Reisende zwischen vielen Planeten: 5 Science Fiction Abenteuer - Wilfried A. Hary - E-Book

Reisende zwischen vielen Planeten: 5 Science Fiction Abenteuer E-Book

Wilfried A. Hary

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer von Wilfried A. Hary: (399XE) Der Mann, der nie geboren wurde Wege im Nirgendwo Wanderer zwischen den Planeten Die Reise zum Atom Das Ende der Hoffnung Der Bordcomputer hatte Spencers Gedanken beherrscht und ihn die Geschichte erleben lassen, als wäre er dabei Gast an Bord des Schiffes gewesen. »Hatten die vor meiner Flucht von der Erde nach Mikro deshalb so großes Interesse an meinen Forschungsergebnissen, weil sie sich Sorgen um das verschwundene Raumschiff machten?« fragte er laut. Ein faszinierender Gedanke, der ihn sofort in seinen Bann schlug. Der Bordcomputer redete mit seinen telepathieähnlichen Energien noch immer auf ihn ein, doch Spencer, der jetzt die Umstände erkannt hatte, konnte sich dagegen wehren. Kurz »hörte« er hin. Der Computer wollte ihn wieder in die Geschichte einwickeln, wollte ihm den Rest erzählen, doch Meta hatte etwas dagegen. Das seltsame Wesen stoppte direkt an der Seite des Schiffes. Spencer trat an die Reling. Was war denn los mit seinem Freund? Meta ließ ihm keine Zeit für weitere Überlegungen. Sein Greifarm schnellte empor und packte Spencer unsanft. Schreiend ruderte der Professor mit Armen und Beinen. Es nutzte ihm nichts. Er landete auf dem Rücken von Meta. Und dann begann das Flugwesen auch schon mit seinem rasenden Startlauf. Bedauernd blickte Spencer zurück auf das Segelschiff. Ja, er hätte gern den Rest der phantastischen Reise, einschließlich Absturz, miterlebt, aber er wußte auch so schon das Ende: Die Überlebenden hatten das Segelschiff gebastelt und waren selber nicht mehr am Leben. Vielleicht war der Bordcomputer nicht einmal unschuldig daran?

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Wilfried A. Hary

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Inhaltsverzeichnis

Reisende zwischen vielen Planeten: 5 Science Fiction Abenteuer

Copyright

Der Mann, der nie geboren wurde

Herr der Galaxien 8 - Im Nirgendwo

Wege im Nirgendwo

Wanderer zwischen den Planeten

Die Reise zum Atom

Das Ende der Hoffnung

Reisende zwischen vielen Planeten: 5 Science Fiction Abenteuer

Wilfried A. Hary

Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer

von Wilfried A. Hary:

Der Mann, der nie geboren wurde

Wege im Nirgendwo

Wanderer zwischen den Planeten

Die Reise zum Atom

Das Ende der Hoffnung

Der Bordcomputer hatte Spencers Gedanken beherrscht und ihn die Geschichte erleben lassen, als wäre er dabei Gast an Bord des Schiffes gewesen.

»Hatten die vor meiner Flucht von der Erde nach Mikro deshalb so großes Interesse an meinen Forschungsergebnissen, weil sie sich Sorgen um das verschwundene Raumschiff machten?« fragte er laut. Ein faszinierender Gedanke, der ihn sofort in seinen Bann schlug.

Der Bordcomputer redete mit seinen telepathieähnlichen Energien noch immer auf ihn ein, doch Spencer, der jetzt die Umstände erkannt hatte, konnte sich dagegen wehren. Kurz »hörte« er hin. Der Computer wollte ihn wieder in die Geschichte einwickeln, wollte ihm den Rest erzählen, doch Meta hatte etwas dagegen. Das seltsame Wesen stoppte direkt an der Seite des Schiffes.

Spencer trat an die Reling. Was war denn los mit seinem Freund?

Meta ließ ihm keine Zeit für weitere Überlegungen. Sein Greifarm schnellte empor und packte Spencer unsanft. Schreiend ruderte der Professor mit Armen und Beinen. Es nutzte ihm nichts. Er landete auf dem Rücken von Meta. Und dann begann das Flugwesen auch schon mit seinem rasenden Startlauf. Bedauernd blickte Spencer zurück auf das Segelschiff. Ja, er hätte gern den Rest der phantastischen Reise, einschließlich Absturz, miterlebt, aber er wußte auch so schon das Ende: Die Überlebenden hatten das Segelschiff gebastelt und waren selber nicht mehr am Leben. Vielleicht war der Bordcomputer nicht einmal unschuldig daran?

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER A.PANADERO

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

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Alles rund um Belletristik!

Der Mann, der nie geboren wurde

Die Raumflotte von Axarabor - Band 218

von Wilfried A. Hary

Der Umfang dieses Buchs entspricht 82 Taschenbuchseiten.

Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.

Der Planet ÄHMISCH gehört dem gleichnamigen Volk religiöser Eiferer, die jegliche Technik und jeglichen Fortschritt als wahres Teufelswerk vollkommen ablehnen. Deshalb denken sie sich nichts Böses dabei, als plötzlich ein Fremder unter ihnen auftaucht, der nicht zu ihnen gehört und dessen Absichten niemand auch nur ahnen kann. Mit weitreichenden Folgen…

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© Serienidee Alfred Bekker und Marten Munsonius

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Alles rund um Belletristik!

1

Die Ähmisch hatten sich ihr eigenes Paradies erschaffen. Vor zehn Generationen, als sie einen Planeten zugebilligt bekamen vom Sternenreich von Axarabor, nur für sie selbst. Wo sie verbunden mit der Natur leben konnten, fernab von all jenem, was ihrer Meinung nach der Teufel selbst an Zivilisation erschaffen hatte. Mit einer einzigen Ausnahme: Auf der anderen Seite des Planeten, also maximal weit entfernt von ihren kleinen Ansiedlungen, die mehr eine scheinbar willkürliche Anordnung von Gehöften waren, befand sich nach wie vor der weitgehend automatisierte Raumhafen mit der Vertretung von Axarabor vor Ort.

Und noch mit einer zweiten kleinen Ausnahme: Jene Elektroschocker, die zufällig so aussahen wie Vibratoren für gewisse Anwendungen, von denen die Ähmisch allerdings noch nicht einmal etwas ahnten.

Diese Elektroschocker waren nötig, denn weil sie selbst grundsätzlich auf jegliche Technik verzichteten, waren sie auf Arbeitstiere angewiesen. Und als solche eigneten sich die Proporz ganz besonders. Woher diese Bezeichnung stammte, wusste niemand mehr zu sagen. Es handelte sich dabei jedenfalls um Riesenkäfer, die extrem friedlich und gutmütig waren. Sie besaßen keine natürlichen Feinde, weil Fressfeinde keine Chance hatten, ihren diamantharten Panzer zu knacken. Außerdem ernährten sie sich rein vegetarisch. Gerade so wie die Ähmisch, die im Namen ihres Weltenerschaffers Setna sich ausschließlich naturgemäß ernährten. Was sie halt als naturgemäß ansahen.

Dabei war der Planet ÄHMISCH immerhin so überreichlich mit äußerst fruchtbarem Boden gesegnet, dass trotz der primitiven Bestellung ihre Felder genügend erwirtschafteten, um organisiert von der Vertretung von Axarabor über den Raumhafen Lebensmittel in das Sternenreich zu exportieren. Um damit nach und nach alle Schulden abzuzahlen, die ihnen bei der Übergabe dieser Welt aufgebürdet worden waren.

Die Lebensmittel aus der Ähmisch-Produktion galten als ganz besonders wertvoll und erzielten horrende Preise auf dem interplanetarischen Markt für Luxusgüter. Dennoch waren die Schuldenberge natürlich auch nach der zehnten Generation noch längst nicht abbezahlt. Man rechnete mit noch insgesamt mindestens einhundert Generationen. Zumal ja der Schutz durch die Raumflotte von Axarabor ebenfalls bezahlt werden musste, was die Rückzahlung der Schulden verzögerte.

Für die Ähmisch allerdings kein Problem. Sie verschwendeten keinen Gedanken daran, weil sie ihr Tagwerk gern erledigten. Es hätte ihnen jedenfalls weit mehr Sorgen bereitet, hätten sie mit der Überproduktion nicht die Schulden abbezahlt, sondern hätten sie für sich selbst übrig gehabt. Was hätten sie denn mit all dem Geld eigentlich anfangen können? Sie brauchten doch nichts weiter als sich selbst und die Natur, die sie sich untertan gemacht hatten.

Und um neue Elektroschocker zu kaufen natürlich, falls die alten kaputt gingen. Weil keiner von ihnen wusste, wie die Dinger überhaupt funktionierten. Sie wussten lediglich, dass man ohne sie die Proporz nicht steuern konnte. Denn das war das einzige, was bei ihnen wirkte, was sogar den diamantharten Panzer durchdrang: Elektroschocks. Wobei das für die Proporz garantiert nicht mit Schmerzen verbunden war. Das kitzelte sie höchstens.

Alles Umstände, die weit davon entfernt waren, die Gedanken von Bauer Ion zu bestimmen. Er führte voller Hingabe vielmehr den Pflug, der von einem seiner Proporz gezogen wurde, was für das sechsbeinige Tier, das beinahe eine Tonne wog, wobei es die Größe einer kleinen Hütte hatte, geradezu eine Leichtigkeit war. Die Ähmisch bildeten sich ein, dass ihren Nutztieren die Arbeit sogar riesigen Spaß machte. Und vielleicht traf das ja sogar zu. Obwohl es natürlich noch niemand jemals geschafft hatte, einen Proporz nach seiner eigenen Meinung zu fragen. Er hätte sowieso keine Antwort erhalten.

Anderes bewegte Ion, wenn überhaupt. Beispielsweise die sich drohend auftürmenden Wolken am fernen Horizont, über der brettebenen landwirtschaftlich genutzten Fläche. Ein ziemliches Unwetter, das niemand vorausgesehen hatte, und der nächste Unterschlupf war immerhin so weit entfernt, dass er es wohl nicht rechtzeitig schaffen konnte, ihn zu erreichen.

Es passte Ion ganz und gar nicht. Obwohl er keineswegs jetzt von Angst gepeinigt wurde vor diesem Unwetter. Wenn es wirklich schlimm wurde, konnte er hinter seinem Proporz Deckung suchen. Das Tier brauchte sich nur flach auf den Boden zu pressen, um von keinem Sturm mehr umgeworfen werden zu können. Und wenn sich Ion klein genug machte, wurde er dahinter ebenfalls von dem Panzer geschützt.

Nein, es ging Ion eigentlich nur darum, dass er dadurch aller Voraussicht nach sein Tagwerk nicht vollenden konnte. Das brachte seinen Arbeitsablauf deutlich durcheinander, was ihm eben erheblich gegen den Strich ging.

Und dann ging es ziemlich schnell, was bei dem subtropischen Klima in der Region, in der sich die Ähmisch vor zehn Generationen niedergelassen hatten, nicht unüblich war. Er nahm halt wie beabsichtigt Deckung hinter dem Panzer seines Proporz, um dort abzuwarten, dass dieser hässliche Sturm endlich wieder vorüber ging, möglichst ohne empfindlichen Schaden auf seinem Feld zu verursachen.

Die Erfahrung lehrte ihn, dass es innerhalb von wenigen Minuten schon wieder vorbei sein konnte. Allerdings gab es auch Gewitterstürme, die länger anhielten. Wenn er großes Pech hatte, vielleicht sogar den restlichen Tag lang, und falls es besonders schlimm kam, sogar die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen. Verbunden auch noch mit sintflutartigen Regenfällen konnte das auch im Schutz hinter dem Panzer eines Proporz recht ungemütlich werden.

Es half alles nichts. Er musste einfach nur Geduld üben, so schwer es ihm auch fallen wollte. Und der Sturm kam mit solcher Wucht, dass er ohne den schützenden Panzer vor sich kaum eine Chance gehabt hätte. Einzelne Böen hätten ihn glatt vom Boden gepflückt und davon geweht.

So verharrte er hier in Kauerstellung und knurrte unwillig vor sich hin, obwohl das herzlich wenig nutzte, denn solch ein Unwetter konnte weder durch Unwillen noch durch ein aufrichtiges Gebet besänftigt werden.

Zwischen zwei besonders heftigen Böen gab es dann sogar einmal eine kleine Pause, wobei es beinahe windstill wurde. Sonst hätte er über das Tosen des Sturmes nicht die leisen Schritte hinter sich gehört.

Erschrocken fuhr er herum – und traute seinen eigenen Augen nicht, denn da kam ein Mann auf ihn zu. Er wirkte noch ziemlich jung und war splitternackt. Nicht nur, dass dies sehr ungehörig war, sondern bei einer solchen Wetterlage konnte das wahrhaft fatale Folgen haben. Bis hin zum Tod. Was fiel dem Fremden denn da ein?

Überhaupt wirkte er ein wenig ungewöhnlich. Also ganz abgesehen von der Tatsache, dass er splitternackt war und aufrecht und völlig ungeschützt während eines solchen Sturmgewitters hier über das Feld tappte: Seine Haut erschien rosig wie die eines neugeborenen Babys. Sie zeigte keinerlei Makel. Und der Mann schien Ion gar nicht zu sehen, obwohl er genau auf diesen zu tappte.

„He, du da!“, rief Ion ihm entgegen.

Das schien er zumindest zu hören, denn er blieb irritiert stehen und sah sich um. Endlich blieb sein Blick an Ion hängen, der sich immer noch tief hinter den Panzer seines Proporz duckte.

„Oh, Verzeihung!“, rief jetzt der Fremde zurück. „Ich habe dich gar nicht gesehen. Dachte, du gehörst zu dieser seltsamen kleinen Erhebung, wärst gewissermaßen ein Teil davon.“

„Hä? Das ist mein Zugtier, ein Proporz, das sich nieder kauert, um Schutz vor dem Sturmgewitter zu haben.“

„Und du kauerst dich schutzsuchend dahinter? Ganz schön clever von dir.“

„Aber es ist absolut gar nicht clever, wenn man aufrecht und dann auch noch nackt bei einem solchen Wetter durch die Gegend läuft!“, warf ihm Ion vor, wobei seine letzten Worte beinahe von der nächsten Sturmbö verschluckt wurden.

„Ach ja?“ Der Fremde schien nachzudenken. Er sah sich jetzt um und erweckte den Eindruck, als würde er jetzt erst bemerken, dass er auf freiem Feld stand.

Doch dann winkte er beruhigend ab.

„Ach, mich kümmert das nicht. Dieser Sturm kann mir nichts anhaben.“

„Das haben auch schon andere gemeint, und jetzt sind sie tot!“ Ion schüttelte fassungslos den Kopf. Doch dann fiel ihm ein: „Aber woher kommst du denn eigentlich? Ich habe dich noch nie bei uns gesehen. Dabei habe ich mir eingebildet, dass ich alle Ähmisch der Umgebung kenne.“

„Ähmisch? Nennt ihr euch so?“

„Ja, bist du denn selber kein Ähmisch?“

„Keine Ahnung, was ich bin.“

„Aber das musst du doch wissen. Wo kommst du überhaupt her? Vom Raumhafen? Aber der ist zwanzigtausend Kilometer entfernt jenseits des großen Meeres. Wie bist du überhaupt hierher gelangt?“

Der Fremde dachte nach.

„Ich weiß es nicht“, gab er kleinlaut zu.

Er sah sich erneut um.

„Ich weiß eigentlich gar nichts. Noch nicht einmal, was Ähmisch bedeutet.“

„Wir sind die Auserwählten Setnas, des Schöpfers des ganzen Universums“, klärte Ion ihn voller Stolz auf. „Deshalb leben wir in seinem Antlitz zu seiner ganzen Freude. Eins mit der Natur.“

Ion zögerte kurz. Dann fügte er hinzu:

„Allerdings nicht so weitgehend eins mit der Natur, dass es uns erlaubt wäre, nackt umher zu stolzieren. So wie du. Ganz im Gegenteil sogar.“

Der Fremde sah überrascht an sich hinab.

„Ach ja? Tatsächlich: Ich bin nackt. Und du bist angezogen? Seltsam.“

„Aber du musst doch wissen, wo du deine Kleidung gelassen hast!“, beharrte Ion.

„Ich weiß es wirklich nicht. Eigentlich weiß ich eben… gar nichts. Tatsächlich. Ich war ganz allein und bin einfach nur los gelaufen. Bis ich rein zufällig dich traf.“

„Rein zufällig?“ Ion schüttelte entschieden den Kopf. „So einen Zufall gibt es nicht. Ich bin weit und breit allein. Wenn man einfach los läuft, ist die Wahrscheinlichkeit, auf jemanden zu treffen, praktisch null. Es sei denn…“

„Es sei denn?“, hakte der Fremde hoffnungsfroh nach.

„Es sei denn, Setna hat dich geleitet!“

Der Fremde lauschte in sich hinein.

„Setna? Da ist kein Setna. Ich höre ihn jedenfalls nicht.“

„Man hört ihn nicht, sondern spürt ihn. Mit jeder Faser seines Daseins. Aber natürlich nur, wenn man zu den Auserwählten gehört.“

„Also ein Ähmisch ist?“

„Genau.“

„Dann bin ich also kein Ähmisch?“

„Du wurdest von Setna zu mir geführt. Also ist Setna auf jeden Fall mit dir. Obwohl du das selber nicht zu wissen scheinst.“

„Weil ich alles vergessen habe?“, sinnierte der Fremde laut.

„So wird es sein. Aber kauere dich neben mich, ehe dich der Sturm doch noch vom Feld pflückt wie eine überreife Frucht.“

„Du meinst, dass kann er tatsächlich?“

„Und ob! Die ersten Ähmisch auf dieser Welt hatten erst entsprechende bittere Erfahrungen sammeln müssen, ehe sie die Gefahr als solche richtig erkannt hatten.“

Ion erschrak regelrecht.

„Moment mal: Wenn du nicht von Raumhafen kommst – immerhin nackt über eine Distanz von zwanzigtausend Kilometern… Dann bist du vielleicht sogar von hier? Aber seit zehn Generationen hat es sich bestätigt, dass diese Welt kein intelligentes Leben trägt außer uns Zugereisten. Und du siehst aus wie ein rosa Mensch, völlig ohne Haare, aber mit normaler, tadelloser Gestalt. Wenngleich ziemlich muskulös, wenn ich das so frei bemerken darf.

Bist du etwa…?“

Ion ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.

Der Fremde kauerte sich dicht neben ihn, was Ion ziemlich unangenehm war, wenn er ehrlich zu sich selbst sein wollte, aber hatte er ihn nicht selbst dazu eingeladen?

„Was soll ich denn sein?“, erkundigte sich der Fremde in freundlicher Unschuld.

„So etwas wie ein Ureinwohner dieser Welt?“

Abermals dachte der Fremde angestrengt nach. Dann schüttelte er bedauernd den Kopf.

„Ich kann mich wirklich nicht erinnern!“, beteuerte er.

„Aber du sprichst sogar meine Sprache, als wärst du gemeinsam mit mir hier aufgewachsen!“, bemerkte Ion jetzt.

Der Fremde sah ihn überrascht an.

„Tatsächlich, du hast recht. Es ist, als wäre ich doch einer von euch.“

„Kannst du aber nicht sein, weil ich das sonst wüsste!“, trumpfte Ion auf.

Er schüttelte ebenfalls den Kopf.

„An einen Namen kannst du dich wohl auch nicht erinnern?“

„Nein, leider!“

„Ich nenne dich Rosa. Wegen deiner Hautfarbe. Wärst du damit einverstanden?“

Der Fremde zuckte gleichmütig mit den Achseln.

„Ganz wie du willst.“

Ion hob den Daumen.

„Ah, der Sturm ebbt ab. Wir können uns jetzt wieder aufrichten.“

Kaum hatte er ausgesprochen, erhob sich auch sein Proporz wieder auf seine sechs Beine.

„Allerdings werde ich meine Arbeit abbrechen müssen. Deinetwegen, Rosa. Ich gebe dir meine Jacke. Die kannst du dann um die Hüften binden, damit es ein wenig schicklicher aussieht, wenn ich dich zu meinem Haus bringe. Meine Familie wird Augen machen, wenn ich ihnen einen rosa Mann mitbringe.“

Er lachte in Vorfreude darauf.

Der Fremde, den er Rosa nannte, lachte nicht mit. Er wirkte vielmehr sehr ernst, vielleicht sogar besorgt.

2

Das Erstaunen von Ions Familie war in der Tat sehr groß, als er mit dem „rosa Mann“ viel zu früh von der Feldarbeit nach Hause zurückkehrte.

Seine Frau Tiara reagierte allerdings nicht nur erstaunt, sondern nach den entsprechenden Erklärungen ihres Mannes ziemlich ungehalten:

„Ein rosa Mann? Einer, der seinen eigenen Namen nicht einmal kennt und nicht weiß, woher er kommt?“

Ion nickte ernst.

„Als wäre er direkt vom Himmel gefallen!“, bestätigte er.

„Dann ist er gar mit einem Raumschiff abgestürzt und hat dabei das Gedächtnis verloren?“, rief sie erschrocken.

„Nein, das kann nicht sein“, beschwichtigte Ion sie rasch. „Bedenke, unsere Welt wird permanent geschützt von der Raumflotte von Axarabor. Diese wäre längst schon hier, wenn er wirklich mit seinem Raumschiff abgestürzt wäre.“

Mit verkniffener Miene nickte jetzt auch sie.

„Da hast du allerdings recht. Aber wir sollten das trotzdem sogleich melden. Es ist ja nicht unsere Aufgabe, irgendwelche Fremden aufzunehmen, die rosa aussehen.“

„Melden? Wie denn? Soll ich jetzt zu den anderen Gehöften eilen, um jeden in Kenntnis zu setzen? Wir müssten sowieso warten, bis der Lastengleiter zum Zentrallager kommt, um dort unsere Ware abzuholen und zum Raumhafen auf der anderen Seite der Welt zu bringen. Erst dann könnten wir die Nachricht mit versenden. Und dann? Rosa wurde uns von Setna geschickt. Eindeutig. Sonst hätte er nicht ganz speziell eben mich gefunden, allein auf weiter Flur.“

Tiara sah ihren Mann an, als würde sie an dessen Verstand zweifeln. Doch seine Argumente waren nicht völlig von der Hand zu weisen.

Trotzig schob sie ihr Kinn vor und beäugte den Fremden argwöhnisch.

„Rosa, eh?“

„Ja“, antwortete dieser unschuldig. „Dein Mann hat mich so genannt. Weil ich sonst keinen Namen habe.“

„Und keine Kleider? Denn das ist eindeutig die Jacke meines Mannes, da, um deine Hüften herum.“

Rosa schickte sich an, den Knoten der beiden Ärmel zu lösen, mit dem die Jacke fixiert war.

„Nein!“, schrie sie erschrocken. „So war das jetzt nicht gemeint!“

Ion bot sich an:

„Ich gebe ihm etwas von mir zum Anziehen.“

„Das wird ihm wahrscheinlich nicht richtig passen“, gab Tiara zu bedenken. „Er ist ein wenig größer und muskulöser als du.“

„Ach, meine Kleider sind zwar einfach, aber bequem weit geschnitten. Es käme wohl auf einen Versuch an.“

„Rosa?“ Kopfschüttelnd betrachtete Tiara wieder den hochgewachsenen Mann mit der rosa Hautfarbe und der perfekten Figur. Nicht nur die deutlich hervortretenden Bauchmuskeln waren beeindruckend. Und wenn Rosa sich bewegte, tat er es so behände wie die sprichwörtliche Raubkatze.

„Der sieht eher aus wie ein Krieger als ein Bauer“, war ihre Schlussfolgerung. „Was willst du denn mit dem überhaupt anfangen auf dem Feld?“

„Ich kann arbeiten!“, versprach Rosa rasch. „Was ich nicht auf Anhieb vermag, das kann ich lernen.“

„Wie kannst du da so sicher sein, wenn du dich an nichts erinnern kannst?“

Ion mischte sich ein:

„Wir werden es sehen und erleben. Also erst einmal einkleiden. Und hast du Hunger, Rosa?“

„Eigentlich nicht“, antwortete dieser zögernd.

„Wir haben sowieso nur genug für die Familie. Sollen denn die Zwillinge seinetwegen hungern?“, warf Tiara ihrem Mann vor.

Rosa winkte beruhigend mit beiden Händen ab.

„Bitte, ich will wirklich keine Umstände machen. Wenn ich unerwünscht bin, gehe ich einfach.“

Abermals schickte er sich an, die verknoteten Ärmel zu lösen.

„Nein, halt, warte!“, verlangte Tiara in aufkeimender Panik.

Sie wandte sich an ihren Mann.

„Also gut, wir versuchen es einfach einmal. Unsere Felder sind groß genug, und eine zusätzliche Arbeitskraft gegen Verpflegung und Unterkunft wäre auch nicht unbedingt schlecht. Zumindest zur Probe. Aber wehe, Rosa hält nicht, was er verspricht…“

Ion war damit bereits zufrieden. Eigentlich tat er ja immer so, als sei er der Herr im Haus. Dabei war jedem Eingeweihten klar, wer hier wirklich das Sagen hatte. Eben wie meistens bei den Ähmisch: Die Frauen. Sie schoben ihre Männer bloß vor, um ihre Entscheidungen durchzusetzen. Das hatte sich bewährt, und das war längst zur Tradition geworden.

Rosa zeigte sich dennoch unsicher. Bis Ion ihn am Arm packte und mit sich zog.

Widerstrebend ging Rosa mit Ion zu der winzigen Kammer, in der Ion gemeinsam mit seiner kleinen Familie seine nicht sonderlich umfangreichen Kleidungsstücke aufbewahrte.

Die sechsjährigen Zwillinge Aaron und Pavis, die sich die ganze Zeit über aus allem herausgehalten und lediglich mit großen Augen Rosa beobachtet hatten, folgten neugierig. Bis Tiara sie in ihrer herrischen Art zurückpfiff.

Wenig später kehrte Ion mit Rosa zurück. Die einfach und ziemlich grob aus Sackleinen gefertigten Kleider saßen bei diesem ziemlich straff, aber sie saßen. Rosa konnte sich darin einwandfrei bewegen. Es war nicht ganz so dramatisch wie von Tiara befürchtet.

„Ich möchte vorerst nichts essen!“, verkündete er zur Freude Tiaras. „Ich will zuerst Speise und Trank verdienen, ehe ich es beanspruche. Nichts soll mir geschenkt werden.“ Er deutete auf sich selbst. „Auch nicht diese Kleider, die mir Ion dankenswerter Weise überlassen hat. Ich werde ihren Wert abarbeiten.“

„Wir werden sehen!“, entgegnete Tiara ein wenig mürrischer als beabsichtigt.

3

Die nächsten Tage und Wochen erwies sich Rosa als hilfsbereiter und sehr tüchtiger Feldarbeiter, dem wirklich nichts zu viel war. Darüber hinaus war er äußerst genügsam und umgänglich. Für die Zwillinge war er so eine Art Spielkamerad geworden, mit dem sie allerlei Schabernack trieben, was Rosa mit einer wahren Himmelsgeduld über sich ergehen ließ.

Er war zwar kein Ähmisch, aber er hatte keinerlei Probleme damit, an den regelmäßigen, inbrünstig vorgetragenen Gebeten teilzunehmen, gemeinsam mit der ganzen Familie. Nicht nur vor und nach jeder Mahlzeit, wobei er nur wenig Nahrung für sich selbst beanspruchte, trotz seiner imposanten Erscheinung.

Wenn Besuch kam und Rosa sich im Haus aufhielt, versteckte er sich jedes Mal. So war bis jetzt geheim geblieben, dass er überhaupt existierte. Und nach wie vor konnte er sich an nichts erinnern. Als sei er aus dem Nichts aufgetaucht, ohne jegliche Vorgeschichte. Was allerdings im Widerspruch dazu stand, dass er immerhin genauso sprach wie die Ähmisch. Ob er auch noch andere Sprachen beherrschte, wusste er selber nicht zu sagen.

Und dann kam jener Abend, als sich plötzlich während der Mahlzeit die Tür öffnete und der Nachbar der Familie Ion, der nur etwa einen Kilometer weiter weg seinen Hof betrieb, darin erschien.

Ein Überraschungsbesuch. Wahrlich. Sorum, der Nachbar, war allerdings der beste Freund Ions, und nur deshalb erdreistete er sich, hier einzutreten, ohne vorher anzuklopfen, wie es eigentlich auch unter den Ähmisch üblich war.

Erschrocken fuhren alle herum. Auch Rosa, für den es jetzt zu spät war, in Deckung zu gehen.

Kein Wunder, dass die Überraschung auch ganz auf Seiten Sorums war.

„Entschuldigung!“, murmelte er verdattert. „Ich wollte euch überraschen mit meinem Besuch, weil ich eine Neuigkeit habe, aber wie ich sehe, ist die Neuigkeit eher auf eurer Seite.“

„Neuigkeit?“, tat Ion verlegen. „Äh, ja, das ist übrigens Rosa. Er ist neu hier. Zu Besuch.“

„Aha? Ich habe ihn noch nie gesehen. Wo kommt er denn her?“

„Von weiter weg“, gab Ion ausweichend Auskunft. „Befindet sich sozusagen auf der Durchreise.“

„Und wo will er hin?“

„Auf die andere Seite“, blieb Ion vage. „Ich weiß das selber nicht so genau. Er erzählte uns, er habe den dringenden Wunsch, Verwandte zu besuchen. Ist schon seit vielen Tagen zu Fuß unterwegs. Wir haben ihn zu uns eingeladen.

Und welche Neuigkeit hast du uns zu bieten?“, fügte er rasch hinzu, ehe Sorum noch auf die Idee kam, weitere Fragen zu stellen, die Ion unmöglich beantworten konnte.

Sorum schloss hinter sich Tür und trat näher, Rosa nicht aus den Augen lassend.

„Nun, der große Lastengleiter vom Raumhafen war im Zentrum. Heute. Ich war zufällig ebenfalls dort. Habe Feldfrüchte angeliefert, um meine Scheune zu räumen. Der Lastengleiter brachte eine schriftliche Benachrichtigung mit. Eine Art Flyer. Einen ganzen Packen davon. Für uns alle. Du kriegst ihn als erster, Ion. Deshalb bin ich direkt hierhergekommen. Mit meinem Kutschwagen. Habt ihr mich draußen nicht kommen hören?“

Ion verneinte. Sorum ließ unterdessen nicht seine Augen von Rosa, der sich allerdings völlig unbekümmert gab. Was hinter seiner hohen Stirn vorging, war nicht einmal zu ahnen.

Da Sorum nicht sofort weitersprach, hakte Ion nach:

„Was ist nun mit dieser schriftlichen Nachricht?“

„Darin steht, dass es in der Gegend laut Ortung irgendeine Auffälligkeit gegeben hat, die nicht näher bezeichnet werden kann. Aufklärungssonden haben jedenfalls nichts vorgefunden. Wir sollen einfach die Augen offen halten.“

„Auffälligkeiten?“, rief jetzt Tiara alarmiert. „Welcher Art denn?“

„Kein Ahnung halt. Ich habe dieses technische Geschwafel leider nicht verstanden. Die haben angeblich irgendetwas geortet, wohl im Umkreis von mindestens tausend Kilometern, also bis nach weit außerhalb der von uns Ähmisch besiedelten Zone. Ohne es eben selber näher bezeichnen zu können, wenn ich das so richtig lese.“

Er griff in die Tasche und brachte ein weißes Blatt hervor, mit dem er vor ihnen herum wedelte.

„Darauf steht alles.“

„Aber wie sollen wir die Augen offenhalten, wenn wir nicht einmal ahnen können, worauf wir überhaupt achten müssen?“, wunderte sich Tiara kopfschüttelnd.

„Das allerdings habe ich mich ebenfalls gefragt“, pflichtete ihr Sorum bei. „Also ich für meinen Teil, mir ist überhaupt nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Und euch?“

Ion zuckte mit den Achseln.

„Alles normal“, beteuerte er.

„Und du?“ Sorum deutete mit dem Kinn auf Rosa. „Was ist mit dir? Hast du auf dem Weg hierher etwas Ungewöhnliches bemerkt, oder etwas, was irgendwie anders war?“

Rosa lachte jetzt amüsiert.

„Was sollte das denn sein? Nun, mir sind ein paar wirklich gefährliche Tiere unterwegs begegnet. Ja, die gibt es immer noch. Aber eigentlich sind sie nach wie vor äußerst scheu, was Menschen betrifft. Ich musste mich nicht verteidigen. Überhaupt meiden sie ja eher den Bereich der Besiedlung noch nach zehn Generationen. Zum Glück. Und ansonsten? Nein, alles ist gut. Ich bin nur heilfroh, dass ich endlich mal wieder hier eine richtige Mahlzeit zu mir nehmen kann und nicht nur auf Wurzeln und Früchte von unterwegs angewiesen bin.“

„Ja, kennst du dich denn mit einheimischen Früchten und Wurzeln gut genug aus, um sie gefahrlos essen zu können?“, wunderte sich Sorum.

„Aber natürlich! Ich habe mein Gehöft am Rande der Gesamtbesiedlung. Da kommen auch die Raubtiere manchmal gefährlich nah. Es ist jedenfalls gefährlicher als hier, inmitten des Gebietes der Ähmisch. Man muss ständig auf der Hut sein, um ihnen möglichst nicht überraschend zu begegnen. Damit sie Zeit genug haben, sich vor einem zurückzuziehen. Und natürlich gibt es jenseits meiner Felder noch weitgehend unberührte Natur. Da ist es angebracht, sich auszukennen, nicht wahr?“

Sorum nickte, offensichtlich zufrieden mit dieser Antwort, und wandte sich endlich direkt an Ion.

„Ich lasse die schriftliche Mitteilung einfach da. Natürlich habe ich mir einige eingepackt, die ich auch noch an die umliegenden Gehöfte verteilen möchte. Ich bin gespannt darauf, ob denen irgendetwas aufgefallen ist.“

„Wirst du es mir dann berichten?“, fragte Ion.

„Aber natürlich, mein Freund. Sei Setna mit dir und den Deinigen. Und natürlich mit deinem Gast!“, fügte er noch rasch hinzu, bevor er sich abwandte und wieder das Haus verließ.

Alle lauschten gebannt. Diesmal hörten sie das Rollen des abfahrenden Kutschenwagens und das leise Tapsen des sechsbeinigen Zugtieres.

Für Reisekutschen gab es eine spezielle Züchtung von Proporz. Sie waren schlanker und wesentlich schneller unterwegs auf ihren sechs Beinen. Damit konnte man für die Begriffe der Ähmisch recht flott an sein Ziel gelangen. Beinahe zehnmal schneller als zu Fuß. Wobei die Zugtiere schier unermüdlich waren.

Jetzt erst löste sich die Spannung bei allen. Auch bei den Zwillingen, die sich sehr tapfer gehalten hatten.

„Das war knapp!“, kommentierte Tiara. „Was poltert der auch einfach so hier herein?“

„Ist halt Sorum“, verteidigte Ion reflexartig seinen alten Freund. „Du kennst ihn ja.“

„Vor allem Sorum der Neugierige. Da wird behauptet, Weiber seien neugierig. Das meinen aber auch nur diejenigen, die Sorum noch nicht kennen!“

Ion sagte lieber nichts mehr dazu. Vor allem, weil seine Frau natürlich recht hatte.

Rosa räusperte sich verhalten.

„Äh, dann werde ich jetzt wohl nicht mehr länger bleiben dürfen?“, meinte er bedauernd.

„Wer sagt denn das?“, rief Ion bestürzt.

„Nun, du hast ihm gesagt, ich sei ein vorübergehender Gast“, erinnerte Rosa ihn. „Also wäre es nicht erklärbar, wenn ich das nächste Mal noch da wäre.“

„Wo willst du denn hin?“

„Ich weiß es nicht!“, gab Rosa bedrückt zu.

Tiara hatte sich das Blatt Papier vorgenommen und es kurz überflogen. Sorum hatte den Inhalt ja bereits erklärt. Da gab es zwar auch noch irgendwelche technischen Formulierungen, was jene unerklärliche Ortung betraf, ohne sie genauer eingrenzen zu können, aber mit solchen Formulierungen konnte natürlich kein Ähmisch etwas anfangen.

Ihr Blick heftete sich auf Rosa.

„Hast du denn damit irgendetwas zu tun?“

Rosa zog eine schmerzliche Miene:

„Wenn ich das selber wüsste… Ich kann es weder leugnen noch kann ich dem zustimmen. Wie denn auch, wenn mir jegliche Erinnerung fehlt?“

„Aber er spricht Ähmisch!“, mischte sich Ion ein. „Bedeutet das nicht, dass er einer von uns ist? Zumindest im weitesten Sinne des Wortes. Vielleicht kam er ja tatsächlich neu hierher, über den Raumhafen auf der anderen Seite, und hat danach irgendwie das Gedächtnis verloren?“

„Nein!“, entschied Tiara. „Wenn er offiziell hier wäre, hätte man uns das mitgeteilt. Ganz sicher. Zumal das seit zehn Generationen nicht geschehen ist. Es gab bis heute keine neuen Siedler mehr auf unserer Welt. Wir sind hier sozusagen ganz unter uns. Aber irgendwie muss diese Ortung mit Rosa zu tun haben. Wie auch immer.“

„Und was sollen wir jetzt tun?“, erkundigte Ion sich bang.

„Auf keinen Fall soll Rosa uns verlassen!“, entschied seine Frau für ihn. „Das wäre keine Lösung. Wir sollten stattdessen tatsächlich unsere Augen und Ohren offen halten. Vielleicht passiert ja noch etwas, mit dem wir das Erscheinen von Rosa sogar erklären könnten?“

„Und dann?“, hakte Ion sogleich nach.

„Nun, vielleicht ist es ja tatsächlich ein Fehler, ihn nicht zu melden, damit sich die Raumflotte von Axarabor um ihn kümmert, um mehr zu erfahren über seine Geschichte?“

Ion zeigte Anzeichen von Panik.

„Bloß nicht!“, rief er entsetzt. „Wie sollen wir denen denn erklären, dass der nun schon seit Wochen bei uns ist und uns eine wesentliche Hilfe war?“

„Richtig. Wir hätten das gleich tun müssen“, lenkte Tiara ein.

„Und jetzt ist es endgültig zu spät dafür!“, trumpfte Ion auf.

Rosa winkte ab.

„Letztlich ist das alles meine eigene Schuld. Ich hätte mich einfach stellen müssen. Hätte zu diesem Zentrum gehen sollen, um auf den nächsten Lastengleiter zu warten. Der hätte mich dann zum Raumhafen bringen können. Wenn ich tatsächlich etwas mit dieser eigenartigen Ortung zu tun habe, die anscheinend niemand einzuordnen vermag, dann würden die das herausfinden.“

„Und was würden sie dann mit dir anstellen?“, gab jetzt Ion zu bedenken. „Vielleicht würden sie dich aufschneiden, um nachzusehen, ob du wirklich ein Mensch bist?“

„Was denn sonst?“, schimpfte jetzt Tiara. „Wenn er kein Mensch wäre, hätten wir das in den vergangenen Tagen und Wochen sicherlich bemerkt. Er hat so eine Art Babyhaut, wie frisch geboren, was ihn ein wenig unterscheidet von uns. Das ist alles. Und ansonsten…“

Sie ließ den Rest des Satzes unausgesprochen.

„Dann bleibt es also so, wie es ist?“, erkundigte sich Ion bang und sah von Rosa zu seiner Frau und dann wieder zurück zu Rosa.

„Aber natürlich!“, antwortete Tiara überzeugt. „Was denn sonst? Haben wir denn noch eine Wahl?

Und die hat Rosa auch nicht!“, schloss sie überzeugt.

„Au ja, Rosa bleibt da! Rosa bleibt da! Hurra!“, riefen die Zwillinge begeistert im Duett.

4

Dass Sorum besonders neugierig war, blieb eine Binsenweisheit. Hinzu allerdings kam auch noch der Umstand, dass er überaus zur Schwatzhaftigkeit neigte. Und da es bei den Ähmisch praktisch nie etwas Neues zu berichten gab, weil alles stets geordneten Bahnen folgte, ganz zu Ehren Setnas, ihres allmächtigen Gottes, war ein Fremder in ihrer Mitte so etwas wie eine kleine Sensation. Noch sensationeller jedenfalls als die Mitteilung über irgendeine fremdartige und nicht zuzuordnende Ortung aus dem All, womit sowieso kein Ähmisch wirklich etwas anfangen konnte. So bodenständig, wie sie sich gaben.

Also verteilte Sorum nicht nur seine Flyer, was ihm allein schon das Gefühl gab, besonders wichtig zu sein, sondern plauderte frei und frank auch noch über Rosa, jenen überraschenden Gast bei Ions Familie, was er bei seinem noch überraschenderen Besuch hatte feststellen können.

Irgendwo war da auch noch ein leises Misstrauen in ihm gegenüber dieser Situation, da Ion bei ihrer letzten Begegnung noch vor wenigen Tagen kein einziges Wort über diesen Rosa hatte verlauten lassen.

Gut, es war ja durchaus möglich, dass dieser Rosa erst danach aufgetaucht war. Eben überraschend. Aber dennoch: Seit wann nahm Ion denn einen Wildfremden auf, den er noch nie zuvor zu Gesicht bekommen, ja, von dem er nie zuvor auch nur etwas erfahren hatte? Nur, um ihn reichlich zu beköstigen vor dessen Weiterreise wohin auch immer?

Schließlich kannte Sorum auch Tiara gut genug, um sich darüber zu wundern, dass die das einfach so mitmachte. Und außerdem war es ihm keineswegs entgangen, wie erschrocken alle auf sein plötzliches Erscheinen reagiert hatten. Anscheinend waren sie dermaßen abgelenkt gewesen, dass sie sein Kommen draußen gar nicht bemerkt hatten.

Jedenfalls plauderte er frei und frank bei jeder Begegnung über diese Umstände. Das verbunden mit den Aussagen auf jenem Flyer erweckte durchaus auch die Neugierde aller anderer Ähmisch. Sozusagen als kleine Würze für ihren geordneten und immer gleichförmigen Alltag.

Es war jedenfalls der Samen gelegt, aus dem allerlei Gerüchte sprießen konnten. Immerhin so flott auf reichlich fruchtbarem Boden, dass die abenteuerlichsten Theorien daraus abgeleitet wurden, schon nach wenigen Tagen. Die reichten von einer geheimen Invasion aus dem All, dermaßen im Verborgenen, dass die Raumflotte von Axarabor eben nur vage Ortungssignale empfangen konnte, bis hin zu der Frage, ob nun jener Rosa der eigentliche Invasor war. Möglicherweise ja nicht allein. Aber wo waren dann bloß all die anderen abgeblieben? Denn wieso war nur dieser eine überhaupt in Erscheinung getreten, um friedlich mit der Familie Ion gemeinsam zu speisen, anstatt seine fürchterlichen Invasionspläne durchzuführen?

Ein paar weitere Tage vergingen, und es gab eigentlich niemanden mehr, der nicht irgendein absurdes Gerücht zu Ohren bekommen hatte, und alles drehte sich rund um den Umstand: Geheimnisvolle Ortung und geheimnisvoller Fremder namens Rosa.

Die einzigen, die davon überhaupt nichts mit bekamen, waren Ion und seine Familie. Und natürlich Rosa selbst. Die „Ions“ lebten gemeinsam mit ihrem Gast weiter so, als sei alles unverändert geblieben. Wobei Ion genauso wie Rosa während der Feldarbeit kurioserweise selber auf irgendwelche Besonderheiten achtete, die vielleicht auftreten und auf jene geheimnisvolle Ortung aus dem Weltraum hätte hinweisen können.

Nichts dergleichen geschah. Außer dass irgendwann die Gerüchteküche dermaßen überkochte, dass sie sogar bis auf die andere Seite der Welt reichte. Namentlich bis zum Handelsbeauftragten von Axarabor am Raumflughafen Derviel Bondar, der mit seinem kleinen Mitarbeiterstab die Rückzahlungen und Schutzzahlungen der Ähmisch in Naturalien regelte. Er bekam es zu Ohren – und staunte nicht schlecht darüber.

Wenn er alles Absurde heraus rechnete, blieben immerhin jene beiden Umstände noch übrig: Zum einen eben die geheimnisvolle und unerklärliche Ortung, der man immer noch vergeblich nachging – und zum anderen der Umstand, dass da ein Fremder bei den Ähmisch aufgetaucht war, für den niemand eine überzeugende Erklärung zu haben schien.

Grund genug, dem nachzugehen?

Er sah es zumindest als seine heilige Pflicht an, die Raumflotte in Kenntnis zu setzen, die ja hier im Sonnensystem stationiert und fleißig mit weiteren Ortungsbemühungen beschäftigt war. Obwohl diese absolut gar nichts mehr brachten. Weil schlicht und einfach nichts mehr zu orten war.

Ob es tatsächlich hier einen Zusammenhang gab, konnte Derviel Bondar ja selber nicht beurteilen, und genau das war ja auch überhaupt nicht sein Auftrag. Er hatte jedenfalls seiner Pflicht als Bürger des Sternenreichs von Axarabor genügt und konnte sich befriedigt zurücklehnen, um die eigentliche Ermittlung anderen zu überlassen.

Und diese anderen kamen an Bord eines Beibootes, das nicht lange danach auf dem Raumhafen landete. Zwei Angehörige der Raumflotte in Zivil, was Bondar eigentlich wunderte. Sie stellten sich ihm auch nicht mit ihren Rängen vor, sondern tatsächlich mit ihren Namen:

„Sigmar Schuman!“

„Grigor Folsig!“

Zwei stattliche Männer unbestimmbaren Alters, die eher wie Polizisten wirkten denn als Soldaten in der Raumflotte. Wobei es nach Einschätzung Bondars ziemlich unwahrscheinlich erschien, dass die beiden auch an Bord ihres Kriegsschiffes in Zivil herumliefen. Aber anscheinend sollten sie mit ihren Uniformen auf einer Welt wie ÄHMISCH nicht zu sehr auffallen. Obwohl sie es auch in Zivil durchaus taten. Denn moderne Kleidung war ja etwas, was die Ähmisch überhaupt nicht kannten, ja, zuvor noch niemals mit eigenen Augen gesehen hatten. Nicht einmal in so etwas wie Fernsehen, weil es auch das nicht gab bei ihnen, die ja wie lange vor einem jeglichen technischen Zeitalter lebten.

Immer noch weniger schlimm anscheinend als eine beeindruckende und vielleicht sogar furchteinflößende Uniform. Immerhin.

So jedenfalls die Gedanken von Derviel Bondar. Und dann bestiegen die beiden wieder ihr Beiboot, um auf die andere Seite der Welt zu fliegen, mitten hinein in das Gebiet der Ähmisch. Was normalerweise streng untersagt war, weil man natürlich die besonderen Wünsche der eigentlichen Besitzer dieser Welt berücksichtigen musste. Allerdings mit einem konkreten Auftrag, der diese Ausnahme vielleicht doch rechtfertigen würde.

Erstes Ziel war jedenfalls das Zentrallager in jenem Gebiet, in dem sie diesen seltsamen Fremden suchen sollten. Vorerst, um mehr zu erfahren von den Einheimischen.

5

Das von den Ähmisch besiedelte Gebiet hatte einen Durchmesser von rund tausend Kilometern und war annähernd kreisrund angeordnet. Das war nicht groß im Verhältnis zur Gesamtgröße des Planeten mit einem Umfang von immerhin vierzigtausend Kilometern. Obwohl nur rund ein Drittel der planetaren Oberfläche nicht von Wasser bedeckt war.

Innerhalb der rund tausend Kilometer gab es natürlich mehr als nur ein Zentrallager. Die nach Bedarf verkehrenden Lastengleiter des Raumhafens folgten einem automatisierten System, das sie anforderte, sobald etwas abzuholen war. Das Beiboot der Ermittler jedoch kam außer der Reihe.

Und dennoch war es nicht allein nach der Landung am Rande des Landefeldes, auf dem die Beladung erfolgen konnte. Es waren mehrere Ähmisch-Bauern zufällig vor Ort, die hier ihre Erzeugnisse abluden, für die übliche Gutschrift. Es war wie das Bezahlen von Steuern. Wobei allerdings der Umfang dessen, was abgeliefert werden sollte, nicht vorgeschrieben war. Die Ähmisch galten als dermaßen ehrlich und redlich, dass man solche Zwänge nicht benötigte. Was sie nicht selbst verbrauchten oder untereinander tauschten, um das eigene Überleben zu sichern, gaben sie freiwillig und gern ab. Wohl wissend, dass mit jeder zusätzlichen Abgabe die Zeit verkürzt wurde, die sie für die Rückzahlung der Schulden benötigten. Immerhin hatte man ihnen einen ganzen Planeten zur Verfügung gestellt, sie mit erheblichem technischem Aufwand hierher gebracht und ansiedeln lassen. Kosten, die sie aus eigener Kraft im Vorfeld niemals hätten aufbringen können.

Nicht zu vergessen, dass ihre Welt natürlich stets und ständig geschützt werden musste gegen mögliche Angriffe von außerhalb. Was ja keine reine Theorie war, wenn man beispielswiese wusste, wie gefährlich das verbrecherische Adakoni-Kartell war, das man nicht umsonst „die Plage des Universums“ nannte.

Dass jetzt hier zwei Ermittler der Raumflotte in Zivil auftauchten, überraschte die Ähmisch-Bauern nicht sonderlich. Weil sie natürlich die Gerüchte kannten. Es war sowieso nur eine Frage der Zeit gewesen, dass vor Ort irgendwelche Vertreter der Raumflotte von Axarabor auftraten, um der Sache nachzugehen. Etwas, was die Ähmisch durchaus auch begrüßten. Denn eigentlich wollten sie ja nur in Frieden ihre Art zu leben praktizieren. Irgendwelche Ereignisse, die da nicht passten, waren zwar einerseits durchaus interessant, allerdings nur vorübergehend. Dann sehnten sich alle Ähmisch gleich wieder nach jener Gleichförmigkeit des Alltags, die ihnen ein permanentes Gefühl von Sicherheit und Ordnung im Antlitz ihres Gottes Setna gab.

Und wenn die beiden Ermittler in Zivil dazu beitragen konnten, war das ja voll und ganz in Ordnung. Also begegnete man ihnen in aller Freundlichkeit, die man Ungläubigen gegenüber überhaupt auch nur erbringen konnte. Und hatte auch nichts gegen die Befragung, um einzugrenzen, wo sich dieser Fremde namens Rosa eigentlich aufhielt, der in den Gerüchten immer wieder in Verbindung mit jenen mysteriösen Ortungen genannt wurde.

Zu Fuß war es den beiden Ermittlern am Ende jedoch zu weit. Also bestiegen sie wieder ihr Beiboot und düsten davon. Um schließlich neben dem Gehöft zu landen, in dem Ion und seine Familie lebte. Und inzwischen ja auch Rosa.

Allerdings war nur Tiara da, gemeinsam mit den Zwillingen, die von ihr gerade unterrichtet wurden. Erst mit zehn mussten sie zwei Jahre in die zentrale Schule der Ähmisch, die immerhin zu weit weg war, als dass man einfach so jeden Tag hingehen könnte. Die Schüler mussten die gesamten zwei Jahre dort verbleiben. Bei ihrer Mutter lernten sie zuvor die Grundkenntnisse wie Lesen und Schreiben und natürlich alles Wichtige über den allmächtigen Gott namens Setna und sowieso alles, was ihren Glauben so ganz besonders auszeichnete nach Meinung der Ähmisch.

Die Landung des Beibootes erfolgte nahezu lautlos. Sodass Tiara erst auf den unerwarteten Besuch aufmerksam wurde, als es laut vernehmlich am Eingang klopfte.

Sie dachte natürlich an einen der Nachbarn, gar an den für ihre Begriffe ziemlich lästigen Sorum. Umso erstaunter war sie, zwei Männer in für ihre Begriffe äußerst seltsamer Kleidung vor sich zu sehen, die sich als Sigmar Schuman und Grigor Folsig vorstellten und anscheinend im Auftrag der Raumflotte von Axarabor gekommen waren.

Bevor Tiara noch fragen konnte, welchem Umstand sie die zweifelhafte Ehre eines solchen Besuches verdankte, kam auch schon die gezielte Frage aus dem Munde von Sigmar Schuman:

„Ist Ihr Gast eigentlich anwesend?“

„Gast?“, wunderte sich Tiara.

„Ich glaube, er nennt sich Rosa“, meinte Sigmar Schuman vorsichtig.

Tiara betrachtete ihn irritiert.

„Wieso fragen Sie nach ihm?“

„Sie scheinen wohl als einzige nicht zu wissen, welche Gerüchte man sich erzählt?“, wandte Grigor Folsig rasch ein.

„Gerüchte? Was für Gerüchte?“

Grigor schüttelte den Kopf.

„Es geht letztlich um jene mysteriöse Ortung. Sie erinnern sich an den Flyer? Jeder sollte doch bitte mal die Augen und Ohren offen halten und…“

„Ja, ich erinnere mich!“, unterbrach ihn Tiara brüsk. „Aber was hat das jetzt mit Rosa zu tun?“

„Dann geben Sie also zu, dass er Ihr Gast ist?“, hakte Sigmar Schuman sogleich ein.

„Warum sollte ich es denn leugnen? Er ist auf der Durchreise und ist eben vorübergehend unser Gast geworden.“

„Und wo befindet er sich jetzt?“

„Auf dem Feld. Wir haben ihn aufgenommen und bewirtet, und jetzt besteht er darauf, dafür zu arbeiten. So lange will er noch bei uns bleiben, bis er sich unserer Gastfreundschaft endgültig als würdig erwiesen hat.“

Das war eigentlich eine überzeugende Erklärung, wie sie selbst fand. Umso seltsamer mutete es sie an, dass die beiden davon keineswegs überzeugt zu sein schienen.

Sigmar Schuman fragte sogar ganz direkt:

„Können wir in dieser Angelegenheit denn auch einmal persönlich mit ihm sprechen?“

„Ja, können Sie, aber halt nur, wenn er zu sprechen ist. Und das ist er derzeit halt nicht. Weil er sich auf dem Feld befindet, wie schon erwähnt. Und bevor Sie mich jetzt auch noch fragen, wo das genau ist, muss ich Ihnen leider mitteilen, dass ich das selber auch nicht so genau weiß. Mein Mann Ion ist für die Feldarbeit verantwortlich und für alles, was damit unmittelbar und mittelbar zusammenhängt. Ich bin hier nur zuständig für das Haus und für die Kinder.“

„Dürfen wir denn hier bei Ihnen auf Herrn Rosa warten?“

„Nein, können Sie nicht. Bedauere!“, lehnte Tiara kategorisch ab. „Sie haben jetzt meinen Zeitplan schon genug durcheinander gebracht. Es ist gerade Unterrichtszeit für die Zwillinge. Jede Minute zählt, weil jede verlorene Minute den Kindern verlorengeht. Was unverzeihlich ist, wie ich Ihnen versichern darf. Also gehen Sie jetzt wieder und belästigen sie mich nicht länger. Wenn Sie auf Rosa warten wollen, tun Sie das, ohne hier den Betrieb länger aufzuhalten.“

Bevor die beiden noch etwas dazu sagen konnten, schlug ihnen Tiara die Tür vor der Nase zu. Ihre sich entfernenden Schritte bewiesen den beiden, dass sie keineswegs zu einem Kompromiss überredet werden konnte.

Grigor Folsig schürzte nachdenklich die Lippen, während Sigmar Schuman in einem Anflug von Zorn die Fäuste ballte, die er am liebsten gegen die grob gezimmerte Haustür geschmettert hätte.

Aber sie mussten das Gastrecht respektieren. Es lag ja nichts gegen Ion und seine Familie vor. Eigentlich ja auch nichts gegen Rosa. Sie waren nur gekommen, um diesen zu befragen. Sonst nichts. Also mussten sie sich den Worten Tiaras wohl oder übel beugen und zurückkehren in ihr Beiboot, das neben dem recht primitiv aussehenden Gehöft reichlich deplatziert wirkte. Zumal es ungefähr gleich groß war.

Dort warteten sie. Eine ziemlich quälende Übung in Geduld, die sie eigentlich beide nicht hatten. Denn der Tag war ja noch lange nicht beendet, und es sah ganz danach aus, als würde dieser Rosa vorher nicht zurückkehren zu diesem Gehöft.

6

Der erste, der auftauchte vor Einbruch der Dunkelheit, war Ion. Erst staunte er über das für seine Begriffe ziemlich gewaltige Beiboot, das außerdem für ihn etwas Bedrohliches hatte. Dann packte ihn der heilige Zorn, denn das hier war immerhin sein Land. Niemand durfte ungefragt hier landen wie es ihm gerade in den Sinn kam. Also ballte er die Hände zu Fäusten und schwang sie drohend gegen das Beiboot, just in dem Augenblick, als sich die beiden Insassen anschickten, es zu verlassen.

Tiara kam aus dem Haus gerannt:

„Was tust du denn da?“, rief sie streng.

„Was denn wohl? Ich jage diese ungebetenen Gäste vom Grundstück!“

„Das wirst du gefälligst bleiben lassen!“, war ihr eindeutiger Befehl, was ihn irritiert einhalten ließ.

Sie stellte sich neben ihren Mann und erwartete gemeinsam mit ihm die beiden ungebetenen Gäste.

Sigmar Schuman erklärte sich. Tiara und Ion hörten zu. Doch Ion regte sich schon wieder auf:

„Was erlauben Sie sich eigentlich? Rosa ist ein Ähmisch. Er befindet sich einfach nur auf der Durchreise.“

„Von wo kommend und wohin gehend?“, erkundigte sich Sigmar Schumann ausgesucht freundlich. „Sie sind sich doch sicherlich im Klaren darüber, dass wir das überprüfen werden.“

„Überprüfen? Als würde es sich um einen Verbrecher handeln? Und wir werden womöglich der Beihilfe beschuldigt?“

„Nein, nein, keineswegs. Darum geht es überhaupt nicht. Es gibt Unerklärliches, was wir klären wollen und müssen. Ganz im Sinne von euch Ähmisch. Es ist die einzige Möglichkeit, die bestehenden Gerüchte auszuhebeln, glauben Sie mir. Also sind wir ganz in Ihrem Sinne hierhergekommen. Eben um Klärung in die Angelegenheit zu bringen. Nicht um jemanden zu beschuldigen oder gar zu verhaften.“

Ion überlegte noch, ob er sich daraufhin wieder beruhigen wollte oder nicht, da trat Rosa hinzu. Immerhin der Mann, um den es hier ging.

„Tut mir leid, aber ich habe nur den Rest mitgehört“, entschuldigte er sich. „Könnten Sie noch einmal wiederholen, worum es geht und was Sie von mir wollen?“

Gern kam Sigmar Schuman dem nach, und Grigor Folsig fügte am Ende noch die Frage hinzu:

„Sind Sie wirklich nur auf der Durchreise, Herr Rosa?“

„Die werden das nämlich genauestens überprüfen!“, warnte Ion vorsichtshalber.

Rosa nickte nur dazu. Er lächelte freundlich.

„Also gut. Ich sehe ein, dass wir so nicht weiter kommen. Deshalb werde ich Ihnen gegenüber die Wahrheit sagen: Ja, ich befinde mich auf einer Art Durchreise. Allerdings weiß ich leider nicht mehr, woher ich komme und wohin ich gehen wollte. Ich habe alles vergessen, sogar meinen Namen.“

„Aber er ist ein Ähmisch!“, beharrte jetzt Ion an seiner Seite. „Er spricht haargenau wie wir. Das hören Sie doch selbst, oder? Und er ist genauso gläubig und hilft mir auf den Feldern. Er hat sich nichts zuschulden kommen lassen und arbeitet hart für Unterkunft und Verpflegung.“

„Gerüchtehalber steht er allerdings in Verbindung mit jener mysteriösen Ortung“, gab Grigor Folsig zu bedenken.