünf Stunden pro Woche, in denen ich angeblich durch die Stadt bummelte und Gedanken sammelte.
Um schreiben zu können. Um meinen Lesern ein Bild der Zukunft zu vermitteln - ein Bild, das jedesmal in anderer Weise phantastisch sein sollte und vielleicht sogar zum Nachdenken reizte.
Ich hatte Hazel all die Jahre belogen, aber nicht betrogen. Es war immer die gleiche Lüge gewesen, weil ich vor niemandem mein Geheimnis preisgeben konnte - nicht einmal vor der geliebten Frau.
Ich konnte selber nicht erklären, warum ich überhaupt ein Geheimnis daraus machte. Es geschah aus einem inneren Zwang heraus. Ich wagte nicht einmal, darüber nachzudenken, wenn ich nicht allein in diesem kleinen Zimmer weilte. Als fürchtete ich mich vor Gedankenlesern, die alles erfahren könnten, ohne daß ich das verhindern konnte.
Ein Geheimnis, das Hazel von mir fortgetrieben hatte.
Ich stützte die Arme auf den Schreibtisch und weinte wieder.
Auch Hazel hatte vier Stunden gebraucht, um ein Geheimnis zu wahren: Wo sie abgeblieben war. Aber was war in der restlichen Stunde geschehen? Hatte sie diese Zeitspanne benötigt, um zu packen?
Ich hörte auf zu weinen und starrte auf das dünne Manuskript auf dem Schreibtisch, völlig sicher, es niemals dort hingelegt zu haben. Hazel mußte das getan haben.
Nein sie hatte nicht eine Stunde lang gepackt. Ich wußte es in diesem Moment. Hazel war vielleicht nicht immer so ordentlich, wie ich es mir erträumte, aber sie konnte ihre gesamte Garderobe in einer Viertelstunde verstauen, ohne sie zu verderben. Ich hatte es oft genug erlebt.
Wieder betrachtete ich das dünne Manuskript. Warum hatte sie es hingelegt? Was war in dieser einen Stunde geschehen? Warum hatte sie von vier Stunden Vorsprung geschrieben? War es Absicht gewesen, dies zu betonen?
Ich las den Namen des Autors: »Hazel Fischer, nach der Story von Erno Fischer.« Eine Story von mir, die sie umgeschrieben hatte? Was sollte das? Meine Kehle wurde trocken. Ich fühlte mich plötzlich wie im Fieber. Noch ein Hinweis, außer dem Zettel? Ich ließ mich auf den Schreibtischsessel sinken und starrte das Manuskript an, weil ich es nicht wagte, es in die Hand zu nehmen. Ja, es war von Hazel. Sie hatte wie gewohnt die Blätter sehr unordentlich aufeinandergelegt. Das konnte mir nie passieren. Ich griff nach dem obersten Blatt. Meine Hände waren schweißnaß, und mein Atem beschleunigte sich, als ich den Titel las. Und dann begann ich, die Story zu lesen:
Das »Fischer-Syndrom«
Die Schergen der Konsumsicherung überfielen Hugo Konsument um Mitternacht. Sie trieben ihn mit Fausthieben und Fußtritten aus dem Bett, und als er sich wehren wollte, warf ihm einer die Kleider hin: »Anziehen!«
Hugo Konsument hatte Angst. Er zitterte. Niemand hatte gern mit der Konsumsicherung zu tun, und wenn die sich auf solch rüde Weise eines Opfers annahmen, dann gab es erfahrungsgemäß keine Rettung mehr.
Hugo Konsument schluchzte auf, weil er sich nicht mehr beherrschen konnte.
Der Anführer der Polizeigruppe griff nach der Elektropeitsche. Es blieb Hugo Konsument nichts anderes übrig, als sich schleunigst anzuziehen.
Er war noch nicht fertig, da packten sie ihn schon und stießen ihn durch die offene Tür.
Es war das erste Mal, daß er einen bescheidenen Einwand wagte: »Ich - ich brauche meinen Schlaf dringend, denn ich muß morgen mindestens fünf alte SF-Romane konsumieren!«
Einfach lächerlich gegenüber der hier praktizierten Gewalt. Das fand er im Nachhinein selber, und es brachte ihm einen Hieb mit der Elektropeitsche ein. Dabei hatte er noch Glück, denn das Gerät war auf kleinste Stärke eingestellt. Der Schock riß ihn nicht von den Beinen, und es blieb nur ein Brennen auf dem Rücken zurück.
Draußen war alles ruhig. Als hätte niemand etwas von der Verhaftung bemerkt. Hugo Konsument wußte es besser. Nicht nur Ignoranz brachte die Bewohner der SF-Verbraucherzentrale zu einer neutralen Haltung, sondern auch die Notwendigkeit, um diese Zeit den Schlaf zu pflegen. Schließlich hatten alle einen harten Tag vor sich.
Hugo Konsument stöhnte auf. Die Durchschnittsleistung pro Kopf und Tag betrug mindestens vier alte Heftromane oder drei Taschenbücher. Wahrhaft mörderisch. Nur am Wochenende durfte man sich entspannen - bei produktiver Arbeit. Hugo Konsument gehörte beispielsweise einem technischen Arbeitstrupp an, der am Wochenende Reparaturen durchführte. Diese Arbeit ließ er sich etwas kosten. Aber als guter SF-Verbraucher konnte man sich das leisten. Nur durfte man bei der Gehirnkontrolle am Freitag nicht auffallen. Irgendwann versuchte jeder einmal einen kleinen Betrug. Die Gehirnkontrolle blieb unbestechlich. Wehe, man hatte die vorgegebenen Romane nicht mit der notwendigen Sorgfalt gelesen. Drakonische Strafen wie Arbeitsentzug oder gar Zwangsfreizeit waren die Folgen.
Der Schnellgleiter wartete mit summendem Schwerkraftmotor. Die Schergen der Konsumsicherung - die gefürchtetste Polizeitruppe der Welt - warfen Hugo Konsument auf die Plattform.
Das war so die Art, mit einem Verhafteten umzugehen. Mit der Verhaftung verlor man jegliche Rechte. Die Konsumsicherung beschäftigte sich nur mit Kapitalverbrechen. Und Hugo Konsument schien sich eines Kapitalverbrechens schuldig gemacht zu haben, obwohl er keine Ahnung davon hatte.
Er hatte es noch nicht geschafft, auf der glatten Plattform Halt zu finden, als der Schnellgleiter auch schon startete.
Die Schergen der Konsumsicherung waren unerbittlich. Sie rasten im Höllentempo durch die Verkehrs- und Kommunikationsgänge und erreichten ihr Ziel bereits nach drei Minuten.
Hugo Konsument kannte das Ziel, und seine Panik wuchs mit jeder Sekunde.
Sie stoppten vor dem Erziehungszentrum!
Hugo Konsument wurde von der Plattform gezerrt. Gegen die Übermacht der Polizisten hatte er keine Chance. Sie trieben ihn durch das Hauptportal und durch einen langen, halbdunklen Gang. Der Gang endete vor der Richterwand.
Hugo Konsument ging schluchzend in die Knie.
Weltliches Gericht, was habe ich verbrochen? dachte er verzweifelt.
Das Richtergehirn zapfte seine Gedanken bereits an, denn es antwortete prompt: »Dir wird partieller Konsumverzicht vorgeworfen.«
Hugo Konsument stockte der Atem. Er vergaß sogar zu weinen. Er sollte kein fleißiger Verbraucher sein? Er, Hugo Konsument, der es bis auf zehn Heftromane pro Tag gebracht und dem man dafür bereits die »Goldene Nadel der Schnelleser« verliehen hatte?
Das mußte ein fatales Mißverständnis sein.
Hugo malte sich aus, was mit ihm alles geschehen konnte. Vielleicht durfte er am Wochenende nicht mehr arbeiten? Oder - noch schlimmer - man kürzte seine Arbeit auf Lebenszeit? Wollte man ihm gar einen Beamtenjob zuweisen?
Das war die schlimmste aller Strafen!
»Was hast du dazu zu sagen, Angeklagter?« Die Stimme des Richtercomputers riß ihn aus seinen trübsinnigen, pessimistischen Betrachtungen.
»Ein - ein Irrtum ist das«, stotterte er. »Ja, ein Irrtum. Ich - ich habe mein Verbrauchersoll stets erfüllt. Mehr noch, ich habe oftmals mein Soll über...«
»Das stimmt, Hugo Konsument, Angeklagter vor dem höchstrichterlichen Computertribunal der vereinten Konsumsicherung!« bestätigte ihm die Schaltwand.
Hugo Konsument vergaß zu atmen. Man gab ihm recht? Hatte er sich verhört? Ja, warum war er denn eigentlich hier, wenn man ihm keinen Konsumverzicht vorwarf?
Der Computerrichter brachte es ins rechte Lot: »Wir sprachen nicht von einem allgemeinen Konsumverzicht, Hugo Konsument, sondern von einem partiellen.«
Allmählich wurde dem Angeklagten klar, daß mit dieser Eröffnung seine letzten Hoffnungen schwinden mußten. Nein, man wurde nicht vor die höchstrichterliche Schaltwand zitiert, wenn es keine triftigen Gründe gab.
Und: Jetzt sind sie mir doch noch auf die Schliche gekommen!
Ein Gedanke, gegen den er sich gewehrt hatte, mit aller Vehemenz. Er hatte es selber nicht wahrhaben wollen. Es erschien ihm unmöglich. Doch jetzt konnte er ihn nicht mehr zurückhalten.
Der unparteiische Computer, der seine Gedanken überwachte, reagierte prompt darauf: »Wir haben auch schon einen Namen für deinen groben Verstoß gegen die Konsumbestimmungen.«
Also doch Beamter! Hugo fühlte sich wie ein Todeskandidat: Endloses Frühstück, fünf Zeitungen konsumieren, Schreibtischschlaf, Sekretärinnenflirt - und das an den heiligen Wochenenden, wenn jeder anständige Bürger schwer arbeiten durfte!
Jetzt gab es auch die letzten Hoffnungen nicht mehr.
Hugo Konsument barg das Gesicht in den Händen und spürte seine ganze Welt in Scherben gehen.
Die Schergen der Konsumsicherung richteten ihn gewaltsam wieder auf. Sie galten als Höchstprivilegierte, denn sie durften ihre Arbeit nicht nur an Wochenenden, sondern sogar nachts tun!
Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme des Computers: »Deine Schuld ist klar und unwiderruflich festgestellt. Die letzten Beweise sind gesammelt. Die Anklage läuft unter dem Namen Fischerverzicht! - Du, Hugo Konsument, bist der Erno-Fischer-Verzichter! - Ja, Angeklagter, du hast deine Pflichten als gewissenhafter Science-Fiction-Verbraucher sträflich vernachlässigt. Alles liest du, wie es dir aufgetragen wird und wie es sich gehört, und nur Romane des Schriftstellers Erno Fischer rührst du nicht an.«
Nein! schrien Hugos Gedanken. Dabei hatte er sich damals glücklich geschätzt, als ihn die Interessenschnüffler zum Science-Fiction-Lesen und -Verbrauchen einsetzten. Womöglich hätte man ihn sonst noch als Fernsehzuschauer verdingt? Die ganze Woche, von morgens bis abends, Fernsehen - und dann auch noch deutsches Programm!
Hugo schüttelte sich unwillkürlich.
Bier und Knabbergebäck hätte er dabei auch noch konsumieren müssen. Das gehörte dazu.
Wie ich diese Welt hasse! Dabei hat alles so harmlos begonnen - damals, Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts, als man plötzlich die Energie- und Rohstoffkrise der Welt in den Griff bekommen hatte.
Vorher sei der Konsumzwang sogar freiwillig gewesen und Konsumverzicht nicht etwa strafbar, sondern hätte angeblich als nobel gegolten. Hugo Konsument hatte das böse Gerücht irgendwo gehört und zweifelte heute noch daran. Jemand, der freiwillig den Fernseher einschaltete oder einen Roman zur Hand nahm? Ihm wurde jedesmal übel, wenn er nur daran dachte. Einfach unvorstellbar. So verrückt konnten die Menschen niemals gewesen sein. Womöglich hätten sie sich dann auch noch vor der Arbeit gedrückt? Hugo Konsument hätte schallend gelacht, wäre die Situation nicht so bitterernst gewesen.
Die unerbittliche Stimme der richterlichen Schaltwand zwang ihn in die Wirklichkeit zurück: »Was hast du zu dieser schwerwiegenden Anklage zu sagen, Hugo Konsument?«
Hugo ballte die Hände zu Fäusten. Er nahm allen Mut zusammen. Er mußte es sagen, denn es blieb ihm keine Wahl mehr. Er war sowieso verloren. Schlimmer als Beamter zu werden - das konnte ihm jetzt nicht mehr passieren.
»Ich - ich bin - selber Erno Fischer!« brachte er mühsam hervor.
Jetzt war es heraus, endgültig und unwiderruflich.
Hinter der hochrichterlichen Schaltwand ratterte und ächzte es bedenklich.
»Erklärung - Erklärung - Erklärung!« schnarrte die Computerstimme und: »Unlogisch - unlogisch!«
Die Angst fiel plötzlich von Hugo Konsument ab.
Er hatte nichts mehr zu verlieren, sondern nur noch alles zu gewinnen.